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Deutsche Auswanderer-Zeitung. Nr. 21. Bremen, 12. März 1852.

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[Beginn Spaltensatz]

Dieses Billet legte er in einen, als eine besondere Empfehlung gelten
sollenden Brief, den er mit mitgab, folgenden Jnhalts:

    Rotterdam, 18. Septbr. 1851.
    Herr C. Jackson, Neworleans.

Hrn. Jacob Dhonau bitte ohne Aufenthalt nach Cincinnati zu befördern.

    Zeichnen achtungsvoll     Delpas & Fils.

Seit meiner Ankunft in Neworleans habe ich den Adressaten Jackson
nirgends finden können, und nach den über ihn eingezogenen, nutzlosen
Erkundigungen, gelangte ich nun zu der traurigen Erfahrung, daß C. Jackson
sowohl, wie [unleserliches Material - 6 Zeichen fehlen]Delpas und Fils erdichtete Agenten sind, und daß ich das
Opfer eines sich freundlich anschließenden Betrügers und Prellers geworden
bin, wie es deren so manche in den Seehäfen giebt, die gegen die uner-
fahrenen deutschen Auswanderer auf der Lauer liegen. Jacob Dhonau. "

Sworn to and subscribet before me, this 8. December 1851.
J. A. Winter,
Justice of the Peace, for the Parish of Orleans
. )

Dem unterzeichneten Comitee scheint die bevorstehende Erzählung des
Jacob Dhonau als ein klarer Fall von Betrug einerseits - und von
unvorsichtigem Vertrauen in unbekannte, fremde Personen auf der andern
Seite, und glaubt dasselbe, diesen Vorfall im Jnteresse deutscher Auswanderer,
als Warnung veröffentlichen zu müssen. Neworleans, 8. Dec. 1851.

Das Agentschafts=Comitee der deutschen Gesellschaft,
J. H. Eimer, Joseph Cohn, F. Kalteyer, C. T. Buddecke.

II.

Jch Unterzeichneter, Gerhard Johann Evers, von Sevenaar, bei
Arnheim in Holland, erkläre hiermit unter Eid, daß ich Behufs meiner
Auswanderung nach Amerika, für mich und meine Familie, bestehend aus
meiner Frau, vier Kindern und 75=jährigen Schwiegermutter, am 30. Okt.
1851 in Rotterdam einen Ueberfahrtscontrakt auf dem Comptoir des Aus-
wanderungsagenten J. J. Deutz abgeschlossen, und daselbst in die Hände
des Friedrich Molitor, Procuraträger des J. J. Deutz, die Summe von
378, als Preis unserer Passage von Rotterdam, via Liverpool, nach
Neworleans bezahlt habe, wogegen mir der schriftliche Schiffsakkord, von
Friedrich Molitor, in Procura von J. J. Deutz unterschrieben, zugestellt
worden ist.

Derselbe Molitor begleitete uns und andere deutsche Auswanderer
von Rotterdam nach Liverpool, als Condukteur, um uns an Bord des in
Liverpool nach Neworleans in Ladung liegenden englischen Schiffes
"Conqueror" zu bringen.

Während der Fahrt auf dem Dampfschiff von Rotterdam nach Liver-
pool stellte mir sodann der besagte Molitor vor, daß ich, der von Newor-
leans nach Evansville in Jndiana wollte, Mühe haben würde, mich bei
meiner Unkenntniß der englischen Sprache in Neworleans zurechtzufinden
und daß ich daselbst für Besorgung meiner Passage den Mississippifluß
hinauf, leicht in die Hände von Betrügern fallen könnte. Um solch ein
Unglück zu verhüten, machte er mir glauben, daß ich besser daran thäte,
sogleich mit ihm für die Jnlandpassage den Mississippi hinauf zu akkordiren,
und überredete mich, zum Preis von 60 für mich und Familie
für diese Reise mit ihm übereinzukommen. Auf solch anscheinend freund-
schaftlichen Rath bauend, ließ ich mich verführen, ihm sogleich 20 ab-
schlägig der versprochenen Passage zu bezahlen, wobei er mir bedeutete,
daß ich die übrigen 40 in Jndiana zu entrichten haben würde und er-
hielt dagegen vom ihm ein Fahrbillet folgenden Jnhalts:

    "Passagebillet für Dampfschiff und Eisenbahn
    ( nicht übertragbar )
    No. 10. Rotterdam, den 2. Novbr. 1851.
    für ----- von Jndiana
    ( unausgefüllte gedruckte Linien )
    Evers mit 3 / 1 und 2 / 1 Personen.
    Darauf hier erhalten 20 Gulden.
    Bleibt in Neworleans zu bezahlen. $ - 40 .
    Herrn A. R. Fröhlich u. Co.,
    Geschäftsbureau No. 65 Greenwich=Street in Neworleans.
    bleibt zu zahlen in Jndiana Gulden 40.
    Agent, F. Molitor. "

Um diesen Handel zu bekräftigen und mir einen noch besonderen
Beweis seiner Fürsorge zu ertheilen, stellte mir derselbe Molitor ein
Briefchen zu, adressirt an den Herrn P. Jackson in Neworleans, folgenden
Jnhalts:

    Rotterdam, 2. November 1851.
    Herr Jackson!
    Bitte Ueberbringer dieses sogleich nach Jndiana zu befördern, der-
    selbe hat noch 40 auszubezahlen.     Achtungsvoll

Fr. Molitor.

Hier in Neworleans mit dem Schiffe conqueror gestern angekommen,
muß ich erfahren, daß die Herren Fröhlich und Co. kein Geschäftsbureau
hier halten, habe vergebens nach dem Herrn Jackson gesucht und vernehme
mit Erstaunen, daß solch eine Adresse hier völlig unbekannt und nicht zu
finden ist.


[Spaltenumbruch]

Jch sehe nun zu meinem Schaden ein, daß ich von jenem Molitor,
der mir durch Erzählung der möglichen Betrügereien von Seiten Anderer
Angst gemacht, selbst schändlich hintergangen und ein Opfer seiner Schwin-
delei geworden bin und wünsche, daß diese meine traurige Erfahrung allen
Auswanderern als Warnung dienen möchte, sich während ihrer Reise gegen
solche heuchlerisch wohlmeinenden Subjecte auf ihrer Hut zu halten.

    Neworleans, 30. Decbr. 1851.     G. J. Evers.
    Sworn to and subscribed before me this 30. December 1851.
    L. Winter,
    Justice of the Peace for the Parish of Orleans.

Das Agentschafts=Comitee der deutschen Gesellschaft von Neworleans,
das von obiger Erklärung des G. J. Evers Kenntniß genommen, findet
darin wieder einen Beweis, wie leichtgläubig Auswanderer dem ersten
besten Betrüger ihr Ohr leihen, und wie gefährlich es für dieselben jeder
Zeit ist, mit unbekannten Personen sich in Contrakte, wie vortheilhaft
ihnen solche auch scheinen mögen, einzulassen. Deutsche Auswanderer sollten
niemals mit Leuten akkordiren, Schiffscontrakte abschließen, wenn ihnen
dieselben nicht von Haus aus bekannt sind, so wie auch alle ihre Geschäfte
immer in deutscher Sprache abmachen lassen. - Zu gleicher Zeit muß das
Comitee den Wunsch ausdrücken, daß doch alle Speditionshäuser vor
Allem darauf sehen möchten, treue und redliche Angestellte und Agenten
in ihrem Dienste zu halten, und jedem Geschäftshause, das sich durch
gedruckte Adreßkarten empfehlen und bekannt machen will, möchte es
in seinem eigenen Jnteresse, so wie dem der Auswanderer anrathen, mit
den unausgefüllten Jmpressen ( blanks ) seiner Fahrbillets sparsam und
vorsichtig zu Werke zu gehen, damit von Seiten fremder Personen, Zwi-
schenläufern die sich solche Jmpressen auf unrechtmäßige Weise ver-
schaffen möchten, kein Unfug damit getrieben werden kann.

Neworleans, 31. Decbr. 1851.

    Das Agentschafts=Comitee
    J. H. Eimer, Joseph Cohn,
    Fr. Kalteyer,
C. T. Buddecke.

( Schluß folgt. )



Reise auf dem St. Juanflusse.
( Schluß. )

Hier ist die Douane der Republik Nicaragua, welche die Reisenden
sehr quält, denn die kleinste Kiste muß ausgeladen und untersucht werden.
Jch machte hier zuerst von meinen Papieren Gebrauch, und erlaubte nicht
daß man mein Gepäck berührte. Die Douanenbeamten, sei's weil sie nicht
verstanden sein oder verstehen wollten, gaben sich indeß nicht zufrieden und
wollten selbst ausladen, da erschien der Douaneninspector und der Com-
mandant des Forts. Jn San Juan hatte eine Auction stattgefunden, in
welcher unsere Schiffsgesellschaft, für den Fall daß wir den 4. noch auf
dem Fluß oder See sein sollten, einen Korb Champagner erstanden. Als
die beiden Herren erschienen, nahm ich eine Flasche, legte sie an den Backen
und schoß den Propfen auf den Douaneninspector ab, dem Commandanten
meine Beglaubigung gebend. Durch beides zufrieden gestellt, leerten wir
diese und noch eine Flasche auf unser gegenseitiges Wohl, während welcher
Zeit der Hafencommandant sich entschuldigte daß er meinen Salutschuß
mit dem Champagner wegen spärlicher Munition aus seinen Geschützen
nicht erwiedern könne. Als die Fracht die Douane passirt hatte, schieden
wir mit gegenseitigen Achtungsversicherungen.

Die Fahrt über den See, welche 110 Miles beträgt, begann wieder
des Abends, allein ein ungleich lieblicherer Anblick bot sich mir, als beim
Beginn der Reise. Die ungeheure Wasserfläche, nach vorn den Horizont
bildend, wird rechts und links begränzt von schönen Gebirgen, und wäh-
rend links die große Gebirgskette sich nach Costarica hin abzieht, erheben
sich inmitten des Sees die Gipfel der beiden großen Vulcane des Ometepa-
Jslands majestätisch in die Wolken. Links, südlich, sind die Mündungen
des Rio Frio, umkränzt von üppigem Pflanzenreichthum, während Baum-
gruppen ganz übersäet von Purpurblüthen sich rechts erheben. Ein vom
Norden heraufziehendes Gewitter erfüllte die Luft mit imposanten Wolken-
formen, während die abendliche Spiegelung derselben den See in reiche
Farbenpracht kleidete. Unser Boot gleitete unter seinem ärmlichen Segel-
werk leise im Abendwind dahin; als jedoch das Gewitter in gewohnter
Heftigkeit losbrach, getrauten sich die Bootsleute nicht dem Sturme Trotz
zu bieten, und ankerten im See bis Anbruch des Tages. Jn der nächsten
Nacht war kein so starker Wind, der Mann am Steuer aber schlief fort-
während, so daß wir uns selbst über das Boot erbarmten und mit Hülfe
einer eben veröffentlichten ( Dolton ) Newyork=Karte und eines Taschencom-
passes weiter segelten bis Tagesanbruch. Der See von Nicaragua ist der
größte in Centralamerika, giebt den großen canadischen Seen nicht viel
nach und ist mit unfangreichen Jnseln besäet, deren größte, Omatepa,
zwei Vulcane von 5 bis 6000 Fuß besitzt und 30,000 Einwohner hat.
Ein in der nächsten Nacht losbrechendes Gewitter, das unser kleines Fahr-
zeug gleich einer Nußschale herumwarf, nöthigte uns in unmittelbarer
Nähe des Landes zu ankern. Gegen Morgen ruderten wir vollends bis
Grenada, und vor Sonnenaufgang hatten wir neben dem kleinen ameri-
kanischen Steamer, dem ersten, welcher diesen See befährt, geankert.



[Ende Spaltensatz]
* ) Uebers.: Beeidigt und unterschrieben vor mir den 8. December 1851.
    J. A. Winter,
    Friedensrichter der Gemeinde Orleans.
[Beginn Spaltensatz]

Dieses Billet legte er in einen, als eine besondere Empfehlung gelten
sollenden Brief, den er mit mitgab, folgenden Jnhalts:

    Rotterdam, 18. Septbr. 1851.
    Herr C. Jackson, Neworleans.

Hrn. Jacob Dhonau bitte ohne Aufenthalt nach Cincinnati zu befördern.

    Zeichnen achtungsvoll     Delpas & Fils.

Seit meiner Ankunft in Neworleans habe ich den Adressaten Jackson
nirgends finden können, und nach den über ihn eingezogenen, nutzlosen
Erkundigungen, gelangte ich nun zu der traurigen Erfahrung, daß C. Jackson
sowohl, wie [unleserliches Material – 6 Zeichen fehlen]Delpas und Fils erdichtete Agenten sind, und daß ich das
Opfer eines sich freundlich anschließenden Betrügers und Prellers geworden
bin, wie es deren so manche in den Seehäfen giebt, die gegen die uner-
fahrenen deutschen Auswanderer auf der Lauer liegen. Jacob Dhonau.

Sworn to and subscribet before me, this 8. December 1851.
J. A. Winter,
Justice of the Peace, for the Parish of Orleans
. )

Dem unterzeichneten Comitée scheint die bevorstehende Erzählung des
Jacob Dhonau als ein klarer Fall von Betrug einerseits – und von
unvorsichtigem Vertrauen in unbekannte, fremde Personen auf der andern
Seite, und glaubt dasselbe, diesen Vorfall im Jnteresse deutscher Auswanderer,
als Warnung veröffentlichen zu müssen. Neworleans, 8. Dec. 1851.

Das Agentschafts=Comitée der deutschen Gesellschaft,
J. H. Eimer, Joseph Cohn, F. Kalteyer, C. T. Buddecke.

II.

Jch Unterzeichneter, Gerhard Johann Evers, von Sevenaar, bei
Arnheim in Holland, erkläre hiermit unter Eid, daß ich Behufs meiner
Auswanderung nach Amerika, für mich und meine Familie, bestehend aus
meiner Frau, vier Kindern und 75=jährigen Schwiegermutter, am 30. Okt.
1851 in Rotterdam einen Ueberfahrtscontrakt auf dem Comptoir des Aus-
wanderungsagenten J. J. Deutz abgeschlossen, und daselbst in die Hände
des Friedrich Molitor, Procuraträger des J. J. Deutz, die Summe von
378, als Preis unserer Passage von Rotterdam, via Liverpool, nach
Neworleans bezahlt habe, wogegen mir der schriftliche Schiffsakkord, von
Friedrich Molitor, in Procura von J. J. Deutz unterschrieben, zugestellt
worden ist.

Derselbe Molitor begleitete uns und andere deutsche Auswanderer
von Rotterdam nach Liverpool, als Condukteur, um uns an Bord des in
Liverpool nach Neworleans in Ladung liegenden englischen Schiffes
„Conqueror“ zu bringen.

Während der Fahrt auf dem Dampfschiff von Rotterdam nach Liver-
pool stellte mir sodann der besagte Molitor vor, daß ich, der von Newor-
leans nach Evansville in Jndiana wollte, Mühe haben würde, mich bei
meiner Unkenntniß der englischen Sprache in Neworleans zurechtzufinden
und daß ich daselbst für Besorgung meiner Passage den Mississippifluß
hinauf, leicht in die Hände von Betrügern fallen könnte. Um solch ein
Unglück zu verhüten, machte er mir glauben, daß ich besser daran thäte,
sogleich mit ihm für die Jnlandpassage den Mississippi hinauf zu akkordiren,
und überredete mich, zum Preis von 60 für mich und Familie
für diese Reise mit ihm übereinzukommen. Auf solch anscheinend freund-
schaftlichen Rath bauend, ließ ich mich verführen, ihm sogleich 20 ab-
schlägig der versprochenen Passage zu bezahlen, wobei er mir bedeutete,
daß ich die übrigen 40 in Jndiana zu entrichten haben würde und er-
hielt dagegen vom ihm ein Fahrbillet folgenden Jnhalts:

    „Passagebillet für Dampfschiff und Eisenbahn
    ( nicht übertragbar )
    No. 10. Rotterdam, den 2. Novbr. 1851.
    für ––––– von Jndiana
    ( unausgefüllte gedruckte Linien )
    Evers mit 3 / 1 und 2 / 1 Personen.
    Darauf hier erhalten 20 Gulden.
    Bleibt in Neworleans zu bezahlen. $ – 40 .
    Herrn A. R. Fröhlich u. Co.,
    Geschäftsbureau No. 65 Greenwich=Street in Neworleans.
    bleibt zu zahlen in Jndiana Gulden 40.
    Agent, F. Molitor.

Um diesen Handel zu bekräftigen und mir einen noch besonderen
Beweis seiner Fürsorge zu ertheilen, stellte mir derselbe Molitor ein
Briefchen zu, adressirt an den Herrn P. Jackson in Neworleans, folgenden
Jnhalts:

    Rotterdam, 2. November 1851.
    Herr Jackson!
    Bitte Ueberbringer dieses sogleich nach Jndiana zu befördern, der-
    selbe hat noch 40 auszubezahlen.     Achtungsvoll

Fr. Molitor.

Hier in Neworleans mit dem Schiffe conqueror gestern angekommen,
muß ich erfahren, daß die Herren Fröhlich und Co. kein Geschäftsbureau
hier halten, habe vergebens nach dem Herrn Jackson gesucht und vernehme
mit Erstaunen, daß solch eine Adresse hier völlig unbekannt und nicht zu
finden ist.


[Spaltenumbruch]

Jch sehe nun zu meinem Schaden ein, daß ich von jenem Molitor,
der mir durch Erzählung der möglichen Betrügereien von Seiten Anderer
Angst gemacht, selbst schändlich hintergangen und ein Opfer seiner Schwin-
delei geworden bin und wünsche, daß diese meine traurige Erfahrung allen
Auswanderern als Warnung dienen möchte, sich während ihrer Reise gegen
solche heuchlerisch wohlmeinenden Subjecte auf ihrer Hut zu halten.

    Neworleans, 30. Decbr. 1851.     G. J. Evers.
    Sworn to and subscribed before me this 30. December 1851.
    L. Winter,
    Justice of the Peace for the Parish of Orleans.

Das Agentschafts=Comitée der deutschen Gesellschaft von Neworleans,
das von obiger Erklärung des G. J. Evers Kenntniß genommen, findet
darin wieder einen Beweis, wie leichtgläubig Auswanderer dem ersten
besten Betrüger ihr Ohr leihen, und wie gefährlich es für dieselben jeder
Zeit ist, mit unbekannten Personen sich in Contrakte, wie vortheilhaft
ihnen solche auch scheinen mögen, einzulassen. Deutsche Auswanderer sollten
niemals mit Leuten akkordiren, Schiffscontrakte abschließen, wenn ihnen
dieselben nicht von Haus aus bekannt sind, so wie auch alle ihre Geschäfte
immer in deutscher Sprache abmachen lassen. – Zu gleicher Zeit muß das
Comitée den Wunsch ausdrücken, daß doch alle Speditionshäuser vor
Allem darauf sehen möchten, treue und redliche Angestellte und Agenten
in ihrem Dienste zu halten, und jedem Geschäftshause, das sich durch
gedruckte Adreßkarten empfehlen und bekannt machen will, möchte es
in seinem eigenen Jnteresse, so wie dem der Auswanderer anrathen, mit
den unausgefüllten Jmpressen ( blanks ) seiner Fahrbillets sparsam und
vorsichtig zu Werke zu gehen, damit von Seiten fremder Personen, Zwi-
schenläufern die sich solche Jmpressen auf unrechtmäßige Weise ver-
schaffen möchten, kein Unfug damit getrieben werden kann.

Neworleans, 31. Decbr. 1851.

    Das Agentschafts=Comitée
    J. H. Eimer, Joseph Cohn,
    Fr. Kalteyer,
C. T. Buddecke.

( Schluß folgt. )



Reise auf dem St. Juanflusse.
( Schluß. )

Hier ist die Douane der Republik Nicaragua, welche die Reisenden
sehr quält, denn die kleinste Kiste muß ausgeladen und untersucht werden.
Jch machte hier zuerst von meinen Papieren Gebrauch, und erlaubte nicht
daß man mein Gepäck berührte. Die Douanenbeamten, sei's weil sie nicht
verstanden sein oder verstehen wollten, gaben sich indeß nicht zufrieden und
wollten selbst ausladen, da erschien der Douaneninspector und der Com-
mandant des Forts. Jn San Juan hatte eine Auction stattgefunden, in
welcher unsere Schiffsgesellschaft, für den Fall daß wir den 4. noch auf
dem Fluß oder See sein sollten, einen Korb Champagner erstanden. Als
die beiden Herren erschienen, nahm ich eine Flasche, legte sie an den Backen
und schoß den Propfen auf den Douaneninspector ab, dem Commandanten
meine Beglaubigung gebend. Durch beides zufrieden gestellt, leerten wir
diese und noch eine Flasche auf unser gegenseitiges Wohl, während welcher
Zeit der Hafencommandant sich entschuldigte daß er meinen Salutschuß
mit dem Champagner wegen spärlicher Munition aus seinen Geschützen
nicht erwiedern könne. Als die Fracht die Douane passirt hatte, schieden
wir mit gegenseitigen Achtungsversicherungen.

Die Fahrt über den See, welche 110 Miles beträgt, begann wieder
des Abends, allein ein ungleich lieblicherer Anblick bot sich mir, als beim
Beginn der Reise. Die ungeheure Wasserfläche, nach vorn den Horizont
bildend, wird rechts und links begränzt von schönen Gebirgen, und wäh-
rend links die große Gebirgskette sich nach Costarica hin abzieht, erheben
sich inmitten des Sees die Gipfel der beiden großen Vulcane des Ometepa-
Jslands majestätisch in die Wolken. Links, südlich, sind die Mündungen
des Rio Frio, umkränzt von üppigem Pflanzenreichthum, während Baum-
gruppen ganz übersäet von Purpurblüthen sich rechts erheben. Ein vom
Norden heraufziehendes Gewitter erfüllte die Luft mit imposanten Wolken-
formen, während die abendliche Spiegelung derselben den See in reiche
Farbenpracht kleidete. Unser Boot gleitete unter seinem ärmlichen Segel-
werk leise im Abendwind dahin; als jedoch das Gewitter in gewohnter
Heftigkeit losbrach, getrauten sich die Bootsleute nicht dem Sturme Trotz
zu bieten, und ankerten im See bis Anbruch des Tages. Jn der nächsten
Nacht war kein so starker Wind, der Mann am Steuer aber schlief fort-
während, so daß wir uns selbst über das Boot erbarmten und mit Hülfe
einer eben veröffentlichten ( Dolton ) Newyork=Karte und eines Taschencom-
passes weiter segelten bis Tagesanbruch. Der See von Nicaragua ist der
größte in Centralamerika, giebt den großen canadischen Seen nicht viel
nach und ist mit unfangreichen Jnseln besäet, deren größte, Omatepa,
zwei Vulcane von 5 bis 6000 Fuß besitzt und 30,000 Einwohner hat.
Ein in der nächsten Nacht losbrechendes Gewitter, das unser kleines Fahr-
zeug gleich einer Nußschale herumwarf, nöthigte uns in unmittelbarer
Nähe des Landes zu ankern. Gegen Morgen ruderten wir vollends bis
Grenada, und vor Sonnenaufgang hatten wir neben dem kleinen ameri-
kanischen Steamer, dem ersten, welcher diesen See befährt, geankert.



[Ende Spaltensatz]
* ) Uebers.: Beeidigt und unterschrieben vor mir den 8. December 1851.
    J. A. Winter,
    Friedensrichter der Gemeinde Orleans.
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[83/0003] 83 Dieses Billet legte er in einen, als eine besondere Empfehlung gelten sollenden Brief, den er mit mitgab, folgenden Jnhalts: Rotterdam, 18. Septbr. 1851. Herr C. Jackson, Neworleans. Hrn. Jacob Dhonau bitte ohne Aufenthalt nach Cincinnati zu befördern. Zeichnen achtungsvoll Delpas & Fils. Seit meiner Ankunft in Neworleans habe ich den Adressaten Jackson nirgends finden können, und nach den über ihn eingezogenen, nutzlosen Erkundigungen, gelangte ich nun zu der traurigen Erfahrung, daß C. Jackson sowohl, wie ______Delpas und Fils erdichtete Agenten sind, und daß ich das Opfer eines sich freundlich anschließenden Betrügers und Prellers geworden bin, wie es deren so manche in den Seehäfen giebt, die gegen die uner- fahrenen deutschen Auswanderer auf der Lauer liegen. Jacob Dhonau. “ Sworn to and subscribet before me, this 8. December 1851. J. A. Winter, Justice of the Peace, for the Parish of Orleans. ) Dem unterzeichneten Comitée scheint die bevorstehende Erzählung des Jacob Dhonau als ein klarer Fall von Betrug einerseits – und von unvorsichtigem Vertrauen in unbekannte, fremde Personen auf der andern Seite, und glaubt dasselbe, diesen Vorfall im Jnteresse deutscher Auswanderer, als Warnung veröffentlichen zu müssen. Neworleans, 8. Dec. 1851. Das Agentschafts=Comitée der deutschen Gesellschaft, J. H. Eimer, Joseph Cohn, F. Kalteyer, C. T. Buddecke. II. Jch Unterzeichneter, Gerhard Johann Evers, von Sevenaar, bei Arnheim in Holland, erkläre hiermit unter Eid, daß ich Behufs meiner Auswanderung nach Amerika, für mich und meine Familie, bestehend aus meiner Frau, vier Kindern und 75=jährigen Schwiegermutter, am 30. Okt. 1851 in Rotterdam einen Ueberfahrtscontrakt auf dem Comptoir des Aus- wanderungsagenten J. J. Deutz abgeschlossen, und daselbst in die Hände des Friedrich Molitor, Procuraträger des J. J. Deutz, die Summe von 378, als Preis unserer Passage von Rotterdam, via Liverpool, nach Neworleans bezahlt habe, wogegen mir der schriftliche Schiffsakkord, von Friedrich Molitor, in Procura von J. J. Deutz unterschrieben, zugestellt worden ist. Derselbe Molitor begleitete uns und andere deutsche Auswanderer von Rotterdam nach Liverpool, als Condukteur, um uns an Bord des in Liverpool nach Neworleans in Ladung liegenden englischen Schiffes „Conqueror“ zu bringen. Während der Fahrt auf dem Dampfschiff von Rotterdam nach Liver- pool stellte mir sodann der besagte Molitor vor, daß ich, der von Newor- leans nach Evansville in Jndiana wollte, Mühe haben würde, mich bei meiner Unkenntniß der englischen Sprache in Neworleans zurechtzufinden und daß ich daselbst für Besorgung meiner Passage den Mississippifluß hinauf, leicht in die Hände von Betrügern fallen könnte. Um solch ein Unglück zu verhüten, machte er mir glauben, daß ich besser daran thäte, sogleich mit ihm für die Jnlandpassage den Mississippi hinauf zu akkordiren, und überredete mich, zum Preis von 60 für mich und Familie für diese Reise mit ihm übereinzukommen. Auf solch anscheinend freund- schaftlichen Rath bauend, ließ ich mich verführen, ihm sogleich 20 ab- schlägig der versprochenen Passage zu bezahlen, wobei er mir bedeutete, daß ich die übrigen 40 in Jndiana zu entrichten haben würde und er- hielt dagegen vom ihm ein Fahrbillet folgenden Jnhalts: „Passagebillet für Dampfschiff und Eisenbahn ( nicht übertragbar ) No. 10. Rotterdam, den 2. Novbr. 1851. für ––––– von Jndiana ( unausgefüllte gedruckte Linien ) Evers mit 3 / 1 und 2 / 1 Personen. Darauf hier erhalten 20 Gulden. Bleibt in Neworleans zu bezahlen. $ – 40 . Herrn A. R. Fröhlich u. Co., Geschäftsbureau No. 65 Greenwich=Street in Neworleans. bleibt zu zahlen in Jndiana Gulden 40. Agent, F. Molitor. “ Um diesen Handel zu bekräftigen und mir einen noch besonderen Beweis seiner Fürsorge zu ertheilen, stellte mir derselbe Molitor ein Briefchen zu, adressirt an den Herrn P. Jackson in Neworleans, folgenden Jnhalts: Rotterdam, 2. November 1851. Herr Jackson! Bitte Ueberbringer dieses sogleich nach Jndiana zu befördern, der- selbe hat noch 40 auszubezahlen. Achtungsvoll Fr. Molitor. Hier in Neworleans mit dem Schiffe conqueror gestern angekommen, muß ich erfahren, daß die Herren Fröhlich und Co. kein Geschäftsbureau hier halten, habe vergebens nach dem Herrn Jackson gesucht und vernehme mit Erstaunen, daß solch eine Adresse hier völlig unbekannt und nicht zu finden ist. Jch sehe nun zu meinem Schaden ein, daß ich von jenem Molitor, der mir durch Erzählung der möglichen Betrügereien von Seiten Anderer Angst gemacht, selbst schändlich hintergangen und ein Opfer seiner Schwin- delei geworden bin und wünsche, daß diese meine traurige Erfahrung allen Auswanderern als Warnung dienen möchte, sich während ihrer Reise gegen solche heuchlerisch wohlmeinenden Subjecte auf ihrer Hut zu halten. Neworleans, 30. Decbr. 1851. G. J. Evers. Sworn to and subscribed before me this 30. December 1851. L. Winter, Justice of the Peace for the Parish of Orleans. Das Agentschafts=Comitée der deutschen Gesellschaft von Neworleans, das von obiger Erklärung des G. J. Evers Kenntniß genommen, findet darin wieder einen Beweis, wie leichtgläubig Auswanderer dem ersten besten Betrüger ihr Ohr leihen, und wie gefährlich es für dieselben jeder Zeit ist, mit unbekannten Personen sich in Contrakte, wie vortheilhaft ihnen solche auch scheinen mögen, einzulassen. Deutsche Auswanderer sollten niemals mit Leuten akkordiren, Schiffscontrakte abschließen, wenn ihnen dieselben nicht von Haus aus bekannt sind, so wie auch alle ihre Geschäfte immer in deutscher Sprache abmachen lassen. – Zu gleicher Zeit muß das Comitée den Wunsch ausdrücken, daß doch alle Speditionshäuser vor Allem darauf sehen möchten, treue und redliche Angestellte und Agenten in ihrem Dienste zu halten, und jedem Geschäftshause, das sich durch gedruckte Adreßkarten empfehlen und bekannt machen will, möchte es in seinem eigenen Jnteresse, so wie dem der Auswanderer anrathen, mit den unausgefüllten Jmpressen ( blanks ) seiner Fahrbillets sparsam und vorsichtig zu Werke zu gehen, damit von Seiten fremder Personen, Zwi- schenläufern die sich solche Jmpressen auf unrechtmäßige Weise ver- schaffen möchten, kein Unfug damit getrieben werden kann. Neworleans, 31. Decbr. 1851. Das Agentschafts=Comitée J. H. Eimer, Joseph Cohn, Fr. Kalteyer, C. T. Buddecke. ( Schluß folgt. ) Reise auf dem St. Juanflusse. ( Schluß. ) Hier ist die Douane der Republik Nicaragua, welche die Reisenden sehr quält, denn die kleinste Kiste muß ausgeladen und untersucht werden. Jch machte hier zuerst von meinen Papieren Gebrauch, und erlaubte nicht daß man mein Gepäck berührte. Die Douanenbeamten, sei's weil sie nicht verstanden sein oder verstehen wollten, gaben sich indeß nicht zufrieden und wollten selbst ausladen, da erschien der Douaneninspector und der Com- mandant des Forts. Jn San Juan hatte eine Auction stattgefunden, in welcher unsere Schiffsgesellschaft, für den Fall daß wir den 4. noch auf dem Fluß oder See sein sollten, einen Korb Champagner erstanden. Als die beiden Herren erschienen, nahm ich eine Flasche, legte sie an den Backen und schoß den Propfen auf den Douaneninspector ab, dem Commandanten meine Beglaubigung gebend. Durch beides zufrieden gestellt, leerten wir diese und noch eine Flasche auf unser gegenseitiges Wohl, während welcher Zeit der Hafencommandant sich entschuldigte daß er meinen Salutschuß mit dem Champagner wegen spärlicher Munition aus seinen Geschützen nicht erwiedern könne. Als die Fracht die Douane passirt hatte, schieden wir mit gegenseitigen Achtungsversicherungen. Die Fahrt über den See, welche 110 Miles beträgt, begann wieder des Abends, allein ein ungleich lieblicherer Anblick bot sich mir, als beim Beginn der Reise. Die ungeheure Wasserfläche, nach vorn den Horizont bildend, wird rechts und links begränzt von schönen Gebirgen, und wäh- rend links die große Gebirgskette sich nach Costarica hin abzieht, erheben sich inmitten des Sees die Gipfel der beiden großen Vulcane des Ometepa- Jslands majestätisch in die Wolken. Links, südlich, sind die Mündungen des Rio Frio, umkränzt von üppigem Pflanzenreichthum, während Baum- gruppen ganz übersäet von Purpurblüthen sich rechts erheben. Ein vom Norden heraufziehendes Gewitter erfüllte die Luft mit imposanten Wolken- formen, während die abendliche Spiegelung derselben den See in reiche Farbenpracht kleidete. Unser Boot gleitete unter seinem ärmlichen Segel- werk leise im Abendwind dahin; als jedoch das Gewitter in gewohnter Heftigkeit losbrach, getrauten sich die Bootsleute nicht dem Sturme Trotz zu bieten, und ankerten im See bis Anbruch des Tages. Jn der nächsten Nacht war kein so starker Wind, der Mann am Steuer aber schlief fort- während, so daß wir uns selbst über das Boot erbarmten und mit Hülfe einer eben veröffentlichten ( Dolton ) Newyork=Karte und eines Taschencom- passes weiter segelten bis Tagesanbruch. Der See von Nicaragua ist der größte in Centralamerika, giebt den großen canadischen Seen nicht viel nach und ist mit unfangreichen Jnseln besäet, deren größte, Omatepa, zwei Vulcane von 5 bis 6000 Fuß besitzt und 30,000 Einwohner hat. Ein in der nächsten Nacht losbrechendes Gewitter, das unser kleines Fahr- zeug gleich einer Nußschale herumwarf, nöthigte uns in unmittelbarer Nähe des Landes zu ankern. Gegen Morgen ruderten wir vollends bis Grenada, und vor Sonnenaufgang hatten wir neben dem kleinen ameri- kanischen Steamer, dem ersten, welcher diesen See befährt, geankert. * ) Uebers.: Beeidigt und unterschrieben vor mir den 8. December 1851. J. A. Winter, Friedensrichter der Gemeinde Orleans.

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Zitationshilfe: Deutsche Auswanderer-Zeitung. Nr. 21. Bremen, 12. März 1852, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_auswandererzeitung021_1852/3>, abgerufen am 24.11.2024.