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Badener Zeitung. Nr. 66, Baden (Niederösterreich), 16.08.1916.

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Badener Zeitung
Deutsch-freiheitliches und unabhängiges Organ.

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[nach] Uebereinkommen und können auch durch die bestehenden Annonzen-Bureaus an die Administration gerichtet werden. -- Interessante Mitteilungen, Notizen und
Korrespondenzen werden nach Uebereinkunft honoriert. -- Manuskripte werden nicht zurückgestellt. -- Redaktion und Administration: Baden, Pfarrgasse Nr. 3.
(Die Samstag-Nummer enthält die Gratis-Beilage "Illustriertes Unterhaltungsblatt".)




Nr. 66. Baden bei Wien, Mittwoch, den 16. August 1916. 37. Jahrg.


[Spaltenumbruch]
Die Erörterung über die
Friedensziele in Deutschland.

Wenn auch nicht offiziell und in aller Form,
so hat doch die deutsche Reichsregierung die Er-
örterung über die Kriegs- und Friedensziele
wenigstens stillschweigend freigegeben. Das Schau-
spiel, welches die öffentliche Meinung in dieser
Frage darbietet, ist kein besonders würdiges und
ersreuliches. Ebenso ist auch die Form, in der
der diesbezügliche Meinungsaustausch geführt
wird, keine allzu vornehme und noble. Am ärgsten
treiben es selbstredend die sogen. Annexionisten,
deren Forderungen nach möglichsten Sicherungen
schier keine Grenzen kennen wollen und die sich
durch die Tatsache keineswegs irre machen lassen,
daß derartige "Sicherungen" auf Kosten anderer
eben keine Sicherungen sind, sondern der Keim
zu neuen Rachegedanken und Racheplänen. Wie
derartige "Sicherungen" ihren beabsichtigten Zweck
niemals erreichen, dafür ist ja auch dieser Krieg
ein Beispiel, in welchem Frankreich die Gelegen-
heit erblicken wollte, den Revanchegedanken für
Elsaß-Lothringen zu verwirklichen. Bismarck, der
gewiß nicht als Flaumacher oder wie man jetzt
zu sagen beliebt, als Hämmling gelten konnte,
war bekanntlich gegen die Annexion Elsaß-
Lothringens. Er konnte aber gegen den ein-
mütigen Willen der deutschen Militärkreise, denen
fast die gesamte Presse zur Verfügung stand, nicht
durchdringen. Zur Sicherung gegen künftige
Ueberfälle mußte Frankreich im Präliminarfrieden
vom 26. Februar 1872 auf alle seine Rechte auf
Elsaß-Lothringen verzichten. Wie diese Sicherung
beschaffen war, sehen wir heute in dem Ringen
zwischen diesen beiden Staaten, welches kein
Duell zwischen zwei feindlichen mehr ist, sondern
ein Kampf zweier Nationen, die sich gegenseitig
an der Kehle gefaßt haben, um einander uner-
bittlich zu vernichten. Es kann kein Zweifel
darüber sein, daß Europa sich kaum ein zweites
Mal den Luxus einer solchen Selbstzerfleischung
wird gönnen können, wenn es nicht will, daß
seine Kultur die Beute des Asiatentums werde.

Die Sorge der denkenden Menschen geht
deswegen dahin, daß von keiner Seite Friedens-
ziele aufgestellt werden, die geeignet sind, in den
Unterliegenden Gedanken an einen neuen Krieg
zu erzeugen. Der Einwand, der von den
Annexionisten erhoben wird -- man könne nicht
anders, als große Forderungen aufzustellen, da
ein Ersatz für die aufgewendeten Opfer und Kosten
vorhanden sein müsse -- hat auf den ersten Blick
hin gewiß etwas Bestechendes für sich. Gerade
die diversen Staatsmänner, die mit so großen
Hoffnungen in den Krieg gezogen sind, werden
nicht leichten Herzens aus ihm mit leeren Händen
zurückkehren wollen. Und doch ist es ein böser
Trugschluß, zu glauben, die Unterjochung fremden
Landes und eines fremden Volkes sei ein Gewinn.
Man muß sich zunächst vor Augen halten, daß
dieser Krieg längst ein verlustbringendes Unter-
nehmen geworden ist. Jedes Volk hat in seinem
Verlaufe so viele Opfer gebracht, daß an einen
annähernden Ersatz derselben nicht gedacht werden
kann. Und dann ist noch eines zu bedenken: Der
lange Krieg hat unsere ganze Volkswirtschaft in
ihren Fundamenten erschüttert. Jahrzehntelang
[Spaltenumbruch] unermüdliche Arbeit wird zerstört und vernichtet.
Der Gewinn, der möglicherweise aus der Unter-
werfung fremden Landes erwachsen kann, kann da
nicht erleichternd wirken, da er auf die ver-
stärkten Rüstungen daraufgeht, die gemacht wer-
den müssen, um den gewaltsam eingesteckten neuen
Besitz auch zu erhalten. Man begreift darum,
warum es gerade die sogenannte Schwerindustrie
ist, die dem Treiben der Annexionisten ihre
Unterstützung leiht. Sie wissen, daß der für die
Präparierung der Oeffentlichkeit zu den Annexions-
gedanken ausgelegte Kapitalsbetrag mit enormen
Zinsen und Zinseszinsen durch die dadurch not-
wendig werdenden späteren Rüstungen herein-
gebracht wird. Die Agitation dieser Leute für
eine Machterweiterung ist daher, genau besehen,
nichts anderes als eine Geldsackpolitik, die man
scheinheilig mit Patriotismus, Volksinteressen usw.
drapiert.

Trotz dieser bedenklichen Erscheinungen, die
diese Erörterung der Friedensziele in der Oeffent-
lichkeit bisher im Gefolge hatte, ist sie nicht so
unnütz und überflüssig, wie das überoffiziös sich
gebärdende Blatt glauben machen möchte. Dieses
edle Preßerzeugnis behauptet nämlich, die
deutsche Regierung habe die Erörterung über diese
Ziele nur deswegen zugelassen, damit die Leute
sehen sollen, daß sie nicht fähig sind, über Krieg
und Frieden zu entscheiden, sondern daß dies nach
wie vor der Geheimdiplomatie überlassen bleiben
muß. Dabei vergißt dieses Blatt ganz und gar,
daß einen gut Teil Schuld an dem herrschenden
Wirrwarr auch die amtlichen Kreise tragen, die
es versäumt haben, genauere Richtlinien über
Willen und Wollen zu geben. Trotzdem aber hat
die Diskussion, soferne sie nicht von bezahlten
Narren, sondern von unabhängigen, vernünftigen
Leuten geführt worden ist, bewiesen, daß die
Volksmeinung, wenn man sie nicht, wie es von
den Annexionisten geschieht, keck fälscht, die An-
sicht des berühmten Nationalökonomen der Berliner
Universität Gustav v. Schmoller teilt, der in der
"Deutschen Politik" sehr richtig sagt, die Zentral-
mächte können dem Vierverbande den Entschluß
zum Frieden erleichtern, wenn sie in ihren Sieges-
ansprüchen gemäßigt auftreten. "Die Stimmen
in Deutschland", so führt der genannte Gelehrte
aus, "zerfallen in drei Gruppen: Siegesgefühl,
die patriotische Begeisterung und das wirtschaftliche
Interesse verlangen in begreiflicher Gemütserregung
einen möglichst großen Siegespreis. Eine fast
überschlaue, in die Zukunft blickende Mäßigung
will sich fast mit dem Status quo ante begnügen.
Die Mehrzal der vernünftigen Leute, einschließlich
der Regierung hält die Mitte zwischen den beiden
Extremen." Professor v. Schmoller verweist auf
das Beispiel von 1866, wo König Wilhelm, als
die Truppen vor Wien und Frankfurt standen,
das deutsche Nordböhmen und die althohen-
zollerischen Lande Ansbach-Baryreuth annektieren
wollte, einem Vorgehen, dem Bismarck wegen
seiner schädlichen Wirkung auf die Zukunft er-
folgreich entgegentrat, trotz des Lärmes, den
damals die schrankenlosen Annexionisten vollführten.
Vielleicht wollten sich die politischen Schaumschläger
doch die Frage vorlegen, was geworden wäre,
wenn Bismarck damals seinen Willen nicht hätte
durchsetzen können. Die uferlosen Forderungen
haben nur den einen Zweck, den Haß stets aufs
[Spaltenumbruch] neue anzufachen, und tragen auf diese Weise am
meisten zur Verlängerung des Krieges bei. Daß
die übermäßige Verlängerung des Krieges nicht
im Volksinteresse gelegen ist, auch dann nicht,
wenn er mit einem Siege endigt, braucht wohl
nicht lange bewiesen zu werden. Auch auf diese
Wahrheit verweist Professor v. Schmoller, indem
er warnend schreibt, "auch die Sieger, müssen um
ihre Völker nicht zu sehr zu erschöpfen, von ihren
Hoffnungen und Wünschen dies und jenes
zurückstellen. Man muß nicht zu viel auf einmal
wollen."




Lokal-Nachrichten.



-- Militärische Auszeichnung.

In An-
erkennung tapferen Verhaltens vor dem Feinde
wurde dem Linienschiffskapitän Nikolaus Horthy
de Nagybanya
das Militär-Verdienstkreuz
3. Klasse mit der Kriegsdekoration verliehen.

-- Todesfälle.

Am 10. August starb hier
nach langem schweren Leiden der Private Franz
Stepanek im 60. Lebensjahre. Die Einsegnung
fand Sonntag, den 13. d. Mts., um 11 Uhr vor-
mittags in der hiesigen Stadtpfarrkirche statt, worauf
die Ueberführung auf den Hietzinger Friedhof zur
Beerdigung in der Familiengruft erfolgte. -- Am
13. d. Mts. verschied nach kurzem schweren Leiden
die Hotelbesitzerin Elise Miller, geb. Zwierschütz,
im 70. Lebensjahre. Das Leichenbegängnis fand
Dienstag, den 15. d. M., statt. Die Beisetzung er-
folgte am hiesigen Stadtpfarrfriedhofe im eigenen
Grabe.

-- Spende.

Exzellenz Generaloberst Friedrich
Graf von Beck-Rzikowsky, Kommandant der
ersten Arcieren-Leibgarde, hat für die Geburtstags-
feier Sr. Majestät am 18. Aug. K 500 zur Ver-
wendung für die kranken und verwundeten Soldaten
in Baden dem Garnisonsspitale gespendet.

-- Vom Badener Kurorchester.

Diens-
tag hat das Badener Kurorchester seiner einstigen
Dirigenten Karl Komzak und Hans Maria
Wallner gedacht, was einen Abend der ange-
nehmsten Eindrücke ergeben hat. Durch eine ge-
schmackvolle Zusammenstellung einiger beliebter
Kompositionen der beiden hochverdienten Musiker
hat Kapellmeister Wichtl den Zuhörern sichtlich
Freude bereitet und die Erinnerung an eine Zeit
geweckt, in welcher sich unser Kurorchester seinen
großen Ruf erworben hat. Komzaks liebenswürdige
Weisen, die populär geworden sind und mit Recht
noch immer gefallen, und Wallners etwas herbere,
immer gründliche Art ergänzten sich in so eindrucks-
voller Weise, daß man von einer musikalischen Pari-
tät sprechen kann. Von Wallner bekam man die
romantische Ouverture zur Oper "Das stählerne
Schloß", eine Phantasie aus der "Traumprinzessiu"
und die melodiöse "Romanze für Violine mit
Orchester" zu hören, in welch letzterer Komposition
Herr Konzertmeister Georg Steiner das Solo so

Badener Zeitung
Deutſch-freiheitliches und unabhängiges Organ.

[Spaltenumbruch] Redaktionsſchluß:
Dienstag und Freitag früh.
[Spaltenumbruch] Erſcheint Mittwoch und Samstag früh.
——— Telephon-Anſchluß Nr. 229. ———
[Spaltenumbruch] Unverlangt eingeſandte Manuſkripte
werden nicht zurückgeſendet.
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werden per 80 mm breite Petitzeile mit 16 h für die erſte, und mit 14 h für fünf nacheinander folgende Einſchaltungen berechnet, größere Aufträge
[nach] Uebereinkommen und können auch durch die beſtehenden Annonzen-Bureaus an die Adminiſtration gerichtet werden. — Intereſſante Mitteilungen, Notizen und
Korreſpondenzen werden nach Uebereinkunft honoriert. — Manuſkripte werden nicht zurückgeſtellt. — Redaktion und Adminiſtration: Baden, Pfarrgaſſe Nr. 3.
(Die Samstag-Nummer enthält die Gratis-Beilage „Illuſtriertes Unterhaltungsblatt“.)




Nr. 66. Baden bei Wien, Mittwoch, den 16. Auguſt 1916. 37. Jahrg.


[Spaltenumbruch]
Die Erörterung über die
Friedensziele in Deutſchland.

Wenn auch nicht offiziell und in aller Form,
ſo hat doch die deutſche Reichsregierung die Er-
örterung über die Kriegs- und Friedensziele
wenigſtens ſtillſchweigend freigegeben. Das Schau-
ſpiel, welches die öffentliche Meinung in dieſer
Frage darbietet, iſt kein beſonders würdiges und
erſreuliches. Ebenſo iſt auch die Form, in der
der diesbezügliche Meinungsaustauſch geführt
wird, keine allzu vornehme und noble. Am ärgſten
treiben es ſelbſtredend die ſogen. Annexioniſten,
deren Forderungen nach möglichſten Sicherungen
ſchier keine Grenzen kennen wollen und die ſich
durch die Tatſache keineswegs irre machen laſſen,
daß derartige „Sicherungen“ auf Koſten anderer
eben keine Sicherungen ſind, ſondern der Keim
zu neuen Rachegedanken und Racheplänen. Wie
derartige „Sicherungen“ ihren beabſichtigten Zweck
niemals erreichen, dafür iſt ja auch dieſer Krieg
ein Beiſpiel, in welchem Frankreich die Gelegen-
heit erblicken wollte, den Revanchegedanken für
Elſaß-Lothringen zu verwirklichen. Bismarck, der
gewiß nicht als Flaumacher oder wie man jetzt
zu ſagen beliebt, als Hämmling gelten konnte,
war bekanntlich gegen die Annexion Elſaß-
Lothringens. Er konnte aber gegen den ein-
mütigen Willen der deutſchen Militärkreiſe, denen
faſt die geſamte Preſſe zur Verfügung ſtand, nicht
durchdringen. Zur Sicherung gegen künftige
Ueberfälle mußte Frankreich im Präliminarfrieden
vom 26. Februar 1872 auf alle ſeine Rechte auf
Elſaß-Lothringen verzichten. Wie dieſe Sicherung
beſchaffen war, ſehen wir heute in dem Ringen
zwiſchen dieſen beiden Staaten, welches kein
Duell zwiſchen zwei feindlichen mehr iſt, ſondern
ein Kampf zweier Nationen, die ſich gegenſeitig
an der Kehle gefaßt haben, um einander uner-
bittlich zu vernichten. Es kann kein Zweifel
darüber ſein, daß Europa ſich kaum ein zweites
Mal den Luxus einer ſolchen Selbſtzerfleiſchung
wird gönnen können, wenn es nicht will, daß
ſeine Kultur die Beute des Aſiatentums werde.

Die Sorge der denkenden Menſchen geht
deswegen dahin, daß von keiner Seite Friedens-
ziele aufgeſtellt werden, die geeignet ſind, in den
Unterliegenden Gedanken an einen neuen Krieg
zu erzeugen. Der Einwand, der von den
Annexioniſten erhoben wird — man könne nicht
anders, als große Forderungen aufzuſtellen, da
ein Erſatz für die aufgewendeten Opfer und Koſten
vorhanden ſein müſſe — hat auf den erſten Blick
hin gewiß etwas Beſtechendes für ſich. Gerade
die diverſen Staatsmänner, die mit ſo großen
Hoffnungen in den Krieg gezogen ſind, werden
nicht leichten Herzens aus ihm mit leeren Händen
zurückkehren wollen. Und doch iſt es ein böſer
Trugſchluß, zu glauben, die Unterjochung fremden
Landes und eines fremden Volkes ſei ein Gewinn.
Man muß ſich zunächſt vor Augen halten, daß
dieſer Krieg längſt ein verluſtbringendes Unter-
nehmen geworden iſt. Jedes Volk hat in ſeinem
Verlaufe ſo viele Opfer gebracht, daß an einen
annähernden Erſatz derſelben nicht gedacht werden
kann. Und dann iſt noch eines zu bedenken: Der
lange Krieg hat unſere ganze Volkswirtſchaft in
ihren Fundamenten erſchüttert. Jahrzehntelang
[Spaltenumbruch] unermüdliche Arbeit wird zerſtört und vernichtet.
Der Gewinn, der möglicherweiſe aus der Unter-
werfung fremden Landes erwachſen kann, kann da
nicht erleichternd wirken, da er auf die ver-
ſtärkten Rüſtungen daraufgeht, die gemacht wer-
den müſſen, um den gewaltſam eingeſteckten neuen
Beſitz auch zu erhalten. Man begreift darum,
warum es gerade die ſogenannte Schwerinduſtrie
iſt, die dem Treiben der Annexioniſten ihre
Unterſtützung leiht. Sie wiſſen, daß der für die
Präparierung der Oeffentlichkeit zu den Annexions-
gedanken ausgelegte Kapitalsbetrag mit enormen
Zinſen und Zinſeszinſen durch die dadurch not-
wendig werdenden ſpäteren Rüſtungen herein-
gebracht wird. Die Agitation dieſer Leute für
eine Machterweiterung iſt daher, genau beſehen,
nichts anderes als eine Geldſackpolitik, die man
ſcheinheilig mit Patriotismus, Volksintereſſen uſw.
drapiert.

Trotz dieſer bedenklichen Erſcheinungen, die
dieſe Erörterung der Friedensziele in der Oeffent-
lichkeit bisher im Gefolge hatte, iſt ſie nicht ſo
unnütz und überflüſſig, wie das überoffiziös ſich
gebärdende Blatt glauben machen möchte. Dieſes
edle Preßerzeugnis behauptet nämlich, die
deutſche Regierung habe die Erörterung über dieſe
Ziele nur deswegen zugelaſſen, damit die Leute
ſehen ſollen, daß ſie nicht fähig ſind, über Krieg
und Frieden zu entſcheiden, ſondern daß dies nach
wie vor der Geheimdiplomatie überlaſſen bleiben
muß. Dabei vergißt dieſes Blatt ganz und gar,
daß einen gut Teil Schuld an dem herrſchenden
Wirrwarr auch die amtlichen Kreiſe tragen, die
es verſäumt haben, genauere Richtlinien über
Willen und Wollen zu geben. Trotzdem aber hat
die Diskuſſion, ſoferne ſie nicht von bezahlten
Narren, ſondern von unabhängigen, vernünftigen
Leuten geführt worden iſt, bewieſen, daß die
Volksmeinung, wenn man ſie nicht, wie es von
den Annexioniſten geſchieht, keck fälſcht, die An-
ſicht des berühmten Nationalökonomen der Berliner
Univerſität Guſtav v. Schmoller teilt, der in der
„Deutſchen Politik“ ſehr richtig ſagt, die Zentral-
mächte können dem Vierverbande den Entſchluß
zum Frieden erleichtern, wenn ſie in ihren Sieges-
anſprüchen gemäßigt auftreten. „Die Stimmen
in Deutſchland“, ſo führt der genannte Gelehrte
aus, „zerfallen in drei Gruppen: Siegesgefühl,
die patriotiſche Begeiſterung und das wirtſchaftliche
Intereſſe verlangen in begreiflicher Gemütserregung
einen möglichſt großen Siegespreis. Eine faſt
überſchlaue, in die Zukunft blickende Mäßigung
will ſich faſt mit dem Status quo ante begnügen.
Die Mehrzal der vernünftigen Leute, einſchließlich
der Regierung hält die Mitte zwiſchen den beiden
Extremen.“ Profeſſor v. Schmoller verweiſt auf
das Beiſpiel von 1866, wo König Wilhelm, als
die Truppen vor Wien und Frankfurt ſtanden,
das deutſche Nordböhmen und die althohen-
zolleriſchen Lande Ansbach-Baryreuth annektieren
wollte, einem Vorgehen, dem Bismarck wegen
ſeiner ſchädlichen Wirkung auf die Zukunft er-
folgreich entgegentrat, trotz des Lärmes, den
damals die ſchrankenloſen Annexioniſten vollführten.
Vielleicht wollten ſich die politiſchen Schaumſchläger
doch die Frage vorlegen, was geworden wäre,
wenn Bismarck damals ſeinen Willen nicht hätte
durchſetzen können. Die uferloſen Forderungen
haben nur den einen Zweck, den Haß ſtets aufs
[Spaltenumbruch] neue anzufachen, und tragen auf dieſe Weiſe am
meiſten zur Verlängerung des Krieges bei. Daß
die übermäßige Verlängerung des Krieges nicht
im Volksintereſſe gelegen iſt, auch dann nicht,
wenn er mit einem Siege endigt, braucht wohl
nicht lange bewieſen zu werden. Auch auf dieſe
Wahrheit verweiſt Profeſſor v. Schmoller, indem
er warnend ſchreibt, „auch die Sieger, müſſen um
ihre Völker nicht zu ſehr zu erſchöpfen, von ihren
Hoffnungen und Wünſchen dies und jenes
zurückſtellen. Man muß nicht zu viel auf einmal
wollen.“




Lokal-Nachrichten.



Militäriſche Auszeichnung.

In An-
erkennung tapferen Verhaltens vor dem Feinde
wurde dem Linienſchiffskapitän Nikolaus Horthy
de Nagybanya
das Militär-Verdienſtkreuz
3. Klaſſe mit der Kriegsdekoration verliehen.

Todesfälle.

Am 10. Auguſt ſtarb hier
nach langem ſchweren Leiden der Private Franz
Stepanek im 60. Lebensjahre. Die Einſegnung
fand Sonntag, den 13. d. Mts., um 11 Uhr vor-
mittags in der hieſigen Stadtpfarrkirche ſtatt, worauf
die Ueberführung auf den Hietzinger Friedhof zur
Beerdigung in der Familiengruft erfolgte. — Am
13. d. Mts. verſchied nach kurzem ſchweren Leiden
die Hotelbeſitzerin Eliſe Miller, geb. Zwierſchütz,
im 70. Lebensjahre. Das Leichenbegängnis fand
Dienstag, den 15. d. M., ſtatt. Die Beiſetzung er-
folgte am hieſigen Stadtpfarrfriedhofe im eigenen
Grabe.

Spende.

Exzellenz Generaloberſt Friedrich
Graf von Beck-Rzikowsky, Kommandant der
erſten Arcieren-Leibgarde, hat für die Geburtstags-
feier Sr. Majeſtät am 18. Aug. K 500 zur Ver-
wendung für die kranken und verwundeten Soldaten
in Baden dem Garniſonsſpitale geſpendet.

Vom Badener Kurorcheſter.

Diens-
tag hat das Badener Kurorcheſter ſeiner einſtigen
Dirigenten Karl Komzak und Hans Maria
Wallner gedacht, was einen Abend der ange-
nehmſten Eindrücke ergeben hat. Durch eine ge-
ſchmackvolle Zuſammenſtellung einiger beliebter
Kompoſitionen der beiden hochverdienten Muſiker
hat Kapellmeiſter Wichtl den Zuhörern ſichtlich
Freude bereitet und die Erinnerung an eine Zeit
geweckt, in welcher ſich unſer Kurorcheſter ſeinen
großen Ruf erworben hat. Komzaks liebenswürdige
Weiſen, die populär geworden ſind und mit Recht
noch immer gefallen, und Wallners etwas herbere,
immer gründliche Art ergänzten ſich in ſo eindrucks-
voller Weiſe, daß man von einer muſikaliſchen Pari-
tät ſprechen kann. Von Wallner bekam man die
romantiſche Ouverture zur Oper „Das ſtählerne
Schloß“, eine Phantaſie aus der „Traumprinzeſſiu“
und die melodiöſe „Romanze für Violine mit
Orcheſter“ zu hören, in welch letzterer Kompoſition
Herr Konzertmeiſter Georg Steiner das Solo ſo

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[[1]/0001] Badener Zeitung Deutſch-freiheitliches und unabhängiges Organ. Redaktionsſchluß: Dienstag und Freitag früh. Erſcheint Mittwoch und Samstag früh. ——— Telephon-Anſchluß Nr. 229. ——— Unverlangt eingeſandte Manuſkripte werden nicht zurückgeſendet. Abonnement Raden: Zum Abholen vierteljährig K 2·50, halbjährig K 5·—, ganzjährig K 10·—. Mit Zuſtellung ins Haus Baden: Vierteljährig K 3·—, halbjährig K 6 —, ganzjährig K 12·—. Oeſterreich-Ungarn: Mit Zuſendung vierteljährig K 3·30, halbjährig K 6·50, ganzjährig K 13·—. Einzelne Mittwoch-Nummer 12 h, Samstag- Nummer 16 h. — Inſerate werden per 80 mm breite Petitzeile mit 16 h für die erſte, und mit 14 h für fünf nacheinander folgende Einſchaltungen berechnet, größere Aufträge nach Uebereinkommen und können auch durch die beſtehenden Annonzen-Bureaus an die Adminiſtration gerichtet werden. — Intereſſante Mitteilungen, Notizen und Korreſpondenzen werden nach Uebereinkunft honoriert. — Manuſkripte werden nicht zurückgeſtellt. — Redaktion und Adminiſtration: Baden, Pfarrgaſſe Nr. 3. (Die Samstag-Nummer enthält die Gratis-Beilage „Illuſtriertes Unterhaltungsblatt“.) Nr. 66. Baden bei Wien, Mittwoch, den 16. Auguſt 1916. 37. Jahrg. Die Erörterung über die Friedensziele in Deutſchland. Wenn auch nicht offiziell und in aller Form, ſo hat doch die deutſche Reichsregierung die Er- örterung über die Kriegs- und Friedensziele wenigſtens ſtillſchweigend freigegeben. Das Schau- ſpiel, welches die öffentliche Meinung in dieſer Frage darbietet, iſt kein beſonders würdiges und erſreuliches. Ebenſo iſt auch die Form, in der der diesbezügliche Meinungsaustauſch geführt wird, keine allzu vornehme und noble. Am ärgſten treiben es ſelbſtredend die ſogen. Annexioniſten, deren Forderungen nach möglichſten Sicherungen ſchier keine Grenzen kennen wollen und die ſich durch die Tatſache keineswegs irre machen laſſen, daß derartige „Sicherungen“ auf Koſten anderer eben keine Sicherungen ſind, ſondern der Keim zu neuen Rachegedanken und Racheplänen. Wie derartige „Sicherungen“ ihren beabſichtigten Zweck niemals erreichen, dafür iſt ja auch dieſer Krieg ein Beiſpiel, in welchem Frankreich die Gelegen- heit erblicken wollte, den Revanchegedanken für Elſaß-Lothringen zu verwirklichen. Bismarck, der gewiß nicht als Flaumacher oder wie man jetzt zu ſagen beliebt, als Hämmling gelten konnte, war bekanntlich gegen die Annexion Elſaß- Lothringens. 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Der Einwand, der von den Annexioniſten erhoben wird — man könne nicht anders, als große Forderungen aufzuſtellen, da ein Erſatz für die aufgewendeten Opfer und Koſten vorhanden ſein müſſe — hat auf den erſten Blick hin gewiß etwas Beſtechendes für ſich. Gerade die diverſen Staatsmänner, die mit ſo großen Hoffnungen in den Krieg gezogen ſind, werden nicht leichten Herzens aus ihm mit leeren Händen zurückkehren wollen. Und doch iſt es ein böſer Trugſchluß, zu glauben, die Unterjochung fremden Landes und eines fremden Volkes ſei ein Gewinn. Man muß ſich zunächſt vor Augen halten, daß dieſer Krieg längſt ein verluſtbringendes Unter- nehmen geworden iſt. Jedes Volk hat in ſeinem Verlaufe ſo viele Opfer gebracht, daß an einen annähernden Erſatz derſelben nicht gedacht werden kann. Und dann iſt noch eines zu bedenken: Der lange Krieg hat unſere ganze Volkswirtſchaft in ihren Fundamenten erſchüttert. Jahrzehntelang unermüdliche Arbeit wird zerſtört und vernichtet. 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Trotz dieſer bedenklichen Erſcheinungen, die dieſe Erörterung der Friedensziele in der Oeffent- lichkeit bisher im Gefolge hatte, iſt ſie nicht ſo unnütz und überflüſſig, wie das überoffiziös ſich gebärdende Blatt glauben machen möchte. Dieſes edle Preßerzeugnis behauptet nämlich, die deutſche Regierung habe die Erörterung über dieſe Ziele nur deswegen zugelaſſen, damit die Leute ſehen ſollen, daß ſie nicht fähig ſind, über Krieg und Frieden zu entſcheiden, ſondern daß dies nach wie vor der Geheimdiplomatie überlaſſen bleiben muß. Dabei vergißt dieſes Blatt ganz und gar, daß einen gut Teil Schuld an dem herrſchenden Wirrwarr auch die amtlichen Kreiſe tragen, die es verſäumt haben, genauere Richtlinien über Willen und Wollen zu geben. 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Die Mehrzal der vernünftigen Leute, einſchließlich der Regierung hält die Mitte zwiſchen den beiden Extremen.“ Profeſſor v. Schmoller verweiſt auf das Beiſpiel von 1866, wo König Wilhelm, als die Truppen vor Wien und Frankfurt ſtanden, das deutſche Nordböhmen und die althohen- zolleriſchen Lande Ansbach-Baryreuth annektieren wollte, einem Vorgehen, dem Bismarck wegen ſeiner ſchädlichen Wirkung auf die Zukunft er- folgreich entgegentrat, trotz des Lärmes, den damals die ſchrankenloſen Annexioniſten vollführten. Vielleicht wollten ſich die politiſchen Schaumſchläger doch die Frage vorlegen, was geworden wäre, wenn Bismarck damals ſeinen Willen nicht hätte durchſetzen können. Die uferloſen Forderungen haben nur den einen Zweck, den Haß ſtets aufs neue anzufachen, und tragen auf dieſe Weiſe am meiſten zur Verlängerung des Krieges bei. 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Durch eine ge- ſchmackvolle Zuſammenſtellung einiger beliebter Kompoſitionen der beiden hochverdienten Muſiker hat Kapellmeiſter Wichtl den Zuhörern ſichtlich Freude bereitet und die Erinnerung an eine Zeit geweckt, in welcher ſich unſer Kurorcheſter ſeinen großen Ruf erworben hat. Komzaks liebenswürdige Weiſen, die populär geworden ſind und mit Recht noch immer gefallen, und Wallners etwas herbere, immer gründliche Art ergänzten ſich in ſo eindrucks- voller Weiſe, daß man von einer muſikaliſchen Pari- tät ſprechen kann. Von Wallner bekam man die romantiſche Ouverture zur Oper „Das ſtählerne Schloß“, eine Phantaſie aus der „Traumprinzeſſiu“ und die melodiöſe „Romanze für Violine mit Orcheſter“ zu hören, in welch letzterer Kompoſition Herr Konzertmeiſter Georg Steiner das Solo ſo

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Zitationshilfe: Badener Zeitung. Nr. 66, Baden (Niederösterreich), 16.08.1916, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_badener066_1916/1>, abgerufen am 21.11.2024.