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Die Bayerische Presse. Nr. 249. Würzburg, 17. Oktober 1850.

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Die Bayerische Presse.

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Expedition: Jm Schenkhofe 2. Distr.
Nr. 533.

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titzeile oder deren Raum 3 kr. Briefe
und Gelder frei.

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Nr. 249.
Würzburg, Donnerstag den 17. Oktober. 1850.


[Beginn Spaltensatz]
Amtliche Nachrichten.

Die 1. Schulstelle zu Wörth Ldg. Miltenberg
wurde dem von der Fürstl. Löwenstein'schen Stan-
desherrschaft auf dieselbe präsentirten Schullehrer
Eymelt zu Pflochsbach und die Schulstelle zu
Pflochsbach Gerichtsbezirks Rothenfels dem von
der Fürstl. Löwenstein'schen Standesherrschaft prä-
sentirten Schuldienstexspektanten und dermaligen
Schulverweser zu Kleinheubach Eustach Pfeiffer
übertragen.



Die "nationale Partei ".

Jmmer mehr stellt es sich heraus, wo die
wahren und gefährlichen Feinde des Staates ei-
gentlich zu suchen sind. Durch Katzenmusiken und
Fenstereinwerfen wird keine Revolution gemacht,
mit Pflastersteinen kein Thron erschüttert und durch
Barrikaden keine Stadt, geschweige ein Staat er-
obert, wie widerwärtig und polizeilich unerträglich
derartiger Skandal auch ist. Aber es gibt eine
noch immer zahlreiche Klasse von Menschen mit
drei bis vier an sich ganz richtigen, aber einseiti-
gen Gedanken, welche hochmüthig wähnen, die bis-
her schlechte und thörichte Welt müsse von ihnen
erst zurechtgerückt und zu Verstande gebracht wer-
den, und welche übermüthig auf ihre "hohe Bil-
dung " mit unbeugsamem Dünkel und mit einem
Schwall tönender Redensarten jede polizeiwidrige
Ungezogenheit zu ihrem Privatvortheil auszubeu-
ten und sie zur Leiter ihres eigensüchtigen Ehr-
geizes zu machen suchen, indem sie die tobenden
Haufen als "das Volk" bezeichnen, der Regierung
sagen, "was das Volk will" und ihr die Mittel
angeben, das "Volk zu beschwichtigen". Diese
Klasse von Menschen spukte schon längst unter
uns, bevor ihnen die Märzereignisse einen neuen
Wirkungskreis in die Hände spielten; in der Kirche
und in der Wissenschaft, in der Kunst und im
Leben wirkten sie seit vielen Jahren minder ge-
räuschvoll, aber auf das verderblichste, und hatte
es dahin gebracht, daß aller sittliche Ernst des
geistigen Lebens wie verschwunden war und die
Formel und die Redensart, die Heuchelei der Gei-
stesleerheit in allen Gebieten des Geistes sich auf
der Oberfläche breit machte. Die Kanzeln, die
Katheder und die Literatur waren großentheils in
den Besitz dieser Helden des seichten Geschwätzes
übergegangen, welche ohne Ehrfurcht vor dem ewi-
gen Geiste, dem Urquell alles wahren Lebens,
zum Theil selbst ohne Achtung von der Existenz
eines solchen Geistes, tiefere Wissenschaft, eindrin-
gende Erkenntniß, innige Religiosität verächtlich
zu machen und vollends aus der Menschenwelt zu
verdrängen suchten. Die volle reiche Gotteswelt
überpinselten sie vor den Leuten durch die Schab-
lone ihrer Thorheiten mit den drei oder vier Far-
ben, die ihnen eben zu Gebote standen. Es kam
der Sturm aus Westen, die untern Volksschichten
regten und hoben sich, wie lange nicht geschehen,
der Schaum der Oberfläche wurde zusammenge-
trieben, massenhaft aus der Tiefe neuer Schaum
erzeugt, und bald schien das Ganze eine uner-
gründliche Tiefe des Unglaubens, der Unwissen-
heit, der Eitelkeit -- es war, als wollte nun nach
langer Vorbereitung das Ungeheuer des faulen
[Spaltenumbruch] Geschwätzes wahrhaft die ganze Welt verschlingen.
Aber es gibt einen Felsen, an welchem die Wo-
gen des Unverstandes zerschellen, wie wild sie ge-
gen ihn anbranden, und es gibt einen Willen,
welchem die Völker gehorchen, ohne daß sie es
wissen. Die Wogen haben sich beruhigt und der
Schaum treibt nun zerstreut umher und verschwin-
det mehr und mehr, während Jedermann seine
Leerheit, Ohnmacht und Nichtigkeit erkennt. Wie
überhaupt in der Welt Gottes nichts vergeblich
geschieht und kein Rückschritt möglich ist in ihr,
so sind auch die Jahre 1848 und 1849 nicht
vergeblich gewesen für die Welt, und ein Rück-
schritt in die "vormärzliche Zeit" ist eine Unmög-
lichkeit; wir haben eine Errungenschaft, die uns
sicher bleibt für alle Zukunft: die Herrschaft der
dünkelhaften Schwätzer, der superklugen Weltver-
besserer ist ein Ende gemacht! Vielleicht stehen
wir erst am Anfange des Endes, aber der Kampf
hat begonnen und der Sieg wird gewiß, der Sieg
des Gottesgeistes über die Gespenster menschlicher
Eitelkeit. Die Regierungen der vormärzlichen Zeit
hatten schon zum großen Theil die Feinde des
Staates und der menschlichen Gesellschaft erkannt,
aber sie sahen sich durch die scheinbare Macht der-
selben genöthigt, mit ihnen zu coquettiren, und sie
begnügten sich, Vorbeugungsmaßregeln gegen die
übeln Folgen ihres Treibens zu ersinnen. Nun-
mehr aber ist den Regierungen und, was noch
viel mehr sagen will, ist dem Volke klar gewor-
den, auf wie schwächlichen Füßen der Feind steht,
wie jämmerlich seine Waffen, wie ohnmächtig sein
Wille. Die Furcht vor dem Feinde ist geschwun-
den mit der Achtung vor ihm, und alles was er
verlästert und verleumdet hat seit Jahrzehnten, ist
wieder zu Ehren gekommen. Die Regierungen
werden keine vorbeugenden Maßregeln gegen den
Feind mehr anwenden, sondern werden ihn ganz
aus dem Felde schlagen, und das Volk wird sich
nicht mehr von den Maulmachern und Heuchlern
auf die Schlachtbank führen lassen. Der klaffende
Zwiespalt zwischen Regierenden und Regierten,
welchen der Feind durch alle Mittel der Sophistik
und Verleumdung hervorgebracht und immer mehr
erweitert hat, wird sich endlich schließen; das Volk
wird zu der Erkenntniß kommen, daß es wahrhaft
sich selbst regiert, also wahrhaft frei ist, wenn die
besten, die religiös sittlich und wissenschaftlich ge-
bildeten Männer aus seiner Mitte die Zügel der
Regierung in starken Händen halten, und die Re-
gierungen werden streben, sich als das zu bewei-
sen, was sie sein sollen: Männer, die da wissen,
was das Volk will, wahrhaft will, kraft seiner
gottentsprossenen, in ihm schlummernden Vernunft.
Sie werden immer mehr alle Schichten des Vol-
kes erwecken zum Licht und Leben des Geistes,
indem sie in weisen Gesetzen dessen sittlichen Wil-
len aussprechen. Damit dies aber möglich werde,
muß das Volk auf der Hut sein, sich nicht aber-
mals durch seine Feinde bethören zu lassen. Täg-
lich spinnen diese neue Lügengewebe, um den durch
die Ereignisse aufgeklärten Blick des Volkes wie-
der zu verschleiern, und es auf's Neue
zu der Thorheit zu verleiten, in ihren Knechtes-
dienst sich zu begeben. Sie haben sich überzeugt,
daß sie aus eigner Macht gar nichts vermögen
und daher nicht ablassen dürfen, das Volk gegen
[Spaltenumbruch] seine Regierungen zu hetzen und zu treiben, um
im Wirrwar der Revolution mit ihrem guten
Rathe, wie die Revolution zu beendigen sei, wie-
der bei den Regierungen Gehör zu finden. Eine
der Lügen, welche die gefährlichen Seichtigkeits-
krämer jetzt ausstreuen, ist, daß diejenigen deut-
schen Regierungen, welche unter der ausdrücklichen
heiligen Versicherung den Bundestag wieder zu-
sammenberufen haben, um ehrgeizigen Plänen
Preußens gegenüber einen festen Boden zur Neu-
gestaltung Deutschlands zu gewinnen, eine anti-
nationale, despotische und unredliche Politik ver-
folgten und daß dagegen sie selbst, die Partei,
welche Deutschland halbiren und seinen geschicht-
lich ausgebildeten Organismus zerstören will, sich
selbst die "nationale Partei" nennt. Jn diesem
Stile sagt das Neue Dresdner Journal, "jeder
von Preußen abfallende Staat falle Oesterreich
und dem Despotismus zu" -- "die Herrschaft
des Bundestages und Oesterreichs sei gleich der
Fremdherrschaft" ec. Solche Verleumdungen dem
Volke weiß zu machen, wird ausdrücklich als Ab-
sicht und Zweck der "nationalen Partei" ausge-
sprochen. Die Lüge ist der Leute Verderben; das
Wort der Schrift bestätigt sich immer aufs neue
in so schlagender Weise, daß der Lügner durch
seine eignen Waffen sich tödtlich verwundet.

Deutschland.

München, 15. Okt. Gestern Abend ist Se.
Maj. der König Max hierher zurückgekehrt. Nach
der heutigen Kirchenparade und den in den Kir-
chen aller Glaubensbekenntnisse abgehaltenen Got-
tesdiensten zur Feier des Geburtsfestes der Köni-
gin Marie wurde die Eröffnung des Siegesthores
festlich begangen. Die Landwehr in größter Zahl,
die Linientruppen, ( das Leibregiment, Kuirassiere
und reitende Artillerie vollständig, von dem ersten
und zweiten Regiment je ein Bataillon, von der
schweren Artillerie eine Batterie ) , deren Musik-
korps unter Streck's Leitung Chelard's große Messe
in der überfüllten St. Michaelshofkirche aufführ-
ten, stellten sich nach der von dem schönsten Wet-
ter begünstigten Parade längs der Schwabinger-
Landstraße in unübersehbaren Kolonnen auf. Da
die Eröffnungsfeier erst diesen Morgen angesagt
ward, so gesellten sich zur Landwehrinfanterie
auch deren Artillerie und Kavallerie, welche Trup-
penmassen einen überaus glänzenden Anblick ge-
währten. Am Siegesthor war der Magistrat, die
beiden Bürgermeister an der Spitze, gegenwärtig,
in deren Hände ein Delegirter König Ludwigs
die Extraditionsurkunde des als ein neues herrli-
ches Kunst=Monument die Ludwigsstraße zierenden
Siegesthores niederlegte. Jn ziemlicher Entfer-
nung von diesem durch eine zahlreiche Zuschauer-
menge besetzten Schauplatze wurden die üblichen
Reden gehalten. König Max, ihm zur Seite
König Otto, gefolgt von einem zahlreichen Ge-
neralstabe inspizirte sämmtliche Truppen und wurde,
namentlich auch von der Landwehr, sowie die Kö-
nigin Marie, die zu Wagen die Reihen passirte,
mit zahlreichen Hochrufen begrüßt. Am Schlusse
defilirten sämmtliche Mannschaften an den kk. Ma-
jestäten vorüber, wobei sich die Vivatrufe wieder-

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Die 1. Schulstelle zu Wörth Ldg. Miltenberg
wurde dem von der Fürstl. Löwenstein'schen Stan-
desherrschaft auf dieselbe präsentirten Schullehrer
Eymelt zu Pflochsbach und die Schulstelle zu
Pflochsbach Gerichtsbezirks Rothenfels dem von
der Fürstl. Löwenstein'schen Standesherrschaft prä-
sentirten Schuldienstexspektanten und dermaligen
Schulverweser zu Kleinheubach Eustach Pfeiffer
übertragen.



Die „nationale Partei “.

Jmmer mehr stellt es sich heraus, wo die
wahren und gefährlichen Feinde des Staates ei-
gentlich zu suchen sind. Durch Katzenmusiken und
Fenstereinwerfen wird keine Revolution gemacht,
mit Pflastersteinen kein Thron erschüttert und durch
Barrikaden keine Stadt, geschweige ein Staat er-
obert, wie widerwärtig und polizeilich unerträglich
derartiger Skandal auch ist. Aber es gibt eine
noch immer zahlreiche Klasse von Menschen mit
drei bis vier an sich ganz richtigen, aber einseiti-
gen Gedanken, welche hochmüthig wähnen, die bis-
her schlechte und thörichte Welt müsse von ihnen
erst zurechtgerückt und zu Verstande gebracht wer-
den, und welche übermüthig auf ihre „hohe Bil-
dung “ mit unbeugsamem Dünkel und mit einem
Schwall tönender Redensarten jede polizeiwidrige
Ungezogenheit zu ihrem Privatvortheil auszubeu-
ten und sie zur Leiter ihres eigensüchtigen Ehr-
geizes zu machen suchen, indem sie die tobenden
Haufen als „das Volk“ bezeichnen, der Regierung
sagen, „was das Volk will“ und ihr die Mittel
angeben, das „Volk zu beschwichtigen“. Diese
Klasse von Menschen spukte schon längst unter
uns, bevor ihnen die Märzereignisse einen neuen
Wirkungskreis in die Hände spielten; in der Kirche
und in der Wissenschaft, in der Kunst und im
Leben wirkten sie seit vielen Jahren minder ge-
räuschvoll, aber auf das verderblichste, und hatte
es dahin gebracht, daß aller sittliche Ernst des
geistigen Lebens wie verschwunden war und die
Formel und die Redensart, die Heuchelei der Gei-
stesleerheit in allen Gebieten des Geistes sich auf
der Oberfläche breit machte. Die Kanzeln, die
Katheder und die Literatur waren großentheils in
den Besitz dieser Helden des seichten Geschwätzes
übergegangen, welche ohne Ehrfurcht vor dem ewi-
gen Geiste, dem Urquell alles wahren Lebens,
zum Theil selbst ohne Achtung von der Existenz
eines solchen Geistes, tiefere Wissenschaft, eindrin-
gende Erkenntniß, innige Religiosität verächtlich
zu machen und vollends aus der Menschenwelt zu
verdrängen suchten. Die volle reiche Gotteswelt
überpinselten sie vor den Leuten durch die Schab-
lone ihrer Thorheiten mit den drei oder vier Far-
ben, die ihnen eben zu Gebote standen. Es kam
der Sturm aus Westen, die untern Volksschichten
regten und hoben sich, wie lange nicht geschehen,
der Schaum der Oberfläche wurde zusammenge-
trieben, massenhaft aus der Tiefe neuer Schaum
erzeugt, und bald schien das Ganze eine uner-
gründliche Tiefe des Unglaubens, der Unwissen-
heit, der Eitelkeit -- es war, als wollte nun nach
langer Vorbereitung das Ungeheuer des faulen
[Spaltenumbruch] Geschwätzes wahrhaft die ganze Welt verschlingen.
Aber es gibt einen Felsen, an welchem die Wo-
gen des Unverstandes zerschellen, wie wild sie ge-
gen ihn anbranden, und es gibt einen Willen,
welchem die Völker gehorchen, ohne daß sie es
wissen. Die Wogen haben sich beruhigt und der
Schaum treibt nun zerstreut umher und verschwin-
det mehr und mehr, während Jedermann seine
Leerheit, Ohnmacht und Nichtigkeit erkennt. Wie
überhaupt in der Welt Gottes nichts vergeblich
geschieht und kein Rückschritt möglich ist in ihr,
so sind auch die Jahre 1848 und 1849 nicht
vergeblich gewesen für die Welt, und ein Rück-
schritt in die „vormärzliche Zeit“ ist eine Unmög-
lichkeit; wir haben eine Errungenschaft, die uns
sicher bleibt für alle Zukunft: die Herrschaft der
dünkelhaften Schwätzer, der superklugen Weltver-
besserer ist ein Ende gemacht! Vielleicht stehen
wir erst am Anfange des Endes, aber der Kampf
hat begonnen und der Sieg wird gewiß, der Sieg
des Gottesgeistes über die Gespenster menschlicher
Eitelkeit. Die Regierungen der vormärzlichen Zeit
hatten schon zum großen Theil die Feinde des
Staates und der menschlichen Gesellschaft erkannt,
aber sie sahen sich durch die scheinbare Macht der-
selben genöthigt, mit ihnen zu coquettiren, und sie
begnügten sich, Vorbeugungsmaßregeln gegen die
übeln Folgen ihres Treibens zu ersinnen. Nun-
mehr aber ist den Regierungen und, was noch
viel mehr sagen will, ist dem Volke klar gewor-
den, auf wie schwächlichen Füßen der Feind steht,
wie jämmerlich seine Waffen, wie ohnmächtig sein
Wille. Die Furcht vor dem Feinde ist geschwun-
den mit der Achtung vor ihm, und alles was er
verlästert und verleumdet hat seit Jahrzehnten, ist
wieder zu Ehren gekommen. Die Regierungen
werden keine vorbeugenden Maßregeln gegen den
Feind mehr anwenden, sondern werden ihn ganz
aus dem Felde schlagen, und das Volk wird sich
nicht mehr von den Maulmachern und Heuchlern
auf die Schlachtbank führen lassen. Der klaffende
Zwiespalt zwischen Regierenden und Regierten,
welchen der Feind durch alle Mittel der Sophistik
und Verleumdung hervorgebracht und immer mehr
erweitert hat, wird sich endlich schließen; das Volk
wird zu der Erkenntniß kommen, daß es wahrhaft
sich selbst regiert, also wahrhaft frei ist, wenn die
besten, die religiös sittlich und wissenschaftlich ge-
bildeten Männer aus seiner Mitte die Zügel der
Regierung in starken Händen halten, und die Re-
gierungen werden streben, sich als das zu bewei-
sen, was sie sein sollen: Männer, die da wissen,
was das Volk will, wahrhaft will, kraft seiner
gottentsprossenen, in ihm schlummernden Vernunft.
Sie werden immer mehr alle Schichten des Vol-
kes erwecken zum Licht und Leben des Geistes,
indem sie in weisen Gesetzen dessen sittlichen Wil-
len aussprechen. Damit dies aber möglich werde,
muß das Volk auf der Hut sein, sich nicht aber-
mals durch seine Feinde bethören zu lassen. Täg-
lich spinnen diese neue Lügengewebe, um den durch
die Ereignisse aufgeklärten Blick des Volkes wie-
der zu verschleiern, und es auf's Neue
zu der Thorheit zu verleiten, in ihren Knechtes-
dienst sich zu begeben. Sie haben sich überzeugt,
daß sie aus eigner Macht gar nichts vermögen
und daher nicht ablassen dürfen, das Volk gegen
[Spaltenumbruch] seine Regierungen zu hetzen und zu treiben, um
im Wirrwar der Revolution mit ihrem guten
Rathe, wie die Revolution zu beendigen sei, wie-
der bei den Regierungen Gehör zu finden. Eine
der Lügen, welche die gefährlichen Seichtigkeits-
krämer jetzt ausstreuen, ist, daß diejenigen deut-
schen Regierungen, welche unter der ausdrücklichen
heiligen Versicherung den Bundestag wieder zu-
sammenberufen haben, um ehrgeizigen Plänen
Preußens gegenüber einen festen Boden zur Neu-
gestaltung Deutschlands zu gewinnen, eine anti-
nationale, despotische und unredliche Politik ver-
folgten und daß dagegen sie selbst, die Partei,
welche Deutschland halbiren und seinen geschicht-
lich ausgebildeten Organismus zerstören will, sich
selbst die „nationale Partei“ nennt. Jn diesem
Stile sagt das Neue Dresdner Journal, „jeder
von Preußen abfallende Staat falle Oesterreich
und dem Despotismus zu“ -- „die Herrschaft
des Bundestages und Oesterreichs sei gleich der
Fremdherrschaft“ ec. Solche Verleumdungen dem
Volke weiß zu machen, wird ausdrücklich als Ab-
sicht und Zweck der „nationalen Partei“ ausge-
sprochen. Die Lüge ist der Leute Verderben; das
Wort der Schrift bestätigt sich immer aufs neue
in so schlagender Weise, daß der Lügner durch
seine eignen Waffen sich tödtlich verwundet.

Deutschland.

München, 15. Okt. Gestern Abend ist Se.
Maj. der König Max hierher zurückgekehrt. Nach
der heutigen Kirchenparade und den in den Kir-
chen aller Glaubensbekenntnisse abgehaltenen Got-
tesdiensten zur Feier des Geburtsfestes der Köni-
gin Marie wurde die Eröffnung des Siegesthores
festlich begangen. Die Landwehr in größter Zahl,
die Linientruppen, ( das Leibregiment, Kuirassiere
und reitende Artillerie vollständig, von dem ersten
und zweiten Regiment je ein Bataillon, von der
schweren Artillerie eine Batterie ) , deren Musik-
korps unter Streck's Leitung Chelard's große Messe
in der überfüllten St. Michaelshofkirche aufführ-
ten, stellten sich nach der von dem schönsten Wet-
ter begünstigten Parade längs der Schwabinger-
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die Eröffnungsfeier erst diesen Morgen angesagt
ward, so gesellten sich zur Landwehrinfanterie
auch deren Artillerie und Kavallerie, welche Trup-
penmassen einen überaus glänzenden Anblick ge-
währten. Am Siegesthor war der Magistrat, die
beiden Bürgermeister an der Spitze, gegenwärtig,
in deren Hände ein Delegirter König Ludwigs
die Extraditionsurkunde des als ein neues herrli-
ches Kunst=Monument die Ludwigsstraße zierenden
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nung von diesem durch eine zahlreiche Zuschauer-
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König Otto, gefolgt von einem zahlreichen Ge-
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namentlich auch von der Landwehr, sowie die Kö-
nigin Marie, die zu Wagen die Reihen passirte,
mit zahlreichen Hochrufen begrüßt. Am Schlusse
defilirten sämmtliche Mannschaften an den kk. Ma-
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[0001] Die Bayerische Presse. Abonnement: Ganzjährig 6 fl. Halbjährig 3 fl. Vierteljährig 1 fl. 30 kr. Monatlich für die Stadt 30 kr. Eine constitutionell-monarchische Zeitung. Expedition: Jm Schenkhofe 2. Distr. Nr. 533. Einrückungsgebühr: die gespaltene Pe- titzeile oder deren Raum 3 kr. Briefe und Gelder frei. Nr. 249. Würzburg, Donnerstag den 17. Oktober. 1850. Amtliche Nachrichten. Die 1. Schulstelle zu Wörth Ldg. Miltenberg wurde dem von der Fürstl. Löwenstein'schen Stan- desherrschaft auf dieselbe präsentirten Schullehrer Eymelt zu Pflochsbach und die Schulstelle zu Pflochsbach Gerichtsbezirks Rothenfels dem von der Fürstl. Löwenstein'schen Standesherrschaft prä- sentirten Schuldienstexspektanten und dermaligen Schulverweser zu Kleinheubach Eustach Pfeiffer übertragen. Die „nationale Partei “. Jmmer mehr stellt es sich heraus, wo die wahren und gefährlichen Feinde des Staates ei- gentlich zu suchen sind. Durch Katzenmusiken und Fenstereinwerfen wird keine Revolution gemacht, mit Pflastersteinen kein Thron erschüttert und durch Barrikaden keine Stadt, geschweige ein Staat er- obert, wie widerwärtig und polizeilich unerträglich derartiger Skandal auch ist. Aber es gibt eine noch immer zahlreiche Klasse von Menschen mit drei bis vier an sich ganz richtigen, aber einseiti- gen Gedanken, welche hochmüthig wähnen, die bis- her schlechte und thörichte Welt müsse von ihnen erst zurechtgerückt und zu Verstande gebracht wer- den, und welche übermüthig auf ihre „hohe Bil- dung “ mit unbeugsamem Dünkel und mit einem Schwall tönender Redensarten jede polizeiwidrige Ungezogenheit zu ihrem Privatvortheil auszubeu- ten und sie zur Leiter ihres eigensüchtigen Ehr- geizes zu machen suchen, indem sie die tobenden Haufen als „das Volk“ bezeichnen, der Regierung sagen, „was das Volk will“ und ihr die Mittel angeben, das „Volk zu beschwichtigen“. Diese Klasse von Menschen spukte schon längst unter uns, bevor ihnen die Märzereignisse einen neuen Wirkungskreis in die Hände spielten; in der Kirche und in der Wissenschaft, in der Kunst und im Leben wirkten sie seit vielen Jahren minder ge- räuschvoll, aber auf das verderblichste, und hatte es dahin gebracht, daß aller sittliche Ernst des geistigen Lebens wie verschwunden war und die Formel und die Redensart, die Heuchelei der Gei- stesleerheit in allen Gebieten des Geistes sich auf der Oberfläche breit machte. Die Kanzeln, die Katheder und die Literatur waren großentheils in den Besitz dieser Helden des seichten Geschwätzes übergegangen, welche ohne Ehrfurcht vor dem ewi- gen Geiste, dem Urquell alles wahren Lebens, zum Theil selbst ohne Achtung von der Existenz eines solchen Geistes, tiefere Wissenschaft, eindrin- gende Erkenntniß, innige Religiosität verächtlich zu machen und vollends aus der Menschenwelt zu verdrängen suchten. Die volle reiche Gotteswelt überpinselten sie vor den Leuten durch die Schab- lone ihrer Thorheiten mit den drei oder vier Far- ben, die ihnen eben zu Gebote standen. Es kam der Sturm aus Westen, die untern Volksschichten regten und hoben sich, wie lange nicht geschehen, der Schaum der Oberfläche wurde zusammenge- trieben, massenhaft aus der Tiefe neuer Schaum erzeugt, und bald schien das Ganze eine uner- gründliche Tiefe des Unglaubens, der Unwissen- heit, der Eitelkeit -- es war, als wollte nun nach langer Vorbereitung das Ungeheuer des faulen Geschwätzes wahrhaft die ganze Welt verschlingen. Aber es gibt einen Felsen, an welchem die Wo- gen des Unverstandes zerschellen, wie wild sie ge- gen ihn anbranden, und es gibt einen Willen, welchem die Völker gehorchen, ohne daß sie es wissen. Die Wogen haben sich beruhigt und der Schaum treibt nun zerstreut umher und verschwin- det mehr und mehr, während Jedermann seine Leerheit, Ohnmacht und Nichtigkeit erkennt. Wie überhaupt in der Welt Gottes nichts vergeblich geschieht und kein Rückschritt möglich ist in ihr, so sind auch die Jahre 1848 und 1849 nicht vergeblich gewesen für die Welt, und ein Rück- schritt in die „vormärzliche Zeit“ ist eine Unmög- lichkeit; wir haben eine Errungenschaft, die uns sicher bleibt für alle Zukunft: die Herrschaft der dünkelhaften Schwätzer, der superklugen Weltver- besserer ist ein Ende gemacht! Vielleicht stehen wir erst am Anfange des Endes, aber der Kampf hat begonnen und der Sieg wird gewiß, der Sieg des Gottesgeistes über die Gespenster menschlicher Eitelkeit. Die Regierungen der vormärzlichen Zeit hatten schon zum großen Theil die Feinde des Staates und der menschlichen Gesellschaft erkannt, aber sie sahen sich durch die scheinbare Macht der- selben genöthigt, mit ihnen zu coquettiren, und sie begnügten sich, Vorbeugungsmaßregeln gegen die übeln Folgen ihres Treibens zu ersinnen. Nun- mehr aber ist den Regierungen und, was noch viel mehr sagen will, ist dem Volke klar gewor- den, auf wie schwächlichen Füßen der Feind steht, wie jämmerlich seine Waffen, wie ohnmächtig sein Wille. Die Furcht vor dem Feinde ist geschwun- den mit der Achtung vor ihm, und alles was er verlästert und verleumdet hat seit Jahrzehnten, ist wieder zu Ehren gekommen. Die Regierungen werden keine vorbeugenden Maßregeln gegen den Feind mehr anwenden, sondern werden ihn ganz aus dem Felde schlagen, und das Volk wird sich nicht mehr von den Maulmachern und Heuchlern auf die Schlachtbank führen lassen. Der klaffende Zwiespalt zwischen Regierenden und Regierten, welchen der Feind durch alle Mittel der Sophistik und Verleumdung hervorgebracht und immer mehr erweitert hat, wird sich endlich schließen; das Volk wird zu der Erkenntniß kommen, daß es wahrhaft sich selbst regiert, also wahrhaft frei ist, wenn die besten, die religiös sittlich und wissenschaftlich ge- bildeten Männer aus seiner Mitte die Zügel der Regierung in starken Händen halten, und die Re- gierungen werden streben, sich als das zu bewei- sen, was sie sein sollen: Männer, die da wissen, was das Volk will, wahrhaft will, kraft seiner gottentsprossenen, in ihm schlummernden Vernunft. Sie werden immer mehr alle Schichten des Vol- kes erwecken zum Licht und Leben des Geistes, indem sie in weisen Gesetzen dessen sittlichen Wil- len aussprechen. Damit dies aber möglich werde, muß das Volk auf der Hut sein, sich nicht aber- mals durch seine Feinde bethören zu lassen. Täg- lich spinnen diese neue Lügengewebe, um den durch die Ereignisse aufgeklärten Blick des Volkes wie- der zu verschleiern, und es auf's Neue zu der Thorheit zu verleiten, in ihren Knechtes- dienst sich zu begeben. Sie haben sich überzeugt, daß sie aus eigner Macht gar nichts vermögen und daher nicht ablassen dürfen, das Volk gegen seine Regierungen zu hetzen und zu treiben, um im Wirrwar der Revolution mit ihrem guten Rathe, wie die Revolution zu beendigen sei, wie- der bei den Regierungen Gehör zu finden. Eine der Lügen, welche die gefährlichen Seichtigkeits- krämer jetzt ausstreuen, ist, daß diejenigen deut- schen Regierungen, welche unter der ausdrücklichen heiligen Versicherung den Bundestag wieder zu- sammenberufen haben, um ehrgeizigen Plänen Preußens gegenüber einen festen Boden zur Neu- gestaltung Deutschlands zu gewinnen, eine anti- nationale, despotische und unredliche Politik ver- folgten und daß dagegen sie selbst, die Partei, welche Deutschland halbiren und seinen geschicht- lich ausgebildeten Organismus zerstören will, sich selbst die „nationale Partei“ nennt. Jn diesem Stile sagt das Neue Dresdner Journal, „jeder von Preußen abfallende Staat falle Oesterreich und dem Despotismus zu“ -- „die Herrschaft des Bundestages und Oesterreichs sei gleich der Fremdherrschaft“ ec. Solche Verleumdungen dem Volke weiß zu machen, wird ausdrücklich als Ab- sicht und Zweck der „nationalen Partei“ ausge- sprochen. Die Lüge ist der Leute Verderben; das Wort der Schrift bestätigt sich immer aufs neue in so schlagender Weise, daß der Lügner durch seine eignen Waffen sich tödtlich verwundet. Deutschland. München, 15. Okt. Gestern Abend ist Se. Maj. der König Max hierher zurückgekehrt. Nach der heutigen Kirchenparade und den in den Kir- chen aller Glaubensbekenntnisse abgehaltenen Got- tesdiensten zur Feier des Geburtsfestes der Köni- gin Marie wurde die Eröffnung des Siegesthores festlich begangen. Die Landwehr in größter Zahl, die Linientruppen, ( das Leibregiment, Kuirassiere und reitende Artillerie vollständig, von dem ersten und zweiten Regiment je ein Bataillon, von der schweren Artillerie eine Batterie ) , deren Musik- korps unter Streck's Leitung Chelard's große Messe in der überfüllten St. Michaelshofkirche aufführ- ten, stellten sich nach der von dem schönsten Wet- ter begünstigten Parade längs der Schwabinger- Landstraße in unübersehbaren Kolonnen auf. Da die Eröffnungsfeier erst diesen Morgen angesagt ward, so gesellten sich zur Landwehrinfanterie auch deren Artillerie und Kavallerie, welche Trup- penmassen einen überaus glänzenden Anblick ge- währten. Am Siegesthor war der Magistrat, die beiden Bürgermeister an der Spitze, gegenwärtig, in deren Hände ein Delegirter König Ludwigs die Extraditionsurkunde des als ein neues herrli- ches Kunst=Monument die Ludwigsstraße zierenden Siegesthores niederlegte. Jn ziemlicher Entfer- nung von diesem durch eine zahlreiche Zuschauer- menge besetzten Schauplatze wurden die üblichen Reden gehalten. König Max, ihm zur Seite König Otto, gefolgt von einem zahlreichen Ge- neralstabe inspizirte sämmtliche Truppen und wurde, namentlich auch von der Landwehr, sowie die Kö- nigin Marie, die zu Wagen die Reihen passirte, mit zahlreichen Hochrufen begrüßt. Am Schlusse defilirten sämmtliche Mannschaften an den kk. Ma- jestäten vorüber, wobei sich die Vivatrufe wieder-

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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 249. Würzburg, 17. Oktober 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische249_1850/1>, abgerufen am 21.11.2024.