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Der Arbeitgeber. Nr. 676. Frankfurt a. M., 15. April 1870.

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[Beginn Spaltensatz]

Der "Arbeitgeber" erscheint
wöchentlich,
die "Patentliste" monatlich.
Preis: 1 / 2 jährl. in Preußen
3 fl. 2 kr. od. 1 Thlr. 22 Gr.,
bei allen übrigen deutschen
Postämtern 2 fl. 55 kr. od.
1 2 / 3 Thlr. Anzeigen: für die
dreispaltige Petitzeile od. deren
Raum 6 kr. Der Betrag wird
durch Postnachnahme erhoben.
Kleine Beträge können durch
Briefmarken ausgeglichen
werden.
Red. des "Arbeitgeber",
Gallusgasse 9.
in Frankfurt a. M.

[Spaltenumbruch]
Der
Arbeitgeber.
Archiv für die gesammte Volkswirthschaft,
Central-Anzeiger für Stellen- und Arbeitergesuche.
[Spaltenumbruch]

Bestellungen werden von allen
Postämtern u. Buchhandlun-
gen, von letzteren auch Jnse-
rate
jederzeit angenommen.
Briefe werden franco erbeten.
Das Patent= u. Maschinen-
Geschäft des "Arbeitgeber"
übernimmt die Ausführung
neuer Erfindungen, vermit-
telt den Ankauf ( zum Fabrik-
preis ) und Verkauf von Ma-
schinen aller Art, es besorgt
Patente für alle Länder und
übernimmt deren Ver-
werthung.

[Ende Spaltensatz]

Nro 676.
Usingen bei
Frankfurt a. M., 15. April
1870.


[Beginn Spaltensatz]
Gegen die stehenden Heere
von F. Perrot.

   Caeterum censeo....

Die "Volkswirthschaft" ist eine Wissenschaft, für welche sich
jeder Staatsbürger möglichst eifrig interessiren sollte, weil sein eigenes
Wohl und Wehe von der mehr oder minder richtigen Führung der
Gesammtwirthschaft, das heißt des Staatshaushaltes, im höchsten Grade
mit abhängig ist. Wenn der Staat, wie rechnungsmäßig feststeht, so
viel für Militär ausgiebt, daß er dadurch Schulden auf Schulden
häuft, die Steuern immer höher hinauf schraubt und dennoch kein
Geld übrig behält, um genug Schulmeister anzustellen und die ange-
stellten anständig zu bezahlen, um eine Eisenbahn, eine Straße, einen
gemeinnützigen Canal zu bauen, um eine nöthige Zolltarifform durch-
zuführen, eine erforderliche Landesmelioration vorzunehmen ec., so
sind das Sachen, deren Konsequenzen sich direkt und indirekt auf den
Geldbeutel jedes Einzelnen erstrecken und -- " in Geldsachen hört
die Gemüthlichkeit auf,
" sagte der selige Hansemann.

Nach dieser Einleitung wollen wir auf zwei neue volkswirth-
schaftliche Werke aufmerksam machen.

Jm Verlage von J. J. Weber in Leipzig sind eine Reihe von
Werkchen erschienen, welche in Form von Katechismen -- größten-
theils mit Jllustrationen -- gemeinfaßliche Belehrung aus den Ge-
bieten der Wissenschaften, Künste und Gewerbe darbieten. Ein neuer
Katechismus hat sich den bereits vorhandenen angeschlossen unter dem
Titel:

" Katechismus der Finanzwissenschaft von Alois
Bischof.
"

Jn der Einleitung sagt der Verfasser u. A.: " Es kann wohl
kein begründeter Zweifel darüber bestehen, daß die
Kenntniß der Grundbegriffe und der Hauptlehren der
Finanzwissenschaft für jeden Staatsbürger zur Noth-
wendigkeit geworden ist.
"

Als Jnhaltsprobe theilen wir aus dem trefflichen Werkchen,
welches übrigens nur 10 Sgr. kostet, die folgenden beiden Fragen
nebst zugehörigen Antworten mit:

Frage 26. -- Entspricht die gegenwärtige Verthei-
lung der Staatsausgaben in Europa den Ansprüchen,
welche den einzelnen Staatszwecken in civilisirten
Staaten eingeräumt werden sollen?

Antw. -- Nein! Eine Störung des naturgemäßen Systems wird
herbeigeführt durch die übermäßigen Ausgaben für Krieg und Militär,
theilweise für den fürstlichen Hofhalt.

Frage 27. -- Wie verhalten sich in den europäischen
Staaten, die durchschnittlichen jährlichen Ausgaben
für Militär und Krieg zu der Gesammtsumme der jähr-
lichen Staatseinkünfte?

Antw. -- Der Militär= und Kriegsaufwand absorbirt von den
2100 Millionen Thalern Staatseinkünfte in Europa die ungeheuere
Summe von 680 Millionen; außerdem rühren von der Staatsschuld,
für welche 600 Millionen Thaler jährlich verwendet werden, 3 / 4 von
Kriegs= und Militäraufwand her!

So werden z. B. von je 1000 Frcs. des Staatsbudgets ver-
wendet

für Krieg für Unterricht
in Frankreich29511
" Oesterreich27019
für Krieg für Unterricht
in Baiern21922
" Sachsen21837
" Würtemberg21847
" Baden18233

-- Das zweite Buch, welches wir der Aufmerksamkeit empfehlen
wollten, behandelt die jetzt so wichtige Frage der Besteuerungsreform
unter dem Titel:

" Die moderne Besteuerung und die Besteuerungs-
reform
ec. von Dr. Heinrich Maurus. " Heidelberg 1870.

Auch hier stoßen wir wieder auf die Militärfrage, als auf den
Angelpunkt unserer gesammten wirthschaftlichen Gegenwart und Zu-
kunft. Das folgende Citat aus dem Buche schließt sich an das
oben aus dem "Katechismus der Finanzwissenschaft" gegebene inhaltlich
vortrefflich an:

"Die Auslagen für die Landarmee in Oestreich " -- sagt
Maurus, Seite 296 -- "betrugen nach dem Voranschlage pro 1867
die Summe von 79,070,000 Gulden oder 20,65 pCt. der Summe
der ordentlichen Ausgaben des ganzen Reiches in demselben Jahre.
Die Auslagen des preußischen Kriegsministeriums betrugen
nach dem Voranschlage pro 1867 die Summe von 41,574,348 Thlr.
oder 27.06 pCt. der gesammten Regierungsausgaben des Ordinariums.
Die Auslagen für das Landheer in Frankreich betrugen nach dem
Voranschlage pro 1868 die Summe 363,002,238 Frcs. oder 23,43 pCt.
der Summe aller ordentlichen Regierungsausgaben. Bei diesen Regie-
rungsausgaben war die Mannschaftszahl des Heeres überall auf den
Friedensstand reduzirt, welcher in Preußen ca. 200,000 Mann, in
Oestreich ca. 270,000 Mann und in Frankreich ca. 400,000 Mann
betrug. Auf Grund dieser Friedensauslagen konnte der Mannschafts-
stand für den Kriegsfall -- natürlich unter entsprechender Erhöhung
der laufenden Auslagen -- in Preußen auf ca. 600,000 Mann, in
Oestreich auf ca. 700,000 Mann und in Frankreich auf ca. 800,000
Mann gebracht werden, das sind beiläufig 3 pCt. der Bevölkerung
in Preußen und
2 pCt. derselben in Oestreich und Frank-
reich.
-- Die Schweiz dagegen ruft für den Kriegsfall 204,704
Soldaten -- ohne Landsturm -- in's Feld, oder ca. 8 pCt. der
Bevölkerung,
während ihre gesammten Friedensauslagen für das
Militärwesen, beim Bunde sowohl als in den einzelnen Cantonen,
zusammen nur 6,572,308 Frcs. betragen. Demnach berechnen
sich die Militärauslagen im Frieden auf den Mannschaftsstand im
Kriege, in der Schweiz mit 32 Frcs. pr. Mann, in Preu-
ßen mit 69 Thlr. oder 265 Frcs., in Oestreich mit
96 Gulden oder 240 Frcs. und in Frankreich gar mit
454 Frcs. per Soldat, oder es leistet thatsächlich das
Milizsystem der [unleserliches Material - 7 Zeichen fehlen]Schweiz gegen Preußen um
8 Mal,
gegen Oestreich um7 1 / 2 Mal und gegen Frankreich um
14 Mal mehr für den Kriegsfall, als das System der
stehenden Heere in den letzteren Staaten. Es würde
daher unter der Annahme der schweizerischen Militär-
organisation die Friedensmilitärauslage von
32,000,000
Frcs.. oder 8,650,000 Thlr. oder 12,840,000 Gulden ge-
nügen, um je eine Million Soldaten in diesen Staaten
für den Kriegsfall marschbereit und gerüstet zu haben,
während in Preußen für
6 / 10 dieser Kriegsstärke das
ca. Fünffache, in Oestreich für
7 / 10 das Sechsfache und
in Frankreich
für 8 / 10 fast das Zwölffache dieses Noth-
wendigen ausgegeben wird.
-- Jn Preußen würden dadurch

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Der „Arbeitgeber“ erscheint
wöchentlich,
die „Patentliste“ monatlich.
Preis: 1 / 2 jährl. in Preußen
3 fl. 2 kr. od. 1 Thlr. 22 Gr.,
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1 2 / 3 Thlr. Anzeigen: für die
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Red. des „Arbeitgeber“,
Gallusgasse 9.
in Frankfurt a. M.

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Arbeitgeber.
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Central-Anzeiger für Stellen- und Arbeitergesuche.
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rate
jederzeit angenommen.
Briefe werden franco erbeten.
Das Patent= u. Maschinen-
Geschäft des „Arbeitgeber“
übernimmt die Ausführung
neuer Erfindungen, vermit-
telt den Ankauf ( zum Fabrik-
preis ) und Verkauf von Ma-
schinen aller Art, es besorgt
Patente für alle Länder und
übernimmt deren Ver-
werthung.

[Ende Spaltensatz]

Nro 676.
Usingen bei
Frankfurt a. M., 15. April
1870.


[Beginn Spaltensatz]
Gegen die stehenden Heere
von F. Perrot.

   Caeterum censeo....

Die „Volkswirthschaft“ ist eine Wissenschaft, für welche sich
jeder Staatsbürger möglichst eifrig interessiren sollte, weil sein eigenes
Wohl und Wehe von der mehr oder minder richtigen Führung der
Gesammtwirthschaft, das heißt des Staatshaushaltes, im höchsten Grade
mit abhängig ist. Wenn der Staat, wie rechnungsmäßig feststeht, so
viel für Militär ausgiebt, daß er dadurch Schulden auf Schulden
häuft, die Steuern immer höher hinauf schraubt und dennoch kein
Geld übrig behält, um genug Schulmeister anzustellen und die ange-
stellten anständig zu bezahlen, um eine Eisenbahn, eine Straße, einen
gemeinnützigen Canal zu bauen, um eine nöthige Zolltarifform durch-
zuführen, eine erforderliche Landesmelioration vorzunehmen ec., so
sind das Sachen, deren Konsequenzen sich direkt und indirekt auf den
Geldbeutel jedes Einzelnen erstrecken und -- „ in Geldsachen hört
die Gemüthlichkeit auf,
“ sagte der selige Hansemann.

Nach dieser Einleitung wollen wir auf zwei neue volkswirth-
schaftliche Werke aufmerksam machen.

Jm Verlage von J. J. Weber in Leipzig sind eine Reihe von
Werkchen erschienen, welche in Form von Katechismen -- größten-
theils mit Jllustrationen -- gemeinfaßliche Belehrung aus den Ge-
bieten der Wissenschaften, Künste und Gewerbe darbieten. Ein neuer
Katechismus hat sich den bereits vorhandenen angeschlossen unter dem
Titel:

Katechismus der Finanzwissenschaft von Alois
Bischof.

Jn der Einleitung sagt der Verfasser u. A.: „ Es kann wohl
kein begründeter Zweifel darüber bestehen, daß die
Kenntniß der Grundbegriffe und der Hauptlehren der
Finanzwissenschaft für jeden Staatsbürger zur Noth-
wendigkeit geworden ist.

Als Jnhaltsprobe theilen wir aus dem trefflichen Werkchen,
welches übrigens nur 10 Sgr. kostet, die folgenden beiden Fragen
nebst zugehörigen Antworten mit:

Frage 26. -- Entspricht die gegenwärtige Verthei-
lung der Staatsausgaben in Europa den Ansprüchen,
welche den einzelnen Staatszwecken in civilisirten
Staaten eingeräumt werden sollen?

Antw. -- Nein! Eine Störung des naturgemäßen Systems wird
herbeigeführt durch die übermäßigen Ausgaben für Krieg und Militär,
theilweise für den fürstlichen Hofhalt.

Frage 27. -- Wie verhalten sich in den europäischen
Staaten, die durchschnittlichen jährlichen Ausgaben
für Militär und Krieg zu der Gesammtsumme der jähr-
lichen Staatseinkünfte?

Antw. -- Der Militär= und Kriegsaufwand absorbirt von den
2100 Millionen Thalern Staatseinkünfte in Europa die ungeheuere
Summe von 680 Millionen; außerdem rühren von der Staatsschuld,
für welche 600 Millionen Thaler jährlich verwendet werden, 3 / 4 von
Kriegs= und Militäraufwand her!

So werden z. B. von je 1000 Frcs. des Staatsbudgets ver-
wendet

für Krieg für Unterricht
in Frankreich29511
„ Oesterreich27019
für Krieg für Unterricht
in Baiern21922
„ Sachsen21837
„ Würtemberg21847
„ Baden18233

-- Das zweite Buch, welches wir der Aufmerksamkeit empfehlen
wollten, behandelt die jetzt so wichtige Frage der Besteuerungsreform
unter dem Titel:

Die moderne Besteuerung und die Besteuerungs-
reform
ec. von Dr. Heinrich Maurus. “ Heidelberg 1870.

Auch hier stoßen wir wieder auf die Militärfrage, als auf den
Angelpunkt unserer gesammten wirthschaftlichen Gegenwart und Zu-
kunft. Das folgende Citat aus dem Buche schließt sich an das
oben aus dem „Katechismus der Finanzwissenschaft“ gegebene inhaltlich
vortrefflich an:

„Die Auslagen für die Landarmee in Oestreich “ -- sagt
Maurus, Seite 296 -- „betrugen nach dem Voranschlage pro 1867
die Summe von 79,070,000 Gulden oder 20,65 pCt. der Summe
der ordentlichen Ausgaben des ganzen Reiches in demselben Jahre.
Die Auslagen des preußischen Kriegsministeriums betrugen
nach dem Voranschlage pro 1867 die Summe von 41,574,348 Thlr.
oder 27.06 pCt. der gesammten Regierungsausgaben des Ordinariums.
Die Auslagen für das Landheer in Frankreich betrugen nach dem
Voranschlage pro 1868 die Summe 363,002,238 Frcs. oder 23,43 pCt.
der Summe aller ordentlichen Regierungsausgaben. Bei diesen Regie-
rungsausgaben war die Mannschaftszahl des Heeres überall auf den
Friedensstand reduzirt, welcher in Preußen ca. 200,000 Mann, in
Oestreich ca. 270,000 Mann und in Frankreich ca. 400,000 Mann
betrug. Auf Grund dieser Friedensauslagen konnte der Mannschafts-
stand für den Kriegsfall -- natürlich unter entsprechender Erhöhung
der laufenden Auslagen -- in Preußen auf ca. 600,000 Mann, in
Oestreich auf ca. 700,000 Mann und in Frankreich auf ca. 800,000
Mann gebracht werden, das sind beiläufig 3 pCt. der Bevölkerung
in Preußen und
2 pCt. derselben in Oestreich und Frank-
reich.
-- Die Schweiz dagegen ruft für den Kriegsfall 204,704
Soldaten -- ohne Landsturm -- in's Feld, oder ca. 8 pCt. der
Bevölkerung,
während ihre gesammten Friedensauslagen für das
Militärwesen, beim Bunde sowohl als in den einzelnen Cantonen,
zusammen nur 6,572,308 Frcs. betragen. Demnach berechnen
sich die Militärauslagen im Frieden auf den Mannschaftsstand im
Kriege, in der Schweiz mit 32 Frcs. pr. Mann, in Preu-
ßen mit 69 Thlr. oder 265 Frcs., in Oestreich mit
96 Gulden oder 240 Frcs. und in Frankreich gar mit
454 Frcs. per Soldat, oder es leistet thatsächlich das
Milizsystem der [unleserliches Material – 7 Zeichen fehlen]Schweiz gegen Preußen um
8 Mal,
gegen Oestreich um7 1 / 2 Mal und gegen Frankreich um
14 Mal mehr für den Kriegsfall, als das System der
stehenden Heere in den letzteren Staaten. Es würde
daher unter der Annahme der schweizerischen Militär-
organisation die Friedensmilitärauslage von
32,000,000
Frcs.. oder 8,650,000 Thlr. oder 12,840,000 Gulden ge-
nügen, um je eine Million Soldaten in diesen Staaten
für den Kriegsfall marschbereit und gerüstet zu haben,
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6 / 10 dieser Kriegsstärke das
ca. Fünffache, in Oestreich für
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[0001] Der „Arbeitgeber“ erscheint wöchentlich, die „Patentliste“ monatlich. Preis: 1 / 2 jährl. in Preußen 3 fl. 2 kr. od. 1 Thlr. 22 Gr., bei allen übrigen deutschen Postämtern 2 fl. 55 kr. od. 1 2 / 3 Thlr. Anzeigen: für die dreispaltige Petitzeile od. deren Raum 6 kr. Der Betrag wird durch Postnachnahme erhoben. Kleine Beträge können durch Briefmarken ausgeglichen werden. Red. des „Arbeitgeber“, Gallusgasse 9. in Frankfurt a. M. Der Arbeitgeber. Archiv für die gesammte Volkswirthschaft, Central-Anzeiger für Stellen- und Arbeitergesuche. Bestellungen werden von allen Postämtern u. Buchhandlun- gen, von letzteren auch Jnse- rate jederzeit angenommen. Briefe werden franco erbeten. Das Patent= u. Maschinen- Geschäft des „Arbeitgeber“ übernimmt die Ausführung neuer Erfindungen, vermit- telt den Ankauf ( zum Fabrik- preis ) und Verkauf von Ma- schinen aller Art, es besorgt Patente für alle Länder und übernimmt deren Ver- werthung. Nro 676. Usingen bei Frankfurt a. M., 15. April 1870. Gegen die stehenden Heere von F. Perrot. Caeterum censeo.... Die „Volkswirthschaft“ ist eine Wissenschaft, für welche sich jeder Staatsbürger möglichst eifrig interessiren sollte, weil sein eigenes Wohl und Wehe von der mehr oder minder richtigen Führung der Gesammtwirthschaft, das heißt des Staatshaushaltes, im höchsten Grade mit abhängig ist. Wenn der Staat, wie rechnungsmäßig feststeht, so viel für Militär ausgiebt, daß er dadurch Schulden auf Schulden häuft, die Steuern immer höher hinauf schraubt und dennoch kein Geld übrig behält, um genug Schulmeister anzustellen und die ange- stellten anständig zu bezahlen, um eine Eisenbahn, eine Straße, einen gemeinnützigen Canal zu bauen, um eine nöthige Zolltarifform durch- zuführen, eine erforderliche Landesmelioration vorzunehmen ec., so sind das Sachen, deren Konsequenzen sich direkt und indirekt auf den Geldbeutel jedes Einzelnen erstrecken und -- „ in Geldsachen hört die Gemüthlichkeit auf, “ sagte der selige Hansemann. Nach dieser Einleitung wollen wir auf zwei neue volkswirth- schaftliche Werke aufmerksam machen. Jm Verlage von J. J. Weber in Leipzig sind eine Reihe von Werkchen erschienen, welche in Form von Katechismen -- größten- theils mit Jllustrationen -- gemeinfaßliche Belehrung aus den Ge- bieten der Wissenschaften, Künste und Gewerbe darbieten. Ein neuer Katechismus hat sich den bereits vorhandenen angeschlossen unter dem Titel: „ Katechismus der Finanzwissenschaft von Alois Bischof. “ Jn der Einleitung sagt der Verfasser u. A.: „ Es kann wohl kein begründeter Zweifel darüber bestehen, daß die Kenntniß der Grundbegriffe und der Hauptlehren der Finanzwissenschaft für jeden Staatsbürger zur Noth- wendigkeit geworden ist. “ Als Jnhaltsprobe theilen wir aus dem trefflichen Werkchen, welches übrigens nur 10 Sgr. kostet, die folgenden beiden Fragen nebst zugehörigen Antworten mit: Frage 26. -- Entspricht die gegenwärtige Verthei- lung der Staatsausgaben in Europa den Ansprüchen, welche den einzelnen Staatszwecken in civilisirten Staaten eingeräumt werden sollen? Antw. -- Nein! Eine Störung des naturgemäßen Systems wird herbeigeführt durch die übermäßigen Ausgaben für Krieg und Militär, theilweise für den fürstlichen Hofhalt. Frage 27. -- Wie verhalten sich in den europäischen Staaten, die durchschnittlichen jährlichen Ausgaben für Militär und Krieg zu der Gesammtsumme der jähr- lichen Staatseinkünfte? Antw. -- Der Militär= und Kriegsaufwand absorbirt von den 2100 Millionen Thalern Staatseinkünfte in Europa die ungeheuere Summe von 680 Millionen; außerdem rühren von der Staatsschuld, für welche 600 Millionen Thaler jährlich verwendet werden, 3 / 4 von Kriegs= und Militäraufwand her! So werden z. B. von je 1000 Frcs. des Staatsbudgets ver- wendet für Krieg für Unterricht in Frankreich 295 11 „ Oesterreich 270 19 für Krieg für Unterricht in Baiern 219 22 „ Sachsen 218 37 „ Würtemberg 218 47 „ Baden 182 33 -- Das zweite Buch, welches wir der Aufmerksamkeit empfehlen wollten, behandelt die jetzt so wichtige Frage der Besteuerungsreform unter dem Titel: „ Die moderne Besteuerung und die Besteuerungs- reform ec. von Dr. Heinrich Maurus. “ Heidelberg 1870. Auch hier stoßen wir wieder auf die Militärfrage, als auf den Angelpunkt unserer gesammten wirthschaftlichen Gegenwart und Zu- kunft. Das folgende Citat aus dem Buche schließt sich an das oben aus dem „Katechismus der Finanzwissenschaft“ gegebene inhaltlich vortrefflich an: „Die Auslagen für die Landarmee in Oestreich “ -- sagt Maurus, Seite 296 -- „betrugen nach dem Voranschlage pro 1867 die Summe von 79,070,000 Gulden oder 20,65 pCt. der Summe der ordentlichen Ausgaben des ganzen Reiches in demselben Jahre. Die Auslagen des preußischen Kriegsministeriums betrugen nach dem Voranschlage pro 1867 die Summe von 41,574,348 Thlr. oder 27.06 pCt. der gesammten Regierungsausgaben des Ordinariums. Die Auslagen für das Landheer in Frankreich betrugen nach dem Voranschlage pro 1868 die Summe 363,002,238 Frcs. oder 23,43 pCt. der Summe aller ordentlichen Regierungsausgaben. Bei diesen Regie- rungsausgaben war die Mannschaftszahl des Heeres überall auf den Friedensstand reduzirt, welcher in Preußen ca. 200,000 Mann, in Oestreich ca. 270,000 Mann und in Frankreich ca. 400,000 Mann betrug. Auf Grund dieser Friedensauslagen konnte der Mannschafts- stand für den Kriegsfall -- natürlich unter entsprechender Erhöhung der laufenden Auslagen -- in Preußen auf ca. 600,000 Mann, in Oestreich auf ca. 700,000 Mann und in Frankreich auf ca. 800,000 Mann gebracht werden, das sind beiläufig 3 pCt. der Bevölkerung in Preußen und 2 pCt. derselben in Oestreich und Frank- reich. -- Die Schweiz dagegen ruft für den Kriegsfall 204,704 Soldaten -- ohne Landsturm -- in's Feld, oder ca. 8 pCt. der Bevölkerung, während ihre gesammten Friedensauslagen für das Militärwesen, beim Bunde sowohl als in den einzelnen Cantonen, zusammen nur 6,572,308 Frcs. betragen. Demnach berechnen sich die Militärauslagen im Frieden auf den Mannschaftsstand im Kriege, in der Schweiz mit 32 Frcs. pr. Mann, in Preu- ßen mit 69 Thlr. oder 265 Frcs., in Oestreich mit 96 Gulden oder 240 Frcs. und in Frankreich gar mit 454 Frcs. per Soldat, oder es leistet thatsächlich das Milizsystem der _______Schweiz gegen Preußen um 8 Mal, gegen Oestreich um7 1 / 2 Mal und gegen Frankreich um 14 Mal mehr für den Kriegsfall, als das System der stehenden Heere in den letzteren Staaten. Es würde daher unter der Annahme der schweizerischen Militär- organisation die Friedensmilitärauslage von 32,000,000 Frcs.. oder 8,650,000 Thlr. oder 12,840,000 Gulden ge- nügen, um je eine Million Soldaten in diesen Staaten für den Kriegsfall marschbereit und gerüstet zu haben, während in Preußen für 6 / 10 dieser Kriegsstärke das ca. Fünffache, in Oestreich für 7 / 10 das Sechsfache und in Frankreich für 8 / 10 fast das Zwölffache dieses Noth- wendigen ausgegeben wird. -- Jn Preußen würden dadurch

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Zitationshilfe: Der Arbeitgeber. Nr. 676. Frankfurt a. M., 15. April 1870, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_arbeitgeber0676_1870/1>, abgerufen am 21.11.2024.