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Die Bayerische Presse. Nr. 79. Würzburg, 2. April 1850.

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[Spaltenumbruch] vorläufig verhaftet worden ist. -- FML. Wohl-
gemuth,
FZM. Heß, FML. Wimpfen und
General Schlick von der Kavallerie haben den
Maria=Theresia=Orden erhalten.

+ Wien, 27. März. Die heutigen offiziellen
Blätter enthalten gegen 30 kriegsrechtliche Urtheile
über ehemalige österreichische Subalternoffiziere,
davon 16 auf Tod lautende, aber auf Festungs-
strafe gemilderte. -- Ein in österreichischen Blät-
tern veröffentlichter Brief des Generals Buturlin,
Generalstabschefs des Fürsten Paskewitsch, läug-
net, mit Bezug auf die Beschuldigung, Haynau
verletze durch seine Hinrichtungen die Arader Ca-
pitulation, daß die ungarische Besatzung capitulirt
habe; sie habe sich ohne Bedingungen ergeben. --
Heute Nachmittags fand die Leichenfeierlichkeit zu
Ehren des letzthin verstorbenen Prinzen von Nas-
sau statt, wozu sich sein Bruder, der regierende
Herzog von Nassau, eingefunden hatte. Der Ver-
blichene war erst 30 Jahre alt und diente in der
k. k. Armee als Oberst des Husarenregiments
Fürst Liechtenstein; sein Vetter, der Erzherzog
Albrecht, hatte ihm das Palais auf der Bastei
eingeräumt, wo er auch verschied. Unter militä-
risch=kirchlicher Ceremonie wurde der Leichnam auf
den Nordbahnhof geführt, um sodann weiter fort
in die herzogliche Familiengruft zu Usingen ge-
schafft zu werden. -- Am 23. März erschien der
Bauer Kainz aus Parsdorf, Verfasser einer unter
dem Titel "Antichrist" erschienenen Broschüre, in
der Hofburg und verlangte mit dem Kaiser zu
sprechen, vorgebend, er sei ein Prophet und ge-
sonnen, dem Kaiser die Ereignisse des Jahres
1850 wahrzusagen. Man fand sich veranlaßt,
den Geisteszustand des angeblichen Propheten zu
untersuchen, in Folge dessen er sogleich in das
Jrrenhaus gedracht wurde.

Wien, 28. März. Man berichtet aus Mai-
land folgenden edlen Zug des kommandirenden
Fürsten v. Schwarzenberg. Graf Arena, der als
Flüchtling in der Schweiz lebte, hatte sich an den
Fürsten Schwarzenberg mit der Bitte gewendet,
seinen todtkranken Vater nur auf drei Tage sehen
zu dürfen. Er verpflichtete sich dabei, Niemand
zu besuchen, und wollte sich sogar unter militä-
rische Aufsicht stellen. Der edle Fürst gewährte
ihm nicht blos diese Bitte, sondern gab ihm so-
gar die Erlaubniß, sich in voller Freiheit zwei
Monate in Mailand aufzuhalten.

Wien, 28. März. Dieser Tage wurden wie-
der verschiedene politische Gefangene nach dem
Spielberg abgeführt. -- Die österreichische Welt-
umseglungsexpedition wird endlich doch stattfinden,
und ist nur einige Zeit verschoben worden. --
Möchte die Finanzkommission sich doch beeilen
ihre Berathungen zu veröffentlichen, damit man
endlich erfahre, woran man ist. Die Ungewißheit,
in der man das Publikum über das Schicksal der
Bank läßt, erregt wahrlich keine geringe Besorg-
niß, und es ist hohe Zeit, daß der Finanzminister
etwas entscheidendes thue.

   

+ Wien, 29. März. Die Organisation des
Kriegsministeriums ist bis zur Rückkehr des Kriegs-
ministers verschoben. F.=M.=L. Degenfeld zeichnet
die Erlasse und der Ministerpräsident die Vorträge
dieses Ministeriums. -- Das Hauptquartier des
Feldmarschall=Lieut. Erzherzog Albrecht, Komman-
danten des Observations=Corps in Böhmen, wird
von Theresienstadt nach Töplitz verlegt werden. --
Der Debit der bei Hrn. J. Reck in Heften er-
scheinenden Zeitung: "Jllustrirtes März = Album,"
ist hohen Orts eingestellt worden. -- Dieser Tage
wurde der bekannte Tänzer Vester Sandor in
Ketten nach Wien gebracht. Er soll im Dienste
Pulsky's besonders im Oktober 1848 gestanden
sein. Sandor war es, der bei dem Anmarsche
der Ungarn am 30. Okt. aus Varga's Händen
die Signalraketen erhielt und damit zum Ste-
phansthurm eilte. Er entkam am 6. Nov. aus
Wien, war aber so unbesonnen, noch in demsel-
ben Monat in einem Pesther deutschen Blatte
sein ganzes Thun und Lassen in der Residenz
zu veröffentlichen. -- Aus dem ehemal. Tapo-
rer Kreise wird gemeldet: daß bedeutende Auf-
lehnungen, sogar Erzesse, gegen die dort wir-
[Spaltenumbruch] kenden Grundentlastungs=Bezirkscommissionen vor-
gefallen sind.

Wien, 29. März. Mit dem gestrigen Post-
zuge ist Frhr. v. Vrints, k. k. außerordentl. Ge-
sandter am dänischen Hofe, mit dringenden Depe-
schen hier angekommen.

Triest, 29. März. Aus Bosnien sind Nach-
richten vom 25. d. eingelaufen, wornach die dor-
tige Revolte sowohl an Ausdehnung als Gefähr-
lichkeit fortwährend zunimmt. Die Bevölkerung
von Banjaluka hat 2000 türkische Soldaten ver-
trieben. Der Vesir von Travnik ließ eine Auf-
forderung zur Beihilfe ergeben, die jedoch von
den Pascha's unbefolgt blieb.

Frankreich.

C Paris, 28. März. Die gerichtliche Ver-
folgung gegen Hrn. Vancorbeil wegen seiner Bro-
schüre über die Revision der Verfassung ist be-
gonnen. Gestern war derselbe neuerdings vor
dem Untersuchungsrichter. -- Sämmtliche Mit-
glieder der Preßgesetzkommission, mit Ausnahme
des Hrn. Mol e haben sich gegen Erhöhung der
Caution ausgesprochen. -- Noch immer beschäftigt
sich die öffentlich Meinung mit dem Antrage
Larochejacquelin's. Man ist einstimmig darüber,
daß sowohl die republikanische als die royalistische
Partei sich nicht mit der Offenheit und Ehrlichkeit
benommen haben, welche der Gegenstand erfor-
derte. Man glaubt ferner, daß Larochejacquelin
bloß aus eigenem Antrieb den Antrag gestellt
habe und daß derselbe mindestens eben so stark
gegen die Orleanisten, als gegen die Republik ge-
richtet gewesen sei. Man hat es der Linken sehr
übel genommen, daß sie den Fehdehandschuh nicht
aufgehoben; die Mitglieder der Montagne ent-
schuldigen sich, daß sie der Regierung keine Ge-
legenheit verschaffen wollten, sich in Zukunft bei
einem inconstitutionellen Antrage auf einen Prä-
cedenzfall berufen zu können. Am meisten hat der
Antrag die Bonapartisten in Wuth gebracht. Die
Wirkung im Elysee soll eine peinliche gewesen
sein. Man will sogar behaupten, es sei im gestri-
gen Ministerrathe die Meinung laut geworden,
einen energischen Tadel gegen den Antragsteller
auszusprechen. Nur zwei Minister sollen dagegen
gewesen sein. Jedenfalls ist die Tragweite und
Wirkung des Antrags bedeutend und man hört
vielfach die Ansicht aussprechen, derselbe sei nur
als ein Vorbote anderer zu betrachten. -- Die
Journale fahren heute in ihrer Kritik des La-
rochejacquelin 'schen Antrages fort. Der Consti-
tutionel äußert sich folgender Maßen: Ohne uns
bei der Frage der Jnconstitutionalität, welche die
Versammlung bereits entschieden hat, länger auf-
zuhalten, fragen wir Hrn. L. ob er wohl alles
Ernstes glaube, das vorgeschlagene Mittel werde
der Ungewißheit, die es vernichten soll, ein Ende
machen. Was verlangt er? Die Wähler sollen
Republik oder Monarchie auf die Stimmzettel
schreiben und die Regierungsform der Majorität
soll gelten. Diese Lösung wäre, gerade heraus
gesagt, keine. Wenn nun die Monarchie siegt,
welche ist es denn? Jst es das legitime König-
thum, die Julimonarchie, das Kaiserreich oder eine
neue Dynastie. Auf der Kehrseite, wenn die Re-
publik siegt, dieselbe Verlegenheit, denn wir haben
heute zu Tage so viele Republiken, als Monar-
chien. Jst es die Gegenwärtige, die demokratische
und sociale, die Louis Blanc's, Considerants oder
Proudhon's, die alle unter einander größere Ab-
stände zeigen, als den einer gewissen Repu-
blik von der constitutionellen Monarchie.

Der Aufruf an's Volk besitzt also die Heilkraft
nicht, welche Hr. Larochejacquelin ihm zuschreibt.
Diese Abstimmung würde nur neue, noch furcht-
barere Fragen herbeiführen, die weit entfernt, den
Bürgerkrieg zu verhindern, denselben beschleunigen
und erbittern würden. Hrn. L. Absicht war gut,
aber sein Mittel ist abscheulich. Sein Antrag
wäre gegen seine und seiner Partei Zweck ausge-
fallen, hätte man ihn angenommen. Jn der That,
er will den Spaltungen ein Ende machen und
was hat er anders bewirkt, als den Bruch zwi-
schen den alten Parteien, die sich versöhnen soll-
[Spaltenumbruch] ten, noch weiter zu treiben. -- Gestern hat im
Gehölz von Vincennes in Folge eines politischen
Streites eine Duell zwischen Hrn. Lirense, Redak-
teur des Constitutionel und Hrn. Weill, Redak-
teur der Gazette de france Statt gefunden. Kei-
ner wurde verwundet. -- Das Comite der Be-
sitzer, Fabrikanten Handelsleute und Arbeiter für
die letzten Wahlen hatte Hrn. Croce Spinelie
zum Vorsitzer. Derselbe sammelt nun Unterschriften
zu einer Petition an die Nationalversammlung,
um 1 ) Abschaffung der Getränkesteuer vom 1.
Juli 1850. 2 ) Besteuerung der Hypotekar= und
Staats = Renten und Aktienkäufe mit 1%. 3 )
5% Verminderung aller Beamtengehalte über
2000 Fres. 4 ) Gründliche Revision des Pa-
tentgesetzes. -- Er will dadurch eine jährliche Er-
sparung von 700 Millionen bezwecken. -- Vor
dem gestrigen Assisenhofe der Seinededepartements
wurde die bekannte Affaire der Rue Rumfort ver-
handelt. Alle Angeklagten sind gegenwärtig. Es
sind 15, darunter 1 ehemaliger Leibgardist, 1 Be-
amter und 1 Priester. Sie gehören alle der
Huberts=Legion an. Jhr Alter ist von 40 bis
57 Jahren. Unter ihren Vertheidigern bemerkt man
keine Nationalität. Der Anklageakte entnehmen
wir Folgendes: Jm November 1847 constituiren
sich eine legitimistische geheime Gesellschaft unter
dem Namen Huberts=Legion. Jhr Wappen und
Vereinigungszeichen sind ein Eberkopf. Sie sollte
in Bataillons zu 10 Compagnien: jede von 100
Mann, Officiere und Unterofficiere nicht mitbe-
griffen, zerfallen. Das erste Bataillon stand un-
ter dem Commando des Exleibgardisten Patras
de Campaigno. Jn dessen Wohnung wurde am
26. November die Gesellschaft, welche früher schon
mehrere Sitzungen gehalten hatte, von den Poli-
zeiagenten aufgehoboen. Jn den Aktenstücken findet
sich folgende Eidesformel: Wir schwören, unsere
Leben unsern legitimen Könige Heinrich v. Bour-
bon zur Verfügung zu stellen und lieber zu ster-
ben, als unsern Schwur zu verrathen. Nach den
Aussagen der Angeklagten selbst, war der Zweck
der Gesellschaft, in einem vorkommenden Falle
die Ansprüche des Grafen Chambord auf den
französischen Thron zu unterstützen. Patras ant-
wortet mit großer Zuversicht. Ein Angeklagter,
Hauptmann der Legion, war Lakai Carls X., ein
anderer wegen grober Majestätsbeleidigung unter
Carl X. dreimal verurtheilt. Die Sitzung wurde
um 5 Uhr vertagt. -- Der französische Gesandte
in London, Dronin de Lhays, ist zum Mitglied
des englischen Comite für die Londoner Ausstel-
lung ernannt worden. Dagegen enthält heute der
Moniteur die Ernennung des hiesigen englischen
Gesandten, Lord Normanby, zum Mitgliede des
französischen Comite für dieselbe Ausstellung.

C Paris, 29. März. Diesen Morgen fand im
Elysee ein Ministerrath Statt, welchem alle Mi-
nister beiwohnten. Nach demselben hatte der Prä-
sident der Republik eine lange Unterredung mit
Baroche. -- Der Beschluß der Kommission über
das Preßgesetz, nächsten Montag eine Deputation
der Journalisten zu empfangen, hat einen sehr gün-
stigen Eindruck gemacht. Die Sitzung, welche sie
zu diesem Behufe angeordnet hat, wird um 11 Uhr
Statt finden. Uebrigens wurde ein ähnlicher Be-
schluß schon unter der Konstituante, damals auf
Antrag des Hrn. Crespel de Latouche gefaßt, mit
der Ausnahme, daß damals die Departemental-
presse nicht inbegriffen war. -- Die ganze De-
partementalpresse ist entschlossen, nicht nur die Kau-
tionserhöhung, sondern auch den Stempel zurück
zu weisen. Die französische Nation hängt so sehr
an dem Besitze ihrer Presse, daß die öffentliche
Meinung ohne Unterschied der Parteien den Ent-
wurf zurückweist. -- Die Presse liefert schander-
hafte Details über den Zustand der Gefängnisse
im Mont=St.=Michel, bekanntlich ein Felsen im
Meere. Ein Brief, der ihr aus der Citadelle ge-
schrieben wurde, meldete, daß ein Gefangener we-
gen der qualvollen Marter in seinem Kerker sich
erhängte. Die Presse fordert strenge Untersuchung
und Absetzung des Direktors dieses Staatsgefäng-
nisses. -- L'Union meldet, daß gestern fünf Sol-
daten, welche an der Julisäule Kränze niederleg-

[Spaltenumbruch] vorläufig verhaftet worden ist. -- FML. Wohl-
gemuth,
FZM. Heß, FML. Wimpfen und
General Schlick von der Kavallerie haben den
Maria=Theresia=Orden erhalten.

+ Wien, 27. März. Die heutigen offiziellen
Blätter enthalten gegen 30 kriegsrechtliche Urtheile
über ehemalige österreichische Subalternoffiziere,
davon 16 auf Tod lautende, aber auf Festungs-
strafe gemilderte. -- Ein in österreichischen Blät-
tern veröffentlichter Brief des Generals Buturlin,
Generalstabschefs des Fürsten Paskewitsch, läug-
net, mit Bezug auf die Beschuldigung, Haynau
verletze durch seine Hinrichtungen die Arader Ca-
pitulation, daß die ungarische Besatzung capitulirt
habe; sie habe sich ohne Bedingungen ergeben. --
Heute Nachmittags fand die Leichenfeierlichkeit zu
Ehren des letzthin verstorbenen Prinzen von Nas-
sau statt, wozu sich sein Bruder, der regierende
Herzog von Nassau, eingefunden hatte. Der Ver-
blichene war erst 30 Jahre alt und diente in der
k. k. Armee als Oberst des Husarenregiments
Fürst Liechtenstein; sein Vetter, der Erzherzog
Albrecht, hatte ihm das Palais auf der Bastei
eingeräumt, wo er auch verschied. Unter militä-
risch=kirchlicher Ceremonie wurde der Leichnam auf
den Nordbahnhof geführt, um sodann weiter fort
in die herzogliche Familiengruft zu Usingen ge-
schafft zu werden. -- Am 23. März erschien der
Bauer Kainz aus Parsdorf, Verfasser einer unter
dem Titel „Antichrist“ erschienenen Broschüre, in
der Hofburg und verlangte mit dem Kaiser zu
sprechen, vorgebend, er sei ein Prophet und ge-
sonnen, dem Kaiser die Ereignisse des Jahres
1850 wahrzusagen. Man fand sich veranlaßt,
den Geisteszustand des angeblichen Propheten zu
untersuchen, in Folge dessen er sogleich in das
Jrrenhaus gedracht wurde.

Wien, 28. März. Man berichtet aus Mai-
land folgenden edlen Zug des kommandirenden
Fürsten v. Schwarzenberg. Graf Arena, der als
Flüchtling in der Schweiz lebte, hatte sich an den
Fürsten Schwarzenberg mit der Bitte gewendet,
seinen todtkranken Vater nur auf drei Tage sehen
zu dürfen. Er verpflichtete sich dabei, Niemand
zu besuchen, und wollte sich sogar unter militä-
rische Aufsicht stellen. Der edle Fürst gewährte
ihm nicht blos diese Bitte, sondern gab ihm so-
gar die Erlaubniß, sich in voller Freiheit zwei
Monate in Mailand aufzuhalten.

Wien, 28. März. Dieser Tage wurden wie-
der verschiedene politische Gefangene nach dem
Spielberg abgeführt. -- Die österreichische Welt-
umseglungsexpedition wird endlich doch stattfinden,
und ist nur einige Zeit verschoben worden. --
Möchte die Finanzkommission sich doch beeilen
ihre Berathungen zu veröffentlichen, damit man
endlich erfahre, woran man ist. Die Ungewißheit,
in der man das Publikum über das Schicksal der
Bank läßt, erregt wahrlich keine geringe Besorg-
niß, und es ist hohe Zeit, daß der Finanzminister
etwas entscheidendes thue.

   

+ Wien, 29. März. Die Organisation des
Kriegsministeriums ist bis zur Rückkehr des Kriegs-
ministers verschoben. F.=M.=L. Degenfeld zeichnet
die Erlasse und der Ministerpräsident die Vorträge
dieses Ministeriums. -- Das Hauptquartier des
Feldmarschall=Lieut. Erzherzog Albrecht, Komman-
danten des Observations=Corps in Böhmen, wird
von Theresienstadt nach Töplitz verlegt werden. --
Der Debit der bei Hrn. J. Reck in Heften er-
scheinenden Zeitung: „Jllustrirtes März = Album,“
ist hohen Orts eingestellt worden. -- Dieser Tage
wurde der bekannte Tänzer Vester Sandor in
Ketten nach Wien gebracht. Er soll im Dienste
Pulsky's besonders im Oktober 1848 gestanden
sein. Sandor war es, der bei dem Anmarsche
der Ungarn am 30. Okt. aus Varga's Händen
die Signalraketen erhielt und damit zum Ste-
phansthurm eilte. Er entkam am 6. Nov. aus
Wien, war aber so unbesonnen, noch in demsel-
ben Monat in einem Pesther deutschen Blatte
sein ganzes Thun und Lassen in der Residenz
zu veröffentlichen. -- Aus dem ehemal. Tapo-
rer Kreise wird gemeldet: daß bedeutende Auf-
lehnungen, sogar Erzesse, gegen die dort wir-
[Spaltenumbruch] kenden Grundentlastungs=Bezirkscommissionen vor-
gefallen sind.

Wien, 29. März. Mit dem gestrigen Post-
zuge ist Frhr. v. Vrints, k. k. außerordentl. Ge-
sandter am dänischen Hofe, mit dringenden Depe-
schen hier angekommen.

Triest, 29. März. Aus Bosnien sind Nach-
richten vom 25. d. eingelaufen, wornach die dor-
tige Revolte sowohl an Ausdehnung als Gefähr-
lichkeit fortwährend zunimmt. Die Bevölkerung
von Banjaluka hat 2000 türkische Soldaten ver-
trieben. Der Vesir von Travnik ließ eine Auf-
forderung zur Beihilfe ergeben, die jedoch von
den Pascha's unbefolgt blieb.

Frankreich.

C Paris, 28. März. Die gerichtliche Ver-
folgung gegen Hrn. Vancorbeil wegen seiner Bro-
schüre über die Revision der Verfassung ist be-
gonnen. Gestern war derselbe neuerdings vor
dem Untersuchungsrichter. -- Sämmtliche Mit-
glieder der Preßgesetzkommission, mit Ausnahme
des Hrn. Mol é haben sich gegen Erhöhung der
Caution ausgesprochen. -- Noch immer beschäftigt
sich die öffentlich Meinung mit dem Antrage
Larochejacquelin's. Man ist einstimmig darüber,
daß sowohl die republikanische als die royalistische
Partei sich nicht mit der Offenheit und Ehrlichkeit
benommen haben, welche der Gegenstand erfor-
derte. Man glaubt ferner, daß Larochejacquelin
bloß aus eigenem Antrieb den Antrag gestellt
habe und daß derselbe mindestens eben so stark
gegen die Orleanisten, als gegen die Republik ge-
richtet gewesen sei. Man hat es der Linken sehr
übel genommen, daß sie den Fehdehandschuh nicht
aufgehoben; die Mitglieder der Montagne ent-
schuldigen sich, daß sie der Regierung keine Ge-
legenheit verschaffen wollten, sich in Zukunft bei
einem inconstitutionellen Antrage auf einen Prä-
cedenzfall berufen zu können. Am meisten hat der
Antrag die Bonapartisten in Wuth gebracht. Die
Wirkung im Elysee soll eine peinliche gewesen
sein. Man will sogar behaupten, es sei im gestri-
gen Ministerrathe die Meinung laut geworden,
einen energischen Tadel gegen den Antragsteller
auszusprechen. Nur zwei Minister sollen dagegen
gewesen sein. Jedenfalls ist die Tragweite und
Wirkung des Antrags bedeutend und man hört
vielfach die Ansicht aussprechen, derselbe sei nur
als ein Vorbote anderer zu betrachten. -- Die
Journale fahren heute in ihrer Kritik des La-
rochejacquelin 'schen Antrages fort. Der Consti-
tutionel äußert sich folgender Maßen: Ohne uns
bei der Frage der Jnconstitutionalität, welche die
Versammlung bereits entschieden hat, länger auf-
zuhalten, fragen wir Hrn. L. ob er wohl alles
Ernstes glaube, das vorgeschlagene Mittel werde
der Ungewißheit, die es vernichten soll, ein Ende
machen. Was verlangt er? Die Wähler sollen
Republik oder Monarchie auf die Stimmzettel
schreiben und die Regierungsform der Majorität
soll gelten. Diese Lösung wäre, gerade heraus
gesagt, keine. Wenn nun die Monarchie siegt,
welche ist es denn? Jst es das legitime König-
thum, die Julimonarchie, das Kaiserreich oder eine
neue Dynastie. Auf der Kehrseite, wenn die Re-
publik siegt, dieselbe Verlegenheit, denn wir haben
heute zu Tage so viele Republiken, als Monar-
chien. Jst es die Gegenwärtige, die demokratische
und sociale, die Louis Blanc's, Considerants oder
Proudhon's, die alle unter einander größere Ab-
stände zeigen, als den einer gewissen Repu-
blik von der constitutionellen Monarchie.

Der Aufruf an's Volk besitzt also die Heilkraft
nicht, welche Hr. Larochejacquelin ihm zuschreibt.
Diese Abstimmung würde nur neue, noch furcht-
barere Fragen herbeiführen, die weit entfernt, den
Bürgerkrieg zu verhindern, denselben beschleunigen
und erbittern würden. Hrn. L. Absicht war gut,
aber sein Mittel ist abscheulich. Sein Antrag
wäre gegen seine und seiner Partei Zweck ausge-
fallen, hätte man ihn angenommen. Jn der That,
er will den Spaltungen ein Ende machen und
was hat er anders bewirkt, als den Bruch zwi-
schen den alten Parteien, die sich versöhnen soll-
[Spaltenumbruch] ten, noch weiter zu treiben. -- Gestern hat im
Gehölz von Vincennes in Folge eines politischen
Streites eine Duell zwischen Hrn. Lirense, Redak-
teur des Constitutionel und Hrn. Weill, Redak-
teur der Gazette de france Statt gefunden. Kei-
ner wurde verwundet. -- Das Comite der Be-
sitzer, Fabrikanten Handelsleute und Arbeiter für
die letzten Wahlen hatte Hrn. Croce Spinelie
zum Vorsitzer. Derselbe sammelt nun Unterschriften
zu einer Petition an die Nationalversammlung,
um 1 ) Abschaffung der Getränkesteuer vom 1.
Juli 1850. 2 ) Besteuerung der Hypotekar= und
Staats = Renten und Aktienkäufe mit 1%. 3 )
5% Verminderung aller Beamtengehalte über
2000 Fres. 4 ) Gründliche Revision des Pa-
tentgesetzes. -- Er will dadurch eine jährliche Er-
sparung von 700 Millionen bezwecken. -- Vor
dem gestrigen Assisenhofe der Seinededepartements
wurde die bekannte Affaire der Rue Rumfort ver-
handelt. Alle Angeklagten sind gegenwärtig. Es
sind 15, darunter 1 ehemaliger Leibgardist, 1 Be-
amter und 1 Priester. Sie gehören alle der
Huberts=Legion an. Jhr Alter ist von 40 bis
57 Jahren. Unter ihren Vertheidigern bemerkt man
keine Nationalität. Der Anklageakte entnehmen
wir Folgendes: Jm November 1847 constituiren
sich eine legitimistische geheime Gesellschaft unter
dem Namen Huberts=Legion. Jhr Wappen und
Vereinigungszeichen sind ein Eberkopf. Sie sollte
in Bataillons zu 10 Compagnien: jede von 100
Mann, Officiere und Unterofficiere nicht mitbe-
griffen, zerfallen. Das erste Bataillon stand un-
ter dem Commando des Exleibgardisten Patras
de Campaigno. Jn dessen Wohnung wurde am
26. November die Gesellschaft, welche früher schon
mehrere Sitzungen gehalten hatte, von den Poli-
zeiagenten aufgehoboen. Jn den Aktenstücken findet
sich folgende Eidesformel: Wir schwören, unsere
Leben unsern legitimen Könige Heinrich v. Bour-
bon zur Verfügung zu stellen und lieber zu ster-
ben, als unsern Schwur zu verrathen. Nach den
Aussagen der Angeklagten selbst, war der Zweck
der Gesellschaft, in einem vorkommenden Falle
die Ansprüche des Grafen Chambord auf den
französischen Thron zu unterstützen. Patras ant-
wortet mit großer Zuversicht. Ein Angeklagter,
Hauptmann der Legion, war Lakai Carls X., ein
anderer wegen grober Majestätsbeleidigung unter
Carl X. dreimal verurtheilt. Die Sitzung wurde
um 5 Uhr vertagt. -- Der französische Gesandte
in London, Dronin de Lhays, ist zum Mitglied
des englischen Comite für die Londoner Ausstel-
lung ernannt worden. Dagegen enthält heute der
Moniteur die Ernennung des hiesigen englischen
Gesandten, Lord Normanby, zum Mitgliede des
französischen Comite für dieselbe Ausstellung.

C Paris, 29. März. Diesen Morgen fand im
Elysee ein Ministerrath Statt, welchem alle Mi-
nister beiwohnten. Nach demselben hatte der Prä-
sident der Republik eine lange Unterredung mit
Baroche. -- Der Beschluß der Kommission über
das Preßgesetz, nächsten Montag eine Deputation
der Journalisten zu empfangen, hat einen sehr gün-
stigen Eindruck gemacht. Die Sitzung, welche sie
zu diesem Behufe angeordnet hat, wird um 11 Uhr
Statt finden. Uebrigens wurde ein ähnlicher Be-
schluß schon unter der Konstituante, damals auf
Antrag des Hrn. Crespel de Latouche gefaßt, mit
der Ausnahme, daß damals die Departemental-
presse nicht inbegriffen war. -- Die ganze De-
partementalpresse ist entschlossen, nicht nur die Kau-
tionserhöhung, sondern auch den Stempel zurück
zu weisen. Die französische Nation hängt so sehr
an dem Besitze ihrer Presse, daß die öffentliche
Meinung ohne Unterschied der Parteien den Ent-
wurf zurückweist. -- Die Presse liefert schander-
hafte Details über den Zustand der Gefängnisse
im Mont=St.=Michel, bekanntlich ein Felsen im
Meere. Ein Brief, der ihr aus der Citadelle ge-
schrieben wurde, meldete, daß ein Gefangener we-
gen der qualvollen Marter in seinem Kerker sich
erhängte. Die Presse fordert strenge Untersuchung
und Absetzung des Direktors dieses Staatsgefäng-
nisses. -- L'Union meldet, daß gestern fünf Sol-
daten, welche an der Julisäule Kränze niederleg-

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[0003] vorläufig verhaftet worden ist. -- FML. Wohl- gemuth, FZM. Heß, FML. Wimpfen und General Schlick von der Kavallerie haben den Maria=Theresia=Orden erhalten. + Wien, 27. März. Die heutigen offiziellen Blätter enthalten gegen 30 kriegsrechtliche Urtheile über ehemalige österreichische Subalternoffiziere, davon 16 auf Tod lautende, aber auf Festungs- strafe gemilderte. -- Ein in österreichischen Blät- tern veröffentlichter Brief des Generals Buturlin, Generalstabschefs des Fürsten Paskewitsch, läug- net, mit Bezug auf die Beschuldigung, Haynau verletze durch seine Hinrichtungen die Arader Ca- pitulation, daß die ungarische Besatzung capitulirt habe; sie habe sich ohne Bedingungen ergeben. -- Heute Nachmittags fand die Leichenfeierlichkeit zu Ehren des letzthin verstorbenen Prinzen von Nas- sau statt, wozu sich sein Bruder, der regierende Herzog von Nassau, eingefunden hatte. Der Ver- blichene war erst 30 Jahre alt und diente in der k. k. Armee als Oberst des Husarenregiments Fürst Liechtenstein; sein Vetter, der Erzherzog Albrecht, hatte ihm das Palais auf der Bastei eingeräumt, wo er auch verschied. Unter militä- risch=kirchlicher Ceremonie wurde der Leichnam auf den Nordbahnhof geführt, um sodann weiter fort in die herzogliche Familiengruft zu Usingen ge- schafft zu werden. -- Am 23. März erschien der Bauer Kainz aus Parsdorf, Verfasser einer unter dem Titel „Antichrist“ erschienenen Broschüre, in der Hofburg und verlangte mit dem Kaiser zu sprechen, vorgebend, er sei ein Prophet und ge- sonnen, dem Kaiser die Ereignisse des Jahres 1850 wahrzusagen. Man fand sich veranlaßt, den Geisteszustand des angeblichen Propheten zu untersuchen, in Folge dessen er sogleich in das Jrrenhaus gedracht wurde. Wien, 28. März. Man berichtet aus Mai- land folgenden edlen Zug des kommandirenden Fürsten v. Schwarzenberg. Graf Arena, der als Flüchtling in der Schweiz lebte, hatte sich an den Fürsten Schwarzenberg mit der Bitte gewendet, seinen todtkranken Vater nur auf drei Tage sehen zu dürfen. Er verpflichtete sich dabei, Niemand zu besuchen, und wollte sich sogar unter militä- rische Aufsicht stellen. Der edle Fürst gewährte ihm nicht blos diese Bitte, sondern gab ihm so- gar die Erlaubniß, sich in voller Freiheit zwei Monate in Mailand aufzuhalten. Wien, 28. März. Dieser Tage wurden wie- der verschiedene politische Gefangene nach dem Spielberg abgeführt. -- Die österreichische Welt- umseglungsexpedition wird endlich doch stattfinden, und ist nur einige Zeit verschoben worden. -- Möchte die Finanzkommission sich doch beeilen ihre Berathungen zu veröffentlichen, damit man endlich erfahre, woran man ist. Die Ungewißheit, in der man das Publikum über das Schicksal der Bank läßt, erregt wahrlich keine geringe Besorg- niß, und es ist hohe Zeit, daß der Finanzminister etwas entscheidendes thue. ( Allg. Z. ) + Wien, 29. März. Die Organisation des Kriegsministeriums ist bis zur Rückkehr des Kriegs- ministers verschoben. F.=M.=L. Degenfeld zeichnet die Erlasse und der Ministerpräsident die Vorträge dieses Ministeriums. -- Das Hauptquartier des Feldmarschall=Lieut. Erzherzog Albrecht, Komman- danten des Observations=Corps in Böhmen, wird von Theresienstadt nach Töplitz verlegt werden. -- Der Debit der bei Hrn. J. Reck in Heften er- scheinenden Zeitung: „Jllustrirtes März = Album,“ ist hohen Orts eingestellt worden. -- Dieser Tage wurde der bekannte Tänzer Vester Sandor in Ketten nach Wien gebracht. Er soll im Dienste Pulsky's besonders im Oktober 1848 gestanden sein. Sandor war es, der bei dem Anmarsche der Ungarn am 30. Okt. aus Varga's Händen die Signalraketen erhielt und damit zum Ste- phansthurm eilte. Er entkam am 6. Nov. aus Wien, war aber so unbesonnen, noch in demsel- ben Monat in einem Pesther deutschen Blatte sein ganzes Thun und Lassen in der Residenz zu veröffentlichen. -- Aus dem ehemal. Tapo- rer Kreise wird gemeldet: daß bedeutende Auf- lehnungen, sogar Erzesse, gegen die dort wir- kenden Grundentlastungs=Bezirkscommissionen vor- gefallen sind. Wien, 29. März. Mit dem gestrigen Post- zuge ist Frhr. v. Vrints, k. k. außerordentl. Ge- sandter am dänischen Hofe, mit dringenden Depe- schen hier angekommen. Triest, 29. März. Aus Bosnien sind Nach- richten vom 25. d. eingelaufen, wornach die dor- tige Revolte sowohl an Ausdehnung als Gefähr- lichkeit fortwährend zunimmt. Die Bevölkerung von Banjaluka hat 2000 türkische Soldaten ver- trieben. Der Vesir von Travnik ließ eine Auf- forderung zur Beihilfe ergeben, die jedoch von den Pascha's unbefolgt blieb. Frankreich. C Paris, 28. März. Die gerichtliche Ver- folgung gegen Hrn. Vancorbeil wegen seiner Bro- schüre über die Revision der Verfassung ist be- gonnen. Gestern war derselbe neuerdings vor dem Untersuchungsrichter. -- Sämmtliche Mit- glieder der Preßgesetzkommission, mit Ausnahme des Hrn. Mol é haben sich gegen Erhöhung der Caution ausgesprochen. -- Noch immer beschäftigt sich die öffentlich Meinung mit dem Antrage Larochejacquelin's. Man ist einstimmig darüber, daß sowohl die republikanische als die royalistische Partei sich nicht mit der Offenheit und Ehrlichkeit benommen haben, welche der Gegenstand erfor- derte. Man glaubt ferner, daß Larochejacquelin bloß aus eigenem Antrieb den Antrag gestellt habe und daß derselbe mindestens eben so stark gegen die Orleanisten, als gegen die Republik ge- richtet gewesen sei. Man hat es der Linken sehr übel genommen, daß sie den Fehdehandschuh nicht aufgehoben; die Mitglieder der Montagne ent- schuldigen sich, daß sie der Regierung keine Ge- legenheit verschaffen wollten, sich in Zukunft bei einem inconstitutionellen Antrage auf einen Prä- cedenzfall berufen zu können. Am meisten hat der Antrag die Bonapartisten in Wuth gebracht. Die Wirkung im Elysee soll eine peinliche gewesen sein. Man will sogar behaupten, es sei im gestri- gen Ministerrathe die Meinung laut geworden, einen energischen Tadel gegen den Antragsteller auszusprechen. Nur zwei Minister sollen dagegen gewesen sein. Jedenfalls ist die Tragweite und Wirkung des Antrags bedeutend und man hört vielfach die Ansicht aussprechen, derselbe sei nur als ein Vorbote anderer zu betrachten. -- Die Journale fahren heute in ihrer Kritik des La- rochejacquelin 'schen Antrages fort. Der Consti- tutionel äußert sich folgender Maßen: Ohne uns bei der Frage der Jnconstitutionalität, welche die Versammlung bereits entschieden hat, länger auf- zuhalten, fragen wir Hrn. L. ob er wohl alles Ernstes glaube, das vorgeschlagene Mittel werde der Ungewißheit, die es vernichten soll, ein Ende machen. Was verlangt er? Die Wähler sollen Republik oder Monarchie auf die Stimmzettel schreiben und die Regierungsform der Majorität soll gelten. Diese Lösung wäre, gerade heraus gesagt, keine. Wenn nun die Monarchie siegt, welche ist es denn? Jst es das legitime König- thum, die Julimonarchie, das Kaiserreich oder eine neue Dynastie. Auf der Kehrseite, wenn die Re- publik siegt, dieselbe Verlegenheit, denn wir haben heute zu Tage so viele Republiken, als Monar- chien. Jst es die Gegenwärtige, die demokratische und sociale, die Louis Blanc's, Considerants oder Proudhon's, die alle unter einander größere Ab- stände zeigen, als den einer gewissen Repu- blik von der constitutionellen Monarchie. Der Aufruf an's Volk besitzt also die Heilkraft nicht, welche Hr. Larochejacquelin ihm zuschreibt. Diese Abstimmung würde nur neue, noch furcht- barere Fragen herbeiführen, die weit entfernt, den Bürgerkrieg zu verhindern, denselben beschleunigen und erbittern würden. Hrn. L. Absicht war gut, aber sein Mittel ist abscheulich. Sein Antrag wäre gegen seine und seiner Partei Zweck ausge- fallen, hätte man ihn angenommen. Jn der That, er will den Spaltungen ein Ende machen und was hat er anders bewirkt, als den Bruch zwi- schen den alten Parteien, die sich versöhnen soll- ten, noch weiter zu treiben. -- Gestern hat im Gehölz von Vincennes in Folge eines politischen Streites eine Duell zwischen Hrn. Lirense, Redak- teur des Constitutionel und Hrn. 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Der Anklageakte entnehmen wir Folgendes: Jm November 1847 constituiren sich eine legitimistische geheime Gesellschaft unter dem Namen Huberts=Legion. Jhr Wappen und Vereinigungszeichen sind ein Eberkopf. Sie sollte in Bataillons zu 10 Compagnien: jede von 100 Mann, Officiere und Unterofficiere nicht mitbe- griffen, zerfallen. Das erste Bataillon stand un- ter dem Commando des Exleibgardisten Patras de Campaigno. Jn dessen Wohnung wurde am 26. November die Gesellschaft, welche früher schon mehrere Sitzungen gehalten hatte, von den Poli- zeiagenten aufgehoboen. Jn den Aktenstücken findet sich folgende Eidesformel: Wir schwören, unsere Leben unsern legitimen Könige Heinrich v. Bour- bon zur Verfügung zu stellen und lieber zu ster- ben, als unsern Schwur zu verrathen. Nach den Aussagen der Angeklagten selbst, war der Zweck der Gesellschaft, in einem vorkommenden Falle die Ansprüche des Grafen Chambord auf den französischen Thron zu unterstützen. Patras ant- wortet mit großer Zuversicht. Ein Angeklagter, Hauptmann der Legion, war Lakai Carls X., ein anderer wegen grober Majestätsbeleidigung unter Carl X. dreimal verurtheilt. Die Sitzung wurde um 5 Uhr vertagt. -- Der französische Gesandte in London, Dronin de Lhays, ist zum Mitglied des englischen Comite für die Londoner Ausstel- lung ernannt worden. Dagegen enthält heute der Moniteur die Ernennung des hiesigen englischen Gesandten, Lord Normanby, zum Mitgliede des französischen Comite für dieselbe Ausstellung. C Paris, 29. März. Diesen Morgen fand im Elysee ein Ministerrath Statt, welchem alle Mi- nister beiwohnten. Nach demselben hatte der Prä- sident der Republik eine lange Unterredung mit Baroche. -- Der Beschluß der Kommission über das Preßgesetz, nächsten Montag eine Deputation der Journalisten zu empfangen, hat einen sehr gün- stigen Eindruck gemacht. Die Sitzung, welche sie zu diesem Behufe angeordnet hat, wird um 11 Uhr Statt finden. Uebrigens wurde ein ähnlicher Be- schluß schon unter der Konstituante, damals auf Antrag des Hrn. Crespel de Latouche gefaßt, mit der Ausnahme, daß damals die Departemental- presse nicht inbegriffen war. -- Die ganze De- partementalpresse ist entschlossen, nicht nur die Kau- tionserhöhung, sondern auch den Stempel zurück zu weisen. Die französische Nation hängt so sehr an dem Besitze ihrer Presse, daß die öffentliche Meinung ohne Unterschied der Parteien den Ent- wurf zurückweist. -- Die Presse liefert schander- hafte Details über den Zustand der Gefängnisse im Mont=St.=Michel, bekanntlich ein Felsen im Meere. Ein Brief, der ihr aus der Citadelle ge- schrieben wurde, meldete, daß ein Gefangener we- gen der qualvollen Marter in seinem Kerker sich erhängte. Die Presse fordert strenge Untersuchung und Absetzung des Direktors dieses Staatsgefäng- nisses. -- L'Union meldet, daß gestern fünf Sol- daten, welche an der Julisäule Kränze niederleg-

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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 79. Würzburg, 2. April 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische079_1850/3>, abgerufen am 21.11.2024.