ein kluger Mensch von selbst leicht ersehen und erwehlen kan.
Bey der Höflichkeit muß die allzugros- se Blödigkeit den Wander-Stab neh- men und weichen: Ein kluger Mensch darf, bey ihme noch unbekandten oder vornehmen Leuten, die Augen nicht zur Erde kehren, aus Schrecken stammlen und erzittern; sondern muß mit bescheide- ner Manier und Geberden, die Leute freundlich anschauen, und alle unanstän- dige Furcht verlassen; jedoch muß er dar- neben nicht auf eine allzugrosse Freyheit gerathen, und in seinen Reden solche miß- fällige Affecten bezeigen, welche nach der Charletanerie schmecken; auch unter dem Reden nicht mit denen Händen, den Leu- ten unter der Nase, herum fahren, sie bey den Kleidern, Ermeln, oder Knöpfen fas- sen und solche berum drehen, auch nicht beständig den Fuß streiffen, dem Frauen- zimmer nicht immer ins Angesichte, und zumal mit verliebten Blicken, sehen; die Augen nicht stets gegen den Himmel, und eben auch nicht immerhin zur Erden wen- den; sondern in allen dergleichen Din-
gen
ein kluger Menſch von ſelbſt leicht erſehen und erwehlen kan.
Bey der Hoͤflichkeit muß die allzugroſ- ſe Bloͤdigkeit den Wander-Stab neh- men und weichen: Ein kluger Menſch darf, bey ihme noch unbekandten oder vornehmen Leuten, die Augen nicht zur Erde kehren, aus Schrecken ſtammlen und erzittern; ſondern muß mit beſcheide- ner Manier und Geberden, die Leute freundlich anſchauen, und alle unanſtaͤn- dige Furcht verlaſſen; jedoch muß er dar- neben nicht auf eine allzugroſſe Freyheit gerathen, und in ſeinen Reden ſolche miß- faͤllige Affecten bezeigen, welche nach der Charletanerie ſchmecken; auch unter dem Reden nicht mit denen Haͤnden, den Leu- ten unter der Naſe, herum fahren, ſie bey den Kleidern, Ermeln, oder Knoͤpfen faſ- ſen und ſolche berum drehen, auch nicht beſtaͤndig den Fuß ſtreiffen, dem Frauen- zimmer nicht immer ins Angeſichte, und zumal mit verliebten Blicken, ſehen; die Augen nicht ſtets gegen den Himmel, und eben auch nicht immerhin zur Erden wen- den; ſondern in allen dergleichen Din-
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[10/0016]
ein kluger Menſch von ſelbſt leicht erſehen
und erwehlen kan.
Bey der Hoͤflichkeit muß die allzugroſ-
ſe Bloͤdigkeit den Wander-Stab neh-
men und weichen: Ein kluger Menſch
darf, bey ihme noch unbekandten oder
vornehmen Leuten, die Augen nicht zur
Erde kehren, aus Schrecken ſtammlen
und erzittern; ſondern muß mit beſcheide-
ner Manier und Geberden, die Leute
freundlich anſchauen, und alle unanſtaͤn-
dige Furcht verlaſſen; jedoch muß er dar-
neben nicht auf eine allzugroſſe Freyheit
gerathen, und in ſeinen Reden ſolche miß-
faͤllige Affecten bezeigen, welche nach der
Charletanerie ſchmecken; auch unter dem
Reden nicht mit denen Haͤnden, den Leu-
ten unter der Naſe, herum fahren, ſie bey
den Kleidern, Ermeln, oder Knoͤpfen faſ-
ſen und ſolche berum drehen, auch nicht
beſtaͤndig den Fuß ſtreiffen, dem Frauen-
zimmer nicht immer ins Angeſichte, und
zumal mit verliebten Blicken, ſehen; die
Augen nicht ſtets gegen den Himmel, und
eben auch nicht immerhin zur Erden wen-
den; ſondern in allen dergleichen Din-
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[N. N.]: Kürzliche Anweisung zu Complimenten und höflicher Condvite, für Personen Bürgerlichen Standes. Frankfurt [u. a.], 1736, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_complimente_1736/16>, abgerufen am 16.02.2025.
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