[N. N.]: Unsere moderne Bildung im Bunde mit der Anarchie. Stuttgart, 1852.erwarten kann, Liebe zum Guten, einen sittlichen Willen, erwarten kann, Liebe zum Guten, einen ſittlichen Willen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0070" n="64"/> erwarten kann, Liebe zum Guten, einen ſittlichen Willen,<lb/> das iſt rein unbegreiflich. Eine <hi rendition="#g">Bildung,</hi> welche derar-<lb/> tigen Selbſttäuſchungen das Wort redet, iſt eine <hi rendition="#g">Nebel-<lb/> kappe,</hi> welche man den Leuten über die Ohren zieht, ſo daß<lb/> ſie am hellen Tage im Finſtern tappen. Eine ſolche Bil-<lb/> dung muß ſich nothwendig von der Anſicht leiten laſſen,<lb/> daß ſie durch die Pflege der <hi rendition="#g">Jntelligenz,</hi> durch Unter-<lb/> richt und durch Einrichtungen, welche den Anforderungen<lb/> des Verſtandes entſprechen, zugleich auch die <hi rendition="#g">ſittlichen</hi><lb/> Bedürfniſſe befriedige, während es doch eine unleugbare<lb/> Thatſache iſt, daß man bei aller Geiſtesbildung, bei aller<lb/> Gelehrſamkeit, bei aller Gewandtheit in den Geſchäftsfor-<lb/> men, an Geſinnung und an ſittlichem Gehalte auf gleicher<lb/> Stufe mit dem <hi rendition="#g">Zuchthäusler</hi> ſtehen könne, und ſie wird,<lb/> während ſie nur darauf bedacht iſt, die Anforderungen des<lb/> Verſtandes zu befriedigen, das ſittliche Element in uns<lb/> immer mehr verkümmern laſſen. Dieſes iſt wohl der Stand-<lb/> punkt der Mehrzahl unſerer „Konſervativen“, ein Stand-<lb/> punkt, welcher unmöglich Kraft zum Widerſtand gegen die<lb/> Anarchie verleihen kann. Da aber das Erzwungene und<lb/> Unwahre dieſes Standpunktes allzu augenſcheinlich iſt und ſeine<lb/> Unhaltbarkeit durch die tägliche Erfahrung immer mehr hervor-<lb/> tritt, ſo verliert dieſe Partei täglich mehr von ihrem Anhang, und<lb/> vergrößert durch ihre Verluſte jene erſtere Partei, deren Anſich-<lb/> ten unvermeidlich zum Materialismus und zur Anarchie führen.<lb/> Andere, welche minder leichten Kaufes in den Untergang<lb/> des Staates und der Geſellſchaft einwilligen, aber daran<lb/> verzweifeln, durch fortgeſetzte und neue Experimente des Ver-<lb/> ſtandes der Anarchie einen Damm entgegenſtellen zu können,<lb/> predigen uns bereits den „Cäſarismus“, d. h. auf gut Deutſch<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [64/0070]
erwarten kann, Liebe zum Guten, einen ſittlichen Willen,
das iſt rein unbegreiflich. Eine Bildung, welche derar-
tigen Selbſttäuſchungen das Wort redet, iſt eine Nebel-
kappe, welche man den Leuten über die Ohren zieht, ſo daß
ſie am hellen Tage im Finſtern tappen. Eine ſolche Bil-
dung muß ſich nothwendig von der Anſicht leiten laſſen,
daß ſie durch die Pflege der Jntelligenz, durch Unter-
richt und durch Einrichtungen, welche den Anforderungen
des Verſtandes entſprechen, zugleich auch die ſittlichen
Bedürfniſſe befriedige, während es doch eine unleugbare
Thatſache iſt, daß man bei aller Geiſtesbildung, bei aller
Gelehrſamkeit, bei aller Gewandtheit in den Geſchäftsfor-
men, an Geſinnung und an ſittlichem Gehalte auf gleicher
Stufe mit dem Zuchthäusler ſtehen könne, und ſie wird,
während ſie nur darauf bedacht iſt, die Anforderungen des
Verſtandes zu befriedigen, das ſittliche Element in uns
immer mehr verkümmern laſſen. Dieſes iſt wohl der Stand-
punkt der Mehrzahl unſerer „Konſervativen“, ein Stand-
punkt, welcher unmöglich Kraft zum Widerſtand gegen die
Anarchie verleihen kann. Da aber das Erzwungene und
Unwahre dieſes Standpunktes allzu augenſcheinlich iſt und ſeine
Unhaltbarkeit durch die tägliche Erfahrung immer mehr hervor-
tritt, ſo verliert dieſe Partei täglich mehr von ihrem Anhang, und
vergrößert durch ihre Verluſte jene erſtere Partei, deren Anſich-
ten unvermeidlich zum Materialismus und zur Anarchie führen.
Andere, welche minder leichten Kaufes in den Untergang
des Staates und der Geſellſchaft einwilligen, aber daran
verzweifeln, durch fortgeſetzte und neue Experimente des Ver-
ſtandes der Anarchie einen Damm entgegenſtellen zu können,
predigen uns bereits den „Cäſarismus“, d. h. auf gut Deutſch
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