Badener Zeitung. Nr. 67, Baden (Niederösterreich), 19.08.1908. Badener Zeitung Deutsch-freiheitliches und unabhängiges Organ. [Spaltenumbruch]
Redaktionsschluß: Nr. 67. Mittwoch, den 19. August 1908. 29. Jahrg. [Spaltenumbruch] Das nahende Unglück. Auch in der Politik bewahrheitet sich das Trotzdem die Reichsratswahlen bewiesen Steckt doch in einem großen Teile der Wir wissen ganz gut, wie wenig Glück Wir müssen einem derartigen Kompromisse [Spaltenumbruch]
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Feuilleton.
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Eine Selbstbiographie Hermann Rolletts. Der sonderbare Umstand, daß der Name Hermann Was dem "Lebeusabriß", abgesehen davon, Das vorliegende Manuskript ist auf 74 Oktav- Die Fußnoten, die beizusetzen ich für angezeigt Mein Lebensabriß. Von Hermann Rollett. Geschrieben im März 1862. Das wahre Glück erreicht kein Herz In diesem Erdenleben; Doch ist's ein wounevoller Schmerz, Vergebens es erstreben. Aus meiner "Waldhumoreske". Vorbemerkung. Vor allem die Erklärung, daß ich diese gedrängten 1) Die für den 19. und 20. Bogen im 26. Baude des
Lexikons bestimmt gewesene Biogaphie Rolletts wurde von Wurzbach im letzten Momente nicht aufgenommen, sondern erschien 1874 im Selbstverlage des Dichters. Die Gründe dieses Vorgehens findet man im Sonderabdruck auseinander- gesetzt. Badener Zeitung Deutſch-freiheitliches und unabhängiges Organ. [Spaltenumbruch]
Redaktionsſchluß: Nr. 67. Mittwoch, den 19. Auguſt 1908. 29. Jahrg. [Spaltenumbruch] Das nahende Unglück. Auch in der Politik bewahrheitet ſich das Trotzdem die Reichsratswahlen bewieſen Steckt doch in einem großen Teile der Wir wiſſen ganz gut, wie wenig Glück Wir müſſen einem derartigen Kompromiſſe [Spaltenumbruch]
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Feuilleton.
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Eine Selbſtbiographie Hermann Rolletts. Der ſonderbare Umſtand, daß der Name Hermann Was dem „Lebeusabriß“, abgeſehen davon, Das vorliegende Manuskript iſt auf 74 Oktav- Die Fußnoten, die beizuſetzen ich für angezeigt Mein Lebensabriß. Von Hermann Rollett. Geſchrieben im März 1862. Das wahre Glück erreicht kein Herz In dieſem Erdenleben; Doch iſt’s ein wounevoller Schmerz, Vergebens es erſtreben. Aus meiner „Waldhumoreske“. Vorbemerkung. Vor allem die Erklärung, daß ich dieſe gedrängten 1) Die für den 19. und 20. Bogen im 26. Baude des
Lexikons beſtimmt geweſene Biogaphie Rolletts wurde von Wurzbach im letzten Momente nicht aufgenommen, ſondern erſchien 1874 im Selbſtverlage des Dichters. Die Gründe dieſes Vorgehens findet man im Sonderabdruck auseinander- geſetzt. <TEI> <text> <front> <pb facs="#f0001" n="[1]"/> <titlePage xml:id="title1" type="heading" next="#title2"> <titlePart type="main"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Badener Zeitung</hi><lb/> Deutſch-freiheitliches und unabhängiges Organ.</hi> </titlePart> </titlePage><lb/> <div type="jExpedition"> <p><cb/><hi rendition="#b">Redaktionsſchluß:<lb/> Dienstag und Freitag früh.<lb/><cb/> Erſcheint Mittwoch und Samstag früh.<lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> Telephon-Anſchluß Nr. 229. <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><lb/><cb/> Anverlangt eingeſandte Mannſkripte<lb/> werden nicht zurückgeſendet.<lb/> Abonnement Baden:</hi> Zum Abholen vierteljährig <hi rendition="#aq">K</hi> 2·50, halbjährig <hi rendition="#aq">K</hi> 5·—, ganzjährig <hi rendition="#aq">K</hi> 10·—. 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Bettelheim, Berlin, Jahrgang<lb/> 1905/6) ſchrieb ich ſelbſt zuletzt eine Biographie<lb/> Rolletts in gedrängter Kürze.</p><lb/> <p>Was dem „Lebeusabriß“, abgeſehen davon,<lb/> daß er ein Ganzes vorſtellt, allgemeines Intereſſe<lb/> ſichert, iſt die Offenherzigkeit, mit der dem Leſer<lb/> zwiſchen durch die raſch aufgezählten Geſchehniſſe<lb/> dieſes unſtäten Lebenslaufes allenthalben ein Blick<lb/> ins Seelenleben Rolletts geſtattet wird. 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B. gerade die<lb/> „Offenbarungen“, Ghaſele, die zu ſeinen formvollen-<lb/> detſten Dichtungen gehören, aus einer Zeit, da ihn<lb/> nebſt allen ſeinen fachwiſſenſchaftlichen Arbeiten über-<lb/> dies die Pflichten eines Gemeinderates und Bürger-<lb/> meiſterſtellvertreters in Anſpruch nahmen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Die Fußnoten, die beizuſetzen ich für angezeigt<lb/> hielt, verfolgen den Zweck, bloß flüchtig Geſtreiftes<lb/> durch die nötige Quelle zu belegen.</p><lb/> <div n="3"> <head><hi rendition="#b">Mein Lebensabriß.</hi><lb/> Von <hi rendition="#g">Hermann Rollett.</hi><lb/> Geſchrieben im März 1862.</head><lb/> <lg type="poem"> <l>Das wahre Glück erreicht kein Herz</l><lb/> <l>In dieſem Erdenleben;</l><lb/> <l>Doch iſt’s ein wounevoller Schmerz,</l><lb/> <l>Vergebens es erſtreben.</l><lb/> <l>Aus meiner „Waldhumoreske“.</l> </lg><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#g">Vorbemerkung.</hi> </head><lb/> <p>Vor allem die Erklärung, daß ich dieſe gedrängten<lb/> Skizzen nur aus Anlaß des Umſtandes ſchreibe, daß<lb/> über mein Weſen und mein Leben viele teils un-<lb/> genaue, teils gänzlich falſche Angaben verbreitet ſind,<lb/> deren Berichtigung jedenfalls in meinem Intereſſe<lb/> liegt, und daß ich mich ohne Phraſe ausdrücklich<lb/> dagegen verwahre, als hätte ich den Glauben, meine<lb/> Perſon und mein Talent ſeien von genug großer</p> </div> </div> </div> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [[1]/0001]
Badener Zeitung
Deutſch-freiheitliches und unabhängiges Organ.
Redaktionsſchluß:
Dienstag und Freitag früh.
Erſcheint Mittwoch und Samstag früh.
Telephon-Anſchluß Nr. 229.
Anverlangt eingeſandte Mannſkripte
werden nicht zurückgeſendet.
Abonnement Baden: Zum Abholen vierteljährig K 2·50, halbjährig K 5·—, ganzjährig K 10·—. Mit Zuſtellung ins Haus Baden: Vierteljährig K 3·—, halbjährig K 6 —,
ganzjährig K 12·—. Oeſterreich-Ungarn: Mit Zuſendung vierteljährig K 3·30, halbjährig K 6·50, ganzjährig K 13·—. Einzelne Mittwoch-Nummer 12 h, Samstag-
Nummer 16 h. — Anſerate werden per 80 mm breite Petitzeile mit 16 h für die erſte, und mit 14 h für fünf nacheinander folgende Einſchaltungen berechnet, größere Auftrage
nach Uebereinkommen und können auch durch die beſtehenden Annonzen-Bureaus an die Adminiſtration gerichtet werden. — Intereſſante Mitteilungen, Notizen und
Korreſvondenzen werden nach Uebereinkunft honoriert. — Mannſkripte werden nicht zurückgeſtellt. — Redaktion und Adminiſtration: Baden, Pfarrgaſſe Nr. 3.
(Die Samstag-Nummer enthält die Gratis-Beilage „Illuſtriertes Unterhaltungsblatt“.)
Nr. 67. Mittwoch, den 19. Auguſt 1908. 29. Jahrg.
Das nahende Unglück.
Auch in der Politik bewahrheitet ſich das
Sprichwort, daß der Apfel nicht weit vom
Stamme falle. Die öſterreichiſchen Altliberalen
ſind an dem Widerſpruche zwiſchen ihrem
Programm und ihrer Haltung zugrundege-
gangen, ihre verſchämten Erben aber, die
Deutſchfortſchrittlichen, ſägen ſich ſelbſt den
Aſt ab, auf dem ſie ſitzen, weil ihre Taktik
unausgeſetzte Namensſchändung und Verrat
der fortſchrittlichen Prinzipien iſt.
Trotzdem die Reichsratswahlen bewieſen
haben, daß der freiheitliche Gedanke bei der
Wählerſchaft nicht auszurotten iſt — man
denke nur an die Wahl in unſerem Bezirke,
wo der Gewählte mit nur wenigen Stimmen
aus der Urne hervorging — will man ihn
bei den Abgeordneten vernichten. Die chriſt-
lichſoziale Partei ſucht ſich bei den kommenden
Landtagswahlen den Freiſinnigen durch ein
Kompromiß zu nähern; ſie will ihnen acht
Mandate in der Städtekurie überlaſſen,
während die übrigen Mandate, zuſammen
48 Wahlbezirke, ihr kampflos überlaſſen
bleiben ſollten. Wenn man recht unterrichtet
iſt, hat in dieſem Kuhhandel unſere Re-
gierung die Hand im Spiele, deren Politik,
die Deutſchfreiheitlichen den Chriſtlichſozialen
in die Arme zu treiben, dadurch nun unter-
ſtützt würde. Dieſe Abſicht der Regierung
wäre, trotz der logiſchen Unmöglichkeit einer
Vereinigung von Freiſinn und Reaktion,
vielleicht längſt ſchon Tatſache geworden,
wenn nicht gewiſſe Ereigniſſe in letzterer
Zeit dieſelbe zunichte gemacht hätten.
Steckt doch in einem großen Teile der
Wählerſchaft die Angſt vor dem Anwachſen
der Sozialdemokratie viel zu ſehr in den
Gliedern, als daß man in ruhiger, nüchterner
Erwägung der Dinge eine natürlichere Bundes-
genoſſenſchaft ſuchte. Hier die Sozialdemokratie
— hier alle anderen, das iſt die bequeme
Formel eines alles übrige entweder leicht-
ſinnig und unabläſſig oder abſichtlich und
ſpekulativ überſehenden Simpliſten. Davon
nicht zu ſprechen, daß man ſich klar ſein
müßte, wohin man weiter will, wenn man
die Sozialdemokratie bekämpft hat. Es iſt
wahrlich kein ingeniöſer Gedanke, das rote
Lager zu ſchlagen, um in das ſchwarze zu
gelangen!
Wir wiſſen ganz gut, wie wenig Glück
man in Oeſterreich hat, wenn man angeſichts
der beſtehenden Verhältniſſe vor einem unbe-
dachten Schritte warnt und einem natürlicheren
Bündniſſe das Wort ſpricht. So ſehr iſt ja
bei uns die Luft mit Verdächtigungen ge-
ſchwängert, daß man jeden Menſchen, der
nicht gleich als Fechter und Himmelsſtürmer
auftritt, weiß Gott welcher geheimen Kompro-
miſſe, welcher Unaufrichtigkeiten und politiſchen
Geſinnungsloſigkeiten beſchuldigt. Aber ſicher
iſt, daß, wenn man ſchon Opfer bringen muß,
es beſſer und menſchlicher iſt, ſie einem ver-
wandten Geſinnungsgenoſſen zu bringen, als
mit dem Erzfeinde ſich ſo ſchmählich zu
proſtituieren.
Wir müſſen einem derartigen Kompromiſſe
[Abbildung]
Feuilleton.
[Abbildung]
Eine Selbſtbiographie Hermann
Rolletts.
Mitgeteilt von Paul Tauſig.
Der ſonderbare Umſtand, daß der Name Hermann
Rolletts in Wurzbachs „Biographiſchem Lexikon
des öſterreichiſchen Kaiſerſtaats“ nicht vorkommt 1)
und die in den Encyklopädien enthaltenen Nachweiſe
meiſt nur eine trockene Aufzählung ſeiner wichtigſten
Lebensmomente und Werke darſtellen, veranlaßt mich
zur Publizierung dieſer autobiographiſchen Skizze,
die der Dichter im Jahre 1862 verfaßte, jedoch um
42 Jahre überlebte. Aber auch ſonſt würde es der
Lebenslauf dieſes ſpezifiſch öſterreichiſchen Poeten und
Gelehrten rechtfertigen, von ihm ſelbſt gegebene authen-
tiſche Daten über ſein „Singen und Ringen“ zu ver-
öffentlichen. Dies umſomehr, als man ſie füglich eine
Ergänzung zu ſeinem letzten Werke „Begegnungen“
(Wien, L. Rosner, 1903) nennen darf. Außer der
zum 75. Geburtstage Rolletts erſchienenen Arbeit
Leopold Kaiſchers (Wien, M. Perles, 1894),
die zu ſehr den Charakter einer Jubiläumsſchrift
an ſich trägt, käme wohl nur noch der im
Nachlaſſe vorhandene reichhaltige Briefwechſel des
Dichters mit den bekannteſten Perſonen ſeiner Zeit
für eine eingehende Würdigung ſeines Schaffens in
Betracht. Die Korreſpondenzen, namentlich die etwa
180 Briefe umfaſſende mit ſeinem Jugendfreunde
Anton Joſephy, bilden zuſammen mit dieſem Lebens-
abriß einen verbindenden Komentar zu Rolletts Me-
moiren. Schon in dieſe mußten naturgemäß viele
biographiſche Einzelheiten, die ſich in vorliegender
Lebensſkizze zerſtreut wiederfinden, eingeflochten werden.
Für das lexikaliſche Werk „Deutſcher Nekrolog“
(herausgegeben von A. Bettelheim, Berlin, Jahrgang
1905/6) ſchrieb ich ſelbſt zuletzt eine Biographie
Rolletts in gedrängter Kürze.
Was dem „Lebeusabriß“, abgeſehen davon,
daß er ein Ganzes vorſtellt, allgemeines Intereſſe
ſichert, iſt die Offenherzigkeit, mit der dem Leſer
zwiſchen durch die raſch aufgezählten Geſchehniſſe
dieſes unſtäten Lebenslaufes allenthalben ein Blick
ins Seelenleben Rolletts geſtattet wird. Seine ge-
winnend liebenswürdige perſönliche Mitteilſamkeit
erſtreckte ſich ja eigentlich nur auf den einſtigen
bewegten Kampf ums Daſein, ohne etwas von ſeiner
überaus fein empfindenden Dichterſeele aufzudecken.
Erſt ſeine hinterlaſſenen Briefſchaften und ſonſtige
Aufzeichnungen ſollten viele ſelbſt ſeiner Umwelt
fremd gebliebene Epiſoden, beſonders Herzensange-
legenheiten längſt vergangener Zeiten, aufhellen und
das Bild dieſes Mannes, der „immer ſtrebend ſich
bemüht“, ſchärfer hervortreten laſſen. So führen uns
dieſe Erinnerungsmomente hinaus aus den engge-
ſteckten Pfählen einer Kleinſtadt des Wienerwaldes
in die Ferne, ins „Reich“, ans Meer — ein Sinn-
bild zugleich und eine treibende Kraft der Entfaltung
und des Aufflugs einer poetiſch empfindenden Pſyche.
Das vorliegende Manuskript iſt auf 74 Oktav-
ſeiten geſchrieben und ſtellenweiſe durch Nachträge
ſtark korrigiert, im Ganzen aber doch nur ein nicht
einmal ausgefeilter Entwurf. Ein am Schluſſe beige-
fügtes Verzeichnis der Publikationen Rolletts wurde,
weil im Separatbogen zu Wurzbachs Lexikon gedruckt,
hier weggelaſſen. Die Jahre nach 1862 bis zu
Rolletts Tode waren inſoferne für ſeine vielſeitige
Produktion beſtimmend, als er durch ſeinen
endlich gefundenen ſeßhaften Beruf als Muſeums-
kuſtos (ſeit 1867) und Stadtarchivar (ſeit 1876) in
ſeiner Vaterſtadt in den Stand geſetzt war, ſeine
kunſtgeſchichtlichen Studien, insbeſondere der Glyptik
und der Goethebildniſſe, ſowie der lokalgeſchichtlichen
Forſchung nachzuhängen. Das Einſchlagen dieſer
Seitenpfade raubte ihm dennoch nicht ſtille Stunden
für die Lyrik und es ſtammen z. B. gerade die
„Offenbarungen“, Ghaſele, die zu ſeinen formvollen-
detſten Dichtungen gehören, aus einer Zeit, da ihn
nebſt allen ſeinen fachwiſſenſchaftlichen Arbeiten über-
dies die Pflichten eines Gemeinderates und Bürger-
meiſterſtellvertreters in Anſpruch nahmen.
Die Fußnoten, die beizuſetzen ich für angezeigt
hielt, verfolgen den Zweck, bloß flüchtig Geſtreiftes
durch die nötige Quelle zu belegen.
Mein Lebensabriß.
Von Hermann Rollett.
Geſchrieben im März 1862.
Das wahre Glück erreicht kein Herz
In dieſem Erdenleben;
Doch iſt’s ein wounevoller Schmerz,
Vergebens es erſtreben.
Aus meiner „Waldhumoreske“.
Vorbemerkung.
Vor allem die Erklärung, daß ich dieſe gedrängten
Skizzen nur aus Anlaß des Umſtandes ſchreibe, daß
über mein Weſen und mein Leben viele teils un-
genaue, teils gänzlich falſche Angaben verbreitet ſind,
deren Berichtigung jedenfalls in meinem Intereſſe
liegt, und daß ich mich ohne Phraſe ausdrücklich
dagegen verwahre, als hätte ich den Glauben, meine
Perſon und mein Talent ſeien von genug großer
1) Die für den 19. und 20. Bogen im 26. Baude des
Lexikons beſtimmt geweſene Biogaphie Rolletts wurde von
Wurzbach im letzten Momente nicht aufgenommen, ſondern
erſchien 1874 im Selbſtverlage des Dichters. Die Gründe
dieſes Vorgehens findet man im Sonderabdruck auseinander-
geſetzt.
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(2018-01-26T13:38:42Z)
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