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Der Arbeitgeber. Nr. 704. Frankfurt a. M., 29. Oktober 1870.

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Der "Arbeitgeber" erscheint
wöchentlich,
die "Patentliste" monatlich.
Preis: 1 / 2 jährl. in Preußen
3 fl. 2 kr. od. 1 Thlr. 22 Gr.,
bei allen übrigen deutschen
Postämtern 2 fl. 55 kr. od.
1 2 / 3 Thlr. Anzeigen: für die
dreispaltige Petitzeile od. deren
Raum 6 kr. Der Betrag wird
durch Postnachnahme erhoben.
Kleine Beträge können durch
Briefmarken ausgeglichen
werden.
Red. des "Arbeitgeber",
Gallusgasse 9.
in Frankfurt a. M.

[Spaltenumbruch]
Der
Arbeitgeber.
Archiv für die gesammte Volkswirthschaft,
Central-Anzeiger für Stellen- und Arbeitergesuche.
[Spaltenumbruch]

Bestellungen werden von allen
Postämtern u. Buchhandlun-
gen, von letzteren auch Jnse-
rate
jederzeit angenommen.
Briefe werden franco erbeten.
Das Patent= u. Maschinen-
Geschäft des "Arbeitgeber"
übernimmt die Ausführung
neuer Erfindungen, vermit-
telt den Ankauf ( zum Fabrik-
preis ) und Verkauf von Ma-
schinen aller Art, es besorgt
Patente für alle Länder und
übernimmt deren Ver-
werthung.

[Ende Spaltensatz]

Nro 704.
Usingen bei
Frankfurt a. M., 29. Oktober
1870.


[Beginn Spaltensatz]
Das Elsaß.
I.

Das Elsaß gehört zu den schönsten und fruchtbarsten Ländern,
die der Vater Rhein bespült. Getraide, Wein, Obst, Tabak, Holz
und Handelsgewächse aller Art ( Krapp, Hanf, Hopfen ) gedeihen dort
in reichstem Maße. Es ist ihm von der Natur fast nichts versagt,
in der Ebene fruchtbarer Boden, am Gebirge rebenbedeckte Hügel,
romantische Thäler, alte Burgen und prachtvolle Wälder. Jm Süden
hat sich eine großartige Jndustrie niedergelassen; es fehlt dem Lande
nur an etwas mehr Bildung ( Schulkenntnissen ) und Freiheit, um es
zu einem der blühendsten am Rheine zu machen -- und das ist nicht
wenig! -- Wie werden sich nun dessen Verhältnisse unter Deutsch-
lands Oberhoheit gestalten?

Mit der politischen Gliederung haben wir es hier nicht
zu thun, obwohl auch sie einen großen Einfluß auf das wirthschaft-
liche Leben eines Volkes ausübt. Man sagt zwar, daß die Staats-
form gleichgiltig sei für dasselbe: der Wohlstand könne ebenso gut
unter monarchischen als unter republikanischen Formen gedeihen, die
Erfahrung zeigt aber, daß die letzteren doch weitaus förderlicher auf
denselben einwirken als jene. Jnsofern wünschen wir dem Elsaß eine
möglichst freie Verfassung, zu deren Konstituirung es zunächst selbst
berufen werden wird. Eine Vertheilung des Elsaß unter die krieg-
führenden Mächte soll nicht beabsichtigt sein, wäre auch nicht durch-
führbar. Ein Land, das 200 Jahre Eins war, zu zerstückeln, wäre
unpolitisch und barbarisch. Das Elsaß soll deshalb beisammen blei-
ben, und bis über dasselbe eine Vereinbarung getroffen ist, als Reichs-
land von dem Präsident des deutschen Reiches oder Bundes verwaltet
werden, offenbar für das Land das Günstigste. Darauf deutet auch
die ganze Zusammensetzung der jetzigen Regierung und Verwaltung
hin. Das Personal derselben ist aus allen deutschen Landen nament-
lich den angrenzenden zusammengesetzt: Badener, Bayern, Preußen,
Würtemberg, ja sogar ein Frankfurter ist unter der Zahl im buntesten
Gemisch. Die bestehenden französischen Gesetze und Einrichtungen
werden gerade so wie in den bayr., hess. und preuß. Rheinlanden
bestehen bleiben, und es wird nur das geändert werden, was im
Jnteresse der Reichseinheit nöthig ist. Vorläufig soll das Elsaß so-
gar militärfrei werden, bis diejenigen Einrichtungen getroffen sind,
namentlich bessere Schulen, welche die Einreihung der Elsäßer in
das deutsche Heer möglich machen. Jn gleicher Weise wird man
dem Lande alle Erleichterung gewähren, die man irgend gewähren kann.

Die Entschädigung der Straßburger muß unbedingt
auf die Kriegskosten=Rechnung gesetzt werden. Das Elsaß ist ohnehin
schwer genug mitgenommen, und hat genug zu tragen. Den Wieder-
aufbau Straßburgs auch noch zu bestreiten, würde ihm zu schwer
fallen. Man kann es ihm auch nicht wohl zumuthen, da es nichts
zum Kriege beigetragen, vielmehr immer gegen denselben, und
gegen den Jmperialismus war. Straßburg soll sogar zum großen
Theil deutsch gesinnt gewesen sein. Der Widerwille gegen die unter
dem Buonapartismus eingerissene Demoralisation, die Unsicherheit der
persönlichen Freiheit und die Unterdrückung aller freien Regung hatten
schon längst die Sympathien für Frankreich geschwächt und die Schlacht
bei Wörth schlug dem Faß vollends den Boden aus. Als die Aus-
reißer des französischen Heeres in der Stadt einzogen, da schämte
man sich einem Volke anzugehören, das solche Leute zu Mitglie-
dern zähle. Die nachherige Beschießung der Stadt hat freilich diese
Richtung nicht bestärkt, sondern große Erbitterung hervorgerufen.

[Spaltenumbruch]

Betrachtet man die wirthschaftlichen Verhältnisse des
Landes, so läßt sich nicht leugnen, daß das Volk wohlhabend, der
Bauernstand in manchen Gegenden sogar reich zu nennen ist. Und
doch besteht ein Unterschied zwischen dem ähnlich gelegenen und aus-
gestatteten Nachbarlande Baden. Das ganze Aussehen des Landes
ist nicht so gut wie in Baden: Häuser, Menschen und Boden sind
etwas weniger kultivirt. Die Wirthshäuser namentlich, ein ziemlich
guter Maßstab für die Kultur eines Landes, sind nicht so behaglich
und gut wie in Baden. Und ganz besonders: Dorf und Stadt ist
nicht so blank und sauber wie bei uns. Der Unterschied mag gering
sein, allein er besteht. Die besten Zeugen dafür sind die Elsässer
selbst, welche mit Vorliebe Baden besuchen, während in den reichlich
ebenso schönen elsässischen Bergen nur wenige zu sehen sind.

Durchgeht man die verschiedenen Erwerbszweige: Landwirthschaft,
Handwerke, Fabrikthätigkeit und Handel, so wird man finden, daß
die meisten nach wie vor bestehen können, ja sogar wesentliche Vor-
theile von dem Anschlusse an Deutschland ziehen. Die Andern wird
man durch Handelsverträge mit Frankreich bezw. Bedingungen, welche
man demselben beim Friedensschlusse stellt, und die Frankreich dem
Elsaß und seinem eigenen Vortheile zu lieb gern eingehen wird,
sichern.

Getraide, Vieh, Käs, Butter, Honig, Gemüse und andere
Lebensmittel werden nach wie vor nach Paris gehen können, da diese
Gegenstände keinen oder nur geringen Zöllen unterliegen. Der Handel
mit frischem Fleisch, Wildpret, Gänsleber=Pasteten, Käs ( dem sog.
Schachtelkäs u. A. ) und selbst Gemüsen nach Paris ist nicht unbe-
deutend. Straßburg z. B. ist berühmt wegen seines bedeutenden
Gartenbaues und liefert Gemüse nicht blos nach Paris. Seinen
Tabak wird das Elsaß ebenso wie früher an die französische Regie-
rung verkaufen können, wie es die Pfalz auch thut. Einen ganz
bedeutenden Vortheil wird aber der Weinbau von der veränderten
Zollgrenze haben. Jm Elsaß wächst ein sehr guter und kräftiger
Wein, der nur einiger Kultur bedarf, um zu den besten am Rheine
zu zählen. Das "Frankf. Journal" hat kürzlich ( Did. No. 283 )
einen Aufsatz über das Elsaß gebracht, aus dem hervorgeht, daß der
Weinbau ein sehr ausgedehnter dort ist und 25,000 Hektare um-
faßt. Der Tabakbau nimmt 3250 Hektare ein, die5 1 / 2 Mill.
Kilogramme liefern. Beide Kulturen werden bedeutend gewinnen,
namentlich erstere, da Elsaß ringsum von weinbauenden Gegenden
umgeben ist, und daher nichts ausführen konnte. Jetzt wird es
seinen Wein nach dem Norden und Osten bringen.

Der Handel wird entschieden einen großen Aufschwung neh-
men, da der Rhein und eine Masse Eisenbahnen dem Lande jetzt
offen stehen und die Schiffe nun Rückfracht haben können, außerdem
aber auch die niedrigeren Zölle des Zollvereins die Einfuhr erleichtern.

Nach dem Krieg?
II.

P. B. Welchen Einfluß wird der Krieg auf die deutsche
Wirthschaft haben? Oder mit andern Worten wie wird sich die
deutsche Wirthschaft nach dem Krieg entwickeln?

Einem unserer früheren Aufsätze haben wir das Motto voran
gestellt: "Wenn Krieg unvermeidlich, dann ist Sieg die beste Wirth-
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Der „Arbeitgeber“ erscheint
wöchentlich,
die „Patentliste“ monatlich.
Preis: 1 / 2 jährl. in Preußen
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Red. des „Arbeitgeber“,
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schinen aller Art, es besorgt
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Usingen bei
Frankfurt a. M., 29. Oktober
1870.


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Das Elsaß.
I.

Das Elsaß gehört zu den schönsten und fruchtbarsten Ländern,
die der Vater Rhein bespült. Getraide, Wein, Obst, Tabak, Holz
und Handelsgewächse aller Art ( Krapp, Hanf, Hopfen ) gedeihen dort
in reichstem Maße. Es ist ihm von der Natur fast nichts versagt,
in der Ebene fruchtbarer Boden, am Gebirge rebenbedeckte Hügel,
romantische Thäler, alte Burgen und prachtvolle Wälder. Jm Süden
hat sich eine großartige Jndustrie niedergelassen; es fehlt dem Lande
nur an etwas mehr Bildung ( Schulkenntnissen ) und Freiheit, um es
zu einem der blühendsten am Rheine zu machen -- und das ist nicht
wenig! -- Wie werden sich nun dessen Verhältnisse unter Deutsch-
lands Oberhoheit gestalten?

Mit der politischen Gliederung haben wir es hier nicht
zu thun, obwohl auch sie einen großen Einfluß auf das wirthschaft-
liche Leben eines Volkes ausübt. Man sagt zwar, daß die Staats-
form gleichgiltig sei für dasselbe: der Wohlstand könne ebenso gut
unter monarchischen als unter republikanischen Formen gedeihen, die
Erfahrung zeigt aber, daß die letzteren doch weitaus förderlicher auf
denselben einwirken als jene. Jnsofern wünschen wir dem Elsaß eine
möglichst freie Verfassung, zu deren Konstituirung es zunächst selbst
berufen werden wird. Eine Vertheilung des Elsaß unter die krieg-
führenden Mächte soll nicht beabsichtigt sein, wäre auch nicht durch-
führbar. Ein Land, das 200 Jahre Eins war, zu zerstückeln, wäre
unpolitisch und barbarisch. Das Elsaß soll deshalb beisammen blei-
ben, und bis über dasselbe eine Vereinbarung getroffen ist, als Reichs-
land von dem Präsident des deutschen Reiches oder Bundes verwaltet
werden, offenbar für das Land das Günstigste. Darauf deutet auch
die ganze Zusammensetzung der jetzigen Regierung und Verwaltung
hin. Das Personal derselben ist aus allen deutschen Landen nament-
lich den angrenzenden zusammengesetzt: Badener, Bayern, Preußen,
Würtemberg, ja sogar ein Frankfurter ist unter der Zahl im buntesten
Gemisch. Die bestehenden französischen Gesetze und Einrichtungen
werden gerade so wie in den bayr., hess. und preuß. Rheinlanden
bestehen bleiben, und es wird nur das geändert werden, was im
Jnteresse der Reichseinheit nöthig ist. Vorläufig soll das Elsaß so-
gar militärfrei werden, bis diejenigen Einrichtungen getroffen sind,
namentlich bessere Schulen, welche die Einreihung der Elsäßer in
das deutsche Heer möglich machen. Jn gleicher Weise wird man
dem Lande alle Erleichterung gewähren, die man irgend gewähren kann.

Die Entschädigung der Straßburger muß unbedingt
auf die Kriegskosten=Rechnung gesetzt werden. Das Elsaß ist ohnehin
schwer genug mitgenommen, und hat genug zu tragen. Den Wieder-
aufbau Straßburgs auch noch zu bestreiten, würde ihm zu schwer
fallen. Man kann es ihm auch nicht wohl zumuthen, da es nichts
zum Kriege beigetragen, vielmehr immer gegen denselben, und
gegen den Jmperialismus war. Straßburg soll sogar zum großen
Theil deutsch gesinnt gewesen sein. Der Widerwille gegen die unter
dem Buonapartismus eingerissene Demoralisation, die Unsicherheit der
persönlichen Freiheit und die Unterdrückung aller freien Regung hatten
schon längst die Sympathien für Frankreich geschwächt und die Schlacht
bei Wörth schlug dem Faß vollends den Boden aus. Als die Aus-
reißer des französischen Heeres in der Stadt einzogen, da schämte
man sich einem Volke anzugehören, das solche Leute zu Mitglie-
dern zähle. Die nachherige Beschießung der Stadt hat freilich diese
Richtung nicht bestärkt, sondern große Erbitterung hervorgerufen.

[Spaltenumbruch]

Betrachtet man die wirthschaftlichen Verhältnisse des
Landes, so läßt sich nicht leugnen, daß das Volk wohlhabend, der
Bauernstand in manchen Gegenden sogar reich zu nennen ist. Und
doch besteht ein Unterschied zwischen dem ähnlich gelegenen und aus-
gestatteten Nachbarlande Baden. Das ganze Aussehen des Landes
ist nicht so gut wie in Baden: Häuser, Menschen und Boden sind
etwas weniger kultivirt. Die Wirthshäuser namentlich, ein ziemlich
guter Maßstab für die Kultur eines Landes, sind nicht so behaglich
und gut wie in Baden. Und ganz besonders: Dorf und Stadt ist
nicht so blank und sauber wie bei uns. Der Unterschied mag gering
sein, allein er besteht. Die besten Zeugen dafür sind die Elsässer
selbst, welche mit Vorliebe Baden besuchen, während in den reichlich
ebenso schönen elsässischen Bergen nur wenige zu sehen sind.

Durchgeht man die verschiedenen Erwerbszweige: Landwirthschaft,
Handwerke, Fabrikthätigkeit und Handel, so wird man finden, daß
die meisten nach wie vor bestehen können, ja sogar wesentliche Vor-
theile von dem Anschlusse an Deutschland ziehen. Die Andern wird
man durch Handelsverträge mit Frankreich bezw. Bedingungen, welche
man demselben beim Friedensschlusse stellt, und die Frankreich dem
Elsaß und seinem eigenen Vortheile zu lieb gern eingehen wird,
sichern.

Getraide, Vieh, Käs, Butter, Honig, Gemüse und andere
Lebensmittel werden nach wie vor nach Paris gehen können, da diese
Gegenstände keinen oder nur geringen Zöllen unterliegen. Der Handel
mit frischem Fleisch, Wildpret, Gänsleber=Pasteten, Käs ( dem sog.
Schachtelkäs u. A. ) und selbst Gemüsen nach Paris ist nicht unbe-
deutend. Straßburg z. B. ist berühmt wegen seines bedeutenden
Gartenbaues und liefert Gemüse nicht blos nach Paris. Seinen
Tabak wird das Elsaß ebenso wie früher an die französische Regie-
rung verkaufen können, wie es die Pfalz auch thut. Einen ganz
bedeutenden Vortheil wird aber der Weinbau von der veränderten
Zollgrenze haben. Jm Elsaß wächst ein sehr guter und kräftiger
Wein, der nur einiger Kultur bedarf, um zu den besten am Rheine
zu zählen. Das „Frankf. Journal“ hat kürzlich ( Did. No. 283 )
einen Aufsatz über das Elsaß gebracht, aus dem hervorgeht, daß der
Weinbau ein sehr ausgedehnter dort ist und 25,000 Hektare um-
faßt. Der Tabakbau nimmt 3250 Hektare ein, die5 1 / 2 Mill.
Kilogramme liefern. Beide Kulturen werden bedeutend gewinnen,
namentlich erstere, da Elsaß ringsum von weinbauenden Gegenden
umgeben ist, und daher nichts ausführen konnte. Jetzt wird es
seinen Wein nach dem Norden und Osten bringen.

Der Handel wird entschieden einen großen Aufschwung neh-
men, da der Rhein und eine Masse Eisenbahnen dem Lande jetzt
offen stehen und die Schiffe nun Rückfracht haben können, außerdem
aber auch die niedrigeren Zölle des Zollvereins die Einfuhr erleichtern.

Nach dem Krieg?
II.

P. B. Welchen Einfluß wird der Krieg auf die deutsche
Wirthschaft haben? Oder mit andern Worten wie wird sich die
deutsche Wirthschaft nach dem Krieg entwickeln?

Einem unserer früheren Aufsätze haben wir das Motto voran
gestellt: „Wenn Krieg unvermeidlich, dann ist Sieg die beste Wirth-
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[0001] Der „Arbeitgeber“ erscheint wöchentlich, die „Patentliste“ monatlich. Preis: 1 / 2 jährl. in Preußen 3 fl. 2 kr. od. 1 Thlr. 22 Gr., bei allen übrigen deutschen Postämtern 2 fl. 55 kr. od. 1 2 / 3 Thlr. Anzeigen: für die dreispaltige Petitzeile od. deren Raum 6 kr. Der Betrag wird durch Postnachnahme erhoben. Kleine Beträge können durch Briefmarken ausgeglichen werden. Red. des „Arbeitgeber“, Gallusgasse 9. in Frankfurt a. M. Der Arbeitgeber. Archiv für die gesammte Volkswirthschaft, Central-Anzeiger für Stellen- und Arbeitergesuche. Bestellungen werden von allen Postämtern u. Buchhandlun- gen, von letzteren auch Jnse- rate jederzeit angenommen. Briefe werden franco erbeten. Das Patent= u. Maschinen- Geschäft des „Arbeitgeber“ übernimmt die Ausführung neuer Erfindungen, vermit- telt den Ankauf ( zum Fabrik- preis ) und Verkauf von Ma- schinen aller Art, es besorgt Patente für alle Länder und übernimmt deren Ver- werthung. Nro 704. Usingen bei Frankfurt a. M., 29. Oktober 1870. Das Elsaß. I. Das Elsaß gehört zu den schönsten und fruchtbarsten Ländern, die der Vater Rhein bespült. Getraide, Wein, Obst, Tabak, Holz und Handelsgewächse aller Art ( Krapp, Hanf, Hopfen ) gedeihen dort in reichstem Maße. Es ist ihm von der Natur fast nichts versagt, in der Ebene fruchtbarer Boden, am Gebirge rebenbedeckte Hügel, romantische Thäler, alte Burgen und prachtvolle Wälder. Jm Süden hat sich eine großartige Jndustrie niedergelassen; es fehlt dem Lande nur an etwas mehr Bildung ( Schulkenntnissen ) und Freiheit, um es zu einem der blühendsten am Rheine zu machen -- und das ist nicht wenig! -- Wie werden sich nun dessen Verhältnisse unter Deutsch- lands Oberhoheit gestalten? Mit der politischen Gliederung haben wir es hier nicht zu thun, obwohl auch sie einen großen Einfluß auf das wirthschaft- liche Leben eines Volkes ausübt. Man sagt zwar, daß die Staats- form gleichgiltig sei für dasselbe: der Wohlstand könne ebenso gut unter monarchischen als unter republikanischen Formen gedeihen, die Erfahrung zeigt aber, daß die letzteren doch weitaus förderlicher auf denselben einwirken als jene. Jnsofern wünschen wir dem Elsaß eine möglichst freie Verfassung, zu deren Konstituirung es zunächst selbst berufen werden wird. Eine Vertheilung des Elsaß unter die krieg- führenden Mächte soll nicht beabsichtigt sein, wäre auch nicht durch- führbar. Ein Land, das 200 Jahre Eins war, zu zerstückeln, wäre unpolitisch und barbarisch. Das Elsaß soll deshalb beisammen blei- ben, und bis über dasselbe eine Vereinbarung getroffen ist, als Reichs- land von dem Präsident des deutschen Reiches oder Bundes verwaltet werden, offenbar für das Land das Günstigste. Darauf deutet auch die ganze Zusammensetzung der jetzigen Regierung und Verwaltung hin. Das Personal derselben ist aus allen deutschen Landen nament- lich den angrenzenden zusammengesetzt: Badener, Bayern, Preußen, Würtemberg, ja sogar ein Frankfurter ist unter der Zahl im buntesten Gemisch. Die bestehenden französischen Gesetze und Einrichtungen werden gerade so wie in den bayr., hess. und preuß. Rheinlanden bestehen bleiben, und es wird nur das geändert werden, was im Jnteresse der Reichseinheit nöthig ist. Vorläufig soll das Elsaß so- gar militärfrei werden, bis diejenigen Einrichtungen getroffen sind, namentlich bessere Schulen, welche die Einreihung der Elsäßer in das deutsche Heer möglich machen. Jn gleicher Weise wird man dem Lande alle Erleichterung gewähren, die man irgend gewähren kann. Die Entschädigung der Straßburger muß unbedingt auf die Kriegskosten=Rechnung gesetzt werden. Das Elsaß ist ohnehin schwer genug mitgenommen, und hat genug zu tragen. Den Wieder- aufbau Straßburgs auch noch zu bestreiten, würde ihm zu schwer fallen. Man kann es ihm auch nicht wohl zumuthen, da es nichts zum Kriege beigetragen, vielmehr immer gegen denselben, und gegen den Jmperialismus war. Straßburg soll sogar zum großen Theil deutsch gesinnt gewesen sein. Der Widerwille gegen die unter dem Buonapartismus eingerissene Demoralisation, die Unsicherheit der persönlichen Freiheit und die Unterdrückung aller freien Regung hatten schon längst die Sympathien für Frankreich geschwächt und die Schlacht bei Wörth schlug dem Faß vollends den Boden aus. Als die Aus- reißer des französischen Heeres in der Stadt einzogen, da schämte man sich einem Volke anzugehören, das solche Leute zu Mitglie- dern zähle. Die nachherige Beschießung der Stadt hat freilich diese Richtung nicht bestärkt, sondern große Erbitterung hervorgerufen. Betrachtet man die wirthschaftlichen Verhältnisse des Landes, so läßt sich nicht leugnen, daß das Volk wohlhabend, der Bauernstand in manchen Gegenden sogar reich zu nennen ist. Und doch besteht ein Unterschied zwischen dem ähnlich gelegenen und aus- gestatteten Nachbarlande Baden. Das ganze Aussehen des Landes ist nicht so gut wie in Baden: Häuser, Menschen und Boden sind etwas weniger kultivirt. Die Wirthshäuser namentlich, ein ziemlich guter Maßstab für die Kultur eines Landes, sind nicht so behaglich und gut wie in Baden. Und ganz besonders: Dorf und Stadt ist nicht so blank und sauber wie bei uns. Der Unterschied mag gering sein, allein er besteht. Die besten Zeugen dafür sind die Elsässer selbst, welche mit Vorliebe Baden besuchen, während in den reichlich ebenso schönen elsässischen Bergen nur wenige zu sehen sind. Durchgeht man die verschiedenen Erwerbszweige: Landwirthschaft, Handwerke, Fabrikthätigkeit und Handel, so wird man finden, daß die meisten nach wie vor bestehen können, ja sogar wesentliche Vor- theile von dem Anschlusse an Deutschland ziehen. Die Andern wird man durch Handelsverträge mit Frankreich bezw. Bedingungen, welche man demselben beim Friedensschlusse stellt, und die Frankreich dem Elsaß und seinem eigenen Vortheile zu lieb gern eingehen wird, sichern. Getraide, Vieh, Käs, Butter, Honig, Gemüse und andere Lebensmittel werden nach wie vor nach Paris gehen können, da diese Gegenstände keinen oder nur geringen Zöllen unterliegen. Der Handel mit frischem Fleisch, Wildpret, Gänsleber=Pasteten, Käs ( dem sog. Schachtelkäs u. A. ) und selbst Gemüsen nach Paris ist nicht unbe- deutend. Straßburg z. B. ist berühmt wegen seines bedeutenden Gartenbaues und liefert Gemüse nicht blos nach Paris. Seinen Tabak wird das Elsaß ebenso wie früher an die französische Regie- rung verkaufen können, wie es die Pfalz auch thut. Einen ganz bedeutenden Vortheil wird aber der Weinbau von der veränderten Zollgrenze haben. Jm Elsaß wächst ein sehr guter und kräftiger Wein, der nur einiger Kultur bedarf, um zu den besten am Rheine zu zählen. Das „Frankf. Journal“ hat kürzlich ( Did. No. 283 ) einen Aufsatz über das Elsaß gebracht, aus dem hervorgeht, daß der Weinbau ein sehr ausgedehnter dort ist und 25,000 Hektare um- faßt. Der Tabakbau nimmt 3250 Hektare ein, die5 1 / 2 Mill. Kilogramme liefern. Beide Kulturen werden bedeutend gewinnen, namentlich erstere, da Elsaß ringsum von weinbauenden Gegenden umgeben ist, und daher nichts ausführen konnte. Jetzt wird es seinen Wein nach dem Norden und Osten bringen. Der Handel wird entschieden einen großen Aufschwung neh- men, da der Rhein und eine Masse Eisenbahnen dem Lande jetzt offen stehen und die Schiffe nun Rückfracht haben können, außerdem aber auch die niedrigeren Zölle des Zollvereins die Einfuhr erleichtern. Nach dem Krieg? II. P. B. Welchen Einfluß wird der Krieg auf die deutsche Wirthschaft haben? Oder mit andern Worten wie wird sich die deutsche Wirthschaft nach dem Krieg entwickeln? Einem unserer früheren Aufsätze haben wir das Motto voran gestellt: „Wenn Krieg unvermeidlich, dann ist Sieg die beste Wirth-

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Zitationshilfe: Der Arbeitgeber. Nr. 704. Frankfurt a. M., 29. Oktober 1870, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_arbeitgeber0704_1870/1>, abgerufen am 21.11.2024.