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Die Bayerische Presse. Nr. 87. Würzburg, 11. April 1850.

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[Spaltenumbruch] günstigen Wetterzeichen auch nur einiges Gewicht
beizulegen berechtigt sind. Die deutschen Stämme,
welche zum Erfurter Parlament mit so wenig Be-
geisterung gewählt haben, hatten zwar gute Gründe
zu dieser Nachläßigkeit; aber sie werden doch kaum
geahnt haben, daß -- was sich jetzt immer deut-
licher herauszustellen beginnt, die preuß. Regie-
rung -- für die sie doch am Ende jene Opfer
brachten -- diese jetzt selber wieder zurückweisen
werde. Das Recht über Krieg und Frieden, ohne
welches von einer wahren Selbstständigkeit der
zum Mai=Bündniß vereinten Staaten kaum wird
die Rede sein können, will jetzt von der preuß.
Regierung selbst beschnitten werden! Warum?
offenbar nur deßhalb, damit so ein weiterer Bund
der deutschen Stämme verhindert werde. Und
so sehr jene zum Dreikönigsbündniß gehörigen
Staaten über solche Anträge, die man hier wohl
etwas mehr als Anträge, vielleicht octroyirungs-
schwangere Jnsinuationen nennen darf, erschrecken
müssen ( insofern dieß beinahe eine Aufgabe der
wesentlichen Partheifarben wäre ) , so kann sich
Deutschland im Ganzen und Großen doch dazu
Glück wünschen. Es ist ein Beweis, daß das
sogenannte Vierkönigsbündniß -- ohne Zweifel
durch das Organ Oesterreichs -- bei Preußen ei-
niges Gehör zu finden beginnt. Auch die Nach-
richt, daß man in Berlin gesonnen sei, die däni-
sche Angelegenheit Oesterreich in die Hand zu ge-
ben, beweist, daß keine erhebliche Spannung zwi-
schen den beiden deutschen Großmächten mehr vor-
handen sein kann. Wir wollen dabei nicht läng-
nen, daß Preußen dadurch auf diesen Gedanken
verfallen sein mag, daß es bei dem Drängen
Rußlands in dieser Sache keinen bessern Ausweg
sieht, als einen förmlichen Verbündeten Rußlands,
Oesterreich, dazu in Anspruch zu nehmen. Der
Kaiser aller Reußen wird Oesterreich bei den ge-
genwärtigen politischen Constellationen eher etwas
zu Gefallen thun, als Preußen. So bricht manch-
mal die Noth das Eisen, so führt der Egoismus
oft zur Großmuth, so kann vielleicht aus Klein-
deutschland noch ein Großdeutschland werden! Wir
sehen aber aus jenen Vorgängen in Berlin und
Erfurt auch, daß diejenigen doch Recht hatten,
welche schon längst den höchst liberalen Redens-
arten der Gothaisch=Deutschzeitunglichen Parthei
mißtraut haben. Die Gothaer erscheinen jetzt
preußischer als Preußen selbst. Denn diese Par-
thei wird, wenn die preuß. Regierung auf diesem
Wege weiter fortschreitet, in ihrer Einseitigkeit
gegen Alles was von Oesterreich und den Staa-
ten des sogenannten Vierkönigsbündnisses kommt,
desavouirt. Für diese Partei tritt hier die preuß.
Regierung fast octroyirend auf, und dieß stimmt
wenig mit den Reden von constitutioneller Volks-
souveränität ( man erlaube mir diesen Ausdruck
um der Verwirrung unserer Zeit willen! ) , womit
man namentlich in Württemberg für das Erfurter
Haus Geschäfte zu machen sich bemühte. Die
Freunde eines großen Deutschlands hingegen kön-
nen jene Vorgänge nur erfreulich finden, und die
seit Langem arg genug verhöhnten Feinde der
"Deutschen" und "Constitutionellen Zeitung" wer-
den darin endlich eine Satisfaction für die vielen
übermüthigen Reden finden, mit denen sie so
reichlich perhorrescirt worden,

Sigmaringen, 6. April. Die Uebergabe des
Fürstenthums Hohenzollern = Sigmaringen an die
Krone Preußens ist heute erfolgt. Jn einer Pro-
clamation nimmt Fürst Karl Anton Abschied von
seinen Unterthanen Der Rückblick auf seine
Regierung ist durchweg edel, wenn auch nicht frei
von einer oft nur zu gerechten Bitterkeit. "Die
Neuzeit -- mit diesen vielfach treffenden Worten
schließt das Aktenstück -- hat die Existenz der
kleinen Staaten in ihren Grundfesten erschüttert,
das patriarchalische Verhältniß zwischen Fürst und
Volk der kleinen Länder ist unwiderbringlich ver-
nichtet; man will nicht mehr die väterliche Liebe
des Fürsten, man will von seinem Rechte Ge-
brauch machen; der Fürst soll nicht mehr der erste
Diener des Staates sein, sondern ein willenloses
Werkzeug der Volkslaunen; er soll nicht mehr
sreigebig gewähren, sondern es soll ihm gewalt-
[Spaltenumbruch] thätig genommen werden; er soll nicht mehr die
Richtung bezeichnen dürfen, auf der das Volks-
wohl zu erreichen ist, sondern ihm soll das trau-
rige Recht und auch dieses nur halb verbleiben,
die zügellos die Schranken des Gesetzes und der
Ordnung durchbrechenden Leidenschaften zu bän-
digen. Täuschen wir uns nicht, das Lebensele-
ment einer wahrhaft constitutionellen Regierung,
der fruchtbare Boden für das Gedeihen und
Wachsthum der Volksfreiheiten, ein gesunder,
kräftiger, für Aufrechthaltung der öffentlichen Ord-
nung thätiger Mittelstand fehlt in Meinem klei-
nen Lande, wenn nicht ganz, doch in dem Maße,
welche die unerläßliche Bedingung für die heil-
bringende Entwickelung der Jnstitute der Neuzeit
ist. Mit einem großen Staate mußte Mein Land
in Verbindung treten, eine mächtige Hand mußte die
Zügel Meiner Regierung ergreifen, wenn Volkswohl,
wenn Volksglück hier heimisch werden sollte. Soll
der heißeste Wunsch Meines Herzens, soll das
Verlangen aller wahren Vaterlandsfreunde erfüllt
werden, soll die Einheit Deutschlands aus dem
Reiche der Träume in Wirklichkeit treten, so
darf kein Opfer zu groß sein; Jch lege hiermit
das größte, welche ich bringen kann auf den Al-
tar des Vaterlandes nieder." Die Proclamation
des neuen Herrschers zeigt einfach die geschehene
Besitzergreifung und die Vereinigung der Fürsten-
thümmer mit dem preußischen Staate an und als
Folge davon die Einführung der preußischen Ver-
fassung, und spricht schließlich die Hoffnung aus,
daß die Sigmaringer "eingedenk des Unsegens,
der nach den Erfahrungen der letzten Jahre an
der Untreue haftet, treue Unterthanen sein und
sich des preußischen Namens würdig zeigen werden."

Kiel, 4. April. Das Kieler "Korresp.=Blatt"
schreibt Folgendes: Eine geheime Sitzung der Lan-
desversammlung folgt auf die andere. So viel
scheint gewiß, daß man mit einer nicht sehr großen
Stimmenmehrheit einen erneuerten Vermittelungs-
versuch in Kopenhagen abgelehnt und den Einmarsch
in Schleswig vorgeschlagen hat. Jn solchem Falle
würden demnach die hieher kommandirten preu-
ßischen Offiziere abberufen, die Truppen, die in
Schleswig liegen, räumten das Herzogthum, Hol-
stein als unbestreitbar deutsch, bliebe unter dem
Schutze preußischer Truppen unangegriffen, und der
Krieg würde allein zwischen dem Königreich und
den Herzogthümern geführt. Preußen bliebe dabei
neutral und überließe es dem Lande selbst, auch
in Bezug auf den Frieden betreffs Schleswigs mit
Kopenhagen direkt zu unterhandeln. Was Ruß-
land dann thun wolle, ist unklar: es droht überall,
in Depeschen und durch die Presse. Ein Friedens-
abschluß zwischen Preußen und Dänemark ist nahe,
aber reicht wohl der Waffenstillstand zur Beruhi-
gung der Handelsinteressen Elbings, Königsbergs
und Magdeburgs, die sich beschwert haben, hinläng-
lich aus. Daß man mit den bekannten Friedens-
präliminarien nichts ausrichten kann, wird in Ber-
lin wohl eingesehen, wo zwar die Stimmung aller
Besseren und Kundigen unter Staatsmännern und
Journalisten für die Sache Schleswig = Holsteins
spricht, aber in überwiegendem Maße eine kriege-
rische Entscheidung nicht gewünscht, sondern die
abwartende Politik wegen der vielen deutschen Ver-
wicklungen und russischen Jntriguen noch für zweck-
mäßig gehalten wird. Wir unterlassen es, das
für und wider in dieser Frage zu erörtern, da die
Landesversammlung in dieser Sache fast in zwei
Hälften getheilt ist und jegliche Vorherverkündigung
dessen, was in nächster Zukunft daraus folgen
könnte, theils unmöglich, theils mißlich ist. Die
Mehrzahl der Nachrichten über Unterhandlungen
und Noten ist theils entstellt, theils unwahr, theils
von solchen geschrieben, die eben nur das melden,
was sie melden sollen.

Kiel, 5. April. Es wird erzählt, daß wegen
der bekannten Hamburger Postangelegenheit, welche
hier eine große Entrüstung erregt hat, die diessei-
tige Regierung beschlossen habe, als Repressalie
gegen die Hamburgische Regierung das schleswig-
holstein 'sche Postamt von Hamburg nach Altona
zu verlegen.

[Spaltenumbruch]

sjplus Erfurt, 4. April. Der Verfassungs-
ausschuß des Volkshauses
hat schon gestern
in einer Sitzung, welche von 5 Uhr Nachmittags
bis 1 Uhr Nachts dauerte nicht nur die Bera-
thung der Additionalakte, des Wahlgesetzes und
der Eröffnungsbotschaft vollendet, sondern auch
über die dem Hause vorzuschlagenden Anträge in
Betreff des Verhältnisses der Revision zur An-
nahme der Verfassung Beschluß gefaßt. Ehe man
an die letztere Frage gelangte, bemerkte Herr v.
Radowitz noch, daß sein Antrag auf Modification
des §. 10 ( der Reichsgewalt ausschließlich steht
das Recht des Kriegs oder des Friedens zu ) zwar
in dem Ausschusse ohne Unterstützung geblieben
sei, er sich aber dennoch vorbehalten müsse, den-
selben zur Verhandlung des Hauses zu bringen.
Der Antrag ging in der Fassung des Hrn. v.
Radowitz nicht nur auf Streichung des Wortes
"ausschließlich", sondern auch auf folgenden Zu-
satz: "Sie ( die Reichsgewalt ) übt dasselbe mit
Vorbehalt der Rechte und Pflichten, welche der
Union aus der herzustellenden Verbesserung des
Bundes vom 8. Juni 1848 erwachsen werden."
Hierauf entspann sich eine lange und lebhafte
Debatte über die Schlußanträge, welche sich zuerst
namentlich um die Rechtsfrage bewegte. Herr v.
Radowitz selbst brachte diese zur Sprache, indem
er sich von Seiten der Staatsrechtskundigen Aeu-
ßerung darüber erbat, ob denn wirklich eine, wie
er zu seinem Bedauern höre, viel verbreitete, von
ihm aber nicht getheilte Ansicht rechtlich begrün-
det sei, daß nämlich jeder der verbündeteten Re-
gierungen aus einzelnen, von dem Parlamente u.
der Mehrzahl der Regierungen beschlossenen Ab-
änderungen das Recht des Rücktrittes erwachse.
Man sprach sich hierauf fast allgemein dahin aus,
daß, wenn die weitere Entwickelung der Dinge
diese Frage wirklich vor das Reichsschiedsgericht
bringen sollte, sie von diesem nur bejahend würde
entschieden werden können. Besonders wurde diese
Ansicht von Hrn. Simson mit juristischer Schärfe
entwickelt. Auch Herr Triest, obwohl ein Geg-
ner der Annahme en bloc, erkannte an, daß die
bloße Rücksicht auf den Rechtspunkt für dieselbe
spreche. Hr. Camphausen brachte als Referent
einen Antrag ein, nach welchem das Volkshaus
folgende drei Beschlüsse von einander getrennt u.
nach einander fassen soll: 1 ) Annahme der Ver-
fassung; 2 ) Annahme der Additionalakte; 3 ) Ue-
berreichung der zu beschließenden Abänderungen
der Verfassung an die Regierungen mit der Er-
klärung, daß das Volkshaus sich an diese Abän-
derungen gebunden erachte. Sollten einzelne der-
selben von den Regierungen zurückgewiesen wer-
den, so bleibt es in den betreffenden Punkten
einfach bei den Bestimmungen der Verfassung.
Der Beschluß, die Verfassung en bloc anzunehmen,
sei für sich allein und selbstständig an die Spitze
zu stellen, um ihre formelle Giltigkeit vor Allem
außer Zweifel zu setzen. Jndem man aber die
Additionalakte und eine zweite Reyisionsakte un-
mittelbar folgen lasse und den Regierungen zu-
gleich überreiche, gebe man diesen bindende Ga-
rantien in Betreff aller etwaigen materiellen Be-
denken. Die gesammten Mitglieder der Bahn-
hofspartei erklärten sich für diese Anträge; nur
Herr v. Bodelschwingh trennte sich von ihnen,
indem er sich zwar den Propositionen ihrem gan-
zen Jnhalte nach anschloß, aber verlangte, daß sie
kombinirt und als ein einheitlicher Gesammtbe-
schluß den Regierungen übergeben würden. Nur
in dieser ungetrennten Verbindung mit der Re-
vision würden diese in die Annahme en bloc wil-
ligen. Hieran schloß sich zunächst ein von den
Mitgliedern des Zentrums und der Rechten un-
terstützter Antrag des Hrn. Triest, nach welchem
sofort zur Revision geschritten, die einfache An-
nahme der Verfassung jedoch vorbehalten werden
soll, im Falle erstere zu keinem Resultate führe.
Man berief sich von dieser Seite auf die in den
unmittelbar gegebenen Verhältnissen liegenden
Zweckmäßigkeitsgründe, und auch Herr v. Rado-
witz gab diesem Wege seine Billigung, obgleich
er im Ganzen sich schweigsam verhielt und sich
jedes positiven Eingreifens in die Debatte ent-

[Spaltenumbruch] günstigen Wetterzeichen auch nur einiges Gewicht
beizulegen berechtigt sind. Die deutschen Stämme,
welche zum Erfurter Parlament mit so wenig Be-
geisterung gewählt haben, hatten zwar gute Gründe
zu dieser Nachläßigkeit; aber sie werden doch kaum
geahnt haben, daß -- was sich jetzt immer deut-
licher herauszustellen beginnt, die preuß. Regie-
rung -- für die sie doch am Ende jene Opfer
brachten -- diese jetzt selber wieder zurückweisen
werde. Das Recht über Krieg und Frieden, ohne
welches von einer wahren Selbstständigkeit der
zum Mai=Bündniß vereinten Staaten kaum wird
die Rede sein können, will jetzt von der preuß.
Regierung selbst beschnitten werden! Warum?
offenbar nur deßhalb, damit so ein weiterer Bund
der deutschen Stämme verhindert werde. Und
so sehr jene zum Dreikönigsbündniß gehörigen
Staaten über solche Anträge, die man hier wohl
etwas mehr als Anträge, vielleicht octroyirungs-
schwangere Jnsinuationen nennen darf, erschrecken
müssen ( insofern dieß beinahe eine Aufgabe der
wesentlichen Partheifarben wäre ) , so kann sich
Deutschland im Ganzen und Großen doch dazu
Glück wünschen. Es ist ein Beweis, daß das
sogenannte Vierkönigsbündniß -- ohne Zweifel
durch das Organ Oesterreichs -- bei Preußen ei-
niges Gehör zu finden beginnt. Auch die Nach-
richt, daß man in Berlin gesonnen sei, die däni-
sche Angelegenheit Oesterreich in die Hand zu ge-
ben, beweist, daß keine erhebliche Spannung zwi-
schen den beiden deutschen Großmächten mehr vor-
handen sein kann. Wir wollen dabei nicht läng-
nen, daß Preußen dadurch auf diesen Gedanken
verfallen sein mag, daß es bei dem Drängen
Rußlands in dieser Sache keinen bessern Ausweg
sieht, als einen förmlichen Verbündeten Rußlands,
Oesterreich, dazu in Anspruch zu nehmen. Der
Kaiser aller Reußen wird Oesterreich bei den ge-
genwärtigen politischen Constellationen eher etwas
zu Gefallen thun, als Preußen. So bricht manch-
mal die Noth das Eisen, so führt der Egoismus
oft zur Großmuth, so kann vielleicht aus Klein-
deutschland noch ein Großdeutschland werden! Wir
sehen aber aus jenen Vorgängen in Berlin und
Erfurt auch, daß diejenigen doch Recht hatten,
welche schon längst den höchst liberalen Redens-
arten der Gothaisch=Deutschzeitunglichen Parthei
mißtraut haben. Die Gothaer erscheinen jetzt
preußischer als Preußen selbst. Denn diese Par-
thei wird, wenn die preuß. Regierung auf diesem
Wege weiter fortschreitet, in ihrer Einseitigkeit
gegen Alles was von Oesterreich und den Staa-
ten des sogenannten Vierkönigsbündnisses kommt,
desavouirt. Für diese Partei tritt hier die preuß.
Regierung fast octroyirend auf, und dieß stimmt
wenig mit den Reden von constitutioneller Volks-
souveränität ( man erlaube mir diesen Ausdruck
um der Verwirrung unserer Zeit willen! ) , womit
man namentlich in Württemberg für das Erfurter
Haus Geschäfte zu machen sich bemühte. Die
Freunde eines großen Deutschlands hingegen kön-
nen jene Vorgänge nur erfreulich finden, und die
seit Langem arg genug verhöhnten Feinde der
„Deutschen“ und „Constitutionellen Zeitung“ wer-
den darin endlich eine Satisfaction für die vielen
übermüthigen Reden finden, mit denen sie so
reichlich perhorrescirt worden,

Sigmaringen, 6. April. Die Uebergabe des
Fürstenthums Hohenzollern = Sigmaringen an die
Krone Preußens ist heute erfolgt. Jn einer Pro-
clamation nimmt Fürst Karl Anton Abschied von
seinen Unterthanen Der Rückblick auf seine
Regierung ist durchweg edel, wenn auch nicht frei
von einer oft nur zu gerechten Bitterkeit. „Die
Neuzeit -- mit diesen vielfach treffenden Worten
schließt das Aktenstück -- hat die Existenz der
kleinen Staaten in ihren Grundfesten erschüttert,
das patriarchalische Verhältniß zwischen Fürst und
Volk der kleinen Länder ist unwiderbringlich ver-
nichtet; man will nicht mehr die väterliche Liebe
des Fürsten, man will von seinem Rechte Ge-
brauch machen; der Fürst soll nicht mehr der erste
Diener des Staates sein, sondern ein willenloses
Werkzeug der Volkslaunen; er soll nicht mehr
sreigebig gewähren, sondern es soll ihm gewalt-
[Spaltenumbruch] thätig genommen werden; er soll nicht mehr die
Richtung bezeichnen dürfen, auf der das Volks-
wohl zu erreichen ist, sondern ihm soll das trau-
rige Recht und auch dieses nur halb verbleiben,
die zügellos die Schranken des Gesetzes und der
Ordnung durchbrechenden Leidenschaften zu bän-
digen. Täuschen wir uns nicht, das Lebensele-
ment einer wahrhaft constitutionellen Regierung,
der fruchtbare Boden für das Gedeihen und
Wachsthum der Volksfreiheiten, ein gesunder,
kräftiger, für Aufrechthaltung der öffentlichen Ord-
nung thätiger Mittelstand fehlt in Meinem klei-
nen Lande, wenn nicht ganz, doch in dem Maße,
welche die unerläßliche Bedingung für die heil-
bringende Entwickelung der Jnstitute der Neuzeit
ist. Mit einem großen Staate mußte Mein Land
in Verbindung treten, eine mächtige Hand mußte die
Zügel Meiner Regierung ergreifen, wenn Volkswohl,
wenn Volksglück hier heimisch werden sollte. Soll
der heißeste Wunsch Meines Herzens, soll das
Verlangen aller wahren Vaterlandsfreunde erfüllt
werden, soll die Einheit Deutschlands aus dem
Reiche der Träume in Wirklichkeit treten, so
darf kein Opfer zu groß sein; Jch lege hiermit
das größte, welche ich bringen kann auf den Al-
tar des Vaterlandes nieder.“ Die Proclamation
des neuen Herrschers zeigt einfach die geschehene
Besitzergreifung und die Vereinigung der Fürsten-
thümmer mit dem preußischen Staate an und als
Folge davon die Einführung der preußischen Ver-
fassung, und spricht schließlich die Hoffnung aus,
daß die Sigmaringer „eingedenk des Unsegens,
der nach den Erfahrungen der letzten Jahre an
der Untreue haftet, treue Unterthanen sein und
sich des preußischen Namens würdig zeigen werden.“

Kiel, 4. April. Das Kieler „Korresp.=Blatt“
schreibt Folgendes: Eine geheime Sitzung der Lan-
desversammlung folgt auf die andere. So viel
scheint gewiß, daß man mit einer nicht sehr großen
Stimmenmehrheit einen erneuerten Vermittelungs-
versuch in Kopenhagen abgelehnt und den Einmarsch
in Schleswig vorgeschlagen hat. Jn solchem Falle
würden demnach die hieher kommandirten preu-
ßischen Offiziere abberufen, die Truppen, die in
Schleswig liegen, räumten das Herzogthum, Hol-
stein als unbestreitbar deutsch, bliebe unter dem
Schutze preußischer Truppen unangegriffen, und der
Krieg würde allein zwischen dem Königreich und
den Herzogthümern geführt. Preußen bliebe dabei
neutral und überließe es dem Lande selbst, auch
in Bezug auf den Frieden betreffs Schleswigs mit
Kopenhagen direkt zu unterhandeln. Was Ruß-
land dann thun wolle, ist unklar: es droht überall,
in Depeschen und durch die Presse. Ein Friedens-
abschluß zwischen Preußen und Dänemark ist nahe,
aber reicht wohl der Waffenstillstand zur Beruhi-
gung der Handelsinteressen Elbings, Königsbergs
und Magdeburgs, die sich beschwert haben, hinläng-
lich aus. Daß man mit den bekannten Friedens-
präliminarien nichts ausrichten kann, wird in Ber-
lin wohl eingesehen, wo zwar die Stimmung aller
Besseren und Kundigen unter Staatsmännern und
Journalisten für die Sache Schleswig = Holsteins
spricht, aber in überwiegendem Maße eine kriege-
rische Entscheidung nicht gewünscht, sondern die
abwartende Politik wegen der vielen deutschen Ver-
wicklungen und russischen Jntriguen noch für zweck-
mäßig gehalten wird. Wir unterlassen es, das
für und wider in dieser Frage zu erörtern, da die
Landesversammlung in dieser Sache fast in zwei
Hälften getheilt ist und jegliche Vorherverkündigung
dessen, was in nächster Zukunft daraus folgen
könnte, theils unmöglich, theils mißlich ist. Die
Mehrzahl der Nachrichten über Unterhandlungen
und Noten ist theils entstellt, theils unwahr, theils
von solchen geschrieben, die eben nur das melden,
was sie melden sollen.

Kiel, 5. April. Es wird erzählt, daß wegen
der bekannten Hamburger Postangelegenheit, welche
hier eine große Entrüstung erregt hat, die diessei-
tige Regierung beschlossen habe, als Repressalie
gegen die Hamburgische Regierung das schleswig-
holstein 'sche Postamt von Hamburg nach Altona
zu verlegen.

[Spaltenumbruch]

sjplus Erfurt, 4. April. Der Verfassungs-
ausschuß des Volkshauses
hat schon gestern
in einer Sitzung, welche von 5 Uhr Nachmittags
bis 1 Uhr Nachts dauerte nicht nur die Bera-
thung der Additionalakte, des Wahlgesetzes und
der Eröffnungsbotschaft vollendet, sondern auch
über die dem Hause vorzuschlagenden Anträge in
Betreff des Verhältnisses der Revision zur An-
nahme der Verfassung Beschluß gefaßt. Ehe man
an die letztere Frage gelangte, bemerkte Herr v.
Radowitz noch, daß sein Antrag auf Modification
des §. 10 ( der Reichsgewalt ausschließlich steht
das Recht des Kriegs oder des Friedens zu ) zwar
in dem Ausschusse ohne Unterstützung geblieben
sei, er sich aber dennoch vorbehalten müsse, den-
selben zur Verhandlung des Hauses zu bringen.
Der Antrag ging in der Fassung des Hrn. v.
Radowitz nicht nur auf Streichung des Wortes
„ausschließlich“, sondern auch auf folgenden Zu-
satz: „Sie ( die Reichsgewalt ) übt dasselbe mit
Vorbehalt der Rechte und Pflichten, welche der
Union aus der herzustellenden Verbesserung des
Bundes vom 8. Juni 1848 erwachsen werden.“
Hierauf entspann sich eine lange und lebhafte
Debatte über die Schlußanträge, welche sich zuerst
namentlich um die Rechtsfrage bewegte. Herr v.
Radowitz selbst brachte diese zur Sprache, indem
er sich von Seiten der Staatsrechtskundigen Aeu-
ßerung darüber erbat, ob denn wirklich eine, wie
er zu seinem Bedauern höre, viel verbreitete, von
ihm aber nicht getheilte Ansicht rechtlich begrün-
det sei, daß nämlich jeder der verbündeteten Re-
gierungen aus einzelnen, von dem Parlamente u.
der Mehrzahl der Regierungen beschlossenen Ab-
änderungen das Recht des Rücktrittes erwachse.
Man sprach sich hierauf fast allgemein dahin aus,
daß, wenn die weitere Entwickelung der Dinge
diese Frage wirklich vor das Reichsschiedsgericht
bringen sollte, sie von diesem nur bejahend würde
entschieden werden können. Besonders wurde diese
Ansicht von Hrn. Simson mit juristischer Schärfe
entwickelt. Auch Herr Triest, obwohl ein Geg-
ner der Annahme en bloc, erkannte an, daß die
bloße Rücksicht auf den Rechtspunkt für dieselbe
spreche. Hr. Camphausen brachte als Referent
einen Antrag ein, nach welchem das Volkshaus
folgende drei Beschlüsse von einander getrennt u.
nach einander fassen soll: 1 ) Annahme der Ver-
fassung; 2 ) Annahme der Additionalakte; 3 ) Ue-
berreichung der zu beschließenden Abänderungen
der Verfassung an die Regierungen mit der Er-
klärung, daß das Volkshaus sich an diese Abän-
derungen gebunden erachte. Sollten einzelne der-
selben von den Regierungen zurückgewiesen wer-
den, so bleibt es in den betreffenden Punkten
einfach bei den Bestimmungen der Verfassung.
Der Beschluß, die Verfassung en bloc anzunehmen,
sei für sich allein und selbstständig an die Spitze
zu stellen, um ihre formelle Giltigkeit vor Allem
außer Zweifel zu setzen. Jndem man aber die
Additionalakte und eine zweite Reyisionsakte un-
mittelbar folgen lasse und den Regierungen zu-
gleich überreiche, gebe man diesen bindende Ga-
rantien in Betreff aller etwaigen materiellen Be-
denken. Die gesammten Mitglieder der Bahn-
hofspartei erklärten sich für diese Anträge; nur
Herr v. Bodelschwingh trennte sich von ihnen,
indem er sich zwar den Propositionen ihrem gan-
zen Jnhalte nach anschloß, aber verlangte, daß sie
kombinirt und als ein einheitlicher Gesammtbe-
schluß den Regierungen übergeben würden. Nur
in dieser ungetrennten Verbindung mit der Re-
vision würden diese in die Annahme en bloc wil-
ligen. Hieran schloß sich zunächst ein von den
Mitgliedern des Zentrums und der Rechten un-
terstützter Antrag des Hrn. Triest, nach welchem
sofort zur Revision geschritten, die einfache An-
nahme der Verfassung jedoch vorbehalten werden
soll, im Falle erstere zu keinem Resultate führe.
Man berief sich von dieser Seite auf die in den
unmittelbar gegebenen Verhältnissen liegenden
Zweckmäßigkeitsgründe, und auch Herr v. Rado-
witz gab diesem Wege seine Billigung, obgleich
er im Ganzen sich schweigsam verhielt und sich
jedes positiven Eingreifens in die Debatte ent-

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[0002] günstigen Wetterzeichen auch nur einiges Gewicht beizulegen berechtigt sind. Die deutschen Stämme, welche zum Erfurter Parlament mit so wenig Be- geisterung gewählt haben, hatten zwar gute Gründe zu dieser Nachläßigkeit; aber sie werden doch kaum geahnt haben, daß -- was sich jetzt immer deut- licher herauszustellen beginnt, die preuß. Regie- rung -- für die sie doch am Ende jene Opfer brachten -- diese jetzt selber wieder zurückweisen werde. Das Recht über Krieg und Frieden, ohne welches von einer wahren Selbstständigkeit der zum Mai=Bündniß vereinten Staaten kaum wird die Rede sein können, will jetzt von der preuß. Regierung selbst beschnitten werden! Warum? offenbar nur deßhalb, damit so ein weiterer Bund der deutschen Stämme verhindert werde. Und so sehr jene zum Dreikönigsbündniß gehörigen Staaten über solche Anträge, die man hier wohl etwas mehr als Anträge, vielleicht octroyirungs- schwangere Jnsinuationen nennen darf, erschrecken müssen ( insofern dieß beinahe eine Aufgabe der wesentlichen Partheifarben wäre ) , so kann sich Deutschland im Ganzen und Großen doch dazu Glück wünschen. Es ist ein Beweis, daß das sogenannte Vierkönigsbündniß -- ohne Zweifel durch das Organ Oesterreichs -- bei Preußen ei- niges Gehör zu finden beginnt. Auch die Nach- richt, daß man in Berlin gesonnen sei, die däni- sche Angelegenheit Oesterreich in die Hand zu ge- ben, beweist, daß keine erhebliche Spannung zwi- schen den beiden deutschen Großmächten mehr vor- handen sein kann. Wir wollen dabei nicht läng- nen, daß Preußen dadurch auf diesen Gedanken verfallen sein mag, daß es bei dem Drängen Rußlands in dieser Sache keinen bessern Ausweg sieht, als einen förmlichen Verbündeten Rußlands, Oesterreich, dazu in Anspruch zu nehmen. Der Kaiser aller Reußen wird Oesterreich bei den ge- genwärtigen politischen Constellationen eher etwas zu Gefallen thun, als Preußen. So bricht manch- mal die Noth das Eisen, so führt der Egoismus oft zur Großmuth, so kann vielleicht aus Klein- deutschland noch ein Großdeutschland werden! Wir sehen aber aus jenen Vorgängen in Berlin und Erfurt auch, daß diejenigen doch Recht hatten, welche schon längst den höchst liberalen Redens- arten der Gothaisch=Deutschzeitunglichen Parthei mißtraut haben. Die Gothaer erscheinen jetzt preußischer als Preußen selbst. Denn diese Par- thei wird, wenn die preuß. Regierung auf diesem Wege weiter fortschreitet, in ihrer Einseitigkeit gegen Alles was von Oesterreich und den Staa- ten des sogenannten Vierkönigsbündnisses kommt, desavouirt. Für diese Partei tritt hier die preuß. Regierung fast octroyirend auf, und dieß stimmt wenig mit den Reden von constitutioneller Volks- souveränität ( man erlaube mir diesen Ausdruck um der Verwirrung unserer Zeit willen! ) , womit man namentlich in Württemberg für das Erfurter Haus Geschäfte zu machen sich bemühte. Die Freunde eines großen Deutschlands hingegen kön- nen jene Vorgänge nur erfreulich finden, und die seit Langem arg genug verhöhnten Feinde der „Deutschen“ und „Constitutionellen Zeitung“ wer- den darin endlich eine Satisfaction für die vielen übermüthigen Reden finden, mit denen sie so reichlich perhorrescirt worden, Sigmaringen, 6. April. Die Uebergabe des Fürstenthums Hohenzollern = Sigmaringen an die Krone Preußens ist heute erfolgt. Jn einer Pro- clamation nimmt Fürst Karl Anton Abschied von seinen Unterthanen Der Rückblick auf seine Regierung ist durchweg edel, wenn auch nicht frei von einer oft nur zu gerechten Bitterkeit. „Die Neuzeit -- mit diesen vielfach treffenden Worten schließt das Aktenstück -- hat die Existenz der kleinen Staaten in ihren Grundfesten erschüttert, das patriarchalische Verhältniß zwischen Fürst und Volk der kleinen Länder ist unwiderbringlich ver- nichtet; man will nicht mehr die väterliche Liebe des Fürsten, man will von seinem Rechte Ge- brauch machen; der Fürst soll nicht mehr der erste Diener des Staates sein, sondern ein willenloses Werkzeug der Volkslaunen; er soll nicht mehr sreigebig gewähren, sondern es soll ihm gewalt- thätig genommen werden; er soll nicht mehr die Richtung bezeichnen dürfen, auf der das Volks- wohl zu erreichen ist, sondern ihm soll das trau- rige Recht und auch dieses nur halb verbleiben, die zügellos die Schranken des Gesetzes und der Ordnung durchbrechenden Leidenschaften zu bän- digen. Täuschen wir uns nicht, das Lebensele- ment einer wahrhaft constitutionellen Regierung, der fruchtbare Boden für das Gedeihen und Wachsthum der Volksfreiheiten, ein gesunder, kräftiger, für Aufrechthaltung der öffentlichen Ord- nung thätiger Mittelstand fehlt in Meinem klei- nen Lande, wenn nicht ganz, doch in dem Maße, welche die unerläßliche Bedingung für die heil- bringende Entwickelung der Jnstitute der Neuzeit ist. Mit einem großen Staate mußte Mein Land in Verbindung treten, eine mächtige Hand mußte die Zügel Meiner Regierung ergreifen, wenn Volkswohl, wenn Volksglück hier heimisch werden sollte. Soll der heißeste Wunsch Meines Herzens, soll das Verlangen aller wahren Vaterlandsfreunde erfüllt werden, soll die Einheit Deutschlands aus dem Reiche der Träume in Wirklichkeit treten, so darf kein Opfer zu groß sein; Jch lege hiermit das größte, welche ich bringen kann auf den Al- tar des Vaterlandes nieder.“ Die Proclamation des neuen Herrschers zeigt einfach die geschehene Besitzergreifung und die Vereinigung der Fürsten- thümmer mit dem preußischen Staate an und als Folge davon die Einführung der preußischen Ver- fassung, und spricht schließlich die Hoffnung aus, daß die Sigmaringer „eingedenk des Unsegens, der nach den Erfahrungen der letzten Jahre an der Untreue haftet, treue Unterthanen sein und sich des preußischen Namens würdig zeigen werden.“ Kiel, 4. April. Das Kieler „Korresp.=Blatt“ schreibt Folgendes: Eine geheime Sitzung der Lan- desversammlung folgt auf die andere. So viel scheint gewiß, daß man mit einer nicht sehr großen Stimmenmehrheit einen erneuerten Vermittelungs- versuch in Kopenhagen abgelehnt und den Einmarsch in Schleswig vorgeschlagen hat. Jn solchem Falle würden demnach die hieher kommandirten preu- ßischen Offiziere abberufen, die Truppen, die in Schleswig liegen, räumten das Herzogthum, Hol- stein als unbestreitbar deutsch, bliebe unter dem Schutze preußischer Truppen unangegriffen, und der Krieg würde allein zwischen dem Königreich und den Herzogthümern geführt. Preußen bliebe dabei neutral und überließe es dem Lande selbst, auch in Bezug auf den Frieden betreffs Schleswigs mit Kopenhagen direkt zu unterhandeln. Was Ruß- land dann thun wolle, ist unklar: es droht überall, in Depeschen und durch die Presse. Ein Friedens- abschluß zwischen Preußen und Dänemark ist nahe, aber reicht wohl der Waffenstillstand zur Beruhi- gung der Handelsinteressen Elbings, Königsbergs und Magdeburgs, die sich beschwert haben, hinläng- lich aus. Daß man mit den bekannten Friedens- präliminarien nichts ausrichten kann, wird in Ber- lin wohl eingesehen, wo zwar die Stimmung aller Besseren und Kundigen unter Staatsmännern und Journalisten für die Sache Schleswig = Holsteins spricht, aber in überwiegendem Maße eine kriege- rische Entscheidung nicht gewünscht, sondern die abwartende Politik wegen der vielen deutschen Ver- wicklungen und russischen Jntriguen noch für zweck- mäßig gehalten wird. Wir unterlassen es, das für und wider in dieser Frage zu erörtern, da die Landesversammlung in dieser Sache fast in zwei Hälften getheilt ist und jegliche Vorherverkündigung dessen, was in nächster Zukunft daraus folgen könnte, theils unmöglich, theils mißlich ist. Die Mehrzahl der Nachrichten über Unterhandlungen und Noten ist theils entstellt, theils unwahr, theils von solchen geschrieben, die eben nur das melden, was sie melden sollen. Kiel, 5. April. Es wird erzählt, daß wegen der bekannten Hamburger Postangelegenheit, welche hier eine große Entrüstung erregt hat, die diessei- tige Regierung beschlossen habe, als Repressalie gegen die Hamburgische Regierung das schleswig- holstein 'sche Postamt von Hamburg nach Altona zu verlegen. sjplus Erfurt, 4. April. Der Verfassungs- ausschuß des Volkshauses hat schon gestern in einer Sitzung, welche von 5 Uhr Nachmittags bis 1 Uhr Nachts dauerte nicht nur die Bera- thung der Additionalakte, des Wahlgesetzes und der Eröffnungsbotschaft vollendet, sondern auch über die dem Hause vorzuschlagenden Anträge in Betreff des Verhältnisses der Revision zur An- nahme der Verfassung Beschluß gefaßt. Ehe man an die letztere Frage gelangte, bemerkte Herr v. Radowitz noch, daß sein Antrag auf Modification des §. 10 ( der Reichsgewalt ausschließlich steht das Recht des Kriegs oder des Friedens zu ) zwar in dem Ausschusse ohne Unterstützung geblieben sei, er sich aber dennoch vorbehalten müsse, den- selben zur Verhandlung des Hauses zu bringen. Der Antrag ging in der Fassung des Hrn. v. Radowitz nicht nur auf Streichung des Wortes „ausschließlich“, sondern auch auf folgenden Zu- satz: „Sie ( die Reichsgewalt ) übt dasselbe mit Vorbehalt der Rechte und Pflichten, welche der Union aus der herzustellenden Verbesserung des Bundes vom 8. Juni 1848 erwachsen werden.“ Hierauf entspann sich eine lange und lebhafte Debatte über die Schlußanträge, welche sich zuerst namentlich um die Rechtsfrage bewegte. Herr v. Radowitz selbst brachte diese zur Sprache, indem er sich von Seiten der Staatsrechtskundigen Aeu- ßerung darüber erbat, ob denn wirklich eine, wie er zu seinem Bedauern höre, viel verbreitete, von ihm aber nicht getheilte Ansicht rechtlich begrün- det sei, daß nämlich jeder der verbündeteten Re- gierungen aus einzelnen, von dem Parlamente u. der Mehrzahl der Regierungen beschlossenen Ab- änderungen das Recht des Rücktrittes erwachse. Man sprach sich hierauf fast allgemein dahin aus, daß, wenn die weitere Entwickelung der Dinge diese Frage wirklich vor das Reichsschiedsgericht bringen sollte, sie von diesem nur bejahend würde entschieden werden können. Besonders wurde diese Ansicht von Hrn. Simson mit juristischer Schärfe entwickelt. Auch Herr Triest, obwohl ein Geg- ner der Annahme en bloc, erkannte an, daß die bloße Rücksicht auf den Rechtspunkt für dieselbe spreche. Hr. Camphausen brachte als Referent einen Antrag ein, nach welchem das Volkshaus folgende drei Beschlüsse von einander getrennt u. nach einander fassen soll: 1 ) Annahme der Ver- fassung; 2 ) Annahme der Additionalakte; 3 ) Ue- berreichung der zu beschließenden Abänderungen der Verfassung an die Regierungen mit der Er- klärung, daß das Volkshaus sich an diese Abän- derungen gebunden erachte. Sollten einzelne der- selben von den Regierungen zurückgewiesen wer- den, so bleibt es in den betreffenden Punkten einfach bei den Bestimmungen der Verfassung. Der Beschluß, die Verfassung en bloc anzunehmen, sei für sich allein und selbstständig an die Spitze zu stellen, um ihre formelle Giltigkeit vor Allem außer Zweifel zu setzen. Jndem man aber die Additionalakte und eine zweite Reyisionsakte un- mittelbar folgen lasse und den Regierungen zu- gleich überreiche, gebe man diesen bindende Ga- rantien in Betreff aller etwaigen materiellen Be- denken. Die gesammten Mitglieder der Bahn- hofspartei erklärten sich für diese Anträge; nur Herr v. Bodelschwingh trennte sich von ihnen, indem er sich zwar den Propositionen ihrem gan- zen Jnhalte nach anschloß, aber verlangte, daß sie kombinirt und als ein einheitlicher Gesammtbe- schluß den Regierungen übergeben würden. Nur in dieser ungetrennten Verbindung mit der Re- vision würden diese in die Annahme en bloc wil- ligen. Hieran schloß sich zunächst ein von den Mitgliedern des Zentrums und der Rechten un- terstützter Antrag des Hrn. Triest, nach welchem sofort zur Revision geschritten, die einfache An- nahme der Verfassung jedoch vorbehalten werden soll, im Falle erstere zu keinem Resultate führe. Man berief sich von dieser Seite auf die in den unmittelbar gegebenen Verhältnissen liegenden Zweckmäßigkeitsgründe, und auch Herr v. Rado- witz gab diesem Wege seine Billigung, obgleich er im Ganzen sich schweigsam verhielt und sich jedes positiven Eingreifens in die Debatte ent-

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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 87. Würzburg, 11. April 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische087_1850/2>, abgerufen am 02.05.2024.