Allgemeine Zeitung. Nr. 71. Augsburg (Bayern), 12. März 1871.[Spaltenumbruch]
zu verstehen sei. Wie nun verlautet, hat die hiesige Regierung so eben in Spanien. = Madrid, 5 März. Der Bund zwischen Carlisten und Repu- Jtalien. sym7 Florenz, 8 März. Die Gefahr eines neuen punischen Kriegs Verschiedenes. : München, 10 März. Der hiesige Frauenverein hatte bis zum Bonn, 9 März. Die "Bonner Ztg." veröffentlicht folgendes Schrei- [Spaltenumbruch]
zu verstehen sei. Wie nun verlautet, hat die hiesige Regierung so eben in Spanien. ⇄ Madrid, 5 März. Der Bund zwischen Carlisten und Repu- Jtalien. sym7 Florenz, 8 März. Die Gefahr eines neuen punischen Kriegs Verschiedenes. : München, 10 März. Der hiesige Frauenverein hatte bis zum Bonn, 9 März. Die „Bonner Ztg.“ veröffentlicht folgendes Schrei- <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews"> <div type="jPoliticalNews"> <p><pb facs="#f0006" n="1202"/><cb/> zu verstehen sei. Wie nun verlautet, hat die hiesige Regierung so eben in<lb/> Berlin beantragt: die betreffenden Fragen nicht auf der Londoner Conferenz,<lb/> sondern in der nächstens in Brüssel zu eröffnenden Versammlung der im §. 4 der<lb/> Friedenspräliminarien bezeichneten Commission zu erledigen, und die preu-<lb/> ßische Regierung habe sich damit einverstanden erklärt. Jn dieser Fassung<lb/> ist die Nachricht wohl nur <hi rendition="#aq">cum grano salis</hi> aufzunehmen. Der diesseitige<lb/> Gesandte in Berlin hat zwar die in Rede stehende Angelegenheit bei Hrn.<lb/> Delbrück angeregt, doch ist darum die Behandlung derselben in der Brüsse-<lb/> ler Versammlung keineswegs gesichert. Wenn es aber auch der Fall<lb/> sein sollte, wird höchstens das Princip der Unverletzlichkeit des Pri-<lb/> vateigenthums in Kriegszeiten in den zu vereinbarenden endgültigen Frie-<lb/> densvertrag aufgenommen werden, ähnlich wie 1856 auf dem Pariser Con-<lb/> greß es hinsichtlich des Princips geschah daß die Flagge die Ladung deckt.<lb/> Sämmtliche Mächte sollen alsdann später zum Beitritt eingeladen werden.<lb/> Hr. Delbrück glaubt in Betreff der Frage des Privateigenthums keinem<lb/> wesentlichen Widerstand von Seiten der Großmächte zu begegnen, Eng-<lb/> land etwa ausgenommen; doch ist zu erwarten daß sich die brittische Re-<lb/> gierung durch das Beispiel Amerika's, welches sich bekanntlich schon früher<lb/> zu Gunsten des betreffenden Princips aussprach, ebenfalls zum Beitritt<lb/> bewegen läßt. Was speciell Preußen betrifft, so hob Hr. Delbrück hervor<lb/> daß das Berliner Cabinet bereits im Anfange des deutsch=französischen<lb/> Kriegs mit dem Antrage hervortrat: das Princip der Unverletzlichkeit des<lb/> Privateigenthums möchte von beiden kriegführenden Parteien in Anwen-<lb/> dung gebracht werden, doch wurde dieser Vorschlag von Seiten Frankreichs<lb/> zurückgewiesen. Weit schwieriger aber wird es nach Ansicht des Hrn. Del-<lb/> brück sein ein Einverständniß hinsichtlich der Kriegscontrebande zu erzielen,<lb/> indem die Meinungen über die Gränze derselben zu weit auseinander-<lb/> gehen. -- Bezüglich des Plans der diesseitigen Regierung, die niederlän-<lb/> dischen auf der Küste von Guinea belegenen Colonien an England zu über-<lb/> lassen, erfahre ich daß ein dahin zielender Staatsvertrag vor einigen Tagen<lb/> von beiden Mächten unterzeichnet wurde. Die Colonien welche Holland<lb/> auf der Küste von Guinea besitzt, haben eine Gesammtoberfläche von 500,3<lb/> geographischen Quadratmeilen mit einer Bevölkerung von 110,000 Seelen.</p> </div><lb/> <div type="jPoliticalNews"> <head> <hi rendition="#b #c">Spanien.</hi> </head><lb/> <p>⇄ <hi rendition="#b">Madrid</hi>, 5 März. Der Bund zwischen Carlisten und Repu-<lb/> blicanern für die in dieser Woche stattfindenden Corteswahlen ist von den<lb/> Ausschüssen der größeren Städte, namentlich Madrid, besiegelt worden.<lb/> Nur an einzelnen Orten können sich die vieljährigen Feinde, welche sich<lb/> so oft nicht bloß mit dem Wahlzettel, sondern mit dem Gewehr oder Messer<lb/> gegenüber gestanden, nicht entschließen jetzt auf einmal Arm in Arm zu<lb/> gehen. Ungeheuerlich genug ist auch dieser Bund zwischen Atheisten, die<lb/> von der Kirche excommunicirt worden, und Neokatholiken, zwischen den<lb/> Anhängern der Religionsfreiheit und denjenigen der Glaubenseinheit,<lb/> zwischen den Vertheidigern des göttlichen Rechts und denjenigen des all-<lb/> gemeinen Stimmrechts. Die Republicaner schöpfen aufs neue die Hoffnung:<lb/> in Frankreich werde sich die Republik erhalten, und ihnen, wenn sie auch<lb/> nicht unmittelbare Propaganda mache, einen gewissen moralischen Beistand<lb/> leihen. Gegen die Carlisten, welche sich an der französischen Gränze rühren,<lb/> ist die Regierung, mit gutem Grunde, wohl auf der Hut. Ol<hi rendition="#aq">ó</hi>zaga scheint<lb/> neuerdings bei Thiers durchgesetzt zu haben daß die carlistischen Verschwörer<lb/> welche sich längs der Pyrenäen herumtreiben internirt werden. Diese<lb/> würden ihre Sache schon für halb gewonnen halten wenn sie sich durch<lb/> einen kecken Handstreich nur eines festen Punktes im Norden bemächtigen<lb/> könnten der sich ein paar Monate halten ließe. Es ist unläugbar daß es<lb/> sogar in der Hauptstadt, wo bisher die Republicaner geringeren Halt als<lb/> in den andern großen Städten des Landes fanden, und wo die Carlisten<lb/> vollends sich kaum öffentlich zeigen können, den vereinten Bemühungen der<lb/> beiden gelungen ist eine für die königliche Regierung sehr unangenehme<lb/> Atmosphäre zu schaffen. Hierin werden sie freilich auch getreu von den<lb/> Moderados unterstützt. Namentlich die adelige Frauenwelt thut sich<lb/> durch Kundgebungen gegen Amadeo und für die alte Dynastie hervor;<lb/> die bourbonische Lilie wird, wo es nur möglich ist, in den Empfangssälen<lb/> als Zierrath angebracht, und die Generale welche ins Gefängniß wandern<lb/> müssen, weil sie sich weigern dem neuen König zu huldigen, sind der Gegen-<lb/> stand der ausgezeichnetsten Ehrenbezeugungen. Jm Volke selber herrscht<lb/> begreiflicherweise wenig Theilnahme für das Loos der bourbonischen Ge-<lb/> nerale; aber es macht denn doch Eindruck wenn ein General Cheste den Helden<lb/> der September=Revolution, Serrano, in den öffentlichen Blättern zur ge-<lb/> wissenhafteren Handhabung der Menschenrechte auffordert. Und jedermann<lb/> der nicht unbedingt zur Regierung gehört, findet die Undankbarkeit derjenigen<lb/> etwas stark die sich vom Herzog von Montpensier die Mittel zu ihrer<lb/> Revolution geben ließen, um sich seiner sodann in so summarischer Weise<lb/> zu entledigen. Es ist anzunehmen daß die Regierung, als sie die allge-<lb/> meine Aufregung wahrnahm, gern ihre Schritte zurückgethan hätte;<lb/> aber der König konnte nicht wohl ein Decret wieder aufheben unter wel-<lb/><cb/> ches er bereits seinen Namen gesetzt hatte. Man spricht immer wieder<lb/> davon daß er das Leben und Treiben in Madrid genug habe, und sich nach<lb/> Hause sehne; daß er fortgehe, wenn die Regierung nicht bei den Wahlen<lb/> entschieden siege, gilt so ziemlich für ausgemacht. Die Mächte würden<lb/> ihn aber wohl in ähnlicher Weise wie den Fürsten Karl in Bukarest zu<lb/> halten suchen. Fallen die Wahlen günstig aus, so wird die Königin ohne<lb/> Verzug genesen und hierher kommen. Das Junggesellen=Leben des Königs<lb/> in den weiten Räumen des Palacio Real macht einen ungemein trübseligen<lb/> Eindruck, und es ist zu erwarten daß mancher Residenzler sich zu bessern<lb/> Gesinnungen bekehren werde wenn einmal Bälle und Empfangsabende<lb/> bei Hof stattfinden können. -- Der deutsche Gesandte v. Canitz hat dem<lb/> König Amadeo die Schreiben durch welche er als außerordentlicher Ge-<lb/> sandter des deutschen Reichs beim Madrider Hof beglaubigt wird in<lb/> feierlicher Audienz überreicht. Der König drückte die Hoffnung aus daß<lb/> die Freundschaft zwischen Spanien und dem großen deutschen Volk immer<lb/> wachsen werde.</p> </div><lb/> <div type="jPoliticalNews"> <head> <hi rendition="#b #c">Jtalien.</hi> </head><lb/> <p><abbr>sym7</abbr><hi rendition="#b">Florenz</hi>, 8 März. Die Gefahr eines neuen punischen Kriegs<lb/> zwischen dem König von Jtalien und dem Bey von Tunis ist für dießmal<lb/> glücklich abgewandt. Der Minister Visconti = Venosta und der tunisische<lb/> General Hussein haben einen Vertrag unterzeichnet, worin den beschädig-<lb/> ten italienischen landwirthschaftlichen Unternehmungen eine aus der tunisi-<lb/> schen Staatscasse zu zahlende Entschädigung zugesichert wird. -- Die Kam-<lb/> mer ist mit der Berathung des Gesetzentwurfs über die mit Oesterreich ab-<lb/> geschlossenen finanziellen Conventionen noch nicht fertig geworden. Zwar<lb/> die Genehmigung der Conventionen unterliegt keinem Zweifel; es fragt<lb/> sich nur ob in den die Genehmigung aussprechenden Gesetzentwurf ein Zu-<lb/> satzartikel aufgenommen werden soll welcher die Forderungen und Rechte<lb/> der durch die Kriege von 1814, 1815, 1848, 1849, 1859 und 1866 beschä-<lb/> digten Lombarden und Venetianer wahrt. Die Sache ist schon mehrfach<lb/> im italienischen Parlament zur Sprache gekommen, und die italienische<lb/> Regierung hat es nicht an dem wiederholten Versprechen fehlen lassen daß<lb/> den Gemeinden und Jndividuen welche in den gegen Oesterreich geführten<lb/> Kriegen Schaden gelitten haben, derselbe von Staatswegen ersetzt werden<lb/> solle. Allein die Versprechungen sind nicht gehalten worden, und auch<lb/> jetzt wieder erkennt zwar der Finanzminister einen Theil der erhobenen<lb/> Ansprüche im allgemeinen als berechtigt an, will aber von einer Wahrung<lb/> dieser Rechte in Form eines Gesetzartikels nichts wissen. -- Es ist bezeich-<lb/> nend daß in dem gegenwärtigen Augenblick, da das Parlament sich mit<lb/> den Garantien für die Sicherheit des Papstes und der Kirche beschäftigt,<lb/> die öffentliche Meinung ein bei weitem regeres Jnteresse nimmt an den<lb/> Garantien welche die Sicherheit Jtaliens in einem starken und wohlbe-<lb/> waffneten Heer und in tüchtigen Festungen finden würde. Alle Welt<lb/> scheint zu fühlen daß die militärische Macht Jtaliens für die weitere Ent-<lb/> wicklung der römischen Angelegenheit von größerm Belang ist als ein Ge-<lb/> setz an welches die Gesetzgeber selbst nicht glauben. Der Senat wird sich<lb/> demnächst mit dem von dem Kriegsminister vorgelegten Entwurf über die<lb/> Reorganisation der Armee beschäftigen. Gemäß diesem Entwurf würde<lb/> die Dienstzeit von elf auf acht Jahre herabgesetzt, von welchen im Frieden<lb/> drei Jahre effectiv unter den Fahnen zu verbringen wären; das jährliche<lb/> Contingent betrüge 55 -- 60,000 Mann ( gegenwärtig beträgt es nur 40<lb/> bis 45,000 ) . Der Ausschuß für die Landesvertheidigung, ein in Turin<lb/> residirender, aus hohen Officieren zusammengesetzter Körper, hat einen<lb/> Plan für ein vollständiges die ganze Halbinsel umfassendes System von Fe-<lb/> stungswerken ausgearbeitet. Die Ausführung des ganzen Systems würde<lb/> eine Gesammtausgabe erfordern welche weit über die gegenwärtigen Kräfte<lb/> der Staatsfinanzen geht; sie ist auf 350 Millionen veranschlagt. Die<lb/> Regierung will sich aber für jetzt begnügen mit einer auf 3 bis 4 Jahre<lb/> zu vertheilenden Summe von 150 Millionen, für welche sie die als am<lb/> dringlichsten erkannten Werke auszuführen gedenkt. Diese Werke sind:<lb/> die Befestigung der Alpenübergänge, die Ausdehnung der Befestigungen<lb/> von Alessandria, die Befestigung der Häfen von La Spezia und Civita-<lb/> vecchia, endlich die Befestigung von Rom, für welch letztere allein 40 bis<lb/> 50 Millionen verwendet werden sollen. Gegen die Befestigung von Rom<lb/> erheben sich indeß zahlreiche Stimmen.</p> </div><lb/> <div type="jPoliticalNews"> <head> <hi rendition="#b #c">Verschiedenes.</hi> </head><lb/> <p>: <hi rendition="#b">München</hi>, 10 März. Der hiesige <hi rendition="#g">Frauenverein</hi> hatte bis zum<lb/> Schlusse vorigen Monats eine Einnahme von 108,414 fl.; die Ausgaben be-<lb/> liefen sich auf 105,969 fl. Die großartigen Leistungen dieses Vereins erhellen<lb/> wenn wir beispielsweise anführen daß von Ende Juli bis letzten December<lb/> vorigen Jahrs allein 20,892 Hemden und 16,521 Beinkleider in dem Vereine<lb/> gefertigt und abgeliefert wurden.</p><lb/> <p><hi rendition="#b">Bonn</hi>, 9 März. Die „Bonner Ztg.“ veröffentlicht folgendes <hi rendition="#g">Schrei-<lb/> ben Sr. Maj. des Deutschen Kaisers</hi> an den Legationsrath v. <hi rendition="#g">Reu-<lb/> mont </hi> in Bonn: „ <hi rendition="#g">Ferri<hi rendition="#aq">è</hi>res,</hi> 8 März. Erst jetzt, nachdem der Friede<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1202/0006]
zu verstehen sei. Wie nun verlautet, hat die hiesige Regierung so eben in
Berlin beantragt: die betreffenden Fragen nicht auf der Londoner Conferenz,
sondern in der nächstens in Brüssel zu eröffnenden Versammlung der im §. 4 der
Friedenspräliminarien bezeichneten Commission zu erledigen, und die preu-
ßische Regierung habe sich damit einverstanden erklärt. Jn dieser Fassung
ist die Nachricht wohl nur cum grano salis aufzunehmen. Der diesseitige
Gesandte in Berlin hat zwar die in Rede stehende Angelegenheit bei Hrn.
Delbrück angeregt, doch ist darum die Behandlung derselben in der Brüsse-
ler Versammlung keineswegs gesichert. Wenn es aber auch der Fall
sein sollte, wird höchstens das Princip der Unverletzlichkeit des Pri-
vateigenthums in Kriegszeiten in den zu vereinbarenden endgültigen Frie-
densvertrag aufgenommen werden, ähnlich wie 1856 auf dem Pariser Con-
greß es hinsichtlich des Princips geschah daß die Flagge die Ladung deckt.
Sämmtliche Mächte sollen alsdann später zum Beitritt eingeladen werden.
Hr. Delbrück glaubt in Betreff der Frage des Privateigenthums keinem
wesentlichen Widerstand von Seiten der Großmächte zu begegnen, Eng-
land etwa ausgenommen; doch ist zu erwarten daß sich die brittische Re-
gierung durch das Beispiel Amerika's, welches sich bekanntlich schon früher
zu Gunsten des betreffenden Princips aussprach, ebenfalls zum Beitritt
bewegen läßt. Was speciell Preußen betrifft, so hob Hr. Delbrück hervor
daß das Berliner Cabinet bereits im Anfange des deutsch=französischen
Kriegs mit dem Antrage hervortrat: das Princip der Unverletzlichkeit des
Privateigenthums möchte von beiden kriegführenden Parteien in Anwen-
dung gebracht werden, doch wurde dieser Vorschlag von Seiten Frankreichs
zurückgewiesen. Weit schwieriger aber wird es nach Ansicht des Hrn. Del-
brück sein ein Einverständniß hinsichtlich der Kriegscontrebande zu erzielen,
indem die Meinungen über die Gränze derselben zu weit auseinander-
gehen. -- Bezüglich des Plans der diesseitigen Regierung, die niederlän-
dischen auf der Küste von Guinea belegenen Colonien an England zu über-
lassen, erfahre ich daß ein dahin zielender Staatsvertrag vor einigen Tagen
von beiden Mächten unterzeichnet wurde. Die Colonien welche Holland
auf der Küste von Guinea besitzt, haben eine Gesammtoberfläche von 500,3
geographischen Quadratmeilen mit einer Bevölkerung von 110,000 Seelen.
Spanien.
⇄ Madrid, 5 März. Der Bund zwischen Carlisten und Repu-
blicanern für die in dieser Woche stattfindenden Corteswahlen ist von den
Ausschüssen der größeren Städte, namentlich Madrid, besiegelt worden.
Nur an einzelnen Orten können sich die vieljährigen Feinde, welche sich
so oft nicht bloß mit dem Wahlzettel, sondern mit dem Gewehr oder Messer
gegenüber gestanden, nicht entschließen jetzt auf einmal Arm in Arm zu
gehen. Ungeheuerlich genug ist auch dieser Bund zwischen Atheisten, die
von der Kirche excommunicirt worden, und Neokatholiken, zwischen den
Anhängern der Religionsfreiheit und denjenigen der Glaubenseinheit,
zwischen den Vertheidigern des göttlichen Rechts und denjenigen des all-
gemeinen Stimmrechts. Die Republicaner schöpfen aufs neue die Hoffnung:
in Frankreich werde sich die Republik erhalten, und ihnen, wenn sie auch
nicht unmittelbare Propaganda mache, einen gewissen moralischen Beistand
leihen. Gegen die Carlisten, welche sich an der französischen Gränze rühren,
ist die Regierung, mit gutem Grunde, wohl auf der Hut. Olózaga scheint
neuerdings bei Thiers durchgesetzt zu haben daß die carlistischen Verschwörer
welche sich längs der Pyrenäen herumtreiben internirt werden. Diese
würden ihre Sache schon für halb gewonnen halten wenn sie sich durch
einen kecken Handstreich nur eines festen Punktes im Norden bemächtigen
könnten der sich ein paar Monate halten ließe. Es ist unläugbar daß es
sogar in der Hauptstadt, wo bisher die Republicaner geringeren Halt als
in den andern großen Städten des Landes fanden, und wo die Carlisten
vollends sich kaum öffentlich zeigen können, den vereinten Bemühungen der
beiden gelungen ist eine für die königliche Regierung sehr unangenehme
Atmosphäre zu schaffen. Hierin werden sie freilich auch getreu von den
Moderados unterstützt. Namentlich die adelige Frauenwelt thut sich
durch Kundgebungen gegen Amadeo und für die alte Dynastie hervor;
die bourbonische Lilie wird, wo es nur möglich ist, in den Empfangssälen
als Zierrath angebracht, und die Generale welche ins Gefängniß wandern
müssen, weil sie sich weigern dem neuen König zu huldigen, sind der Gegen-
stand der ausgezeichnetsten Ehrenbezeugungen. Jm Volke selber herrscht
begreiflicherweise wenig Theilnahme für das Loos der bourbonischen Ge-
nerale; aber es macht denn doch Eindruck wenn ein General Cheste den Helden
der September=Revolution, Serrano, in den öffentlichen Blättern zur ge-
wissenhafteren Handhabung der Menschenrechte auffordert. Und jedermann
der nicht unbedingt zur Regierung gehört, findet die Undankbarkeit derjenigen
etwas stark die sich vom Herzog von Montpensier die Mittel zu ihrer
Revolution geben ließen, um sich seiner sodann in so summarischer Weise
zu entledigen. Es ist anzunehmen daß die Regierung, als sie die allge-
meine Aufregung wahrnahm, gern ihre Schritte zurückgethan hätte;
aber der König konnte nicht wohl ein Decret wieder aufheben unter wel-
ches er bereits seinen Namen gesetzt hatte. Man spricht immer wieder
davon daß er das Leben und Treiben in Madrid genug habe, und sich nach
Hause sehne; daß er fortgehe, wenn die Regierung nicht bei den Wahlen
entschieden siege, gilt so ziemlich für ausgemacht. Die Mächte würden
ihn aber wohl in ähnlicher Weise wie den Fürsten Karl in Bukarest zu
halten suchen. Fallen die Wahlen günstig aus, so wird die Königin ohne
Verzug genesen und hierher kommen. Das Junggesellen=Leben des Königs
in den weiten Räumen des Palacio Real macht einen ungemein trübseligen
Eindruck, und es ist zu erwarten daß mancher Residenzler sich zu bessern
Gesinnungen bekehren werde wenn einmal Bälle und Empfangsabende
bei Hof stattfinden können. -- Der deutsche Gesandte v. Canitz hat dem
König Amadeo die Schreiben durch welche er als außerordentlicher Ge-
sandter des deutschen Reichs beim Madrider Hof beglaubigt wird in
feierlicher Audienz überreicht. Der König drückte die Hoffnung aus daß
die Freundschaft zwischen Spanien und dem großen deutschen Volk immer
wachsen werde.
Jtalien.
sym7 Florenz, 8 März. Die Gefahr eines neuen punischen Kriegs
zwischen dem König von Jtalien und dem Bey von Tunis ist für dießmal
glücklich abgewandt. Der Minister Visconti = Venosta und der tunisische
General Hussein haben einen Vertrag unterzeichnet, worin den beschädig-
ten italienischen landwirthschaftlichen Unternehmungen eine aus der tunisi-
schen Staatscasse zu zahlende Entschädigung zugesichert wird. -- Die Kam-
mer ist mit der Berathung des Gesetzentwurfs über die mit Oesterreich ab-
geschlossenen finanziellen Conventionen noch nicht fertig geworden. Zwar
die Genehmigung der Conventionen unterliegt keinem Zweifel; es fragt
sich nur ob in den die Genehmigung aussprechenden Gesetzentwurf ein Zu-
satzartikel aufgenommen werden soll welcher die Forderungen und Rechte
der durch die Kriege von 1814, 1815, 1848, 1849, 1859 und 1866 beschä-
digten Lombarden und Venetianer wahrt. Die Sache ist schon mehrfach
im italienischen Parlament zur Sprache gekommen, und die italienische
Regierung hat es nicht an dem wiederholten Versprechen fehlen lassen daß
den Gemeinden und Jndividuen welche in den gegen Oesterreich geführten
Kriegen Schaden gelitten haben, derselbe von Staatswegen ersetzt werden
solle. Allein die Versprechungen sind nicht gehalten worden, und auch
jetzt wieder erkennt zwar der Finanzminister einen Theil der erhobenen
Ansprüche im allgemeinen als berechtigt an, will aber von einer Wahrung
dieser Rechte in Form eines Gesetzartikels nichts wissen. -- Es ist bezeich-
nend daß in dem gegenwärtigen Augenblick, da das Parlament sich mit
den Garantien für die Sicherheit des Papstes und der Kirche beschäftigt,
die öffentliche Meinung ein bei weitem regeres Jnteresse nimmt an den
Garantien welche die Sicherheit Jtaliens in einem starken und wohlbe-
waffneten Heer und in tüchtigen Festungen finden würde. Alle Welt
scheint zu fühlen daß die militärische Macht Jtaliens für die weitere Ent-
wicklung der römischen Angelegenheit von größerm Belang ist als ein Ge-
setz an welches die Gesetzgeber selbst nicht glauben. Der Senat wird sich
demnächst mit dem von dem Kriegsminister vorgelegten Entwurf über die
Reorganisation der Armee beschäftigen. Gemäß diesem Entwurf würde
die Dienstzeit von elf auf acht Jahre herabgesetzt, von welchen im Frieden
drei Jahre effectiv unter den Fahnen zu verbringen wären; das jährliche
Contingent betrüge 55 -- 60,000 Mann ( gegenwärtig beträgt es nur 40
bis 45,000 ) . Der Ausschuß für die Landesvertheidigung, ein in Turin
residirender, aus hohen Officieren zusammengesetzter Körper, hat einen
Plan für ein vollständiges die ganze Halbinsel umfassendes System von Fe-
stungswerken ausgearbeitet. Die Ausführung des ganzen Systems würde
eine Gesammtausgabe erfordern welche weit über die gegenwärtigen Kräfte
der Staatsfinanzen geht; sie ist auf 350 Millionen veranschlagt. Die
Regierung will sich aber für jetzt begnügen mit einer auf 3 bis 4 Jahre
zu vertheilenden Summe von 150 Millionen, für welche sie die als am
dringlichsten erkannten Werke auszuführen gedenkt. Diese Werke sind:
die Befestigung der Alpenübergänge, die Ausdehnung der Befestigungen
von Alessandria, die Befestigung der Häfen von La Spezia und Civita-
vecchia, endlich die Befestigung von Rom, für welch letztere allein 40 bis
50 Millionen verwendet werden sollen. Gegen die Befestigung von Rom
erheben sich indeß zahlreiche Stimmen.
Verschiedenes.
: München, 10 März. Der hiesige Frauenverein hatte bis zum
Schlusse vorigen Monats eine Einnahme von 108,414 fl.; die Ausgaben be-
liefen sich auf 105,969 fl. Die großartigen Leistungen dieses Vereins erhellen
wenn wir beispielsweise anführen daß von Ende Juli bis letzten December
vorigen Jahrs allein 20,892 Hemden und 16,521 Beinkleider in dem Vereine
gefertigt und abgeliefert wurden.
Bonn, 9 März. Die „Bonner Ztg.“ veröffentlicht folgendes Schrei-
ben Sr. Maj. des Deutschen Kaisers an den Legationsrath v. Reu-
mont in Bonn: „ Ferrières, 8 März. Erst jetzt, nachdem der Friede
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