Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen. Nr. 53. Berlin, 4. Mai 1741.[Beginn Spaltensatz]
Maßignat, in Bugey, gebürtig, in Verhafft sey, wel- Londen, vom 22. April. Den 19ten dieses erhob sich der König mit ge- Mylords und Edele, Bey der Eröffnung dieser Seßion gab Jch Der Krieg, der seit dem ausgebrochen und in einem Jhr Herren vom Unter=Hause, Jch empfehle euch hiermit aufs beste, mir die [Beginn Spaltensatz]
Maßignat, in Bugey, gebürtig, in Verhafft sey, wel- Londen, vom 22. April. Den 19ten dieses erhob sich der König mit ge- Mylords und Edele, Bey der Eröffnung dieser Seßion gab Jch Der Krieg, der seit dem ausgebrochen und in einem Jhr Herren vom Unter=Hause, Jch empfehle euch hiermit aufs beste, mir die <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <p><pb facs="#f0002"/><cb type="start"/> Maßignat, in Bugey, gebürtig, in Verhafft sey, wel-<lb/> cher beschuldiget würde, er hätte seinen Vater, seine<lb/> Stieffmutter, und seinen Bruder, ermordet, auch<lb/> deren Cörper hernach in ihrem Hause verbrannt.<lb/> Dieser liederliche Vogel wäre willens gewesen, sich<lb/> durch Hunger selbst ums Leben zu bringen; wie er<lb/> denn wircklich in 33. Tagen keine Nahrung genos-<lb/> sen habe, welches nicht allein die beyden Stockmei-<lb/> sters zu Belloy, und Dijon, sondern auch die Stadt-<lb/> Knechte, bezeugeten. Die Medici und Chirurgi<lb/> müsten ihn täglich besuchen, und versicherten, daß sie<lb/> zwar seinen Puls sehr schwach befänden, übrigens<lb/> aber nichts ausserordentliches an ihm bemerckten.<lb/> Er liege noch immer in seinem Gefängnisse auf einer<lb/> Stelle, ohne sich zu bewegen, und beantworte die<lb/> ihm vorgelegten Fragen mit lauter gebrochenen und<lb/> unverständlichen Worten.</p><lb/> </div> <div type="jArticle" n="2"> <head>Londen, vom 22. April.</head><lb/> <p>Den 19ten dieses erhob sich der König mit ge-<lb/> wöhnlichem Gepränge ins Ober=Haus, und nachdem<lb/> das Unter=Haus auf Erfordern gleichfalls daselbst er-<lb/> schienen war, hielten Se. Maj. von Dero Throne<lb/> an beyde Häuser folgende Anrede.</p><lb/> </div> <div type="jArticle" n="2"> <head>Mylords und Edele,</head><lb/> <p>Bey der Eröffnung dieser Seßion gab Jch<lb/> euch von dem Absterben des Kaysers Nachricht, und<lb/> meldete, das Jch fest entschlossen sey, den Verbin-<lb/> dungen, worinnen Jch stehe, um das Gleichgewichte<lb/> der Macht und Freyheit von Europa bey solcher<lb/> merckwürdigen Gelegenheit aufrecht zu erhalten, ge-<lb/> nau nachzukommen. Die Versicherungen, so Jch<lb/> von eurer Seiten in der mir auf meine damahlige<lb/> Anrede ertheilten Antwort empfieng, stimmeten mit<lb/> dem Eyfer und der Hertzhafftigkeit, welche dieses<lb/> Parlament vor die Unterstützung der Ehre und des<lb/> Nutzens meiner Crone, meiner Königreiche, und der<lb/> gemeinen Sache, jederzeit hat blicken lassen, völlig<lb/> überein.</p><lb/> <p>Der Krieg, der seit dem ausgebrochen und in einem<lb/> Theil von den Oesterreichischen Ländern fotrgesetzet<lb/> worden ist, nebst den verschiedenen und weitläufftigen<lb/> Forderungen, die man öffentlich auf die Verlassen-<lb/> schafft des verstorbenen Kaysers gemacht hat, sind sol-<lb/> che neue Begebenheiten, welche deswegen eine beson-<lb/> dere und ausnehmende Aufmercksamkeit und Sorg-<lb/><cb n="2"/> falt verdienen; weil sie Europa leicht in einen bluti-<lb/> gen Krieg verwickeln, und folglich auch die Länder<lb/> derjenigen Printzen, so die pragmatische Sanction<lb/> zu erhalten suchen, einer augenscheinlichen und un-<lb/> mittelbaren Gefahr aussetzen könnten. Die Köni-<lb/> gin von Ungarn hat mich bereits um die 12000.<lb/> Mann, welche Sie, krafft des unter Uns errich-<lb/> teten Tractats, von mir zu verlangen berechtiget ist,<lb/> wircklich ansprechen lassen. Jch habe demnach den<lb/> König von Dännemarck, und den König von Schwe-<lb/> den, als Landgrafen zu Hessen= Cassel, erinnert, daß<lb/> Sie die beyden Corps Jhrer Truppen, jedes zu<lb/> 6000. Mann, in marschfertigen Stand bringen möch-<lb/> ten, um Jhro Majestät der Königinn von Ungarn<lb/> Hulffe zu leisten. Jch werde auch noch andere<lb/> Maaß=Regeln nehmen, und zwar solche, welche hin-<lb/> länglich sind, allen schädlichen Absichten und Thät-<lb/> lichkeiten, so man etwa wegen eines ungerechten An-<lb/> spruchs zum Nachtheil des Hauses Oesterreich aus-<lb/> führen will, vorzubeugen, oder selbige krafftlos zu<lb/> machen. Bey dieser ungewissen und verwirrten Be-<lb/> schaffenheit der jetzigen Angelegenheiten könnten sich<lb/> währender Zeit, da es mir unmöglich fallen möchte,<lb/> euer Gutachten und eure Hülffe zu fordern, indem<lb/> der Schluß des gegenwärtigen Parlaments nahe ist,<lb/> verschiedene unvermuthete Dinge ereignen, die mich<lb/> nöthigten, grössere Ausgaben zur Erhaltung der<lb/> pragmatischen Sanction anzuwenden. Jch habe in<lb/> dergleichen mißlichen Umständen vor nützlich befun-<lb/> den, euch solche wichtige Betrachtungen zu überge-<lb/> ben, und von meinem Parlament diejenige Hülffe<lb/> zu verlangen, wodurch Jch in Stand gesetzt werde,<lb/> der Königin von Ungarn kräfftigst beyzuspringen, und<lb/> durch alle billige Mittel den Umsturtz des Hauses<lb/> Oesterreich zu verhindern, auch die Freyheit und<lb/> das Gleichgewichte der Macht von Europa zu er-<lb/> halten.</p><lb/> </div> <div type="jArticle" n="2"> <head>Jhr Herren vom Unter=Hause,</head><lb/> <p>Jch empfehle euch hiermit aufs beste, mir die<lb/> Subsidien zu bewilligen, welche zur Ausführung der<lb/> erwehnten Absichten erfordert werden. Die gerechte<lb/> Sorgfalt, und die Fertigkeit, so Jch jederzeit an<lb/> euch gespürt habe, alles zum gemeinem Vortheil,<lb/> und unserer Sicherheit, beytragen zu helffen, läßt<lb/> mich an eurer guten Neigung und Liebe auch dieses<lb/> mahl nicht im geringsten zweifeln.</p><lb/> </div> <cb type="end"/> </div> </body> </text> </TEI> [0002]
Maßignat, in Bugey, gebürtig, in Verhafft sey, wel-
cher beschuldiget würde, er hätte seinen Vater, seine
Stieffmutter, und seinen Bruder, ermordet, auch
deren Cörper hernach in ihrem Hause verbrannt.
Dieser liederliche Vogel wäre willens gewesen, sich
durch Hunger selbst ums Leben zu bringen; wie er
denn wircklich in 33. Tagen keine Nahrung genos-
sen habe, welches nicht allein die beyden Stockmei-
sters zu Belloy, und Dijon, sondern auch die Stadt-
Knechte, bezeugeten. Die Medici und Chirurgi
müsten ihn täglich besuchen, und versicherten, daß sie
zwar seinen Puls sehr schwach befänden, übrigens
aber nichts ausserordentliches an ihm bemerckten.
Er liege noch immer in seinem Gefängnisse auf einer
Stelle, ohne sich zu bewegen, und beantworte die
ihm vorgelegten Fragen mit lauter gebrochenen und
unverständlichen Worten.
Londen, vom 22. April.
Den 19ten dieses erhob sich der König mit ge-
wöhnlichem Gepränge ins Ober=Haus, und nachdem
das Unter=Haus auf Erfordern gleichfalls daselbst er-
schienen war, hielten Se. Maj. von Dero Throne
an beyde Häuser folgende Anrede.
Mylords und Edele,
Bey der Eröffnung dieser Seßion gab Jch
euch von dem Absterben des Kaysers Nachricht, und
meldete, das Jch fest entschlossen sey, den Verbin-
dungen, worinnen Jch stehe, um das Gleichgewichte
der Macht und Freyheit von Europa bey solcher
merckwürdigen Gelegenheit aufrecht zu erhalten, ge-
nau nachzukommen. Die Versicherungen, so Jch
von eurer Seiten in der mir auf meine damahlige
Anrede ertheilten Antwort empfieng, stimmeten mit
dem Eyfer und der Hertzhafftigkeit, welche dieses
Parlament vor die Unterstützung der Ehre und des
Nutzens meiner Crone, meiner Königreiche, und der
gemeinen Sache, jederzeit hat blicken lassen, völlig
überein.
Der Krieg, der seit dem ausgebrochen und in einem
Theil von den Oesterreichischen Ländern fotrgesetzet
worden ist, nebst den verschiedenen und weitläufftigen
Forderungen, die man öffentlich auf die Verlassen-
schafft des verstorbenen Kaysers gemacht hat, sind sol-
che neue Begebenheiten, welche deswegen eine beson-
dere und ausnehmende Aufmercksamkeit und Sorg-
falt verdienen; weil sie Europa leicht in einen bluti-
gen Krieg verwickeln, und folglich auch die Länder
derjenigen Printzen, so die pragmatische Sanction
zu erhalten suchen, einer augenscheinlichen und un-
mittelbaren Gefahr aussetzen könnten. Die Köni-
gin von Ungarn hat mich bereits um die 12000.
Mann, welche Sie, krafft des unter Uns errich-
teten Tractats, von mir zu verlangen berechtiget ist,
wircklich ansprechen lassen. Jch habe demnach den
König von Dännemarck, und den König von Schwe-
den, als Landgrafen zu Hessen= Cassel, erinnert, daß
Sie die beyden Corps Jhrer Truppen, jedes zu
6000. Mann, in marschfertigen Stand bringen möch-
ten, um Jhro Majestät der Königinn von Ungarn
Hulffe zu leisten. Jch werde auch noch andere
Maaß=Regeln nehmen, und zwar solche, welche hin-
länglich sind, allen schädlichen Absichten und Thät-
lichkeiten, so man etwa wegen eines ungerechten An-
spruchs zum Nachtheil des Hauses Oesterreich aus-
führen will, vorzubeugen, oder selbige krafftlos zu
machen. Bey dieser ungewissen und verwirrten Be-
schaffenheit der jetzigen Angelegenheiten könnten sich
währender Zeit, da es mir unmöglich fallen möchte,
euer Gutachten und eure Hülffe zu fordern, indem
der Schluß des gegenwärtigen Parlaments nahe ist,
verschiedene unvermuthete Dinge ereignen, die mich
nöthigten, grössere Ausgaben zur Erhaltung der
pragmatischen Sanction anzuwenden. Jch habe in
dergleichen mißlichen Umständen vor nützlich befun-
den, euch solche wichtige Betrachtungen zu überge-
ben, und von meinem Parlament diejenige Hülffe
zu verlangen, wodurch Jch in Stand gesetzt werde,
der Königin von Ungarn kräfftigst beyzuspringen, und
durch alle billige Mittel den Umsturtz des Hauses
Oesterreich zu verhindern, auch die Freyheit und
das Gleichgewichte der Macht von Europa zu er-
halten.
Jhr Herren vom Unter=Hause,
Jch empfehle euch hiermit aufs beste, mir die
Subsidien zu bewilligen, welche zur Ausführung der
erwehnten Absichten erfordert werden. Die gerechte
Sorgfalt, und die Fertigkeit, so Jch jederzeit an
euch gespürt habe, alles zum gemeinem Vortheil,
und unserer Sicherheit, beytragen zu helffen, läßt
mich an eurer guten Neigung und Liebe auch dieses
mahl nicht im geringsten zweifeln.
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