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Die Bayerische Presse. Nr. 84. Würzburg, 8. April 1850.

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Karlsruhe, 3. April. Wie ich aus guter
Quelle vernehme, ist gestern dem Minister des
Auswärtigen von der Protestation Oesterreichs
gegen die zwischen Preußen und Braunschweig
abgeschlossene Militär=Convention Mittheilung ge-
macht worden. Diese Protestation hat um des-
willen directe Bedeutung für Baden, weil darin
zugleich auch gegen eine eventuell zwischen Preußen
und Baden abzuschließende, oder etwa gar schon
abgeschlossene ähnliche Convention Verwahrung ein-
gelegt werden soll. Der Abschluß einer solchen ist
indessen -- wie ich vernehme -- bis jetzt noch nicht
erfolgt, und dürfte wohl mit bedeutenden Schwie-
rigkeiten verknüpft sein, da hier die Zerreißung des
achten deutschen Armee=Corps in das Spiel kommt,
gegen welche von allen betheiligten Staaten Ein-
sprache bereits erhoben worden sein soll. Wie es
scheint, nimmt auch die Bundes=Central=Commis-
sion die Sache bereits in die Hand, da die badi-
sche Regierung dieser Tage die Cinladung von
derselben erhalten hat, die badischen Militär=Con-
ventionen zur Vorlage zu bringen. Ob dies schon
geschehen, oder welche Antwort von hier aus er-
folgt ist, vermag ich nicht anzugeben.

== Wiesbaden, 5. April. Am 12. d. M.
beginnen unsere Assisen. Eine große Anzahl be-
deutender Kriminalverbrechen werden zur Verhand-
lung kommen.

Köln, 28. März. Auf dem hiesigen Stadt-
hause liegt seit einigen Tagen zu Jedermanns
Einsicht die prachtvolle illustrirte Dankadresse of-
fen, welche die Bürgerschaft Kölns Sr. Maj. dem
König Ludwig von Bayern für das so großmü-
thige und prachtvolle Geschenk der kostbaren vier
Glasgemälde=Fenster widmet, die jetzt die südliche
Nebenhalle des Langhauses in unserem herrlichen
Dome zieren. Diese Adresse ist ein wahres Mei-
sterwerk der Kunst, das -- ganz in mittelalter-
lich=deutschem Style von Kölner Künstlern aus-
geführt -- Zeugniß gibt, wie auch heute noch
ganz im Geiste und Geschmack unserer kunstge-
übten Altvorderen Vortreffliches und Ausgezeich-
netes geleistet werden kann. Sie ist ein wahr-
hafter Codex argenteus aureo poly chro-
maticus
, wie ihn der Fleiß und die Geduld
jener Zeiten kaum besser herzustellen im Stande
gewesen wären. Der Einband besteht aus zwei
starken, mit dunkelrothem Sammt überzogenen
Deckeln, mit Vorsätzen von gewässerter weißer
Seide und Goldschnitt. Jn der Mitte des De-
ckels auf der Vorderseite befindet sich das baye-
rische Wappen in Emaille, getragen von einer
Agraffe von gothisch = architectonischer Form, in
starken Dimensionen sich vom dunkeln Grunde
erhebend. Die Rückseite zeigt das kölnische Wap-
pen in derselben Art, wie das vorige, nur in ei-
ner varirenden architectonischen Form Die Ecken
und Krampen tragen entsprechende Verzierungen,
Alles von massivem Silber und kräftiger Vergol-
dung. Das Jnnere besteht aus mehreren Perga-
mentblättern in Folio, auf deren erstem sich in
gothischen, reichverzierten Lettern die Aufschrift
befindet: "An Seine Majestät, den König Lud-
wig I., König von Baiern." Die Jnitiale dieser
Aufschrift stellt Ludwig den Heiligen als Kreuz-
fahrer dar, und unter der Aufschrift folgen fünf
der heil. Schrift und dem Leben der Heiligen
entlehnte symbolische Darstellungen der Künste:
die Malerei durch den heil. Lucas, die Poesie
durch König David, die Baukunst durch König
Salomon, die Bildhauerkunst durch Hiram und
die Musik durch die heil. Cäcilia. Auf dem zwei-
ten Blatte steht die Dankadresse selbst. Das dritte
enthält die innere Ansicht der südlichen Nebenhalle
des Langhauses im Kölner Dome mit den herrli-
chen Glasgemälde=Fenstern. Auf dem vierten sieht
man neben dem obern Theile des Glasgemälde-
Fensters in dem kleinen Chore der heiligen
drei Könige rechts und unten die Wappen der
15 Patricier=Familien Kölns. Die Darstellung
des fünften Blattes bringt einen Theil der Glas-
gemälde aus der nördlichen Nebenhalle des Lang-
hauses. Hierauf folgen mehrere Pergamentblät-
ter für die Namen der Unterzeichner der Adresse,
und dann als Schluß des Ganzen ein durch Wech-
[Spaltenumbruch] sel und wunderbare Harmonie der Farben ausge-
zeichnetes Blatt mit dem königl. bayer. Wappen
und der Devise: Justus et perseverans. Hier
sieht man die Schutzpatronin des Landes -- die
heil. Jungfrau -- die Wappen des Domkapitels
und der Stadt Köln, umgeben von den Wappen
und Zeichen der ehemal. 22 Zünfte.

* Kassel, 4. April. Heute ist die Eisenbahn-
strecke von hier nach Marburg feierlich eröffnet
worden.

Von der Pleisse, 3. April. Die Gerüchte
über einen Fürsten=Congreß in Dresden
wiederholen sich nicht nur, sondern gewinnen be-
reits eine festere Gestalt. Man meint, derselbe
werde jedoch erst nach der Krönung des Kaisers
von Oesterreich Statt finden; es würde sich, will
man weiter wissen, an diese Feierlichkeit ein um-
fassender Gnaden=Act knüpfen, mit dem gleich-
seitig ähnliche Gnaden=Acte im übrigen Deutsch-
land erlassen werden würden. Einige spre-
chen auch die Hoffnung aus, dem Congresse
werde eine Verständigung der deutschen Fürsten
überhaupt, also eine Verschmelzung der sich jetzt
gegenüberstehenden Bündnisse vorausgehen, um so-
wohl hierdurch, wie durch eine allgemeine Am-
nestie die Völker Deutschlands zu versöhnen und
das Mißtrauen zu beseitigen, mit dem man der-
gleichen Fürsten=Versammlungen betrachtet.

Berlin, 2. April. Jn Kolmsee, Thorner Krei-
ses, hat am 26. März eine arge Störung der öf-
fentlichen Ruhe stattgefunden. Den Anlaß dazu
gab die Verhaftung eines Trunkenen, in deren
Folge die zahlreich versammelte Menge -- es war
gerade Jahrmarkt -- das Haus des Bürgermei-
sters stürmte, Möbel und Hausgeräth, so wie
Akten und Bücher zerstörte und alles Geld, so-
wohl das dem Bürgermeister gehörige, als das in
der Post=, Salz= und Steuerkasse befindliche, zu-
sammen gegen 600 Rthlr., raubte. Auch mehrere
Marktbuden wurden zerstört und die Verkäufer ih-
rer Waaren beraubt. Die Regierung in Marien-
werder hat sogleich einen Kommissarius an Ort
und Stelle gesandt, um den Thatbestand zu un-
tersuchen und die Ruhe nöthigenfalls durch Requi-
sition des Militärs zu sichern. Kolmsee ist übri-
gens ein Hauptsitz der Liga polska.

* Wien, 30. März. Die Zeitungen brachten
kürzlich die Kunde von einer scharfen, ja drohen-
den Note, welche Rußland durch seinen Gesandten
zu Berlin der preußischen Regierung habe zustel-
len lassen. Wenn der Auszug, welchen nord-
deutsche Blätter davon gaben, der Genauigkeit
nicht gänzlich entbehrt, so müssen wir allerdings
gestehen, daß diese Note ein politisches Ereigniß
von unberechenbarer Tragweite genannt zu werden
verdient. Wir können nicht in Abrede stellen, daß
die Energie, womit sich das russische Cabinet ge-
gen die immerhin revolutionäre Lösung der deut-
schen Frage erklärt, uns der Verbote jener Hal-
tung zu sein scheint, welche dasselbe Deutschland
gegenüber im Großen und Ganzen anzunehmen,
gesonnen ist. Nicht darauf, daß das meerum-
schlungene Ländchen zur Krone Dänemark gehöre,
sondern auf die Traktate des Jahres 1815 als
die unverbrüchlichen Grundlagen der europäischen
Ordnung der Dinge wird darin der entsprechende
Accent gelegt. Damit ist aber die deutsche Frage
aus dem wirren Stadium der zweck= und ziellos
kreisenden Bewegung, worin sie sich bis jetzt be-
fand, herausgetreten und ist im eigentlichen Sinne
des Wortes eine europäische Frage geworden.
Wir können dies nur aufrichtig beklagen. Die
Handlungsweise Derjenigen, welche fremde Ein-
mischung provociren, ist in jeder Beziehung un-
verantwortlich, und, wir scheuen uns nicht, es
auszusprechen, ein Verbrechen an der Nation.
Wäre die gegenwärtige preußische Regierung je-
derzeit von dem Grundsatze ausgegangen, daß nur
die solidarische Einigung der deutschen Staaten
ein dauerndes Verfassungswerk zu begründen im
Stande sei, hätte sie sich jederzeit die Maxime,
welche Oesterreich unverbrüchlich verfolgt, vor
Augen gehalten, so wäre ihr der Eindruck erspart
geblieben, der ungeachtet aller Redomontaden der
dünkelvollen, preußischen Blätter diese Note un-
[Spaltenumbruch] fehlbar machen wird und muß. Die Frage ist
in Ganzen genommen so einfach, als möglich.
Erfolgt die Einigung der einzelnen deutschen Staa-
ten in der That, so geben ihnen die Traktate des
Jahres 1815 das unverkennbare Recht, Deutsch-
land nach gemeinsamem Einverständniß zu kon-
stituiren. Erfolgt diese Einigung nicht, und sollte
irgend ein deutscher Staat fortfahren die Verle-
genheiten Deutschlands auszubeuten, und die Trüm-
mer des ehemaligen Bundes als Material für
den Bau eigener Größe zu benutzen, so ist die
Störung des allgemeinen Gleichgewichtes unläug-
bar, Sinn und Wortlaut der Verträge vom Jahr
1815 verletzt und den auswärtigen Mächten das
Recht zur Hand gegeben, ihr Wort in Deutsch-
lands Angelegenheiten mitzusprechen.

+ Wien, 2. April. Heute Vormittag fand
die feierliche Dekorirung der jüngst ernannten
Mar.=Theres.=Ordensmitglieder durch den Kaiser
Statt. Unter Kommando des Armeekommandan-
ten, Gen. der Kavallerie, Grafen Wratislaw, war
die gesammte Garnison aus Wien und der Um-
gegend ausgerückt, und zwar: 4 Grenadier=,
4 Füsilier=, 3 Jäger= und ein Bataillon Pio-
niere, die beiden Kürassier=Regimenter Sunstenau
und Preußen, dann 8 Batterien. Der Moment
der Dekorirung ward durch Geschützsalven ver-
kündigt. Nebst den hier anwesenden neuernannten
Mitgliedern waren zu diesem feierlichen Akte der
F.=M. Windischgrätz, F.=Z.=M. Haynau aus Pesth,
G. d. K. Schlick aus Brünn und G.=M. Graf
Montennovo aus Preßburg hier eingetroffen. --
Die Berathungen der unter Vorsitz des Ban Jel-
lachich in Betreff der Militärgrenze zusammenge-
tretenen Commission schreiten vor, und bereits hat
sich dieselbe hinsichtlich der Verfassung über fol-
gende Vorschläge geeinigt, welche der Sanction
des Kaisers unterbreitet werden. Die einzelnen
Militärgrenz=Provinzen bleiben in dem Verbande
mit ihren Stammländern, und bilden vereint ein
Territorialgebiet mit gesonderten Provinzial= und
Militärverwaltungen. Die Sprache des Militär-
dienstes und im Truppen = Kommando bleibt die
deutsche als die Sprache des Reichsheeres. Jn
allen öffentlichen, innern und äußern Geschäften
bei den Gerichten gilt die Nationalsprache und
wird in den niedern und höhern Schulen einge-
führt. Jede Verleihung eines öffentlichen Amtes
in der Militärgrenze wird von nun an durch die
vollständige Kenntniß der Nationalsprache bedingt.
Nichteinrollirte Grenzer stehen unter den Landes-
gesetzen, die einrollirten hingegen unter den Kriegs-
gesetzen. Jedes Regiment stellt zwei Feldbatail-
lone mit 12 Compagnien und ein Reserveba-
taillon mit vier Compagnien, dann jedes der
4 Karlstädter und 2 Banal=Reg. 2 Compagnien
Seressaner und jedes der Warasdiner, slavoni-
schen und banatischen Grenzregimenter eine Di-
vision leichte Reiterei. Das Tschaikisten=Batail-
lon stellt ein actives Bataillon mit 4 Compag-
nien. Feldbataillone, Seressaner und Reiterei
werden in und außer Landes verwendet. Am
Cordon, bei dem Exercieren, im Winter, Früh-
jahr und Herbst und in jedem innern und äußern
Dienste gebührt dem Soldaten die Löhnung und
das Brodrelutum nach dem jeweilig bestehenden
Ausmaße. Dagegen ist der Grenzsoldat im ei-
genen Compagniebezirken zu der innern Polizei= u.
Disciplinar=Dienstleistung unentgeldlich verbunden.
Der einrollirte Soldat erhält vom Staat die com-
plete Montur, Armatur, Rüstung und Munition.
Wegen Entschädigung der Seressaner und der Rei-
terei erfolgen nähere Bestimmungen. Das Dienst-
constitutivum hört auf, dagegen findet Jnvaliden-
versorgung der verdienten und erwerblosen lang-
dienenden Soldaten Statt. -- Der Kriegsmini-
ster, F.=M.=L. Graf Gyulai wird am 11. d. hier
von seiner Reise nach Jtalien zurückerwartet. --
Bis Ende Juni müssen die Telegraphen = Linien
von Junsbruck über Kufstein nach Lofer, dann
nach Bregenz und nach Botzen vollendet sein, und
da gleichzeitig die Arbeiten von Botzen nach Ve-
rona und Mailand in Angriff genommen werden,
so dürfte die telegraphische Verbindung zwischen
Wien und Mailand schon Anfangs Juli einge-

Karlsruhe, 3. April. Wie ich aus guter
Quelle vernehme, ist gestern dem Minister des
Auswärtigen von der Protestation Oesterreichs
gegen die zwischen Preußen und Braunschweig
abgeschlossene Militär=Convention Mittheilung ge-
macht worden. Diese Protestation hat um des-
willen directe Bedeutung für Baden, weil darin
zugleich auch gegen eine eventuell zwischen Preußen
und Baden abzuschließende, oder etwa gar schon
abgeschlossene ähnliche Convention Verwahrung ein-
gelegt werden soll. Der Abschluß einer solchen ist
indessen -- wie ich vernehme -- bis jetzt noch nicht
erfolgt, und dürfte wohl mit bedeutenden Schwie-
rigkeiten verknüpft sein, da hier die Zerreißung des
achten deutschen Armee=Corps in das Spiel kommt,
gegen welche von allen betheiligten Staaten Ein-
sprache bereits erhoben worden sein soll. Wie es
scheint, nimmt auch die Bundes=Central=Commis-
sion die Sache bereits in die Hand, da die badi-
sche Regierung dieser Tage die Cinladung von
derselben erhalten hat, die badischen Militär=Con-
ventionen zur Vorlage zu bringen. Ob dies schon
geschehen, oder welche Antwort von hier aus er-
folgt ist, vermag ich nicht anzugeben.

== Wiesbaden, 5. April. Am 12. d. M.
beginnen unsere Assisen. Eine große Anzahl be-
deutender Kriminalverbrechen werden zur Verhand-
lung kommen.

Köln, 28. März. Auf dem hiesigen Stadt-
hause liegt seit einigen Tagen zu Jedermanns
Einsicht die prachtvolle illustrirte Dankadresse of-
fen, welche die Bürgerschaft Kölns Sr. Maj. dem
König Ludwig von Bayern für das so großmü-
thige und prachtvolle Geschenk der kostbaren vier
Glasgemälde=Fenster widmet, die jetzt die südliche
Nebenhalle des Langhauses in unserem herrlichen
Dome zieren. Diese Adresse ist ein wahres Mei-
sterwerk der Kunst, das -- ganz in mittelalter-
lich=deutschem Style von Kölner Künstlern aus-
geführt -- Zeugniß gibt, wie auch heute noch
ganz im Geiste und Geschmack unserer kunstge-
übten Altvorderen Vortreffliches und Ausgezeich-
netes geleistet werden kann. Sie ist ein wahr-
hafter Codex argenteus aureo poly chro-
maticus
, wie ihn der Fleiß und die Geduld
jener Zeiten kaum besser herzustellen im Stande
gewesen wären. Der Einband besteht aus zwei
starken, mit dunkelrothem Sammt überzogenen
Deckeln, mit Vorsätzen von gewässerter weißer
Seide und Goldschnitt. Jn der Mitte des De-
ckels auf der Vorderseite befindet sich das baye-
rische Wappen in Emaille, getragen von einer
Agraffe von gothisch = architectonischer Form, in
starken Dimensionen sich vom dunkeln Grunde
erhebend. Die Rückseite zeigt das kölnische Wap-
pen in derselben Art, wie das vorige, nur in ei-
ner varirenden architectonischen Form Die Ecken
und Krampen tragen entsprechende Verzierungen,
Alles von massivem Silber und kräftiger Vergol-
dung. Das Jnnere besteht aus mehreren Perga-
mentblättern in Folio, auf deren erstem sich in
gothischen, reichverzierten Lettern die Aufschrift
befindet: „An Seine Majestät, den König Lud-
wig I., König von Baiern.“ Die Jnitiale dieser
Aufschrift stellt Ludwig den Heiligen als Kreuz-
fahrer dar, und unter der Aufschrift folgen fünf
der heil. Schrift und dem Leben der Heiligen
entlehnte symbolische Darstellungen der Künste:
die Malerei durch den heil. Lucas, die Poesie
durch König David, die Baukunst durch König
Salomon, die Bildhauerkunst durch Hiram und
die Musik durch die heil. Cäcilia. Auf dem zwei-
ten Blatte steht die Dankadresse selbst. Das dritte
enthält die innere Ansicht der südlichen Nebenhalle
des Langhauses im Kölner Dome mit den herrli-
chen Glasgemälde=Fenstern. Auf dem vierten sieht
man neben dem obern Theile des Glasgemälde-
Fensters in dem kleinen Chore der heiligen
drei Könige rechts und unten die Wappen der
15 Patricier=Familien Kölns. Die Darstellung
des fünften Blattes bringt einen Theil der Glas-
gemälde aus der nördlichen Nebenhalle des Lang-
hauses. Hierauf folgen mehrere Pergamentblät-
ter für die Namen der Unterzeichner der Adresse,
und dann als Schluß des Ganzen ein durch Wech-
[Spaltenumbruch] sel und wunderbare Harmonie der Farben ausge-
zeichnetes Blatt mit dem königl. bayer. Wappen
und der Devise: Justus et perseverans. Hier
sieht man die Schutzpatronin des Landes -- die
heil. Jungfrau -- die Wappen des Domkapitels
und der Stadt Köln, umgeben von den Wappen
und Zeichen der ehemal. 22 Zünfte.

* Kassel, 4. April. Heute ist die Eisenbahn-
strecke von hier nach Marburg feierlich eröffnet
worden.

Von der Pleisse, 3. April. Die Gerüchte
über einen Fürsten=Congreß in Dresden
wiederholen sich nicht nur, sondern gewinnen be-
reits eine festere Gestalt. Man meint, derselbe
werde jedoch erst nach der Krönung des Kaisers
von Oesterreich Statt finden; es würde sich, will
man weiter wissen, an diese Feierlichkeit ein um-
fassender Gnaden=Act knüpfen, mit dem gleich-
seitig ähnliche Gnaden=Acte im übrigen Deutsch-
land erlassen werden würden. Einige spre-
chen auch die Hoffnung aus, dem Congresse
werde eine Verständigung der deutschen Fürsten
überhaupt, also eine Verschmelzung der sich jetzt
gegenüberstehenden Bündnisse vorausgehen, um so-
wohl hierdurch, wie durch eine allgemeine Am-
nestie die Völker Deutschlands zu versöhnen und
das Mißtrauen zu beseitigen, mit dem man der-
gleichen Fürsten=Versammlungen betrachtet.

Berlin, 2. April. Jn Kolmsee, Thorner Krei-
ses, hat am 26. März eine arge Störung der öf-
fentlichen Ruhe stattgefunden. Den Anlaß dazu
gab die Verhaftung eines Trunkenen, in deren
Folge die zahlreich versammelte Menge -- es war
gerade Jahrmarkt -- das Haus des Bürgermei-
sters stürmte, Möbel und Hausgeräth, so wie
Akten und Bücher zerstörte und alles Geld, so-
wohl das dem Bürgermeister gehörige, als das in
der Post=, Salz= und Steuerkasse befindliche, zu-
sammen gegen 600 Rthlr., raubte. Auch mehrere
Marktbuden wurden zerstört und die Verkäufer ih-
rer Waaren beraubt. Die Regierung in Marien-
werder hat sogleich einen Kommissarius an Ort
und Stelle gesandt, um den Thatbestand zu un-
tersuchen und die Ruhe nöthigenfalls durch Requi-
sition des Militärs zu sichern. Kolmsee ist übri-
gens ein Hauptsitz der Liga polska.

* Wien, 30. März. Die Zeitungen brachten
kürzlich die Kunde von einer scharfen, ja drohen-
den Note, welche Rußland durch seinen Gesandten
zu Berlin der preußischen Regierung habe zustel-
len lassen. Wenn der Auszug, welchen nord-
deutsche Blätter davon gaben, der Genauigkeit
nicht gänzlich entbehrt, so müssen wir allerdings
gestehen, daß diese Note ein politisches Ereigniß
von unberechenbarer Tragweite genannt zu werden
verdient. Wir können nicht in Abrede stellen, daß
die Energie, womit sich das russische Cabinet ge-
gen die immerhin revolutionäre Lösung der deut-
schen Frage erklärt, uns der Verbote jener Hal-
tung zu sein scheint, welche dasselbe Deutschland
gegenüber im Großen und Ganzen anzunehmen,
gesonnen ist. Nicht darauf, daß das meerum-
schlungene Ländchen zur Krone Dänemark gehöre,
sondern auf die Traktate des Jahres 1815 als
die unverbrüchlichen Grundlagen der europäischen
Ordnung der Dinge wird darin der entsprechende
Accent gelegt. Damit ist aber die deutsche Frage
aus dem wirren Stadium der zweck= und ziellos
kreisenden Bewegung, worin sie sich bis jetzt be-
fand, herausgetreten und ist im eigentlichen Sinne
des Wortes eine europäische Frage geworden.
Wir können dies nur aufrichtig beklagen. Die
Handlungsweise Derjenigen, welche fremde Ein-
mischung provociren, ist in jeder Beziehung un-
verantwortlich, und, wir scheuen uns nicht, es
auszusprechen, ein Verbrechen an der Nation.
Wäre die gegenwärtige preußische Regierung je-
derzeit von dem Grundsatze ausgegangen, daß nur
die solidarische Einigung der deutschen Staaten
ein dauerndes Verfassungswerk zu begründen im
Stande sei, hätte sie sich jederzeit die Maxime,
welche Oesterreich unverbrüchlich verfolgt, vor
Augen gehalten, so wäre ihr der Eindruck erspart
geblieben, der ungeachtet aller Redomontaden der
dünkelvollen, preußischen Blätter diese Note un-
[Spaltenumbruch] fehlbar machen wird und muß. Die Frage ist
in Ganzen genommen so einfach, als möglich.
Erfolgt die Einigung der einzelnen deutschen Staa-
ten in der That, so geben ihnen die Traktate des
Jahres 1815 das unverkennbare Recht, Deutsch-
land nach gemeinsamem Einverständniß zu kon-
stituiren. Erfolgt diese Einigung nicht, und sollte
irgend ein deutscher Staat fortfahren die Verle-
genheiten Deutschlands auszubeuten, und die Trüm-
mer des ehemaligen Bundes als Material für
den Bau eigener Größe zu benutzen, so ist die
Störung des allgemeinen Gleichgewichtes unläug-
bar, Sinn und Wortlaut der Verträge vom Jahr
1815 verletzt und den auswärtigen Mächten das
Recht zur Hand gegeben, ihr Wort in Deutsch-
lands Angelegenheiten mitzusprechen.

+ Wien, 2. April. Heute Vormittag fand
die feierliche Dekorirung der jüngst ernannten
Mar.=Theres.=Ordensmitglieder durch den Kaiser
Statt. Unter Kommando des Armeekommandan-
ten, Gen. der Kavallerie, Grafen Wratislaw, war
die gesammte Garnison aus Wien und der Um-
gegend ausgerückt, und zwar: 4 Grenadier=,
4 Füsilier=, 3 Jäger= und ein Bataillon Pio-
niere, die beiden Kürassier=Regimenter Sunstenau
und Preußen, dann 8 Batterien. Der Moment
der Dekorirung ward durch Geschützsalven ver-
kündigt. Nebst den hier anwesenden neuernannten
Mitgliedern waren zu diesem feierlichen Akte der
F.=M. Windischgrätz, F.=Z.=M. Haynau aus Pesth,
G. d. K. Schlick aus Brünn und G.=M. Graf
Montennovo aus Preßburg hier eingetroffen. --
Die Berathungen der unter Vorsitz des Ban Jel-
lachich in Betreff der Militärgrenze zusammenge-
tretenen Commission schreiten vor, und bereits hat
sich dieselbe hinsichtlich der Verfassung über fol-
gende Vorschläge geeinigt, welche der Sanction
des Kaisers unterbreitet werden. Die einzelnen
Militärgrenz=Provinzen bleiben in dem Verbande
mit ihren Stammländern, und bilden vereint ein
Territorialgebiet mit gesonderten Provinzial= und
Militärverwaltungen. Die Sprache des Militär-
dienstes und im Truppen = Kommando bleibt die
deutsche als die Sprache des Reichsheeres. Jn
allen öffentlichen, innern und äußern Geschäften
bei den Gerichten gilt die Nationalsprache und
wird in den niedern und höhern Schulen einge-
führt. Jede Verleihung eines öffentlichen Amtes
in der Militärgrenze wird von nun an durch die
vollständige Kenntniß der Nationalsprache bedingt.
Nichteinrollirte Grenzer stehen unter den Landes-
gesetzen, die einrollirten hingegen unter den Kriegs-
gesetzen. Jedes Regiment stellt zwei Feldbatail-
lone mit 12 Compagnien und ein Reserveba-
taillon mit vier Compagnien, dann jedes der
4 Karlstädter und 2 Banal=Reg. 2 Compagnien
Seressaner und jedes der Warasdiner, slavoni-
schen und banatischen Grenzregimenter eine Di-
vision leichte Reiterei. Das Tschaikisten=Batail-
lon stellt ein actives Bataillon mit 4 Compag-
nien. Feldbataillone, Seressaner und Reiterei
werden in und außer Landes verwendet. Am
Cordon, bei dem Exercieren, im Winter, Früh-
jahr und Herbst und in jedem innern und äußern
Dienste gebührt dem Soldaten die Löhnung und
das Brodrelutum nach dem jeweilig bestehenden
Ausmaße. Dagegen ist der Grenzsoldat im ei-
genen Compagniebezirken zu der innern Polizei= u.
Disciplinar=Dienstleistung unentgeldlich verbunden.
Der einrollirte Soldat erhält vom Staat die com-
plete Montur, Armatur, Rüstung und Munition.
Wegen Entschädigung der Seressaner und der Rei-
terei erfolgen nähere Bestimmungen. Das Dienst-
constitutivum hört auf, dagegen findet Jnvaliden-
versorgung der verdienten und erwerblosen lang-
dienenden Soldaten Statt. -- Der Kriegsmini-
ster, F.=M.=L. Graf Gyulai wird am 11. d. hier
von seiner Reise nach Jtalien zurückerwartet. --
Bis Ende Juni müssen die Telegraphen = Linien
von Junsbruck über Kufstein nach Lofer, dann
nach Bregenz und nach Botzen vollendet sein, und
da gleichzeitig die Arbeiten von Botzen nach Ve-
rona und Mailand in Angriff genommen werden,
so dürfte die telegraphische Verbindung zwischen
Wien und Mailand schon Anfangs Juli einge-

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[0002] Karlsruhe, 3. April. Wie ich aus guter Quelle vernehme, ist gestern dem Minister des Auswärtigen von der Protestation Oesterreichs gegen die zwischen Preußen und Braunschweig abgeschlossene Militär=Convention Mittheilung ge- macht worden. Diese Protestation hat um des- willen directe Bedeutung für Baden, weil darin zugleich auch gegen eine eventuell zwischen Preußen und Baden abzuschließende, oder etwa gar schon abgeschlossene ähnliche Convention Verwahrung ein- gelegt werden soll. Der Abschluß einer solchen ist indessen -- wie ich vernehme -- bis jetzt noch nicht erfolgt, und dürfte wohl mit bedeutenden Schwie- rigkeiten verknüpft sein, da hier die Zerreißung des achten deutschen Armee=Corps in das Spiel kommt, gegen welche von allen betheiligten Staaten Ein- sprache bereits erhoben worden sein soll. Wie es scheint, nimmt auch die Bundes=Central=Commis- sion die Sache bereits in die Hand, da die badi- sche Regierung dieser Tage die Cinladung von derselben erhalten hat, die badischen Militär=Con- ventionen zur Vorlage zu bringen. Ob dies schon geschehen, oder welche Antwort von hier aus er- folgt ist, vermag ich nicht anzugeben. == Wiesbaden, 5. April. Am 12. d. M. beginnen unsere Assisen. Eine große Anzahl be- deutender Kriminalverbrechen werden zur Verhand- lung kommen. Köln, 28. März. Auf dem hiesigen Stadt- hause liegt seit einigen Tagen zu Jedermanns Einsicht die prachtvolle illustrirte Dankadresse of- fen, welche die Bürgerschaft Kölns Sr. Maj. dem König Ludwig von Bayern für das so großmü- thige und prachtvolle Geschenk der kostbaren vier Glasgemälde=Fenster widmet, die jetzt die südliche Nebenhalle des Langhauses in unserem herrlichen Dome zieren. Diese Adresse ist ein wahres Mei- sterwerk der Kunst, das -- ganz in mittelalter- lich=deutschem Style von Kölner Künstlern aus- geführt -- Zeugniß gibt, wie auch heute noch ganz im Geiste und Geschmack unserer kunstge- übten Altvorderen Vortreffliches und Ausgezeich- netes geleistet werden kann. Sie ist ein wahr- hafter Codex argenteus aureo poly chro- maticus , wie ihn der Fleiß und die Geduld jener Zeiten kaum besser herzustellen im Stande gewesen wären. Der Einband besteht aus zwei starken, mit dunkelrothem Sammt überzogenen Deckeln, mit Vorsätzen von gewässerter weißer Seide und Goldschnitt. Jn der Mitte des De- ckels auf der Vorderseite befindet sich das baye- rische Wappen in Emaille, getragen von einer Agraffe von gothisch = architectonischer Form, in starken Dimensionen sich vom dunkeln Grunde erhebend. Die Rückseite zeigt das kölnische Wap- pen in derselben Art, wie das vorige, nur in ei- ner varirenden architectonischen Form Die Ecken und Krampen tragen entsprechende Verzierungen, Alles von massivem Silber und kräftiger Vergol- dung. Das Jnnere besteht aus mehreren Perga- mentblättern in Folio, auf deren erstem sich in gothischen, reichverzierten Lettern die Aufschrift befindet: „An Seine Majestät, den König Lud- wig I., König von Baiern.“ Die Jnitiale dieser Aufschrift stellt Ludwig den Heiligen als Kreuz- fahrer dar, und unter der Aufschrift folgen fünf der heil. Schrift und dem Leben der Heiligen entlehnte symbolische Darstellungen der Künste: die Malerei durch den heil. Lucas, die Poesie durch König David, die Baukunst durch König Salomon, die Bildhauerkunst durch Hiram und die Musik durch die heil. Cäcilia. Auf dem zwei- ten Blatte steht die Dankadresse selbst. Das dritte enthält die innere Ansicht der südlichen Nebenhalle des Langhauses im Kölner Dome mit den herrli- chen Glasgemälde=Fenstern. Auf dem vierten sieht man neben dem obern Theile des Glasgemälde- Fensters in dem kleinen Chore der heiligen drei Könige rechts und unten die Wappen der 15 Patricier=Familien Kölns. Die Darstellung des fünften Blattes bringt einen Theil der Glas- gemälde aus der nördlichen Nebenhalle des Lang- hauses. Hierauf folgen mehrere Pergamentblät- ter für die Namen der Unterzeichner der Adresse, und dann als Schluß des Ganzen ein durch Wech- sel und wunderbare Harmonie der Farben ausge- zeichnetes Blatt mit dem königl. bayer. Wappen und der Devise: Justus et perseverans. Hier sieht man die Schutzpatronin des Landes -- die heil. Jungfrau -- die Wappen des Domkapitels und der Stadt Köln, umgeben von den Wappen und Zeichen der ehemal. 22 Zünfte. * Kassel, 4. April. Heute ist die Eisenbahn- strecke von hier nach Marburg feierlich eröffnet worden. Von der Pleisse, 3. April. Die Gerüchte über einen Fürsten=Congreß in Dresden wiederholen sich nicht nur, sondern gewinnen be- reits eine festere Gestalt. Man meint, derselbe werde jedoch erst nach der Krönung des Kaisers von Oesterreich Statt finden; es würde sich, will man weiter wissen, an diese Feierlichkeit ein um- fassender Gnaden=Act knüpfen, mit dem gleich- seitig ähnliche Gnaden=Acte im übrigen Deutsch- land erlassen werden würden. Einige spre- chen auch die Hoffnung aus, dem Congresse werde eine Verständigung der deutschen Fürsten überhaupt, also eine Verschmelzung der sich jetzt gegenüberstehenden Bündnisse vorausgehen, um so- wohl hierdurch, wie durch eine allgemeine Am- nestie die Völker Deutschlands zu versöhnen und das Mißtrauen zu beseitigen, mit dem man der- gleichen Fürsten=Versammlungen betrachtet. Berlin, 2. April. Jn Kolmsee, Thorner Krei- ses, hat am 26. März eine arge Störung der öf- fentlichen Ruhe stattgefunden. Den Anlaß dazu gab die Verhaftung eines Trunkenen, in deren Folge die zahlreich versammelte Menge -- es war gerade Jahrmarkt -- das Haus des Bürgermei- sters stürmte, Möbel und Hausgeräth, so wie Akten und Bücher zerstörte und alles Geld, so- wohl das dem Bürgermeister gehörige, als das in der Post=, Salz= und Steuerkasse befindliche, zu- sammen gegen 600 Rthlr., raubte. Auch mehrere Marktbuden wurden zerstört und die Verkäufer ih- rer Waaren beraubt. Die Regierung in Marien- werder hat sogleich einen Kommissarius an Ort und Stelle gesandt, um den Thatbestand zu un- tersuchen und die Ruhe nöthigenfalls durch Requi- sition des Militärs zu sichern. Kolmsee ist übri- gens ein Hauptsitz der Liga polska. * Wien, 30. März. Die Zeitungen brachten kürzlich die Kunde von einer scharfen, ja drohen- den Note, welche Rußland durch seinen Gesandten zu Berlin der preußischen Regierung habe zustel- len lassen. Wenn der Auszug, welchen nord- deutsche Blätter davon gaben, der Genauigkeit nicht gänzlich entbehrt, so müssen wir allerdings gestehen, daß diese Note ein politisches Ereigniß von unberechenbarer Tragweite genannt zu werden verdient. Wir können nicht in Abrede stellen, daß die Energie, womit sich das russische Cabinet ge- gen die immerhin revolutionäre Lösung der deut- schen Frage erklärt, uns der Verbote jener Hal- tung zu sein scheint, welche dasselbe Deutschland gegenüber im Großen und Ganzen anzunehmen, gesonnen ist. Nicht darauf, daß das meerum- schlungene Ländchen zur Krone Dänemark gehöre, sondern auf die Traktate des Jahres 1815 als die unverbrüchlichen Grundlagen der europäischen Ordnung der Dinge wird darin der entsprechende Accent gelegt. Damit ist aber die deutsche Frage aus dem wirren Stadium der zweck= und ziellos kreisenden Bewegung, worin sie sich bis jetzt be- fand, herausgetreten und ist im eigentlichen Sinne des Wortes eine europäische Frage geworden. Wir können dies nur aufrichtig beklagen. Die Handlungsweise Derjenigen, welche fremde Ein- mischung provociren, ist in jeder Beziehung un- verantwortlich, und, wir scheuen uns nicht, es auszusprechen, ein Verbrechen an der Nation. Wäre die gegenwärtige preußische Regierung je- derzeit von dem Grundsatze ausgegangen, daß nur die solidarische Einigung der deutschen Staaten ein dauerndes Verfassungswerk zu begründen im Stande sei, hätte sie sich jederzeit die Maxime, welche Oesterreich unverbrüchlich verfolgt, vor Augen gehalten, so wäre ihr der Eindruck erspart geblieben, der ungeachtet aller Redomontaden der dünkelvollen, preußischen Blätter diese Note un- fehlbar machen wird und muß. Die Frage ist in Ganzen genommen so einfach, als möglich. Erfolgt die Einigung der einzelnen deutschen Staa- ten in der That, so geben ihnen die Traktate des Jahres 1815 das unverkennbare Recht, Deutsch- land nach gemeinsamem Einverständniß zu kon- stituiren. Erfolgt diese Einigung nicht, und sollte irgend ein deutscher Staat fortfahren die Verle- genheiten Deutschlands auszubeuten, und die Trüm- mer des ehemaligen Bundes als Material für den Bau eigener Größe zu benutzen, so ist die Störung des allgemeinen Gleichgewichtes unläug- bar, Sinn und Wortlaut der Verträge vom Jahr 1815 verletzt und den auswärtigen Mächten das Recht zur Hand gegeben, ihr Wort in Deutsch- lands Angelegenheiten mitzusprechen. + Wien, 2. April. Heute Vormittag fand die feierliche Dekorirung der jüngst ernannten Mar.=Theres.=Ordensmitglieder durch den Kaiser Statt. Unter Kommando des Armeekommandan- ten, Gen. der Kavallerie, Grafen Wratislaw, war die gesammte Garnison aus Wien und der Um- gegend ausgerückt, und zwar: 4 Grenadier=, 4 Füsilier=, 3 Jäger= und ein Bataillon Pio- niere, die beiden Kürassier=Regimenter Sunstenau und Preußen, dann 8 Batterien. Der Moment der Dekorirung ward durch Geschützsalven ver- kündigt. Nebst den hier anwesenden neuernannten Mitgliedern waren zu diesem feierlichen Akte der F.=M. Windischgrätz, F.=Z.=M. Haynau aus Pesth, G. d. K. Schlick aus Brünn und G.=M. Graf Montennovo aus Preßburg hier eingetroffen. -- Die Berathungen der unter Vorsitz des Ban Jel- lachich in Betreff der Militärgrenze zusammenge- tretenen Commission schreiten vor, und bereits hat sich dieselbe hinsichtlich der Verfassung über fol- gende Vorschläge geeinigt, welche der Sanction des Kaisers unterbreitet werden. Die einzelnen Militärgrenz=Provinzen bleiben in dem Verbande mit ihren Stammländern, und bilden vereint ein Territorialgebiet mit gesonderten Provinzial= und Militärverwaltungen. Die Sprache des Militär- dienstes und im Truppen = Kommando bleibt die deutsche als die Sprache des Reichsheeres. Jn allen öffentlichen, innern und äußern Geschäften bei den Gerichten gilt die Nationalsprache und wird in den niedern und höhern Schulen einge- führt. Jede Verleihung eines öffentlichen Amtes in der Militärgrenze wird von nun an durch die vollständige Kenntniß der Nationalsprache bedingt. Nichteinrollirte Grenzer stehen unter den Landes- gesetzen, die einrollirten hingegen unter den Kriegs- gesetzen. Jedes Regiment stellt zwei Feldbatail- lone mit 12 Compagnien und ein Reserveba- taillon mit vier Compagnien, dann jedes der 4 Karlstädter und 2 Banal=Reg. 2 Compagnien Seressaner und jedes der Warasdiner, slavoni- schen und banatischen Grenzregimenter eine Di- vision leichte Reiterei. Das Tschaikisten=Batail- lon stellt ein actives Bataillon mit 4 Compag- nien. Feldbataillone, Seressaner und Reiterei werden in und außer Landes verwendet. Am Cordon, bei dem Exercieren, im Winter, Früh- jahr und Herbst und in jedem innern und äußern Dienste gebührt dem Soldaten die Löhnung und das Brodrelutum nach dem jeweilig bestehenden Ausmaße. Dagegen ist der Grenzsoldat im ei- genen Compagniebezirken zu der innern Polizei= u. Disciplinar=Dienstleistung unentgeldlich verbunden. Der einrollirte Soldat erhält vom Staat die com- plete Montur, Armatur, Rüstung und Munition. Wegen Entschädigung der Seressaner und der Rei- terei erfolgen nähere Bestimmungen. Das Dienst- constitutivum hört auf, dagegen findet Jnvaliden- versorgung der verdienten und erwerblosen lang- dienenden Soldaten Statt. -- Der Kriegsmini- ster, F.=M.=L. Graf Gyulai wird am 11. d. hier von seiner Reise nach Jtalien zurückerwartet. -- Bis Ende Juni müssen die Telegraphen = Linien von Junsbruck über Kufstein nach Lofer, dann nach Bregenz und nach Botzen vollendet sein, und da gleichzeitig die Arbeiten von Botzen nach Ve- rona und Mailand in Angriff genommen werden, so dürfte die telegraphische Verbindung zwischen Wien und Mailand schon Anfangs Juli einge-

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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 84. Würzburg, 8. April 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische084_1850/2>, abgerufen am 29.03.2024.