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Der Arbeitgeber. Nr. 1036. Frankfurt a. M., 10. März 1877.

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Beilage zu No. 1036 des Arbeitgeber.


[Beginn Spaltensatz]

* Das Polytechnikum Karlsruhe hat die Befugniß erhalten,
auf Grund vorzunehmender Prüfungen Diplome auszustellen,
welche den Jnhaber als in den Naturwissenschaften ausgebildet
empfehlen. Zur Prüfung kann Jeder zugelassen werden, der ein
dreijähriges Studium der Naturwissenschaften nachzuweisen vermag.
Die Gebühr für die Prüfung beträgt M. 86.

*Das Polytechnische Jnstitut in Berlin soll eine
Erweiterung erfahren. Jm Auftrage des Handelsministers hat
der Direktor der Bauakademie, Professor Lucae, einen umfassenden
Plan nebst Kostenanschlag ausgearbeitet, welcher jetzt dem Finanz-
minister vorliegt; der Bau soll so ausgeführt werden, daß er auf
viele Jahrzehnte hin keiner Erweiterung bedarf.

* Stiftungen. Jn Paris ist man daran, ein neues Gym-
nasium zu errichten, für das ein edler Bürger i. J. 1868
2,000,000 Fr. hinterließ.

* Ausstellungsbericht. Von dem von der österreichischen
Commission für die Weltausstellung in Phiadelphia 1876
herausgegebenen Berichte ist soeben das zweite Heft erschienen.
Dasselbe enthält die Mittheilungen über die "Kurzwaaren=Jndustrie"
von Eduard Kanitz und über die "Hüte aus Filz und Seide" von
Karl Hückel, mit höchst interessanten und wichtigen Angaben über
die verschiedenen Zweige dieser Jndustrien, sowie viele statist. Zahlen.

*Ständige Gewerb=Ausstellung in Berlin. Der
Verein Berliner Jndustrieller trägt sich mit der Jdee, eine
permanente Ausstellung daselbst zu veranstalten, um dadurch dem
Kleingewerbe Gelegenheit zu geben, sich zu vervollkommnen und die
darniederliegende Jndustrie zu heben.

* Frauen=Arbeit. Der "Frauen=Anwalt" bringt einen inte-
ressanten Bericht über die Verwendung von Mädchen als Setze-
rinnen. Eine Buchdruckerin soll es schon i. J. 1686 in Boston
gegeben haben, d. h. Buchdruckerei=Besitzerin, die selbst dirigirte,
was wohl nichts besonders Merkwürdiges und bei uns sehr häufig
ist. Von einer Schwägerin Franklin's wird zuerst gemeldet, daß
ihre beiden Töchter in der Druckerei mitgeholfen hätten. Jetzt sollen
Setzerinnen sehr häufig, in Chicago u. A. deren allein mehrere
100 sein. Jn England wurde i. J. 1859 der erste Versuch
von dem Londoner Verein zur Förderung der Erwerbsthätigkeit der
Frauen angestellt, und jetzt sind Setzerinnen in mehreren großen
Druckereien beschäftigt. Nach der Zählung vom Jahre 1871 gab
es in England 741 Schriftsetzerinnen. Jetzt hat sich eine beson-
dere Gesellschaft gebildet um Mädchen auszubilden und in besonde-
ren Frauendruckereien zu beschäftigen. Jn Folge eines Ausstandes
machte der Druckerei=Besitzer Turnbell einen Versuch mit Setzerin-
nen, der so gut gelang, daß viele Druckereien ihm folgten und
jetzt ziemlich viel Mädchen in diesem Fache arbeiten. -- Jn
Frankreich hat sich die weibliche Setzarbeit ebenfalls schon die
Bahn gebrochen. Der berühmte Verlag von Firmin Didot
in Paris beschäftigt allein 250 Mädchen, und seine griechischen
Klassiker werden ausschließlich von weiblicher Hand gesetzt. -- Jn
Puteaux bei Paris besteht eine Lehranstalt für Setzerinnen und
Aehnliches findet man in andern Städten. -- Jn Schweden soll
gar 1 / 5 aller Setzer weiblichen Geschlechtes sein. Ebenso gibt es
deren in Holland und Dänemark. -- Jn Prag und Wien gibt
es mehrere Druckereien, in denen weibliche Setzerinnen thätig sind.
Der erste Versuch im deutschen Reiche wurde, ebenfalls in Folge
eines Ausstandes 1865 von Payne in Leipzig gemacht, welcher
einen Saal für Setzerinnen einrichtete und fortdauernd beibehalten hat.
Die Setzerinnenschule und Frauendruckerei des Lette=Vereines
sind bekannt; letztere gedeiht vorzüglich und beschäftigt jetzt 30
Setzerinnen. Einige der daselbst ausgebildeten Frauen haben schon
in andern Buchdruckereien Beschäftigung gefunden, einige sind nach
auswärts in kleinere Buchdruckereien berufen, eine ist nach Breslau
und eine nach Zürich gegangen, wo man nach dem Vorbilde der
Berliner Setzerinnenschule ähnliche Jnstitute eingerichtet hat. Man
darf wohl annehmen, daß dieser Zweig gewerblicher Berufsthätigkeit
jetzt den Frauen erobert ist und von ihnen behauptet werden wird.

-- Jn Cambridge soll der Zudrang junger Damen in
diesem Semester so groß gewesen sein, daß Girdon=College und
Newham=Hall sie nicht aufnehmen konnten und viele sich eine an-
dere Wohnung haben suchen müssen.

[Spaltenumbruch]

Jn Frankreich bilden sich nun auch Vereine für Frauen-
Arbeit.

-- Der Brünner Frauen=Erwerbs=Verein zählt
9 Ehrenmitglieder, 51 Gründer und 170 ( 133 Damen, 37 Herrn )
Vereinsmitglieder; es nahmen 170 Schülerinnen an den verschiedenen
Kursen Theil.

-- Jn Pest hat sich ein Frauenbildungs=Verein unter
dem Präsidium von Frau Veres gebildet; dieselbe forderte in einem
Vortrage über die Jndustrie=Verhältnisse Ungarns die
Frauen auf, nur Produkte inländischer Jndustrie zu kaufen und sich
überhaupt einfach in der Kleidung sowie frei von Luxus zu halten.

-- Jn Ravensburg wird demnächst durch die Thätigkeit
des Stadtvorstandes eine Frauenarbeits=Schule errichtet.

-- Das preußische Oberverwaltungs=Gericht hat ent-
schieden, daß die Schulbehörden berechtigt sind, den Unterricht in
weiblichen Handarbeiten
zu einem integrirenden Theil der
Volksschule dergestalt aufzunehmen, daß die Gemeinden zur
Tragung der dadurch entstehenden Kosten verpflichtet werden.

-- Baronin Alfred von Rothschild gab dem Wiener
Frauen=Erwerbs=Verein
1000 Gulden zur Förderung seiner
Zwecke.

-- Jn Bayern ward während des Jahres 1876 an 241
Mädchen und Frauen Unterricht in der Stenographie ertheilt.

-- Unter der Leitung von Frl. Amalie Thilo, der
rühmlich bekannten Vorsteherin des Damen=Lyceums in Breslau,
ward auch in Wien ein solches begründet, in welchem Diätetik,
Pädagogik, Physik und Geschichte vorgetragen wird.

* Gesundheits=Pflege. Die Thätigkeit des Reichsgesund-
heitsamts
erstreckte sich auf den Entwurf zu einem Leichen-
schaugesetz
und eines solchen für die Thierärzte; ein weiterer
betreffend die obligatorische Einrichtung von Schlachthäusern, so-
wie die der Schlachtschau unterliegt noch der Vorberathung. Die
Errichtung eines großen hygienischen Jnstitutes, wie solches
von Pettenkofer in München und Fleck in Dresden errichtet wor-
den, erweist sich als immer größeres Bedürfniß für das gesammte
Reich. -- Die erste Wochennummer der Veröffentlichungen
des deutschen Gesundheitsamtes enthält außer einem ausführ-
lichen Programme den vergleichenden statistischen Nachweis über die
in der letzten Jahreswoche 1876 stattgehabten Erkrankungs=Sterb-
lichkeits=Vorgänge in 127 deutschen und 30 größeren ausländischen
Städten. Festgestellt wird seit Eintritt des Weihnachtsfrostes eine
Abnahme des Scharlach und der Diphterie, dagegen eine starke
Zunahme der apoplektischen Todesfälle. Jnhalt und Ausstattung
dieser Veröffentlichungen des neuen Amtes sind wohl geeignet, dem-
selben einen weiten Verbreitungskreis im Jn= und Auslande zu
sichern, nicht blos bei Aerzten, sondern bei allen für öffentliche Ge-
sundheitsfragen sich interessirenden Ständen. Kürzlich hat das
Reichsgesundheitsamt den Physikus Dr. Hirt, Docent an der
Breslauer Universität, nach England auf Reisen geschickt, um Stu-
dien über die Krankheiten der Arbeiter anzustellen.

* Thier=Schutz. Jn Kolberg in Preußen hat sich ein
Thierschutz=Verein gebildet.

Die Schrift des Thierarztes Nielsen = Saethers " über
Schlachtmethoden
" ward vom Thierschutz=Verein Bergen
( Norwegen ) in 2500 Exemplaren bis nach Finnmarken versandt
und von der Norwegischen Danmpfschifffahrts=Gesellschaft portofrei
besorgt; es haben sich in Norwegen besonders die Pfarrer um den
Thierschutz verdient gemacht.

Der französische Unterrichtsminister erließ ein be-
sonderes Cirkular zum Schutze der insektenfressenden Thiere,
den "natürlichen Wächtern unserer Ernten, den eigentlichen Hülfs-
truppen des Landmannes", wozu besonders die großen Jnsekten-
vertilger Jgel, Kröte und Maulwurf zählen.

* Landwirthschaft. Jn Loga bei Keer soll noch diesen
Herbst eine Molkereischule eröffnet werden.

* Viehzucht. Das statistische Büreau der Schweiz hat
den ersten Theil der Ergebnisse der letzten Viehzählung veröffentlicht,
woraus wir ersehen, daß nach einer durchschnittlichen Approximativ-
Schätzung der Gesammtwerth des schweizerischen Viehstandes aller
Klassen 333,675,505 Fr. beträgt, im Durchschnitt also 124 Fr.
[Ende Spaltensatz]

Beilage zu No. 1036 des Arbeitgeber.


[Beginn Spaltensatz]

* Das Polytechnikum Karlsruhe hat die Befugniß erhalten,
auf Grund vorzunehmender Prüfungen Diplome auszustellen,
welche den Jnhaber als in den Naturwissenschaften ausgebildet
empfehlen. Zur Prüfung kann Jeder zugelassen werden, der ein
dreijähriges Studium der Naturwissenschaften nachzuweisen vermag.
Die Gebühr für die Prüfung beträgt M. 86.

*Das Polytechnische Jnstitut in Berlin soll eine
Erweiterung erfahren. Jm Auftrage des Handelsministers hat
der Direktor der Bauakademie, Professor Lucae, einen umfassenden
Plan nebst Kostenanschlag ausgearbeitet, welcher jetzt dem Finanz-
minister vorliegt; der Bau soll so ausgeführt werden, daß er auf
viele Jahrzehnte hin keiner Erweiterung bedarf.

* Stiftungen. Jn Paris ist man daran, ein neues Gym-
nasium zu errichten, für das ein edler Bürger i. J. 1868
2,000,000 Fr. hinterließ.

* Ausstellungsbericht. Von dem von der österreichischen
Commission für die Weltausstellung in Phiadelphia 1876
herausgegebenen Berichte ist soeben das zweite Heft erschienen.
Dasselbe enthält die Mittheilungen über die „Kurzwaaren=Jndustrie“
von Eduard Kanitz und über die „Hüte aus Filz und Seide“ von
Karl Hückel, mit höchst interessanten und wichtigen Angaben über
die verschiedenen Zweige dieser Jndustrien, sowie viele statist. Zahlen.

*Ständige Gewerb=Ausstellung in Berlin. Der
Verein Berliner Jndustrieller trägt sich mit der Jdee, eine
permanente Ausstellung daselbst zu veranstalten, um dadurch dem
Kleingewerbe Gelegenheit zu geben, sich zu vervollkommnen und die
darniederliegende Jndustrie zu heben.

* Frauen=Arbeit. Der „Frauen=Anwalt“ bringt einen inte-
ressanten Bericht über die Verwendung von Mädchen als Setze-
rinnen. Eine Buchdruckerin soll es schon i. J. 1686 in Boston
gegeben haben, d. h. Buchdruckerei=Besitzerin, die selbst dirigirte,
was wohl nichts besonders Merkwürdiges und bei uns sehr häufig
ist. Von einer Schwägerin Franklin's wird zuerst gemeldet, daß
ihre beiden Töchter in der Druckerei mitgeholfen hätten. Jetzt sollen
Setzerinnen sehr häufig, in Chicago u. A. deren allein mehrere
100 sein. Jn England wurde i. J. 1859 der erste Versuch
von dem Londoner Verein zur Förderung der Erwerbsthätigkeit der
Frauen angestellt, und jetzt sind Setzerinnen in mehreren großen
Druckereien beschäftigt. Nach der Zählung vom Jahre 1871 gab
es in England 741 Schriftsetzerinnen. Jetzt hat sich eine beson-
dere Gesellschaft gebildet um Mädchen auszubilden und in besonde-
ren Frauendruckereien zu beschäftigen. Jn Folge eines Ausstandes
machte der Druckerei=Besitzer Turnbell einen Versuch mit Setzerin-
nen, der so gut gelang, daß viele Druckereien ihm folgten und
jetzt ziemlich viel Mädchen in diesem Fache arbeiten. -- Jn
Frankreich hat sich die weibliche Setzarbeit ebenfalls schon die
Bahn gebrochen. Der berühmte Verlag von Firmin Didot
in Paris beschäftigt allein 250 Mädchen, und seine griechischen
Klassiker werden ausschließlich von weiblicher Hand gesetzt. -- Jn
Puteaux bei Paris besteht eine Lehranstalt für Setzerinnen und
Aehnliches findet man in andern Städten. -- Jn Schweden soll
gar 1 / 5 aller Setzer weiblichen Geschlechtes sein. Ebenso gibt es
deren in Holland und Dänemark. -- Jn Prag und Wien gibt
es mehrere Druckereien, in denen weibliche Setzerinnen thätig sind.
Der erste Versuch im deutschen Reiche wurde, ebenfalls in Folge
eines Ausstandes 1865 von Payne in Leipzig gemacht, welcher
einen Saal für Setzerinnen einrichtete und fortdauernd beibehalten hat.
Die Setzerinnenschule und Frauendruckerei des Lette=Vereines
sind bekannt; letztere gedeiht vorzüglich und beschäftigt jetzt 30
Setzerinnen. Einige der daselbst ausgebildeten Frauen haben schon
in andern Buchdruckereien Beschäftigung gefunden, einige sind nach
auswärts in kleinere Buchdruckereien berufen, eine ist nach Breslau
und eine nach Zürich gegangen, wo man nach dem Vorbilde der
Berliner Setzerinnenschule ähnliche Jnstitute eingerichtet hat. Man
darf wohl annehmen, daß dieser Zweig gewerblicher Berufsthätigkeit
jetzt den Frauen erobert ist und von ihnen behauptet werden wird.

-- Jn Cambridge soll der Zudrang junger Damen in
diesem Semester so groß gewesen sein, daß Girdon=College und
Newham=Hall sie nicht aufnehmen konnten und viele sich eine an-
dere Wohnung haben suchen müssen.

[Spaltenumbruch]

Jn Frankreich bilden sich nun auch Vereine für Frauen-
Arbeit.

-- Der Brünner Frauen=Erwerbs=Verein zählt
9 Ehrenmitglieder, 51 Gründer und 170 ( 133 Damen, 37 Herrn )
Vereinsmitglieder; es nahmen 170 Schülerinnen an den verschiedenen
Kursen Theil.

-- Jn Pest hat sich ein Frauenbildungs=Verein unter
dem Präsidium von Frau Veres gebildet; dieselbe forderte in einem
Vortrage über die Jndustrie=Verhältnisse Ungarns die
Frauen auf, nur Produkte inländischer Jndustrie zu kaufen und sich
überhaupt einfach in der Kleidung sowie frei von Luxus zu halten.

-- Jn Ravensburg wird demnächst durch die Thätigkeit
des Stadtvorstandes eine Frauenarbeits=Schule errichtet.

-- Das preußische Oberverwaltungs=Gericht hat ent-
schieden, daß die Schulbehörden berechtigt sind, den Unterricht in
weiblichen Handarbeiten
zu einem integrirenden Theil der
Volksschule dergestalt aufzunehmen, daß die Gemeinden zur
Tragung der dadurch entstehenden Kosten verpflichtet werden.

-- Baronin Alfred von Rothschild gab dem Wiener
Frauen=Erwerbs=Verein
1000 Gulden zur Förderung seiner
Zwecke.

-- Jn Bayern ward während des Jahres 1876 an 241
Mädchen und Frauen Unterricht in der Stenographie ertheilt.

-- Unter der Leitung von Frl. Amalie Thilo, der
rühmlich bekannten Vorsteherin des Damen=Lyceums in Breslau,
ward auch in Wien ein solches begründet, in welchem Diätetik,
Pädagogik, Physik und Geschichte vorgetragen wird.

* Gesundheits=Pflege. Die Thätigkeit des Reichsgesund-
heitsamts
erstreckte sich auf den Entwurf zu einem Leichen-
schaugesetz
und eines solchen für die Thierärzte; ein weiterer
betreffend die obligatorische Einrichtung von Schlachthäusern, so-
wie die der Schlachtschau unterliegt noch der Vorberathung. Die
Errichtung eines großen hygienischen Jnstitutes, wie solches
von Pettenkofer in München und Fleck in Dresden errichtet wor-
den, erweist sich als immer größeres Bedürfniß für das gesammte
Reich. -- Die erste Wochennummer der Veröffentlichungen
des deutschen Gesundheitsamtes enthält außer einem ausführ-
lichen Programme den vergleichenden statistischen Nachweis über die
in der letzten Jahreswoche 1876 stattgehabten Erkrankungs=Sterb-
lichkeits=Vorgänge in 127 deutschen und 30 größeren ausländischen
Städten. Festgestellt wird seit Eintritt des Weihnachtsfrostes eine
Abnahme des Scharlach und der Diphterie, dagegen eine starke
Zunahme der apoplektischen Todesfälle. Jnhalt und Ausstattung
dieser Veröffentlichungen des neuen Amtes sind wohl geeignet, dem-
selben einen weiten Verbreitungskreis im Jn= und Auslande zu
sichern, nicht blos bei Aerzten, sondern bei allen für öffentliche Ge-
sundheitsfragen sich interessirenden Ständen. Kürzlich hat das
Reichsgesundheitsamt den Physikus Dr. Hirt, Docent an der
Breslauer Universität, nach England auf Reisen geschickt, um Stu-
dien über die Krankheiten der Arbeiter anzustellen.

* Thier=Schutz. Jn Kolberg in Preußen hat sich ein
Thierschutz=Verein gebildet.

Die Schrift des Thierarztes Nielsen = Saethers „ über
Schlachtmethoden
“ ward vom Thierschutz=Verein Bergen
( Norwegen ) in 2500 Exemplaren bis nach Finnmarken versandt
und von der Norwegischen Danmpfschifffahrts=Gesellschaft portofrei
besorgt; es haben sich in Norwegen besonders die Pfarrer um den
Thierschutz verdient gemacht.

Der französische Unterrichtsminister erließ ein be-
sonderes Cirkular zum Schutze der insektenfressenden Thiere,
den „natürlichen Wächtern unserer Ernten, den eigentlichen Hülfs-
truppen des Landmannes“, wozu besonders die großen Jnsekten-
vertilger Jgel, Kröte und Maulwurf zählen.

* Landwirthschaft. Jn Loga bei Keer soll noch diesen
Herbst eine Molkereischule eröffnet werden.

* Viehzucht. Das statistische Büreau der Schweiz hat
den ersten Theil der Ergebnisse der letzten Viehzählung veröffentlicht,
woraus wir ersehen, daß nach einer durchschnittlichen Approximativ-
Schätzung der Gesammtwerth des schweizerischen Viehstandes aller
Klassen 333,675,505 Fr. beträgt, im Durchschnitt also 124 Fr.
[Ende Spaltensatz]

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[0009] Beilage zu No. 1036 des Arbeitgeber. * Das Polytechnikum Karlsruhe hat die Befugniß erhalten, auf Grund vorzunehmender Prüfungen Diplome auszustellen, welche den Jnhaber als in den Naturwissenschaften ausgebildet empfehlen. Zur Prüfung kann Jeder zugelassen werden, der ein dreijähriges Studium der Naturwissenschaften nachzuweisen vermag. Die Gebühr für die Prüfung beträgt M. 86. *Das Polytechnische Jnstitut in Berlin soll eine Erweiterung erfahren. Jm Auftrage des Handelsministers hat der Direktor der Bauakademie, Professor Lucae, einen umfassenden Plan nebst Kostenanschlag ausgearbeitet, welcher jetzt dem Finanz- minister vorliegt; der Bau soll so ausgeführt werden, daß er auf viele Jahrzehnte hin keiner Erweiterung bedarf. * Stiftungen. Jn Paris ist man daran, ein neues Gym- nasium zu errichten, für das ein edler Bürger i. J. 1868 2,000,000 Fr. hinterließ. * Ausstellungsbericht. Von dem von der österreichischen Commission für die Weltausstellung in Phiadelphia 1876 herausgegebenen Berichte ist soeben das zweite Heft erschienen. Dasselbe enthält die Mittheilungen über die „Kurzwaaren=Jndustrie“ von Eduard Kanitz und über die „Hüte aus Filz und Seide“ von Karl Hückel, mit höchst interessanten und wichtigen Angaben über die verschiedenen Zweige dieser Jndustrien, sowie viele statist. Zahlen. *Ständige Gewerb=Ausstellung in Berlin. Der Verein Berliner Jndustrieller trägt sich mit der Jdee, eine permanente Ausstellung daselbst zu veranstalten, um dadurch dem Kleingewerbe Gelegenheit zu geben, sich zu vervollkommnen und die darniederliegende Jndustrie zu heben. * Frauen=Arbeit. Der „Frauen=Anwalt“ bringt einen inte- ressanten Bericht über die Verwendung von Mädchen als Setze- rinnen. Eine Buchdruckerin soll es schon i. J. 1686 in Boston gegeben haben, d. h. Buchdruckerei=Besitzerin, die selbst dirigirte, was wohl nichts besonders Merkwürdiges und bei uns sehr häufig ist. Von einer Schwägerin Franklin's wird zuerst gemeldet, daß ihre beiden Töchter in der Druckerei mitgeholfen hätten. Jetzt sollen Setzerinnen sehr häufig, in Chicago u. A. deren allein mehrere 100 sein. Jn England wurde i. J. 1859 der erste Versuch von dem Londoner Verein zur Förderung der Erwerbsthätigkeit der Frauen angestellt, und jetzt sind Setzerinnen in mehreren großen Druckereien beschäftigt. Nach der Zählung vom Jahre 1871 gab es in England 741 Schriftsetzerinnen. Jetzt hat sich eine beson- dere Gesellschaft gebildet um Mädchen auszubilden und in besonde- ren Frauendruckereien zu beschäftigen. Jn Folge eines Ausstandes machte der Druckerei=Besitzer Turnbell einen Versuch mit Setzerin- nen, der so gut gelang, daß viele Druckereien ihm folgten und jetzt ziemlich viel Mädchen in diesem Fache arbeiten. -- Jn Frankreich hat sich die weibliche Setzarbeit ebenfalls schon die Bahn gebrochen. Der berühmte Verlag von Firmin Didot in Paris beschäftigt allein 250 Mädchen, und seine griechischen Klassiker werden ausschließlich von weiblicher Hand gesetzt. -- Jn Puteaux bei Paris besteht eine Lehranstalt für Setzerinnen und Aehnliches findet man in andern Städten. -- Jn Schweden soll gar 1 / 5 aller Setzer weiblichen Geschlechtes sein. Ebenso gibt es deren in Holland und Dänemark. -- Jn Prag und Wien gibt es mehrere Druckereien, in denen weibliche Setzerinnen thätig sind. Der erste Versuch im deutschen Reiche wurde, ebenfalls in Folge eines Ausstandes 1865 von Payne in Leipzig gemacht, welcher einen Saal für Setzerinnen einrichtete und fortdauernd beibehalten hat. Die Setzerinnenschule und Frauendruckerei des Lette=Vereines sind bekannt; letztere gedeiht vorzüglich und beschäftigt jetzt 30 Setzerinnen. Einige der daselbst ausgebildeten Frauen haben schon in andern Buchdruckereien Beschäftigung gefunden, einige sind nach auswärts in kleinere Buchdruckereien berufen, eine ist nach Breslau und eine nach Zürich gegangen, wo man nach dem Vorbilde der Berliner Setzerinnenschule ähnliche Jnstitute eingerichtet hat. Man darf wohl annehmen, daß dieser Zweig gewerblicher Berufsthätigkeit jetzt den Frauen erobert ist und von ihnen behauptet werden wird. -- Jn Cambridge soll der Zudrang junger Damen in diesem Semester so groß gewesen sein, daß Girdon=College und Newham=Hall sie nicht aufnehmen konnten und viele sich eine an- dere Wohnung haben suchen müssen. Jn Frankreich bilden sich nun auch Vereine für Frauen- Arbeit. -- Der Brünner Frauen=Erwerbs=Verein zählt 9 Ehrenmitglieder, 51 Gründer und 170 ( 133 Damen, 37 Herrn ) Vereinsmitglieder; es nahmen 170 Schülerinnen an den verschiedenen Kursen Theil. -- Jn Pest hat sich ein Frauenbildungs=Verein unter dem Präsidium von Frau Veres gebildet; dieselbe forderte in einem Vortrage über die Jndustrie=Verhältnisse Ungarns die Frauen auf, nur Produkte inländischer Jndustrie zu kaufen und sich überhaupt einfach in der Kleidung sowie frei von Luxus zu halten. -- Jn Ravensburg wird demnächst durch die Thätigkeit des Stadtvorstandes eine Frauenarbeits=Schule errichtet. -- Das preußische Oberverwaltungs=Gericht hat ent- schieden, daß die Schulbehörden berechtigt sind, den Unterricht in weiblichen Handarbeiten zu einem integrirenden Theil der Volksschule dergestalt aufzunehmen, daß die Gemeinden zur Tragung der dadurch entstehenden Kosten verpflichtet werden. -- Baronin Alfred von Rothschild gab dem Wiener Frauen=Erwerbs=Verein 1000 Gulden zur Förderung seiner Zwecke. -- Jn Bayern ward während des Jahres 1876 an 241 Mädchen und Frauen Unterricht in der Stenographie ertheilt. -- Unter der Leitung von Frl. Amalie Thilo, der rühmlich bekannten Vorsteherin des Damen=Lyceums in Breslau, ward auch in Wien ein solches begründet, in welchem Diätetik, Pädagogik, Physik und Geschichte vorgetragen wird. * Gesundheits=Pflege. Die Thätigkeit des Reichsgesund- heitsamts erstreckte sich auf den Entwurf zu einem Leichen- schaugesetz und eines solchen für die Thierärzte; ein weiterer betreffend die obligatorische Einrichtung von Schlachthäusern, so- wie die der Schlachtschau unterliegt noch der Vorberathung. Die Errichtung eines großen hygienischen Jnstitutes, wie solches von Pettenkofer in München und Fleck in Dresden errichtet wor- den, erweist sich als immer größeres Bedürfniß für das gesammte Reich. -- Die erste Wochennummer der Veröffentlichungen des deutschen Gesundheitsamtes enthält außer einem ausführ- lichen Programme den vergleichenden statistischen Nachweis über die in der letzten Jahreswoche 1876 stattgehabten Erkrankungs=Sterb- lichkeits=Vorgänge in 127 deutschen und 30 größeren ausländischen Städten. Festgestellt wird seit Eintritt des Weihnachtsfrostes eine Abnahme des Scharlach und der Diphterie, dagegen eine starke Zunahme der apoplektischen Todesfälle. Jnhalt und Ausstattung dieser Veröffentlichungen des neuen Amtes sind wohl geeignet, dem- selben einen weiten Verbreitungskreis im Jn= und Auslande zu sichern, nicht blos bei Aerzten, sondern bei allen für öffentliche Ge- sundheitsfragen sich interessirenden Ständen. Kürzlich hat das Reichsgesundheitsamt den Physikus Dr. Hirt, Docent an der Breslauer Universität, nach England auf Reisen geschickt, um Stu- dien über die Krankheiten der Arbeiter anzustellen. * Thier=Schutz. Jn Kolberg in Preußen hat sich ein Thierschutz=Verein gebildet. Die Schrift des Thierarztes Nielsen = Saethers „ über Schlachtmethoden “ ward vom Thierschutz=Verein Bergen ( Norwegen ) in 2500 Exemplaren bis nach Finnmarken versandt und von der Norwegischen Danmpfschifffahrts=Gesellschaft portofrei besorgt; es haben sich in Norwegen besonders die Pfarrer um den Thierschutz verdient gemacht. Der französische Unterrichtsminister erließ ein be- sonderes Cirkular zum Schutze der insektenfressenden Thiere, den „natürlichen Wächtern unserer Ernten, den eigentlichen Hülfs- truppen des Landmannes“, wozu besonders die großen Jnsekten- vertilger Jgel, Kröte und Maulwurf zählen. * Landwirthschaft. Jn Loga bei Keer soll noch diesen Herbst eine Molkereischule eröffnet werden. * Viehzucht. Das statistische Büreau der Schweiz hat den ersten Theil der Ergebnisse der letzten Viehzählung veröffentlicht, woraus wir ersehen, daß nach einer durchschnittlichen Approximativ- Schätzung der Gesammtwerth des schweizerischen Viehstandes aller Klassen 333,675,505 Fr. beträgt, im Durchschnitt also 124 Fr.

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Zitationshilfe: Der Arbeitgeber. Nr. 1036. Frankfurt a. M., 10. März 1877, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_arbeitgeber1036_1877/9>, abgerufen am 28.03.2024.