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[N. N.]: Unsere moderne Bildung im Bunde mit der Anarchie. Stuttgart, 1852.

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aber trotz aller dieser Verschiedenheiten die Bedingungen für
das sittliche Gedeihen des Menschen zu allen Zeiten die
gleichen waren, daß von der Erfüllung dieser Bedingungen
immer und überall gleichmäßig das wahre innere Glück
des Menschen abhängig war, und daß es daher unabhängig
von unserem Denken und von den Formen unserer Bildung
eine sich ewig gleich bleibende höchste sittliche Macht geben
müsse, von welcher unter keinen Verhältnissen unser Gewissen
und unser Willen sich ungestraft lossagen kann. Und was
zuerst im Einzelnen die biographische Behandlung des Ge-
schichtsunterrichts lehrte, das kann dann auf einer etwas
höheren Stufe in umfassenderen Bildern die Geschichte der
einzelnen Völker und Staaten durch die eindringlichsten Leh-
ren bestätigen. Aber wenn der? geschichtliche Unterricht sei-
nen Werth in der Masse der Thatsachen sucht, welche er
mittheilt, und in der Leichtigkeit, mit welcher der Schüler
das ungeheure Material zu ordnen und zu übersehen ver-
mag, so wird man von einem in dieser Richtung ertheilten
Unterricht vergeblich eine erziehende Wirkung erwarten. Jm
Gegentheil wird dabei viel eher zu erwarten sein, daß der
Schüler sich hieraus entweder nur die trostlose Lehre von
einem zu keinem bleibenden Ergebniß führenden Ringen der
Menschheit nach Verbesserung ihrer Zustände entnehmen werde,
oder daß er aus der Vergleichung der verschiedenen politischen
Einrichtungen und ihrer Wirkung blos Lehren der Klugheit
schöpfen werde, welche ihn befähigen sollen, aus eigener ver-
ständiger Berechnung und ohne den Hinblick auf ein höhe-
res Gesetz die besten Staatsformen zu erdenken. Nun ist es
aber ja gar nicht in die freie Wahl des Lehrers gelegt, in
welchem Sinne und in welcher Richtung er seinen Unterricht

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aber trotz aller dieſer Verſchiedenheiten die Bedingungen für
das ſittliche Gedeihen des Menſchen zu allen Zeiten die
gleichen waren, daß von der Erfüllung dieſer Bedingungen
immer und überall gleichmäßig das wahre innere Glück
des Menſchen abhängig war, und daß es daher unabhängig
von unſerem Denken und von den Formen unſerer Bildung
eine ſich ewig gleich bleibende höchſte ſittliche Macht geben
müſſe, von welcher unter keinen Verhältniſſen unſer Gewiſſen
und unſer Willen ſich ungeſtraft losſagen kann. Und was
zuerſt im Einzelnen die biographiſche Behandlung des Ge-
ſchichtsunterrichts lehrte, das kann dann auf einer etwas
höheren Stufe in umfaſſenderen Bildern die Geſchichte der
einzelnen Völker und Staaten durch die eindringlichſten Leh-
ren beſtätigen. Aber wenn der? geſchichtliche Unterricht ſei-
nen Werth in der Maſſe der Thatſachen ſucht, welche er
mittheilt, und in der Leichtigkeit, mit welcher der Schüler
das ungeheure Material zu ordnen und zu überſehen ver-
mag, ſo wird man von einem in dieſer Richtung ertheilten
Unterricht vergeblich eine erziehende Wirkung erwarten. Jm
Gegentheil wird dabei viel eher zu erwarten ſein, daß der
Schüler ſich hieraus entweder nur die troſtloſe Lehre von
einem zu keinem bleibenden Ergebniß führenden Ringen der
Menſchheit nach Verbeſſerung ihrer Zuſtände entnehmen werde,
oder daß er aus der Vergleichung der verſchiedenen politiſchen
Einrichtungen und ihrer Wirkung blos Lehren der Klugheit
ſchöpfen werde, welche ihn befähigen ſollen, aus eigener ver-
ſtändiger Berechnung und ohne den Hinblick auf ein höhe-
res Geſetz die beſten Staatsformen zu erdenken. Nun iſt es
aber ja gar nicht in die freie Wahl des Lehrers gelegt, in
welchem Sinne und in welcher Richtung er ſeinen Unterricht

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[99/0105] aber trotz aller dieſer Verſchiedenheiten die Bedingungen für das ſittliche Gedeihen des Menſchen zu allen Zeiten die gleichen waren, daß von der Erfüllung dieſer Bedingungen immer und überall gleichmäßig das wahre innere Glück des Menſchen abhängig war, und daß es daher unabhängig von unſerem Denken und von den Formen unſerer Bildung eine ſich ewig gleich bleibende höchſte ſittliche Macht geben müſſe, von welcher unter keinen Verhältniſſen unſer Gewiſſen und unſer Willen ſich ungeſtraft losſagen kann. Und was zuerſt im Einzelnen die biographiſche Behandlung des Ge- ſchichtsunterrichts lehrte, das kann dann auf einer etwas höheren Stufe in umfaſſenderen Bildern die Geſchichte der einzelnen Völker und Staaten durch die eindringlichſten Leh- ren beſtätigen. Aber wenn der? geſchichtliche Unterricht ſei- nen Werth in der Maſſe der Thatſachen ſucht, welche er mittheilt, und in der Leichtigkeit, mit welcher der Schüler das ungeheure Material zu ordnen und zu überſehen ver- mag, ſo wird man von einem in dieſer Richtung ertheilten Unterricht vergeblich eine erziehende Wirkung erwarten. Jm Gegentheil wird dabei viel eher zu erwarten ſein, daß der Schüler ſich hieraus entweder nur die troſtloſe Lehre von einem zu keinem bleibenden Ergebniß führenden Ringen der Menſchheit nach Verbeſſerung ihrer Zuſtände entnehmen werde, oder daß er aus der Vergleichung der verſchiedenen politiſchen Einrichtungen und ihrer Wirkung blos Lehren der Klugheit ſchöpfen werde, welche ihn befähigen ſollen, aus eigener ver- ſtändiger Berechnung und ohne den Hinblick auf ein höhe- res Geſetz die beſten Staatsformen zu erdenken. Nun iſt es aber ja gar nicht in die freie Wahl des Lehrers gelegt, in welchem Sinne und in welcher Richtung er ſeinen Unterricht 7 *

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Zitationshilfe: [N. N.]: Unsere moderne Bildung im Bunde mit der Anarchie. Stuttgart, 1852, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_anarchie_1852/105>, abgerufen am 24.11.2024.