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Die Bayerische Presse. Nr. 132. Würzburg, 3. Juni 1850.

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Gotha, 30. Mai. So eben erhalte ich die
Privatmittheilung, daß in Folge eines am 28.
d. Mts. in Erfurt von Berlin eingelangten Be-
fehles die Stadt sowie die Festung sofort in Kriegs-
zustand versetzt werden soll. Es haben deßhalb
auch die nöthigen Arbeiten sogleich begonnen, und
die Pioniere und Artilleristeu sind bereits beschäf-
tigt, Pallisaden aufzurichten; ebenso wird in den
nächsten Tagen mit dem Rasiren der Wälle be-
gonnen werden. Ein gleicher Befehl ist auch an
die übrigen Festungskommandanten der preußischen
Provinz Sachsen ergangen.

Bokow ( bei Zwickau ) , 27. Mai. Gestern
fand hier eine furchtbare Schlägerei zwischen Ci-
vilpersonen und Militär statt. Es liegen zwei
Berichte vor, die bis auf weiteres, gleiche Glaub-
würdigkeit in Anspruch zu nehmen haben. Die
"Freimüthige Sachsenzeitung" erzählt: Der Wirth
Falk hatte längere Zeit keinen Tanz gehalten,
weil er Reibungen gefürchtet. Denn die Wühler
und Anarchisten waren rastlos bemüht gewesen,
die Civilisten gegen das Militär aufzustacheln.
Als nun gestern Abend die Soldaten an dem
Tanzvergnügen Theil nehmen wollten, schimpften
Civilisten das Militär "Bluthunde" ec. Die
Schlägerei, von Civilisten veranlaßt, begann
nun. Der Wirth verbarg sich unter ein Bett.
Die an Zahl nachstehenden Soldaten mußten
weichen; doch durch herzukommende Kameraden
verstärkt, umzwingelten sie das Wirthshaus. Von
innen wurde herausgeworfen, unter anderm mit
Flaschen und Krügen. Ein herbeigerufener Offi-
zier vermochte nicht, mit seiner kleinen Patrouille
die im Kampfe begriffenen Soldaten zu entfernen.
Diesen vermeinten, das Recht, sich zu rächen und
ihre Ehre zu retten, müßten sie so gut wie die
Civillisten besitzen. Erst nachdem der Offizier
mehr Leute aus der Stadt nachgesendet erhalten,
konnte er die gereizten Soldaten bändigen. ( Nach
der "Freimüthigen Sachsenzeitung" wurde ein
Fabrikarbeiter getödtet und zwei Bergleute schwer
verwundet. ) Die "Dresdener Zeitung" schreibt
darüber: Gestern fand hier bei dem Gastwirth
Christoph Falk ein furchtbarer Soldatentumult
statt, welchem nicht nur die Wirthschaft völlig
verwüstet wurde und mehrere Einwohner, wie der
Gemeindevorstand Kästner, thätliche Mißhandlun-
gen erlitten, sondern auch ein Arbeiter der Dev-
rientschen Fabrik, Müller, unweit des Rheinhold' -
schen Gutes unter den Händen wüthender Solda-
ten unverschuldet seinen Tod fand. Der Ersto-
chene wurde, seiner Uhr beraubt, aufgefunden.

Schleswig=Holstein, 27. Mai. Das Gene-
ralkommando hat folgende Bekanntmachung erlas-
sen: Um entstandene Mißverständnisse zu heben,
macht das Generalkommando hiermit bekannt, daß
deutsche Offiziere aller Waffen noch immer in die
schleswig=holsteinische Armee aufgenommen werden
können, falls sie hinreichende Atteste über ihre
Führung und über ihre Brauchbarkeit beibringen.
Es wird dabei aufmerksam gemacht, daß Gene-
ralstabs- und Jngenieur=Offiziere verhältnißmäßig
unter den vortheilhaftesten Bedingungen angestellt
werden. Die geehrten Redaktionen der deutschen
Zeitungen werden um weitere Verbreitung des
Obigen ergebenst gebeten. Hauptquartier Kiel,
den 27. Mai 1850. -- Das Generalkommando
der schleswig=holsteinischen Armee.

Schleswig=Holstein, 29. Mai. Jn und um
Rendsburg, in einem befestigten Lager, werden
15,000 Mann concentrirt. Auch die Werke der
kleinen Festung Friedrichsort am Eingang des
Kieler Hafens werden verstärkt.

Wien, 28. Mai. Auf Antrag des Handels-
ministers hat die Regierung beschlossen die Be-
schickung der im Frühjahr 1851 in London statt-
findenden großen Jndustrieausstellung mit öster-
reichischen Erzeugnissen selbst in die Hand zu neh-
men, zunächst die Kosten des Transports der für
diese Ausstellung geeigneten Gegenstände aus dem
Staatsschatz zu bestreiten, und behufs der einheit-
lichen Besorgung der diese Angelegenheit betref-
fenden Geschäfte eine besondere ständige Commis-
sion zu ernennen, welche die zur Londoner Aus-
stellung bestimmten Erzeugnisse unserer Jndustrie
[Spaltenumbruch] übernehmen und sie einer entsprechenden Auswahl
unterziehen wird. Der Hauptsitz dieser Commis-
sion ist in Wien, während eigene Filiallommissionen
in Prag, Feldkirch und Mailand errichtet werden.
Die Eröffnung der Eisenbahnstrecke zwischen Prag
und Lobositz wird am 1. Juni stattfinden. Die
telegraphischen Cursnotirungen aus Paris werden
nun täglich an der hiesigen Börse veröffentlicht.

   

Wien, 28. Mai. Der ehemalige deutsche
Reichsminister der Justiz, Advokat Dr. Heckscher
von Hamburg, befindet sich seit dem 27. Mai hier.

Wien, 28. Mai. Nach der halboffiziellen
Reichszeitung ist in der ungarischen Frage be-
schlossen worden, sich streng auf den Boden der
Märzverfassung zu stellen, wodurch Ungarn vor-
läufig wenigstens ihr bürgerliches und Strafrecht
gesichert wird, was früher beanstandet wurde.

Die O. C. schreibt: "Es ist die in der That
auffallende Bemerkung gemacht worden, daß die
in England weilenden Chefs der verschiedenen eu-
ropäischen Jnsurrektionen zum großen Theile ih-
ren Aufenthalt verlassen und sich nach dem Con-
tinente gewendet haben. Während die Franzosen
und Jtaliener sich zunächst nach der Schweiz be-
gaben, weilen die deutschen und die Flüchtlinge
der osteuropäischen Länder derzeit in geraumer
Menge in Belgien, namentlich in Lüttich. Die
Solidarität dieser continentalen Exkursionen, eini-
germaßen an das Wahre der Stürmvögel erin-
nernd, will uns nicht eben ganz ohne Bedeutung
erscheinen."

Berlin, 30. Mai. Ueber die Rüstungen
Preußens vernehmen wir specieller, daß Ordres
ergangen sind zur Armirung und Proviantirung
auf ein Jahr von Erfurt, Magdeburg, Wittenberg
und der schlesischen Festungen, nicht der rheini-
schen. Jm Ganzen sollen in Schlesien und Sach-
sen circa 100--120,000 Mann in zwei Corps
aufgestellt werden mit einem Park von einigen
dreißig Batterien. Die Garde = Artillerie wird
theilweise schon in den nächsten Tagen nach Sach-
sen gehen.

Berlin, 30. Mai. Die Mediatisirungspläne
mehrerer kleiner Länder und namentlich der thü-
ringischen Staaten durch Preußen gehen im Stil-
len ziemlich schnellen Schrittes ihrer Verwirkli-
chung entgegen, und zwar wirkt hierbei der regie-
rende Herzog von Koburg vor Allem thätig ein.
Derselbe hat nunmehr auch die unbedingte Ein-
willigung des Prinzen Albert, Gemahls der Kö-
nigin von England, erwirkt. Nur der Großherzog
von Weimar widersteht bis jetzt noch entschieden,
doch werden von hier aus die Unterhandlungen
thätig fortgesetzt.

Berlin, 30. Mai. Jn Bezug auf die gegen
die Presse der Umsturtzpartei zu ergreifenden Maß-
regeln erfahren wir, daß diese Maßregeln sich
auch auf Bestimmungen der Gewerbeordnung stü-
tzen werden, wonach Druckern und Herausgebern,
die sich offenbaren Mißbrauchs ihres Gewerbs
schuldig machen, die Betreibung des Gewerbs ent-
zogen werden kann.

Die N. Pr. Zeitung schreibt, Berlin, 28. M.:
Man prüfe und ergründe die Quellen, aus denen
der demokratische Presse die Mittel zufließen; man
zähle die Männer, welche nicht bloß heute, son-
dern schon seit Jahren einen boshaften und er-
bitterten Vernichtungskampf führen gegen alles,
was Christ und Christenthum heißt, und man
wird uns nicht der Uebertreibung bezüchtigen, wenn
wir behaupten, daß die Leiter und Beförderer
der gottlosen, hochverrätherischen Presse mindestens
zu zwei Drittelen aus den Reihen des jüdischen
Volkes hervorgegangen sind: ein Zahlenverhältniß,
welches die christlichen Völker zur gerechten Noth-
wehr treiben könnte. So war es, so ist es, und
so wird es auch bleiben, bis das gerechte Gericht
Gottes den Verrath und die Undankbarkeit des
abgefallenen Theiles des jüdischen Volkes durch
eine Verfolgung tilgen wird, dergleichen die Welt
noch nimmer erlebt und die dann unzweifelhaft
auch die Unschuldigen mit ergreifen wird.

Die "N. preuß. Ztg." schreibt aus Berlin
unter dem 26. Mai: Gestern Morgen um 4 Uhr
[Spaltenumbruch] ist an circa 40 verschiedenen Stellen durch die
Polizei bei Mitgliedern der Arbeiterverbrüderun-
gen und verschiedenen Gesellenvereine eine uner-
wartete Haussuchung gehalten worden. Der Er-
folg dieser Maßregel ist ein sehr bedeutender ge-
wesen. Wie verlautet, sind wichtige schriftliche
Beweise aufgefunden worden, daß eine genaue
und organisirte Verbindung der Arbeiterverbrüde-
rungen und unter allerlei Vorwänden gegründeter
ähnlicher Vereine unter sich und mit dem Aus-
land besteht, und daß die Tendenz dieser Verbrü-
derungen politischer Natur ist. -- Die "Voss.
Ztg." schreibt: Jm Staatsministerium ist, wie
uns aus bester Quelle zugeht, so eben beschlossen,
sämmtliche Arbeitervereine aufzulösen.

Von der preußisch=russischen Grenze, 26.
Mai. Unsere Grenzverhaltnisse mit Rußland
haben sich günstiger gestaltet. Unter persönlicher
Verantwortlichkeit des Konsuls ist jetzt folgenden
Personen der Eintritt in Rußland gestattet, vor-
ausgesetzt, daß gegen sie nicht der entfernteste
Verdacht wegen Theilnahme an den letzten Un-
ruhen vorliegt: 1 ) Kaufleuten und ihren Frauen,
ausgenommen sind ausdrücklich die Handlungsdie-
ner. 2 ) Fremden, welche sich nach Rußland be-
geben, sei es, um Erbschaftsangelegenheiten zu
ordnen, sei es, um Schulden einzukassiren oder
anderer Jnteressen wegen, welche ihre persönliche
Anwesenheit erfordern, jedoch unter der ausdrück-
lichen Voraussetzung, daß sie sich durch glaubwür-
digen Atteste über die Nothwendigkeit der Reise
ausweisen können. 3 ) Den Fremden, welche sich
zum bleibenden Aufenthalt in Rußland niederge-
lassen oder dort nahe Verwandte besuchen wollen,
sowie alle denen, die sich nur einstweilen nach
dem Auslande begeben haben. Alle übrigen Pro-
hibitivmaßregeln, die sich auf Lehrer, Lehrerinnen,
Handwerker und Künstler beziehen, bleiben dage-
gen nach wie vor in volister Kraft. Endlich dür-
fen auch Schiffscapitanen mit ihren Familien,
wenn sie nicht verdächtig sind, und auch Einge-
bornen, nicht aber nationalisirten Engländern Passe
fortan nach Rußland ertheilt werden. Diese Be-
stimmungen, welche den Grenzverkehr bedeutend
erleichtern, haben in unserm Handelsstande die
Hoffnung erregt, daß ihnen bald die Aufhebung
aller Paßbeschränkungen folgen werden.

Frankreich.

C Paris, 30. Mai. Vor den gestrigen As-
sisen erschien Proudhon wegen Preßvergehens, mit
einem Gensdarmen an jeder Seite. Die Auf-
merksamkeit des Publikums ist höchst gespannt.
Er drückt Cremieur und Laugraud die Hand.
Der Präsident: Sie hatten dem Gerichtshofe ein
Ersuchen zu stellen. Proudhon: Allerdings. Erst
vorgestern hat man mich nach Paris gebracht. Jch
hatte, wegen Unpäßlichkeit meines Vertheidigers
Cremieur, nicht Zeit, mich über die Art meiner
Vertheidigung zu verständigen. Jch bemerke, daß
die betreffende Angelegenheit sehr ernster und sehr
delicater Natur ist. Daher wünschte ich eine ver-
nünftige Frist, mindestens 5 Tage. Da die ge-
genwärtige Sitzung bereits übermorgen endigt,
wird der Prozeß vor die nächsten Assisen verwie-
sen. Pxäsident: Verpflichten Sie sich, am be-
stimmten Tage zu erscheinen. Jch verpflichte mich
aufs Bestimmteste. Laugraud, sein Gerant, eben-
falls. Letzterer ersucht um die Erlaubniß, Proud-
hon in seinem Gefängnisse besuchen zu dürfen.
Der Präsident verweist ihn deßhalb auf den Mi-
nister des Jnnern und den Staatsanwalt. --
Die Patrie behauptet, der Kaiser von Rußland
habe, sobald er vom griechisch=englischen Friedens-
abschluß Kunde erhalten, sofort seinen Gesandten
in London, Herr v. Brunow, abberufen. Der mit
Ueberbringung des Abberufungsschreibens beauftragte
Courier habe diese Abberufung dem russischen Ge-
sandten in Paris zu überbringen, welcher nach
Umständen selbe weiter senden oder zurückbehalten
soll. -- Der Gerant der Demokratie pacifique
ist gestern zu acht Monaten Gefängniß, u. 3000
Franken Geldstrafe verurtheilt worden.

Gotha, 30. Mai. So eben erhalte ich die
Privatmittheilung, daß in Folge eines am 28.
d. Mts. in Erfurt von Berlin eingelangten Be-
fehles die Stadt sowie die Festung sofort in Kriegs-
zustand versetzt werden soll. Es haben deßhalb
auch die nöthigen Arbeiten sogleich begonnen, und
die Pioniere und Artilleristeu sind bereits beschäf-
tigt, Pallisaden aufzurichten; ebenso wird in den
nächsten Tagen mit dem Rasiren der Wälle be-
gonnen werden. Ein gleicher Befehl ist auch an
die übrigen Festungskommandanten der preußischen
Provinz Sachsen ergangen.

Bokow ( bei Zwickau ) , 27. Mai. Gestern
fand hier eine furchtbare Schlägerei zwischen Ci-
vilpersonen und Militär statt. Es liegen zwei
Berichte vor, die bis auf weiteres, gleiche Glaub-
würdigkeit in Anspruch zu nehmen haben. Die
„Freimüthige Sachsenzeitung“ erzählt: Der Wirth
Falk hatte längere Zeit keinen Tanz gehalten,
weil er Reibungen gefürchtet. Denn die Wühler
und Anarchisten waren rastlos bemüht gewesen,
die Civilisten gegen das Militär aufzustacheln.
Als nun gestern Abend die Soldaten an dem
Tanzvergnügen Theil nehmen wollten, schimpften
Civilisten das Militär „Bluthunde“ ec. Die
Schlägerei, von Civilisten veranlaßt, begann
nun. Der Wirth verbarg sich unter ein Bett.
Die an Zahl nachstehenden Soldaten mußten
weichen; doch durch herzukommende Kameraden
verstärkt, umzwingelten sie das Wirthshaus. Von
innen wurde herausgeworfen, unter anderm mit
Flaschen und Krügen. Ein herbeigerufener Offi-
zier vermochte nicht, mit seiner kleinen Patrouille
die im Kampfe begriffenen Soldaten zu entfernen.
Diesen vermeinten, das Recht, sich zu rächen und
ihre Ehre zu retten, müßten sie so gut wie die
Civillisten besitzen. Erst nachdem der Offizier
mehr Leute aus der Stadt nachgesendet erhalten,
konnte er die gereizten Soldaten bändigen. ( Nach
der „Freimüthigen Sachsenzeitung“ wurde ein
Fabrikarbeiter getödtet und zwei Bergleute schwer
verwundet. ) Die „Dresdener Zeitung“ schreibt
darüber: Gestern fand hier bei dem Gastwirth
Christoph Falk ein furchtbarer Soldatentumult
statt, welchem nicht nur die Wirthschaft völlig
verwüstet wurde und mehrere Einwohner, wie der
Gemeindevorstand Kästner, thätliche Mißhandlun-
gen erlitten, sondern auch ein Arbeiter der Dev-
rientschen Fabrik, Müller, unweit des Rheinhold' -
schen Gutes unter den Händen wüthender Solda-
ten unverschuldet seinen Tod fand. Der Ersto-
chene wurde, seiner Uhr beraubt, aufgefunden.

Schleswig=Holstein, 27. Mai. Das Gene-
ralkommando hat folgende Bekanntmachung erlas-
sen: Um entstandene Mißverständnisse zu heben,
macht das Generalkommando hiermit bekannt, daß
deutsche Offiziere aller Waffen noch immer in die
schleswig=holsteinische Armee aufgenommen werden
können, falls sie hinreichende Atteste über ihre
Führung und über ihre Brauchbarkeit beibringen.
Es wird dabei aufmerksam gemacht, daß Gene-
ralstabs- und Jngenieur=Offiziere verhältnißmäßig
unter den vortheilhaftesten Bedingungen angestellt
werden. Die geehrten Redaktionen der deutschen
Zeitungen werden um weitere Verbreitung des
Obigen ergebenst gebeten. Hauptquartier Kiel,
den 27. Mai 1850. -- Das Generalkommando
der schleswig=holsteinischen Armee.

Schleswig=Holstein, 29. Mai. Jn und um
Rendsburg, in einem befestigten Lager, werden
15,000 Mann concentrirt. Auch die Werke der
kleinen Festung Friedrichsort am Eingang des
Kieler Hafens werden verstärkt.

Wien, 28. Mai. Auf Antrag des Handels-
ministers hat die Regierung beschlossen die Be-
schickung der im Frühjahr 1851 in London statt-
findenden großen Jndustrieausstellung mit öster-
reichischen Erzeugnissen selbst in die Hand zu neh-
men, zunächst die Kosten des Transports der für
diese Ausstellung geeigneten Gegenstände aus dem
Staatsschatz zu bestreiten, und behufs der einheit-
lichen Besorgung der diese Angelegenheit betref-
fenden Geschäfte eine besondere ständige Commis-
sion zu ernennen, welche die zur Londoner Aus-
stellung bestimmten Erzeugnisse unserer Jndustrie
[Spaltenumbruch] übernehmen und sie einer entsprechenden Auswahl
unterziehen wird. Der Hauptsitz dieser Commis-
sion ist in Wien, während eigene Filiallommissionen
in Prag, Feldkirch und Mailand errichtet werden.
Die Eröffnung der Eisenbahnstrecke zwischen Prag
und Lobositz wird am 1. Juni stattfinden. Die
telegraphischen Cursnotirungen aus Paris werden
nun täglich an der hiesigen Börse veröffentlicht.

   

Wien, 28. Mai. Der ehemalige deutsche
Reichsminister der Justiz, Advokat Dr. Heckscher
von Hamburg, befindet sich seit dem 27. Mai hier.

Wien, 28. Mai. Nach der halboffiziellen
Reichszeitung ist in der ungarischen Frage be-
schlossen worden, sich streng auf den Boden der
Märzverfassung zu stellen, wodurch Ungarn vor-
läufig wenigstens ihr bürgerliches und Strafrecht
gesichert wird, was früher beanstandet wurde.

Die O. C. schreibt: „Es ist die in der That
auffallende Bemerkung gemacht worden, daß die
in England weilenden Chefs der verschiedenen eu-
ropäischen Jnsurrektionen zum großen Theile ih-
ren Aufenthalt verlassen und sich nach dem Con-
tinente gewendet haben. Während die Franzosen
und Jtaliener sich zunächst nach der Schweiz be-
gaben, weilen die deutschen und die Flüchtlinge
der osteuropäischen Länder derzeit in geraumer
Menge in Belgien, namentlich in Lüttich. Die
Solidarität dieser continentalen Exkursionen, eini-
germaßen an das Wahre der Stürmvögel erin-
nernd, will uns nicht eben ganz ohne Bedeutung
erscheinen.“

Berlin, 30. Mai. Ueber die Rüstungen
Preußens vernehmen wir specieller, daß Ordres
ergangen sind zur Armirung und Proviantirung
auf ein Jahr von Erfurt, Magdeburg, Wittenberg
und der schlesischen Festungen, nicht der rheini-
schen. Jm Ganzen sollen in Schlesien und Sach-
sen circa 100--120,000 Mann in zwei Corps
aufgestellt werden mit einem Park von einigen
dreißig Batterien. Die Garde = Artillerie wird
theilweise schon in den nächsten Tagen nach Sach-
sen gehen.

Berlin, 30. Mai. Die Mediatisirungspläne
mehrerer kleiner Länder und namentlich der thü-
ringischen Staaten durch Preußen gehen im Stil-
len ziemlich schnellen Schrittes ihrer Verwirkli-
chung entgegen, und zwar wirkt hierbei der regie-
rende Herzog von Koburg vor Allem thätig ein.
Derselbe hat nunmehr auch die unbedingte Ein-
willigung des Prinzen Albert, Gemahls der Kö-
nigin von England, erwirkt. Nur der Großherzog
von Weimar widersteht bis jetzt noch entschieden,
doch werden von hier aus die Unterhandlungen
thätig fortgesetzt.

Berlin, 30. Mai. Jn Bezug auf die gegen
die Presse der Umsturtzpartei zu ergreifenden Maß-
regeln erfahren wir, daß diese Maßregeln sich
auch auf Bestimmungen der Gewerbeordnung stü-
tzen werden, wonach Druckern und Herausgebern,
die sich offenbaren Mißbrauchs ihres Gewerbs
schuldig machen, die Betreibung des Gewerbs ent-
zogen werden kann.

Die N. Pr. Zeitung schreibt, Berlin, 28. M.:
Man prüfe und ergründe die Quellen, aus denen
der demokratische Presse die Mittel zufließen; man
zähle die Männer, welche nicht bloß heute, son-
dern schon seit Jahren einen boshaften und er-
bitterten Vernichtungskampf führen gegen alles,
was Christ und Christenthum heißt, und man
wird uns nicht der Uebertreibung bezüchtigen, wenn
wir behaupten, daß die Leiter und Beförderer
der gottlosen, hochverrätherischen Presse mindestens
zu zwei Drittelen aus den Reihen des jüdischen
Volkes hervorgegangen sind: ein Zahlenverhältniß,
welches die christlichen Völker zur gerechten Noth-
wehr treiben könnte. So war es, so ist es, und
so wird es auch bleiben, bis das gerechte Gericht
Gottes den Verrath und die Undankbarkeit des
abgefallenen Theiles des jüdischen Volkes durch
eine Verfolgung tilgen wird, dergleichen die Welt
noch nimmer erlebt und die dann unzweifelhaft
auch die Unschuldigen mit ergreifen wird.

Die „N. preuß. Ztg.“ schreibt aus Berlin
unter dem 26. Mai: Gestern Morgen um 4 Uhr
[Spaltenumbruch] ist an circa 40 verschiedenen Stellen durch die
Polizei bei Mitgliedern der Arbeiterverbrüderun-
gen und verschiedenen Gesellenvereine eine uner-
wartete Haussuchung gehalten worden. Der Er-
folg dieser Maßregel ist ein sehr bedeutender ge-
wesen. Wie verlautet, sind wichtige schriftliche
Beweise aufgefunden worden, daß eine genaue
und organisirte Verbindung der Arbeiterverbrüde-
rungen und unter allerlei Vorwänden gegründeter
ähnlicher Vereine unter sich und mit dem Aus-
land besteht, und daß die Tendenz dieser Verbrü-
derungen politischer Natur ist. -- Die „Voss.
Ztg.“ schreibt: Jm Staatsministerium ist, wie
uns aus bester Quelle zugeht, so eben beschlossen,
sämmtliche Arbeitervereine aufzulösen.

Von der preußisch=russischen Grenze, 26.
Mai. Unsere Grenzverhaltnisse mit Rußland
haben sich günstiger gestaltet. Unter persönlicher
Verantwortlichkeit des Konsuls ist jetzt folgenden
Personen der Eintritt in Rußland gestattet, vor-
ausgesetzt, daß gegen sie nicht der entfernteste
Verdacht wegen Theilnahme an den letzten Un-
ruhen vorliegt: 1 ) Kaufleuten und ihren Frauen,
ausgenommen sind ausdrücklich die Handlungsdie-
ner. 2 ) Fremden, welche sich nach Rußland be-
geben, sei es, um Erbschaftsangelegenheiten zu
ordnen, sei es, um Schulden einzukassiren oder
anderer Jnteressen wegen, welche ihre persönliche
Anwesenheit erfordern, jedoch unter der ausdrück-
lichen Voraussetzung, daß sie sich durch glaubwür-
digen Atteste über die Nothwendigkeit der Reise
ausweisen können. 3 ) Den Fremden, welche sich
zum bleibenden Aufenthalt in Rußland niederge-
lassen oder dort nahe Verwandte besuchen wollen,
sowie alle denen, die sich nur einstweilen nach
dem Auslande begeben haben. Alle übrigen Pro-
hibitivmaßregeln, die sich auf Lehrer, Lehrerinnen,
Handwerker und Künstler beziehen, bleiben dage-
gen nach wie vor in volister Kraft. Endlich dür-
fen auch Schiffscapitanen mit ihren Familien,
wenn sie nicht verdächtig sind, und auch Einge-
bornen, nicht aber nationalisirten Engländern Passe
fortan nach Rußland ertheilt werden. Diese Be-
stimmungen, welche den Grenzverkehr bedeutend
erleichtern, haben in unserm Handelsstande die
Hoffnung erregt, daß ihnen bald die Aufhebung
aller Paßbeschränkungen folgen werden.

Frankreich.

C Paris, 30. Mai. Vor den gestrigen As-
sisen erschien Proudhon wegen Preßvergehens, mit
einem Gensdarmen an jeder Seite. Die Auf-
merksamkeit des Publikums ist höchst gespannt.
Er drückt Cremieur und Laugraud die Hand.
Der Präsident: Sie hatten dem Gerichtshofe ein
Ersuchen zu stellen. Proudhon: Allerdings. Erst
vorgestern hat man mich nach Paris gebracht. Jch
hatte, wegen Unpäßlichkeit meines Vertheidigers
Cremieur, nicht Zeit, mich über die Art meiner
Vertheidigung zu verständigen. Jch bemerke, daß
die betreffende Angelegenheit sehr ernster und sehr
delicater Natur ist. Daher wünschte ich eine ver-
nünftige Frist, mindestens 5 Tage. Da die ge-
genwärtige Sitzung bereits übermorgen endigt,
wird der Prozeß vor die nächsten Assisen verwie-
sen. Pxäsident: Verpflichten Sie sich, am be-
stimmten Tage zu erscheinen. Jch verpflichte mich
aufs Bestimmteste. Laugraud, sein Gerant, eben-
falls. Letzterer ersucht um die Erlaubniß, Proud-
hon in seinem Gefängnisse besuchen zu dürfen.
Der Präsident verweist ihn deßhalb auf den Mi-
nister des Jnnern und den Staatsanwalt. --
Die Patrie behauptet, der Kaiser von Rußland
habe, sobald er vom griechisch=englischen Friedens-
abschluß Kunde erhalten, sofort seinen Gesandten
in London, Herr v. Brunow, abberufen. Der mit
Ueberbringung des Abberufungsschreibens beauftragte
Courier habe diese Abberufung dem russischen Ge-
sandten in Paris zu überbringen, welcher nach
Umständen selbe weiter senden oder zurückbehalten
soll. -- Der Gerant der Demokratie pacifique
ist gestern zu acht Monaten Gefängniß, u. 3000
Franken Geldstrafe verurtheilt worden.

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[0003] Gotha, 30. Mai. So eben erhalte ich die Privatmittheilung, daß in Folge eines am 28. d. Mts. in Erfurt von Berlin eingelangten Be- fehles die Stadt sowie die Festung sofort in Kriegs- zustand versetzt werden soll. Es haben deßhalb auch die nöthigen Arbeiten sogleich begonnen, und die Pioniere und Artilleristeu sind bereits beschäf- tigt, Pallisaden aufzurichten; ebenso wird in den nächsten Tagen mit dem Rasiren der Wälle be- gonnen werden. Ein gleicher Befehl ist auch an die übrigen Festungskommandanten der preußischen Provinz Sachsen ergangen. Bokow ( bei Zwickau ) , 27. Mai. Gestern fand hier eine furchtbare Schlägerei zwischen Ci- vilpersonen und Militär statt. Es liegen zwei Berichte vor, die bis auf weiteres, gleiche Glaub- würdigkeit in Anspruch zu nehmen haben. Die „Freimüthige Sachsenzeitung“ erzählt: Der Wirth Falk hatte längere Zeit keinen Tanz gehalten, weil er Reibungen gefürchtet. Denn die Wühler und Anarchisten waren rastlos bemüht gewesen, die Civilisten gegen das Militär aufzustacheln. Als nun gestern Abend die Soldaten an dem Tanzvergnügen Theil nehmen wollten, schimpften Civilisten das Militär „Bluthunde“ ec. Die Schlägerei, von Civilisten veranlaßt, begann nun. Der Wirth verbarg sich unter ein Bett. Die an Zahl nachstehenden Soldaten mußten weichen; doch durch herzukommende Kameraden verstärkt, umzwingelten sie das Wirthshaus. Von innen wurde herausgeworfen, unter anderm mit Flaschen und Krügen. Ein herbeigerufener Offi- zier vermochte nicht, mit seiner kleinen Patrouille die im Kampfe begriffenen Soldaten zu entfernen. Diesen vermeinten, das Recht, sich zu rächen und ihre Ehre zu retten, müßten sie so gut wie die Civillisten besitzen. Erst nachdem der Offizier mehr Leute aus der Stadt nachgesendet erhalten, konnte er die gereizten Soldaten bändigen. ( Nach der „Freimüthigen Sachsenzeitung“ wurde ein Fabrikarbeiter getödtet und zwei Bergleute schwer verwundet. ) Die „Dresdener Zeitung“ schreibt darüber: Gestern fand hier bei dem Gastwirth Christoph Falk ein furchtbarer Soldatentumult statt, welchem nicht nur die Wirthschaft völlig verwüstet wurde und mehrere Einwohner, wie der Gemeindevorstand Kästner, thätliche Mißhandlun- gen erlitten, sondern auch ein Arbeiter der Dev- rientschen Fabrik, Müller, unweit des Rheinhold' - schen Gutes unter den Händen wüthender Solda- ten unverschuldet seinen Tod fand. Der Ersto- chene wurde, seiner Uhr beraubt, aufgefunden. Schleswig=Holstein, 27. Mai. Das Gene- ralkommando hat folgende Bekanntmachung erlas- sen: Um entstandene Mißverständnisse zu heben, macht das Generalkommando hiermit bekannt, daß deutsche Offiziere aller Waffen noch immer in die schleswig=holsteinische Armee aufgenommen werden können, falls sie hinreichende Atteste über ihre Führung und über ihre Brauchbarkeit beibringen. Es wird dabei aufmerksam gemacht, daß Gene- ralstabs- und Jngenieur=Offiziere verhältnißmäßig unter den vortheilhaftesten Bedingungen angestellt werden. Die geehrten Redaktionen der deutschen Zeitungen werden um weitere Verbreitung des Obigen ergebenst gebeten. Hauptquartier Kiel, den 27. Mai 1850. -- Das Generalkommando der schleswig=holsteinischen Armee. Schleswig=Holstein, 29. Mai. Jn und um Rendsburg, in einem befestigten Lager, werden 15,000 Mann concentrirt. Auch die Werke der kleinen Festung Friedrichsort am Eingang des Kieler Hafens werden verstärkt. ( D. Z. ) Wien, 28. Mai. Auf Antrag des Handels- ministers hat die Regierung beschlossen die Be- schickung der im Frühjahr 1851 in London statt- findenden großen Jndustrieausstellung mit öster- reichischen Erzeugnissen selbst in die Hand zu neh- men, zunächst die Kosten des Transports der für diese Ausstellung geeigneten Gegenstände aus dem Staatsschatz zu bestreiten, und behufs der einheit- lichen Besorgung der diese Angelegenheit betref- fenden Geschäfte eine besondere ständige Commis- sion zu ernennen, welche die zur Londoner Aus- stellung bestimmten Erzeugnisse unserer Jndustrie übernehmen und sie einer entsprechenden Auswahl unterziehen wird. Der Hauptsitz dieser Commis- sion ist in Wien, während eigene Filiallommissionen in Prag, Feldkirch und Mailand errichtet werden. Die Eröffnung der Eisenbahnstrecke zwischen Prag und Lobositz wird am 1. Juni stattfinden. Die telegraphischen Cursnotirungen aus Paris werden nun täglich an der hiesigen Börse veröffentlicht. ( A. Z. ) Wien, 28. Mai. Der ehemalige deutsche Reichsminister der Justiz, Advokat Dr. Heckscher von Hamburg, befindet sich seit dem 27. Mai hier. Wien, 28. Mai. Nach der halboffiziellen Reichszeitung ist in der ungarischen Frage be- schlossen worden, sich streng auf den Boden der Märzverfassung zu stellen, wodurch Ungarn vor- läufig wenigstens ihr bürgerliches und Strafrecht gesichert wird, was früher beanstandet wurde. Die O. C. schreibt: „Es ist die in der That auffallende Bemerkung gemacht worden, daß die in England weilenden Chefs der verschiedenen eu- ropäischen Jnsurrektionen zum großen Theile ih- ren Aufenthalt verlassen und sich nach dem Con- tinente gewendet haben. Während die Franzosen und Jtaliener sich zunächst nach der Schweiz be- gaben, weilen die deutschen und die Flüchtlinge der osteuropäischen Länder derzeit in geraumer Menge in Belgien, namentlich in Lüttich. Die Solidarität dieser continentalen Exkursionen, eini- germaßen an das Wahre der Stürmvögel erin- nernd, will uns nicht eben ganz ohne Bedeutung erscheinen.“ Berlin, 30. Mai. Ueber die Rüstungen Preußens vernehmen wir specieller, daß Ordres ergangen sind zur Armirung und Proviantirung auf ein Jahr von Erfurt, Magdeburg, Wittenberg und der schlesischen Festungen, nicht der rheini- schen. Jm Ganzen sollen in Schlesien und Sach- sen circa 100--120,000 Mann in zwei Corps aufgestellt werden mit einem Park von einigen dreißig Batterien. Die Garde = Artillerie wird theilweise schon in den nächsten Tagen nach Sach- sen gehen. Berlin, 30. Mai. Die Mediatisirungspläne mehrerer kleiner Länder und namentlich der thü- ringischen Staaten durch Preußen gehen im Stil- len ziemlich schnellen Schrittes ihrer Verwirkli- chung entgegen, und zwar wirkt hierbei der regie- rende Herzog von Koburg vor Allem thätig ein. Derselbe hat nunmehr auch die unbedingte Ein- willigung des Prinzen Albert, Gemahls der Kö- nigin von England, erwirkt. Nur der Großherzog von Weimar widersteht bis jetzt noch entschieden, doch werden von hier aus die Unterhandlungen thätig fortgesetzt. Berlin, 30. Mai. Jn Bezug auf die gegen die Presse der Umsturtzpartei zu ergreifenden Maß- regeln erfahren wir, daß diese Maßregeln sich auch auf Bestimmungen der Gewerbeordnung stü- tzen werden, wonach Druckern und Herausgebern, die sich offenbaren Mißbrauchs ihres Gewerbs schuldig machen, die Betreibung des Gewerbs ent- zogen werden kann. Die N. Pr. Zeitung schreibt, Berlin, 28. M.: Man prüfe und ergründe die Quellen, aus denen der demokratische Presse die Mittel zufließen; man zähle die Männer, welche nicht bloß heute, son- dern schon seit Jahren einen boshaften und er- bitterten Vernichtungskampf führen gegen alles, was Christ und Christenthum heißt, und man wird uns nicht der Uebertreibung bezüchtigen, wenn wir behaupten, daß die Leiter und Beförderer der gottlosen, hochverrätherischen Presse mindestens zu zwei Drittelen aus den Reihen des jüdischen Volkes hervorgegangen sind: ein Zahlenverhältniß, welches die christlichen Völker zur gerechten Noth- wehr treiben könnte. So war es, so ist es, und so wird es auch bleiben, bis das gerechte Gericht Gottes den Verrath und die Undankbarkeit des abgefallenen Theiles des jüdischen Volkes durch eine Verfolgung tilgen wird, dergleichen die Welt noch nimmer erlebt und die dann unzweifelhaft auch die Unschuldigen mit ergreifen wird. Die „N. preuß. Ztg.“ schreibt aus Berlin unter dem 26. Mai: Gestern Morgen um 4 Uhr ist an circa 40 verschiedenen Stellen durch die Polizei bei Mitgliedern der Arbeiterverbrüderun- gen und verschiedenen Gesellenvereine eine uner- wartete Haussuchung gehalten worden. Der Er- folg dieser Maßregel ist ein sehr bedeutender ge- wesen. Wie verlautet, sind wichtige schriftliche Beweise aufgefunden worden, daß eine genaue und organisirte Verbindung der Arbeiterverbrüde- rungen und unter allerlei Vorwänden gegründeter ähnlicher Vereine unter sich und mit dem Aus- land besteht, und daß die Tendenz dieser Verbrü- derungen politischer Natur ist. -- Die „Voss. Ztg.“ schreibt: Jm Staatsministerium ist, wie uns aus bester Quelle zugeht, so eben beschlossen, sämmtliche Arbeitervereine aufzulösen. Von der preußisch=russischen Grenze, 26. Mai. Unsere Grenzverhaltnisse mit Rußland haben sich günstiger gestaltet. Unter persönlicher Verantwortlichkeit des Konsuls ist jetzt folgenden Personen der Eintritt in Rußland gestattet, vor- ausgesetzt, daß gegen sie nicht der entfernteste Verdacht wegen Theilnahme an den letzten Un- ruhen vorliegt: 1 ) Kaufleuten und ihren Frauen, ausgenommen sind ausdrücklich die Handlungsdie- ner. 2 ) Fremden, welche sich nach Rußland be- geben, sei es, um Erbschaftsangelegenheiten zu ordnen, sei es, um Schulden einzukassiren oder anderer Jnteressen wegen, welche ihre persönliche Anwesenheit erfordern, jedoch unter der ausdrück- lichen Voraussetzung, daß sie sich durch glaubwür- digen Atteste über die Nothwendigkeit der Reise ausweisen können. 3 ) Den Fremden, welche sich zum bleibenden Aufenthalt in Rußland niederge- lassen oder dort nahe Verwandte besuchen wollen, sowie alle denen, die sich nur einstweilen nach dem Auslande begeben haben. Alle übrigen Pro- hibitivmaßregeln, die sich auf Lehrer, Lehrerinnen, Handwerker und Künstler beziehen, bleiben dage- gen nach wie vor in volister Kraft. Endlich dür- fen auch Schiffscapitanen mit ihren Familien, wenn sie nicht verdächtig sind, und auch Einge- bornen, nicht aber nationalisirten Engländern Passe fortan nach Rußland ertheilt werden. Diese Be- stimmungen, welche den Grenzverkehr bedeutend erleichtern, haben in unserm Handelsstande die Hoffnung erregt, daß ihnen bald die Aufhebung aller Paßbeschränkungen folgen werden. Frankreich. C Paris, 30. Mai. Vor den gestrigen As- sisen erschien Proudhon wegen Preßvergehens, mit einem Gensdarmen an jeder Seite. Die Auf- merksamkeit des Publikums ist höchst gespannt. Er drückt Cremieur und Laugraud die Hand. Der Präsident: Sie hatten dem Gerichtshofe ein Ersuchen zu stellen. Proudhon: Allerdings. Erst vorgestern hat man mich nach Paris gebracht. Jch hatte, wegen Unpäßlichkeit meines Vertheidigers Cremieur, nicht Zeit, mich über die Art meiner Vertheidigung zu verständigen. Jch bemerke, daß die betreffende Angelegenheit sehr ernster und sehr delicater Natur ist. Daher wünschte ich eine ver- nünftige Frist, mindestens 5 Tage. Da die ge- genwärtige Sitzung bereits übermorgen endigt, wird der Prozeß vor die nächsten Assisen verwie- sen. Pxäsident: Verpflichten Sie sich, am be- stimmten Tage zu erscheinen. Jch verpflichte mich aufs Bestimmteste. Laugraud, sein Gerant, eben- falls. Letzterer ersucht um die Erlaubniß, Proud- hon in seinem Gefängnisse besuchen zu dürfen. Der Präsident verweist ihn deßhalb auf den Mi- nister des Jnnern und den Staatsanwalt. -- Die Patrie behauptet, der Kaiser von Rußland habe, sobald er vom griechisch=englischen Friedens- abschluß Kunde erhalten, sofort seinen Gesandten in London, Herr v. Brunow, abberufen. Der mit Ueberbringung des Abberufungsschreibens beauftragte Courier habe diese Abberufung dem russischen Ge- sandten in Paris zu überbringen, welcher nach Umständen selbe weiter senden oder zurückbehalten soll. -- Der Gerant der Demokratie pacifique ist gestern zu acht Monaten Gefängniß, u. 3000 Franken Geldstrafe verurtheilt worden.

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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 132. Würzburg, 3. Juni 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische132_1850/3>, abgerufen am 25.04.2024.