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Allgemeine Auswanderungs-Zeitung. Nr. 22. Rudolstadt, 29. Mai 1848.

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der erste Regen. Marschweite 10 M.

Am 28. ward gerastet und das Wetter klärte sich völlig auf.
Kurz nach Sonnenaufgang erschienen 2 Boten von Friedrichsburg,
welche bei den Wagen übernachtet hatten. Jch erhielt hier ver-
schiedene Briefe, darunter auch seit längerer Zeit die ersten Nach-
richten aus der Heimat.

Am 29. ward der Weg durch eine malerische hochliegende
Gegend fortgesetzt. 1 / 2 M. vom Lager floß auf felsigem Boden
ein breiter, klarer Bach. Links sah man eine hübsche Hügelreihe
das Thal einfassen. Das Holz war anfänglich schlecht, wurde
jedoch, sowie der Boden, bald erträglich. Wir passirten 3 kleine
Bäche, nachher einen Jndianerpfad, wahrscheinlich den nach Süd-
westen sich erstreckenden Pawnee - Trail, in fast rechtem Winkel.
An Yukkas und Staudencactus war hier kein Mangel. 4 M.
vom letzten Lager gelangten wir an einen Engpaß. Auf der
rechten Seite des sich hier durchschlängelnden Weges erhebt sich
ein steiler Spitzberg, wo ich zum ersten Male in Texas ein selt-
sames Gewächs, Bergceder oder = Cypresse, vorfand. Fast die
ganze Gesellschaft erklomm diesen Hügel, wo sich eine Aussicht
eröffnet, wie deren die ganze Welt nicht viele enthalten mag.
Jn nebelhaft verschwindender Ferne bilden die jenseits des San
Sabaflusses ansteigenden Hügel, mit immer höher anschwellenden
Terrassen, die äußerste mit der blauen texanischen Himmelsdecke
verschwimmende Grenze dieser wundervollen Fernsicht. Jn jeder
Richtung, rückwärts ausgenommen, glaubt das Auge über eine
Fläche von 100 Meilen wegstreifen zu können. Das Ganze ist
eine herrliche Mischung von Berg und Thal, Wiese und Wald,
Höhenzügen und Ebenen. Jn der Nähe belebten mehrere sehr
flüchtige Büffelheerden die Landschaft, die durch unseren sich
schlangenartig dahinziehenden Zug selbst den Reiz des Malerischen
erhielt. Wir stiegen von diesem Paß, den wir das "Thor des
Llano" nennen wollen, unbedeutend in die Hochebene des ge-
nannten Flusses hinab. 2 M. weiter kamen wir an eine schöne
Quelle, die sich in der Ebene verliert, mit ziemlich gutem Post-
eichenwald und gutem Boden in der Nähe. Der Pfad nimmt
hier eine sehr westliche Richtung und läuft unterhalb einer 500
Fuß hohen Bergkette, von hier ab wieder über Felsen dahin.
Einer der nächsten Berge enthält ein indianisches Denkmal, welches
viele Meilen weit gesehen werden kann. Dasselbe besteht aus
einer Pyramide von weißem Kalkstein, der bis zur Höhe von
7 Fuß zusammengetragen worden ist. Von weitem glaubt man
einen Menschen zu erblicken. Jch war sehr neugierig, das Mo-
nument in der Nähe zu beschauen, da der Merikaner Lorenzo
mir versicherte: " Es cosa muy hermosa " ( es ist ein sehr schönes
Ding ) . Jch erfuhr von ihm, es sei eine Landmarke, wodurch
die Jndianer einem jeden Fremden verbieten wollten, in ihr Land
weiter vorzudringen. Meine Erwartung fand sich jedoch wesent-
lich getäuscht. Auf den steinigen Steppen, welche wir heute durch-
zogen, fand ich eine große Menge immergrünen Gesträuchs, wo-
von die Merikaner die Blätter unter ihre Zigarriten mischten
und rauchten. Ein schöner Quell ward überschritten und eine
[Spaltenumbruch] ganz von Holz entblößte Gegend durchzogen, wo der schönste Eisen-
stein zu Tage lag. Trotzdem waren wir hier in Kalk = und Sand-
stein=Bildungen, die sich hier bis jenseits des Rio de los Llanos
ausdehnen. Wir passirten einen zweiten Felsenbach mit seichtem
Wasser, durchdrangen ein Labyrinth von Aloen, besonders Yukkas,
Cactus und grünem Strauchwerk und lagerten uns an einem sumpfi-
gen Bache, wo sich nur spärliches Feuerholz ( Lebenseiche ) vorfand.
Einige Leute waren vorangeritten und benachrichtigten uns, daß Hr.
v. M. und die Amerikaner ihr Lager 1 M. weiter in der Nähe
eines vor uns liegenden spärlichen Posteichenwaldes aufgeschlagen
hätten. Andere waren bis in die Nähe des Llano vorgedrungen
und hatten dort angebaute Felder und hölzerne Häuser eines
Jndianerstammes gefunden. Es erwies sich, daß dies die Wohn-
stätten der vereinigten Lipans und Mescaleros, eines Zwei-
ges der Apatschen, waren, welche um der Räuberei willen einen
Streifzug nach Mexiko unternommen und ein paar Wochen
zuvor uns in Friedrichsburg besucht und bedeutenden Tauschhandel
dort getrieben hatten. Der Director dieser Kolonie hatte ihnen
so lange zugesprochen, daß sie Comanches und als solche unsere
Freunde seien, bis sie, nach vielem Läugnen, endlich erklärten:
" esta bueno " ( es ist gut so ) und sich in ihr Schicksal mit Geduld
fügten. Sie erhielten zur Bekräftigung des Friedens für unge-
fähr 50 Dollars Geschenke und einen Paß, worin ihre Häupt-
linge als Coronel Washa und Comandante Mateo bezeichnet und
ihr Stamm der Freundschaft und Gastlichkeit der Weißen in den
älteren Kolonieen empfohlen wurde. Sie sollen ihre freundschaft-
lichen Gefühle seitdem durch Ermordung von zwei Mexikanern
und einem Amerikaner in der Gegend von San Antonio bereits
bethätigt haben, was ich jedoch nicht verbürgen kann; denn solche
Nachrichten werden hier häufig ausgestreuet, erweisen sich aber
meist als falsch oder ungenau. Marschweite des heutigen Tages
ungefähr 12 M.

Am 30. erreichten wir bald nach kalter Nacht und kühlem
Morgen das Lager des General Commissärs; dort verließen wir
den Jndianerpfad zur Stadt der Mescaleros, nachdem wir schon
einige Meilen zuvor im Gebirge den ursprünglichen Viego camino,
welcher nach dem alten Fort von San Saba führt, links hatten liegen
lassen, und bogen rechts in eins der nach dem Llano abbiegenden Seiten-
thäler ein, wo der Boden zwar allmählig von Steingerölle frei
und besser ward, Holzmangel aber vorherrschend bleibt; die Rich-
tung wich von Westen nach Norden ab. Es wurden 2 kleine
Bäche passirt, ehe wir in die reichen hochliegenden Thäler am
Llano gelangten. Hier ist zum Theil herrlicher Boden, meist
wenigstens culturfähig, und es würde der Anbau keine Schwierig-
keiten bieten, wenn in der Nähe nur hinreichendes Holz zum
Bauen vorhanden wäre. Leider ist dies nur selten der Fall, wäh-
rend an gutem Feuerholz, Muskit=, Pekan = und Baumwollenbaum
nirgends gänzlicher Mangel ist. Statt des Zaunes von Holz
wäre leicht durch Grabenziehen ein Grundstück eingefaßt. Jn der
Nähe des Flusses fanden sich verlassene Jndianerhütten von Reißig.
Marschweite 4 Meilen. Jm Ganzen von Friedrichsburg 41
Meilen.

[Spaltenumbruch] zu einem Zelte verwandt hatte. Dies war seit dem 17. Nov.
der erste Regen. Marschweite 10 M.

Am 28. ward gerastet und das Wetter klärte sich völlig auf.
Kurz nach Sonnenaufgang erschienen 2 Boten von Friedrichsburg,
welche bei den Wagen übernachtet hatten. Jch erhielt hier ver-
schiedene Briefe, darunter auch seit längerer Zeit die ersten Nach-
richten aus der Heimat.

Am 29. ward der Weg durch eine malerische hochliegende
Gegend fortgesetzt. 1 / 2 M. vom Lager floß auf felsigem Boden
ein breiter, klarer Bach. Links sah man eine hübsche Hügelreihe
das Thal einfassen. Das Holz war anfänglich schlecht, wurde
jedoch, sowie der Boden, bald erträglich. Wir passirten 3 kleine
Bäche, nachher einen Jndianerpfad, wahrscheinlich den nach Süd-
westen sich erstreckenden Pawnee - Trail, in fast rechtem Winkel.
An Yukkas und Staudencactus war hier kein Mangel. 4 M.
vom letzten Lager gelangten wir an einen Engpaß. Auf der
rechten Seite des sich hier durchschlängelnden Weges erhebt sich
ein steiler Spitzberg, wo ich zum ersten Male in Texas ein selt-
sames Gewächs, Bergceder oder = Cypresse, vorfand. Fast die
ganze Gesellschaft erklomm diesen Hügel, wo sich eine Aussicht
eröffnet, wie deren die ganze Welt nicht viele enthalten mag.
Jn nebelhaft verschwindender Ferne bilden die jenseits des San
Sabaflusses ansteigenden Hügel, mit immer höher anschwellenden
Terrassen, die äußerste mit der blauen texanischen Himmelsdecke
verschwimmende Grenze dieser wundervollen Fernsicht. Jn jeder
Richtung, rückwärts ausgenommen, glaubt das Auge über eine
Fläche von 100 Meilen wegstreifen zu können. Das Ganze ist
eine herrliche Mischung von Berg und Thal, Wiese und Wald,
Höhenzügen und Ebenen. Jn der Nähe belebten mehrere sehr
flüchtige Büffelheerden die Landschaft, die durch unseren sich
schlangenartig dahinziehenden Zug selbst den Reiz des Malerischen
erhielt. Wir stiegen von diesem Paß, den wir das „Thor des
Llano“ nennen wollen, unbedeutend in die Hochebene des ge-
nannten Flusses hinab. 2 M. weiter kamen wir an eine schöne
Quelle, die sich in der Ebene verliert, mit ziemlich gutem Post-
eichenwald und gutem Boden in der Nähe. Der Pfad nimmt
hier eine sehr westliche Richtung und läuft unterhalb einer 500
Fuß hohen Bergkette, von hier ab wieder über Felsen dahin.
Einer der nächsten Berge enthält ein indianisches Denkmal, welches
viele Meilen weit gesehen werden kann. Dasselbe besteht aus
einer Pyramide von weißem Kalkstein, der bis zur Höhe von
7 Fuß zusammengetragen worden ist. Von weitem glaubt man
einen Menschen zu erblicken. Jch war sehr neugierig, das Mo-
nument in der Nähe zu beschauen, da der Merikaner Lorenzo
mir versicherte: „ Es cosa muy hermosa “ ( es ist ein sehr schönes
Ding ) . Jch erfuhr von ihm, es sei eine Landmarke, wodurch
die Jndianer einem jeden Fremden verbieten wollten, in ihr Land
weiter vorzudringen. Meine Erwartung fand sich jedoch wesent-
lich getäuscht. Auf den steinigen Steppen, welche wir heute durch-
zogen, fand ich eine große Menge immergrünen Gesträuchs, wo-
von die Merikaner die Blätter unter ihre Zigarriten mischten
und rauchten. Ein schöner Quell ward überschritten und eine
[Spaltenumbruch] ganz von Holz entblößte Gegend durchzogen, wo der schönste Eisen-
stein zu Tage lag. Trotzdem waren wir hier in Kalk = und Sand-
stein=Bildungen, die sich hier bis jenseits des Rio de los Llanos
ausdehnen. Wir passirten einen zweiten Felsenbach mit seichtem
Wasser, durchdrangen ein Labyrinth von Aloen, besonders Yukkas,
Cactus und grünem Strauchwerk und lagerten uns an einem sumpfi-
gen Bache, wo sich nur spärliches Feuerholz ( Lebenseiche ) vorfand.
Einige Leute waren vorangeritten und benachrichtigten uns, daß Hr.
v. M. und die Amerikaner ihr Lager 1 M. weiter in der Nähe
eines vor uns liegenden spärlichen Posteichenwaldes aufgeschlagen
hätten. Andere waren bis in die Nähe des Llano vorgedrungen
und hatten dort angebaute Felder und hölzerne Häuser eines
Jndianerstammes gefunden. Es erwies sich, daß dies die Wohn-
stätten der vereinigten Lipans und Mescaleros, eines Zwei-
ges der Apatschen, waren, welche um der Räuberei willen einen
Streifzug nach Mexiko unternommen und ein paar Wochen
zuvor uns in Friedrichsburg besucht und bedeutenden Tauschhandel
dort getrieben hatten. Der Director dieser Kolonie hatte ihnen
so lange zugesprochen, daß sie Comanches und als solche unsere
Freunde seien, bis sie, nach vielem Läugnen, endlich erklärten:
está bueno “ ( es ist gut so ) und sich in ihr Schicksal mit Geduld
fügten. Sie erhielten zur Bekräftigung des Friedens für unge-
fähr 50 Dollars Geschenke und einen Paß, worin ihre Häupt-
linge als Coronel Washa und Comandante Mateo bezeichnet und
ihr Stamm der Freundschaft und Gastlichkeit der Weißen in den
älteren Kolonieen empfohlen wurde. Sie sollen ihre freundschaft-
lichen Gefühle seitdem durch Ermordung von zwei Mexikanern
und einem Amerikaner in der Gegend von San Antonio bereits
bethätigt haben, was ich jedoch nicht verbürgen kann; denn solche
Nachrichten werden hier häufig ausgestreuet, erweisen sich aber
meist als falsch oder ungenau. Marschweite des heutigen Tages
ungefähr 12 M.

Am 30. erreichten wir bald nach kalter Nacht und kühlem
Morgen das Lager des General Commissärs; dort verließen wir
den Jndianerpfad zur Stadt der Mescaleros, nachdem wir schon
einige Meilen zuvor im Gebirge den ursprünglichen Viego camino,
welcher nach dem alten Fort von San Saba führt, links hatten liegen
lassen, und bogen rechts in eins der nach dem Llano abbiegenden Seiten-
thäler ein, wo der Boden zwar allmählig von Steingerölle frei
und besser ward, Holzmangel aber vorherrschend bleibt; die Rich-
tung wich von Westen nach Norden ab. Es wurden 2 kleine
Bäche passirt, ehe wir in die reichen hochliegenden Thäler am
Llano gelangten. Hier ist zum Theil herrlicher Boden, meist
wenigstens culturfähig, und es würde der Anbau keine Schwierig-
keiten bieten, wenn in der Nähe nur hinreichendes Holz zum
Bauen vorhanden wäre. Leider ist dies nur selten der Fall, wäh-
rend an gutem Feuerholz, Muskit=, Pekan = und Baumwollenbaum
nirgends gänzlicher Mangel ist. Statt des Zaunes von Holz
wäre leicht durch Grabenziehen ein Grundstück eingefaßt. Jn der
Nähe des Flusses fanden sich verlassene Jndianerhütten von Reißig.
Marschweite 4 Meilen. Jm Ganzen von Friedrichsburg 41
Meilen.

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Meine Erwartung fand sich jedoch wesent- lich getäuscht. Auf den steinigen Steppen, welche wir heute durch- zogen, fand ich eine große Menge immergrünen Gesträuchs, wo- von die Merikaner die Blätter unter ihre Zigarriten mischten und rauchten. Ein schöner Quell ward überschritten und eine ganz von Holz entblößte Gegend durchzogen, wo der schönste Eisen- stein zu Tage lag. Trotzdem waren wir hier in Kalk = und Sand- stein=Bildungen, die sich hier bis jenseits des Rio de los Llanos ausdehnen. Wir passirten einen zweiten Felsenbach mit seichtem Wasser, durchdrangen ein Labyrinth von Aloen, besonders Yukkas, Cactus und grünem Strauchwerk und lagerten uns an einem sumpfi- gen Bache, wo sich nur spärliches Feuerholz ( Lebenseiche ) vorfand. Einige Leute waren vorangeritten und benachrichtigten uns, daß Hr. v. M. und die Amerikaner ihr Lager 1 M. weiter in der Nähe eines vor uns liegenden spärlichen Posteichenwaldes aufgeschlagen hätten. 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Hier ist zum Theil herrlicher Boden, meist wenigstens culturfähig, und es würde der Anbau keine Schwierig- keiten bieten, wenn in der Nähe nur hinreichendes Holz zum Bauen vorhanden wäre. Leider ist dies nur selten der Fall, wäh- rend an gutem Feuerholz, Muskit=, Pekan = und Baumwollenbaum nirgends gänzlicher Mangel ist. Statt des Zaunes von Holz wäre leicht durch Grabenziehen ein Grundstück eingefaßt. Jn der Nähe des Flusses fanden sich verlassene Jndianerhütten von Reißig. Marschweite 4 Meilen. Jm Ganzen von Friedrichsburg 41 Meilen.

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Zitationshilfe: Allgemeine Auswanderungs-Zeitung. Nr. 22. Rudolstadt, 29. Mai 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_auswanderer22_1848/3>, abgerufen am 24.04.2024.