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Die Bayerische Presse. Nr. 115. Würzburg, 14. Mai 1850.

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[Spaltenumbruch] ein Zuruf an die evangel.=luth. Gemeinden be-
schlossen und der Beschluß sogleich zur Ausführung
gebracht worden. So beschloß auch die ganze Ver-
sammlung einmüthig, gegen das Verfahren der
Staatsregierung in Betreff der Vereidigung der
Kirchen= und Schulbeamten auf die Staatsverfas-
sung, gegen die Fortsetzung dieses Verfahrens, ge-
gen die Consequenzen der bereits schon zum Theil
vollzogenen Eidesableistungen, so wie gegen die
fortdauernde Abhängigkeit der Ministerial=Abthei-
lung für die inneren Angelegenheiten der evangel.
Landeskirche von dem Staats= und Cultusminister,
ernstlich zu protestiren. Es wurde zur Ausfüh-
rung dieser Protestation eine Commission bestimmt
und dieser die schleunigste Ausführung des Auf-
trags zur Pflicht gemacht. Zugleich sollte davon
Sr. Maj. dem Könige unmittelbare Anzeige er-
stattet und vor allen Dingen Dank ausgesprochen
werden für den landesherrlichen Schutz, welchen
die luth. Kirche gerade von höchster Stelle schon
erfahren habe und noch erwarten dürfe.

Wien, 5. Mai. Seit einigen Tage befindet
sich hier Professor Halbig aus München, um im
Auftrage des Königs von Bayern die Büste des
F. Z. M. Baron Heß zu modelliren. Das Modell
soll später im Großen ausgeführt und in der
Walhalla bei Regensburg aufgestellt werden.

Wien, 7. Mai. Jn seiner heutigen Nummer
bringt der Lloyd folgenden sehr treffenden Artikel
über die Militärkonventionen. "Der König von
Preußen scheint, so viel man aus den letzten Be-
gebnissen entnehmen kann, die im Abschluß sich
befindenden Militärkonventionen als die eigentliche
Union zu betrachten. Diese Militärkonventionen
sind der Kernpunkt der preußischen Regierungs-
politik, und man könnte fast glauben, die parla-
mentarischen Unionsbestrebungen werden blos als
Blitzableiter jener Pulvermagazins aufgestellt. Ein
Land, das seine Kanonen und Bajonette den Be-
fehlen eines fremden Gebieters unterordnet, hat
seine Souveränität und Selbstständigkeit in der
That aufgegeben; der Fürst behält nur noch den
Namen eines Herrschers, er ist blos ein Gutsbe-
sitzer, der seine Herrschaften verwaltet!! -- Durch
diese Militärkonventionen hat Preußen ein Terri-
torium für die Union erobert, ohne Krieg zu füh-
ren. -- Der ministerielle Oester. Cor. bespricht
in seiner heutigen Nummer das Verhalten Preu-
ßens zu den Vorschlägen Oesterreichs in der deut-
schen Frage. "Es unterliegt keinem Zweifel, daß
als natürlicher Erbe der deutschen Centralgewal-
ten, die da geschaffen worden seit der Märzbewe-
gung des Jahres 1848 mit Ende des verflossenen
Monats in Gestalt des Jnterims verblichen sind,
keine der einzelnen deutschen Regierungen, sondern
eben nur die Gesammtheit derselben sich heraus-
stellt. Vor dieser unwiderlegbaren richtigen Ab-
sicht zerfallen alle die diplomatischen Kunststückchen
der in Preußen noch am Ruder befindlichen klein-
deutschen Partei; sie kann sich, will sie anders,
von jeder Rechtsbasis absehend, das verbrauchte
Manöver der Rechtsgiltigkeit der Bundesakte nicht
wieder versuchsweise in Anwendung bringen, den
Consequenzen nicht entziehen, die aus dem Beste-
hen der Verträge vom Jahre 1815 ihr so wie
jeder anderen deutschen Regierung erwachsen. Auf
Grund dieser Folgerungen, und um endlich im
Wirrsal der deutschen Frage eine legale Basis,
eine positive Grundlage zu finden, scheint Oester-
reich, nachdem der neuerliche Versuch, einen Kon-
greß von Staatenbevollmächtigten zu Stande zu
bringen, durch die Renitenz der preußischen Er-
weiterungsgelüste ein vergeblicher war, als letz-
tes Mittel, wenn auch noch nicht als ultima ra-
tio
, die Berufung der Plenarversammlung des
deutschen Bundestages effektuiren zu wollen. Ver-
weigert Preußen seinerseits die Beschickung, dann
schwindet auch der letzte Zweifel, nicht sowohl über
das, was die Macht in Deutschland will, sondern
was sie von Deutschland will. Die jetzige preu-
ßische Politik spielt in der That ein gewagtes
Spiel mit dem deutschen Volke, wie mit den
deutschen Fürsten. Werden ihre verkappten Ver-
größerungsplane von jenem revüsirt, so wirft sie
das Netz über die Fürsten der kleineren deutschen
[Spaltenumbruch] Staaten aus; die Schließung des Erfurter Par-
laments mit seiner in unbestimmte Ferne gerückten
Wiederberufung, so wie die überstürzte Haft, mit
der sie einen Kongreß der Unionspflichtigen oder
besser gesagt, der in der Union halb wider ihren
Willen verfangenen Fürsten nach Berlin citirt,
sind hiezu der deutlichste Beleg. Die preußische
Politik wankt auf zwei Krücken einher, auf die
sie sich, je nach Maßgabe des momentanen Be-
dürfnisses abwechselnd stützt. Rechts die Krücke
des fürstlichen Sonderwillens, ein Vermächtniß
Friedrichs des Einzigen, des Schöpfers des Für-
stenbundes, links die Krücke Erfurt, ein unleug-
bares Ereigniß des Prinzips der Revolution. Mit
beiden Hilfsinstrumenten steuert sie auf Einen
Punkt los, auf den der eigenen Machtvergröße-
rung. Sprechen wir es unverholen aus, Preu-
ßen agitirt gegen die Einigung Deutschlands, denn
es liegt offen zu Tage, daß es selbst desto mehr
an Macht gewinnt, je länger das gesammte Deutsch-
land zersplittert bleibt.

Wiener Blätter vom 7. Mai schreiben:
Wir vernehmen, daß in den nächsten Tagen der
lang erwartete Finanzausweis veröffentlicht wer-
den soll. -- Wenn man einem circulirenden Ge-
rüchte Glauben schenken darf, so eröffnet das
Budget für das laufende Jahr 1850 die erfreu-
liche Aussicht, daß, wenn unvorhergesehene Ereig-
niße nicht eintreten, die Ausgaben durch d. Einnahmen
vollkommen gedeckt sein dürften. Dieß Ergebniß
soll namentlich durch das neue Stempelerträgniß
und die Einkommensteuer bezweckt werden, deren
Erträgnisse, nach den bisherigen Resultaten an-
näherungsweise berechnet, über jede Erwartung
günstig ausfallen.

Gratz, 10. Mai. Se. Maj. der Kaiser be-
suchte gestern Abend das festlich erleuchtete Schau-
spielhaus, und wurde daselbst mit lautem Jubel
empfangen. Nach der Vorstellung fuhr Se. Maj.
in Begleitung des Erzherzogs Johann durch alle
Theile der glänzend beleuchteten Stadt, gefolgt
von einer langen Reihe von Wagen und ununter-
brochenem freudigen Zuruf der dicht gedrängten
Menschenmassen. Heute Vormittag besuchte Seine
Majestät verschiedene öffentliche und Wohlthätig-
keits=Anstalten.

Frankreich.

C Paris, 11. Mai. Die Repräsentanten
fanden sich heute sehr zahlreich in den Abtheilun-
gen ein. Die Debatten waren lebhaft, der Wahl-
kampf hitzig. Die Majorität der Commission ist
dem Wahlreformgesetz günstig. Der Berg hat sich
der Theilnahme sowohl an der Debatte, als an
der Wahl enthalten. Dagegen betheiligte sich der
Tiersparti namentlich Lamoriciere, Dufourne,
Combarel de Leyral sehr lebhaft dagegen. L' Espi-
nasse, der selbst eine Wahlreform vorgeschlagen,
und Combarel de Leyral sind die einzigen Mit-
glieder der Commission ( 15 ) , die gegen das Ge-
setz sind. Von den Legitimisten bestritt Vezin am
Lebhaftesten das Gesetz. Auf Betreiben der Sie-
benzehner=Commission sind 8 ihrer Mitglieder in
die neue Commission gewählt worden. Dieselbe
trat unmittelbar nach ihrer Wahl zusammen und
wird in kürzester Frist ihren Bericht liefern. Man
glaubt, er werde Montag fertig sein, wo dann
Donnerstags die Debatte beginnen dürfte. Wahr-
scheinlich wird Berryer Berichterstatter werden.
Man spricht auch von möglichen Amendements
des Tiersparti wegen. -- Folgendes sind die
Mitglieder der Wahlreform=Commission der Na-
tionalversammlung, die heute gewählt wurden:
Oberst L'Espinaße, Berryer, Leon Faucher, Pis-
catory, Bocher, de Vatismenil, Boinvilliers, Baze,
de Laussat, General St. Priest, Jules de Lastey-
rie, de Broglie, de Montigny, Combarel de Ley-
ral, Leon de Malleville. -- Aus guter Quelle
erfahren wir, daß der von Hrn. Wyse abgeschlos-
sene Vertrag nicht nach den letzten Jnstructionen,
welche er von Lord Palmerston mit Frankreichs
Wissen erhielt, abgeschlossen. Palmerston's erste,
in diesen Depeschen enthaltenen Bedingungen wa-
ren für Griechenland weit günstiger. Die Depe-
schen des englischen Ministers konnten erst am
[Spaltenumbruch] 21. April von Toulon abgehen, langten mithin
zu spät in Athen an. Es scheint jedoch, daß
Hr. Wyse einige Ahnung von möglicher Ankunft
dieser Depeschen gehabt habe.

C Paris, 11. Mai. Napoleon Bonaparte
hat heute auf das Bureau der Nationalversamm-
lung folgende Erklärung niedergelegt: Jn Betracht,
daß die Volkssouveränität in der Gesammtheit
der Bürger begriffen ist. -- Jn Betracht, daß
die Volkssouveränität unveräußerlich, unantastbar
ist und kein Theil des Volkes sich deren Ausü-
bung anmassen kann. -- Jn Anbetracht, daß der
Beauftragte nicht das Recht hat, die Befugnisse
des Auftraggebers zu vernichten, ohne sein Man-
dat selbst niederzulegen. -- Jn Betracht, daß das
allgemeine Stimmrecht ein allen anderen vorgeh-
endes Urrecht ist. -- Jn Betracht, daß der Wahl-
reformentwurf, zum Gesetze erhoben, einen bedeu-
tenden Theil des Volkes seiner Rechte berauben
würde. -- Erklärt der unterzeichnete Volksvertre-
ter feierlich, daß er das Benehmen, welches mit
Forderung der Vorfrage begonnen hat, consequent
durchführen wird. -- Daß er daher folgerecht,
getreu den Grundsätzen der Volkssouveränität und
der Constitution, kein Recht haben könne, das all-
gemeine Stimmrecht zu beeinträchtigen. -- Er
protestirt daher durch seine Enthaltung gegen eine
revolutionäre Maßregel. Napoleon Bonaparte. --
Ein Blatt versichert, es befänden sich gegenwär-
tig 135,000 Mann Truppen mit 230 Geschützen
in Paris. Die Armee, mit welcher Napoleon den
Sieg von Austerlitz gegen zwei Kaiser erfocht, war
geringer. Vincennes, von wo aus man das Fau-
bourg St. Antoine bombardiren kann, und Mont-
Valerien, die Citadelle von Paris, erhalten täg-
lich neue Zufuhren an Schießbedarf. -- Die Pa-
riser Garnison soll binnen zwei Tagen noch um
25,000 Mann vermehrt werden. -- Der Natio-
nal will Briefe aus Deutschland erhalten haben,
welche beweisen, daß die Wahlreform dem Ein-
flusse Rußlands, Preußens und Oeßerreichs zu
verdanken sei.

-- Die Regierung stützt ihre Vorbereitungen zu
einem Riesenkampfe auf den Bericht des Polizei-
präfecten, daß in Paris eine Armee von 36,000
Socialisten vollkommen organisirt sei, von der
man erwarten könne, daß sie mit dem Muthe
der Verzweiflung und bis auf den letzten Mann
kämpfen werden. Jn demselben Rapport sollen
Thiers und Montalembert als die ersten Opfer
bezeichnet sein. -- General Changarnier hat ei-
nen Garnisonsbefehl erlassen, welcher die Solda-
ten mit den schärfsten Strafen bedroht, die nicht
auf die Jnsurgenten schießen würden. Den Offi-
zieren sind Vorsichtsmaßregeln vorgezeichnet, wie
sie die Soldaten möglichst vor Barrikadenfeuer
schützen können. Dieser Befehl ist durch drei
Tage in allen Kasernen der Mannschaft vorzu-
lesen. -- Das Erinnerungsfest des 4. Mai ist
in Algier einer furchtbaren Katastrophe wegen un-
terblieben. Für diesen Tag, um 9 Uhr Morgens,
war die Sprengung einer Mine durch 4000 Ki-
logramme Pulver in den Steinbrüchen von Rab-
el=Oued angekündigt. Da im verflossenen Dezem-
ber mehrere derlei Sprengungen ohne Unglücksfall
vor sich gegangen waren, so wollte man das
Schauspiel, welches zugleich so furchtbar und so
gefahrlos sein sollte, betrachten. Eine Menge von
Menschen strömte hinaus. Alle möglichen Vor-
sichtsmaßregeln waren getroffen. Die herrlichste
Witterung begünstigte den Tag. Um8 3 / 4 Uhr
ward die Pulverleitung angezündet, sie brauchte
20 Minuten bis zur ersten Minenkammer. Plötz-
lich ertönt ein dumpfes Rollen im Berge, ein
dichter Rauch hüllt alle Gegenstände ein, und
ein fürchterlicher Hagel von Steinen und Fels-
stücken wird stadtwärts geschleudert. Die Trag-
weite grenzte an das Wunderbare. Personen,
welche 1000 Meter vom Schauplatze entfernt
waren, wurden getroffen. Felsstücke flogen bis
auf die Terrasse der Castah. Acht Todte und
eine Unzahl von Verwundeten kennt man bis jetzt.
Begreiflich, daß nach einem so traurigen Ereig-
nisse alle Festlichkeiten eingestellt wurden. Eine
Untersuchung wurde noch am nämlichen Vormittag

[Spaltenumbruch] ein Zuruf an die evangel.=luth. Gemeinden be-
schlossen und der Beschluß sogleich zur Ausführung
gebracht worden. So beschloß auch die ganze Ver-
sammlung einmüthig, gegen das Verfahren der
Staatsregierung in Betreff der Vereidigung der
Kirchen= und Schulbeamten auf die Staatsverfas-
sung, gegen die Fortsetzung dieses Verfahrens, ge-
gen die Consequenzen der bereits schon zum Theil
vollzogenen Eidesableistungen, so wie gegen die
fortdauernde Abhängigkeit der Ministerial=Abthei-
lung für die inneren Angelegenheiten der evangel.
Landeskirche von dem Staats= und Cultusminister,
ernstlich zu protestiren. Es wurde zur Ausfüh-
rung dieser Protestation eine Commission bestimmt
und dieser die schleunigste Ausführung des Auf-
trags zur Pflicht gemacht. Zugleich sollte davon
Sr. Maj. dem Könige unmittelbare Anzeige er-
stattet und vor allen Dingen Dank ausgesprochen
werden für den landesherrlichen Schutz, welchen
die luth. Kirche gerade von höchster Stelle schon
erfahren habe und noch erwarten dürfe.

Wien, 5. Mai. Seit einigen Tage befindet
sich hier Professor Halbig aus München, um im
Auftrage des Königs von Bayern die Büste des
F. Z. M. Baron Heß zu modelliren. Das Modell
soll später im Großen ausgeführt und in der
Walhalla bei Regensburg aufgestellt werden.

Wien, 7. Mai. Jn seiner heutigen Nummer
bringt der Lloyd folgenden sehr treffenden Artikel
über die Militärkonventionen. „Der König von
Preußen scheint, so viel man aus den letzten Be-
gebnissen entnehmen kann, die im Abschluß sich
befindenden Militärkonventionen als die eigentliche
Union zu betrachten. Diese Militärkonventionen
sind der Kernpunkt der preußischen Regierungs-
politik, und man könnte fast glauben, die parla-
mentarischen Unionsbestrebungen werden blos als
Blitzableiter jener Pulvermagazins aufgestellt. Ein
Land, das seine Kanonen und Bajonette den Be-
fehlen eines fremden Gebieters unterordnet, hat
seine Souveränität und Selbstständigkeit in der
That aufgegeben; der Fürst behält nur noch den
Namen eines Herrschers, er ist blos ein Gutsbe-
sitzer, der seine Herrschaften verwaltet!! -- Durch
diese Militärkonventionen hat Preußen ein Terri-
torium für die Union erobert, ohne Krieg zu füh-
ren. -- Der ministerielle Oester. Cor. bespricht
in seiner heutigen Nummer das Verhalten Preu-
ßens zu den Vorschlägen Oesterreichs in der deut-
schen Frage. „Es unterliegt keinem Zweifel, daß
als natürlicher Erbe der deutschen Centralgewal-
ten, die da geschaffen worden seit der Märzbewe-
gung des Jahres 1848 mit Ende des verflossenen
Monats in Gestalt des Jnterims verblichen sind,
keine der einzelnen deutschen Regierungen, sondern
eben nur die Gesammtheit derselben sich heraus-
stellt. Vor dieser unwiderlegbaren richtigen Ab-
sicht zerfallen alle die diplomatischen Kunststückchen
der in Preußen noch am Ruder befindlichen klein-
deutschen Partei; sie kann sich, will sie anders,
von jeder Rechtsbasis absehend, das verbrauchte
Manöver der Rechtsgiltigkeit der Bundesakte nicht
wieder versuchsweise in Anwendung bringen, den
Consequenzen nicht entziehen, die aus dem Beste-
hen der Verträge vom Jahre 1815 ihr so wie
jeder anderen deutschen Regierung erwachsen. Auf
Grund dieser Folgerungen, und um endlich im
Wirrsal der deutschen Frage eine legale Basis,
eine positive Grundlage zu finden, scheint Oester-
reich, nachdem der neuerliche Versuch, einen Kon-
greß von Staatenbevollmächtigten zu Stande zu
bringen, durch die Renitenz der preußischen Er-
weiterungsgelüste ein vergeblicher war, als letz-
tes Mittel, wenn auch noch nicht als ultima ra-
tio
, die Berufung der Plenarversammlung des
deutschen Bundestages effektuiren zu wollen. Ver-
weigert Preußen seinerseits die Beschickung, dann
schwindet auch der letzte Zweifel, nicht sowohl über
das, was die Macht in Deutschland will, sondern
was sie von Deutschland will. Die jetzige preu-
ßische Politik spielt in der That ein gewagtes
Spiel mit dem deutschen Volke, wie mit den
deutschen Fürsten. Werden ihre verkappten Ver-
größerungsplane von jenem revüsirt, so wirft sie
das Netz über die Fürsten der kleineren deutschen
[Spaltenumbruch] Staaten aus; die Schließung des Erfurter Par-
laments mit seiner in unbestimmte Ferne gerückten
Wiederberufung, so wie die überstürzte Haft, mit
der sie einen Kongreß der Unionspflichtigen oder
besser gesagt, der in der Union halb wider ihren
Willen verfangenen Fürsten nach Berlin citirt,
sind hiezu der deutlichste Beleg. Die preußische
Politik wankt auf zwei Krücken einher, auf die
sie sich, je nach Maßgabe des momentanen Be-
dürfnisses abwechselnd stützt. Rechts die Krücke
des fürstlichen Sonderwillens, ein Vermächtniß
Friedrichs des Einzigen, des Schöpfers des Für-
stenbundes, links die Krücke Erfurt, ein unleug-
bares Ereigniß des Prinzips der Revolution. Mit
beiden Hilfsinstrumenten steuert sie auf Einen
Punkt los, auf den der eigenen Machtvergröße-
rung. Sprechen wir es unverholen aus, Preu-
ßen agitirt gegen die Einigung Deutschlands, denn
es liegt offen zu Tage, daß es selbst desto mehr
an Macht gewinnt, je länger das gesammte Deutsch-
land zersplittert bleibt.

Wiener Blätter vom 7. Mai schreiben:
Wir vernehmen, daß in den nächsten Tagen der
lang erwartete Finanzausweis veröffentlicht wer-
den soll. -- Wenn man einem circulirenden Ge-
rüchte Glauben schenken darf, so eröffnet das
Budget für das laufende Jahr 1850 die erfreu-
liche Aussicht, daß, wenn unvorhergesehene Ereig-
niße nicht eintreten, die Ausgaben durch d. Einnahmen
vollkommen gedeckt sein dürften. Dieß Ergebniß
soll namentlich durch das neue Stempelerträgniß
und die Einkommensteuer bezweckt werden, deren
Erträgnisse, nach den bisherigen Resultaten an-
näherungsweise berechnet, über jede Erwartung
günstig ausfallen.

Gratz, 10. Mai. Se. Maj. der Kaiser be-
suchte gestern Abend das festlich erleuchtete Schau-
spielhaus, und wurde daselbst mit lautem Jubel
empfangen. Nach der Vorstellung fuhr Se. Maj.
in Begleitung des Erzherzogs Johann durch alle
Theile der glänzend beleuchteten Stadt, gefolgt
von einer langen Reihe von Wagen und ununter-
brochenem freudigen Zuruf der dicht gedrängten
Menschenmassen. Heute Vormittag besuchte Seine
Majestät verschiedene öffentliche und Wohlthätig-
keits=Anstalten.

Frankreich.

C Paris, 11. Mai. Die Repräsentanten
fanden sich heute sehr zahlreich in den Abtheilun-
gen ein. Die Debatten waren lebhaft, der Wahl-
kampf hitzig. Die Majorität der Commission ist
dem Wahlreformgesetz günstig. Der Berg hat sich
der Theilnahme sowohl an der Debatte, als an
der Wahl enthalten. Dagegen betheiligte sich der
Tiersparti namentlich Lamoricière, Dufourne,
Combarel de Leyral sehr lebhaft dagegen. L' Espi-
nasse, der selbst eine Wahlreform vorgeschlagen,
und Combarel de Leyral sind die einzigen Mit-
glieder der Commission ( 15 ) , die gegen das Ge-
setz sind. Von den Legitimisten bestritt Vezin am
Lebhaftesten das Gesetz. Auf Betreiben der Sie-
benzehner=Commission sind 8 ihrer Mitglieder in
die neue Commission gewählt worden. Dieselbe
trat unmittelbar nach ihrer Wahl zusammen und
wird in kürzester Frist ihren Bericht liefern. Man
glaubt, er werde Montag fertig sein, wo dann
Donnerstags die Debatte beginnen dürfte. Wahr-
scheinlich wird Berryer Berichterstatter werden.
Man spricht auch von möglichen Amendements
des Tiersparti wegen. -- Folgendes sind die
Mitglieder der Wahlreform=Commission der Na-
tionalversammlung, die heute gewählt wurden:
Oberst L'Espinaße, Berryer, Lèon Faucher, Pis-
catory, Bocher, de Vatismenil, Boinvilliers, Baze,
de Laussat, General St. Priest, Jules de Lastey-
rie, de Broglie, de Montigny, Combarel de Ley-
ral, Lèon de Malleville. -- Aus guter Quelle
erfahren wir, daß der von Hrn. Wyse abgeschlos-
sene Vertrag nicht nach den letzten Jnstructionen,
welche er von Lord Palmerston mit Frankreichs
Wissen erhielt, abgeschlossen. Palmerston's erste,
in diesen Depeschen enthaltenen Bedingungen wa-
ren für Griechenland weit günstiger. Die Depe-
schen des englischen Ministers konnten erst am
[Spaltenumbruch] 21. April von Toulon abgehen, langten mithin
zu spät in Athen an. Es scheint jedoch, daß
Hr. Wyse einige Ahnung von möglicher Ankunft
dieser Depeschen gehabt habe.

C Paris, 11. Mai. Napoleon Bonaparte
hat heute auf das Bureau der Nationalversamm-
lung folgende Erklärung niedergelegt: Jn Betracht,
daß die Volkssouveränität in der Gesammtheit
der Bürger begriffen ist. -- Jn Betracht, daß
die Volkssouveränität unveräußerlich, unantastbar
ist und kein Theil des Volkes sich deren Ausü-
bung anmassen kann. -- Jn Anbetracht, daß der
Beauftragte nicht das Recht hat, die Befugnisse
des Auftraggebers zu vernichten, ohne sein Man-
dat selbst niederzulegen. -- Jn Betracht, daß das
allgemeine Stimmrecht ein allen anderen vorgeh-
endes Urrecht ist. -- Jn Betracht, daß der Wahl-
reformentwurf, zum Gesetze erhoben, einen bedeu-
tenden Theil des Volkes seiner Rechte berauben
würde. -- Erklärt der unterzeichnete Volksvertre-
ter feierlich, daß er das Benehmen, welches mit
Forderung der Vorfrage begonnen hat, consequent
durchführen wird. -- Daß er daher folgerecht,
getreu den Grundsätzen der Volkssouveränität und
der Constitution, kein Recht haben könne, das all-
gemeine Stimmrecht zu beeinträchtigen. -- Er
protestirt daher durch seine Enthaltung gegen eine
revolutionäre Maßregel. Napoleon Bonaparte. --
Ein Blatt versichert, es befänden sich gegenwär-
tig 135,000 Mann Truppen mit 230 Geschützen
in Paris. Die Armee, mit welcher Napoleon den
Sieg von Austerlitz gegen zwei Kaiser erfocht, war
geringer. Vincennes, von wo aus man das Fau-
bourg St. Antoine bombardiren kann, und Mont-
Valerien, die Citadelle von Paris, erhalten täg-
lich neue Zufuhren an Schießbedarf. -- Die Pa-
riser Garnison soll binnen zwei Tagen noch um
25,000 Mann vermehrt werden. -- Der Natio-
nal will Briefe aus Deutschland erhalten haben,
welche beweisen, daß die Wahlreform dem Ein-
flusse Rußlands, Preußens und Oeßerreichs zu
verdanken sei.

-- Die Regierung stützt ihre Vorbereitungen zu
einem Riesenkampfe auf den Bericht des Polizei-
präfecten, daß in Paris eine Armee von 36,000
Socialisten vollkommen organisirt sei, von der
man erwarten könne, daß sie mit dem Muthe
der Verzweiflung und bis auf den letzten Mann
kämpfen werden. Jn demselben Rapport sollen
Thiers und Montalembert als die ersten Opfer
bezeichnet sein. -- General Changarnier hat ei-
nen Garnisonsbefehl erlassen, welcher die Solda-
ten mit den schärfsten Strafen bedroht, die nicht
auf die Jnsurgenten schießen würden. Den Offi-
zieren sind Vorsichtsmaßregeln vorgezeichnet, wie
sie die Soldaten möglichst vor Barrikadenfeuer
schützen können. Dieser Befehl ist durch drei
Tage in allen Kasernen der Mannschaft vorzu-
lesen. -- Das Erinnerungsfest des 4. Mai ist
in Algier einer furchtbaren Katastrophe wegen un-
terblieben. Für diesen Tag, um 9 Uhr Morgens,
war die Sprengung einer Mine durch 4000 Ki-
logramme Pulver in den Steinbrüchen von Rab-
el=Oued angekündigt. Da im verflossenen Dezem-
ber mehrere derlei Sprengungen ohne Unglücksfall
vor sich gegangen waren, so wollte man das
Schauspiel, welches zugleich so furchtbar und so
gefahrlos sein sollte, betrachten. Eine Menge von
Menschen strömte hinaus. Alle möglichen Vor-
sichtsmaßregeln waren getroffen. Die herrlichste
Witterung begünstigte den Tag. Um8 3 / 4 Uhr
ward die Pulverleitung angezündet, sie brauchte
20 Minuten bis zur ersten Minenkammer. Plötz-
lich ertönt ein dumpfes Rollen im Berge, ein
dichter Rauch hüllt alle Gegenstände ein, und
ein fürchterlicher Hagel von Steinen und Fels-
stücken wird stadtwärts geschleudert. Die Trag-
weite grenzte an das Wunderbare. Personen,
welche 1000 Meter vom Schauplatze entfernt
waren, wurden getroffen. Felsstücke flogen bis
auf die Terrasse der Castah. Acht Todte und
eine Unzahl von Verwundeten kennt man bis jetzt.
Begreiflich, daß nach einem so traurigen Ereig-
nisse alle Festlichkeiten eingestellt wurden. Eine
Untersuchung wurde noch am nämlichen Vormittag

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[0003] ein Zuruf an die evangel.=luth. Gemeinden be- schlossen und der Beschluß sogleich zur Ausführung gebracht worden. So beschloß auch die ganze Ver- sammlung einmüthig, gegen das Verfahren der Staatsregierung in Betreff der Vereidigung der Kirchen= und Schulbeamten auf die Staatsverfas- sung, gegen die Fortsetzung dieses Verfahrens, ge- gen die Consequenzen der bereits schon zum Theil vollzogenen Eidesableistungen, so wie gegen die fortdauernde Abhängigkeit der Ministerial=Abthei- lung für die inneren Angelegenheiten der evangel. Landeskirche von dem Staats= und Cultusminister, ernstlich zu protestiren. Es wurde zur Ausfüh- rung dieser Protestation eine Commission bestimmt und dieser die schleunigste Ausführung des Auf- trags zur Pflicht gemacht. Zugleich sollte davon Sr. Maj. dem Könige unmittelbare Anzeige er- stattet und vor allen Dingen Dank ausgesprochen werden für den landesherrlichen Schutz, welchen die luth. Kirche gerade von höchster Stelle schon erfahren habe und noch erwarten dürfe. Wien, 5. Mai. Seit einigen Tage befindet sich hier Professor Halbig aus München, um im Auftrage des Königs von Bayern die Büste des F. Z. M. Baron Heß zu modelliren. Das Modell soll später im Großen ausgeführt und in der Walhalla bei Regensburg aufgestellt werden. Wien, 7. Mai. Jn seiner heutigen Nummer bringt der Lloyd folgenden sehr treffenden Artikel über die Militärkonventionen. „Der König von Preußen scheint, so viel man aus den letzten Be- gebnissen entnehmen kann, die im Abschluß sich befindenden Militärkonventionen als die eigentliche Union zu betrachten. Diese Militärkonventionen sind der Kernpunkt der preußischen Regierungs- politik, und man könnte fast glauben, die parla- mentarischen Unionsbestrebungen werden blos als Blitzableiter jener Pulvermagazins aufgestellt. Ein Land, das seine Kanonen und Bajonette den Be- fehlen eines fremden Gebieters unterordnet, hat seine Souveränität und Selbstständigkeit in der That aufgegeben; der Fürst behält nur noch den Namen eines Herrschers, er ist blos ein Gutsbe- sitzer, der seine Herrschaften verwaltet!! -- Durch diese Militärkonventionen hat Preußen ein Terri- torium für die Union erobert, ohne Krieg zu füh- ren. -- Der ministerielle Oester. Cor. bespricht in seiner heutigen Nummer das Verhalten Preu- ßens zu den Vorschlägen Oesterreichs in der deut- schen Frage. „Es unterliegt keinem Zweifel, daß als natürlicher Erbe der deutschen Centralgewal- ten, die da geschaffen worden seit der Märzbewe- gung des Jahres 1848 mit Ende des verflossenen Monats in Gestalt des Jnterims verblichen sind, keine der einzelnen deutschen Regierungen, sondern eben nur die Gesammtheit derselben sich heraus- stellt. Vor dieser unwiderlegbaren richtigen Ab- sicht zerfallen alle die diplomatischen Kunststückchen der in Preußen noch am Ruder befindlichen klein- deutschen Partei; sie kann sich, will sie anders, von jeder Rechtsbasis absehend, das verbrauchte Manöver der Rechtsgiltigkeit der Bundesakte nicht wieder versuchsweise in Anwendung bringen, den Consequenzen nicht entziehen, die aus dem Beste- hen der Verträge vom Jahre 1815 ihr so wie jeder anderen deutschen Regierung erwachsen. Auf Grund dieser Folgerungen, und um endlich im Wirrsal der deutschen Frage eine legale Basis, eine positive Grundlage zu finden, scheint Oester- reich, nachdem der neuerliche Versuch, einen Kon- greß von Staatenbevollmächtigten zu Stande zu bringen, durch die Renitenz der preußischen Er- weiterungsgelüste ein vergeblicher war, als letz- tes Mittel, wenn auch noch nicht als ultima ra- tio , die Berufung der Plenarversammlung des deutschen Bundestages effektuiren zu wollen. Ver- weigert Preußen seinerseits die Beschickung, dann schwindet auch der letzte Zweifel, nicht sowohl über das, was die Macht in Deutschland will, sondern was sie von Deutschland will. Die jetzige preu- ßische Politik spielt in der That ein gewagtes Spiel mit dem deutschen Volke, wie mit den deutschen Fürsten. Werden ihre verkappten Ver- größerungsplane von jenem revüsirt, so wirft sie das Netz über die Fürsten der kleineren deutschen Staaten aus; die Schließung des Erfurter Par- laments mit seiner in unbestimmte Ferne gerückten Wiederberufung, so wie die überstürzte Haft, mit der sie einen Kongreß der Unionspflichtigen oder besser gesagt, der in der Union halb wider ihren Willen verfangenen Fürsten nach Berlin citirt, sind hiezu der deutlichste Beleg. Die preußische Politik wankt auf zwei Krücken einher, auf die sie sich, je nach Maßgabe des momentanen Be- dürfnisses abwechselnd stützt. Rechts die Krücke des fürstlichen Sonderwillens, ein Vermächtniß Friedrichs des Einzigen, des Schöpfers des Für- stenbundes, links die Krücke Erfurt, ein unleug- bares Ereigniß des Prinzips der Revolution. Mit beiden Hilfsinstrumenten steuert sie auf Einen Punkt los, auf den der eigenen Machtvergröße- rung. Sprechen wir es unverholen aus, Preu- ßen agitirt gegen die Einigung Deutschlands, denn es liegt offen zu Tage, daß es selbst desto mehr an Macht gewinnt, je länger das gesammte Deutsch- land zersplittert bleibt. Wiener Blätter vom 7. Mai schreiben: Wir vernehmen, daß in den nächsten Tagen der lang erwartete Finanzausweis veröffentlicht wer- den soll. -- Wenn man einem circulirenden Ge- rüchte Glauben schenken darf, so eröffnet das Budget für das laufende Jahr 1850 die erfreu- liche Aussicht, daß, wenn unvorhergesehene Ereig- niße nicht eintreten, die Ausgaben durch d. Einnahmen vollkommen gedeckt sein dürften. Dieß Ergebniß soll namentlich durch das neue Stempelerträgniß und die Einkommensteuer bezweckt werden, deren Erträgnisse, nach den bisherigen Resultaten an- näherungsweise berechnet, über jede Erwartung günstig ausfallen. Gratz, 10. Mai. Se. Maj. der Kaiser be- suchte gestern Abend das festlich erleuchtete Schau- spielhaus, und wurde daselbst mit lautem Jubel empfangen. Nach der Vorstellung fuhr Se. Maj. in Begleitung des Erzherzogs Johann durch alle Theile der glänzend beleuchteten Stadt, gefolgt von einer langen Reihe von Wagen und ununter- brochenem freudigen Zuruf der dicht gedrängten Menschenmassen. Heute Vormittag besuchte Seine Majestät verschiedene öffentliche und Wohlthätig- keits=Anstalten. Frankreich. C Paris, 11. Mai. Die Repräsentanten fanden sich heute sehr zahlreich in den Abtheilun- gen ein. Die Debatten waren lebhaft, der Wahl- kampf hitzig. Die Majorität der Commission ist dem Wahlreformgesetz günstig. Der Berg hat sich der Theilnahme sowohl an der Debatte, als an der Wahl enthalten. Dagegen betheiligte sich der Tiersparti namentlich Lamoricière, Dufourne, Combarel de Leyral sehr lebhaft dagegen. L' Espi- nasse, der selbst eine Wahlreform vorgeschlagen, und Combarel de Leyral sind die einzigen Mit- glieder der Commission ( 15 ) , die gegen das Ge- setz sind. Von den Legitimisten bestritt Vezin am Lebhaftesten das Gesetz. Auf Betreiben der Sie- benzehner=Commission sind 8 ihrer Mitglieder in die neue Commission gewählt worden. Dieselbe trat unmittelbar nach ihrer Wahl zusammen und wird in kürzester Frist ihren Bericht liefern. Man glaubt, er werde Montag fertig sein, wo dann Donnerstags die Debatte beginnen dürfte. Wahr- scheinlich wird Berryer Berichterstatter werden. Man spricht auch von möglichen Amendements des Tiersparti wegen. -- Folgendes sind die Mitglieder der Wahlreform=Commission der Na- tionalversammlung, die heute gewählt wurden: Oberst L'Espinaße, Berryer, Lèon Faucher, Pis- catory, Bocher, de Vatismenil, Boinvilliers, Baze, de Laussat, General St. Priest, Jules de Lastey- rie, de Broglie, de Montigny, Combarel de Ley- ral, Lèon de Malleville. -- Aus guter Quelle erfahren wir, daß der von Hrn. Wyse abgeschlos- sene Vertrag nicht nach den letzten Jnstructionen, welche er von Lord Palmerston mit Frankreichs Wissen erhielt, abgeschlossen. Palmerston's erste, in diesen Depeschen enthaltenen Bedingungen wa- ren für Griechenland weit günstiger. Die Depe- schen des englischen Ministers konnten erst am 21. April von Toulon abgehen, langten mithin zu spät in Athen an. Es scheint jedoch, daß Hr. Wyse einige Ahnung von möglicher Ankunft dieser Depeschen gehabt habe. C Paris, 11. Mai. Napoleon Bonaparte hat heute auf das Bureau der Nationalversamm- lung folgende Erklärung niedergelegt: Jn Betracht, daß die Volkssouveränität in der Gesammtheit der Bürger begriffen ist. -- Jn Betracht, daß die Volkssouveränität unveräußerlich, unantastbar ist und kein Theil des Volkes sich deren Ausü- bung anmassen kann. -- Jn Anbetracht, daß der Beauftragte nicht das Recht hat, die Befugnisse des Auftraggebers zu vernichten, ohne sein Man- dat selbst niederzulegen. -- Jn Betracht, daß das allgemeine Stimmrecht ein allen anderen vorgeh- endes Urrecht ist. -- Jn Betracht, daß der Wahl- reformentwurf, zum Gesetze erhoben, einen bedeu- tenden Theil des Volkes seiner Rechte berauben würde. -- Erklärt der unterzeichnete Volksvertre- ter feierlich, daß er das Benehmen, welches mit Forderung der Vorfrage begonnen hat, consequent durchführen wird. -- Daß er daher folgerecht, getreu den Grundsätzen der Volkssouveränität und der Constitution, kein Recht haben könne, das all- gemeine Stimmrecht zu beeinträchtigen. -- Er protestirt daher durch seine Enthaltung gegen eine revolutionäre Maßregel. Napoleon Bonaparte. -- Ein Blatt versichert, es befänden sich gegenwär- tig 135,000 Mann Truppen mit 230 Geschützen in Paris. Die Armee, mit welcher Napoleon den Sieg von Austerlitz gegen zwei Kaiser erfocht, war geringer. Vincennes, von wo aus man das Fau- bourg St. Antoine bombardiren kann, und Mont- Valerien, die Citadelle von Paris, erhalten täg- lich neue Zufuhren an Schießbedarf. -- Die Pa- riser Garnison soll binnen zwei Tagen noch um 25,000 Mann vermehrt werden. -- Der Natio- nal will Briefe aus Deutschland erhalten haben, welche beweisen, daß die Wahlreform dem Ein- flusse Rußlands, Preußens und Oeßerreichs zu verdanken sei. -- Die Regierung stützt ihre Vorbereitungen zu einem Riesenkampfe auf den Bericht des Polizei- präfecten, daß in Paris eine Armee von 36,000 Socialisten vollkommen organisirt sei, von der man erwarten könne, daß sie mit dem Muthe der Verzweiflung und bis auf den letzten Mann kämpfen werden. Jn demselben Rapport sollen Thiers und Montalembert als die ersten Opfer bezeichnet sein. -- General Changarnier hat ei- nen Garnisonsbefehl erlassen, welcher die Solda- ten mit den schärfsten Strafen bedroht, die nicht auf die Jnsurgenten schießen würden. Den Offi- zieren sind Vorsichtsmaßregeln vorgezeichnet, wie sie die Soldaten möglichst vor Barrikadenfeuer schützen können. Dieser Befehl ist durch drei Tage in allen Kasernen der Mannschaft vorzu- lesen. -- Das Erinnerungsfest des 4. Mai ist in Algier einer furchtbaren Katastrophe wegen un- terblieben. Für diesen Tag, um 9 Uhr Morgens, war die Sprengung einer Mine durch 4000 Ki- logramme Pulver in den Steinbrüchen von Rab- el=Oued angekündigt. Da im verflossenen Dezem- ber mehrere derlei Sprengungen ohne Unglücksfall vor sich gegangen waren, so wollte man das Schauspiel, welches zugleich so furchtbar und so gefahrlos sein sollte, betrachten. Eine Menge von Menschen strömte hinaus. 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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 115. Würzburg, 14. Mai 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische115_1850/3>, abgerufen am 21.11.2024.