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Die Bayerische Presse. Nr. 243. Würzburg, 10. Oktober 1850.

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[Spaltenumbruch] scheidungen zu geben, durch welche diese Erlasse
für unwirksam erklärt würden." Was den Oberst-
lieutenant Hillebrand betrifft, so kann ich trotz
aller gegentheiligen Behauptungen versichern, daß
er nur mit Erlaubniß des Oberkommandanten von
Kassel nach Wilhelmsbad kam, und blos deshalb,
um sich von der Sachlage genau zu unterrichten;
wäre er ohne Urlaub gekommen, so würde er
ohne Zweifel sofort verhaftet worden sein.

   

Wilhelmsbad, 9. Okt. Der Commandant
Gerland ist, wie man aus Kassel erfährt, zurück-
getreten. Auf eine Aufforderung des Generals v.
Haynau, die Commandantur zu übernehmen, und
sich seinen Befehlen zu fügen, haben fast alle
Stabsoffiziere ablehnend geantwortet. Einstweilen
hat sich jedoch der Major v. Bardeleben von
Kurfürst=Husaren dazu bereit gefunden. Der Ge-
neral v. Urff hat seinen Abschied eingereicht. Al-
ler Wahrscheinlichkeit nach wird die Mehrzahl der
höhern Offiziere dasselbe thun.

   
Schleswig=holsteinische Ange-
legenheiten
.

Kiel, 5. Okt. Jn der heutigen Sitzung der
Landesversammlung hat in Folge deßfalligen Be-
schlusses der Versammlung der Präsident folgende
in den geheimen Sitzungen gefaßte Beschlüsse pu-
blicirt: Die schleswig=holsteinische Landesversamm-
lung hat in ihrer 27. und 28., sowie 30. und
31. geheimen Sitzungen vom 2. und 3. Okt. d. J.
in Betreff der Finanzvorlage und des ihr vorge-
legten Kriegsbudgets für die beiden letzten Quar-
tale 1850, sowie des Nachtrags zu demselben fol-
gende Beschlüsse gefaßt: I. 1 ) Daß die Verwen-
dung der überschießenden Einnahmebewilligung für
die ersten sechs Monate des Jahres 1850 auf
die Ausgaben des Kriegsbudgets für das zweite
halbe Jahr 1850 nachträglich genehmigt werde.
2 ) Die Zustimmung zur Verwendung der von
Deutschland und anderen Ländern eingegangenen
und noch ferner eingehenden freiwilligen Beiträge
nach dem Zwecke der Geber zur Kriegführung.
3 ) Daß die für Lazarethe und Verpflegung und
sonstige besondere Zwecke als Gaben eingegange-
nen 43,673 Mark nicht mit zum disponiblen
Kassenbehalt zu rechnen seien. II. 1 ) Die Statt-
halterschaft aufzufordern: das Kriegsheer über die
gegenwärtige Etatsstärke zu vermehren und diese
Vermehrung schnellmöglichst zu beschaffen. 2 ) Die
von dem Departement des Krieges beantragte
Ausgabesumme für das Kriegsbudget, für das
zweite halbe Jahr 1850 von der Versammlung
festgesetzt auf 11,261,890 Mark, zu bewilligen,
so wie ferner 3 ) für die Vermehrung des Heeres
über die Etatsstärke 3,292,687 Mark zu bewilli-
gen. 4 ) Dem Departement des Kriegswesens die
discretionäre Verwendung der für den Kriegszweck
bewilligten Fonds, mit Ausnahme der für die
außerordentliche Verstärkung über die Etatsstärke
bewilligten Summe von 3,292,687 Mark, zu
gestatten. III. 1 ) Daß die Summe von 1,250,000
Mark in Kassenscheinen zu2 1 / 2 Mark emittirt
und der Kassenscheinausschuß zur Vornahme des
deßhalb Erforderlichen autorisirt werde, sowie daß
die betreffenden Paragraphen der Verordnung vom
31. Juli 1848, die Emittirung der Kassenscheine
betreffend, auch auf diese neu zu emittirenden
Kassenscheine Anwendung leiden. IV. 1 ) Daß die
zur Deckung der genehmigten Mehrausgabe er-
forderlichen Summen durch eine Zwangsanleihe
nach Maßgabe des Vermögens und des Einkom-
mens aufgebracht werden, und zwar in Gemäß-
heit der beiden angeschlossenen Gesetzentwürfe An-
lagen A und B nebst Anhängen. 2 ) Daß die
Statthalterschaft zu autorisiren sei, ein weiteres
halbes Procent als Anleihe vom Vermögen und
als dritten Termin auszuschreiben, falls sich zei-
gen sollte, daß der Betrag der andern beschlosse-
nen außerordentlichen Ausschreibungen nicht zum
Zweck des festgestellten Kriegsbedürfnisses hinrei-
chen würde. Die Versammlung wurde darauf
bis zum 25. November vertagt.

[Spaltenumbruch]

Kiel, 5. Okt. Jn der gestrigen Sitzung der
Landesversammlung wurde der Antrag der Mino-
rität des Ausschusses auf Amnestirung aller poli-
tischen Verbrecher mit Ausnahme der Landesver-
räther mit 38 gegen 36 Stimmen angenommen.

Vor Rendsburg, 5. Okt. Wir haben die-
sesmal eine der entschiedensten Niederlagen der
schleswig=holsteinischen Armee zu melden, die wohl
nur stattfinden kann, der Sturm auf Friedrichstadt
ist von den Dänen mit Bravour abgeschlagen,
wobei dieselben nur einen geringen, die Schles-
wig=Holsteiner dagegen einen sehr bedeutenden Ver-
lust haben, und abermals müssen wir den Verlust
vieler tüchtiger Männer beklagen. Die Details
sind etwa folgende: Bis gegen Abend des ge-
strigen Tages wurde das Bombardement auf die
feindlichen Schanzen fortgesetzt und mehrere auch
theils vernichtet, theils nur beschädigt, so daß man
eben glaubte, den größten Theil derselben un-
schädlich gemacht zu haben. Um 5 Uhr Abends
wurde die Jnfanterie, welche außer dem 1. Jäger-
korps und 6. Bataillon durch das 3, 12 und
15. Bataillon verstärkt worden war, zur Formir-
ung der Sturm=Colonnen herangezogen, und um
6 Uhr begann der Sturmangriff längs der Chaus-
see und auf den wenigen passirbaren Dämmen.
Die ersten Schanzen wurden nach einem 1stün-
digen Kampfe genommen, doch alsdann ging es
sehr schlecht, die Wege waren durch Gräben und
Kanäle durchstochen, so daß erst diese von den
Pionieren und Pontonieren ausgefüllt werden muß-
ten. Während dessen eröffnete der Feind aus
maskirten Batterieen und Schanzwerken, auf die
man gar nicht gerechnet hatte, ein mörderisches
Kartätschenfeuer, welches die heranstürmenden Glie-
der in Massen darniederstreckte. Das 6te Ba-
taillon drang nach großem Verlust bis dicht vor
Friedrichstadt vor, wurde von dort aus jedoch
mit so lebhaftem Feuer empfangen, daß es sich
trotz der Verstärkung durch das 15. Bataillon
zurückziehen mußte. Gegen 10 Uhr befanden sich
die Truppen auf der Retirade, von der feindlichen
Jnfanterie, die aus der Stadt debouchirte, ver-
folgt, die Batterie Christiansen deckte bis gegen
das Eiderufer den Rückzug, bis wohin die feind-
liche Jnfanterie vorgedrungen war, die Truppen
wurden darauf bis nach Süderstapel zurückgezogen,
wo sie die Nacht bivouakirten. Der Verlust ist
ein sehr bedeutender und wird auf 400 bis 500
Mann, worunter 30 bis 40 Offiziere, zu veran-
schlagen sein, das 3. Bataillon hat durch das
Brechen eines Pontons einen Zug verloren, die
sämmtlichen Leute dieses Zuges sind ertrunken.
Das 6. Bataillon hat seine sämmtlichen Offiziere
verloren, genug, der Rückzug war ein äußerst
kläglicher und der von dem General v. Willisen
erlassene Armeebericht, der wieder mit Phrasen
Alles vertuschen will, konnte dennnoch den tiefen
Eindruck, den diese Expedition gemacht, nicht ver-
wischen.

   

Von der Eider, 5. Okt. Gestern Abend
Punkt 6 Uhr hat der Sturm auf Friedrichstadt
von allen Seiten begonnen. -- Den ganzen Tag
war die lebhafteste Kanonade gegen die feindlichen
Werke unterhalten; vom Milder Deich, der See-
ther Chaussee, dem Drager Deich, den Kanonen-
böten, der diesseitigen starkbesetzten Schanze bei
der Fähre vernahm man einen mit wenigen Un-
terbrechungen anhaltenden Geschützdonner. Endlich
5 1 / 4 Uhr, als der Beschluß zum Stürmen bereits
gefaßt sein mochte, überstieg das Dröhnen und
Krachen alles Bisherige, die Erde erbebte. Plötz-
lich hörte man von allen Seiten die Signale der
Hörner, der Trommeln, das Hurrah=Rufen un-
serer stürmenden tapferen Krieger. Der Feind
hatte den Tag über, wie bisher, nur vereinzelt
das diesseitige Feuer erwidert, er war kaum ir-
gendwo zu erblicken gewesen. Es ruhte eine un-
heimliche Stille über der Stadt. Jetzt mit ein-
mal, als unsere Colonnen von Seeth her im
Sturmschritte anrücken gegen die Schanzen und
das Blockhaus am Greve[unleserliches Material] 'schen Hofe, sieht man
überall in den Gärten, den Verschanzungen und
Verhauen den Feind sichtbar werden, Tausende
stehen, wie aus der Erde gewachsen, plötzlich da,
[Spaltenumbruch] um den Sturm abzuschlagen. Es begann ein un-
aufhaltliches Gewehrfeuer, dazwischen das Pfeifen
der Espignol=Batterie, das Krachen von Minen,
das Pfeifen von Granaten. Ein furchtbarer
Kampf entspann sich, man hörte deutlich herüber
das Hurrah, das Schreien und Rufen und da-
zwischen das Singen unseres Nationalliedes. Jm-
mer wilder entbrannte der Kampf, beleuchtet von
dem Feuer der Stadt, deren Brand, sich selbst
überlassen, mehr und mehr um sich griff. Bald
war die Stadt ein Feuermeer, die reformirte Kirche
und ganze Quarre der regelmäßig gebauten Stadt
sah man von den Flammen ergriffen. Zwischen
dem Krachen der Kanonen, dem Zischen und Pfei-
fen der Kugeln hörte man das Hurrah unserer
Soldaten, aber auch schon die Jammertöne der
Verwundeten. Dieses wilde Wogen und Toben
währte von 6 Uhr bis gegen 11 Uhr, fast 5
Stunden, und immer schien sich der Kampf mei-
stens auf einem Punkte zu halten. Jm ersten
Anlaufen gingen die Unsrigen weit vor, mußten
jedoch wieder zurück, später hörte man 3, 4 Mal
die Signale zum Avanciren, ununterbrochen dau-
erte das Schießen unserer Krieger, die mit To-
desverachtung sich gegen die Schanzen warfen,
dort aber auch eine tapfere und kräftige Gegen-
wehr fanden. Endlich gegen 11 Uhr ertönten die
Signale zum Zurückziehen; der Feind war zu
stark, dabei gedeckt in seinen Schanzen in den
Gärten und äußern Häusern, er konnte noch nicht
zum Weichen gebracht werden. Einige Schanzen
sind von den Unsrigen genommen; sie haben in
der Nacht die bisherige Stellung behauptet. Unser
Verlust ist groß gewesen. Mit dem Einstellen
des Stürmens trat plötzliche Stille an die Stelle
des furchtbaren Getöses, alles schien gerne die
Ruhe zu suchen, die Gluth der flammenden Stadt
fachte sich von selbst noch immer mehr an.

Rendsburg, 6. Okt. Nachdem wir die nicht
unerheblichen Hindernisse, die das Terrain der
Marschgegend, vom Feinde obendrein aufs stärkste
verschanzt, bot, überwunden zu haben glaub-
ten, stürzten in der Nacht vom 4. zum 5.
die Unsrigen sich nach Friedrichstadt hinein, fan-
den aber auch hier wieder neue Schanzen und
wurden vom Feinde aus den Fenstern beschossen;
brennende Balken stürzten auf sie herab. Die
Nachstürmenden wurden fortwährend vom Feinde
beschossen, so daß sich keine hinreichende Anzahl
in die Stadt hineinwerfen konnte, um den sie hier
erwartenden Widerstand überwältigen zu können.
Eine von uns über einen breiten Deichgraben so
eben geschlagene Brücke ward in dem Augenblick,
als die Unsrigen sie passirten, so gewaltsam von
einer feindlichen Granate getroffen, daß sie zer-
brach und eine ganze Section der Unsrigen ins
Wasser stürzte und hier ihren Tod fand. Da
wir die Stadt nur von der einen zugänglich ge-
machten Seite einnehmen konnten und jener Un-
fall einen fortgesetzten Sturm unmöglich machte,
sahen wir uns genöthigt, vom Sturm abzulassen
und uns mit unseren früheren Positionen vor
Friedrichstadt zu begnügen. Der Verlust auf feind-
licher Seite, wie der unsererseits, ist nicht uner-
heblich. Etwas mehr als 30 unserer Offiziere
sind theils verwundet, theils gefallen, darunter
16 vom 6., 7 vom 11., 4 vom 15. Bataillon
und 5 vom 1. Jägercorps. Von der übrigen
Mannschaft mögen zwischen 3--400 kampfunfähig
gemacht worden sein; man rechnet gegen hundert
Todte. -- Friedrichstadt bietet ein schreckliches
Bild der Verwüstung dar; mehr als die Hälfte
desselben ist entweden eingeäschert oder zertrüm-
mert, und was noch steht, ist der völligen Zerstö-
rung gewärtig; denn wir können und dürfen un-
sere Absicht, den Feind von dort zu vertreiben,
nicht aufgeben; ist dies nicht auf die eine
Weise gelungen, so muß es auf eine andere Art
geschehen. Heute Morgen hat man es wieder
nach jener Richtung hin schießen hören; ein Be-
weis, daß, wenn auch der Sturm, so doch nicht
der Kampf im Allgemeinen dort eingestellt worden ist.

   

[Spaltenumbruch] scheidungen zu geben, durch welche diese Erlasse
für unwirksam erklärt würden.“ Was den Oberst-
lieutenant Hillebrand betrifft, so kann ich trotz
aller gegentheiligen Behauptungen versichern, daß
er nur mit Erlaubniß des Oberkommandanten von
Kassel nach Wilhelmsbad kam, und blos deshalb,
um sich von der Sachlage genau zu unterrichten;
wäre er ohne Urlaub gekommen, so würde er
ohne Zweifel sofort verhaftet worden sein.

   

Wilhelmsbad, 9. Okt. Der Commandant
Gerland ist, wie man aus Kassel erfährt, zurück-
getreten. Auf eine Aufforderung des Generals v.
Haynau, die Commandantur zu übernehmen, und
sich seinen Befehlen zu fügen, haben fast alle
Stabsoffiziere ablehnend geantwortet. Einstweilen
hat sich jedoch der Major v. Bardeleben von
Kurfürst=Husaren dazu bereit gefunden. Der Ge-
neral v. Urff hat seinen Abschied eingereicht. Al-
ler Wahrscheinlichkeit nach wird die Mehrzahl der
höhern Offiziere dasselbe thun.

   
Schleswig=holsteinische Ange-
legenheiten
.

Kiel, 5. Okt. Jn der heutigen Sitzung der
Landesversammlung hat in Folge deßfalligen Be-
schlusses der Versammlung der Präsident folgende
in den geheimen Sitzungen gefaßte Beschlüsse pu-
blicirt: Die schleswig=holsteinische Landesversamm-
lung hat in ihrer 27. und 28., sowie 30. und
31. geheimen Sitzungen vom 2. und 3. Okt. d. J.
in Betreff der Finanzvorlage und des ihr vorge-
legten Kriegsbudgets für die beiden letzten Quar-
tale 1850, sowie des Nachtrags zu demselben fol-
gende Beschlüsse gefaßt: I. 1 ) Daß die Verwen-
dung der überschießenden Einnahmebewilligung für
die ersten sechs Monate des Jahres 1850 auf
die Ausgaben des Kriegsbudgets für das zweite
halbe Jahr 1850 nachträglich genehmigt werde.
2 ) Die Zustimmung zur Verwendung der von
Deutschland und anderen Ländern eingegangenen
und noch ferner eingehenden freiwilligen Beiträge
nach dem Zwecke der Geber zur Kriegführung.
3 ) Daß die für Lazarethe und Verpflegung und
sonstige besondere Zwecke als Gaben eingegange-
nen 43,673 Mark nicht mit zum disponiblen
Kassenbehalt zu rechnen seien. II. 1 ) Die Statt-
halterschaft aufzufordern: das Kriegsheer über die
gegenwärtige Etatsstärke zu vermehren und diese
Vermehrung schnellmöglichst zu beschaffen. 2 ) Die
von dem Departement des Krieges beantragte
Ausgabesumme für das Kriegsbudget, für das
zweite halbe Jahr 1850 von der Versammlung
festgesetzt auf 11,261,890 Mark, zu bewilligen,
so wie ferner 3 ) für die Vermehrung des Heeres
über die Etatsstärke 3,292,687 Mark zu bewilli-
gen. 4 ) Dem Departement des Kriegswesens die
discretionäre Verwendung der für den Kriegszweck
bewilligten Fonds, mit Ausnahme der für die
außerordentliche Verstärkung über die Etatsstärke
bewilligten Summe von 3,292,687 Mark, zu
gestatten. III. 1 ) Daß die Summe von 1,250,000
Mark in Kassenscheinen zu2 1 / 2 Mark emittirt
und der Kassenscheinausschuß zur Vornahme des
deßhalb Erforderlichen autorisirt werde, sowie daß
die betreffenden Paragraphen der Verordnung vom
31. Juli 1848, die Emittirung der Kassenscheine
betreffend, auch auf diese neu zu emittirenden
Kassenscheine Anwendung leiden. IV. 1 ) Daß die
zur Deckung der genehmigten Mehrausgabe er-
forderlichen Summen durch eine Zwangsanleihe
nach Maßgabe des Vermögens und des Einkom-
mens aufgebracht werden, und zwar in Gemäß-
heit der beiden angeschlossenen Gesetzentwürfe An-
lagen A und B nebst Anhängen. 2 ) Daß die
Statthalterschaft zu autorisiren sei, ein weiteres
halbes Procent als Anleihe vom Vermögen und
als dritten Termin auszuschreiben, falls sich zei-
gen sollte, daß der Betrag der andern beschlosse-
nen außerordentlichen Ausschreibungen nicht zum
Zweck des festgestellten Kriegsbedürfnisses hinrei-
chen würde. Die Versammlung wurde darauf
bis zum 25. November vertagt.

[Spaltenumbruch]

Kiel, 5. Okt. Jn der gestrigen Sitzung der
Landesversammlung wurde der Antrag der Mino-
rität des Ausschusses auf Amnestirung aller poli-
tischen Verbrecher mit Ausnahme der Landesver-
räther mit 38 gegen 36 Stimmen angenommen.

Vor Rendsburg, 5. Okt. Wir haben die-
sesmal eine der entschiedensten Niederlagen der
schleswig=holsteinischen Armee zu melden, die wohl
nur stattfinden kann, der Sturm auf Friedrichstadt
ist von den Dänen mit Bravour abgeschlagen,
wobei dieselben nur einen geringen, die Schles-
wig=Holsteiner dagegen einen sehr bedeutenden Ver-
lust haben, und abermals müssen wir den Verlust
vieler tüchtiger Männer beklagen. Die Details
sind etwa folgende: Bis gegen Abend des ge-
strigen Tages wurde das Bombardement auf die
feindlichen Schanzen fortgesetzt und mehrere auch
theils vernichtet, theils nur beschädigt, so daß man
eben glaubte, den größten Theil derselben un-
schädlich gemacht zu haben. Um 5 Uhr Abends
wurde die Jnfanterie, welche außer dem 1. Jäger-
korps und 6. Bataillon durch das 3, 12 und
15. Bataillon verstärkt worden war, zur Formir-
ung der Sturm=Colonnen herangezogen, und um
6 Uhr begann der Sturmangriff längs der Chaus-
see und auf den wenigen passirbaren Dämmen.
Die ersten Schanzen wurden nach einem 1stün-
digen Kampfe genommen, doch alsdann ging es
sehr schlecht, die Wege waren durch Gräben und
Kanäle durchstochen, so daß erst diese von den
Pionieren und Pontonieren ausgefüllt werden muß-
ten. Während dessen eröffnete der Feind aus
maskirten Batterieen und Schanzwerken, auf die
man gar nicht gerechnet hatte, ein mörderisches
Kartätschenfeuer, welches die heranstürmenden Glie-
der in Massen darniederstreckte. Das 6te Ba-
taillon drang nach großem Verlust bis dicht vor
Friedrichstadt vor, wurde von dort aus jedoch
mit so lebhaftem Feuer empfangen, daß es sich
trotz der Verstärkung durch das 15. Bataillon
zurückziehen mußte. Gegen 10 Uhr befanden sich
die Truppen auf der Retirade, von der feindlichen
Jnfanterie, die aus der Stadt debouchirte, ver-
folgt, die Batterie Christiansen deckte bis gegen
das Eiderufer den Rückzug, bis wohin die feind-
liche Jnfanterie vorgedrungen war, die Truppen
wurden darauf bis nach Süderstapel zurückgezogen,
wo sie die Nacht bivouakirten. Der Verlust ist
ein sehr bedeutender und wird auf 400 bis 500
Mann, worunter 30 bis 40 Offiziere, zu veran-
schlagen sein, das 3. Bataillon hat durch das
Brechen eines Pontons einen Zug verloren, die
sämmtlichen Leute dieses Zuges sind ertrunken.
Das 6. Bataillon hat seine sämmtlichen Offiziere
verloren, genug, der Rückzug war ein äußerst
kläglicher und der von dem General v. Willisen
erlassene Armeebericht, der wieder mit Phrasen
Alles vertuschen will, konnte dennnoch den tiefen
Eindruck, den diese Expedition gemacht, nicht ver-
wischen.

   

Von der Eider, 5. Okt. Gestern Abend
Punkt 6 Uhr hat der Sturm auf Friedrichstadt
von allen Seiten begonnen. -- Den ganzen Tag
war die lebhafteste Kanonade gegen die feindlichen
Werke unterhalten; vom Milder Deich, der See-
ther Chaussee, dem Drager Deich, den Kanonen-
böten, der diesseitigen starkbesetzten Schanze bei
der Fähre vernahm man einen mit wenigen Un-
terbrechungen anhaltenden Geschützdonner. Endlich
5 1 / 4 Uhr, als der Beschluß zum Stürmen bereits
gefaßt sein mochte, überstieg das Dröhnen und
Krachen alles Bisherige, die Erde erbebte. Plötz-
lich hörte man von allen Seiten die Signale der
Hörner, der Trommeln, das Hurrah=Rufen un-
serer stürmenden tapferen Krieger. Der Feind
hatte den Tag über, wie bisher, nur vereinzelt
das diesseitige Feuer erwidert, er war kaum ir-
gendwo zu erblicken gewesen. Es ruhte eine un-
heimliche Stille über der Stadt. Jetzt mit ein-
mal, als unsere Colonnen von Seeth her im
Sturmschritte anrücken gegen die Schanzen und
das Blockhaus am Greve[unleserliches Material] 'schen Hofe, sieht man
überall in den Gärten, den Verschanzungen und
Verhauen den Feind sichtbar werden, Tausende
stehen, wie aus der Erde gewachsen, plötzlich da,
[Spaltenumbruch] um den Sturm abzuschlagen. Es begann ein un-
aufhaltliches Gewehrfeuer, dazwischen das Pfeifen
der Espignol=Batterie, das Krachen von Minen,
das Pfeifen von Granaten. Ein furchtbarer
Kampf entspann sich, man hörte deutlich herüber
das Hurrah, das Schreien und Rufen und da-
zwischen das Singen unseres Nationalliedes. Jm-
mer wilder entbrannte der Kampf, beleuchtet von
dem Feuer der Stadt, deren Brand, sich selbst
überlassen, mehr und mehr um sich griff. Bald
war die Stadt ein Feuermeer, die reformirte Kirche
und ganze Quarre der regelmäßig gebauten Stadt
sah man von den Flammen ergriffen. Zwischen
dem Krachen der Kanonen, dem Zischen und Pfei-
fen der Kugeln hörte man das Hurrah unserer
Soldaten, aber auch schon die Jammertöne der
Verwundeten. Dieses wilde Wogen und Toben
währte von 6 Uhr bis gegen 11 Uhr, fast 5
Stunden, und immer schien sich der Kampf mei-
stens auf einem Punkte zu halten. Jm ersten
Anlaufen gingen die Unsrigen weit vor, mußten
jedoch wieder zurück, später hörte man 3, 4 Mal
die Signale zum Avanciren, ununterbrochen dau-
erte das Schießen unserer Krieger, die mit To-
desverachtung sich gegen die Schanzen warfen,
dort aber auch eine tapfere und kräftige Gegen-
wehr fanden. Endlich gegen 11 Uhr ertönten die
Signale zum Zurückziehen; der Feind war zu
stark, dabei gedeckt in seinen Schanzen in den
Gärten und äußern Häusern, er konnte noch nicht
zum Weichen gebracht werden. Einige Schanzen
sind von den Unsrigen genommen; sie haben in
der Nacht die bisherige Stellung behauptet. Unser
Verlust ist groß gewesen. Mit dem Einstellen
des Stürmens trat plötzliche Stille an die Stelle
des furchtbaren Getöses, alles schien gerne die
Ruhe zu suchen, die Gluth der flammenden Stadt
fachte sich von selbst noch immer mehr an.

Rendsburg, 6. Okt. Nachdem wir die nicht
unerheblichen Hindernisse, die das Terrain der
Marschgegend, vom Feinde obendrein aufs stärkste
verschanzt, bot, überwunden zu haben glaub-
ten, stürzten in der Nacht vom 4. zum 5.
die Unsrigen sich nach Friedrichstadt hinein, fan-
den aber auch hier wieder neue Schanzen und
wurden vom Feinde aus den Fenstern beschossen;
brennende Balken stürzten auf sie herab. Die
Nachstürmenden wurden fortwährend vom Feinde
beschossen, so daß sich keine hinreichende Anzahl
in die Stadt hineinwerfen konnte, um den sie hier
erwartenden Widerstand überwältigen zu können.
Eine von uns über einen breiten Deichgraben so
eben geschlagene Brücke ward in dem Augenblick,
als die Unsrigen sie passirten, so gewaltsam von
einer feindlichen Granate getroffen, daß sie zer-
brach und eine ganze Section der Unsrigen ins
Wasser stürzte und hier ihren Tod fand. Da
wir die Stadt nur von der einen zugänglich ge-
machten Seite einnehmen konnten und jener Un-
fall einen fortgesetzten Sturm unmöglich machte,
sahen wir uns genöthigt, vom Sturm abzulassen
und uns mit unseren früheren Positionen vor
Friedrichstadt zu begnügen. Der Verlust auf feind-
licher Seite, wie der unsererseits, ist nicht uner-
heblich. Etwas mehr als 30 unserer Offiziere
sind theils verwundet, theils gefallen, darunter
16 vom 6., 7 vom 11., 4 vom 15. Bataillon
und 5 vom 1. Jägercorps. Von der übrigen
Mannschaft mögen zwischen 3--400 kampfunfähig
gemacht worden sein; man rechnet gegen hundert
Todte. -- Friedrichstadt bietet ein schreckliches
Bild der Verwüstung dar; mehr als die Hälfte
desselben ist entweden eingeäschert oder zertrüm-
mert, und was noch steht, ist der völligen Zerstö-
rung gewärtig; denn wir können und dürfen un-
sere Absicht, den Feind von dort zu vertreiben,
nicht aufgeben; ist dies nicht auf die eine
Weise gelungen, so muß es auf eine andere Art
geschehen. Heute Morgen hat man es wieder
nach jener Richtung hin schießen hören; ein Be-
weis, daß, wenn auch der Sturm, so doch nicht
der Kampf im Allgemeinen dort eingestellt worden ist.

   
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[0002] scheidungen zu geben, durch welche diese Erlasse für unwirksam erklärt würden.“ Was den Oberst- lieutenant Hillebrand betrifft, so kann ich trotz aller gegentheiligen Behauptungen versichern, daß er nur mit Erlaubniß des Oberkommandanten von Kassel nach Wilhelmsbad kam, und blos deshalb, um sich von der Sachlage genau zu unterrichten; wäre er ohne Urlaub gekommen, so würde er ohne Zweifel sofort verhaftet worden sein. ( K. Z. ) Wilhelmsbad, 9. Okt. Der Commandant Gerland ist, wie man aus Kassel erfährt, zurück- getreten. Auf eine Aufforderung des Generals v. Haynau, die Commandantur zu übernehmen, und sich seinen Befehlen zu fügen, haben fast alle Stabsoffiziere ablehnend geantwortet. Einstweilen hat sich jedoch der Major v. Bardeleben von Kurfürst=Husaren dazu bereit gefunden. Der Ge- neral v. Urff hat seinen Abschied eingereicht. Al- ler Wahrscheinlichkeit nach wird die Mehrzahl der höhern Offiziere dasselbe thun. ( F. J. ) Schleswig=holsteinische Ange- legenheiten . Kiel, 5. Okt. Jn der heutigen Sitzung der Landesversammlung hat in Folge deßfalligen Be- schlusses der Versammlung der Präsident folgende in den geheimen Sitzungen gefaßte Beschlüsse pu- blicirt: Die schleswig=holsteinische Landesversamm- lung hat in ihrer 27. und 28., sowie 30. und 31. geheimen Sitzungen vom 2. und 3. Okt. d. J. in Betreff der Finanzvorlage und des ihr vorge- legten Kriegsbudgets für die beiden letzten Quar- tale 1850, sowie des Nachtrags zu demselben fol- gende Beschlüsse gefaßt: I. 1 ) Daß die Verwen- dung der überschießenden Einnahmebewilligung für die ersten sechs Monate des Jahres 1850 auf die Ausgaben des Kriegsbudgets für das zweite halbe Jahr 1850 nachträglich genehmigt werde. 2 ) Die Zustimmung zur Verwendung der von Deutschland und anderen Ländern eingegangenen und noch ferner eingehenden freiwilligen Beiträge nach dem Zwecke der Geber zur Kriegführung. 3 ) Daß die für Lazarethe und Verpflegung und sonstige besondere Zwecke als Gaben eingegange- nen 43,673 Mark nicht mit zum disponiblen Kassenbehalt zu rechnen seien. II. 1 ) Die Statt- halterschaft aufzufordern: das Kriegsheer über die gegenwärtige Etatsstärke zu vermehren und diese Vermehrung schnellmöglichst zu beschaffen. 2 ) Die von dem Departement des Krieges beantragte Ausgabesumme für das Kriegsbudget, für das zweite halbe Jahr 1850 von der Versammlung festgesetzt auf 11,261,890 Mark, zu bewilligen, so wie ferner 3 ) für die Vermehrung des Heeres über die Etatsstärke 3,292,687 Mark zu bewilli- gen. 4 ) Dem Departement des Kriegswesens die discretionäre Verwendung der für den Kriegszweck bewilligten Fonds, mit Ausnahme der für die außerordentliche Verstärkung über die Etatsstärke bewilligten Summe von 3,292,687 Mark, zu gestatten. III. 1 ) Daß die Summe von 1,250,000 Mark in Kassenscheinen zu2 1 / 2 Mark emittirt und der Kassenscheinausschuß zur Vornahme des deßhalb Erforderlichen autorisirt werde, sowie daß die betreffenden Paragraphen der Verordnung vom 31. Juli 1848, die Emittirung der Kassenscheine betreffend, auch auf diese neu zu emittirenden Kassenscheine Anwendung leiden. IV. 1 ) Daß die zur Deckung der genehmigten Mehrausgabe er- forderlichen Summen durch eine Zwangsanleihe nach Maßgabe des Vermögens und des Einkom- mens aufgebracht werden, und zwar in Gemäß- heit der beiden angeschlossenen Gesetzentwürfe An- lagen A und B nebst Anhängen. 2 ) Daß die Statthalterschaft zu autorisiren sei, ein weiteres halbes Procent als Anleihe vom Vermögen und als dritten Termin auszuschreiben, falls sich zei- gen sollte, daß der Betrag der andern beschlosse- nen außerordentlichen Ausschreibungen nicht zum Zweck des festgestellten Kriegsbedürfnisses hinrei- chen würde. Die Versammlung wurde darauf bis zum 25. November vertagt. Kiel, 5. Okt. Jn der gestrigen Sitzung der Landesversammlung wurde der Antrag der Mino- rität des Ausschusses auf Amnestirung aller poli- tischen Verbrecher mit Ausnahme der Landesver- räther mit 38 gegen 36 Stimmen angenommen. Vor Rendsburg, 5. Okt. Wir haben die- sesmal eine der entschiedensten Niederlagen der schleswig=holsteinischen Armee zu melden, die wohl nur stattfinden kann, der Sturm auf Friedrichstadt ist von den Dänen mit Bravour abgeschlagen, wobei dieselben nur einen geringen, die Schles- wig=Holsteiner dagegen einen sehr bedeutenden Ver- lust haben, und abermals müssen wir den Verlust vieler tüchtiger Männer beklagen. Die Details sind etwa folgende: Bis gegen Abend des ge- strigen Tages wurde das Bombardement auf die feindlichen Schanzen fortgesetzt und mehrere auch theils vernichtet, theils nur beschädigt, so daß man eben glaubte, den größten Theil derselben un- schädlich gemacht zu haben. Um 5 Uhr Abends wurde die Jnfanterie, welche außer dem 1. Jäger- korps und 6. Bataillon durch das 3, 12 und 15. Bataillon verstärkt worden war, zur Formir- ung der Sturm=Colonnen herangezogen, und um 6 Uhr begann der Sturmangriff längs der Chaus- see und auf den wenigen passirbaren Dämmen. Die ersten Schanzen wurden nach einem 1stün- digen Kampfe genommen, doch alsdann ging es sehr schlecht, die Wege waren durch Gräben und Kanäle durchstochen, so daß erst diese von den Pionieren und Pontonieren ausgefüllt werden muß- ten. Während dessen eröffnete der Feind aus maskirten Batterieen und Schanzwerken, auf die man gar nicht gerechnet hatte, ein mörderisches Kartätschenfeuer, welches die heranstürmenden Glie- der in Massen darniederstreckte. Das 6te Ba- taillon drang nach großem Verlust bis dicht vor Friedrichstadt vor, wurde von dort aus jedoch mit so lebhaftem Feuer empfangen, daß es sich trotz der Verstärkung durch das 15. Bataillon zurückziehen mußte. Gegen 10 Uhr befanden sich die Truppen auf der Retirade, von der feindlichen Jnfanterie, die aus der Stadt debouchirte, ver- folgt, die Batterie Christiansen deckte bis gegen das Eiderufer den Rückzug, bis wohin die feind- liche Jnfanterie vorgedrungen war, die Truppen wurden darauf bis nach Süderstapel zurückgezogen, wo sie die Nacht bivouakirten. Der Verlust ist ein sehr bedeutender und wird auf 400 bis 500 Mann, worunter 30 bis 40 Offiziere, zu veran- schlagen sein, das 3. Bataillon hat durch das Brechen eines Pontons einen Zug verloren, die sämmtlichen Leute dieses Zuges sind ertrunken. Das 6. Bataillon hat seine sämmtlichen Offiziere verloren, genug, der Rückzug war ein äußerst kläglicher und der von dem General v. Willisen erlassene Armeebericht, der wieder mit Phrasen Alles vertuschen will, konnte dennnoch den tiefen Eindruck, den diese Expedition gemacht, nicht ver- wischen. ( N. P. Z. ) Von der Eider, 5. Okt. Gestern Abend Punkt 6 Uhr hat der Sturm auf Friedrichstadt von allen Seiten begonnen. -- Den ganzen Tag war die lebhafteste Kanonade gegen die feindlichen Werke unterhalten; vom Milder Deich, der See- ther Chaussee, dem Drager Deich, den Kanonen- böten, der diesseitigen starkbesetzten Schanze bei der Fähre vernahm man einen mit wenigen Un- terbrechungen anhaltenden Geschützdonner. Endlich 5 1 / 4 Uhr, als der Beschluß zum Stürmen bereits gefaßt sein mochte, überstieg das Dröhnen und Krachen alles Bisherige, die Erde erbebte. Plötz- lich hörte man von allen Seiten die Signale der Hörner, der Trommeln, das Hurrah=Rufen un- serer stürmenden tapferen Krieger. Der Feind hatte den Tag über, wie bisher, nur vereinzelt das diesseitige Feuer erwidert, er war kaum ir- gendwo zu erblicken gewesen. Es ruhte eine un- heimliche Stille über der Stadt. Jetzt mit ein- mal, als unsere Colonnen von Seeth her im Sturmschritte anrücken gegen die Schanzen und das Blockhaus am Greve_ 'schen Hofe, sieht man überall in den Gärten, den Verschanzungen und Verhauen den Feind sichtbar werden, Tausende stehen, wie aus der Erde gewachsen, plötzlich da, um den Sturm abzuschlagen. Es begann ein un- aufhaltliches Gewehrfeuer, dazwischen das Pfeifen der Espignol=Batterie, das Krachen von Minen, das Pfeifen von Granaten. Ein furchtbarer Kampf entspann sich, man hörte deutlich herüber das Hurrah, das Schreien und Rufen und da- zwischen das Singen unseres Nationalliedes. Jm- mer wilder entbrannte der Kampf, beleuchtet von dem Feuer der Stadt, deren Brand, sich selbst überlassen, mehr und mehr um sich griff. Bald war die Stadt ein Feuermeer, die reformirte Kirche und ganze Quarre der regelmäßig gebauten Stadt sah man von den Flammen ergriffen. Zwischen dem Krachen der Kanonen, dem Zischen und Pfei- fen der Kugeln hörte man das Hurrah unserer Soldaten, aber auch schon die Jammertöne der Verwundeten. Dieses wilde Wogen und Toben währte von 6 Uhr bis gegen 11 Uhr, fast 5 Stunden, und immer schien sich der Kampf mei- stens auf einem Punkte zu halten. Jm ersten Anlaufen gingen die Unsrigen weit vor, mußten jedoch wieder zurück, später hörte man 3, 4 Mal die Signale zum Avanciren, ununterbrochen dau- erte das Schießen unserer Krieger, die mit To- desverachtung sich gegen die Schanzen warfen, dort aber auch eine tapfere und kräftige Gegen- wehr fanden. Endlich gegen 11 Uhr ertönten die Signale zum Zurückziehen; der Feind war zu stark, dabei gedeckt in seinen Schanzen in den Gärten und äußern Häusern, er konnte noch nicht zum Weichen gebracht werden. Einige Schanzen sind von den Unsrigen genommen; sie haben in der Nacht die bisherige Stellung behauptet. Unser Verlust ist groß gewesen. Mit dem Einstellen des Stürmens trat plötzliche Stille an die Stelle des furchtbaren Getöses, alles schien gerne die Ruhe zu suchen, die Gluth der flammenden Stadt fachte sich von selbst noch immer mehr an. Rendsburg, 6. Okt. Nachdem wir die nicht unerheblichen Hindernisse, die das Terrain der Marschgegend, vom Feinde obendrein aufs stärkste verschanzt, bot, überwunden zu haben glaub- ten, stürzten in der Nacht vom 4. zum 5. die Unsrigen sich nach Friedrichstadt hinein, fan- den aber auch hier wieder neue Schanzen und wurden vom Feinde aus den Fenstern beschossen; brennende Balken stürzten auf sie herab. Die Nachstürmenden wurden fortwährend vom Feinde beschossen, so daß sich keine hinreichende Anzahl in die Stadt hineinwerfen konnte, um den sie hier erwartenden Widerstand überwältigen zu können. Eine von uns über einen breiten Deichgraben so eben geschlagene Brücke ward in dem Augenblick, als die Unsrigen sie passirten, so gewaltsam von einer feindlichen Granate getroffen, daß sie zer- brach und eine ganze Section der Unsrigen ins Wasser stürzte und hier ihren Tod fand. Da wir die Stadt nur von der einen zugänglich ge- machten Seite einnehmen konnten und jener Un- fall einen fortgesetzten Sturm unmöglich machte, sahen wir uns genöthigt, vom Sturm abzulassen und uns mit unseren früheren Positionen vor Friedrichstadt zu begnügen. Der Verlust auf feind- licher Seite, wie der unsererseits, ist nicht uner- heblich. Etwas mehr als 30 unserer Offiziere sind theils verwundet, theils gefallen, darunter 16 vom 6., 7 vom 11., 4 vom 15. Bataillon und 5 vom 1. Jägercorps. Von der übrigen Mannschaft mögen zwischen 3--400 kampfunfähig gemacht worden sein; man rechnet gegen hundert Todte. -- Friedrichstadt bietet ein schreckliches Bild der Verwüstung dar; mehr als die Hälfte desselben ist entweden eingeäschert oder zertrüm- mert, und was noch steht, ist der völligen Zerstö- rung gewärtig; denn wir können und dürfen un- sere Absicht, den Feind von dort zu vertreiben, nicht aufgeben; ist dies nicht auf die eine Weise gelungen, so muß es auf eine andere Art geschehen. Heute Morgen hat man es wieder nach jener Richtung hin schießen hören; ein Be- weis, daß, wenn auch der Sturm, so doch nicht der Kampf im Allgemeinen dort eingestellt worden ist. ( L. Z. )

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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 243. Würzburg, 10. Oktober 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische243_1850/2>, abgerufen am 29.03.2024.