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Tübinger Chronik. Nr. 6. [Tübingen (Württemberg)], 13. Januar 1845.

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[Beginn Spaltensatz] schwiegt, daß ich nur durch Zufall die Euch drohen-
de Gefahr entdecken mußte. Auch du hast nicht gut
gehandelt, Henriette, Du hättest mir schon längst
die Lage Deiner Großältern vertrauen sollen."

"Zürne nicht auf Henrietten, " entschuldigte
der Greis, "sie erfuhr es selbst kaum vor der An-
kunft des Verwalters. Mich allein trifft Dein Vor-
wurf, und ich fühle wohl jetzt, daß ich Dir früher
unser ganzes Unglück hätte entdecken sollen. Deine
Theilnahme, Dein Mitgefühl gaben Dir ja schon
lange ein Recht auf unsere Offenherzigkeit. - Jch
zähle jetzt vier und achtzig Jahre, meine treue Le-
bensgefährtin beinahe eben so viele. Jn dieser Hütte
bin ich geboren: mein gutes Weib beschenkte mich
hier ebenfalls mit einem Sohne, dem Vater Deiner
Henriette. Jch war glücklich im Kreise meiner
Familie, denn ich war zufrieden. Frühe schon zeigte
mein Carl heiße Liebe zur Jägerei, ob ich es gleich
nicht gerne sah, daß er sich diesem Stande widmete,
so setzte ich doch den Wünschen meines Sohnes kein
Hinderniß entgegen. Er machte bedeutende Fort-
schritte in den Schulen, und erhielt in seinem vier
und zwanzigsten Jahre die Stelle eines Forstwarts.
Bei einem Besuch in der Residenz lernte er die Schwe-
ster eines reichen Emporkömmlings kennen, ein sanf-
tes gutes Mädchen, ganz das Bild meiner Hen-
riette.
Dem übermüthigen auf seinen Reichthum
und gekauften Titel stolzen Bruder, schien aber eine
solche Verbindung höchst ehrenwidrig. Er suchte alle
Mittel hervor, um die Heirath der beiden jungen
Leute zu hintertreiben, allein der Vormund des Mäd-
chens, ein zwar redlicher, doch nicht reicher Mann
gab seine Einwilligung. Dieß brachte den stolzen
Prasser noch mehr gegen meinen Sohn, ja selbst ge-
gen dessen Frau und mich auf. Mit Hülfe einiger
ihm ergebenen Creaturen erschwerte er seinem Schwa-
ger nicht nur die Pflichten seines Amtes, sondern
brachte es auch so weit, daß von Seiten des Ober-
forstamts ihm mehrere derbe Verweise wegen Dienst-
Vernachläßigungen zugeschickt wurden. Da mein
Carl sich keines Vergehens bewußt war, so mußte
ihn eine so unwürdige Behandlung um so mehr krän-
ken, als er zugleich erfuhr, daß sein Schwager die
Hand dabei im Spiele habe. Mit dem Vorsatze,
dem Verläumder sein Unrecht vorzuhalten, und sich
wo möglich mit ihm zu versöhnen, ließ er sich bei
demselben melden. Er wurde voll Geringschätzung
empfangen, mit Demüthigungen, die an Verachtung
gränzten, behandelt. Dieß empörte den Stolz mei-
nes Sohnes; in den empfindlichsten Ausdrücken warf
er dem herzlosen Verwandten sein niederträchtiges
Betragen vor, Beleidigung folgte auf Beleidigung;
seiner selbst sich kaum bewußt, zog mein Carl den
Hirschfänger, als einige Diener ihn eben noch zur
rechten Zeit von einem entsetzlichen Verbrechen ab-
hielten. Der unglückliche wurde sogleich dem Ge-
richte übergeben, und die Untersuchung auf Verlan-
gen seines Schwagers mit der größten Strenge, ja
selbst nicht ohne Parteilichkeit eingeleitet. Der Pro-
ceß war in kurzem zu Ende, mein Sohn verlor nicht
nur seine Stelle, sondern er wurde auch zu einer
langen Gefängnißstrafe verurtheilt. Diese Schande
konnte Carl nicht überleben; er starb wenige Tage
vor seiner Befreiung."

Die Fortsetzung folgt.


[Spaltenumbruch]
Gemeinnütziges.

Es ist sehr erfreulich, daß die von Herrn J. F.
Bürckle in Großheppach erfundenen Schwefel=Schnit-
ten durch allerhöchsten großherzoglich hessischen Mini-
sterial=Erlaß des Jnnern und der Justitz vom 17. Ok-
tober 1844 Nro. 17567 wie durch allerhöchsten groß-
herzoglich badischen Ministerial=Erlaß des Jnnern
vom 25. Oktober d. J. Nro. 11177 und von deren
hohen Sanitäts=Commissionen, als ganz arsenikfrei,
rein und gefahrlos zur Verbesserung jeder Sorte Wein,
Most und Fässer gefunden und jedem Weinhändler
und Wirth von den großherzoglich hessischen, Kön.
preußischen und bairischen Gewerbevereinen empfoh-
len wurden. Jn gleichem Sinne sprechen sich auch
die hier angefügten vaterländischen Zeugnisse aus.

Zeugnisse.

Herr J. F. Bürckle aus Großheppach Königreich
Württemberg hat dem Unterzeichneten Schwefel-
Schnitten zugeschickt, um dieselben auf einen Arse-
nikgehalt zu prüfen. Der Unterzeichnete bezeugt hie-
mit, daß der Schwefel dieser Schwefel=Schnitten
vollkommen frei von Arsenik befunden wurde.

    Tübingen den 26. Nov. 1844.
    Kraft seiner Unterschrift und beigedruckten Sigels
    ( L. S. )     Prof. C. G. Gmelin.

Der Unterzeichnete, welcher sich durch eigene Unter-
suchung von vorgelegten Proben überzeugt hat, daß
Herr J. F. Bürckle von Großheppach die Kunst be-
sitze, arsenikfreie Schwefelschnitten zu verfertigen,
glaubt im Jnteresse des allgemeinen Wohls und der
Gesundheit bezeugen zu müssen, daß diese Schwefel-
schnitten wegen ihrer Befreiung von dem, der Ge-
sundheit höchst schädlichen Arsenik, allen andern vor-
zuziehen und zum Einbrennen der Fässer und zur
Verbesserung sauer und schlecht gewordener geistiger
Getränke, in welchen Beziehungen sich auch zahlrei-
che, amtlich beglaubigte Zeugnisse sehr günstig aus-
sprechen, angewendet zu werden.

    Ludwigsburg den 2. Dezember 1844.
    ( L. S. )     W. Seeger,
    Kreismedicinalrath.
    Gesehen eod. q. s.     K. Oberamt.
    Actuar Roller.

Es ist neben dem Einbrennen leerer Fässer von
großem Nutzen, wenn man auf den Aimer dießjäh-
rigen Wein und Most und nach dem Abfassen und
Gähren des Biers 1 Loth angezündeten Gewürz-
schwefel ein= bis zweimal in 4 Tagen zum Spunden-
loch hineinträufelt; er schlägt Sauer= und Wasser-
stoffe in die Hefe nieder, so daß die Getränke nie
sauer und krank, sondern viel geistreicher, glanzhell,
moussirender, süßer, lagerhafter, stärker, gesünder
und werthvoller von Grund aus werden. Alte zähe
und kranke Weine werden bald wieder damit herge-
stellt. - Da dieses Fabrikat in allen Handlungen
gesucht wird, verkehrt Bürkle als Kaufmann mit je-
der en Gros= und Materialhandlung des Jn= und
Auslandes auf die solideste Weise. Da 312 Pfund
roher Schwefel nur 92 Pfund arsenikfreien geben, so
kostet das Pfund mit Gewürz nebst Gebrauchs=An-
weisung 48 kr., arsenikfrei ohne Gewürz, wenigstens
32 Schnitten, 32 kr. Bei größerer Abnahme zum
Wiederverkauf wird der Preis noch billiger gestellt.
Solch ein wichtiges Fabrikat verdient wohl in allen
Versammlungen und in allen Blättern zu allgemei-
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] schwiegt, daß ich nur durch Zufall die Euch drohen-
de Gefahr entdecken mußte. Auch du hast nicht gut
gehandelt, Henriette, Du hättest mir schon längst
die Lage Deiner Großältern vertrauen sollen.“

„Zürne nicht auf Henrietten, “ entschuldigte
der Greis, „sie erfuhr es selbst kaum vor der An-
kunft des Verwalters. Mich allein trifft Dein Vor-
wurf, und ich fühle wohl jetzt, daß ich Dir früher
unser ganzes Unglück hätte entdecken sollen. Deine
Theilnahme, Dein Mitgefühl gaben Dir ja schon
lange ein Recht auf unsere Offenherzigkeit. – Jch
zähle jetzt vier und achtzig Jahre, meine treue Le-
bensgefährtin beinahe eben so viele. Jn dieser Hütte
bin ich geboren: mein gutes Weib beschenkte mich
hier ebenfalls mit einem Sohne, dem Vater Deiner
Henriette. Jch war glücklich im Kreise meiner
Familie, denn ich war zufrieden. Frühe schon zeigte
mein Carl heiße Liebe zur Jägerei, ob ich es gleich
nicht gerne sah, daß er sich diesem Stande widmete,
so setzte ich doch den Wünschen meines Sohnes kein
Hinderniß entgegen. Er machte bedeutende Fort-
schritte in den Schulen, und erhielt in seinem vier
und zwanzigsten Jahre die Stelle eines Forstwarts.
Bei einem Besuch in der Residenz lernte er die Schwe-
ster eines reichen Emporkömmlings kennen, ein sanf-
tes gutes Mädchen, ganz das Bild meiner Hen-
riette.
Dem übermüthigen auf seinen Reichthum
und gekauften Titel stolzen Bruder, schien aber eine
solche Verbindung höchst ehrenwidrig. Er suchte alle
Mittel hervor, um die Heirath der beiden jungen
Leute zu hintertreiben, allein der Vormund des Mäd-
chens, ein zwar redlicher, doch nicht reicher Mann
gab seine Einwilligung. Dieß brachte den stolzen
Prasser noch mehr gegen meinen Sohn, ja selbst ge-
gen dessen Frau und mich auf. Mit Hülfe einiger
ihm ergebenen Creaturen erschwerte er seinem Schwa-
ger nicht nur die Pflichten seines Amtes, sondern
brachte es auch so weit, daß von Seiten des Ober-
forstamts ihm mehrere derbe Verweise wegen Dienst-
Vernachläßigungen zugeschickt wurden. Da mein
Carl sich keines Vergehens bewußt war, so mußte
ihn eine so unwürdige Behandlung um so mehr krän-
ken, als er zugleich erfuhr, daß sein Schwager die
Hand dabei im Spiele habe. Mit dem Vorsatze,
dem Verläumder sein Unrecht vorzuhalten, und sich
wo möglich mit ihm zu versöhnen, ließ er sich bei
demselben melden. Er wurde voll Geringschätzung
empfangen, mit Demüthigungen, die an Verachtung
gränzten, behandelt. Dieß empörte den Stolz mei-
nes Sohnes; in den empfindlichsten Ausdrücken warf
er dem herzlosen Verwandten sein niederträchtiges
Betragen vor, Beleidigung folgte auf Beleidigung;
seiner selbst sich kaum bewußt, zog mein Carl den
Hirschfänger, als einige Diener ihn eben noch zur
rechten Zeit von einem entsetzlichen Verbrechen ab-
hielten. Der unglückliche wurde sogleich dem Ge-
richte übergeben, und die Untersuchung auf Verlan-
gen seines Schwagers mit der größten Strenge, ja
selbst nicht ohne Parteilichkeit eingeleitet. Der Pro-
ceß war in kurzem zu Ende, mein Sohn verlor nicht
nur seine Stelle, sondern er wurde auch zu einer
langen Gefängnißstrafe verurtheilt. Diese Schande
konnte Carl nicht überleben; er starb wenige Tage
vor seiner Befreiung.“

Die Fortsetzung folgt.


[Spaltenumbruch]
Gemeinnütziges.

Es ist sehr erfreulich, daß die von Herrn J. F.
Bürckle in Großheppach erfundenen Schwefel=Schnit-
ten durch allerhöchsten großherzoglich hessischen Mini-
sterial=Erlaß des Jnnern und der Justitz vom 17. Ok-
tober 1844 Nro. 17567 wie durch allerhöchsten groß-
herzoglich badischen Ministerial=Erlaß des Jnnern
vom 25. Oktober d. J. Nro. 11177 und von deren
hohen Sanitäts=Commissionen, als ganz arsenikfrei,
rein und gefahrlos zur Verbesserung jeder Sorte Wein,
Most und Fässer gefunden und jedem Weinhändler
und Wirth von den großherzoglich hessischen, Kön.
preußischen und bairischen Gewerbevereinen empfoh-
len wurden. Jn gleichem Sinne sprechen sich auch
die hier angefügten vaterländischen Zeugnisse aus.

Zeugnisse.

Herr J. F. Bürckle aus Großheppach Königreich
Württemberg hat dem Unterzeichneten Schwefel-
Schnitten zugeschickt, um dieselben auf einen Arse-
nikgehalt zu prüfen. Der Unterzeichnete bezeugt hie-
mit, daß der Schwefel dieser Schwefel=Schnitten
vollkommen frei von Arsenik befunden wurde.

    Tübingen den 26. Nov. 1844.
    Kraft seiner Unterschrift und beigedruckten Sigels
    ( L. S. )     Prof. C. G. Gmelin.

Der Unterzeichnete, welcher sich durch eigene Unter-
suchung von vorgelegten Proben überzeugt hat, daß
Herr J. F. Bürckle von Großheppach die Kunst be-
sitze, arsenikfreie Schwefelschnitten zu verfertigen,
glaubt im Jnteresse des allgemeinen Wohls und der
Gesundheit bezeugen zu müssen, daß diese Schwefel-
schnitten wegen ihrer Befreiung von dem, der Ge-
sundheit höchst schädlichen Arsenik, allen andern vor-
zuziehen und zum Einbrennen der Fässer und zur
Verbesserung sauer und schlecht gewordener geistiger
Getränke, in welchen Beziehungen sich auch zahlrei-
che, amtlich beglaubigte Zeugnisse sehr günstig aus-
sprechen, angewendet zu werden.

    Ludwigsburg den 2. Dezember 1844.
    ( L. S. )     W. Seeger,
    Kreismedicinalrath.
    Gesehen eod. q. s.     K. Oberamt.
    Actuar Roller.

Es ist neben dem Einbrennen leerer Fässer von
großem Nutzen, wenn man auf den Aimer dießjäh-
rigen Wein und Most und nach dem Abfassen und
Gähren des Biers 1 Loth angezündeten Gewürz-
schwefel ein= bis zweimal in 4 Tagen zum Spunden-
loch hineinträufelt; er schlägt Sauer= und Wasser-
stoffe in die Hefe nieder, so daß die Getränke nie
sauer und krank, sondern viel geistreicher, glanzhell,
moussirender, süßer, lagerhafter, stärker, gesünder
und werthvoller von Grund aus werden. Alte zähe
und kranke Weine werden bald wieder damit herge-
stellt. – Da dieses Fabrikat in allen Handlungen
gesucht wird, verkehrt Bürkle als Kaufmann mit je-
der en Gros= und Materialhandlung des Jn= und
Auslandes auf die solideste Weise. Da 312 Pfund
roher Schwefel nur 92 Pfund arsenikfreien geben, so
kostet das Pfund mit Gewürz nebst Gebrauchs=An-
weisung 48 kr., arsenikfrei ohne Gewürz, wenigstens
32 Schnitten, 32 kr. Bei größerer Abnahme zum
Wiederverkauf wird der Preis noch billiger gestellt.
Solch ein wichtiges Fabrikat verdient wohl in allen
Versammlungen und in allen Blättern zu allgemei-
[Ende Spaltensatz]

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Der Unterzeichnete, welcher sich durch eigene Unter- suchung von vorgelegten Proben überzeugt hat, daß Herr J. F. Bürckle von Großheppach die Kunst be- sitze, arsenikfreie Schwefelschnitten zu verfertigen, glaubt im Jnteresse des allgemeinen Wohls und der Gesundheit bezeugen zu müssen, daß diese Schwefel- schnitten wegen ihrer Befreiung von dem, der Ge- sundheit höchst schädlichen Arsenik, allen andern vor- zuziehen und zum Einbrennen der Fässer und zur Verbesserung sauer und schlecht gewordener geistiger Getränke, in welchen Beziehungen sich auch zahlrei- che, amtlich beglaubigte Zeugnisse sehr günstig aus- sprechen, angewendet zu werden. Ludwigsburg den 2. Dezember 1844. ( L. S. ) W. Seeger, Kreismedicinalrath. Gesehen eod. q. s. K. Oberamt. Actuar Roller. Es ist neben dem Einbrennen leerer Fässer von großem Nutzen, wenn man auf den Aimer dießjäh- rigen Wein und Most und nach dem Abfassen und Gähren des Biers 1 Loth angezündeten Gewürz- schwefel ein= bis zweimal in 4 Tagen zum Spunden- loch hineinträufelt; er schlägt Sauer= und Wasser- stoffe in die Hefe nieder, so daß die Getränke nie sauer und krank, sondern viel geistreicher, glanzhell, moussirender, süßer, lagerhafter, stärker, gesünder und werthvoller von Grund aus werden. Alte zähe und kranke Weine werden bald wieder damit herge- stellt. – Da dieses Fabrikat in allen Handlungen gesucht wird, verkehrt Bürkle als Kaufmann mit je- der en Gros= und Materialhandlung des Jn= und Auslandes auf die solideste Weise. Da 312 Pfund roher Schwefel nur 92 Pfund arsenikfreien geben, so kostet das Pfund mit Gewürz nebst Gebrauchs=An- weisung 48 kr., arsenikfrei ohne Gewürz, wenigstens 32 Schnitten, 32 kr. Bei größerer Abnahme zum Wiederverkauf wird der Preis noch billiger gestellt. Solch ein wichtiges Fabrikat verdient wohl in allen Versammlungen und in allen Blättern zu allgemei-

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




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URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_chronik006_1845
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Zitationshilfe: Tübinger Chronik. Nr. 6. [Tübingen (Württemberg)], 13. Januar 1845, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_chronik006_1845/2>, abgerufen am 06.06.2024.