Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen. Nr. 30. Berlin, 6. September 1740.[Beginn Spaltensatz]
bemerken, daß Herr Belcher, Gouverneur der Provinz, Compiegne, vom 21. August. Gestern brach der Dauphin wieder von hier nach Paris vom 23. August. Der Herr von Chauvelin, welcher ehedem Siegel- Rom, vom 17. August. Der Cardinal Prosper Lambertini, welcher nunmehro Gelehrte Sachen Institution D'un Prince. Wir haben unsern Lesern bereits gesagt, daß wir ih- Wann der Prinz die Macht in Erwegung gezogen, [Beginn Spaltensatz]
bemerken, daß Herr Belcher, Gouverneur der Provinz, Compiegne, vom 21. August. Gestern brach der Dauphin wieder von hier nach Paris vom 23. August. Der Herr von Chauvelin, welcher ehedem Siegel- Rom, vom 17. August. Der Cardinal Prosper Lambertini, welcher nunmehro Gelehrte Sachen Institution D'un Prince. Wir haben unsern Lesern bereits gesagt, daß wir ih- Wann der Prinz die Macht in Erwegung gezogen, <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <p><pb facs="#f0003"/><cb type="start"/> bemerken, daß Herr Belcher, Gouverneur der Provinz,<lb/> den dortigen Herren von der Regierung Nachricht gege-<lb/> ben, daß er von den Grenzen sowohl von Osten als von<lb/> Westen Nachricht erhalten, daß sich alle Jndianer auf<lb/> Anhalten der Franzosen zurück gezogen, um sich nach Ca-<lb/> nada zu begeben. Von Neu= Jork ist die Nachricht ein-<lb/> gelaufen, daß daselbst verschiedene Schiffe mit Officieren,<lb/> drey tausend Flinten, und anderen Kriegsgeräthschaften<lb/> angekommen sind, welche man für die Völker bestimmt<lb/> hat, die in America geworben werden sollen.</p><lb/> </div> <div type="jArticle" n="2"> <head>Compiegne, vom 21. August.</head><lb/> <p>Gestern brach der Dauphin wieder von hier nach<lb/> Versailles auf, wohin sich der ganze Hof ehestens gleich-<lb/> falls wieder begeben wird. Es hat sich ein Gerücht<lb/> ausgebreitet, daß der Marschall von Noailles einen von<lb/> den ersten Posten bey Hofe erhalten wird, sobald sich<lb/> der König wieder zu Versailles befindet.</p><lb/> </div> <div type="jArticle" n="2"> <head>Paris vom 23. August.</head><lb/> <p>Der Herr von Chauvelin, welcher ehedem Siegel-<lb/> bewahrer gewesen, ist von Bourges hieher gebracht, und<lb/> nebst seinem Sohne in die Bastille gesetzt worden. So<lb/> hat man auch zweene Aebte dahin geführt, weil sie an<lb/> statt Gebetbücher zu verfertigen, die <hi rendition="#aq">Soupers de<lb/> Daphne</hi> durch den Druck bekannt gemacht, und end-<lb/> lich sind auch noch 4. andere Personen in dieses fürch-<lb/> terliche Gefängniß geraten, weil sie gewisse Zusammen-<lb/> künfte geheget, in welchen man den Jansenismum aus-<lb/> breiten wollen. Der Marquis Fogliani, welcher sich<lb/> hier eine Zeitlang aufgehalten, wird ehestens mit dem<lb/> Charackter eines Euvoye= Extraordinaire des Königs<lb/> beyder Sicilien bey den General= Staaten, von hier<lb/> nach den Haag aufbrechen. Der öffentliche Einzug<lb/> des venetianischen Gesandten wird sofort vor sich gehen,<lb/> wann der Hof die Trauer für die verstorbene Königin<lb/> von Spanien abgelegt hat. Die Briefe von Bastia<lb/> melden, daß der Marquis de Maillebois, welcher noch<lb/> immer die Kammer hütet, dem ungeachtet mit dem ge-<lb/> nuesischen General= Commissario, Dominicio Maria<lb/> Spinola sich sehr oft über die corsischen Angelegenheiten<lb/> beredete, und daß man die Banditen von Jsolacci zu<lb/> Schiffe gebracht, um die Jnsel gänzlich davon zu befrey-<lb/> en. So fügt man auch hinzu, daß man nunmehro<lb/> wirklich glaube, daß der Baron Drost Mittel gefunden,<lb/> die Jnsel zu verlassen, und daß zweene Bauren sehr<lb/> wohl verwahrt nach Bastia gebracht, ohne daß man<lb/> noch zur Zeit von ihrem Verbrechen etwas in Erfah-<lb/> rung bringen können,</p><lb/> </div> <cb n="2"/> <div type="jArticle" n="2"> <head>Rom, vom 17. August.</head><lb/> <p>Der Cardinal Prosper Lambertini, welcher nunmehro<lb/> wirklich auf den päpstlichen Stuhl erhoben worden, nach-<lb/> dem das Conclave diesmahl 6 Monath und einen Tag<lb/> gedauret, heißt nunmehro Benedictus <hi rendition="#aq">XIV</hi>. Das<lb/> Haus, aus welchem er herstammt, ist eines von den vor-<lb/> nehmsten im Kirchenstaat, sowohl seines Ursprungs als<lb/> auch seiner Verbindungen wegen. Der neue Papst ist<lb/> bey den Gelehrten durch ein Buch, welches er von der<lb/> Canonisation der Heiligen geschrieben, und durch noch<lb/> verschiedene andere Werke bekant. Er ist von einer<lb/> allezeit gleichen und muntern Gemüthsart, selbst in den<lb/> wichtigsten Verrichtungen, und seine gute Leibesbeschaf-<lb/> fenheit wird ihm bey der neuen Last allerdings zu statten<lb/> kommen. Man hat längst an ihm eine natürliche Unei-<lb/> gennützigkeit, und eine Unparteylichkeit bemerket, und er<lb/> läuft keine Gefahr diese grossen Eigenschaften zu verlie-<lb/> ren, da er weder Brüder noch Vettern, noch andere na-<lb/> he Verwandten hat, denen zu Gefallen er seine Neigung<lb/> ändern dürfte. Ganz Rom soll mit dieser Wahl sehr<lb/> zufrieden seyn, und sich von einem Papste viel Gutes ver-<lb/> sprechen, der sich so wenig Mühe gegeben, zu dieser Eh-<lb/> renstelle zu gelangen.</p><lb/> </div> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jFeuilleton" n="1"> <head> <hi rendition="#fr">Gelehrte Sachen</hi><lb/> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Institution D'un Prince</hi>.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#in">W</hi>ir haben unsern Lesern bereits gesagt, daß wir ih-<lb/> nen aus diesem schönen Buche nach und nach die<lb/> besten Stellen mittheilen werden, und wir kommen heu-<lb/> te zu der Stelle, worinn der Verfasser zeigt, daß es ei-<lb/> ne von den vornehmsten Eigenschaften eines Fürsten seyn<lb/> soll, die Menschen zu kennen.</p><lb/> <p>Wann der Prinz die Macht in Erwegung gezogen,<lb/> welche ihm von GOtt ertheilet worden, so soll er seine<lb/> Augen auf diejenigen wenden, die seiner Aufsicht anver-<lb/> traut sind. Er kann dieses nicht mit Weisheit thun,<lb/> wann er sie nicht wohl kennet, und seine Regierung wird<lb/> eine Folge von Fehlern und Verwirrungen seyn, wo-<lb/> fern er eine Wissenschaft versäumet, die eigentlich zu re-<lb/> den, gerade diejenige ist, mit welcher sich die Könige in<lb/> ihrem ganzen Leben beschäftigen sollen, und die nach<lb/> vieler Ueberlegung und Erfahrung dennoch unvollkom-<lb/> men bleibt.</p><lb/> <cb type="end"/> </div> </body> </text> </TEI> [0003]
bemerken, daß Herr Belcher, Gouverneur der Provinz,
den dortigen Herren von der Regierung Nachricht gege-
ben, daß er von den Grenzen sowohl von Osten als von
Westen Nachricht erhalten, daß sich alle Jndianer auf
Anhalten der Franzosen zurück gezogen, um sich nach Ca-
nada zu begeben. Von Neu= Jork ist die Nachricht ein-
gelaufen, daß daselbst verschiedene Schiffe mit Officieren,
drey tausend Flinten, und anderen Kriegsgeräthschaften
angekommen sind, welche man für die Völker bestimmt
hat, die in America geworben werden sollen.
Compiegne, vom 21. August.
Gestern brach der Dauphin wieder von hier nach
Versailles auf, wohin sich der ganze Hof ehestens gleich-
falls wieder begeben wird. Es hat sich ein Gerücht
ausgebreitet, daß der Marschall von Noailles einen von
den ersten Posten bey Hofe erhalten wird, sobald sich
der König wieder zu Versailles befindet.
Paris vom 23. August.
Der Herr von Chauvelin, welcher ehedem Siegel-
bewahrer gewesen, ist von Bourges hieher gebracht, und
nebst seinem Sohne in die Bastille gesetzt worden. So
hat man auch zweene Aebte dahin geführt, weil sie an
statt Gebetbücher zu verfertigen, die Soupers de
Daphne durch den Druck bekannt gemacht, und end-
lich sind auch noch 4. andere Personen in dieses fürch-
terliche Gefängniß geraten, weil sie gewisse Zusammen-
künfte geheget, in welchen man den Jansenismum aus-
breiten wollen. Der Marquis Fogliani, welcher sich
hier eine Zeitlang aufgehalten, wird ehestens mit dem
Charackter eines Euvoye= Extraordinaire des Königs
beyder Sicilien bey den General= Staaten, von hier
nach den Haag aufbrechen. Der öffentliche Einzug
des venetianischen Gesandten wird sofort vor sich gehen,
wann der Hof die Trauer für die verstorbene Königin
von Spanien abgelegt hat. Die Briefe von Bastia
melden, daß der Marquis de Maillebois, welcher noch
immer die Kammer hütet, dem ungeachtet mit dem ge-
nuesischen General= Commissario, Dominicio Maria
Spinola sich sehr oft über die corsischen Angelegenheiten
beredete, und daß man die Banditen von Jsolacci zu
Schiffe gebracht, um die Jnsel gänzlich davon zu befrey-
en. So fügt man auch hinzu, daß man nunmehro
wirklich glaube, daß der Baron Drost Mittel gefunden,
die Jnsel zu verlassen, und daß zweene Bauren sehr
wohl verwahrt nach Bastia gebracht, ohne daß man
noch zur Zeit von ihrem Verbrechen etwas in Erfah-
rung bringen können,
Rom, vom 17. August.
Der Cardinal Prosper Lambertini, welcher nunmehro
wirklich auf den päpstlichen Stuhl erhoben worden, nach-
dem das Conclave diesmahl 6 Monath und einen Tag
gedauret, heißt nunmehro Benedictus XIV. Das
Haus, aus welchem er herstammt, ist eines von den vor-
nehmsten im Kirchenstaat, sowohl seines Ursprungs als
auch seiner Verbindungen wegen. Der neue Papst ist
bey den Gelehrten durch ein Buch, welches er von der
Canonisation der Heiligen geschrieben, und durch noch
verschiedene andere Werke bekant. Er ist von einer
allezeit gleichen und muntern Gemüthsart, selbst in den
wichtigsten Verrichtungen, und seine gute Leibesbeschaf-
fenheit wird ihm bey der neuen Last allerdings zu statten
kommen. Man hat längst an ihm eine natürliche Unei-
gennützigkeit, und eine Unparteylichkeit bemerket, und er
läuft keine Gefahr diese grossen Eigenschaften zu verlie-
ren, da er weder Brüder noch Vettern, noch andere na-
he Verwandten hat, denen zu Gefallen er seine Neigung
ändern dürfte. Ganz Rom soll mit dieser Wahl sehr
zufrieden seyn, und sich von einem Papste viel Gutes ver-
sprechen, der sich so wenig Mühe gegeben, zu dieser Eh-
renstelle zu gelangen.
Gelehrte Sachen
Institution D'un Prince.
Wir haben unsern Lesern bereits gesagt, daß wir ih-
nen aus diesem schönen Buche nach und nach die
besten Stellen mittheilen werden, und wir kommen heu-
te zu der Stelle, worinn der Verfasser zeigt, daß es ei-
ne von den vornehmsten Eigenschaften eines Fürsten seyn
soll, die Menschen zu kennen.
Wann der Prinz die Macht in Erwegung gezogen,
welche ihm von GOtt ertheilet worden, so soll er seine
Augen auf diejenigen wenden, die seiner Aufsicht anver-
traut sind. Er kann dieses nicht mit Weisheit thun,
wann er sie nicht wohl kennet, und seine Regierung wird
eine Folge von Fehlern und Verwirrungen seyn, wo-
fern er eine Wissenschaft versäumet, die eigentlich zu re-
den, gerade diejenige ist, mit welcher sich die Könige in
ihrem ganzen Leben beschäftigen sollen, und die nach
vieler Ueberlegung und Erfahrung dennoch unvollkom-
men bleibt.
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