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Allgemeine Auswanderungs-Zeitung. Nr. 24. Rudolstadt, 12. Juni 1848.

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[Spaltenumbruch] es nun für die Grundlage eines künftigen Weltbürgerthums, oder, wie
Andere meinen, für eine neue vermehrte und verbesserte Auflage des
Deutschthums, von der unberechenbarsten Bedeutung sind. Doch soll
uns diese in ferner Zukunft erst zu lösende Frage hier nicht aufhalten;
denn wir leben in einem Lande, wo wir wahrlich mit der Gegenwart
so viel zu thun haben, daß wir von der Zukunft weniger träumen,
als unsere Zukunft nur durch stete, aufmerksamste Benutzung der Gegenwart
begründen können. Wenn nun die deutsche Auswanderung auch den nächsten
Grund zu der Bildung und dem bisherigen Wirken unseres Volksvereins
gegeben hat, und wenn sie die Thätigkeit unseres Vereins auch fernerhin in
Anspruch nehmen und uns Gelegenheit zu einer, wie wir hoffen, immer
tüchtigeren, bewußteren Entfaltung dieser Thätigkeit geben wird, so
dürfte es für uns nicht ohne Jnteresse sein, einen Blick auf das zu
werfen, was in Deutschland für die Auswanderung gethan wird, und
nach dieser Thätigkeit zu ermessen, in wie fern wir hier helfend und
ergänzend in deren Ergebnisse eingreifen können."

" Gehen wir bei dieser Uebersicht davon aus, was in den letzten
Jahren von Seiten der deutschen Regierungen geschehen ist, um das
Auswanderungswesen zu ordnen und zu überwachen, so finden wir, daß
die Wichtigkeit des Letzteren sich immer mehr geltend gemacht hat und
erkannt worden ist, und daß von einigen Seiten eine höchst erfreuliche
Thätigkeit entfaltet worden ist, um, dieser Wichtigkeit entsprechend,
einzuschreiten."

Hier zählt der Hr. Verf. die verschiedenen Maßregeln auf, welche
die einzelnen deutschen Regierungen zur Regelung der deutschen Aus-
wanderung ergriffen, die wir hier jedoch nur zum Theil wiedergeben,
da sie in früheren Numern unserer Zeitung schon enthalten und wo es
nöthig schien, auch einer Besprechung unterworfen sind. "Die Vor-
züge, welche die deutschen Einschiffungshäfen Hamburg und Bremen
durch ihre soeben näher beleuchtete Gesetzgebung den deutschen Aus-
wanderern bieten, sind so groß, daß die Einschiffung von dort aus
unsern deutschen Landsleuten nicht genug anempfohlen werden kann,
und wenn diese Vorzüge unter Andern auch in der später unten näher
zu gedenkenden Rudolstädter Auswanderungszeitung auf
eine anschauliche und vergleichende Weise dargestellt worden sind, so
muß hinsichtlich derselben noch bemerkt werden, daß sie auch den Darm-
städter Nationalverein veranlaßt haben, seine Wirksamkeit darauf mit
zu erstrecken, daß deutsche Auswanderer sich vorzugsweise in Hamburg
oder in Bremen nach Amerika einschiffen."

" Gehen wir von den Hafenstädten und der Sicherung der eigent-
lichen Seereise in denselben zu dem Binnenlande über, so wendet
sich unsere Aufmerksamkeit vor Allem Preußen, als der größten
deutschen Macht, zu. Auch Preußen hat sich nicht enthalten können,
vielfach zur Beschützung der Auswanderer gegen Betrug zu wirken;
es ist aber bei seiner Wirksamkeit stets von dem Grundsatze ausge-
gangen, welchen es in dem Gesetze vom 20. Januar 1820 ausge-
sprochen hat, daß nämlich Verleitung zur Auswanderung unter allen
Umständen ein strafbares Vergehen sei, wie denn auch das nurgedachte
Gesetz derartige Verleitungen nach Befinden mit einmonatlicher bis
zweijähriger Gefängnißstrafe belegt. Diesem Grundsatze zufolge hat
sich Preußen von jeder directen oder indirecten, ja selbst der entfern-
testen Beförderung der Auswanderung fortwährend enthalten, und so
mußte unter Anderem die im Sommer 1847 zu Köln beabsichtigte
Anlegung eines "Auswanderungsbüreau's für Auswanderer" unter-
bleiben, da die königliche Regierung zwar die Tendenz eines solchen
Unternehmens nicht verkannte, dennoch aber die Bestätigung desselben
vom Standpunkte der gesetzlich verbotenen Förderung der Auswande-
rung aus, versagen zu müssen glaubte. Noch unter dem 5. Decbr.
1845 war durch eine Circularverfügung des Ministeriums des Jnnern
den Oberpräsidenten aller Provinzen eingeschärft worden, Vereinen
zur Verbreitung gemeinsamer Auswanderung mit Nachdruck entgegen-
zutreten, und da die auf dem vereinten preußischen Landtage von den
Abgeordneten Diergardt, Mohr und Brust in Bezug auf Aus-
[Spaltenumbruch] wanderung gestellten Anträge nicht zur Berathung kamen, so müssen
wir den vorstehend gedachten Grundsatz immer noch als den leitenden
der preußischen Regierung ansehen. -- Ob die in Nr. 59. und 61.
der Rudolstädter Auswanderungszeitung sich findenden Nachrichten von
officiell angeordneten Erörterungen über die Auswanderung in ihren
Ursachen und Folgen und bezüglich eingefordert sein sollenden consula-
rischen und gesandtschaftlichen Berichten gegründet sind oder nicht,* )
müssen wir unter diesen Umständen dahin gestellt sein lassen; jeden-
falls aber würde die Absicht, das Auswanderungswesen auf Grund
dieser Berichte beim Bundestage in Anregung bringen zu wollen, eine
etwas weit aussehende** )
sein, da die daselbst vom Freiherrn von
Gagern
in den Jahren 1817 und 1819 wegen Auswanderung ge-
stellten Anträge bis jetzt, also binnen 30 Jahren, noch keine Erledi-
gung gefunden haben, anderer Anzeigen gleicher Langsamkeit nicht zu
gedenken. Den brasilianischen Auswanderungsplänen ist Preußen in
den letzten Jahren vorzugsweise entgegengetreten, und wir finden dieß-
falls nicht nur im Juli 1840 einen Schriftenwechsel des königlich
preußischen Ministeriums des Auswärtigen mit dem brasilianischen Ge-
sandten in Berlin, Visconde de Abrantes, die Umtriebe*** ) des bra-
silianischen Generalconsuls Sturz betreffend, sondern auch mehrfache
Verfügungen der Oberbehörden, als: des Oberpräsidiums der Provinz
Westphalen vom 11. April 1847 und des Generalpostmeisters vom
28. April 1847, welche namentlich gegen die Speculationen des Hauses
Delrue und Comp. gerichtet sind. Diesem Schutze seiner Unter-
thanen gegen brasilianische Auswanderungsprojecte gegenüber, hat be-
kanntlich Preußen die Auswanderung nach der Muskitoküste, der frü-
heren bei ähnlichen Unternehmungen gemachten Erfahrungen ungeachtet,
empfohlen und in das Leben gerufen, ein Unternehmen, dessen fast
durchgängiges Scheitern in den Tagesblättern vielfach und mit gerechtem
Tadel besprochen worden ist. Nicht ohne Jnteresse für uns ist schließ-
lich ein Erlaß des Oberpräsidiums der Rheinprovinz vom 22. Januar
1847, welcher auf §. 4. des Gesetzes vom 31. October 1846 auf-
merksam macht, wonach Gemeinden drei Jahre lang verpflichtet bleiben,
Ausgewanderten, falls dieselben binnen dieser Zeit mittellos zurückkeh-
ren, in den Communal = Verband wiederum aufzunehmen. Denn nach
dieser gesetzlichen Bestimmung sind die Verhältnisse der preußischen Aus-
wanderer nur bedingungsweise als aufgelöst anzusehen, was den Ver-
einigten Staaten dafür Gewähr leistet, daß Zusendungen von
Gemeindearmen auf Kosten der Gemeinde wenigstens
von Preußen aus nicht leicht stattfinden werden
."

" Gehen wir hiernächst auf Bayern über, so finden wir schon
ein bestimmteres Streben der Regierungsbehörden, die Auswanderer
nicht bloß zu schützen, sondern auch das Auswanderungswesen zu ord-
nen, bethätigt durch mehrfache, im Sommer des Jahres 1846 zum
Schutze der Auswanderer gegen Schwindeleien der Agenten erlassene
Verordnungen. Diesen Verordnungen zufolge, können Auswanderungs-
pässe + ) nur auf Grund von Ueberfahrtsverträgen, welche von dem am

* ) Jeden Falls gegründet; über Gang und Erfolg der betr. Anordnung
hat aber seitdem nichts wieder verlautet.
** ) Der Hr. Berichterstatter konnte freilich noch vor 3 Monaten nicht
ahnen, daß die Unterlassungssünden des Bundestags so bald der Erstehung
eines deutschen Parlaments den günstigsten Vorschub leisten würden.
*** ) Wer den Biedersinn und die ehrenhafte Wirksamkeit des Hrn. v.
Sturz näher kennt, muß ihn gegen diese Beschuldigung in Schutz nehmen.
Wie oft hat dieser Mann sowohl privatim als auch öffentlich gegen die
Auswanderung nach Brasilien geeifert, bevor nicht gesetzliche Garantien die
nöthige sichere Grundlage gewähren! -- Hr. Referent verwechselt ihn mit
ganz andern Lockvögeln. Daß v. Sturz sich sehr für dereinstige deut-
sche Auswanderung nach Südbrasilien nach erlangter sicherer Grundlage lebhaft
interessirt, wird ihm kein Billigdenkender zur Last legen.
+ ) Jetzt ist es umgekehrt; die Agenten dürfen nicht eher Contracte aus-
fertigen, resp. aushändigen, als bis der gerichtliche Beweis geliefert ist, daß
der Auswanderung der betr. Leute keinerlei Hinderniß mehr entgegenstehe.
Ausw.=Zeitung a. c. Nr. 7., S. 109.

[Spaltenumbruch] es nun für die Grundlage eines künftigen Weltbürgerthums, oder, wie
Andere meinen, für eine neue vermehrte und verbesserte Auflage des
Deutschthums, von der unberechenbarsten Bedeutung sind. Doch soll
uns diese in ferner Zukunft erst zu lösende Frage hier nicht aufhalten;
denn wir leben in einem Lande, wo wir wahrlich mit der Gegenwart
so viel zu thun haben, daß wir von der Zukunft weniger träumen,
als unsere Zukunft nur durch stete, aufmerksamste Benutzung der Gegenwart
begründen können. Wenn nun die deutsche Auswanderung auch den nächsten
Grund zu der Bildung und dem bisherigen Wirken unseres Volksvereins
gegeben hat, und wenn sie die Thätigkeit unseres Vereins auch fernerhin in
Anspruch nehmen und uns Gelegenheit zu einer, wie wir hoffen, immer
tüchtigeren, bewußteren Entfaltung dieser Thätigkeit geben wird, so
dürfte es für uns nicht ohne Jnteresse sein, einen Blick auf das zu
werfen, was in Deutschland für die Auswanderung gethan wird, und
nach dieser Thätigkeit zu ermessen, in wie fern wir hier helfend und
ergänzend in deren Ergebnisse eingreifen können.“

„ Gehen wir bei dieser Uebersicht davon aus, was in den letzten
Jahren von Seiten der deutschen Regierungen geschehen ist, um das
Auswanderungswesen zu ordnen und zu überwachen, so finden wir, daß
die Wichtigkeit des Letzteren sich immer mehr geltend gemacht hat und
erkannt worden ist, und daß von einigen Seiten eine höchst erfreuliche
Thätigkeit entfaltet worden ist, um, dieser Wichtigkeit entsprechend,
einzuschreiten.“

Hier zählt der Hr. Verf. die verschiedenen Maßregeln auf, welche
die einzelnen deutschen Regierungen zur Regelung der deutschen Aus-
wanderung ergriffen, die wir hier jedoch nur zum Theil wiedergeben,
da sie in früheren Numern unserer Zeitung schon enthalten und wo es
nöthig schien, auch einer Besprechung unterworfen sind. „Die Vor-
züge, welche die deutschen Einschiffungshäfen Hamburg und Bremen
durch ihre soeben näher beleuchtete Gesetzgebung den deutschen Aus-
wanderern bieten, sind so groß, daß die Einschiffung von dort aus
unsern deutschen Landsleuten nicht genug anempfohlen werden kann,
und wenn diese Vorzüge unter Andern auch in der später unten näher
zu gedenkenden Rudolstädter Auswanderungszeitung auf
eine anschauliche und vergleichende Weise dargestellt worden sind, so
muß hinsichtlich derselben noch bemerkt werden, daß sie auch den Darm-
städter Nationalverein veranlaßt haben, seine Wirksamkeit darauf mit
zu erstrecken, daß deutsche Auswanderer sich vorzugsweise in Hamburg
oder in Bremen nach Amerika einschiffen.“

„ Gehen wir von den Hafenstädten und der Sicherung der eigent-
lichen Seereise in denselben zu dem Binnenlande über, so wendet
sich unsere Aufmerksamkeit vor Allem Preußen, als der größten
deutschen Macht, zu. Auch Preußen hat sich nicht enthalten können,
vielfach zur Beschützung der Auswanderer gegen Betrug zu wirken;
es ist aber bei seiner Wirksamkeit stets von dem Grundsatze ausge-
gangen, welchen es in dem Gesetze vom 20. Januar 1820 ausge-
sprochen hat, daß nämlich Verleitung zur Auswanderung unter allen
Umständen ein strafbares Vergehen sei, wie denn auch das nurgedachte
Gesetz derartige Verleitungen nach Befinden mit einmonatlicher bis
zweijähriger Gefängnißstrafe belegt. Diesem Grundsatze zufolge hat
sich Preußen von jeder directen oder indirecten, ja selbst der entfern-
testen Beförderung der Auswanderung fortwährend enthalten, und so
mußte unter Anderem die im Sommer 1847 zu Köln beabsichtigte
Anlegung eines „Auswanderungsbüreau's für Auswanderer“ unter-
bleiben, da die königliche Regierung zwar die Tendenz eines solchen
Unternehmens nicht verkannte, dennoch aber die Bestätigung desselben
vom Standpunkte der gesetzlich verbotenen Förderung der Auswande-
rung aus, versagen zu müssen glaubte. Noch unter dem 5. Decbr.
1845 war durch eine Circularverfügung des Ministeriums des Jnnern
den Oberpräsidenten aller Provinzen eingeschärft worden, Vereinen
zur Verbreitung gemeinsamer Auswanderung mit Nachdruck entgegen-
zutreten, und da die auf dem vereinten preußischen Landtage von den
Abgeordneten Diergardt, Mohr und Brust in Bezug auf Aus-
[Spaltenumbruch] wanderung gestellten Anträge nicht zur Berathung kamen, so müssen
wir den vorstehend gedachten Grundsatz immer noch als den leitenden
der preußischen Regierung ansehen. -- Ob die in Nr. 59. und 61.
der Rudolstädter Auswanderungszeitung sich findenden Nachrichten von
officiell angeordneten Erörterungen über die Auswanderung in ihren
Ursachen und Folgen und bezüglich eingefordert sein sollenden consula-
rischen und gesandtschaftlichen Berichten gegründet sind oder nicht,* )
müssen wir unter diesen Umständen dahin gestellt sein lassen; jeden-
falls aber würde die Absicht, das Auswanderungswesen auf Grund
dieser Berichte beim Bundestage in Anregung bringen zu wollen, eine
etwas weit aussehende** )
sein, da die daselbst vom Freiherrn von
Gagern
in den Jahren 1817 und 1819 wegen Auswanderung ge-
stellten Anträge bis jetzt, also binnen 30 Jahren, noch keine Erledi-
gung gefunden haben, anderer Anzeigen gleicher Langsamkeit nicht zu
gedenken. Den brasilianischen Auswanderungsplänen ist Preußen in
den letzten Jahren vorzugsweise entgegengetreten, und wir finden dieß-
falls nicht nur im Juli 1840 einen Schriftenwechsel des königlich
preußischen Ministeriums des Auswärtigen mit dem brasilianischen Ge-
sandten in Berlin, Visconde de Abrantes, die Umtriebe*** ) des bra-
silianischen Generalconsuls Sturz betreffend, sondern auch mehrfache
Verfügungen der Oberbehörden, als: des Oberpräsidiums der Provinz
Westphalen vom 11. April 1847 und des Generalpostmeisters vom
28. April 1847, welche namentlich gegen die Speculationen des Hauses
Delrue und Comp. gerichtet sind. Diesem Schutze seiner Unter-
thanen gegen brasilianische Auswanderungsprojecte gegenüber, hat be-
kanntlich Preußen die Auswanderung nach der Muskitoküste, der frü-
heren bei ähnlichen Unternehmungen gemachten Erfahrungen ungeachtet,
empfohlen und in das Leben gerufen, ein Unternehmen, dessen fast
durchgängiges Scheitern in den Tagesblättern vielfach und mit gerechtem
Tadel besprochen worden ist. Nicht ohne Jnteresse für uns ist schließ-
lich ein Erlaß des Oberpräsidiums der Rheinprovinz vom 22. Januar
1847, welcher auf §. 4. des Gesetzes vom 31. October 1846 auf-
merksam macht, wonach Gemeinden drei Jahre lang verpflichtet bleiben,
Ausgewanderten, falls dieselben binnen dieser Zeit mittellos zurückkeh-
ren, in den Communal = Verband wiederum aufzunehmen. Denn nach
dieser gesetzlichen Bestimmung sind die Verhältnisse der preußischen Aus-
wanderer nur bedingungsweise als aufgelöst anzusehen, was den Ver-
einigten Staaten dafür Gewähr leistet, daß Zusendungen von
Gemeindearmen auf Kosten der Gemeinde wenigstens
von Preußen aus nicht leicht stattfinden werden
.“

„ Gehen wir hiernächst auf Bayern über, so finden wir schon
ein bestimmteres Streben der Regierungsbehörden, die Auswanderer
nicht bloß zu schützen, sondern auch das Auswanderungswesen zu ord-
nen, bethätigt durch mehrfache, im Sommer des Jahres 1846 zum
Schutze der Auswanderer gegen Schwindeleien der Agenten erlassene
Verordnungen. Diesen Verordnungen zufolge, können Auswanderungs-
pässe † ) nur auf Grund von Ueberfahrtsverträgen, welche von dem am

* ) Jeden Falls gegründet; über Gang und Erfolg der betr. Anordnung
hat aber seitdem nichts wieder verlautet.
** ) Der Hr. Berichterstatter konnte freilich noch vor 3 Monaten nicht
ahnen, daß die Unterlassungssünden des Bundestags so bald der Erstehung
eines deutschen Parlaments den günstigsten Vorschub leisten würden.
*** ) Wer den Biedersinn und die ehrenhafte Wirksamkeit des Hrn. v.
Sturz näher kennt, muß ihn gegen diese Beschuldigung in Schutz nehmen.
Wie oft hat dieser Mann sowohl privatim als auch öffentlich gegen die
Auswanderung nach Brasilien geeifert, bevor nicht gesetzliche Garantien die
nöthige sichere Grundlage gewähren! -- Hr. Referent verwechselt ihn mit
ganz andern Lockvögeln. Daß v. Sturz sich sehr für dereinstige deut-
sche Auswanderung nach Südbrasilien nach erlangter sicherer Grundlage lebhaft
interessirt, wird ihm kein Billigdenkender zur Last legen.
† ) Jetzt ist es umgekehrt; die Agenten dürfen nicht eher Contracte aus-
fertigen, resp. aushändigen, als bis der gerichtliche Beweis geliefert ist, daß
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Ausw.=Zeitung a. c. Nr. 7., S. 109.
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Wenn nun die deutsche Auswanderung auch den nächsten Grund zu der Bildung und dem bisherigen Wirken unseres Volksvereins gegeben hat, und wenn sie die Thätigkeit unseres Vereins auch fernerhin in Anspruch nehmen und uns Gelegenheit zu einer, wie wir hoffen, immer tüchtigeren, bewußteren Entfaltung dieser Thätigkeit geben wird, so dürfte es für uns nicht ohne Jnteresse sein, einen Blick auf das zu werfen, was in Deutschland für die Auswanderung gethan wird, und nach dieser Thätigkeit zu ermessen, in wie fern wir hier helfend und ergänzend in deren Ergebnisse eingreifen können.“ „ Gehen wir bei dieser Uebersicht davon aus, was in den letzten Jahren von Seiten der deutschen Regierungen geschehen ist, um das Auswanderungswesen zu ordnen und zu überwachen, so finden wir, daß die Wichtigkeit des Letzteren sich immer mehr geltend gemacht hat und erkannt worden ist, und daß von einigen Seiten eine höchst erfreuliche Thätigkeit entfaltet worden ist, um, dieser Wichtigkeit entsprechend, einzuschreiten.“ Hier zählt der Hr. Verf. die verschiedenen Maßregeln auf, welche die einzelnen deutschen Regierungen zur Regelung der deutschen Aus- wanderung ergriffen, die wir hier jedoch nur zum Theil wiedergeben, da sie in früheren Numern unserer Zeitung schon enthalten und wo es nöthig schien, auch einer Besprechung unterworfen sind. „Die Vor- züge, welche die deutschen Einschiffungshäfen Hamburg und Bremen durch ihre soeben näher beleuchtete Gesetzgebung den deutschen Aus- wanderern bieten, sind so groß, daß die Einschiffung von dort aus unsern deutschen Landsleuten nicht genug anempfohlen werden kann, und wenn diese Vorzüge unter Andern auch in der später unten näher zu gedenkenden Rudolstädter Auswanderungszeitung auf eine anschauliche und vergleichende Weise dargestellt worden sind, so muß hinsichtlich derselben noch bemerkt werden, daß sie auch den Darm- städter Nationalverein veranlaßt haben, seine Wirksamkeit darauf mit zu erstrecken, daß deutsche Auswanderer sich vorzugsweise in Hamburg oder in Bremen nach Amerika einschiffen.“ „ Gehen wir von den Hafenstädten und der Sicherung der eigent- lichen Seereise in denselben zu dem Binnenlande über, so wendet sich unsere Aufmerksamkeit vor Allem Preußen, als der größten deutschen Macht, zu. Auch Preußen hat sich nicht enthalten können, vielfach zur Beschützung der Auswanderer gegen Betrug zu wirken; es ist aber bei seiner Wirksamkeit stets von dem Grundsatze ausge- gangen, welchen es in dem Gesetze vom 20. Januar 1820 ausge- sprochen hat, daß nämlich Verleitung zur Auswanderung unter allen Umständen ein strafbares Vergehen sei, wie denn auch das nurgedachte Gesetz derartige Verleitungen nach Befinden mit einmonatlicher bis zweijähriger Gefängnißstrafe belegt. Diesem Grundsatze zufolge hat sich Preußen von jeder directen oder indirecten, ja selbst der entfern- testen Beförderung der Auswanderung fortwährend enthalten, und so mußte unter Anderem die im Sommer 1847 zu Köln beabsichtigte Anlegung eines „Auswanderungsbüreau's für Auswanderer“ unter- bleiben, da die königliche Regierung zwar die Tendenz eines solchen Unternehmens nicht verkannte, dennoch aber die Bestätigung desselben vom Standpunkte der gesetzlich verbotenen Förderung der Auswande- rung aus, versagen zu müssen glaubte. Noch unter dem 5. Decbr. 1845 war durch eine Circularverfügung des Ministeriums des Jnnern den Oberpräsidenten aller Provinzen eingeschärft worden, Vereinen zur Verbreitung gemeinsamer Auswanderung mit Nachdruck entgegen- zutreten, und da die auf dem vereinten preußischen Landtage von den Abgeordneten Diergardt, Mohr und Brust in Bezug auf Aus- wanderung gestellten Anträge nicht zur Berathung kamen, so müssen wir den vorstehend gedachten Grundsatz immer noch als den leitenden der preußischen Regierung ansehen. -- Ob die in Nr. 59. und 61. der Rudolstädter Auswanderungszeitung sich findenden Nachrichten von officiell angeordneten Erörterungen über die Auswanderung in ihren Ursachen und Folgen und bezüglich eingefordert sein sollenden consula- rischen und gesandtschaftlichen Berichten gegründet sind oder nicht, * ) müssen wir unter diesen Umständen dahin gestellt sein lassen; jeden- falls aber würde die Absicht, das Auswanderungswesen auf Grund dieser Berichte beim Bundestage in Anregung bringen zu wollen, eine etwas weit aussehende ** ) sein, da die daselbst vom Freiherrn von Gagern in den Jahren 1817 und 1819 wegen Auswanderung ge- stellten Anträge bis jetzt, also binnen 30 Jahren, noch keine Erledi- gung gefunden haben, anderer Anzeigen gleicher Langsamkeit nicht zu gedenken. Den brasilianischen Auswanderungsplänen ist Preußen in den letzten Jahren vorzugsweise entgegengetreten, und wir finden dieß- falls nicht nur im Juli 1840 einen Schriftenwechsel des königlich preußischen Ministeriums des Auswärtigen mit dem brasilianischen Ge- sandten in Berlin, Visconde de Abrantes, die Umtriebe *** ) des bra- silianischen Generalconsuls Sturz betreffend, sondern auch mehrfache Verfügungen der Oberbehörden, als: des Oberpräsidiums der Provinz Westphalen vom 11. April 1847 und des Generalpostmeisters vom 28. April 1847, welche namentlich gegen die Speculationen des Hauses Delrue und Comp. gerichtet sind. Diesem Schutze seiner Unter- thanen gegen brasilianische Auswanderungsprojecte gegenüber, hat be- kanntlich Preußen die Auswanderung nach der Muskitoküste, der frü- heren bei ähnlichen Unternehmungen gemachten Erfahrungen ungeachtet, empfohlen und in das Leben gerufen, ein Unternehmen, dessen fast durchgängiges Scheitern in den Tagesblättern vielfach und mit gerechtem Tadel besprochen worden ist. Nicht ohne Jnteresse für uns ist schließ- lich ein Erlaß des Oberpräsidiums der Rheinprovinz vom 22. Januar 1847, welcher auf §. 4. des Gesetzes vom 31. October 1846 auf- merksam macht, wonach Gemeinden drei Jahre lang verpflichtet bleiben, Ausgewanderten, falls dieselben binnen dieser Zeit mittellos zurückkeh- ren, in den Communal = Verband wiederum aufzunehmen. Denn nach dieser gesetzlichen Bestimmung sind die Verhältnisse der preußischen Aus- wanderer nur bedingungsweise als aufgelöst anzusehen, was den Ver- einigten Staaten dafür Gewähr leistet, daß Zusendungen von Gemeindearmen auf Kosten der Gemeinde wenigstens von Preußen aus nicht leicht stattfinden werden.“ „ Gehen wir hiernächst auf Bayern über, so finden wir schon ein bestimmteres Streben der Regierungsbehörden, die Auswanderer nicht bloß zu schützen, sondern auch das Auswanderungswesen zu ord- nen, bethätigt durch mehrfache, im Sommer des Jahres 1846 zum Schutze der Auswanderer gegen Schwindeleien der Agenten erlassene Verordnungen. Diesen Verordnungen zufolge, können Auswanderungs- pässe † ) nur auf Grund von Ueberfahrtsverträgen, welche von dem am * ) Jeden Falls gegründet; über Gang und Erfolg der betr. Anordnung hat aber seitdem nichts wieder verlautet. ** ) Der Hr. Berichterstatter konnte freilich noch vor 3 Monaten nicht ahnen, daß die Unterlassungssünden des Bundestags so bald der Erstehung eines deutschen Parlaments den günstigsten Vorschub leisten würden. *** ) Wer den Biedersinn und die ehrenhafte Wirksamkeit des Hrn. v. Sturz näher kennt, muß ihn gegen diese Beschuldigung in Schutz nehmen. Wie oft hat dieser Mann sowohl privatim als auch öffentlich gegen die Auswanderung nach Brasilien geeifert, bevor nicht gesetzliche Garantien die nöthige sichere Grundlage gewähren! -- Hr. Referent verwechselt ihn mit ganz andern Lockvögeln. Daß v. Sturz sich sehr für dereinstige deut- sche Auswanderung nach Südbrasilien nach erlangter sicherer Grundlage lebhaft interessirt, wird ihm kein Billigdenkender zur Last legen. † ) Jetzt ist es umgekehrt; die Agenten dürfen nicht eher Contracte aus- fertigen, resp. aushändigen, als bis der gerichtliche Beweis geliefert ist, daß der Auswanderung der betr. Leute keinerlei Hinderniß mehr entgegenstehe. Ausw.=Zeitung a. c. Nr. 7., S. 109.

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Zitationshilfe: Allgemeine Auswanderungs-Zeitung. Nr. 24. Rudolstadt, 12. Juni 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_auswanderer24_1848/5>, abgerufen am 29.03.2024.