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Die Bayerische Presse. Nr. 116. Würzburg, 15. Mai 1850.

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Die Bayerische Presse.
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Abonnement:
Ganzjährig 6 fl.
Halbjährig 3 fl.
Vierteljährig 1 fl. 30 kr.
Monatlich für die Stadt 30 kr.

[Spaltenumbruch]
Eine constitutionell-monarchische Zeitung.
[Spaltenumbruch]

Erpedition: Jm Schenkhofe 2. Distr.
Nr. 533.

Einrückungsgebühr: die gespaltene Pe-
titzeile oder deren Raum 3 kr. Briefe
und Gelder frei.

[Ende Spaltensatz]

Nr. 116.
Würzburg, Mittwoch den 15. Mai. 1850.


[Beginn Spaltensatz]
Amtliche Nachrichten.

München, 13. Mai. Se. Maj. der König
hat sich bewogen gefunden die eröffnete Rathstelle
bei der Regierung von Mittelfranken, Kammer
des Jnnern, dem Rath der Regierung von Un-
terfranken und Aschaffenburg, Kammer des Jnnern,
Wilhelm v. Branca, seiner Bitte gemäß, zu ver-
leihen, zum Rathe der Regierung von Unterfran-
ken und Aschaffenburg, Kammer des Jnnern, den
Regierungs=Assessor Georg Wilhelm Kahr zu
Augsburg zu berufen, u. endlich die Regierungsse-
kretärsstelle II. Klasse, Kammer des Jnnern, zu
Augsburg, dem Accessisten der Regierung von
Schwaben u. Neuburg, Paul Braun aus Kitzin-
gen, zu verleihen.

Die kath. Pfarrei Weisbach, k. Ldgr. Bischofs-
heim, wurde dem Priester Th. Sauer, Pfarr-
vicar zu Gerolzhofen, verliehen.



Die Krise im Kanton Bern.

++ Bern, 7. Mai. Wir wissen zwar noch
nicht von allen Wahlen das Ergebniß, aber wir
wissen genug, um die Hauptwirkungen des 5. Mai
für unsern Kanton und die Schweiz überhaupt in
ihren ungefähren Umrissen berechnen zu können.
Sollte auch -- im schlimmsten Falle -- die ra-
dikale Partei mit 1--2 Stimmen in der Mehr-
heit sein, so hat doch die Conservative einen un-
erhörten Sieg davon getragen, der auf die Zu-
kunft des engern und des weitern Vaterlandes
von entscheidendem Einflusse sein wird. Es war
sogar zu wünschen, daß die Conservativen in nicht
allzu großem Uebergewicht in den großen Rath
kommen, indem dieses dem Kantone ohne Zweifel
mannigfache Zuckungen hätte herbeiführen können.
Jedenfalls hat unser Kanton jetzt die Periode des
radikalen Wühlerthums überstanden: unser Volk
ist durch Erfahrung -- allerdings durch bittere
und kostspielige Erfahrungen -- endlich klug ge-
worden. Daß dieser Sturz der Radikalen kein
etwa durch künstliche Mittel herbeigeführter ist,
beweist die ganze Art und Weise, wie von Seite
der Conservativen agitirt wurde, wenn man dies
"agitiren" nennen kann. Die Conservativen tha-
ten nichts, als das Volk an seine wahren Be-
dürfnisse erinnern. Das Volk litt, -- aber es
war sich nicht klar darüber, woran es litt. Dies
mußte ihm zu Bewußtsein gebracht werden. Darin
bestund auch die ganze Agitation der Conserva-
tiven. Es war in derselben keine Art von Sy-
stem
zu finden. Das Volk hatte -- nachdem
es Jahre lang sich nicht mehr um die wichtigsten
Wahlen bekümmert -- dießmal schon Monate
vor dem Wahltage das regste Jnteresse an dem
kommenden 5. Mai und dessen Bedeutung ge-
nommen; keine Art von Programm war von den
Führern der Conservativen erlassen worden, ja
diese hatten sogar auf die Herausforderung der
Radikalen es geradezu abgelehnt, ein Programm
zu erlassen. Die conservative Partei war diesmal
gleichsam eine Naturnothwendigkeit geworden, es
bedurfte keiner Künste, um dieselbe zu erzeugen.
Die Radikalen hingegen, obschon sie den Vortheil
besessen, daß sie in der Regierung so zu sagen
ausschließlich saßen, und also ungleich größere
[Spaltenumbruch] und ausgedehntere Mittel zur Wahlbeherrschung
in den Händen hatten, fanden es doch nöthig, rei-
zende Programme und Versprechungen unter dem
Volke zu verbreiten, Programme nicht doctrinär-
radikaler, utopischer Natur. Aber eben das war
das Unnationale in ihrem ganzen Behaben. Der
Schweizer und namentlich der Berner liebt nicht
das Doctrinäre, nicht das Systematische; der Ber-
ner ist so schrecklich praktisch, daß er oft schrecklich
unpraktisch wird. Dann hat er aber wieder so
viel gesunden Menschenverstand, daß er, wenn auf
diese Weise der Wagen in den Koth gefahren ist,
endlich merkt, auf welchem Wege er ihn wieder
herausbringen muß. Bern ist dem Radikalismus
seit 1846 bis soweit gefolgt als es möglich ist,
ohne daß diese Richtung vom Felde der Politik
auf dasjenige des socialen Lebens übergehe. Es
mußte diese harte Probe für Bern genügen, um
es wieder zur Besinnung zu bringen. Man hätte,
wie gesagt, auf dem politischen Gebiete hier nichts
mehr Aergeres erfahren können; man war an den
Grenzen des Socialismus angelangt; man roch
den Socialismus bereits über sich, neben sich,
überall. Der gemeine Mann fing an die Gefahr
desselben fast mit Händen greifen zu können. Denn
wo der Wohlstand eines Landes durch Doctrinen
und zwar von oben herab ruinirt ist, wo man in
der Regierung aber dennoch nicht aufhört, stets
auf derselben in der Luft schreitenden Bahn vor-
zugehen, da kann es jeder Unbefangene fühlen,
wenn er es auch nicht sich genau zu zergliedern
weiß, daß man jetzt -- wo nichts mehr zu ver-
lieren sei -- auch mit den socialistischen Geschich-
ten sich selbst und die Andern zu trösten, resp.
zu betrügen suchen werde. -- So ist also jeden-
falls, mögen nun die Conservativen ein paar Stim-
men mehr oder weniger im großen Rathe haben,
für die Entwickelung der Politik des Kantons
Bern jetzt eine Epoche eingetreten. Bern hat mit
dem Jahre 1850 alle Phasen durchlebt, die ein
kleiner Freistaat durchleben kann. Zuerst herrschte
-- in der guten alten Zeit -- das Patriciat
ausschließlich. Es folgten ihm, ohne daß sie es
ganz aus der Regierung vertrieben hätten, sondern
indem sie dieselbe mit ihm theilten, die Bürger
der Hauptstadt. Dann kam die Zeit der herr-
schenden Magnaten der kleinen Städte, dann der-
jenigen der Dörfer. -- So lange wäre es noch
endlich gegangen mit dem guten Bernervolke. Es
hatte zwar viel, sehr viel zu leiden unter einem
jeden dieser verschiedenen Potentaten; aber es ging
ihm doch nicht das Wasser an den Mund. Dabei
blieb jedoch die Politik des Freistaates Bern stets
eine seiner als des mächtigsten Kantons der Schweiz
nicht genug würdige: es fehlte -- es handelt sich
hier zunächst von der Zeit seit 1830 -- die be-
wußte
politische Leitung. Wie hätte es die Lei-
tung der Mitkantone übernehmen können, d. h.
eine andere Leitung als die, welche ihm durch die
unorganische Assimilation der schwächern Nachbarn
von selbst zufiel, so lange es über sich selbst,
über seine eigene innere Leitung nicht klar war?
Bern hatte sich zuvor als die Vertreterin der
demokratischen Grundsätze aufgeworfen; es selbst
hat sie aber nicht durchgeführt vor 1846. Die
auf einander folgenden herrschenden Parteien hat-
ten diese Prinzipien nur so weit geltend gemacht,
[Spaltenumbruch] als es unabweislich nöthig war, um sich selbst auf
die Regierungsstühle zu schwingen. Das war
Alles, -- um des Weitern bekümmert man sich
nicht, da ließ man die Theorie Theorie, die Prin-
zipien Prinzipien sein. Aber diese Theorien hatten
ihre Consequenzen, die durchgeführt werden muß-
ten. Die Jdee der Herrschaft stürzte gleich einem
Bergstrome hinab von Stufe zu Stufe unaufhalt-
sam, von dem Gipfel des Patriciats zu der Bour-
geoisie durch alle ihre Mitglieder, bis der Strom
sich endlich in die breite Fläche des ganzen Vol-
kes verlief, wo der Theorie nach kein Unterschied
mehr ist in der Person, in der Praxis jedoch die-
ser Unterschied sich um so deutlicher und unab-
weislicher zur Geltung bringt.    ( Schluß folgt. )



Landtagsverhandlungen.

München, 11. Mai. ( CX. Sitzung der
Kammer der Abgeordneten.
) Die Gallerien
sind dicht besetzt. Am Ministertische v. d. Pford-
ten, Ringelmann, Aschenbrenner, v. Lüder und meh-
rere Ministerialräthe. Der 1ste Präsident eröff-
net um halb 10 Uhr die Sitzung. Nach Be-
kanntgabe des letzten Sitzungsprotokolls geht der-
selbe zur speziellen Debatte des Gesetzes=Entwurfs,
"einen Kredit für die Bedürfnisse der Armee be-
treffend," über. Die Berathung über den Ein-
gang des Gesetzes wird nach dem Antrag des
Präsidenten bis zum Schlusse des Gesetzes ver-
schoben. Art. 1 des Regier. = Entwurfs lautet:
"Für den Zweck der alsbaldigen Anschaffung sol-
cher Gegenstände, die schon im Frieden bei dem
erhöhten Stande der Armee und zu deren gehö-
rigen Wehrfähigkeit vorhanden sein sollen, werden
dem Kriegsminister 2,800,000 fl. zur Verfügung
gestellt." Der Ausschuß schlägt folgende Fassung
vor: "Für den Zweck der alsbaldigen Anschaf-
fung solcher Gegenstände, die schon im Frieden
bei dem erhöhten Stande der Armee und zu de-
ren Wehrfähigkeit vorhanden sein sollen, werden
dem k. Kriegsminister 2,700,000 fl. zur Verfü-
gung gestellt, und außerdem noch ein weiterer
Kredit bis zu 100,000 fl. zur Vornahme drin-
gend nothwendiger und unverschieblicher Bauten
und Anschaffungen von Artilleriegegenständen für
die Festung Landau, vorbehaltlich der Rückforde-
rung von der Centralgewalt. -- Dr. Schmidt
aus Würzburg räth zur Nichtbewilligung dieser
Summe, indem die dafür angeschafft werden sol-
lenden Gegenstände nicht blos heutige Ausgaben,
sondern bleibende Posten seien. -- Die von die-
sen Geldern gebauten Kasernen werde man nicht
leer stehen, die angeschafften Decken und Fourni-
turen nicht unbenützt lassen wollen. Redner könne
gar nicht einsehen, warum denn gerade jetzt, wo
die Gewerbe darnieder liegen, der Ackerbau ver-
nachläßigt sei, diese ständige Ausgabe von den
Vertretern des Landes verlangt werden könne. --
Als Redner auf die auswärtigen Militärverhält-
nisse zu sprechen kam, und behauptete, daß in
Frankreich z. Z. die Reaction herrsche, erhob sich
schallendes Gelächter im Saale. -- Dr. Heine
empfiehlt die Annahme des Artikels., indem die
Bedürfnisse der Spitäler in der Pfalz allein schon
sehr bedeutend seien. -- Wallerstein glaubt,
daß durch Annahme dieses Artikels der erhöhte

Die Bayerische Presse.
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Vierteljährig 1 fl. 30 kr.
Monatlich für die Stadt 30 kr.

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Nr. 533.

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Nr. 116.
Würzburg, Mittwoch den 15. Mai. 1850.


[Beginn Spaltensatz]
Amtliche Nachrichten.

München, 13. Mai. Se. Maj. der König
hat sich bewogen gefunden die eröffnete Rathstelle
bei der Regierung von Mittelfranken, Kammer
des Jnnern, dem Rath der Regierung von Un-
terfranken und Aschaffenburg, Kammer des Jnnern,
Wilhelm v. Branca, seiner Bitte gemäß, zu ver-
leihen, zum Rathe der Regierung von Unterfran-
ken und Aschaffenburg, Kammer des Jnnern, den
Regierungs=Assessor Georg Wilhelm Kahr zu
Augsburg zu berufen, u. endlich die Regierungsse-
kretärsstelle II. Klasse, Kammer des Jnnern, zu
Augsburg, dem Accessisten der Regierung von
Schwaben u. Neuburg, Paul Braun aus Kitzin-
gen, zu verleihen.

Die kath. Pfarrei Weisbach, k. Ldgr. Bischofs-
heim, wurde dem Priester Th. Sauer, Pfarr-
vicar zu Gerolzhofen, verliehen.



Die Krise im Kanton Bern.

†† Bern, 7. Mai. Wir wissen zwar noch
nicht von allen Wahlen das Ergebniß, aber wir
wissen genug, um die Hauptwirkungen des 5. Mai
für unsern Kanton und die Schweiz überhaupt in
ihren ungefähren Umrissen berechnen zu können.
Sollte auch -- im schlimmsten Falle -- die ra-
dikale Partei mit 1--2 Stimmen in der Mehr-
heit sein, so hat doch die Conservative einen un-
erhörten Sieg davon getragen, der auf die Zu-
kunft des engern und des weitern Vaterlandes
von entscheidendem Einflusse sein wird. Es war
sogar zu wünschen, daß die Conservativen in nicht
allzu großem Uebergewicht in den großen Rath
kommen, indem dieses dem Kantone ohne Zweifel
mannigfache Zuckungen hätte herbeiführen können.
Jedenfalls hat unser Kanton jetzt die Periode des
radikalen Wühlerthums überstanden: unser Volk
ist durch Erfahrung -- allerdings durch bittere
und kostspielige Erfahrungen -- endlich klug ge-
worden. Daß dieser Sturz der Radikalen kein
etwa durch künstliche Mittel herbeigeführter ist,
beweist die ganze Art und Weise, wie von Seite
der Conservativen agitirt wurde, wenn man dies
„agitiren“ nennen kann. Die Conservativen tha-
ten nichts, als das Volk an seine wahren Be-
dürfnisse erinnern. Das Volk litt, -- aber es
war sich nicht klar darüber, woran es litt. Dies
mußte ihm zu Bewußtsein gebracht werden. Darin
bestund auch die ganze Agitation der Conserva-
tiven. Es war in derselben keine Art von Sy-
stem
zu finden. Das Volk hatte -- nachdem
es Jahre lang sich nicht mehr um die wichtigsten
Wahlen bekümmert -- dießmal schon Monate
vor dem Wahltage das regste Jnteresse an dem
kommenden 5. Mai und dessen Bedeutung ge-
nommen; keine Art von Programm war von den
Führern der Conservativen erlassen worden, ja
diese hatten sogar auf die Herausforderung der
Radikalen es geradezu abgelehnt, ein Programm
zu erlassen. Die conservative Partei war diesmal
gleichsam eine Naturnothwendigkeit geworden, es
bedurfte keiner Künste, um dieselbe zu erzeugen.
Die Radikalen hingegen, obschon sie den Vortheil
besessen, daß sie in der Regierung so zu sagen
ausschließlich saßen, und also ungleich größere
[Spaltenumbruch] und ausgedehntere Mittel zur Wahlbeherrschung
in den Händen hatten, fanden es doch nöthig, rei-
zende Programme und Versprechungen unter dem
Volke zu verbreiten, Programme nicht doctrinär-
radikaler, utopischer Natur. Aber eben das war
das Unnationale in ihrem ganzen Behaben. Der
Schweizer und namentlich der Berner liebt nicht
das Doctrinäre, nicht das Systematische; der Ber-
ner ist so schrecklich praktisch, daß er oft schrecklich
unpraktisch wird. Dann hat er aber wieder so
viel gesunden Menschenverstand, daß er, wenn auf
diese Weise der Wagen in den Koth gefahren ist,
endlich merkt, auf welchem Wege er ihn wieder
herausbringen muß. Bern ist dem Radikalismus
seit 1846 bis soweit gefolgt als es möglich ist,
ohne daß diese Richtung vom Felde der Politik
auf dasjenige des socialen Lebens übergehe. Es
mußte diese harte Probe für Bern genügen, um
es wieder zur Besinnung zu bringen. Man hätte,
wie gesagt, auf dem politischen Gebiete hier nichts
mehr Aergeres erfahren können; man war an den
Grenzen des Socialismus angelangt; man roch
den Socialismus bereits über sich, neben sich,
überall. Der gemeine Mann fing an die Gefahr
desselben fast mit Händen greifen zu können. Denn
wo der Wohlstand eines Landes durch Doctrinen
und zwar von oben herab ruinirt ist, wo man in
der Regierung aber dennoch nicht aufhört, stets
auf derselben in der Luft schreitenden Bahn vor-
zugehen, da kann es jeder Unbefangene fühlen,
wenn er es auch nicht sich genau zu zergliedern
weiß, daß man jetzt -- wo nichts mehr zu ver-
lieren sei -- auch mit den socialistischen Geschich-
ten sich selbst und die Andern zu trösten, resp.
zu betrügen suchen werde. -- So ist also jeden-
falls, mögen nun die Conservativen ein paar Stim-
men mehr oder weniger im großen Rathe haben,
für die Entwickelung der Politik des Kantons
Bern jetzt eine Epoche eingetreten. Bern hat mit
dem Jahre 1850 alle Phasen durchlebt, die ein
kleiner Freistaat durchleben kann. Zuerst herrschte
-- in der guten alten Zeit -- das Patriciat
ausschließlich. Es folgten ihm, ohne daß sie es
ganz aus der Regierung vertrieben hätten, sondern
indem sie dieselbe mit ihm theilten, die Bürger
der Hauptstadt. Dann kam die Zeit der herr-
schenden Magnaten der kleinen Städte, dann der-
jenigen der Dörfer. -- So lange wäre es noch
endlich gegangen mit dem guten Bernervolke. Es
hatte zwar viel, sehr viel zu leiden unter einem
jeden dieser verschiedenen Potentaten; aber es ging
ihm doch nicht das Wasser an den Mund. Dabei
blieb jedoch die Politik des Freistaates Bern stets
eine seiner als des mächtigsten Kantons der Schweiz
nicht genug würdige: es fehlte -- es handelt sich
hier zunächst von der Zeit seit 1830 -- die be-
wußte
politische Leitung. Wie hätte es die Lei-
tung der Mitkantone übernehmen können, d. h.
eine andere Leitung als die, welche ihm durch die
unorganische Assimilation der schwächern Nachbarn
von selbst zufiel, so lange es über sich selbst,
über seine eigene innere Leitung nicht klar war?
Bern hatte sich zuvor als die Vertreterin der
demokratischen Grundsätze aufgeworfen; es selbst
hat sie aber nicht durchgeführt vor 1846. Die
auf einander folgenden herrschenden Parteien hat-
ten diese Prinzipien nur so weit geltend gemacht,
[Spaltenumbruch] als es unabweislich nöthig war, um sich selbst auf
die Regierungsstühle zu schwingen. Das war
Alles, -- um des Weitern bekümmert man sich
nicht, da ließ man die Theorie Theorie, die Prin-
zipien Prinzipien sein. Aber diese Theorien hatten
ihre Consequenzen, die durchgeführt werden muß-
ten. Die Jdee der Herrschaft stürzte gleich einem
Bergstrome hinab von Stufe zu Stufe unaufhalt-
sam, von dem Gipfel des Patriciats zu der Bour-
geoisie durch alle ihre Mitglieder, bis der Strom
sich endlich in die breite Fläche des ganzen Vol-
kes verlief, wo der Theorie nach kein Unterschied
mehr ist in der Person, in der Praxis jedoch die-
ser Unterschied sich um so deutlicher und unab-
weislicher zur Geltung bringt.    ( Schluß folgt. )



Landtagsverhandlungen.

München, 11. Mai. ( CX. Sitzung der
Kammer der Abgeordneten.
) Die Gallerien
sind dicht besetzt. Am Ministertische v. d. Pford-
ten, Ringelmann, Aschenbrenner, v. Lüder und meh-
rere Ministerialräthe. Der 1ste Präsident eröff-
net um halb 10 Uhr die Sitzung. Nach Be-
kanntgabe des letzten Sitzungsprotokolls geht der-
selbe zur speziellen Debatte des Gesetzes=Entwurfs,
„einen Kredit für die Bedürfnisse der Armee be-
treffend,“ über. Die Berathung über den Ein-
gang des Gesetzes wird nach dem Antrag des
Präsidenten bis zum Schlusse des Gesetzes ver-
schoben. Art. 1 des Regier. = Entwurfs lautet:
„Für den Zweck der alsbaldigen Anschaffung sol-
cher Gegenstände, die schon im Frieden bei dem
erhöhten Stande der Armee und zu deren gehö-
rigen Wehrfähigkeit vorhanden sein sollen, werden
dem Kriegsminister 2,800,000 fl. zur Verfügung
gestellt.“ Der Ausschuß schlägt folgende Fassung
vor: „Für den Zweck der alsbaldigen Anschaf-
fung solcher Gegenstände, die schon im Frieden
bei dem erhöhten Stande der Armee und zu de-
ren Wehrfähigkeit vorhanden sein sollen, werden
dem k. Kriegsminister 2,700,000 fl. zur Verfü-
gung gestellt, und außerdem noch ein weiterer
Kredit bis zu 100,000 fl. zur Vornahme drin-
gend nothwendiger und unverschieblicher Bauten
und Anschaffungen von Artilleriegegenständen für
die Festung Landau, vorbehaltlich der Rückforde-
rung von der Centralgewalt. -- Dr. Schmidt
aus Würzburg räth zur Nichtbewilligung dieser
Summe, indem die dafür angeschafft werden sol-
lenden Gegenstände nicht blos heutige Ausgaben,
sondern bleibende Posten seien. -- Die von die-
sen Geldern gebauten Kasernen werde man nicht
leer stehen, die angeschafften Decken und Fourni-
turen nicht unbenützt lassen wollen. Redner könne
gar nicht einsehen, warum denn gerade jetzt, wo
die Gewerbe darnieder liegen, der Ackerbau ver-
nachläßigt sei, diese ständige Ausgabe von den
Vertretern des Landes verlangt werden könne. --
Als Redner auf die auswärtigen Militärverhält-
nisse zu sprechen kam, und behauptete, daß in
Frankreich z. Z. die Reaction herrsche, erhob sich
schallendes Gelächter im Saale. -- Dr. Heine
empfiehlt die Annahme des Artikels., indem die
Bedürfnisse der Spitäler in der Pfalz allein schon
sehr bedeutend seien. -- Wallerstein glaubt,
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[0001] Die Bayerische Presse. Abonnement: Ganzjährig 6 fl. Halbjährig 3 fl. Vierteljährig 1 fl. 30 kr. Monatlich für die Stadt 30 kr. Eine constitutionell-monarchische Zeitung. Erpedition: Jm Schenkhofe 2. Distr. Nr. 533. Einrückungsgebühr: die gespaltene Pe- titzeile oder deren Raum 3 kr. Briefe und Gelder frei. Nr. 116. Würzburg, Mittwoch den 15. Mai. 1850. Amtliche Nachrichten. München, 13. Mai. Se. Maj. der König hat sich bewogen gefunden die eröffnete Rathstelle bei der Regierung von Mittelfranken, Kammer des Jnnern, dem Rath der Regierung von Un- terfranken und Aschaffenburg, Kammer des Jnnern, Wilhelm v. Branca, seiner Bitte gemäß, zu ver- leihen, zum Rathe der Regierung von Unterfran- ken und Aschaffenburg, Kammer des Jnnern, den Regierungs=Assessor Georg Wilhelm Kahr zu Augsburg zu berufen, u. endlich die Regierungsse- kretärsstelle II. Klasse, Kammer des Jnnern, zu Augsburg, dem Accessisten der Regierung von Schwaben u. Neuburg, Paul Braun aus Kitzin- gen, zu verleihen. Die kath. Pfarrei Weisbach, k. Ldgr. Bischofs- heim, wurde dem Priester Th. Sauer, Pfarr- vicar zu Gerolzhofen, verliehen. Die Krise im Kanton Bern. †† Bern, 7. Mai. Wir wissen zwar noch nicht von allen Wahlen das Ergebniß, aber wir wissen genug, um die Hauptwirkungen des 5. Mai für unsern Kanton und die Schweiz überhaupt in ihren ungefähren Umrissen berechnen zu können. Sollte auch -- im schlimmsten Falle -- die ra- dikale Partei mit 1--2 Stimmen in der Mehr- heit sein, so hat doch die Conservative einen un- erhörten Sieg davon getragen, der auf die Zu- kunft des engern und des weitern Vaterlandes von entscheidendem Einflusse sein wird. Es war sogar zu wünschen, daß die Conservativen in nicht allzu großem Uebergewicht in den großen Rath kommen, indem dieses dem Kantone ohne Zweifel mannigfache Zuckungen hätte herbeiführen können. Jedenfalls hat unser Kanton jetzt die Periode des radikalen Wühlerthums überstanden: unser Volk ist durch Erfahrung -- allerdings durch bittere und kostspielige Erfahrungen -- endlich klug ge- worden. Daß dieser Sturz der Radikalen kein etwa durch künstliche Mittel herbeigeführter ist, beweist die ganze Art und Weise, wie von Seite der Conservativen agitirt wurde, wenn man dies „agitiren“ nennen kann. Die Conservativen tha- ten nichts, als das Volk an seine wahren Be- dürfnisse erinnern. Das Volk litt, -- aber es war sich nicht klar darüber, woran es litt. Dies mußte ihm zu Bewußtsein gebracht werden. Darin bestund auch die ganze Agitation der Conserva- tiven. Es war in derselben keine Art von Sy- stem zu finden. Das Volk hatte -- nachdem es Jahre lang sich nicht mehr um die wichtigsten Wahlen bekümmert -- dießmal schon Monate vor dem Wahltage das regste Jnteresse an dem kommenden 5. Mai und dessen Bedeutung ge- nommen; keine Art von Programm war von den Führern der Conservativen erlassen worden, ja diese hatten sogar auf die Herausforderung der Radikalen es geradezu abgelehnt, ein Programm zu erlassen. Die conservative Partei war diesmal gleichsam eine Naturnothwendigkeit geworden, es bedurfte keiner Künste, um dieselbe zu erzeugen. Die Radikalen hingegen, obschon sie den Vortheil besessen, daß sie in der Regierung so zu sagen ausschließlich saßen, und also ungleich größere und ausgedehntere Mittel zur Wahlbeherrschung in den Händen hatten, fanden es doch nöthig, rei- zende Programme und Versprechungen unter dem Volke zu verbreiten, Programme nicht doctrinär- radikaler, utopischer Natur. Aber eben das war das Unnationale in ihrem ganzen Behaben. Der Schweizer und namentlich der Berner liebt nicht das Doctrinäre, nicht das Systematische; der Ber- ner ist so schrecklich praktisch, daß er oft schrecklich unpraktisch wird. Dann hat er aber wieder so viel gesunden Menschenverstand, daß er, wenn auf diese Weise der Wagen in den Koth gefahren ist, endlich merkt, auf welchem Wege er ihn wieder herausbringen muß. Bern ist dem Radikalismus seit 1846 bis soweit gefolgt als es möglich ist, ohne daß diese Richtung vom Felde der Politik auf dasjenige des socialen Lebens übergehe. Es mußte diese harte Probe für Bern genügen, um es wieder zur Besinnung zu bringen. Man hätte, wie gesagt, auf dem politischen Gebiete hier nichts mehr Aergeres erfahren können; man war an den Grenzen des Socialismus angelangt; man roch den Socialismus bereits über sich, neben sich, überall. Der gemeine Mann fing an die Gefahr desselben fast mit Händen greifen zu können. Denn wo der Wohlstand eines Landes durch Doctrinen und zwar von oben herab ruinirt ist, wo man in der Regierung aber dennoch nicht aufhört, stets auf derselben in der Luft schreitenden Bahn vor- zugehen, da kann es jeder Unbefangene fühlen, wenn er es auch nicht sich genau zu zergliedern weiß, daß man jetzt -- wo nichts mehr zu ver- lieren sei -- auch mit den socialistischen Geschich- ten sich selbst und die Andern zu trösten, resp. zu betrügen suchen werde. -- So ist also jeden- falls, mögen nun die Conservativen ein paar Stim- men mehr oder weniger im großen Rathe haben, für die Entwickelung der Politik des Kantons Bern jetzt eine Epoche eingetreten. Bern hat mit dem Jahre 1850 alle Phasen durchlebt, die ein kleiner Freistaat durchleben kann. Zuerst herrschte -- in der guten alten Zeit -- das Patriciat ausschließlich. Es folgten ihm, ohne daß sie es ganz aus der Regierung vertrieben hätten, sondern indem sie dieselbe mit ihm theilten, die Bürger der Hauptstadt. Dann kam die Zeit der herr- schenden Magnaten der kleinen Städte, dann der- jenigen der Dörfer. -- So lange wäre es noch endlich gegangen mit dem guten Bernervolke. Es hatte zwar viel, sehr viel zu leiden unter einem jeden dieser verschiedenen Potentaten; aber es ging ihm doch nicht das Wasser an den Mund. Dabei blieb jedoch die Politik des Freistaates Bern stets eine seiner als des mächtigsten Kantons der Schweiz nicht genug würdige: es fehlte -- es handelt sich hier zunächst von der Zeit seit 1830 -- die be- wußte politische Leitung. Wie hätte es die Lei- tung der Mitkantone übernehmen können, d. h. eine andere Leitung als die, welche ihm durch die unorganische Assimilation der schwächern Nachbarn von selbst zufiel, so lange es über sich selbst, über seine eigene innere Leitung nicht klar war? Bern hatte sich zuvor als die Vertreterin der demokratischen Grundsätze aufgeworfen; es selbst hat sie aber nicht durchgeführt vor 1846. Die auf einander folgenden herrschenden Parteien hat- ten diese Prinzipien nur so weit geltend gemacht, als es unabweislich nöthig war, um sich selbst auf die Regierungsstühle zu schwingen. Das war Alles, -- um des Weitern bekümmert man sich nicht, da ließ man die Theorie Theorie, die Prin- zipien Prinzipien sein. Aber diese Theorien hatten ihre Consequenzen, die durchgeführt werden muß- ten. Die Jdee der Herrschaft stürzte gleich einem Bergstrome hinab von Stufe zu Stufe unaufhalt- sam, von dem Gipfel des Patriciats zu der Bour- geoisie durch alle ihre Mitglieder, bis der Strom sich endlich in die breite Fläche des ganzen Vol- kes verlief, wo der Theorie nach kein Unterschied mehr ist in der Person, in der Praxis jedoch die- ser Unterschied sich um so deutlicher und unab- weislicher zur Geltung bringt. ( Schluß folgt. ) Landtagsverhandlungen. München, 11. Mai. ( CX. Sitzung der Kammer der Abgeordneten. ) Die Gallerien sind dicht besetzt. Am Ministertische v. d. Pford- ten, Ringelmann, Aschenbrenner, v. Lüder und meh- rere Ministerialräthe. Der 1ste Präsident eröff- net um halb 10 Uhr die Sitzung. Nach Be- kanntgabe des letzten Sitzungsprotokolls geht der- selbe zur speziellen Debatte des Gesetzes=Entwurfs, „einen Kredit für die Bedürfnisse der Armee be- treffend,“ über. Die Berathung über den Ein- gang des Gesetzes wird nach dem Antrag des Präsidenten bis zum Schlusse des Gesetzes ver- schoben. Art. 1 des Regier. = Entwurfs lautet: „Für den Zweck der alsbaldigen Anschaffung sol- cher Gegenstände, die schon im Frieden bei dem erhöhten Stande der Armee und zu deren gehö- rigen Wehrfähigkeit vorhanden sein sollen, werden dem Kriegsminister 2,800,000 fl. zur Verfügung gestellt.“ Der Ausschuß schlägt folgende Fassung vor: „Für den Zweck der alsbaldigen Anschaf- fung solcher Gegenstände, die schon im Frieden bei dem erhöhten Stande der Armee und zu de- ren Wehrfähigkeit vorhanden sein sollen, werden dem k. Kriegsminister 2,700,000 fl. zur Verfü- gung gestellt, und außerdem noch ein weiterer Kredit bis zu 100,000 fl. zur Vornahme drin- gend nothwendiger und unverschieblicher Bauten und Anschaffungen von Artilleriegegenständen für die Festung Landau, vorbehaltlich der Rückforde- rung von der Centralgewalt. -- Dr. Schmidt aus Würzburg räth zur Nichtbewilligung dieser Summe, indem die dafür angeschafft werden sol- lenden Gegenstände nicht blos heutige Ausgaben, sondern bleibende Posten seien. -- Die von die- sen Geldern gebauten Kasernen werde man nicht leer stehen, die angeschafften Decken und Fourni- turen nicht unbenützt lassen wollen. Redner könne gar nicht einsehen, warum denn gerade jetzt, wo die Gewerbe darnieder liegen, der Ackerbau ver- nachläßigt sei, diese ständige Ausgabe von den Vertretern des Landes verlangt werden könne. -- Als Redner auf die auswärtigen Militärverhält- nisse zu sprechen kam, und behauptete, daß in Frankreich z. Z. die Reaction herrsche, erhob sich schallendes Gelächter im Saale. -- Dr. Heine empfiehlt die Annahme des Artikels., indem die Bedürfnisse der Spitäler in der Pfalz allein schon sehr bedeutend seien. -- Wallerstein glaubt, daß durch Annahme dieses Artikels der erhöhte

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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 116. Würzburg, 15. Mai 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische116_1850/1>, abgerufen am 23.11.2024.