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Deutsche Auswanderer-Zeitung. Nr. 25. Bremen, 26. März 1852.

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[Beginn Spaltensatz] und mehr demoralisirt und verwildert. Zur Zeit meines Aufenthaltes
waren sie nur wenig mit Fremden in Berührung gekommen, und die
wenigen Fremden, welche sich damals im Lande aufhielten, mögen den
Eingeborenen nicht eben die günstigste Meinung von den Europäern bei-
gebracht haben. Der Handel beschränkte sich auf einige wenige Jmporten
von Südamerika über Realejo und von Westindien über Granada, wofür
Brasilholz, Häute, Cedernholz, brauner Zucker und etwas Baumwolle
ausgeführt wurden. Baares Geld war wenig im Lande. Von Costa-
rika
fing man an Kaffee zu exportiren, was später bedeutender wurde,
und Jndigo kam von Guatemala und St. Salvador, wo er auf der Messe
von St. Miguel, die alljährlich im November stattfand, den Haupthandels-
artikel bildete. Die Bewohner Nicaraguas stehen ebenso, wie die Mexicos,
ganz unter dem Einflusse der Geistlichkeit. Obgleich mit den besten Anlagen
ausgestattet, sind sie in hohem Grade unwissend, dabei reizbar und rach-
süchtig; im Allgemeinen stehen sie in dem Rufe einer rohen, barbarischen
Tapferkeit, die sie in ihren politischen Zänkereien oft Gelegenheit gehabt
haben, an den Tag zu legen, die aber, um erfolgreich zu sein, gewöhnlich
mit Hinterlist verbunden ist. Die arbeitende Klasse ( peones ) , die mehr
rein amerikanisches Blut in sich trägt, ist ein schöner Menschenschlag;
doch sind sie besonders reizbar und rachsüchtig. Der Macheta, eine
Art Säbel rohester Art, den sie zur Feldarbeit gebrauchen, ist ihr steter
Begleiter; bei der geringsten Veranlassung zu Raufereien wird er sogleich
gezogen und sehr geschickt gehandhabt. Obgleich sie daneben alle guten
Eigenschaften der Naturmenschen im hohen Grade besitzen, geht man ihnen
doch begreiflich gern aus dem Wege. Die Justizverwaltung ist nicht besser
beschaffen, als in Mexico; der Schwache wird vom Stärkern schonungslos
unterdrückt, und Gerichtsproceduren sind leere Beutelschneidereien, dem
Spinngewebe vergleichbar, das den Schwachen fängt, aber vom Starken
mit Leichtigkeit durchbrochen wird.     ( Schluß folgt. )



Ein in St. Louis spurlos verschwundener Deutscher.

Das Einrücken des nachfolgenden Aufrufs auch in unsere Spalten
dürfte, da der Verschwundene nach Deutschland zurückgekehrt sein könnte,
nicht ganz überflüssig erscheinen.

An alle deutschen Zeitungen in der Union.

Hermann Eylers, ungefähr 30 Jahre alt, blond von Haaren,
mittlerer Größe, Schuhmacher, spricht deutsch und wenig englisch, - ist
am 3. Januar plötzlich von St. Louis verschwunden. Sein Freund, der
Schneider Ohlendorf ist nun verhaftet auf den Verdacht hin, Eylers,
der aus Californien mit Gold zurückgekehrt war, ermordet zu haben.
Ohlendorf's Frau betheuert die Unschuld ihres Mannes und sagt: Eylers
sei nach Neworleans oder Newyork abgereist, und sie stellt an alle
deutsche Zeitungen
der Union die Bitte, diesen Aufruf zu veröffent-
lichen und falls Eylers irgendwo existiren sollte, sogleich durch unsere
Office telegraphische und briefliche Nachricht hierher gelangen zu lassen.

Wir unterstützen diese Bitte; - die Presse ist, bei den noch mangel-
haften Polizeieinrichtungen dieses Landes, das beste Mittel, um die Wahrheit
an's Licht zu bringen. Ohlendorf ist auf einen bloßen Verdacht hin, ohne
fernere Jndicien verhaftet, - lebt Eylers, so wird er durch die Presse
bald aufgefunden werden, und ein Unschuldiger ist gerettet; - kömmt er
trotz der Bemühungen der Presse nicht mehr zum Vorschein, - dann erst
läßt sich mit Grund Verdacht schöpfen.

Jedenfalls aber ist es eine heilige Pflicht der Presse, in solchen Fällen
der Erforschung der Wahrheit ihre vollste Unterstützung zu gewähren.

St. Louis, 28. Januar.

    Redaktion des Anzeigers des Westens.



Ein entdecktes Schwindelinstitut in Newyork.

Die Newyorker Abendzeitung enthält nachfolgenden Bericht,
der zeigen möge, wie fein und wie complicirt die Auswanderer=Betrug-
anstalten jener Stadt organisirt sind:

Auf die Klage eines Herrn J. T. Troy wurden die Mobilien der
" Ver. St.=Auswanderungs=Schutzgesellschaft " in Nr. 57 Green-
wichstreet vorgestern wegen rückständiger Miethe mit Beschlag belegt. Die
Organisation und Operation dieser Sippschaft, welche frech genug war,
vorzugeben, daß ihr Hauptzweck darin bestehe, die Einwanderung vor
Uebervortheilung und Betrug zu bewahren, ist einzig in ihrer Art.....
Jrgend ein Einwanderer wurde dorthin gebracht, unter solchen Vorspiege-
lungen, daß er zu dem Glauben kommen mußte, er befinde sich in einem
Lande, wo Milch und Honig fließen und man nur den Mund zu öffnen
brauche, um gebratene Schnepfen zu empfangen. Keine Bezahlung -
Alles umsonst! so hieß es in diesem Tempel der Pharisäer und Seelen-
verkäufer. Jede Anleitung und Nachricht über Reiserouten, Wegepreise,
Quartierhäuser, über Beschäftigungen oder zur Ansiedelung und zum
[Spaltenumbruch] "Geldmachen" geeignete und vortheilhafte Plätze wurden gratis gegeben.
Herz, was verlangst du mehr? Es hätte nur noch gefehlt, daß die
Emigranten Geld obendrein bekamen. Und wer waren diese Menschen-
freunde, die einen Sekretär mit 13 $ per Woche und verschiedene
andere Personen entsprechend besoldeten zur Verfolgung dieser uneigen-
nützigen, menschenfreundlichen Zwecke? Man versah sich da hauptsächlich
solcher Emigranten, die noch nicht ganz von Mitteln entblößt
erschienen,
führte sie in die "rechtschaffene, ehrliche Office" und gab
ihnen jeden Rath und Nachweis unentgeldlich; mit Argusaugen wurden
die auf diese Weise zutraulich gemachten Einwanderer jedoch bewacht, daß
sie in keinem Falle entschlüpfen, in kein anderes, als das ihnen anempfoh-
lene Quartier sich begeben, keine andere, als die ihnen aufgegebene Beför-
derungsfirma aufsuchen konnten. Jn den Boardinghäusern sorgte dann
der Wirth, in den Beförderungsanstalten der Prinzipal dafür, daß die
umsonst Bedienten durch hohe Kostpreise und möglichst weitgrei-
fende Reiserouten
und fernliegende Niederlassungsstätten, wenn immer
möglich, auch der letzten Baarschaft entledigt wurden.

Um die Frequenz der Anstalt zu steigern, wurden unter die Einwan-
derer die Adressen der " Gratis=Office " schon auf den Schiffen
vertheilt. Der etwa anfragenden Unbemittelten wußte man sich unter
irgend einem einleuchtenden Vorwande zu entledigen, während die mit
Mitteln versehenen Einwanderer dem smarten Oberclerk Mr. Wm. L. Roy
und seinen experten Gehülfen nicht eher entschlüpfen durften, bis sie ihr
Quartier genommen oder ihre Reisekarten eingekauft haben.



Bodenproduktion der Vereinigten Staaten.

Der ausgedehnte Flächenraum der Vereinigten Staaten - sie bedecken
über 20 Breiten= und über 55 Längengrade und zwar in einer compakten
Masse - machen deren Bewohner, mit Rücksicht auf die Produktion des
Bodens, zu der glücklichsten Nation der Erde. Es giebt nur sehr wenige
Luxusartikel, die in den Ver. Staaten nicht hervorgebracht werden können;
die Hauptsache aber dabei ist, daß bei einem so weitläufigen Gebietsumfange
die Brodfrüchte, deren Mangel in anderen Ländern so viel Elend und so
gefährliche Krisen nach sich zieht, die oft den ganzen Staatsorganismus
problematisch machen, in solchem Maße und in so verschiedenen Klimaten
erzeugt werden, daß eine Hungersnoth beinahe unmöglich ist. Schlagen
die Ernten in einem Theil der Union fehl, so bringt dagegen der andere
Theil einen solchen Ueberfluß hervor, daß man das Fehlschlagen kaum
merkt. Nehmen wir z. B. Weizen, diesen Hauptartikel des Landes, so
wird dieser in allen Staaten und Gebieten ohne Ausnahme gebaut. Das-
selbe gilt von Welschkorn, Roggen und Kartoffeln. Gerste wird, außer
in Florida und Louisiana, überall gebaut, und Reis baut man, mit Aus-
nahme Marylands, in allen südlichen und selbst in einigen westlichen Staaten.

An Futterkräutern für's Vieh fehlt es keinem einzigen Staate, und
jeder südliche, ausgenommen Delaware, baut Zucker.

Es herrscht freilich ein großer Unterschied in den verschiedenen Arten
der Produktion der Staaten: Ohio erzeugt mehr Weizen als irgend ein
anderer; Tennessee das meiste Welschkorn; Pennsylvanien den
meisten Roggen und Buchweizen; Südkarolina den meisten Reis,
und Newyork am meisten Gerste, Kartoffeln und Heu. Der
Weizenbau zieht sich seit Jahren immer mehr nach dem Westen und
läßt im Osten mehr nach. Die Felder in Newyork, Pennsylvanien und
Maryland fangen an etwas erschöpft zu werden und geben verhältnißmäßig
weniger als die neu cultivirten Felder und Prärien des Westens. Dort ist
in der That der große ackerbauende Theil unserer Nation, die Kornkammer
der Ver. Staaten, von der die fabelhaft wachsende Bevölkerung einstens
ihre Nahrungsmittel hauptsächlich zu erwarten hat.     ( N. Y. Hd.=Bl. )



Briefauszüge.
    Philadelphia, 9. Februar.

Auf der hiesigen nach dem Westen führenden Eisenbahn ist seit län-
gerer Zeit die Einrichtung getroffen, Einwanderer auf billigere, als die
gewöhnliche Weise in separaten Waggons zu befördern, wodurch solche
das ganze Jahr hindurch zum Passagepreise von $ 5 per Person binnen
drei Tage nach Pittsburg gelangen, ohne genöthigt zu sein, den etwas
langsamern, mit theilweiser Canalbeförderung verbundenen Weg, dessen
Preis sich auf ca. $3 1 / 2 beläuft, zu wählen. Jm Uebrigen genügen die
von der hiesigen deutschen Gesellschaft zur Forthülfe der anlangenden
deutschen Einwanderer getroffenen Vorkehrungen ihrem Zwecke um so
mehr, da der direkte Schiffsverkehr mit dem Norden Deutschlands hier
beschränkter als auf den Nachbarplätzen ist, und die Ankömmlinge daher
auch weniger einer betrügerischen Ausplünderung durch Gastwirthe
ausgesetzt sind. - So wurden z. B. im verwichenen Jahre, während die
Gesammtkopfzahl der zum größeren Theile aus Großbritannien angelangten
Einwanderer sich hier auf ca. 17,800 Personen belief, darunter von Bre-
men aus uns nur ca. 600 Personen zugeführt.

Das in Bremen errichtete Nachweisungsbureau für Auswanderer ist
hier mit Freuden begrüßt worden. Man spürt bereits seine segensreiche
Wirksamkeit, namentlich da die für hier gegebenen Verhaltungsregeln den
Verhältnissen durchaus entsprechen.

[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] und mehr demoralisirt und verwildert. Zur Zeit meines Aufenthaltes
waren sie nur wenig mit Fremden in Berührung gekommen, und die
wenigen Fremden, welche sich damals im Lande aufhielten, mögen den
Eingeborenen nicht eben die günstigste Meinung von den Europäern bei-
gebracht haben. Der Handel beschränkte sich auf einige wenige Jmporten
von Südamerika über Realejo und von Westindien über Granada, wofür
Brasilholz, Häute, Cedernholz, brauner Zucker und etwas Baumwolle
ausgeführt wurden. Baares Geld war wenig im Lande. Von Costa-
rika
fing man an Kaffee zu exportiren, was später bedeutender wurde,
und Jndigo kam von Guatemala und St. Salvador, wo er auf der Messe
von St. Miguel, die alljährlich im November stattfand, den Haupthandels-
artikel bildete. Die Bewohner Nicaraguas stehen ebenso, wie die Mexicos,
ganz unter dem Einflusse der Geistlichkeit. Obgleich mit den besten Anlagen
ausgestattet, sind sie in hohem Grade unwissend, dabei reizbar und rach-
süchtig; im Allgemeinen stehen sie in dem Rufe einer rohen, barbarischen
Tapferkeit, die sie in ihren politischen Zänkereien oft Gelegenheit gehabt
haben, an den Tag zu legen, die aber, um erfolgreich zu sein, gewöhnlich
mit Hinterlist verbunden ist. Die arbeitende Klasse ( peones ) , die mehr
rein amerikanisches Blut in sich trägt, ist ein schöner Menschenschlag;
doch sind sie besonders reizbar und rachsüchtig. Der Macheta, eine
Art Säbel rohester Art, den sie zur Feldarbeit gebrauchen, ist ihr steter
Begleiter; bei der geringsten Veranlassung zu Raufereien wird er sogleich
gezogen und sehr geschickt gehandhabt. Obgleich sie daneben alle guten
Eigenschaften der Naturmenschen im hohen Grade besitzen, geht man ihnen
doch begreiflich gern aus dem Wege. Die Justizverwaltung ist nicht besser
beschaffen, als in Mexico; der Schwache wird vom Stärkern schonungslos
unterdrückt, und Gerichtsproceduren sind leere Beutelschneidereien, dem
Spinngewebe vergleichbar, das den Schwachen fängt, aber vom Starken
mit Leichtigkeit durchbrochen wird.     ( Schluß folgt. )



Ein in St. Louis spurlos verschwundener Deutscher.

Das Einrücken des nachfolgenden Aufrufs auch in unsere Spalten
dürfte, da der Verschwundene nach Deutschland zurückgekehrt sein könnte,
nicht ganz überflüssig erscheinen.

An alle deutschen Zeitungen in der Union.

Hermann Eylers, ungefähr 30 Jahre alt, blond von Haaren,
mittlerer Größe, Schuhmacher, spricht deutsch und wenig englisch, – ist
am 3. Januar plötzlich von St. Louis verschwunden. Sein Freund, der
Schneider Ohlendorf ist nun verhaftet auf den Verdacht hin, Eylers,
der aus Californien mit Gold zurückgekehrt war, ermordet zu haben.
Ohlendorf's Frau betheuert die Unschuld ihres Mannes und sagt: Eylers
sei nach Neworleans oder Newyork abgereist, und sie stellt an alle
deutsche Zeitungen
der Union die Bitte, diesen Aufruf zu veröffent-
lichen und falls Eylers irgendwo existiren sollte, sogleich durch unsere
Office telegraphische und briefliche Nachricht hierher gelangen zu lassen.

Wir unterstützen diese Bitte; – die Presse ist, bei den noch mangel-
haften Polizeieinrichtungen dieses Landes, das beste Mittel, um die Wahrheit
an's Licht zu bringen. Ohlendorf ist auf einen bloßen Verdacht hin, ohne
fernere Jndicien verhaftet, – lebt Eylers, so wird er durch die Presse
bald aufgefunden werden, und ein Unschuldiger ist gerettet; – kömmt er
trotz der Bemühungen der Presse nicht mehr zum Vorschein, – dann erst
läßt sich mit Grund Verdacht schöpfen.

Jedenfalls aber ist es eine heilige Pflicht der Presse, in solchen Fällen
der Erforschung der Wahrheit ihre vollste Unterstützung zu gewähren.

St. Louis, 28. Januar.

    Redaktion des Anzeigers des Westens.



Ein entdecktes Schwindelinstitut in Newyork.

Die Newyorker Abendzeitung enthält nachfolgenden Bericht,
der zeigen möge, wie fein und wie complicirt die Auswanderer=Betrug-
anstalten jener Stadt organisirt sind:

Auf die Klage eines Herrn J. T. Troy wurden die Mobilien der
Ver. St.=Auswanderungs=Schutzgesellschaft “ in Nr. 57 Green-
wichstreet vorgestern wegen rückständiger Miethe mit Beschlag belegt. Die
Organisation und Operation dieser Sippschaft, welche frech genug war,
vorzugeben, daß ihr Hauptzweck darin bestehe, die Einwanderung vor
Uebervortheilung und Betrug zu bewahren, ist einzig in ihrer Art.....
Jrgend ein Einwanderer wurde dorthin gebracht, unter solchen Vorspiege-
lungen, daß er zu dem Glauben kommen mußte, er befinde sich in einem
Lande, wo Milch und Honig fließen und man nur den Mund zu öffnen
brauche, um gebratene Schnepfen zu empfangen. Keine Bezahlung
Alles umsonst! so hieß es in diesem Tempel der Pharisäer und Seelen-
verkäufer. Jede Anleitung und Nachricht über Reiserouten, Wegepreise,
Quartierhäuser, über Beschäftigungen oder zur Ansiedelung und zum
[Spaltenumbruch] „Geldmachen“ geeignete und vortheilhafte Plätze wurden gratis gegeben.
Herz, was verlangst du mehr? Es hätte nur noch gefehlt, daß die
Emigranten Geld obendrein bekamen. Und wer waren diese Menschen-
freunde, die einen Sekretär mit 13 $ per Woche und verschiedene
andere Personen entsprechend besoldeten zur Verfolgung dieser uneigen-
nützigen, menschenfreundlichen Zwecke? Man versah sich da hauptsächlich
solcher Emigranten, die noch nicht ganz von Mitteln entblößt
erschienen,
führte sie in die „rechtschaffene, ehrliche Office“ und gab
ihnen jeden Rath und Nachweis unentgeldlich; mit Argusaugen wurden
die auf diese Weise zutraulich gemachten Einwanderer jedoch bewacht, daß
sie in keinem Falle entschlüpfen, in kein anderes, als das ihnen anempfoh-
lene Quartier sich begeben, keine andere, als die ihnen aufgegebene Beför-
derungsfirma aufsuchen konnten. Jn den Boardinghäusern sorgte dann
der Wirth, in den Beförderungsanstalten der Prinzipal dafür, daß die
umsonst Bedienten durch hohe Kostpreise und möglichst weitgrei-
fende Reiserouten
und fernliegende Niederlassungsstätten, wenn immer
möglich, auch der letzten Baarschaft entledigt wurden.

Um die Frequenz der Anstalt zu steigern, wurden unter die Einwan-
derer die Adressen der „ Gratis=Officeschon auf den Schiffen
vertheilt. Der etwa anfragenden Unbemittelten wußte man sich unter
irgend einem einleuchtenden Vorwande zu entledigen, während die mit
Mitteln versehenen Einwanderer dem smarten Oberclerk Mr. Wm. L. Roy
und seinen experten Gehülfen nicht eher entschlüpfen durften, bis sie ihr
Quartier genommen oder ihre Reisekarten eingekauft haben.



Bodenproduktion der Vereinigten Staaten.

Der ausgedehnte Flächenraum der Vereinigten Staaten – sie bedecken
über 20 Breiten= und über 55 Längengrade und zwar in einer compakten
Masse – machen deren Bewohner, mit Rücksicht auf die Produktion des
Bodens, zu der glücklichsten Nation der Erde. Es giebt nur sehr wenige
Luxusartikel, die in den Ver. Staaten nicht hervorgebracht werden können;
die Hauptsache aber dabei ist, daß bei einem so weitläufigen Gebietsumfange
die Brodfrüchte, deren Mangel in anderen Ländern so viel Elend und so
gefährliche Krisen nach sich zieht, die oft den ganzen Staatsorganismus
problematisch machen, in solchem Maße und in so verschiedenen Klimaten
erzeugt werden, daß eine Hungersnoth beinahe unmöglich ist. Schlagen
die Ernten in einem Theil der Union fehl, so bringt dagegen der andere
Theil einen solchen Ueberfluß hervor, daß man das Fehlschlagen kaum
merkt. Nehmen wir z. B. Weizen, diesen Hauptartikel des Landes, so
wird dieser in allen Staaten und Gebieten ohne Ausnahme gebaut. Das-
selbe gilt von Welschkorn, Roggen und Kartoffeln. Gerste wird, außer
in Florida und Louisiana, überall gebaut, und Reis baut man, mit Aus-
nahme Marylands, in allen südlichen und selbst in einigen westlichen Staaten.

An Futterkräutern für's Vieh fehlt es keinem einzigen Staate, und
jeder südliche, ausgenommen Delaware, baut Zucker.

Es herrscht freilich ein großer Unterschied in den verschiedenen Arten
der Produktion der Staaten: Ohio erzeugt mehr Weizen als irgend ein
anderer; Tennessee das meiste Welschkorn; Pennsylvanien den
meisten Roggen und Buchweizen; Südkarolina den meisten Reis,
und Newyork am meisten Gerste, Kartoffeln und Heu. Der
Weizenbau zieht sich seit Jahren immer mehr nach dem Westen und
läßt im Osten mehr nach. Die Felder in Newyork, Pennsylvanien und
Maryland fangen an etwas erschöpft zu werden und geben verhältnißmäßig
weniger als die neu cultivirten Felder und Prärien des Westens. Dort ist
in der That der große ackerbauende Theil unserer Nation, die Kornkammer
der Ver. Staaten, von der die fabelhaft wachsende Bevölkerung einstens
ihre Nahrungsmittel hauptsächlich zu erwarten hat.     ( N. Y. Hd.=Bl. )



Briefauszüge.
    Philadelphia, 9. Februar.

Auf der hiesigen nach dem Westen führenden Eisenbahn ist seit län-
gerer Zeit die Einrichtung getroffen, Einwanderer auf billigere, als die
gewöhnliche Weise in separaten Waggons zu befördern, wodurch solche
das ganze Jahr hindurch zum Passagepreise von $ 5 per Person binnen
drei Tage nach Pittsburg gelangen, ohne genöthigt zu sein, den etwas
langsamern, mit theilweiser Canalbeförderung verbundenen Weg, dessen
Preis sich auf ca. $3 1 / 2 beläuft, zu wählen. Jm Uebrigen genügen die
von der hiesigen deutschen Gesellschaft zur Forthülfe der anlangenden
deutschen Einwanderer getroffenen Vorkehrungen ihrem Zwecke um so
mehr, da der direkte Schiffsverkehr mit dem Norden Deutschlands hier
beschränkter als auf den Nachbarplätzen ist, und die Ankömmlinge daher
auch weniger einer betrügerischen Ausplünderung durch Gastwirthe
ausgesetzt sind. – So wurden z. B. im verwichenen Jahre, während die
Gesammtkopfzahl der zum größeren Theile aus Großbritannien angelangten
Einwanderer sich hier auf ca. 17,800 Personen belief, darunter von Bre-
men aus uns nur ca. 600 Personen zugeführt.

Das in Bremen errichtete Nachweisungsbureau für Auswanderer ist
hier mit Freuden begrüßt worden. Man spürt bereits seine segensreiche
Wirksamkeit, namentlich da die für hier gegebenen Verhaltungsregeln den
Verhältnissen durchaus entsprechen.

[Ende Spaltensatz]
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[98/0002] 98 und mehr demoralisirt und verwildert. Zur Zeit meines Aufenthaltes waren sie nur wenig mit Fremden in Berührung gekommen, und die wenigen Fremden, welche sich damals im Lande aufhielten, mögen den Eingeborenen nicht eben die günstigste Meinung von den Europäern bei- gebracht haben. Der Handel beschränkte sich auf einige wenige Jmporten von Südamerika über Realejo und von Westindien über Granada, wofür Brasilholz, Häute, Cedernholz, brauner Zucker und etwas Baumwolle ausgeführt wurden. Baares Geld war wenig im Lande. Von Costa- rika fing man an Kaffee zu exportiren, was später bedeutender wurde, und Jndigo kam von Guatemala und St. Salvador, wo er auf der Messe von St. Miguel, die alljährlich im November stattfand, den Haupthandels- artikel bildete. Die Bewohner Nicaraguas stehen ebenso, wie die Mexicos, ganz unter dem Einflusse der Geistlichkeit. Obgleich mit den besten Anlagen ausgestattet, sind sie in hohem Grade unwissend, dabei reizbar und rach- süchtig; im Allgemeinen stehen sie in dem Rufe einer rohen, barbarischen Tapferkeit, die sie in ihren politischen Zänkereien oft Gelegenheit gehabt haben, an den Tag zu legen, die aber, um erfolgreich zu sein, gewöhnlich mit Hinterlist verbunden ist. Die arbeitende Klasse ( peones ) , die mehr rein amerikanisches Blut in sich trägt, ist ein schöner Menschenschlag; doch sind sie besonders reizbar und rachsüchtig. Der Macheta, eine Art Säbel rohester Art, den sie zur Feldarbeit gebrauchen, ist ihr steter Begleiter; bei der geringsten Veranlassung zu Raufereien wird er sogleich gezogen und sehr geschickt gehandhabt. Obgleich sie daneben alle guten Eigenschaften der Naturmenschen im hohen Grade besitzen, geht man ihnen doch begreiflich gern aus dem Wege. Die Justizverwaltung ist nicht besser beschaffen, als in Mexico; der Schwache wird vom Stärkern schonungslos unterdrückt, und Gerichtsproceduren sind leere Beutelschneidereien, dem Spinngewebe vergleichbar, das den Schwachen fängt, aber vom Starken mit Leichtigkeit durchbrochen wird. ( Schluß folgt. ) Ein in St. Louis spurlos verschwundener Deutscher. Das Einrücken des nachfolgenden Aufrufs auch in unsere Spalten dürfte, da der Verschwundene nach Deutschland zurückgekehrt sein könnte, nicht ganz überflüssig erscheinen. An alle deutschen Zeitungen in der Union. Hermann Eylers, ungefähr 30 Jahre alt, blond von Haaren, mittlerer Größe, Schuhmacher, spricht deutsch und wenig englisch, – ist am 3. Januar plötzlich von St. Louis verschwunden. Sein Freund, der Schneider Ohlendorf ist nun verhaftet auf den Verdacht hin, Eylers, der aus Californien mit Gold zurückgekehrt war, ermordet zu haben. Ohlendorf's Frau betheuert die Unschuld ihres Mannes und sagt: Eylers sei nach Neworleans oder Newyork abgereist, und sie stellt an alle deutsche Zeitungen der Union die Bitte, diesen Aufruf zu veröffent- lichen und falls Eylers irgendwo existiren sollte, sogleich durch unsere Office telegraphische und briefliche Nachricht hierher gelangen zu lassen. Wir unterstützen diese Bitte; – die Presse ist, bei den noch mangel- haften Polizeieinrichtungen dieses Landes, das beste Mittel, um die Wahrheit an's Licht zu bringen. Ohlendorf ist auf einen bloßen Verdacht hin, ohne fernere Jndicien verhaftet, – lebt Eylers, so wird er durch die Presse bald aufgefunden werden, und ein Unschuldiger ist gerettet; – kömmt er trotz der Bemühungen der Presse nicht mehr zum Vorschein, – dann erst läßt sich mit Grund Verdacht schöpfen. Jedenfalls aber ist es eine heilige Pflicht der Presse, in solchen Fällen der Erforschung der Wahrheit ihre vollste Unterstützung zu gewähren. St. Louis, 28. Januar. Redaktion des Anzeigers des Westens. Ein entdecktes Schwindelinstitut in Newyork. Die Newyorker Abendzeitung enthält nachfolgenden Bericht, der zeigen möge, wie fein und wie complicirt die Auswanderer=Betrug- anstalten jener Stadt organisirt sind: Auf die Klage eines Herrn J. T. Troy wurden die Mobilien der „ Ver. St.=Auswanderungs=Schutzgesellschaft “ in Nr. 57 Green- wichstreet vorgestern wegen rückständiger Miethe mit Beschlag belegt. Die Organisation und Operation dieser Sippschaft, welche frech genug war, vorzugeben, daß ihr Hauptzweck darin bestehe, die Einwanderung vor Uebervortheilung und Betrug zu bewahren, ist einzig in ihrer Art..... Jrgend ein Einwanderer wurde dorthin gebracht, unter solchen Vorspiege- lungen, daß er zu dem Glauben kommen mußte, er befinde sich in einem Lande, wo Milch und Honig fließen und man nur den Mund zu öffnen brauche, um gebratene Schnepfen zu empfangen. Keine Bezahlung – Alles umsonst! so hieß es in diesem Tempel der Pharisäer und Seelen- verkäufer. Jede Anleitung und Nachricht über Reiserouten, Wegepreise, Quartierhäuser, über Beschäftigungen oder zur Ansiedelung und zum „Geldmachen“ geeignete und vortheilhafte Plätze wurden gratis gegeben. Herz, was verlangst du mehr? Es hätte nur noch gefehlt, daß die Emigranten Geld obendrein bekamen. Und wer waren diese Menschen- freunde, die einen Sekretär mit 13 $ per Woche und verschiedene andere Personen entsprechend besoldeten zur Verfolgung dieser uneigen- nützigen, menschenfreundlichen Zwecke? Man versah sich da hauptsächlich solcher Emigranten, die noch nicht ganz von Mitteln entblößt erschienen, führte sie in die „rechtschaffene, ehrliche Office“ und gab ihnen jeden Rath und Nachweis unentgeldlich; mit Argusaugen wurden die auf diese Weise zutraulich gemachten Einwanderer jedoch bewacht, daß sie in keinem Falle entschlüpfen, in kein anderes, als das ihnen anempfoh- lene Quartier sich begeben, keine andere, als die ihnen aufgegebene Beför- derungsfirma aufsuchen konnten. Jn den Boardinghäusern sorgte dann der Wirth, in den Beförderungsanstalten der Prinzipal dafür, daß die umsonst Bedienten durch hohe Kostpreise und möglichst weitgrei- fende Reiserouten und fernliegende Niederlassungsstätten, wenn immer möglich, auch der letzten Baarschaft entledigt wurden. Um die Frequenz der Anstalt zu steigern, wurden unter die Einwan- derer die Adressen der „ Gratis=Office “ schon auf den Schiffen vertheilt. Der etwa anfragenden Unbemittelten wußte man sich unter irgend einem einleuchtenden Vorwande zu entledigen, während die mit Mitteln versehenen Einwanderer dem smarten Oberclerk Mr. Wm. L. Roy und seinen experten Gehülfen nicht eher entschlüpfen durften, bis sie ihr Quartier genommen oder ihre Reisekarten eingekauft haben. Bodenproduktion der Vereinigten Staaten. Der ausgedehnte Flächenraum der Vereinigten Staaten – sie bedecken über 20 Breiten= und über 55 Längengrade und zwar in einer compakten Masse – machen deren Bewohner, mit Rücksicht auf die Produktion des Bodens, zu der glücklichsten Nation der Erde. Es giebt nur sehr wenige Luxusartikel, die in den Ver. Staaten nicht hervorgebracht werden können; die Hauptsache aber dabei ist, daß bei einem so weitläufigen Gebietsumfange die Brodfrüchte, deren Mangel in anderen Ländern so viel Elend und so gefährliche Krisen nach sich zieht, die oft den ganzen Staatsorganismus problematisch machen, in solchem Maße und in so verschiedenen Klimaten erzeugt werden, daß eine Hungersnoth beinahe unmöglich ist. Schlagen die Ernten in einem Theil der Union fehl, so bringt dagegen der andere Theil einen solchen Ueberfluß hervor, daß man das Fehlschlagen kaum merkt. Nehmen wir z. B. Weizen, diesen Hauptartikel des Landes, so wird dieser in allen Staaten und Gebieten ohne Ausnahme gebaut. Das- selbe gilt von Welschkorn, Roggen und Kartoffeln. Gerste wird, außer in Florida und Louisiana, überall gebaut, und Reis baut man, mit Aus- nahme Marylands, in allen südlichen und selbst in einigen westlichen Staaten. An Futterkräutern für's Vieh fehlt es keinem einzigen Staate, und jeder südliche, ausgenommen Delaware, baut Zucker. Es herrscht freilich ein großer Unterschied in den verschiedenen Arten der Produktion der Staaten: Ohio erzeugt mehr Weizen als irgend ein anderer; Tennessee das meiste Welschkorn; Pennsylvanien den meisten Roggen und Buchweizen; Südkarolina den meisten Reis, und Newyork am meisten Gerste, Kartoffeln und Heu. Der Weizenbau zieht sich seit Jahren immer mehr nach dem Westen und läßt im Osten mehr nach. Die Felder in Newyork, Pennsylvanien und Maryland fangen an etwas erschöpft zu werden und geben verhältnißmäßig weniger als die neu cultivirten Felder und Prärien des Westens. Dort ist in der That der große ackerbauende Theil unserer Nation, die Kornkammer der Ver. Staaten, von der die fabelhaft wachsende Bevölkerung einstens ihre Nahrungsmittel hauptsächlich zu erwarten hat. ( N. Y. Hd.=Bl. ) Briefauszüge. Philadelphia, 9. Februar. Auf der hiesigen nach dem Westen führenden Eisenbahn ist seit län- gerer Zeit die Einrichtung getroffen, Einwanderer auf billigere, als die gewöhnliche Weise in separaten Waggons zu befördern, wodurch solche das ganze Jahr hindurch zum Passagepreise von $ 5 per Person binnen drei Tage nach Pittsburg gelangen, ohne genöthigt zu sein, den etwas langsamern, mit theilweiser Canalbeförderung verbundenen Weg, dessen Preis sich auf ca. $3 1 / 2 beläuft, zu wählen. Jm Uebrigen genügen die von der hiesigen deutschen Gesellschaft zur Forthülfe der anlangenden deutschen Einwanderer getroffenen Vorkehrungen ihrem Zwecke um so mehr, da der direkte Schiffsverkehr mit dem Norden Deutschlands hier beschränkter als auf den Nachbarplätzen ist, und die Ankömmlinge daher auch weniger einer betrügerischen Ausplünderung durch Gastwirthe ausgesetzt sind. – So wurden z. B. im verwichenen Jahre, während die Gesammtkopfzahl der zum größeren Theile aus Großbritannien angelangten Einwanderer sich hier auf ca. 17,800 Personen belief, darunter von Bre- men aus uns nur ca. 600 Personen zugeführt. Das in Bremen errichtete Nachweisungsbureau für Auswanderer ist hier mit Freuden begrüßt worden. Man spürt bereits seine segensreiche Wirksamkeit, namentlich da die für hier gegebenen Verhaltungsregeln den Verhältnissen durchaus entsprechen.

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Zitationshilfe: Deutsche Auswanderer-Zeitung. Nr. 25. Bremen, 26. März 1852, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_auswandererzeitung025_1852/2>, abgerufen am 01.08.2024.