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Allgemeine Auswanderungs-Zeitung. Nr. 36. Rudolstadt, 7. Juni 1847.

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Jnsertionsgebühr 4 1 / 2 Xr. pr. Zeile oder Raum aus Petitschrift. Alle hierher gehörigen Zusendungen werden franko erbeten.



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Bekanntmachung.

[ 1 ] Die amerikanische Congreßacte vom 2. März d. J., welche jedem
Passagier an Bord von Kauffahrteischiffen einen Raumgehalt von 14
Quadratfuß gesetzlich sichert, und zugleich für jede Bettstätte eine Länge
von 6 Fuß auf1 1 / 2 Fuß Breite vorschreibt, während das bisherige Raum-
verhältniß 2 Passagiere von 5 Tonnen Tragfähigkeit betrug, hat den zu
Schiffsverträgen mit bayerischen Auswanderern befähigten Agenten ver-
schiedener deutscher, holländischer und hiesiger Verschiffer in der letzten Zeit
zu manchem ungegründeten Vorwand gedient. Einige benutzten nämlich
jene Congreßacte, deren Verfügungen den frühern Raumgehalt für Passa-
giere um etwa ein Viertheil vermindern, um Accorde, welche sie
mit bayerischen Auswanderern für Abfahrten in den Monaten Mai, Junius
und Julius zum Voraus geschlossen hatten, aus freier Willkür wieder auf-
zuheben. Die Agenten des Hrn. Washington Finlay, Generalagenten der
zwischen Havre und New=York fahrenden regelmäßigen Paketboote oder Post-
schiffe, sind von diesem Vorwurf frei. Alle von seinen Agenten mit bayerischen
Auswanderern bis in den Junius hinein geschlossenen Ueberfahrtsverträge
werden von seinen hiesigen, mit der Einschiffung der Passagiere beauftragten
Correspondenten vollzogen werden. Hr. Finlay darf sich die Erfüllung dieser
Verbindlichkeit jedoch nicht zum Verdienst anrechnen. Kein französischer
Gerichtshof würde ihn derselben entbunden haben.
Der
Passagier ist Frachtgut, dessen Beförderung der Verschiffer zu gewissen Be-
dingungen übernahm, welche er zum voraus stipulirte. Das neue Gesetz
unterbricht keineswegs die Zulassung der Auswanderer
in den nordamerikanischen Häfen.
Es vermindert bloß, und zwar
aus Motiven der Humanität, wofür die amerikanische Regierung allen Dank
verdient, die Tragfähigkeit der für ihren Transport erforderlichen Schiffe.
Ein Verschiffer, der für 600 Auswanderer, die er für seine Rechnung
zum voraus in Bayern engagirte, nach dem alten Gesetze bloß dreier Schiffe
von 500 Tonnen bedurft hätte, wird nach dem neuen deren 4 nöthig haben,
und folglich eines mehr befrachten müssen, nicht für Rechnung der
Auswanderer sondern für seine eigene Rechnung.
Das Fehl-
schlagen seiner Speculation ist jedoch kein Grund der ihn von seinen Ver-
bindlichkeiten gegen die kopfweise von ihm engagirten Auswanderer be-
freien könnte.

Nach den von dem unterzeichneten Consulate kürzlich gemachten Er-
fahrungen scheint Hr. Finlay dagegen entschlossen zu sein, die erwähnte
Congreßacte zu einer fernern Ausbildung seines "Reserveschiffsystems" zu
benützen. Um diesen Versuch zu hintertreiben, glaubt das unterzeichnete
Consulat seiner veröffentlichen Warnung vom 12. Junius vorigen Jahrs
hier einige Worte beifügen zu müssen.

Es ist bekannt, daß die Agenten des Hrn. Finlay im Königreich Bayern
zum Abschluß von Verträgen mit bayerischen Auswanderern bloß für
die von hier nach New=York segelnden Paketboote oder
Postschiffe
befähigt sind. Diese Gunst stützt sich auf den regelmäßigen
Abgang dieser Postschiffe, und auf die Garantien, welche die New = Yorker
Rheder derselben den Auswanderern darbieten. Durch die erwähnte Con-
greßaete ist der Raumgehalt der 16 Postschiffe, welche in ihren jährlichen
48 Reisen früher gegen 13,500 Zwischendeckspassagiere einnehmen konnten,
auf ein Quantum von 10 bis 11,000 Köpfen vermindert worden, so daß
mit vier Postschiffen monatlich nur noch 800 bis 900 Passagiere befördert
werden können. Auf diese Zahl von Auswanderern sollten sich die Verträge
des Hrn. Finlay im Königreich Bayern beschränken. Da jedoch auch die
übrigen deutschen Bundesstaaten von seinen Agenten angefüllt sind, die ihm
zusammen monatlich 2000 bis 2500 Auswanderer zuwenden können, so
würde zur Beförderung derselben der Raumgehalt der Postschiffe in keinem
Falle hinreichen.

Hr. Finlay benützt deßhalb seine gegenwärtige Stellung oder vielmehr
sein Monopol ( indem kein anderes hiesiges Haus neben ihm zur Errichtung
von Agenturen in Bayern befähigt ist, während jedoch insgeheim und
unter seinem Namen 4 bis 5 einzelne Fracht- Speculanten an der
auf diese Weise von ihm gebildeten Coalition theilnehmen ) , er benützt
ferner den Einfluß den ihm sein Titel "Generalagent der Postschiffe" bei
den Auswanderern in Deutschland verschafft, um mit Hülfe der gezwun-
genen
Vorausabschlüsse, welche die Auswanderer, ehe sie ihre Heimath
verlassen dürfen, unterworfen sind, an der künstlichen Steigerung der
Ueberfahrtspreise, welche gänzlicher Mangel an Concurrenz für
Havre am Sitze seiner Agenturen in Bayern
ausschließend
seiner Willkür preisgibt, auch gewöhnliche Amerikanische oder französische
Kauffahrteischiffe theilnehmen zu lassen. Diese Schiffe, denen er seit vorigem
Jahr den Pseudonamen "Reserven der Postschiffe" beilegte, gehören
[Spaltenumbruch] keineswegs zum Postschiffsdienst. Die meisten derselben sind Schiffe, welche
mit Baumwolle beladen hier ankamen, und statt mit Ballast nach den Ver-
einigten Staaten zurückzukehren, jede, auch die geringste Rückfracht, an
Stückgütern oder Auswanderern annehmen. Sie sind zum Theil ebenso gut
gebaut und eingerichtet als die Postschiffe; ihre Abfahrtsfrist -- die Haupt-
sache für den Auswanderer -- ist jedoch auf keine Weise an die der Post-
schiffe gebunden. Sie gehen in See, wenn der Frachtspeculant sie mit
Auswanderern anfüllen konnte. Der Auswanderer, welcher für seine Ueber-
fahrt mit einem solchen Reserveschiff denselben Preis bewilligte, als für ein
Postschiff mit bestimmter Abfahrtsfrist, weil man ihm vorspiegelte, daß er
mit ersterm ebenso schnell befördert werden würde, bemerkt seine Täuschung
erst in Havre nach wochenlangem Warten, und nach den vielen Schwie-
rigkeiten, mit welchen er zu kämpfen hatte, um für dieses Warten nothdürftig
entschädigt zu werden.

Würden die Auswanderer nach den bestehenden Verordnungen nicht ge-
nöthigt sein, in Deutschland sich zum voraus zu engagiren, so dürfte man
sicher in den Seehäfen auf einen ungleich schwächern Andrang rechnen, denn
es ist nicht in Abrede zu stellen, daß ein Hauptgrund dieses Andrangs bloß
Folge der Nachahmung, und zum Theil in der Leichtigkeit zu suchen ist,
mit welcher heutzutage die Auswanderung von den über ganz Deutschland
verbreiteten etwa 150 Agenturen der verschiedenen Seehäfen, im Jnteresse
dieser ihrer modernen Jndustrie, geleitet, und wodurch dieselbe einer wahren
Völkerwanderung immer ähnlicher wird.

Würde sich folglich die Masse der hier ankommenden Auswanderer bloß
auf die Zahl derer beschränken, welche auf geradewohl hierher kämen, so
könnten auf den erwähnten Kauffahrteischiffen durchschnittlich zu ungefähr
100 Franken per Kopf ( mit Jnbegriff der Fahrtkosten von Mainz hierher
mit etwa 68 Gulden von Mainz nach New=York gleich ) Platzverträge
für die Fahrt nach New=York geschlossen werden. Jm verflossenen Februar,
wo wegen des vorangangenen Winters keine zum voraus geschlossenen Con-
tracte hier zu erfüllen waren, und wo die Zahl der auf gerathewohl hierher
gekommenen Auswanderer keine 1000 überstieg, waren die Preise selbst auf
60 Franken per Kopf zurückgegangen.

Erst seit vier Wochen stiegen die Ueberfahrtspreise für Platzverträge
mit solchen Kauffahrteischiffen auf das jetzige Maximum von 130 bis 150
Franken, oder mit Einschluß der Kosten der Reise von Mainz über Rotter-
dam hierher auf 81 bis 90 Gulden. Der Grund dieser plötzlichen Steige-
rung stand jedoch mit den Vorausabschlüssen in Deutschland in innigem Zu-
sammenhang. Die Agenten des Hrn. Finlay hatten ein zu bedeutendes
Quantum von Auswanderern zum voraus engagirt, und gleichzeitig war die
Nachricht von der bevorstehenden Jnkrafttretung der Congreßacte vom 2. März
hier bekannt geworden. Beide Umstände vereinigt, mußten die Frachtforde-
rungen für amerikanische und französische Schiffe hier steigern, und die
hiesigen Correspondenten des Hrn. Finlay ( vier Theilhaber der erwähnten
Fracht = Coalition ) , um dessen Contracte zu erfüllen, waren gezwungen, in
diese Forderungen zu willigen.

Es ist anzunehmen, daß diese Verhältnisse sich in wenig Wochen ändern,
und daß im Junius und Julius für Platzverträge mit Kauffahrteischiffen
der Ueberfahrtspreis von hier nach New=York 120 bis 125 Franken nicht
übersteigen wird, was gleich steht mit 77 bis79 1 / 2 Gulden für die ganze
Reise von Mainz bis New=York.

Vorstehendes sind die Gründe, aus welchen das unterzeichnete Consulat
Verträgen des Hrn. Finlay, welche derselbe ihm in den letzten Tagen durch
seine hiesigen Correspondenten zur Erholung seines consularischen Bisum
vorlegen ließ, und worin sich derselbe für Fahrten nach New=York mit
Postschiffen in den Monaten Junius und Julius den übermäßigen Preis
von 120 Gulden von Mainz bis New=York ( abzüglich der Reisekosten von
Mainz hierher gleich mit 210 Franken von hier nach New=York jedoch ohne
Lebensmittel ) für jede Person über 10 Jahren ausbedungen hatte, im
Sinn der königlichen Verfügung vom
24. März 1840, als zu
beschwerend für die Auswanderer,
sein consularisches Bisum ver-
weigerte. Hr. Finlay scheint sein Monopol augenscheinlich nur benützen zu
wollen, um die wohlwollenden Absichten, welche die betreffenden deutschen
Regierungen bei der Duldung von Agenturen im Herzen von Deutschland
für Vorausabschlüsse mit deutschen Auswanderern im Auge haben, aus-
schließend für sein Privatinteresse zu absorbiren. Dieser Versuch verdient
bezeichnet zu werden, da Hr. Finlay sich mit keinem Consulate bisher noch
über ein zeitgemäßes Preismaximum, als einzigen Damm gegen
seine immer größer werdenden Ausprüche, verständigen wollte. Nichts könnte
nach dem bereits erfolgten Effect der amerikanischen Congreßacte vom 2. März
auf die hiesigen Frachtpreise diese neue künstliche Steigerung rechtfertigen,
es wäre denn, daß Hr. Finlay auf die zuletzt kommenden Auswanderer den
[Ende Spaltensatz]

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Jnsertionsgebühr 4 1 / 2 Xr. pr. Zeile oder Raum aus Petitschrift. Alle hierher gehörigen Zusendungen werden franko erbeten.



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[ 1 ] Die amerikanische Congreßacte vom 2. März d. J., welche jedem
Passagier an Bord von Kauffahrteischiffen einen Raumgehalt von 14
Quadratfuß gesetzlich sichert, und zugleich für jede Bettstätte eine Länge
von 6 Fuß auf1 1 / 2 Fuß Breite vorschreibt, während das bisherige Raum-
verhältniß 2 Passagiere von 5 Tonnen Tragfähigkeit betrug, hat den zu
Schiffsverträgen mit bayerischen Auswanderern befähigten Agenten ver-
schiedener deutscher, holländischer und hiesiger Verschiffer in der letzten Zeit
zu manchem ungegründeten Vorwand gedient. Einige benutzten nämlich
jene Congreßacte, deren Verfügungen den frühern Raumgehalt für Passa-
giere um etwa ein Viertheil vermindern, um Accorde, welche sie
mit bayerischen Auswanderern für Abfahrten in den Monaten Mai, Junius
und Julius zum Voraus geschlossen hatten, aus freier Willkür wieder auf-
zuheben. Die Agenten des Hrn. Washington Finlay, Generalagenten der
zwischen Havre und New=York fahrenden regelmäßigen Paketboote oder Post-
schiffe, sind von diesem Vorwurf frei. Alle von seinen Agenten mit bayerischen
Auswanderern bis in den Junius hinein geschlossenen Ueberfahrtsverträge
werden von seinen hiesigen, mit der Einschiffung der Passagiere beauftragten
Correspondenten vollzogen werden. Hr. Finlay darf sich die Erfüllung dieser
Verbindlichkeit jedoch nicht zum Verdienst anrechnen. Kein französischer
Gerichtshof würde ihn derselben entbunden haben.
Der
Passagier ist Frachtgut, dessen Beförderung der Verschiffer zu gewissen Be-
dingungen übernahm, welche er zum voraus stipulirte. Das neue Gesetz
unterbricht keineswegs die Zulassung der Auswanderer
in den nordamerikanischen Häfen.
Es vermindert bloß, und zwar
aus Motiven der Humanität, wofür die amerikanische Regierung allen Dank
verdient, die Tragfähigkeit der für ihren Transport erforderlichen Schiffe.
Ein Verschiffer, der für 600 Auswanderer, die er für seine Rechnung
zum voraus in Bayern engagirte, nach dem alten Gesetze bloß dreier Schiffe
von 500 Tonnen bedurft hätte, wird nach dem neuen deren 4 nöthig haben,
und folglich eines mehr befrachten müssen, nicht für Rechnung der
Auswanderer sondern für seine eigene Rechnung.
Das Fehl-
schlagen seiner Speculation ist jedoch kein Grund der ihn von seinen Ver-
bindlichkeiten gegen die kopfweise von ihm engagirten Auswanderer be-
freien könnte.

Nach den von dem unterzeichneten Consulate kürzlich gemachten Er-
fahrungen scheint Hr. Finlay dagegen entschlossen zu sein, die erwähnte
Congreßacte zu einer fernern Ausbildung seines „Reserveschiffsystems“ zu
benützen. Um diesen Versuch zu hintertreiben, glaubt das unterzeichnete
Consulat seiner veröffentlichen Warnung vom 12. Junius vorigen Jahrs
hier einige Worte beifügen zu müssen.

Es ist bekannt, daß die Agenten des Hrn. Finlay im Königreich Bayern
zum Abschluß von Verträgen mit bayerischen Auswanderern bloß für
die von hier nach New=York segelnden Paketboote oder
Postschiffe
befähigt sind. Diese Gunst stützt sich auf den regelmäßigen
Abgang dieser Postschiffe, und auf die Garantien, welche die New = Yorker
Rheder derselben den Auswanderern darbieten. Durch die erwähnte Con-
greßaete ist der Raumgehalt der 16 Postschiffe, welche in ihren jährlichen
48 Reisen früher gegen 13,500 Zwischendeckspassagiere einnehmen konnten,
auf ein Quantum von 10 bis 11,000 Köpfen vermindert worden, so daß
mit vier Postschiffen monatlich nur noch 800 bis 900 Passagiere befördert
werden können. Auf diese Zahl von Auswanderern sollten sich die Verträge
des Hrn. Finlay im Königreich Bayern beschränken. Da jedoch auch die
übrigen deutschen Bundesstaaten von seinen Agenten angefüllt sind, die ihm
zusammen monatlich 2000 bis 2500 Auswanderer zuwenden können, so
würde zur Beförderung derselben der Raumgehalt der Postschiffe in keinem
Falle hinreichen.

Hr. Finlay benützt deßhalb seine gegenwärtige Stellung oder vielmehr
sein Monopol ( indem kein anderes hiesiges Haus neben ihm zur Errichtung
von Agenturen in Bayern befähigt ist, während jedoch insgeheim und
unter seinem Namen 4 bis 5 einzelne Fracht- Speculanten an der
auf diese Weise von ihm gebildeten Coalition theilnehmen ) , er benützt
ferner den Einfluß den ihm sein Titel „Generalagent der Postschiffe“ bei
den Auswanderern in Deutschland verschafft, um mit Hülfe der gezwun-
genen
Vorausabschlüsse, welche die Auswanderer, ehe sie ihre Heimath
verlassen dürfen, unterworfen sind, an der künstlichen Steigerung der
Ueberfahrtspreise, welche gänzlicher Mangel an Concurrenz für
Havre am Sitze seiner Agenturen in Bayern
ausschließend
seiner Willkür preisgibt, auch gewöhnliche Amerikanische oder französische
Kauffahrteischiffe theilnehmen zu lassen. Diese Schiffe, denen er seit vorigem
Jahr den Pseudonamen „Reserven der Postschiffe“ beilegte, gehören
[Spaltenumbruch] keineswegs zum Postschiffsdienst. Die meisten derselben sind Schiffe, welche
mit Baumwolle beladen hier ankamen, und statt mit Ballast nach den Ver-
einigten Staaten zurückzukehren, jede, auch die geringste Rückfracht, an
Stückgütern oder Auswanderern annehmen. Sie sind zum Theil ebenso gut
gebaut und eingerichtet als die Postschiffe; ihre Abfahrtsfrist -- die Haupt-
sache für den Auswanderer -- ist jedoch auf keine Weise an die der Post-
schiffe gebunden. Sie gehen in See, wenn der Frachtspeculant sie mit
Auswanderern anfüllen konnte. Der Auswanderer, welcher für seine Ueber-
fahrt mit einem solchen Reserveschiff denselben Preis bewilligte, als für ein
Postschiff mit bestimmter Abfahrtsfrist, weil man ihm vorspiegelte, daß er
mit ersterm ebenso schnell befördert werden würde, bemerkt seine Täuschung
erst in Havre nach wochenlangem Warten, und nach den vielen Schwie-
rigkeiten, mit welchen er zu kämpfen hatte, um für dieses Warten nothdürftig
entschädigt zu werden.

Würden die Auswanderer nach den bestehenden Verordnungen nicht ge-
nöthigt sein, in Deutschland sich zum voraus zu engagiren, so dürfte man
sicher in den Seehäfen auf einen ungleich schwächern Andrang rechnen, denn
es ist nicht in Abrede zu stellen, daß ein Hauptgrund dieses Andrangs bloß
Folge der Nachahmung, und zum Theil in der Leichtigkeit zu suchen ist,
mit welcher heutzutage die Auswanderung von den über ganz Deutschland
verbreiteten etwa 150 Agenturen der verschiedenen Seehäfen, im Jnteresse
dieser ihrer modernen Jndustrie, geleitet, und wodurch dieselbe einer wahren
Völkerwanderung immer ähnlicher wird.

Würde sich folglich die Masse der hier ankommenden Auswanderer bloß
auf die Zahl derer beschränken, welche auf geradewohl hierher kämen, so
könnten auf den erwähnten Kauffahrteischiffen durchschnittlich zu ungefähr
100 Franken per Kopf ( mit Jnbegriff der Fahrtkosten von Mainz hierher
mit etwa 68 Gulden von Mainz nach New=York gleich ) Platzverträge
für die Fahrt nach New=York geschlossen werden. Jm verflossenen Februar,
wo wegen des vorangangenen Winters keine zum voraus geschlossenen Con-
tracte hier zu erfüllen waren, und wo die Zahl der auf gerathewohl hierher
gekommenen Auswanderer keine 1000 überstieg, waren die Preise selbst auf
60 Franken per Kopf zurückgegangen.

Erst seit vier Wochen stiegen die Ueberfahrtspreise für Platzverträge
mit solchen Kauffahrteischiffen auf das jetzige Maximum von 130 bis 150
Franken, oder mit Einschluß der Kosten der Reise von Mainz über Rotter-
dam hierher auf 81 bis 90 Gulden. Der Grund dieser plötzlichen Steige-
rung stand jedoch mit den Vorausabschlüssen in Deutschland in innigem Zu-
sammenhang. Die Agenten des Hrn. Finlay hatten ein zu bedeutendes
Quantum von Auswanderern zum voraus engagirt, und gleichzeitig war die
Nachricht von der bevorstehenden Jnkrafttretung der Congreßacte vom 2. März
hier bekannt geworden. Beide Umstände vereinigt, mußten die Frachtforde-
rungen für amerikanische und französische Schiffe hier steigern, und die
hiesigen Correspondenten des Hrn. Finlay ( vier Theilhaber der erwähnten
Fracht = Coalition ) , um dessen Contracte zu erfüllen, waren gezwungen, in
diese Forderungen zu willigen.

Es ist anzunehmen, daß diese Verhältnisse sich in wenig Wochen ändern,
und daß im Junius und Julius für Platzverträge mit Kauffahrteischiffen
der Ueberfahrtspreis von hier nach New=York 120 bis 125 Franken nicht
übersteigen wird, was gleich steht mit 77 bis79 1 / 2 Gulden für die ganze
Reise von Mainz bis New=York.

Vorstehendes sind die Gründe, aus welchen das unterzeichnete Consulat
Verträgen des Hrn. Finlay, welche derselbe ihm in den letzten Tagen durch
seine hiesigen Correspondenten zur Erholung seines consularischen Bisum
vorlegen ließ, und worin sich derselbe für Fahrten nach New=York mit
Postschiffen in den Monaten Junius und Julius den übermäßigen Preis
von 120 Gulden von Mainz bis New=York ( abzüglich der Reisekosten von
Mainz hierher gleich mit 210 Franken von hier nach New=York jedoch ohne
Lebensmittel ) für jede Person über 10 Jahren ausbedungen hatte, im
Sinn der königlichen Verfügung vom
24. März 1840, als zu
beschwerend für die Auswanderer,
sein consularisches Bisum ver-
weigerte. Hr. Finlay scheint sein Monopol augenscheinlich nur benützen zu
wollen, um die wohlwollenden Absichten, welche die betreffenden deutschen
Regierungen bei der Duldung von Agenturen im Herzen von Deutschland
für Vorausabschlüsse mit deutschen Auswanderern im Auge haben, aus-
schließend für sein Privatinteresse zu absorbiren. Dieser Versuch verdient
bezeichnet zu werden, da Hr. Finlay sich mit keinem Consulate bisher noch
über ein zeitgemäßes Preismaximum, als einzigen Damm gegen
seine immer größer werdenden Ausprüche, verständigen wollte. Nichts könnte
nach dem bereits erfolgten Effect der amerikanischen Congreßacte vom 2. März
auf die hiesigen Frachtpreise diese neue künstliche Steigerung rechtfertigen,
es wäre denn, daß Hr. Finlay auf die zuletzt kommenden Auswanderer den
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[0007] Jntelligenzblatt zur Auswanderungszeitung Nro 36. Jnsertionsgebühr 4 1 / 2 Xr. pr. Zeile oder Raum aus Petitschrift. Alle hierher gehörigen Zusendungen werden franko erbeten. Bekanntmachung. [ 1 ] Die amerikanische Congreßacte vom 2. März d. J., welche jedem Passagier an Bord von Kauffahrteischiffen einen Raumgehalt von 14 Quadratfuß gesetzlich sichert, und zugleich für jede Bettstätte eine Länge von 6 Fuß auf1 1 / 2 Fuß Breite vorschreibt, während das bisherige Raum- verhältniß 2 Passagiere von 5 Tonnen Tragfähigkeit betrug, hat den zu Schiffsverträgen mit bayerischen Auswanderern befähigten Agenten ver- schiedener deutscher, holländischer und hiesiger Verschiffer in der letzten Zeit zu manchem ungegründeten Vorwand gedient. Einige benutzten nämlich jene Congreßacte, deren Verfügungen den frühern Raumgehalt für Passa- giere um etwa ein Viertheil vermindern, um Accorde, welche sie mit bayerischen Auswanderern für Abfahrten in den Monaten Mai, Junius und Julius zum Voraus geschlossen hatten, aus freier Willkür wieder auf- zuheben. Die Agenten des Hrn. Washington Finlay, Generalagenten der zwischen Havre und New=York fahrenden regelmäßigen Paketboote oder Post- schiffe, sind von diesem Vorwurf frei. Alle von seinen Agenten mit bayerischen Auswanderern bis in den Junius hinein geschlossenen Ueberfahrtsverträge werden von seinen hiesigen, mit der Einschiffung der Passagiere beauftragten Correspondenten vollzogen werden. Hr. Finlay darf sich die Erfüllung dieser Verbindlichkeit jedoch nicht zum Verdienst anrechnen. Kein französischer Gerichtshof würde ihn derselben entbunden haben. Der Passagier ist Frachtgut, dessen Beförderung der Verschiffer zu gewissen Be- dingungen übernahm, welche er zum voraus stipulirte. Das neue Gesetz unterbricht keineswegs die Zulassung der Auswanderer in den nordamerikanischen Häfen. Es vermindert bloß, und zwar aus Motiven der Humanität, wofür die amerikanische Regierung allen Dank verdient, die Tragfähigkeit der für ihren Transport erforderlichen Schiffe. Ein Verschiffer, der für 600 Auswanderer, die er für seine Rechnung zum voraus in Bayern engagirte, nach dem alten Gesetze bloß dreier Schiffe von 500 Tonnen bedurft hätte, wird nach dem neuen deren 4 nöthig haben, und folglich eines mehr befrachten müssen, nicht für Rechnung der Auswanderer sondern für seine eigene Rechnung. Das Fehl- schlagen seiner Speculation ist jedoch kein Grund der ihn von seinen Ver- bindlichkeiten gegen die kopfweise von ihm engagirten Auswanderer be- freien könnte. Nach den von dem unterzeichneten Consulate kürzlich gemachten Er- fahrungen scheint Hr. Finlay dagegen entschlossen zu sein, die erwähnte Congreßacte zu einer fernern Ausbildung seines „Reserveschiffsystems“ zu benützen. Um diesen Versuch zu hintertreiben, glaubt das unterzeichnete Consulat seiner veröffentlichen Warnung vom 12. Junius vorigen Jahrs hier einige Worte beifügen zu müssen. Es ist bekannt, daß die Agenten des Hrn. Finlay im Königreich Bayern zum Abschluß von Verträgen mit bayerischen Auswanderern bloß für die von hier nach New=York segelnden Paketboote oder Postschiffe befähigt sind. Diese Gunst stützt sich auf den regelmäßigen Abgang dieser Postschiffe, und auf die Garantien, welche die New = Yorker Rheder derselben den Auswanderern darbieten. Durch die erwähnte Con- greßaete ist der Raumgehalt der 16 Postschiffe, welche in ihren jährlichen 48 Reisen früher gegen 13,500 Zwischendeckspassagiere einnehmen konnten, auf ein Quantum von 10 bis 11,000 Köpfen vermindert worden, so daß mit vier Postschiffen monatlich nur noch 800 bis 900 Passagiere befördert werden können. Auf diese Zahl von Auswanderern sollten sich die Verträge des Hrn. Finlay im Königreich Bayern beschränken. Da jedoch auch die übrigen deutschen Bundesstaaten von seinen Agenten angefüllt sind, die ihm zusammen monatlich 2000 bis 2500 Auswanderer zuwenden können, so würde zur Beförderung derselben der Raumgehalt der Postschiffe in keinem Falle hinreichen. Hr. Finlay benützt deßhalb seine gegenwärtige Stellung oder vielmehr sein Monopol ( indem kein anderes hiesiges Haus neben ihm zur Errichtung von Agenturen in Bayern befähigt ist, während jedoch insgeheim und unter seinem Namen 4 bis 5 einzelne Fracht- Speculanten an der auf diese Weise von ihm gebildeten Coalition theilnehmen ) , er benützt ferner den Einfluß den ihm sein Titel „Generalagent der Postschiffe“ bei den Auswanderern in Deutschland verschafft, um mit Hülfe der gezwun- genen Vorausabschlüsse, welche die Auswanderer, ehe sie ihre Heimath verlassen dürfen, unterworfen sind, an der künstlichen Steigerung der Ueberfahrtspreise, welche gänzlicher Mangel an Concurrenz für Havre am Sitze seiner Agenturen in Bayern ausschließend seiner Willkür preisgibt, auch gewöhnliche Amerikanische oder französische Kauffahrteischiffe theilnehmen zu lassen. Diese Schiffe, denen er seit vorigem Jahr den Pseudonamen „Reserven der Postschiffe“ beilegte, gehören keineswegs zum Postschiffsdienst. Die meisten derselben sind Schiffe, welche mit Baumwolle beladen hier ankamen, und statt mit Ballast nach den Ver- einigten Staaten zurückzukehren, jede, auch die geringste Rückfracht, an Stückgütern oder Auswanderern annehmen. Sie sind zum Theil ebenso gut gebaut und eingerichtet als die Postschiffe; ihre Abfahrtsfrist -- die Haupt- sache für den Auswanderer -- ist jedoch auf keine Weise an die der Post- schiffe gebunden. Sie gehen in See, wenn der Frachtspeculant sie mit Auswanderern anfüllen konnte. Der Auswanderer, welcher für seine Ueber- fahrt mit einem solchen Reserveschiff denselben Preis bewilligte, als für ein Postschiff mit bestimmter Abfahrtsfrist, weil man ihm vorspiegelte, daß er mit ersterm ebenso schnell befördert werden würde, bemerkt seine Täuschung erst in Havre nach wochenlangem Warten, und nach den vielen Schwie- rigkeiten, mit welchen er zu kämpfen hatte, um für dieses Warten nothdürftig entschädigt zu werden. Würden die Auswanderer nach den bestehenden Verordnungen nicht ge- nöthigt sein, in Deutschland sich zum voraus zu engagiren, so dürfte man sicher in den Seehäfen auf einen ungleich schwächern Andrang rechnen, denn es ist nicht in Abrede zu stellen, daß ein Hauptgrund dieses Andrangs bloß Folge der Nachahmung, und zum Theil in der Leichtigkeit zu suchen ist, mit welcher heutzutage die Auswanderung von den über ganz Deutschland verbreiteten etwa 150 Agenturen der verschiedenen Seehäfen, im Jnteresse dieser ihrer modernen Jndustrie, geleitet, und wodurch dieselbe einer wahren Völkerwanderung immer ähnlicher wird. Würde sich folglich die Masse der hier ankommenden Auswanderer bloß auf die Zahl derer beschränken, welche auf geradewohl hierher kämen, so könnten auf den erwähnten Kauffahrteischiffen durchschnittlich zu ungefähr 100 Franken per Kopf ( mit Jnbegriff der Fahrtkosten von Mainz hierher mit etwa 68 Gulden von Mainz nach New=York gleich ) Platzverträge für die Fahrt nach New=York geschlossen werden. Jm verflossenen Februar, wo wegen des vorangangenen Winters keine zum voraus geschlossenen Con- tracte hier zu erfüllen waren, und wo die Zahl der auf gerathewohl hierher gekommenen Auswanderer keine 1000 überstieg, waren die Preise selbst auf 60 Franken per Kopf zurückgegangen. Erst seit vier Wochen stiegen die Ueberfahrtspreise für Platzverträge mit solchen Kauffahrteischiffen auf das jetzige Maximum von 130 bis 150 Franken, oder mit Einschluß der Kosten der Reise von Mainz über Rotter- dam hierher auf 81 bis 90 Gulden. Der Grund dieser plötzlichen Steige- rung stand jedoch mit den Vorausabschlüssen in Deutschland in innigem Zu- sammenhang. Die Agenten des Hrn. Finlay hatten ein zu bedeutendes Quantum von Auswanderern zum voraus engagirt, und gleichzeitig war die Nachricht von der bevorstehenden Jnkrafttretung der Congreßacte vom 2. März hier bekannt geworden. Beide Umstände vereinigt, mußten die Frachtforde- rungen für amerikanische und französische Schiffe hier steigern, und die hiesigen Correspondenten des Hrn. Finlay ( vier Theilhaber der erwähnten Fracht = Coalition ) , um dessen Contracte zu erfüllen, waren gezwungen, in diese Forderungen zu willigen. Es ist anzunehmen, daß diese Verhältnisse sich in wenig Wochen ändern, und daß im Junius und Julius für Platzverträge mit Kauffahrteischiffen der Ueberfahrtspreis von hier nach New=York 120 bis 125 Franken nicht übersteigen wird, was gleich steht mit 77 bis79 1 / 2 Gulden für die ganze Reise von Mainz bis New=York. Vorstehendes sind die Gründe, aus welchen das unterzeichnete Consulat Verträgen des Hrn. Finlay, welche derselbe ihm in den letzten Tagen durch seine hiesigen Correspondenten zur Erholung seines consularischen Bisum vorlegen ließ, und worin sich derselbe für Fahrten nach New=York mit Postschiffen in den Monaten Junius und Julius den übermäßigen Preis von 120 Gulden von Mainz bis New=York ( abzüglich der Reisekosten von Mainz hierher gleich mit 210 Franken von hier nach New=York jedoch ohne Lebensmittel ) für jede Person über 10 Jahren ausbedungen hatte, im Sinn der königlichen Verfügung vom 24. März 1840, als zu beschwerend für die Auswanderer, sein consularisches Bisum ver- weigerte. Hr. Finlay scheint sein Monopol augenscheinlich nur benützen zu wollen, um die wohlwollenden Absichten, welche die betreffenden deutschen Regierungen bei der Duldung von Agenturen im Herzen von Deutschland für Vorausabschlüsse mit deutschen Auswanderern im Auge haben, aus- schließend für sein Privatinteresse zu absorbiren. Dieser Versuch verdient bezeichnet zu werden, da Hr. Finlay sich mit keinem Consulate bisher noch über ein zeitgemäßes Preismaximum, als einzigen Damm gegen seine immer größer werdenden Ausprüche, verständigen wollte. Nichts könnte nach dem bereits erfolgten Effect der amerikanischen Congreßacte vom 2. März auf die hiesigen Frachtpreise diese neue künstliche Steigerung rechtfertigen, es wäre denn, daß Hr. Finlay auf die zuletzt kommenden Auswanderer den

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Zitationshilfe: Allgemeine Auswanderungs-Zeitung. Nr. 36. Rudolstadt, 7. Juni 1847, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_auswanderer36_1847/7>, abgerufen am 28.11.2024.