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Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen. Nr. 41. Berlin, 1. Oktober 1740.

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[Beginn Spaltensatz] Sinzendorf zu dem Papste, um ihm für die beyden rei-
chen Canonicate zu danken, welche Se. Heiligkeit, sei-
nen beyden Vettern ertheilet haben. Am Donnerstage
begab sich der Papst öffentlich nach der Kirche von Ma-
donna del popolo
, und hielt die stille Messe. Sodann
wohnte er auf dem Throne der grossen Messe bey, wel-
che der Cardinal Borghese, in Gegenwart von 32. Car-
dinälen sang. Jnzwischen fand sich der Connetable Co-
lonna, als arsserordentlicher Gesandter des Königs bey-
der Sicilien, mit gewöhnlichen Gepränge vor der Kir-
che ein, und überlieferte dem Papste wie gebräuchlich,
den Zelter. Nachdem dieses alles vorbey war, fuhren
Se Heiligkeit wieder nach dem Quirinal. Nachmit-
tags hohlte der Connetable, den Cardinal Aquaviva ab,
und machte mit die gewöhnliche Promenade, in Be-
gleitung einer grossen Menge Kutschen. Am Abend
aber verfügten sie sich alle nach dem Pallaste des Conne-
table, das Feuerwerk anzusehen, welches die Europäische
Handlung nach Jndien vorstellte. Ungeachtet das Gerüch-
te nicht gegründet seyn soll, daß der Papst dem Cardinal
Corsini anmuthen gewesen, eine Million für die päpst-
liche Kammer zu borgen; so will man doch bey mehr,
als einer Gelegenheit bemerkt haben, daß Jhro Heilig-
keit ein Vergnügen darinn suchen, diesem Cardinal ein
Mißvergnügen zu erwecken. Dieses ist so weit gegan-
gen, daß Corsini Rom auf eine Zeitlang verlassen, um
seinen Verdruß auf dem Lande zu vergessen. Man
sagt, daß die Gelegenheit zu dieser Entfernung folgen-
de gewesen. Corsini hatte nehmlich den Papst, gebeten,
seiner Familie das Jus Patronatus über die Capelle zu
ertheilen, welche der verstorbene Papst in der Metropo-
litan Kirche von St. Johann, im Lateran zu seinem
Begräbnisse erbauen lassen, und zwar auf eben die Art,
wie die Familie Pamphili, dieses Recht über eine andere
Capelle dieser Kirche besitzt. Der Papst gab ihm zur
Antwort, daß er diese Sache von einer Congregation
untersuchen lassen würde. Als aber der Cardinal Pas-
sionei, welcher mit in dieser Congregation war, dem
Papste vorstellte, daß die Pamphilische Familie dieses
Recht zur Belohnung der grossen Wolthaten empfangen
hätte, welche sie besagter Kirche erwiesen, und
worinn sie noch fortführe; dahingegen die Corsinische
Familie sich in keinem Stücke um dieselbe verdient ge-
macht, so gaben Se. Heiligkeit diesem Unterrichte Ge-
hör. Der Cardinal Corsini aber hatte kaum hiervon
Nachricht erhalten, als er an den Cardinal Passionei ei-
nen Brief schrieb, wie er ihm ehedem zu schreiben ge-
wohnt gewesen, als er noch Cardinal Patron war.
Passionei, der dadurch nicht wenig angegriffen worden,
[Spaltenumbruch] beklagte sich bey dem Papste über dieses Verfahren und
bat Se. Heiligkeit, den Cardinal Corsini auf eine väter-
liche Art zu züchtigen. Corsini kam hierauf bald selbst
zum Papste, und suchte ihn mit vielen Gründen zu über-
führen, daß sein Ansuchen gerecht wäre. Allein, alle
diese Vorstellungen hatten keine andere Würkung, als
daß der Papst ihm endlich den Rücken zukehrte, und
ihm zur Antwort gab: ihr werdet mir beschwer-
lich. Diese Ungnade erschreckte den Cardinal dermas-
sen, daß er sich geschwinde entschloß. Rom zu verlassen.
Der Papst hat mit dem Cardinal Quirini geredet,
um ihn zu bewegen, daß er sein Bischofthum Brescia
dem Rezzonico überlassen mögte, damit die päpstliche
Kammer jährlich die 6000. Rthlr. erspahren kann, wel-
che sie dem Rezzonico zu seiner Tafel reicht, so lange er
noch kein Bischofthum besitzet. So haben Se Heilig-
keit auch dem Cardinal Quirini eine Abtey von 3000.
Rthlr. und noch eine reichere, im Staat von Venedig
ertheilet, damit dadurch die Taffelgelder wegfallen, wel-
che die Kammer dieser Eminenz gleichfalls bisher aus-
gezahlet. Der venetianische Gesandte hat zwar bey der
letztern eingewendet, daß diese Abtey allemal an vene-
tianische Edelleute vergeben worden, allein der Papst
hat ihn bedeutet, daß der Cardinal Borghese so gut ein
venetianischer Edelmann wäre, als die andern, und daß
der Adel, welchen die Republick den Verwandten des
Papstes ertheilte, ihnen auch bey den geistlichen Pfrün-
den zu statten kommen müste. Se. Heiligkeit haben
die Unkosten der päpstlichen Tafel merklich eingeschränkt,
und viele Köche, Confectbecker, und andere Bediente ab-
danken lassen, weil sie die päpstliche Kammer von allen
unnützen Ausgaben befreyen wollen.

Wien, vom 21. September.

Der französische Gesandte Marquis de Mirepoix,
hat nunmehro gleichfalls bey dem türckischen Gros-
botschafter die Visite abgestattet. Er verfügte sich in
eben dem Staate zu demselben, in welchem er bey Sr.
Kaiserlichen Majestät zur Audienz gewesen. Seine
Bedienten, Officier, und Pagen, giengen in Galla vor
seinem Staats Wagen her, der von zweenen andern
gefolget wurde, in welchen sich seine Edelleute, und seine
Secretarien befanden. Er selbst hatte ein spanisches
Ceremonien= Kleid an, und auf dem spanischen Man-
tel zeigte sich der Ordens= Stern vom Heiligen Geiste.
Eine Kleidung, die er sonst niemals angelegt, als wann
er bey dem Kaiser Audienz erhalten. Die Schwierig-
keiten aus dem Wege zu räumen, so ließ der Marquis
de Mirepoix dem Großbotschafter wissen, daß er es
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] Sinzendorf zu dem Papste, um ihm für die beyden rei-
chen Canonicate zu danken, welche Se. Heiligkeit, sei-
nen beyden Vettern ertheilet haben. Am Donnerstage
begab sich der Papst öffentlich nach der Kirche von Ma-
donna del popolo
, und hielt die stille Messe. Sodann
wohnte er auf dem Throne der grossen Messe bey, wel-
che der Cardinal Borghese, in Gegenwart von 32. Car-
dinälen sang. Jnzwischen fand sich der Connetable Co-
lonna, als arsserordentlicher Gesandter des Königs bey-
der Sicilien, mit gewöhnlichen Gepränge vor der Kir-
che ein, und überlieferte dem Papste wie gebräuchlich,
den Zelter. Nachdem dieses alles vorbey war, fuhren
Se Heiligkeit wieder nach dem Quirinal. Nachmit-
tags hohlte der Connetable, den Cardinal Aquaviva ab,
und machte mit die gewöhnliche Promenade, in Be-
gleitung einer grossen Menge Kutschen. Am Abend
aber verfügten sie sich alle nach dem Pallaste des Conne-
table, das Feuerwerk anzusehen, welches die Europäische
Handlung nach Jndien vorstellte. Ungeachtet das Gerüch-
te nicht gegründet seyn soll, daß der Papst dem Cardinal
Corsini anmuthen gewesen, eine Million für die päpst-
liche Kammer zu borgen; so will man doch bey mehr,
als einer Gelegenheit bemerkt haben, daß Jhro Heilig-
keit ein Vergnügen darinn suchen, diesem Cardinal ein
Mißvergnügen zu erwecken. Dieses ist so weit gegan-
gen, daß Corsini Rom auf eine Zeitlang verlassen, um
seinen Verdruß auf dem Lande zu vergessen. Man
sagt, daß die Gelegenheit zu dieser Entfernung folgen-
de gewesen. Corsini hatte nehmlich den Papst, gebeten,
seiner Familie das Jus Patronatus über die Capelle zu
ertheilen, welche der verstorbene Papst in der Metropo-
litan Kirche von St. Johann, im Lateran zu seinem
Begräbnisse erbauen lassen, und zwar auf eben die Art,
wie die Familie Pamphili, dieses Recht über eine andere
Capelle dieser Kirche besitzt. Der Papst gab ihm zur
Antwort, daß er diese Sache von einer Congregation
untersuchen lassen würde. Als aber der Cardinal Pas-
sionei, welcher mit in dieser Congregation war, dem
Papste vorstellte, daß die Pamphilische Familie dieses
Recht zur Belohnung der grossen Wolthaten empfangen
hätte, welche sie besagter Kirche erwiesen, und
worinn sie noch fortführe; dahingegen die Corsinische
Familie sich in keinem Stücke um dieselbe verdient ge-
macht, so gaben Se. Heiligkeit diesem Unterrichte Ge-
hör. Der Cardinal Corsini aber hatte kaum hiervon
Nachricht erhalten, als er an den Cardinal Passionei ei-
nen Brief schrieb, wie er ihm ehedem zu schreiben ge-
wohnt gewesen, als er noch Cardinal Patron war.
Passionei, der dadurch nicht wenig angegriffen worden,
[Spaltenumbruch] beklagte sich bey dem Papste über dieses Verfahren und
bat Se. Heiligkeit, den Cardinal Corsini auf eine väter-
liche Art zu züchtigen. Corsini kam hierauf bald selbst
zum Papste, und suchte ihn mit vielen Gründen zu über-
führen, daß sein Ansuchen gerecht wäre. Allein, alle
diese Vorstellungen hatten keine andere Würkung, als
daß der Papst ihm endlich den Rücken zukehrte, und
ihm zur Antwort gab: ihr werdet mir beschwer-
lich. Diese Ungnade erschreckte den Cardinal dermas-
sen, daß er sich geschwinde entschloß. Rom zu verlassen.
Der Papst hat mit dem Cardinal Quirini geredet,
um ihn zu bewegen, daß er sein Bischofthum Brescia
dem Rezzonico überlassen mögte, damit die päpstliche
Kammer jährlich die 6000. Rthlr. erspahren kann, wel-
che sie dem Rezzonico zu seiner Tafel reicht, so lange er
noch kein Bischofthum besitzet. So haben Se Heilig-
keit auch dem Cardinal Quirini eine Abtey von 3000.
Rthlr. und noch eine reichere, im Staat von Venedig
ertheilet, damit dadurch die Taffelgelder wegfallen, wel-
che die Kammer dieser Eminenz gleichfalls bisher aus-
gezahlet. Der venetianische Gesandte hat zwar bey der
letztern eingewendet, daß diese Abtey allemal an vene-
tianische Edelleute vergeben worden, allein der Papst
hat ihn bedeutet, daß der Cardinal Borghese so gut ein
venetianischer Edelmann wäre, als die andern, und daß
der Adel, welchen die Republick den Verwandten des
Papstes ertheilte, ihnen auch bey den geistlichen Pfrün-
den zu statten kommen müste. Se. Heiligkeit haben
die Unkosten der päpstlichen Tafel merklich eingeschränkt,
und viele Köche, Confectbecker, und andere Bediente ab-
danken lassen, weil sie die päpstliche Kammer von allen
unnützen Ausgaben befreyen wollen.

Wien, vom 21. September.

Der französische Gesandte Marquis de Mirepoix,
hat nunmehro gleichfalls bey dem türckischen Gros-
botschafter die Visite abgestattet. Er verfügte sich in
eben dem Staate zu demselben, in welchem er bey Sr.
Kaiserlichen Majestät zur Audienz gewesen. Seine
Bedienten, Officier, und Pagen, giengen in Galla vor
seinem Staats Wagen her, der von zweenen andern
gefolget wurde, in welchen sich seine Edelleute, und seine
Secretarien befanden. Er selbst hatte ein spanisches
Ceremonien= Kleid an, und auf dem spanischen Man-
tel zeigte sich der Ordens= Stern vom Heiligen Geiste.
Eine Kleidung, die er sonst niemals angelegt, als wann
er bey dem Kaiser Audienz erhalten. Die Schwierig-
keiten aus dem Wege zu räumen, so ließ der Marquis
de Mirepoix dem Großbotschafter wissen, daß er es
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Als aber der Cardinal Pas- sionei, welcher mit in dieser Congregation war, dem Papste vorstellte, daß die Pamphilische Familie dieses Recht zur Belohnung der grossen Wolthaten empfangen hätte, welche sie besagter Kirche erwiesen, und worinn sie noch fortführe; dahingegen die Corsinische Familie sich in keinem Stücke um dieselbe verdient ge- macht, so gaben Se. Heiligkeit diesem Unterrichte Ge- hör. Der Cardinal Corsini aber hatte kaum hiervon Nachricht erhalten, als er an den Cardinal Passionei ei- nen Brief schrieb, wie er ihm ehedem zu schreiben ge- wohnt gewesen, als er noch Cardinal Patron war. Passionei, der dadurch nicht wenig angegriffen worden, beklagte sich bey dem Papste über dieses Verfahren und bat Se. Heiligkeit, den Cardinal Corsini auf eine väter- liche Art zu züchtigen. Corsini kam hierauf bald selbst zum Papste, und suchte ihn mit vielen Gründen zu über- führen, daß sein Ansuchen gerecht wäre. Allein, alle diese Vorstellungen hatten keine andere Würkung, als daß der Papst ihm endlich den Rücken zukehrte, und ihm zur Antwort gab: ihr werdet mir beschwer- lich. Diese Ungnade erschreckte den Cardinal dermas- sen, daß er sich geschwinde entschloß. Rom zu verlassen. Der Papst hat mit dem Cardinal Quirini geredet, um ihn zu bewegen, daß er sein Bischofthum Brescia dem Rezzonico überlassen mögte, damit die päpstliche Kammer jährlich die 6000. Rthlr. erspahren kann, wel- che sie dem Rezzonico zu seiner Tafel reicht, so lange er noch kein Bischofthum besitzet. So haben Se Heilig- keit auch dem Cardinal Quirini eine Abtey von 3000. Rthlr. und noch eine reichere, im Staat von Venedig ertheilet, damit dadurch die Taffelgelder wegfallen, wel- che die Kammer dieser Eminenz gleichfalls bisher aus- gezahlet. Der venetianische Gesandte hat zwar bey der letztern eingewendet, daß diese Abtey allemal an vene- tianische Edelleute vergeben worden, allein der Papst hat ihn bedeutet, daß der Cardinal Borghese so gut ein venetianischer Edelmann wäre, als die andern, und daß der Adel, welchen die Republick den Verwandten des Papstes ertheilte, ihnen auch bey den geistlichen Pfrün- den zu statten kommen müste. Se. Heiligkeit haben die Unkosten der päpstlichen Tafel merklich eingeschränkt, und viele Köche, Confectbecker, und andere Bediente ab- danken lassen, weil sie die päpstliche Kammer von allen unnützen Ausgaben befreyen wollen. Wien, vom 21. September. Der französische Gesandte Marquis de Mirepoix, hat nunmehro gleichfalls bey dem türckischen Gros- botschafter die Visite abgestattet. Er verfügte sich in eben dem Staate zu demselben, in welchem er bey Sr. Kaiserlichen Majestät zur Audienz gewesen. Seine Bedienten, Officier, und Pagen, giengen in Galla vor seinem Staats Wagen her, der von zweenen andern gefolget wurde, in welchen sich seine Edelleute, und seine Secretarien befanden. Er selbst hatte ein spanisches Ceremonien= Kleid an, und auf dem spanischen Man- tel zeigte sich der Ordens= Stern vom Heiligen Geiste. Eine Kleidung, die er sonst niemals angelegt, als wann er bey dem Kaiser Audienz erhalten. Die Schwierig- keiten aus dem Wege zu räumen, so ließ der Marquis de Mirepoix dem Großbotschafter wissen, daß er es

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Zitationshilfe: Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen. Nr. 41. Berlin, 1. Oktober 1740, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_berlin041_1740/2>, abgerufen am 05.12.2024.