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Die Bayerische Presse. Nr. 141. Würzburg, 13. Juni 1850.

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[Spaltenumbruch] so nehmen wir Euere Lehensabänderungen auch
nicht an." Jn bewunderungswürdiger Naivität
hat auf feindiplomatische Weise Herr Fürst Wal-
lerstein diese Sache vertreten. Dem Antrage Heine's
würde Redner am ehesten beizustimmen geson-
nen sein, wenn es nicht Beleidigung für Oester-
reich wäre, das zu wiederholen, was Oesterreich
schon lange versprochen hat. Redner beleuchtet
nun Deutschland, wie es seit der Verpflanzung
der politischen Kartoffelkrankheit von Frankreich
nach Deutschland aussähe, und hält eine unge-
heure Lodrede auf den edlen und ritterlichen Sinn
des Beherrschers aller Reußen. Wer habe Oester-
reich gerettet, fragt Redner, als es in Jtalien
einem empörerischen Könige gegenüber stand, als
sich die ungarischen Magnaten gegen ihren recht-
mäßigen Herrscher aufgelehnt und als die Revo-
lutionen in den Thoren Wiens wütheten? Wer
anders alt der edle biedere Sinn eines Reußen?
Kein Deutscher sprach ein Wort für die harte
Bedrängniß des jungen Kaisers. Man sage, be-
merkt der Redner, wir brauchen keine Slaven,
keine Ungarn, keine Tschechen, deshalb könne man
sich auch nicht an Oesterrelch anschließen. Wenn
dies politische Klugheit ist, dann gibt es keine
politische Thorheit. Wenn die Engländer oder
Franzosen ihre Macht durch Gewinnung einer an-
dern, wenn auch kleinern, Macht vergrößern kön-
nen und man würde ihnen bemerken, diese Macht
sei ja nicht engländisch, nicht französisch, so würde
der Engländer dem Bemerkenden ins Gesicht la-
chen -- nein! er würde ihn durch seinen Bedien-
ten auslachen lassen, ( ungeheures Gelächter im
Saale und den Gallerien ) , er würde noch mehr
thun, er würde es machen wie der Löwe in Don
Quixote, der dem Junker seine verkehrte Fronte
zeigte. ( Ungeheures Gelächter, untermengt mit
dem Rufe "Pfui! Pfui!" ) -- I. Präsident be-
merkt, daß die Rede in diesem Saale frei sei;
je größer die Jdee, desto größer diese Freiheit;
die Grenze zwischen Jdee u. Rohheit müsse übri-
gens die politische Vernunft scheiden. ( Mehrseitiges
Bravo. ) -- Lassaulx erklärt es für übelangewendete
Zimperlichkeit, etwas in einer Versammlung von Män-
nernnicht zu sagen, was der große Dichter Cervantes
sagte. Nach noch einigen Bemerkungen verläßt
der Redner die Rednerbühne, und Reinhart
ergreift das Wort. Dieser glaubt freilich durch
seine Rede die Einheit Deutschlands und dessen
Glück nicht herbeiführen zu können, allein doch
habe er Mehreres anzuführen. Als derselbe nun
von Eidbruch eines Regenten sprechen wollte, be-
merkt Staatsminister v. d. Pfordten, daß die
Regierung allen Discussionen der hohen Kammer
beiwohne; wenn aber die Rücksichten, die der
Staat dem Staate, die Kammer der Kammer
schuldig sei, nicht mehr eingehalten würden, so
könnte sie der Verhandlung nicht mehr beiwoh-
nen. -- Der 1. Präsident bemerkt, etwas Sol-
ches noch nicht wahrgenommen zu haben, indem
er es sonst gewiß gerügt hätte. -- Reinhart
schließt hierauf nach noch einigen Bemerkungen
mit der Anführung des alten Sprüchworts und
Bezug nehmen auf die Lage Deutschlands: "helfe
dir selbst und dann wird dir auch Gott helfen!"
-- Nach einem kurzen Vortrag des Abg. Dr.
Birks ergreift Fürst Wallerstein das Wort.
Nicht um die Natur der Tschechen und Slaven
zu untersuchen, nicht um die Bewegung von 1848
eine Kartoffelkrankheit zu nennen, wobei natürlich
Deutschland die Kartoffel sein müsse, sondern nur
die Debatte auf ihr Thema zurückzuführen, die
Anträge nämlich zu besprechen, ergreife er das
Wort. Redner vertritt mit aller Kraft sein und
seiner politischen Freunde Anträge, und spricht sich
auf das Entschiedenste gegen den alten Bundes-
tag aus.    ( Schluß f. )

Deutschland.

Freiburg, 7. Juni. Heute fand die Verkün-
dung der letztwilligen Anordnung des am 4. d.
M. gestorbenen erzbischöflichen Domdekans und
Generalvikars Dr. Johann Adam Martin statt.
Es sind in solcher verschiedene Wohlthätigkeitsan-
[Spaltenumbruch] stalten und sonstige Jnstitute hiesiger Stadt mit
namhaften Legaten bedacht, so der Orden der
barmherzigen Schwestern mit 200 fl., das Kna-
denseminar mit 200 fl., das Waisenhaus mit
132 fl., das Blindeninstitut mit 132 fl. und die
Rettungsanstalt für sittlich verwahrloste Kinder
mit 132 fl. Das eigenhändige Testament, ob-
wohl erst in der Mitte des vorigen Monats nie-
dergeschrieben, bekundet eine Geistesfrische, wie sie
bei einem Manne im 83. Jahre wohl nur selten
angetroffen wird. Möge der darin an den Tag
gelegte Wohlthätigkeitssinn viele Nachahmung fin-
den, da die verschiedenen milden Fonds nur durch
zeitweise Zustiftungen den immer mehr an sie ge-
stellt werdenden Anforderungen entsprechen und
erhalten werden können.

Wien, 7. Juni. Die "Austria" berichtet,
daß die herzoglichen Regierungen von Modena
und Parma den am 4. Dezember 1849 in Wien
unterzeichneten allgemeinen Artikeln des zwischen
ihnen u. Oesterreich verabredeten Zollvereinigungs-
vertrags unter den in ihrem Jnteresse erachteten
Vorbehalten ihre Zustimmung ertheilt haben. Be-
reits haben der Ministerialsekretär des Finanz-
v. Capellari und der Oberamtsdirektor Troll in
Mailand den Auftrag erhalten, sich an die beiden
herzoglichen Höfe zu begeben, um die ihnen zu
bezeichnenden Beamten derselben mit den öster-
reichischen Zollgesetzen näher bekannt zu machen
und bei den sich nöthig darstellenden administrati-
ven Vorkehrungen mitzuwirken. Nach Beendig-
ung ihrer Mission werden sodann die Schlußver-
handlungen wieder hier in Wien gepflogen wer-
den. -- Die türkische Regierung soll gesonnen
sein, einige Dampfschiffe zum Besuche nach dem
adriatischen Meere zu senden. "Dies wäre," be-
merkt der Lloyd, "das erste Mal, daß die Flotte
des Sultans in jenen Gegenden erscheint." --
Am 3. Abends fand im Saale des Landhauses
die erste Versammlung der Wahlmänner aus der
Stadt und den Vorstädten zu einer Besprechung
in Betreff der Gemeinderathswahlen statt. Es
hatten sich dabei mehr als 2000 Wahlmänner
eingefunden. Unter stürmischer Anerkennung, sagt
der Lloyd, wurden Reden gehalten und die Er-
eignisse des Jahres 1848 in bittern Worten be-
sprochen. Aus dieser Versammlung zu schließen,
dürften bei den Gemeinderathswahlen die Conser-
vativen einen glänzenden Sieg erringen.

Die Neue Münchener Zeitung läßt sich aus
Berlin 7. Juni schreiben: Der Prinz von Preu-
ßen wird am 19. aus St. Petersburg hier zu-
rückerwartet, aber dann nach kurzem Verweilen
hier eine neue Reise und zwar diesmal nach Lon-
don antreten, um einer Einladung zur Taufe des
jüngstgebornen Sohnes der Königin Viktoria,
Prinzen Arthur zu folgen. Der russische Gesandte
Hr. v. Meyendorff ist bereits am 4. ds. von
Warschau hier wieder eingetroffen. Ueber die Vor-
gänge und Besprechungen in Warschau verlautet
Genaueres noch immer nicht; nur das glaube ich
Jhnen mit vollster Bestimmtheit melden zu kön-
nen, daß die Angaben der hiesigen Blätter darü-
ber, indem sie die Welt an eine Zustimmung zu
der preuß. Politik in der deutschen Frage, wie
man sie von hier aus allerdings gesucht aber nicht
in der gehofften Weise gefunden hat, glauben
machen wollen, leere Erfindungen sind. Um die-
sen Erfindungen einigen Schein der Wahrschein-
lichkeit zu geben, benützt man das freundliche Ver-
nehmen zwischen dem Kaiser und dem preuß. Prin-
zen zu Warschau als Folie, als ob dies bei den
nahen verwandtschaftlichen Verhältnissen zwischen
beiden Herrscherfamilien anders zu erwarten wäre.
Wenn nicht Alles trügt, beschränkt sich was der
Kaiser zu Warschau in Betreff der deutschen Frage
äußerte, im Wesentlichen auf seinen Entschluß
zum Festhalten an den bestehenden Verträgen und
seinen Wunsch, daß es zwischen den sich gegen-
überstehenden Bestrebungen der beiden deutschen
Großmächte zu einer Ausgleichung im Sinne die-
ser Verträge komme. Käme es zu einem Con-
flikte, was Gott verhüten wolle, so würde Ruß-
land konsequent mit seiner stets festgehaltenen Po-
litik gegen die von den Verträgen abweichende
[Spaltenumbruch] Seite mit einstehen; bevor ein solcher Fall eintritt
aber, wird es wie bisher jeder Einmischung in
die deutschen Verhältnisse sich enthalten. Sind
diese Angaben richtig, und ich glaube dies anneh-
men zu dürfen, so werden Sie leicht daraus er-
messen können, was von den Versionen der hiesi-
gen Blätter darüber zu halten ist, namentlich von
dem anfänglichen, jetzt schon etwas gemäßigteren
Triumphgeschrei der "Deutschen Reform." Hätte
dieses Blatt auch nur eine Parzelle deutschen Na-
tionalsinns, so würde es überhaupt selbst, wenn
mehr als eine Erfindung zu Grunde läge, ein
Triumphgeschrei über eine Sache unterlassen ha-
ben, die nimmermehr Preußen zur Ehre gereichen
könnte. Die Kriegsrüstungen Preußens haben
keine Gefahr auf sich, und sehen, da sie zufällig
mit den vierzehntägigen Waffenübungen der Land-
wehr zusammentreffen, größer aus, als sie in
Wirklichkeit sind. Von Geneigtheit zum Kriege
ist nirgends eine Spur zu finden, und nur die
Organe der Gothaer Partet sind es, die mit vollen
Backen in die Kriegstrompete stoßen, was aber
nicht viel auf sich hat.

England.

London, 5. Juni. Wir erhalten so eben die
neuesten Nachrichten über den amerikanischen Frei-
schaarenzug gegen Cuba. Ueber die Stärke der
Expedition stimmen die Angaben nicht überein.
Man spricht von 6, 8--10,000 Mann, welche
unter dem Kommando des General Lopez stehen.
Darunter sind Leute, welche das Kriegs= oder
besser Räuberhandwerk seit Langem betrieben. Sol-
daten aus dem mexikanischen Krieg, Freiwillige
aus Yukatan, Freibeuter, welche bei den Versu-
chen, die Sierra Madre von Mexiko loszureißen
oder Tampico zu revolutioniren, betheiligt waren;
kurz: eine Rotte verzweifelter, aber löwenkühner
und zu Allem entschlossener Bursche. Der vor-
geschobene Zweck dieses Raubzugs ist: der kreoli-
schen Bevölkerung der Jnsel zur Unabhängigkeit
zu verhelfen; allein man muß blind sein, um
nicht zu sehen, daß eine derartige Unternehmung,
welche so bedeutende Rüstungen erforderte, ohne
Einwilligung der Regierungen der südlichen Staa-
ten unternommen werden konnte. Diese Letzteren
haben das größte Jnteresse dabei, Cuba -- die
Perle der Antillen -- mit der Union vereinigt,
und zwar als sclavenhaltenden Staat vereinigt,
und dadurch die Schlappe, welche sie jüngst durch
die Constitution von Californien erlitten, wieder
ausgeglichen zu sehen. General Lopez hat auch
eine gehörige Anzahl gedruckter Proklamationen
mit sich genommen, welche mit den bekannten
Schlagworten gegen Tyrannei, Despotismus ec.
die spanischen Soldaten zum Abfalle und zum
Uebergang zu den Freibeutern veranlassen sollen.
Angesichts solcher Thatsachen konnte die Regie-
rung in Washington doch nicht länger mehr mit
Anstand die Augen zudrücken, und sie gab daher
genau zwei Tage nach Absegelung der Expedition
den Befehl, die Schiffe mit Beschlag zu belegen.
Die Verhandlungen, welche hierüber im Congresse
stattgefunden haben, zeigen am Deutlichsten die
wahre Gesinnung Jonathan's. Hr. Webster stellte
in der Sitzung des Senats vom 21. Mai den
Antrag, dem Präsidenten die Billigung des Se-
nats bezüglich seines Verfahrens in Bezug der
Expedition nach Cuba auszusprechen. Hr. Wal-
ker aber verlangte, der erste Beamte der Union
soll erklären: mit welchem Recht an amerikanische
Kriegsschiffe Befehl gegeben worden sei, die un-
ternommene Expedition zu verhindern oder zu un-
terbrechen. Hr. Yulee unterstützte diesen Antrag,
und bezeichnete das von dem Präsidenten einge-
schlagene Verfahren als antirepublikanisch. Die-
sen gegenüber unternahm es Hr. Webster, den
Präsidenten zu vertheidigen, indem derselbe in sei-
nem vollen Recht gewesen sei, daß er durch seine
Befehle die Aufrechthaltung der Neutralität der
Union nach den Verträgen von 1818 festhalte.
Er erinnerte daran, daß bis zur Präsidentschaft
des General Jakson die ausübende Gewalt sich
verpflichtet hatte, Spanien den Besitz Cubas zu
garantiren, so lange diese Macht diese Jnsel nicht

[Spaltenumbruch] so nehmen wir Euere Lehensabänderungen auch
nicht an.“ Jn bewunderungswürdiger Naivität
hat auf feindiplomatische Weise Herr Fürst Wal-
lerstein diese Sache vertreten. Dem Antrage Heine's
würde Redner am ehesten beizustimmen geson-
nen sein, wenn es nicht Beleidigung für Oester-
reich wäre, das zu wiederholen, was Oesterreich
schon lange versprochen hat. Redner beleuchtet
nun Deutschland, wie es seit der Verpflanzung
der politischen Kartoffelkrankheit von Frankreich
nach Deutschland aussähe, und hält eine unge-
heure Lodrede auf den edlen und ritterlichen Sinn
des Beherrschers aller Reußen. Wer habe Oester-
reich gerettet, fragt Redner, als es in Jtalien
einem empörerischen Könige gegenüber stand, als
sich die ungarischen Magnaten gegen ihren recht-
mäßigen Herrscher aufgelehnt und als die Revo-
lutionen in den Thoren Wiens wütheten? Wer
anders alt der edle biedere Sinn eines Reußen?
Kein Deutscher sprach ein Wort für die harte
Bedrängniß des jungen Kaisers. Man sage, be-
merkt der Redner, wir brauchen keine Slaven,
keine Ungarn, keine Tschechen, deshalb könne man
sich auch nicht an Oesterrelch anschließen. Wenn
dies politische Klugheit ist, dann gibt es keine
politische Thorheit. Wenn die Engländer oder
Franzosen ihre Macht durch Gewinnung einer an-
dern, wenn auch kleinern, Macht vergrößern kön-
nen und man würde ihnen bemerken, diese Macht
sei ja nicht engländisch, nicht französisch, so würde
der Engländer dem Bemerkenden ins Gesicht la-
chen -- nein! er würde ihn durch seinen Bedien-
ten auslachen lassen, ( ungeheures Gelächter im
Saale und den Gallerien ) , er würde noch mehr
thun, er würde es machen wie der Löwe in Don
Quixote, der dem Junker seine verkehrte Fronte
zeigte. ( Ungeheures Gelächter, untermengt mit
dem Rufe „Pfui! Pfui!“ ) -- I. Präsident be-
merkt, daß die Rede in diesem Saale frei sei;
je größer die Jdee, desto größer diese Freiheit;
die Grenze zwischen Jdee u. Rohheit müsse übri-
gens die politische Vernunft scheiden. ( Mehrseitiges
Bravo. ) -- Lassaulx erklärt es für übelangewendete
Zimperlichkeit, etwas in einer Versammlung von Män-
nernnicht zu sagen, was der große Dichter Cervantes
sagte. Nach noch einigen Bemerkungen verläßt
der Redner die Rednerbühne, und Reinhart
ergreift das Wort. Dieser glaubt freilich durch
seine Rede die Einheit Deutschlands und dessen
Glück nicht herbeiführen zu können, allein doch
habe er Mehreres anzuführen. Als derselbe nun
von Eidbruch eines Regenten sprechen wollte, be-
merkt Staatsminister v. d. Pfordten, daß die
Regierung allen Discussionen der hohen Kammer
beiwohne; wenn aber die Rücksichten, die der
Staat dem Staate, die Kammer der Kammer
schuldig sei, nicht mehr eingehalten würden, so
könnte sie der Verhandlung nicht mehr beiwoh-
nen. -- Der 1. Präsident bemerkt, etwas Sol-
ches noch nicht wahrgenommen zu haben, indem
er es sonst gewiß gerügt hätte. -- Reinhart
schließt hierauf nach noch einigen Bemerkungen
mit der Anführung des alten Sprüchworts und
Bezug nehmen auf die Lage Deutschlands: „helfe
dir selbst und dann wird dir auch Gott helfen!“
-- Nach einem kurzen Vortrag des Abg. Dr.
Birks ergreift Fürst Wallerstein das Wort.
Nicht um die Natur der Tschechen und Slaven
zu untersuchen, nicht um die Bewegung von 1848
eine Kartoffelkrankheit zu nennen, wobei natürlich
Deutschland die Kartoffel sein müsse, sondern nur
die Debatte auf ihr Thema zurückzuführen, die
Anträge nämlich zu besprechen, ergreife er das
Wort. Redner vertritt mit aller Kraft sein und
seiner politischen Freunde Anträge, und spricht sich
auf das Entschiedenste gegen den alten Bundes-
tag aus.    ( Schluß f. )

Deutschland.

Freiburg, 7. Juni. Heute fand die Verkün-
dung der letztwilligen Anordnung des am 4. d.
M. gestorbenen erzbischöflichen Domdekans und
Generalvikars Dr. Johann Adam Martin statt.
Es sind in solcher verschiedene Wohlthätigkeitsan-
[Spaltenumbruch] stalten und sonstige Jnstitute hiesiger Stadt mit
namhaften Legaten bedacht, so der Orden der
barmherzigen Schwestern mit 200 fl., das Kna-
denseminar mit 200 fl., das Waisenhaus mit
132 fl., das Blindeninstitut mit 132 fl. und die
Rettungsanstalt für sittlich verwahrloste Kinder
mit 132 fl. Das eigenhändige Testament, ob-
wohl erst in der Mitte des vorigen Monats nie-
dergeschrieben, bekundet eine Geistesfrische, wie sie
bei einem Manne im 83. Jahre wohl nur selten
angetroffen wird. Möge der darin an den Tag
gelegte Wohlthätigkeitssinn viele Nachahmung fin-
den, da die verschiedenen milden Fonds nur durch
zeitweise Zustiftungen den immer mehr an sie ge-
stellt werdenden Anforderungen entsprechen und
erhalten werden können.

Wien, 7. Juni. Die „Austria“ berichtet,
daß die herzoglichen Regierungen von Modena
und Parma den am 4. Dezember 1849 in Wien
unterzeichneten allgemeinen Artikeln des zwischen
ihnen u. Oesterreich verabredeten Zollvereinigungs-
vertrags unter den in ihrem Jnteresse erachteten
Vorbehalten ihre Zustimmung ertheilt haben. Be-
reits haben der Ministerialsekretär des Finanz-
v. Capellari und der Oberamtsdirektor Troll in
Mailand den Auftrag erhalten, sich an die beiden
herzoglichen Höfe zu begeben, um die ihnen zu
bezeichnenden Beamten derselben mit den öster-
reichischen Zollgesetzen näher bekannt zu machen
und bei den sich nöthig darstellenden administrati-
ven Vorkehrungen mitzuwirken. Nach Beendig-
ung ihrer Mission werden sodann die Schlußver-
handlungen wieder hier in Wien gepflogen wer-
den. -- Die türkische Regierung soll gesonnen
sein, einige Dampfschiffe zum Besuche nach dem
adriatischen Meere zu senden. „Dies wäre,“ be-
merkt der Lloyd, „das erste Mal, daß die Flotte
des Sultans in jenen Gegenden erscheint.“ --
Am 3. Abends fand im Saale des Landhauses
die erste Versammlung der Wahlmänner aus der
Stadt und den Vorstädten zu einer Besprechung
in Betreff der Gemeinderathswahlen statt. Es
hatten sich dabei mehr als 2000 Wahlmänner
eingefunden. Unter stürmischer Anerkennung, sagt
der Lloyd, wurden Reden gehalten und die Er-
eignisse des Jahres 1848 in bittern Worten be-
sprochen. Aus dieser Versammlung zu schließen,
dürften bei den Gemeinderathswahlen die Conser-
vativen einen glänzenden Sieg erringen.

Die Neue Münchener Zeitung läßt sich aus
Berlin 7. Juni schreiben: Der Prinz von Preu-
ßen wird am 19. aus St. Petersburg hier zu-
rückerwartet, aber dann nach kurzem Verweilen
hier eine neue Reise und zwar diesmal nach Lon-
don antreten, um einer Einladung zur Taufe des
jüngstgebornen Sohnes der Königin Viktoria,
Prinzen Arthur zu folgen. Der russische Gesandte
Hr. v. Meyendorff ist bereits am 4. ds. von
Warschau hier wieder eingetroffen. Ueber die Vor-
gänge und Besprechungen in Warschau verlautet
Genaueres noch immer nicht; nur das glaube ich
Jhnen mit vollster Bestimmtheit melden zu kön-
nen, daß die Angaben der hiesigen Blätter darü-
ber, indem sie die Welt an eine Zustimmung zu
der preuß. Politik in der deutschen Frage, wie
man sie von hier aus allerdings gesucht aber nicht
in der gehofften Weise gefunden hat, glauben
machen wollen, leere Erfindungen sind. Um die-
sen Erfindungen einigen Schein der Wahrschein-
lichkeit zu geben, benützt man das freundliche Ver-
nehmen zwischen dem Kaiser und dem preuß. Prin-
zen zu Warschau als Folie, als ob dies bei den
nahen verwandtschaftlichen Verhältnissen zwischen
beiden Herrscherfamilien anders zu erwarten wäre.
Wenn nicht Alles trügt, beschränkt sich was der
Kaiser zu Warschau in Betreff der deutschen Frage
äußerte, im Wesentlichen auf seinen Entschluß
zum Festhalten an den bestehenden Verträgen und
seinen Wunsch, daß es zwischen den sich gegen-
überstehenden Bestrebungen der beiden deutschen
Großmächte zu einer Ausgleichung im Sinne die-
ser Verträge komme. Käme es zu einem Con-
flikte, was Gott verhüten wolle, so würde Ruß-
land konsequent mit seiner stets festgehaltenen Po-
litik gegen die von den Verträgen abweichende
[Spaltenumbruch] Seite mit einstehen; bevor ein solcher Fall eintritt
aber, wird es wie bisher jeder Einmischung in
die deutschen Verhältnisse sich enthalten. Sind
diese Angaben richtig, und ich glaube dies anneh-
men zu dürfen, so werden Sie leicht daraus er-
messen können, was von den Versionen der hiesi-
gen Blätter darüber zu halten ist, namentlich von
dem anfänglichen, jetzt schon etwas gemäßigteren
Triumphgeschrei der „Deutschen Reform.“ Hätte
dieses Blatt auch nur eine Parzelle deutschen Na-
tionalsinns, so würde es überhaupt selbst, wenn
mehr als eine Erfindung zu Grunde läge, ein
Triumphgeschrei über eine Sache unterlassen ha-
ben, die nimmermehr Preußen zur Ehre gereichen
könnte. Die Kriegsrüstungen Preußens haben
keine Gefahr auf sich, und sehen, da sie zufällig
mit den vierzehntägigen Waffenübungen der Land-
wehr zusammentreffen, größer aus, als sie in
Wirklichkeit sind. Von Geneigtheit zum Kriege
ist nirgends eine Spur zu finden, und nur die
Organe der Gothaer Partet sind es, die mit vollen
Backen in die Kriegstrompete stoßen, was aber
nicht viel auf sich hat.

England.

London, 5. Juni. Wir erhalten so eben die
neuesten Nachrichten über den amerikanischen Frei-
schaarenzug gegen Cuba. Ueber die Stärke der
Expedition stimmen die Angaben nicht überein.
Man spricht von 6, 8--10,000 Mann, welche
unter dem Kommando des General Lopez stehen.
Darunter sind Leute, welche das Kriegs= oder
besser Räuberhandwerk seit Langem betrieben. Sol-
daten aus dem mexikanischen Krieg, Freiwillige
aus Yukatan, Freibeuter, welche bei den Versu-
chen, die Sierra Madre von Mexiko loszureißen
oder Tampico zu revolutioniren, betheiligt waren;
kurz: eine Rotte verzweifelter, aber löwenkühner
und zu Allem entschlossener Bursche. Der vor-
geschobene Zweck dieses Raubzugs ist: der kreoli-
schen Bevölkerung der Jnsel zur Unabhängigkeit
zu verhelfen; allein man muß blind sein, um
nicht zu sehen, daß eine derartige Unternehmung,
welche so bedeutende Rüstungen erforderte, ohne
Einwilligung der Regierungen der südlichen Staa-
ten unternommen werden konnte. Diese Letzteren
haben das größte Jnteresse dabei, Cuba -- die
Perle der Antillen -- mit der Union vereinigt,
und zwar als sclavenhaltenden Staat vereinigt,
und dadurch die Schlappe, welche sie jüngst durch
die Constitution von Californien erlitten, wieder
ausgeglichen zu sehen. General Lopez hat auch
eine gehörige Anzahl gedruckter Proklamationen
mit sich genommen, welche mit den bekannten
Schlagworten gegen Tyrannei, Despotismus ec.
die spanischen Soldaten zum Abfalle und zum
Uebergang zu den Freibeutern veranlassen sollen.
Angesichts solcher Thatsachen konnte die Regie-
rung in Washington doch nicht länger mehr mit
Anstand die Augen zudrücken, und sie gab daher
genau zwei Tage nach Absegelung der Expedition
den Befehl, die Schiffe mit Beschlag zu belegen.
Die Verhandlungen, welche hierüber im Congresse
stattgefunden haben, zeigen am Deutlichsten die
wahre Gesinnung Jonathan's. Hr. Webster stellte
in der Sitzung des Senats vom 21. Mai den
Antrag, dem Präsidenten die Billigung des Se-
nats bezüglich seines Verfahrens in Bezug der
Expedition nach Cuba auszusprechen. Hr. Wal-
ker aber verlangte, der erste Beamte der Union
soll erklären: mit welchem Recht an amerikanische
Kriegsschiffe Befehl gegeben worden sei, die un-
ternommene Expedition zu verhindern oder zu un-
terbrechen. Hr. Yulee unterstützte diesen Antrag,
und bezeichnete das von dem Präsidenten einge-
schlagene Verfahren als antirepublikanisch. Die-
sen gegenüber unternahm es Hr. Webster, den
Präsidenten zu vertheidigen, indem derselbe in sei-
nem vollen Recht gewesen sei, daß er durch seine
Befehle die Aufrechthaltung der Neutralität der
Union nach den Verträgen von 1818 festhalte.
Er erinnerte daran, daß bis zur Präsidentschaft
des General Jakson die ausübende Gewalt sich
verpflichtet hatte, Spanien den Besitz Cubas zu
garantiren, so lange diese Macht diese Jnsel nicht

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[0003] so nehmen wir Euere Lehensabänderungen auch nicht an.“ Jn bewunderungswürdiger Naivität hat auf feindiplomatische Weise Herr Fürst Wal- lerstein diese Sache vertreten. Dem Antrage Heine's würde Redner am ehesten beizustimmen geson- nen sein, wenn es nicht Beleidigung für Oester- reich wäre, das zu wiederholen, was Oesterreich schon lange versprochen hat. Redner beleuchtet nun Deutschland, wie es seit der Verpflanzung der politischen Kartoffelkrankheit von Frankreich nach Deutschland aussähe, und hält eine unge- heure Lodrede auf den edlen und ritterlichen Sinn des Beherrschers aller Reußen. Wer habe Oester- reich gerettet, fragt Redner, als es in Jtalien einem empörerischen Könige gegenüber stand, als sich die ungarischen Magnaten gegen ihren recht- mäßigen Herrscher aufgelehnt und als die Revo- lutionen in den Thoren Wiens wütheten? Wer anders alt der edle biedere Sinn eines Reußen? Kein Deutscher sprach ein Wort für die harte Bedrängniß des jungen Kaisers. Man sage, be- merkt der Redner, wir brauchen keine Slaven, keine Ungarn, keine Tschechen, deshalb könne man sich auch nicht an Oesterrelch anschließen. Wenn dies politische Klugheit ist, dann gibt es keine politische Thorheit. Wenn die Engländer oder Franzosen ihre Macht durch Gewinnung einer an- dern, wenn auch kleinern, Macht vergrößern kön- nen und man würde ihnen bemerken, diese Macht sei ja nicht engländisch, nicht französisch, so würde der Engländer dem Bemerkenden ins Gesicht la- chen -- nein! er würde ihn durch seinen Bedien- ten auslachen lassen, ( ungeheures Gelächter im Saale und den Gallerien ) , er würde noch mehr thun, er würde es machen wie der Löwe in Don Quixote, der dem Junker seine verkehrte Fronte zeigte. ( Ungeheures Gelächter, untermengt mit dem Rufe „Pfui! Pfui!“ ) -- I. Präsident be- merkt, daß die Rede in diesem Saale frei sei; je größer die Jdee, desto größer diese Freiheit; die Grenze zwischen Jdee u. Rohheit müsse übri- gens die politische Vernunft scheiden. ( Mehrseitiges Bravo. ) -- Lassaulx erklärt es für übelangewendete Zimperlichkeit, etwas in einer Versammlung von Män- nernnicht zu sagen, was der große Dichter Cervantes sagte. Nach noch einigen Bemerkungen verläßt der Redner die Rednerbühne, und Reinhart ergreift das Wort. Dieser glaubt freilich durch seine Rede die Einheit Deutschlands und dessen Glück nicht herbeiführen zu können, allein doch habe er Mehreres anzuführen. Als derselbe nun von Eidbruch eines Regenten sprechen wollte, be- merkt Staatsminister v. d. Pfordten, daß die Regierung allen Discussionen der hohen Kammer beiwohne; wenn aber die Rücksichten, die der Staat dem Staate, die Kammer der Kammer schuldig sei, nicht mehr eingehalten würden, so könnte sie der Verhandlung nicht mehr beiwoh- nen. -- Der 1. Präsident bemerkt, etwas Sol- ches noch nicht wahrgenommen zu haben, indem er es sonst gewiß gerügt hätte. -- Reinhart schließt hierauf nach noch einigen Bemerkungen mit der Anführung des alten Sprüchworts und Bezug nehmen auf die Lage Deutschlands: „helfe dir selbst und dann wird dir auch Gott helfen!“ -- Nach einem kurzen Vortrag des Abg. Dr. Birks ergreift Fürst Wallerstein das Wort. Nicht um die Natur der Tschechen und Slaven zu untersuchen, nicht um die Bewegung von 1848 eine Kartoffelkrankheit zu nennen, wobei natürlich Deutschland die Kartoffel sein müsse, sondern nur die Debatte auf ihr Thema zurückzuführen, die Anträge nämlich zu besprechen, ergreife er das Wort. Redner vertritt mit aller Kraft sein und seiner politischen Freunde Anträge, und spricht sich auf das Entschiedenste gegen den alten Bundes- tag aus. ( Schluß f. ) Deutschland. Freiburg, 7. Juni. Heute fand die Verkün- dung der letztwilligen Anordnung des am 4. d. M. gestorbenen erzbischöflichen Domdekans und Generalvikars Dr. Johann Adam Martin statt. Es sind in solcher verschiedene Wohlthätigkeitsan- stalten und sonstige Jnstitute hiesiger Stadt mit namhaften Legaten bedacht, so der Orden der barmherzigen Schwestern mit 200 fl., das Kna- denseminar mit 200 fl., das Waisenhaus mit 132 fl., das Blindeninstitut mit 132 fl. und die Rettungsanstalt für sittlich verwahrloste Kinder mit 132 fl. Das eigenhändige Testament, ob- wohl erst in der Mitte des vorigen Monats nie- dergeschrieben, bekundet eine Geistesfrische, wie sie bei einem Manne im 83. Jahre wohl nur selten angetroffen wird. Möge der darin an den Tag gelegte Wohlthätigkeitssinn viele Nachahmung fin- den, da die verschiedenen milden Fonds nur durch zeitweise Zustiftungen den immer mehr an sie ge- stellt werdenden Anforderungen entsprechen und erhalten werden können. Wien, 7. Juni. Die „Austria“ berichtet, daß die herzoglichen Regierungen von Modena und Parma den am 4. Dezember 1849 in Wien unterzeichneten allgemeinen Artikeln des zwischen ihnen u. Oesterreich verabredeten Zollvereinigungs- vertrags unter den in ihrem Jnteresse erachteten Vorbehalten ihre Zustimmung ertheilt haben. Be- reits haben der Ministerialsekretär des Finanz- v. Capellari und der Oberamtsdirektor Troll in Mailand den Auftrag erhalten, sich an die beiden herzoglichen Höfe zu begeben, um die ihnen zu bezeichnenden Beamten derselben mit den öster- reichischen Zollgesetzen näher bekannt zu machen und bei den sich nöthig darstellenden administrati- ven Vorkehrungen mitzuwirken. Nach Beendig- ung ihrer Mission werden sodann die Schlußver- handlungen wieder hier in Wien gepflogen wer- den. -- Die türkische Regierung soll gesonnen sein, einige Dampfschiffe zum Besuche nach dem adriatischen Meere zu senden. „Dies wäre,“ be- merkt der Lloyd, „das erste Mal, daß die Flotte des Sultans in jenen Gegenden erscheint.“ -- Am 3. Abends fand im Saale des Landhauses die erste Versammlung der Wahlmänner aus der Stadt und den Vorstädten zu einer Besprechung in Betreff der Gemeinderathswahlen statt. Es hatten sich dabei mehr als 2000 Wahlmänner eingefunden. Unter stürmischer Anerkennung, sagt der Lloyd, wurden Reden gehalten und die Er- eignisse des Jahres 1848 in bittern Worten be- sprochen. Aus dieser Versammlung zu schließen, dürften bei den Gemeinderathswahlen die Conser- vativen einen glänzenden Sieg erringen. Die Neue Münchener Zeitung läßt sich aus Berlin 7. Juni schreiben: Der Prinz von Preu- ßen wird am 19. aus St. Petersburg hier zu- rückerwartet, aber dann nach kurzem Verweilen hier eine neue Reise und zwar diesmal nach Lon- don antreten, um einer Einladung zur Taufe des jüngstgebornen Sohnes der Königin Viktoria, Prinzen Arthur zu folgen. Der russische Gesandte Hr. v. Meyendorff ist bereits am 4. ds. von Warschau hier wieder eingetroffen. Ueber die Vor- gänge und Besprechungen in Warschau verlautet Genaueres noch immer nicht; nur das glaube ich Jhnen mit vollster Bestimmtheit melden zu kön- nen, daß die Angaben der hiesigen Blätter darü- ber, indem sie die Welt an eine Zustimmung zu der preuß. Politik in der deutschen Frage, wie man sie von hier aus allerdings gesucht aber nicht in der gehofften Weise gefunden hat, glauben machen wollen, leere Erfindungen sind. Um die- sen Erfindungen einigen Schein der Wahrschein- lichkeit zu geben, benützt man das freundliche Ver- nehmen zwischen dem Kaiser und dem preuß. Prin- zen zu Warschau als Folie, als ob dies bei den nahen verwandtschaftlichen Verhältnissen zwischen beiden Herrscherfamilien anders zu erwarten wäre. Wenn nicht Alles trügt, beschränkt sich was der Kaiser zu Warschau in Betreff der deutschen Frage äußerte, im Wesentlichen auf seinen Entschluß zum Festhalten an den bestehenden Verträgen und seinen Wunsch, daß es zwischen den sich gegen- überstehenden Bestrebungen der beiden deutschen Großmächte zu einer Ausgleichung im Sinne die- ser Verträge komme. Käme es zu einem Con- flikte, was Gott verhüten wolle, so würde Ruß- land konsequent mit seiner stets festgehaltenen Po- litik gegen die von den Verträgen abweichende Seite mit einstehen; bevor ein solcher Fall eintritt aber, wird es wie bisher jeder Einmischung in die deutschen Verhältnisse sich enthalten. Sind diese Angaben richtig, und ich glaube dies anneh- men zu dürfen, so werden Sie leicht daraus er- messen können, was von den Versionen der hiesi- gen Blätter darüber zu halten ist, namentlich von dem anfänglichen, jetzt schon etwas gemäßigteren Triumphgeschrei der „Deutschen Reform.“ Hätte dieses Blatt auch nur eine Parzelle deutschen Na- tionalsinns, so würde es überhaupt selbst, wenn mehr als eine Erfindung zu Grunde läge, ein Triumphgeschrei über eine Sache unterlassen ha- ben, die nimmermehr Preußen zur Ehre gereichen könnte. Die Kriegsrüstungen Preußens haben keine Gefahr auf sich, und sehen, da sie zufällig mit den vierzehntägigen Waffenübungen der Land- wehr zusammentreffen, größer aus, als sie in Wirklichkeit sind. Von Geneigtheit zum Kriege ist nirgends eine Spur zu finden, und nur die Organe der Gothaer Partet sind es, die mit vollen Backen in die Kriegstrompete stoßen, was aber nicht viel auf sich hat. England. London, 5. Juni. Wir erhalten so eben die neuesten Nachrichten über den amerikanischen Frei- schaarenzug gegen Cuba. Ueber die Stärke der Expedition stimmen die Angaben nicht überein. Man spricht von 6, 8--10,000 Mann, welche unter dem Kommando des General Lopez stehen. Darunter sind Leute, welche das Kriegs= oder besser Räuberhandwerk seit Langem betrieben. Sol- daten aus dem mexikanischen Krieg, Freiwillige aus Yukatan, Freibeuter, welche bei den Versu- chen, die Sierra Madre von Mexiko loszureißen oder Tampico zu revolutioniren, betheiligt waren; kurz: eine Rotte verzweifelter, aber löwenkühner und zu Allem entschlossener Bursche. Der vor- geschobene Zweck dieses Raubzugs ist: der kreoli- schen Bevölkerung der Jnsel zur Unabhängigkeit zu verhelfen; allein man muß blind sein, um nicht zu sehen, daß eine derartige Unternehmung, welche so bedeutende Rüstungen erforderte, ohne Einwilligung der Regierungen der südlichen Staa- ten unternommen werden konnte. Diese Letzteren haben das größte Jnteresse dabei, Cuba -- die Perle der Antillen -- mit der Union vereinigt, und zwar als sclavenhaltenden Staat vereinigt, und dadurch die Schlappe, welche sie jüngst durch die Constitution von Californien erlitten, wieder ausgeglichen zu sehen. General Lopez hat auch eine gehörige Anzahl gedruckter Proklamationen mit sich genommen, welche mit den bekannten Schlagworten gegen Tyrannei, Despotismus ec. die spanischen Soldaten zum Abfalle und zum Uebergang zu den Freibeutern veranlassen sollen. Angesichts solcher Thatsachen konnte die Regie- rung in Washington doch nicht länger mehr mit Anstand die Augen zudrücken, und sie gab daher genau zwei Tage nach Absegelung der Expedition den Befehl, die Schiffe mit Beschlag zu belegen. Die Verhandlungen, welche hierüber im Congresse stattgefunden haben, zeigen am Deutlichsten die wahre Gesinnung Jonathan's. Hr. Webster stellte in der Sitzung des Senats vom 21. Mai den Antrag, dem Präsidenten die Billigung des Se- nats bezüglich seines Verfahrens in Bezug der Expedition nach Cuba auszusprechen. Hr. Wal- ker aber verlangte, der erste Beamte der Union soll erklären: mit welchem Recht an amerikanische Kriegsschiffe Befehl gegeben worden sei, die un- ternommene Expedition zu verhindern oder zu un- terbrechen. Hr. Yulee unterstützte diesen Antrag, und bezeichnete das von dem Präsidenten einge- schlagene Verfahren als antirepublikanisch. Die- sen gegenüber unternahm es Hr. Webster, den Präsidenten zu vertheidigen, indem derselbe in sei- nem vollen Recht gewesen sei, daß er durch seine Befehle die Aufrechthaltung der Neutralität der Union nach den Verträgen von 1818 festhalte. Er erinnerte daran, daß bis zur Präsidentschaft des General Jakson die ausübende Gewalt sich verpflichtet hatte, Spanien den Besitz Cubas zu garantiren, so lange diese Macht diese Jnsel nicht

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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 141. Würzburg, 13. Juni 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische141_1850/3>, abgerufen am 27.11.2024.