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Badener Zeitung. Nr. 23, Baden (Niederösterreich), 21.03.1900.

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Mittwoch Badener Zeitung. 21. März 1900. Nr. 23.

[Spaltenumbruch]
(Familienabend der Beamtenschaft
Mödlings.)

Auf vielseitiges Verlangen sieht sich
das Comite zur Veranstaltung geselliger Familien-
abende veranlasst, am Samstag, den 31. d. M., im
Hotel "Stadt Mödling" seinen zweiten diesjährigen
Unterhaltungsabend zu veranstalten. Es werden
binnen kurzem die Einladungen versendet werden.
Man hat bereits mit bekannten Wiener Kunstkräften
Fühlung genommen und einige derselben für diesen
Vortragsabend gewonnen. Zum Schlusse sindet ein
Tanzkränzchen statt.

Guntramsdorf.

Auf der Localbahn Wien--
Guntramsdorf wurde am 15. d. M. durch den Achsen-
bruch eines mit Ziegeln beladenen Waggons in der
Station Krottenbach eine zweistündige Verkehrs-
störung verursacht. Nach Wegschaffung des gebrochenen
Wagens konnte der Güterzug seinen Weg wieder
fortsetzen.

Berndorf.
(Theater.)

Uebermorgen, Freitag,
den 23. d. M., abends, gelangt die brillante Bauern-
komödie "'s Jungferngift" von Ludwig Anzengruber
zur Aufführung. Die nächste Vorstellung findet am
Sonntag, den 25. März, nachmittags 3 Uhr, statt.

Wiener-Neustadt.
(Vom Theater.)

Am
13. d. M. wurde zum Benefice des Schauspielers
Max Palfi Hermann Sudermann's "Morituri" ge-
geben, in welchem Stücke Fräulein Hermine Schütze,
die Tochter des Badener Buchhändlers Ferdinand
Schütze und Schülerin der Hofschauspielerin Frau
Olga Lewinsky, zum erstenmale die Bretter betrat
und sich sofort durch ihre Anmuth die Sympathie
des Publicums eroberte und auch in der Folge durch
ihr vorzügliches Spiel festhielt. Die "Wiener-Neu-
städter Nachrichten" besprechen in vorzüglichster Weise
das degagierte Spiel der jungen Dame und beglück-
wünschen sie zu diesem ersten Erfolge, mit der
Hoffnung, ihr bald wieder auf den Brettern begegnen
zu können.

Theater.
Stadttheater in Baden.

Dounerstag, den 15. d. M. Zum Benefice für
Franz Felix. (Neu in Scene gesetzt.) "Der närrische
Schuster".
Wiener Volksposse mit Gesang in fünf
Acten von O. F. Berg. Musik von Carl Millöcker.

Unser trefflicher erster Komiker war in der Wahl
seiner Beneficevorstellung recht glücklich. Das total
ausverkaufte Haus unterhielt sich großartig, man
kam aus dem Lachen gar nicht heraus und wir
können Herrn Felix für den genussreichen Abend,
den er uns durch die Wiedervorführung der alten,
aber guten und recht angenehm anheimelnden Volks-
posse schuf, nur dankbar sein.

Der geschätzte Beneficiant und Träger der
Titelrolle, längst ein Liebling der Badener, hatte
daher auch als Tobias Kupelwieser volle Gelegenheit,
seine hervorragend künstlerische Begabung in das
rechte Licht zu setzen. Sein "närrischer Schuster"
kann als eine wahre Prachtleistung bezeichnet werden
und verdient die vollste Anerkennung. Die wirklich
stürmischen Beifallssalven waren daher auch an dem
Felix'schen Ehrenabende am Platze und werden zugleich
Herrn Felix von seiner Beliebtheit vollkommen überzeugt
haben. Dass an diesem, man möchte sagen demonstrativ
voll gewordenen Hause, auch die Stimmung auf die
Darsteller übergieng, ist selbstverständlich.

Herr Dir. Schreiber war als "Floderer" wieder
in seinem Element und bei ausgezeichneter Laune.
Die Herren Friedberg (Oberst Graf Freiwald), Strauß
(Richard Graf Freiwald) und Dietl (Buchbinder-
gehilfe Riedl) verdienen ehrende Erwähnung. Das
gleiche gilt von den Damen Zwerenz (Cordula
Kupelwieser) und Zöhrer (Josesine Kupelwieser).
Aeußerst distinguiert in Ansehen und Sprache gab
ferner Fräulein Brand die Gräfin Clara Engelsberg.
Lebhaften Beifall errang sich auch der Lehrjunge
Petal, der kleine Felix, welcher, wenn es so fort
geht, einst dem großen Felix gewaltige Concurrenz
machen dürfte.

Samstag, den 17. d. M. "Molly", Lustspiel
in einem Act von R. Verstl, und "Tannhäuser"
oder "Die Keilerei auf der Wartburg". Sowohl
die dramatische Bagatelle unseres Bühnenvaters und
Hausdichters Verstl, als auch die parodistische Zukunfts-
operette von J. Nestroy fanden jene Darstellungen,
welche befriedigen.

Sonntag, den 18. d. M., "Die Prinzessin
von Trapezunt".
Komische Operette in 3 Acten von
[Spaltenumbruch] Ch. Nuitter und E. Trefeu. Deutsch von Julius Hopp.
Musik von Jacques Offenbach.

Die vor einem Vierteljahrhundert gerade mit
dem Reiz der Neuheit alle Gemüther entzückende
Operette Offenbach's erregt noch heute Interesse,
trotzdem dieselbe mit dem blöden Stoffe der Handlung
mehr als veraltet und überlebt gilt. Es bildete daher
die neuinscenierte Belebung altbekannter Gestalten,
wie die des Förster Casimir, des sich stets versprechenden
Sparadrap und des Cabriolo, eine Art Bühnen-
experiment, das Beachtung verdient. Gespielt wurde
von jenen, die sich an den Text und den Takt hielten,
gewiss recht gut und wenn wieder andere, insbesondere
ihrer Zwei, sich weder um Buch und Partie kümmerten
und gegenseitig Hollodria trieben, so sind dies
Sachen, die sie mit sich selbst abmachen sollen. Fürst
Casimir (Herr Ott) und Dir. Schreiber (Sparadrap)
sorgten auch zumeist für die Sonntagsstimmung, die
in Folge des entsetzlichen Wetters eine recht trostlose
war. Keine Stimmung, kein rechter Beifall und
keinerlei Dank für alle Mühe.

Fräulein Narenta als Prinz Raphael entsprach
in jeder Beziehung und sang ganz allerliebst. Auch
die beiden Töchter des Cabriolo, Fräulein Genschar
(Zanetta) und Fräulein Miltner (Regina) verstanden
es, auf das Aug' und Ohr zu wirken. Herr Felix
als Director der Seiltänzertruppe und Herr Januschke
als Tremolini boten ihr möglichstes. Frau Zwerenz
(Paolo) genügte für die vorgeschriebenen Kunst-
leistungen, was man von dem berühmten "Pagen-
chore" diesmal nicht sagen konnte. Wo war da das
berühmte piano und pianissimo, das einst so viel
Beifall fand.

Montag, den 19. d. M. (Zum erstenmale):
"Fräulein Doctor". Lustspiel in 4 Aufzügen
von Oscar Walter und Leo Stein. (Repertoirestück
des Raimundtheaters in Wien.) Gelungene Premiere
mit hübschem Bühnenerfolg. Ausführlicheres Referat
vorbehalten.




Vermischtes.
Eine Riesen-Uhr.

Wohl das Monströseste,
was im Bau von großen Uhren jemals geleistet
wurde, ist die gegenwärtig in Philadelphia für den
Thurm der Town-Hall (des Rathhauses) gebaute Uhr.
Das während der Dunkelheit mittelst elektrischer
Reflectoren beleuchtete Zifferblatt hat einen Durchmesser
von 10 Metern, und der große Zeiger, der ganz gut
als Eisentram dienen könnte, hat eine Länge von
4 Metern, der kleine eine solche von 2·5 Metern.
Die Glocke, auf welcher die Stunden angeschlagen
werden, hat ein Gewicht von 5 Tonnen, und eine
Dampfmaschine dient dazu, die Uhr aufzuziehen und
die Elektricität zur Beleuchtung zu liefern. Die
Philadelphier können sich nach Fertigstellung der Uhr
rühmen, die größte, wenn auch nicht schönste Uhr der
Welt zu besitzen.

Kwizda's Restitutions-Fluid für Pferde.

Der "Sport", ein Fachblatt für Rennwesen,
Jagd und Pferde, spricht sich über Kwizda's
Restitutions-Fluid in folgender Weise aus: "Wer
die Sehnen seiner Pferde bei starkem Gebrauche
rein erhalten will, dem ist die Anwendung des Re-
stitutions-Fluids von Franz Johann Kwizda in Kor-
neuburg zu empfehlen. Man reibe nach jedesmaligem
Gebrauche, nachdem die Sehnen gut mit Stroh ab-
gerieben wurden, die Beine des Pferdes vom Knie
bis an den Fessel gut mit diesem Restitntions-Fluid
ein und bandagiere sie dann leicht; es ist dies ein
einfaches und doch sehr wirksames Mittel, um die
Sehnen frisch und stramm zu erhalten und der
Bildung von Gallen vorzubeugen. Das Kwizda'sche
k. k. priv. Restitutions-Fluid für Pferde sollte daher
in keinem gut gehaltenen Stalle fehlen.

Ein Lampendocht aus Glas.

Ein eigen-
artiger Lampendocht wurde vor kurzem von einem
belgischen Glasfabrikanten erfunden. Dieser Docht ist
aus Glas hergestellt, welches von feinen Canälen
durchzogen ist. Die Lampe entzündet sich, indem das
Oel durch die feinen Canäle nach oben gepresst wird
und dort entflammt. Als Vortheil wird neben der
Unverbrennbarkeit des Dochtes der gleichförmige
Verbrauch des Brennmateriales gerühmt, so dass ein
Flackern der Flamme oder das so lästige Rußen des
Cylinders vollkommen ausgeschlossen ist. Immerhin
dürfte die Herstellung dieser Glasdochte nicht so
billig kommen, auch scheint eine Verstopfung der feinen
Canäle durch die Rückstände auch bei dem besten
Petroleum nicht ausgeschlossen zu sein.


[Spaltenumbruch]
Literatur.

"Lechner's Mittheilungen aus dem Gebiete der
Photographie."
Mit der vor kurzem erschienenen Jänner-
Nummer beginnt ein neuer Jahrgang dieser gehaltvollen, jedem
Amateur-Photographen nützlichen Zeitschrift. Das Heft enthält
eine kurzgefasste jedoch vollständig erschöpfende Anleitung zur
Erlernung des Gummidruckes von Raimund Rapp, Assistenten
des Herrn Philipp Ritter von Schoeller; eine Besprechung der
Probst'schen Broschüre zu Lechner's Taschen-Camera; die exacte
Beschreibung eines Facettier-Apparates zur leichten Herste[ll]ung
der Kupferdruck-Facetten auf Photographie-Cartons, sowie eine
ausführliche Recension der Jänner-Nummer der "Photographischen
Correspondenz 1900. -- Unter den Vereinsnachrichten finden
sich solche der Photographischen Geselschaft in Wien, des Wiener
Camera-Club, Wiener Photo-Club, sowie auch Berichte aus
Prag, Graz, Dresden etc. In einer eigenen Rubrik sind
Ausstellungs-Angelegenheiten untergebracht; die Abtheilung
"Notizen" enthält interessante Nachrichten actueller Art, und
unter "Bücherschau" sind photographisch-literarische Erscheinungen
der letzten Zeit ausführlich besprochen. Zudem gesellt sich
schließlich noch der "Briefkasten", der fleißig benützt wird und
viele nützliche und wichtige Hinweise enthält. -- Als Kunst-
beilage enthält das Jänner-Heft ein Bild von Graf Michael
Esterhazy: "Yacht im Sturm auf dem Plattensee". -- In
Rücksicht auf die Reichhaltigkeit und hübsche Ausstattung und
in Anbetracht des ungemein billigen Preises von 2 Kronen
iährlich können "Lechner's Mittheilungen" jedem Amateur-Photo-
graphen dringendst empfohlen werden; Probe-Nummern werden
seitens der Firma R. Lechner (Wilh. Müller), Wien, I., Graben
31, bereitwilligst, und zwar kostenfrei, verschickt.




Gerichtssaal.
Wegen öffentlicher Gewaltthätigkeit.

Am
12. d. M., hatte sich vor einem Erkenntissenate des
Kreisgerichtes der hiesige Hauer Ignaz Breinschmid
wegen des Verbrechens der öffentlichen Gewaltthätigkeit
zu verantworten. Der Angeklagte gerieth am Nach-
hausewege vom "Heurigen" mit einem Nachtwächter
in Streit und soll nach Angabe des letzteren
mit diesen handgemein geworden sein und ihn
in der Ausübung seines Dienstes während der
Arretierung bei der Brust gepackt haben. Brein-
schmid, welcher so berauscht war, dass er sich auf
nichts erinnern konnte, wurde bloß wegen Uebertretung
der Wachebeleidigung zu einem Monat Arrest ver-
urtheilt.

Holzdiebstahl.

Vor einem Erkenntnissenate des
Kreisgerichtes Wr.-Neustadt, unter Vorsitz des LGR.
Grubmann, hatte sich am 19. d. M. der in Sattel-
bach ansässige Gastwirt und Hausbesitzer, Anton Loidl,
welcher bereits gerichtlich vorbestraft ist, wegen des
Verbrechens des Diebstahles zu verantworten. Die
Staatsanwaltschaft erhob gegen Loidl die Anklage,
dass derselbe in der Zeit vom November v. J. bis
Februar d. J. aus dem Stifte Heiligenkreuz Holz
in der Weise entzogen habe, dass er die Knechte des
Stiftes verleitete, 5--6 Wägen mit Brennholz in
seinem Gasthause abzuladen. Loidl gestand zu, dass
Knechte bei ihm mit Holzwägen in seinem Gasthause
einstellten und dass er auch 50--60 Scheiter Holz
genommen habe; er sei von der Gendarmerie verhaftet
worden, welche das gesammte bei ihm im Hause vor-
gefundene Scheiterholz, darunter auch sein Eigenthum
confisciert habe. Nachdem der Schaffer des Stiftes
Heiligenkreuz vernommen wurde, welcher auch bestätigte
dass unter dem rückgestellten Holze sich Scheiter mit
K und L gezeichnet vorfanden, die nicht dem Stifte
Heiligenkrenz gehören, schloss der Vorsitzende das Be-
weisverfahren. Der öffentliche Ankläger, Staatsanwalt-
substitut Dr. Waldstein, hält die Anklage wegen des
Verbrechens des Diebstahles, da das Stift die Schadens-
ziffer auf 60 Kronen bewertet, aufrecht und stellt
das Ersuchen, im Falle der hohe Gerichtshof anderer
Meinung sei, die Verhandlung zu vertagen und die
Vorladung sämmtlicher Holzknechte, welche aus dem
Stifte Holz entführten und bei Loidl einstellten, als
Zeugen einzuvernehmen. Der Vertheidiger des An-
geklagten, Dr. Kenner aus Wr.-Neustadt, tritt den
Ausführungen in sachlicher Weise entgegen und wies
an der Hand des dem Stifte Heiligenkreuz durch den
Diebstahl Loidl's gemachten Schadens nach, dass es
sich in dem gegebenen Falle, nach durchgeführtem Be-
weisverfahren, nicht um ein Verbrechen, sondern um
ein Vergehen handle. Der Gerichtshof sprach den An-
geklagten von dem Verbrechen des Diebstahles frei
und verurtheilte diesen wegen Vergehens des Dieb-
stahles zu einem Monat strengen, mit zwei Fasttage
verschärften Arrest.

Die Unberechenbarkeit der Thierseele.

Ein
Fall, der die Einwohner von St. Veit a. d. Tr. in
nicht geringe Aufregung versetzte und auch eine juristisch
nicht gewöhnliche Gestaltung erfahren hat, kam am

Mittwoch Badener Zeitung. 21. März 1900. Nr. 23.

[Spaltenumbruch]
(Familienabend der Beamtenſchaft
Mödlings.)

Auf vielſeitiges Verlangen ſieht ſich
das Comité zur Veranſtaltung geſelliger Familien-
abende veranlaſst, am Samstag, den 31. d. M., im
Hotel „Stadt Mödling“ ſeinen zweiten diesjährigen
Unterhaltungsabend zu veranſtalten. Es werden
binnen kurzem die Einladungen verſendet werden.
Man hat bereits mit bekannten Wiener Kunſtkräften
Fühlung genommen und einige derſelben für dieſen
Vortragsabend gewonnen. Zum Schluſſe ſindet ein
Tanzkränzchen ſtatt.

Guntramsdorf.

Auf der Localbahn Wien—
Guntramsdorf wurde am 15. d. M. durch den Achſen-
bruch eines mit Ziegeln beladenen Waggons in der
Station Krottenbach eine zweiſtündige Verkehrs-
ſtörung verurſacht. Nach Wegſchaffung des gebrochenen
Wagens konnte der Güterzug ſeinen Weg wieder
fortſetzen.

Berndorf.
(Theater.)

Uebermorgen, Freitag,
den 23. d. M., abends, gelangt die brillante Bauern-
komödie „’s Jungferngift“ von Ludwig Anzengruber
zur Aufführung. Die nächſte Vorſtellung findet am
Sonntag, den 25. März, nachmittags 3 Uhr, ſtatt.

Wiener-Neuſtadt.
(Vom Theater.)

Am
13. d. M. wurde zum Benefice des Schauſpielers
Max Palfi Hermann Sudermann’s „Morituri“ ge-
geben, in welchem Stücke Fräulein Hermine Schütze,
die Tochter des Badener Buchhändlers Ferdinand
Schütze und Schülerin der Hofſchauſpielerin Frau
Olga Lewinsky, zum erſtenmale die Bretter betrat
und ſich ſofort durch ihre Anmuth die Sympathie
des Publicums eroberte und auch in der Folge durch
ihr vorzügliches Spiel feſthielt. Die „Wiener-Neu-
ſtädter Nachrichten“ beſprechen in vorzüglichſter Weiſe
das degagierte Spiel der jungen Dame und beglück-
wünſchen ſie zu dieſem erſten Erfolge, mit der
Hoffnung, ihr bald wieder auf den Brettern begegnen
zu können.

Theater.
Stadttheater in Baden.

Dounerstag, den 15. d. M. Zum Benefice für
Franz Felix. (Neu in Scene geſetzt.) „Der närriſche
Schuſter“.
Wiener Volkspoſſe mit Geſang in fünf
Acten von O. F. Berg. Muſik von Carl Millöcker.

Unſer trefflicher erſter Komiker war in der Wahl
ſeiner Beneficevorſtellung recht glücklich. Das total
ausverkaufte Haus unterhielt ſich großartig, man
kam aus dem Lachen gar nicht heraus und wir
können Herrn Felix für den genuſsreichen Abend,
den er uns durch die Wiedervorführung der alten,
aber guten und recht angenehm anheimelnden Volks-
poſſe ſchuf, nur dankbar ſein.

Der geſchätzte Beneficiant und Träger der
Titelrolle, längſt ein Liebling der Badener, hatte
daher auch als Tobias Kupelwieſer volle Gelegenheit,
ſeine hervorragend künſtleriſche Begabung in das
rechte Licht zu ſetzen. Sein „närriſcher Schuſter“
kann als eine wahre Prachtleiſtung bezeichnet werden
und verdient die vollſte Anerkennung. Die wirklich
ſtürmiſchen Beifallsſalven waren daher auch an dem
Felix’ſchen Ehrenabende am Platze und werden zugleich
Herrn Felix von ſeiner Beliebtheit vollkommen überzeugt
haben. Daſs an dieſem, man möchte ſagen demonſtrativ
voll gewordenen Hauſe, auch die Stimmung auf die
Darſteller übergieng, iſt ſelbſtverſtändlich.

Herr Dir. Schreiber war als „Floderer“ wieder
in ſeinem Element und bei ausgezeichneter Laune.
Die Herren Friedberg (Oberſt Graf Freiwald), Strauß
(Richard Graf Freiwald) und Dietl (Buchbinder-
gehilfe Riedl) verdienen ehrende Erwähnung. Das
gleiche gilt von den Damen Zwerenz (Cordula
Kupelwieſer) und Zöhrer (Joſeſine Kupelwieſer).
Aeußerſt diſtinguiert in Anſehen und Sprache gab
ferner Fräulein Brand die Gräfin Clara Engelsberg.
Lebhaften Beifall errang ſich auch der Lehrjunge
Petal, der kleine Felix, welcher, wenn es ſo fort
geht, einſt dem großen Felix gewaltige Concurrenz
machen dürfte.

Samstag, den 17. d. M. „Molly“, Luſtſpiel
in einem Act von R. Verſtl, und „Tannhäuſer“
oder „Die Keilerei auf der Wartburg“. Sowohl
die dramatiſche Bagatelle unſeres Bühnenvaters und
Hausdichters Verſtl, als auch die parodiſtiſche Zukunfts-
operette von J. Neſtroy fanden jene Darſtellungen,
welche befriedigen.

Sonntag, den 18. d. M., „Die Prinzeſſin
von Trapezunt“.
Komiſche Operette in 3 Acten von
[Spaltenumbruch] Ch. Nuitter und E. Trefeu. Deutſch von Julius Hopp.
Muſik von Jacques Offenbach.

Die vor einem Vierteljahrhundert gerade mit
dem Reiz der Neuheit alle Gemüther entzückende
Operette Offenbach’s erregt noch heute Intereſſe,
trotzdem dieſelbe mit dem blöden Stoffe der Handlung
mehr als veraltet und überlebt gilt. Es bildete daher
die neuinſcenierte Belebung altbekannter Geſtalten,
wie die des Förſter Caſimir, des ſich ſtets verſprechenden
Sparadrap und des Cabriolo, eine Art Bühnen-
experiment, das Beachtung verdient. Geſpielt wurde
von jenen, die ſich an den Text und den Takt hielten,
gewiſs recht gut und wenn wieder andere, insbeſondere
ihrer Zwei, ſich weder um Buch und Partie kümmerten
und gegenſeitig Hollodria trieben, ſo ſind dies
Sachen, die ſie mit ſich ſelbſt abmachen ſollen. Fürſt
Caſimir (Herr Ott) und Dir. Schreiber (Sparadrap)
ſorgten auch zumeiſt für die Sonntagsſtimmung, die
in Folge des entſetzlichen Wetters eine recht troſtloſe
war. Keine Stimmung, kein rechter Beifall und
keinerlei Dank für alle Mühe.

Fräulein Narenta als Prinz Raphael entſprach
in jeder Beziehung und ſang ganz allerliebſt. Auch
die beiden Töchter des Cabriolo, Fräulein Genſchar
(Zanetta) und Fräulein Miltner (Regina) verſtanden
es, auf das Aug’ und Ohr zu wirken. Herr Felix
als Director der Seiltänzertruppe und Herr Januſchke
als Tremolini boten ihr möglichſtes. Frau Zwerenz
(Paolo) genügte für die vorgeſchriebenen Kunſt-
leiſtungen, was man von dem berühmten „Pagen-
chore“ diesmal nicht ſagen konnte. Wo war da das
berühmte piano und pianissimo, das einſt ſo viel
Beifall fand.

Montag, den 19. d. M. (Zum erſtenmale):
„Fräulein Doctor“. Luſtſpiel in 4 Aufzügen
von Oscar Walter und Leo Stein. (Repertoireſtück
des Raimundtheaters in Wien.) Gelungene Première
mit hübſchem Bühnenerfolg. Ausführlicheres Referat
vorbehalten.




Vermiſchtes.
Eine Rieſen-Uhr.

Wohl das Monſtröſeſte,
was im Bau von großen Uhren jemals geleiſtet
wurde, iſt die gegenwärtig in Philadelphia für den
Thurm der Town-Hall (des Rathhauſes) gebaute Uhr.
Das während der Dunkelheit mittelſt elektriſcher
Reflectoren beleuchtete Zifferblatt hat einen Durchmeſſer
von 10 Metern, und der große Zeiger, der ganz gut
als Eiſentram dienen könnte, hat eine Länge von
4 Metern, der kleine eine ſolche von 2·5 Metern.
Die Glocke, auf welcher die Stunden angeſchlagen
werden, hat ein Gewicht von 5 Tonnen, und eine
Dampfmaſchine dient dazu, die Uhr aufzuziehen und
die Elektricität zur Beleuchtung zu liefern. Die
Philadelphier können ſich nach Fertigſtellung der Uhr
rühmen, die größte, wenn auch nicht ſchönſte Uhr der
Welt zu beſitzen.

Kwizda’s Reſtitutions-Fluid für Pferde.

Der „Sport“, ein Fachblatt für Rennweſen,
Jagd und Pferde, ſpricht ſich über Kwizda’s
Reſtitutions-Fluid in folgender Weiſe aus: „Wer
die Sehnen ſeiner Pferde bei ſtarkem Gebrauche
rein erhalten will, dem iſt die Anwendung des Re-
ſtitutions-Fluids von Franz Johann Kwizda in Kor-
neuburg zu empfehlen. Man reibe nach jedesmaligem
Gebrauche, nachdem die Sehnen gut mit Stroh ab-
gerieben wurden, die Beine des Pferdes vom Knie
bis an den Feſſel gut mit dieſem Reſtitntions-Fluid
ein und bandagiere ſie dann leicht; es iſt dies ein
einfaches und doch ſehr wirkſames Mittel, um die
Sehnen friſch und ſtramm zu erhalten und der
Bildung von Gallen vorzubeugen. Das Kwizda’ſche
k. k. priv. Reſtitutions-Fluid für Pferde ſollte daher
in keinem gut gehaltenen Stalle fehlen.

Ein Lampendocht aus Glas.

Ein eigen-
artiger Lampendocht wurde vor kurzem von einem
belgiſchen Glasfabrikanten erfunden. Dieſer Docht iſt
aus Glas hergeſtellt, welches von feinen Canälen
durchzogen iſt. Die Lampe entzündet ſich, indem das
Oel durch die feinen Canäle nach oben gepreſst wird
und dort entflammt. Als Vortheil wird neben der
Unverbrennbarkeit des Dochtes der gleichförmige
Verbrauch des Brennmateriales gerühmt, ſo daſs ein
Flackern der Flamme oder das ſo läſtige Rußen des
Cylinders vollkommen ausgeſchloſſen iſt. Immerhin
dürfte die Herſtellung dieſer Glasdochte nicht ſo
billig kommen, auch ſcheint eine Verſtopfung der feinen
Canäle durch die Rückſtände auch bei dem beſten
Petroleum nicht ausgeſchloſſen zu ſein.


[Spaltenumbruch]
Literatur.

„Lechner’s Mittheilungen aus dem Gebiete der
Photographie.“
Mit der vor kurzem erſchienenen Jänner-
Nummer beginnt ein neuer Jahrgang dieſer gehaltvollen, jedem
Amateur-Photographen nützlichen Zeitſchrift. Das Heft enthält
eine kurzgefaſste jedoch vollſtändig erſchöpfende Anleitung zur
Erlernung des Gummidruckes von Raimund Rapp, Aſſiſtenten
des Herrn Philipp Ritter von Schoeller; eine Beſprechung der
Probſt’ſchen Broſchüre zu Lechner’s Taſchen-Camera; die exacte
Beſchreibung eines Facettier-Apparates zur leichten Herſte[ll]ung
der Kupferdruck-Facetten auf Photographie-Cartons, ſowie eine
ausführliche Recenſion der Jänner-Nummer der „Photographiſchen
Correſpondenz 1900. — Unter den Vereinsnachrichten finden
ſich ſolche der Photographiſchen Geſelſchaft in Wien, des Wiener
Camera-Club, Wiener Photo-Club, ſowie auch Berichte aus
Prag, Graz, Dresden ꝛc. In einer eigenen Rubrik ſind
Ausſtellungs-Angelegenheiten untergebracht; die Abtheilung
„Notizen“ enthält intereſſante Nachrichten actueller Art, und
unter „Bücherſchau“ ſind photographiſch-literariſche Erſcheinungen
der letzten Zeit ausführlich beſprochen. Zudem geſellt ſich
ſchließlich noch der „Briefkaſten“, der fleißig benützt wird und
viele nützliche und wichtige Hinweiſe enthält. — Als Kunſt-
beilage enthält das Jänner-Heft ein Bild von Graf Michael
Eſterházy: „Yacht im Sturm auf dem Plattenſee“. — In
Rückſicht auf die Reichhaltigkeit und hübſche Ausſtattung und
in Anbetracht des ungemein billigen Preiſes von 2 Kronen
iährlich können „Lechner’s Mittheilungen“ jedem Amateur-Photo-
graphen dringendſt empfohlen werden; Probe-Nummern werden
ſeitens der Firma R. Lechner (Wilh. Müller), Wien, I., Graben
31, bereitwilligſt, und zwar koſtenfrei, verſchickt.




Gerichtsſaal.
Wegen öffentlicher Gewaltthätigkeit.

Am
12. d. M., hatte ſich vor einem Erkenntisſenate des
Kreisgerichtes der hieſige Hauer Ignaz Breinſchmid
wegen des Verbrechens der öffentlichen Gewaltthätigkeit
zu verantworten. Der Angeklagte gerieth am Nach-
hauſewege vom „Heurigen“ mit einem Nachtwächter
in Streit und ſoll nach Angabe des letzteren
mit dieſen handgemein geworden ſein und ihn
in der Ausübung ſeines Dienſtes während der
Arretierung bei der Bruſt gepackt haben. Brein-
ſchmid, welcher ſo berauſcht war, daſs er ſich auf
nichts erinnern konnte, wurde bloß wegen Uebertretung
der Wachebeleidigung zu einem Monat Arreſt ver-
urtheilt.

Holzdiebſtahl.

Vor einem Erkenntnisſenate des
Kreisgerichtes Wr.-Neuſtadt, unter Vorſitz des LGR.
Grubmann, hatte ſich am 19. d. M. der in Sattel-
bach anſäſſige Gaſtwirt und Hausbeſitzer, Anton Loidl,
welcher bereits gerichtlich vorbeſtraft iſt, wegen des
Verbrechens des Diebſtahles zu verantworten. Die
Staatsanwaltſchaft erhob gegen Loidl die Anklage,
daſs derſelbe in der Zeit vom November v. J. bis
Februar d. J. aus dem Stifte Heiligenkreuz Holz
in der Weiſe entzogen habe, daſs er die Knechte des
Stiftes verleitete, 5—6 Wägen mit Brennholz in
ſeinem Gaſthauſe abzuladen. Loidl geſtand zu, daſs
Knechte bei ihm mit Holzwägen in ſeinem Gaſthauſe
einſtellten und daſs er auch 50—60 Scheiter Holz
genommen habe; er ſei von der Gendarmerie verhaftet
worden, welche das geſammte bei ihm im Hauſe vor-
gefundene Scheiterholz, darunter auch ſein Eigenthum
confisciert habe. Nachdem der Schaffer des Stiftes
Heiligenkreuz vernommen wurde, welcher auch beſtätigte
daſs unter dem rückgeſtellten Holze ſich Scheiter mit
K und L gezeichnet vorfanden, die nicht dem Stifte
Heiligenkrenz gehören, ſchloſs der Vorſitzende das Be-
weisverfahren. Der öffentliche Ankläger, Staatsanwalt-
ſubſtitut Dr. Waldſtein, hält die Anklage wegen des
Verbrechens des Diebſtahles, da das Stift die Schadens-
ziffer auf 60 Kronen bewertet, aufrecht und ſtellt
das Erſuchen, im Falle der hohe Gerichtshof anderer
Meinung ſei, die Verhandlung zu vertagen und die
Vorladung ſämmtlicher Holzknechte, welche aus dem
Stifte Holz entführten und bei Loidl einſtellten, als
Zeugen einzuvernehmen. Der Vertheidiger des An-
geklagten, Dr. Kenner aus Wr.-Neuſtadt, tritt den
Ausführungen in ſachlicher Weiſe entgegen und wies
an der Hand des dem Stifte Heiligenkreuz durch den
Diebſtahl Loidl’s gemachten Schadens nach, daſs es
ſich in dem gegebenen Falle, nach durchgeführtem Be-
weisverfahren, nicht um ein Verbrechen, ſondern um
ein Vergehen handle. Der Gerichtshof ſprach den An-
geklagten von dem Verbrechen des Diebſtahles frei
und verurtheilte dieſen wegen Vergehens des Dieb-
ſtahles zu einem Monat ſtrengen, mit zwei Faſttage
verſchärften Arreſt.

Die Unberechenbarkeit der Thierſeele.

Ein
Fall, der die Einwohner von St. Veit a. d. Tr. in
nicht geringe Aufregung verſetzte und auch eine juriſtiſch
nicht gewöhnliche Geſtaltung erfahren hat, kam am

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[6/0006] Mittwoch Badener Zeitung. 21. März 1900. Nr. 23. (Familienabend der Beamtenſchaft Mödlings.) Auf vielſeitiges Verlangen ſieht ſich das Comité zur Veranſtaltung geſelliger Familien- abende veranlaſst, am Samstag, den 31. d. M., im Hotel „Stadt Mödling“ ſeinen zweiten diesjährigen Unterhaltungsabend zu veranſtalten. Es werden binnen kurzem die Einladungen verſendet werden. Man hat bereits mit bekannten Wiener Kunſtkräften Fühlung genommen und einige derſelben für dieſen Vortragsabend gewonnen. Zum Schluſſe ſindet ein Tanzkränzchen ſtatt. Guntramsdorf. Auf der Localbahn Wien— Guntramsdorf wurde am 15. d. M. durch den Achſen- bruch eines mit Ziegeln beladenen Waggons in der Station Krottenbach eine zweiſtündige Verkehrs- ſtörung verurſacht. Nach Wegſchaffung des gebrochenen Wagens konnte der Güterzug ſeinen Weg wieder fortſetzen. Berndorf. (Theater.) Uebermorgen, Freitag, den 23. d. M., abends, gelangt die brillante Bauern- komödie „’s Jungferngift“ von Ludwig Anzengruber zur Aufführung. Die nächſte Vorſtellung findet am Sonntag, den 25. März, nachmittags 3 Uhr, ſtatt. Wiener-Neuſtadt. (Vom Theater.) Am 13. d. M. wurde zum Benefice des Schauſpielers Max Palfi Hermann Sudermann’s „Morituri“ ge- geben, in welchem Stücke Fräulein Hermine Schütze, die Tochter des Badener Buchhändlers Ferdinand Schütze und Schülerin der Hofſchauſpielerin Frau Olga Lewinsky, zum erſtenmale die Bretter betrat und ſich ſofort durch ihre Anmuth die Sympathie des Publicums eroberte und auch in der Folge durch ihr vorzügliches Spiel feſthielt. Die „Wiener-Neu- ſtädter Nachrichten“ beſprechen in vorzüglichſter Weiſe das degagierte Spiel der jungen Dame und beglück- wünſchen ſie zu dieſem erſten Erfolge, mit der Hoffnung, ihr bald wieder auf den Brettern begegnen zu können. Theater. Stadttheater in Baden. Dounerstag, den 15. d. M. Zum Benefice für Franz Felix. (Neu in Scene geſetzt.) „Der närriſche Schuſter“. Wiener Volkspoſſe mit Geſang in fünf Acten von O. F. Berg. Muſik von Carl Millöcker. Unſer trefflicher erſter Komiker war in der Wahl ſeiner Beneficevorſtellung recht glücklich. Das total ausverkaufte Haus unterhielt ſich großartig, man kam aus dem Lachen gar nicht heraus und wir können Herrn Felix für den genuſsreichen Abend, den er uns durch die Wiedervorführung der alten, aber guten und recht angenehm anheimelnden Volks- poſſe ſchuf, nur dankbar ſein. Der geſchätzte Beneficiant und Träger der Titelrolle, längſt ein Liebling der Badener, hatte daher auch als Tobias Kupelwieſer volle Gelegenheit, ſeine hervorragend künſtleriſche Begabung in das rechte Licht zu ſetzen. Sein „närriſcher Schuſter“ kann als eine wahre Prachtleiſtung bezeichnet werden und verdient die vollſte Anerkennung. Die wirklich ſtürmiſchen Beifallsſalven waren daher auch an dem Felix’ſchen Ehrenabende am Platze und werden zugleich Herrn Felix von ſeiner Beliebtheit vollkommen überzeugt haben. Daſs an dieſem, man möchte ſagen demonſtrativ voll gewordenen Hauſe, auch die Stimmung auf die Darſteller übergieng, iſt ſelbſtverſtändlich. Herr Dir. Schreiber war als „Floderer“ wieder in ſeinem Element und bei ausgezeichneter Laune. Die Herren Friedberg (Oberſt Graf Freiwald), Strauß (Richard Graf Freiwald) und Dietl (Buchbinder- gehilfe Riedl) verdienen ehrende Erwähnung. Das gleiche gilt von den Damen Zwerenz (Cordula Kupelwieſer) und Zöhrer (Joſeſine Kupelwieſer). Aeußerſt diſtinguiert in Anſehen und Sprache gab ferner Fräulein Brand die Gräfin Clara Engelsberg. Lebhaften Beifall errang ſich auch der Lehrjunge Petal, der kleine Felix, welcher, wenn es ſo fort geht, einſt dem großen Felix gewaltige Concurrenz machen dürfte. Samstag, den 17. d. M. „Molly“, Luſtſpiel in einem Act von R. Verſtl, und „Tannhäuſer“ oder „Die Keilerei auf der Wartburg“. Sowohl die dramatiſche Bagatelle unſeres Bühnenvaters und Hausdichters Verſtl, als auch die parodiſtiſche Zukunfts- operette von J. Neſtroy fanden jene Darſtellungen, welche befriedigen. Sonntag, den 18. d. M., „Die Prinzeſſin von Trapezunt“. Komiſche Operette in 3 Acten von Ch. Nuitter und E. Trefeu. Deutſch von Julius Hopp. Muſik von Jacques Offenbach. Die vor einem Vierteljahrhundert gerade mit dem Reiz der Neuheit alle Gemüther entzückende Operette Offenbach’s erregt noch heute Intereſſe, trotzdem dieſelbe mit dem blöden Stoffe der Handlung mehr als veraltet und überlebt gilt. Es bildete daher die neuinſcenierte Belebung altbekannter Geſtalten, wie die des Förſter Caſimir, des ſich ſtets verſprechenden Sparadrap und des Cabriolo, eine Art Bühnen- experiment, das Beachtung verdient. Geſpielt wurde von jenen, die ſich an den Text und den Takt hielten, gewiſs recht gut und wenn wieder andere, insbeſondere ihrer Zwei, ſich weder um Buch und Partie kümmerten und gegenſeitig Hollodria trieben, ſo ſind dies Sachen, die ſie mit ſich ſelbſt abmachen ſollen. Fürſt Caſimir (Herr Ott) und Dir. Schreiber (Sparadrap) ſorgten auch zumeiſt für die Sonntagsſtimmung, die in Folge des entſetzlichen Wetters eine recht troſtloſe war. Keine Stimmung, kein rechter Beifall und keinerlei Dank für alle Mühe. Fräulein Narenta als Prinz Raphael entſprach in jeder Beziehung und ſang ganz allerliebſt. Auch die beiden Töchter des Cabriolo, Fräulein Genſchar (Zanetta) und Fräulein Miltner (Regina) verſtanden es, auf das Aug’ und Ohr zu wirken. Herr Felix als Director der Seiltänzertruppe und Herr Januſchke als Tremolini boten ihr möglichſtes. Frau Zwerenz (Paolo) genügte für die vorgeſchriebenen Kunſt- leiſtungen, was man von dem berühmten „Pagen- chore“ diesmal nicht ſagen konnte. Wo war da das berühmte piano und pianissimo, das einſt ſo viel Beifall fand. Montag, den 19. d. M. (Zum erſtenmale): „Fräulein Doctor“. Luſtſpiel in 4 Aufzügen von Oscar Walter und Leo Stein. (Repertoireſtück des Raimundtheaters in Wien.) Gelungene Première mit hübſchem Bühnenerfolg. Ausführlicheres Referat vorbehalten. Guſtav Calliano. Vermiſchtes. Eine Rieſen-Uhr. Wohl das Monſtröſeſte, was im Bau von großen Uhren jemals geleiſtet wurde, iſt die gegenwärtig in Philadelphia für den Thurm der Town-Hall (des Rathhauſes) gebaute Uhr. Das während der Dunkelheit mittelſt elektriſcher Reflectoren beleuchtete Zifferblatt hat einen Durchmeſſer von 10 Metern, und der große Zeiger, der ganz gut als Eiſentram dienen könnte, hat eine Länge von 4 Metern, der kleine eine ſolche von 2·5 Metern. Die Glocke, auf welcher die Stunden angeſchlagen werden, hat ein Gewicht von 5 Tonnen, und eine Dampfmaſchine dient dazu, die Uhr aufzuziehen und die Elektricität zur Beleuchtung zu liefern. Die Philadelphier können ſich nach Fertigſtellung der Uhr rühmen, die größte, wenn auch nicht ſchönſte Uhr der Welt zu beſitzen. Kwizda’s Reſtitutions-Fluid für Pferde. Der „Sport“, ein Fachblatt für Rennweſen, Jagd und Pferde, ſpricht ſich über Kwizda’s Reſtitutions-Fluid in folgender Weiſe aus: „Wer die Sehnen ſeiner Pferde bei ſtarkem Gebrauche rein erhalten will, dem iſt die Anwendung des Re- ſtitutions-Fluids von Franz Johann Kwizda in Kor- neuburg zu empfehlen. Man reibe nach jedesmaligem Gebrauche, nachdem die Sehnen gut mit Stroh ab- gerieben wurden, die Beine des Pferdes vom Knie bis an den Feſſel gut mit dieſem Reſtitntions-Fluid ein und bandagiere ſie dann leicht; es iſt dies ein einfaches und doch ſehr wirkſames Mittel, um die Sehnen friſch und ſtramm zu erhalten und der Bildung von Gallen vorzubeugen. Das Kwizda’ſche k. k. priv. Reſtitutions-Fluid für Pferde ſollte daher in keinem gut gehaltenen Stalle fehlen. Ein Lampendocht aus Glas. Ein eigen- artiger Lampendocht wurde vor kurzem von einem belgiſchen Glasfabrikanten erfunden. Dieſer Docht iſt aus Glas hergeſtellt, welches von feinen Canälen durchzogen iſt. Die Lampe entzündet ſich, indem das Oel durch die feinen Canäle nach oben gepreſst wird und dort entflammt. Als Vortheil wird neben der Unverbrennbarkeit des Dochtes der gleichförmige Verbrauch des Brennmateriales gerühmt, ſo daſs ein Flackern der Flamme oder das ſo läſtige Rußen des Cylinders vollkommen ausgeſchloſſen iſt. Immerhin dürfte die Herſtellung dieſer Glasdochte nicht ſo billig kommen, auch ſcheint eine Verſtopfung der feinen Canäle durch die Rückſtände auch bei dem beſten Petroleum nicht ausgeſchloſſen zu ſein. Literatur. „Lechner’s Mittheilungen aus dem Gebiete der Photographie.“ Mit der vor kurzem erſchienenen Jänner- Nummer beginnt ein neuer Jahrgang dieſer gehaltvollen, jedem Amateur-Photographen nützlichen Zeitſchrift. Das Heft enthält eine kurzgefaſste jedoch vollſtändig erſchöpfende Anleitung zur Erlernung des Gummidruckes von Raimund Rapp, Aſſiſtenten des Herrn Philipp Ritter von Schoeller; eine Beſprechung der Probſt’ſchen Broſchüre zu Lechner’s Taſchen-Camera; die exacte Beſchreibung eines Facettier-Apparates zur leichten Herſtellung der Kupferdruck-Facetten auf Photographie-Cartons, ſowie eine ausführliche Recenſion der Jänner-Nummer der „Photographiſchen Correſpondenz 1900. — Unter den Vereinsnachrichten finden ſich ſolche der Photographiſchen Geſelſchaft in Wien, des Wiener Camera-Club, Wiener Photo-Club, ſowie auch Berichte aus Prag, Graz, Dresden ꝛc. In einer eigenen Rubrik ſind Ausſtellungs-Angelegenheiten untergebracht; die Abtheilung „Notizen“ enthält intereſſante Nachrichten actueller Art, und unter „Bücherſchau“ ſind photographiſch-literariſche Erſcheinungen der letzten Zeit ausführlich beſprochen. Zudem geſellt ſich ſchließlich noch der „Briefkaſten“, der fleißig benützt wird und viele nützliche und wichtige Hinweiſe enthält. — Als Kunſt- beilage enthält das Jänner-Heft ein Bild von Graf Michael Eſterházy: „Yacht im Sturm auf dem Plattenſee“. — In Rückſicht auf die Reichhaltigkeit und hübſche Ausſtattung und in Anbetracht des ungemein billigen Preiſes von 2 Kronen iährlich können „Lechner’s Mittheilungen“ jedem Amateur-Photo- graphen dringendſt empfohlen werden; Probe-Nummern werden ſeitens der Firma R. Lechner (Wilh. Müller), Wien, I., Graben 31, bereitwilligſt, und zwar koſtenfrei, verſchickt. Gerichtsſaal. Wegen öffentlicher Gewaltthätigkeit. Am 12. d. M., hatte ſich vor einem Erkenntisſenate des Kreisgerichtes der hieſige Hauer Ignaz Breinſchmid wegen des Verbrechens der öffentlichen Gewaltthätigkeit zu verantworten. Der Angeklagte gerieth am Nach- hauſewege vom „Heurigen“ mit einem Nachtwächter in Streit und ſoll nach Angabe des letzteren mit dieſen handgemein geworden ſein und ihn in der Ausübung ſeines Dienſtes während der Arretierung bei der Bruſt gepackt haben. Brein- ſchmid, welcher ſo berauſcht war, daſs er ſich auf nichts erinnern konnte, wurde bloß wegen Uebertretung der Wachebeleidigung zu einem Monat Arreſt ver- urtheilt. Holzdiebſtahl. Vor einem Erkenntnisſenate des Kreisgerichtes Wr.-Neuſtadt, unter Vorſitz des LGR. Grubmann, hatte ſich am 19. d. M. der in Sattel- bach anſäſſige Gaſtwirt und Hausbeſitzer, Anton Loidl, welcher bereits gerichtlich vorbeſtraft iſt, wegen des Verbrechens des Diebſtahles zu verantworten. Die Staatsanwaltſchaft erhob gegen Loidl die Anklage, daſs derſelbe in der Zeit vom November v. J. bis Februar d. J. aus dem Stifte Heiligenkreuz Holz in der Weiſe entzogen habe, daſs er die Knechte des Stiftes verleitete, 5—6 Wägen mit Brennholz in ſeinem Gaſthauſe abzuladen. Loidl geſtand zu, daſs Knechte bei ihm mit Holzwägen in ſeinem Gaſthauſe einſtellten und daſs er auch 50—60 Scheiter Holz genommen habe; er ſei von der Gendarmerie verhaftet worden, welche das geſammte bei ihm im Hauſe vor- gefundene Scheiterholz, darunter auch ſein Eigenthum confisciert habe. Nachdem der Schaffer des Stiftes Heiligenkreuz vernommen wurde, welcher auch beſtätigte daſs unter dem rückgeſtellten Holze ſich Scheiter mit K und L gezeichnet vorfanden, die nicht dem Stifte Heiligenkrenz gehören, ſchloſs der Vorſitzende das Be- weisverfahren. Der öffentliche Ankläger, Staatsanwalt- ſubſtitut Dr. Waldſtein, hält die Anklage wegen des Verbrechens des Diebſtahles, da das Stift die Schadens- ziffer auf 60 Kronen bewertet, aufrecht und ſtellt das Erſuchen, im Falle der hohe Gerichtshof anderer Meinung ſei, die Verhandlung zu vertagen und die Vorladung ſämmtlicher Holzknechte, welche aus dem Stifte Holz entführten und bei Loidl einſtellten, als Zeugen einzuvernehmen. Der Vertheidiger des An- geklagten, Dr. Kenner aus Wr.-Neuſtadt, tritt den Ausführungen in ſachlicher Weiſe entgegen und wies an der Hand des dem Stifte Heiligenkreuz durch den Diebſtahl Loidl’s gemachten Schadens nach, daſs es ſich in dem gegebenen Falle, nach durchgeführtem Be- weisverfahren, nicht um ein Verbrechen, ſondern um ein Vergehen handle. Der Gerichtshof ſprach den An- geklagten von dem Verbrechen des Diebſtahles frei und verurtheilte dieſen wegen Vergehens des Dieb- ſtahles zu einem Monat ſtrengen, mit zwei Faſttage verſchärften Arreſt. Die Unberechenbarkeit der Thierſeele. Ein Fall, der die Einwohner von St. Veit a. d. Tr. in nicht geringe Aufregung verſetzte und auch eine juriſtiſch nicht gewöhnliche Geſtaltung erfahren hat, kam am

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Zitationshilfe: Badener Zeitung. Nr. 23, Baden (Niederösterreich), 21.03.1900, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_badener023_1900/6>, abgerufen am 24.11.2024.