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Allgemeine Zeitung, Nr. 97, 7. April 1849.

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[Spaltenumbruch] ner, welche ich aus Verona hatte nachrücken lassen, dann eine aus Mantua
gesendete Mörserbatterie in Brescia eingetroffen. Das Gränzbataillon
wurde sogleich verwendet, und dadurch die Beendigung des Kampfs be-
schleunigt. Allmählich ließ der Widerstand der Rebellen nach, und um
6 Uhr Abends waren unsere Truppen nicht nur im Besitz der ganzen Stadt,
sondern auch die Ruhe in derselben hergestellt. Unser Verlust in diesem
hartnäckigen und mörderischen Kampf, welcher -- mit Unterbrechnng von
wenigen Stunden in der Nacht -- von halb 4 Uhr Nachmittags des
31 März bis 5 Uhr Nachmittags des 1 Aprils wüthete, war bedeutend.
Noch vermag ich keine genaue Verlusteingabe zu senden; doch muß ich vor-
läufig gehorsamst melden daß Generalmajor Graf Nugent am Knöchel ei-
nes Fußes derart verwundet wurde, daß der Fuß amputirt werden mußte,
daß ferner der an Generalmajor Nugents Stelle das Commando führende
Oberst Graf Favancourt von Baden-Infanterie an der Spitze seiner Trup-
pen einen Schuß durch die Brust erhielt und in kurzer Zeit darauf starb,
daß Oberstlieutenant Miletz desselben Regiments schwer verwundet siel,
und von den Insurgenten auf gräßliche Weise ermordet und sein Leichnam
verstümmelt wurde. Im ganzen dürfte der Verlust betragen an Todten
5--6 Officiere und 80 Mann, an Verwundeten aber 10--12 Officiere und
mehr als 150 Mann. Die genaue Angabe dieser Verluste werde ich nach-
zutragen die Ehre haben. Den Verlust der Insurgenten vermag ich noch
nicht zu schätzen, doch kann ich anführen daß aller Orten eine bedeutende
Anzahl Leichen gefunden wurde. Alle Truppen, ihre braven Officiere an
der Spitze, haben mit außerordentlicher Tapferkeit und Hingebung ge-
kämpft, und ihr Benehmen verdient die größte Anerkennung. Wenn die-
ser lange und erbitterte Straßenkampf nicht ohne Excesse verlief, so ist
dieß unter solchen Umständen selbst bei der bestdisciplinirten Truppe nicht
zu verhindern. Ich werde nun auf das eifrigste bemüht seyn Ordnung
und Gesetz in der Stadt schnell hezustellen, und werde den Rückmarsch meiner
Truppen erst dann anordnen wenn ich die Stadt an Feldmarschalllieute-
nant Baron Appel übergeben haben werde, welcher laut einer erhaltenen
Mittheilung mit einem Theil seines Armeecorps heute den 2 April in
Brescia eintreffen wird. Vorläufig halte ich alle Thore stark besetzt, und
lasse niemanden ans der Stadt sich entfernen, um wo möglich der Haupt-
rädelsführer habhaft zü werden. Zum Beweis welcher Geist in der Stadt
Brescia herrschte, habe ich die Ehre anliegend einige von der Behörde der
Stadt hinausgegebene Proclamationen und Kundmachungen zu unter-
legen.
(Wir tragen das morgen nach.)


Die erwartete Auflösung der Deputirten-
kammer ist gestern publicirt worden. Die Italianissimi, wie man hier die
Exaltirten nennt, fluchen und verwünschen das neue Codini-Ministerium
und den neuen König, und senden sehnsüchtige Seufzer dem gefallenen Mi-
nisterium und König nach, dessen Sohn weniger Lust zu haben scheint den
Nachgiebigen zu spielen als der Vater. Diesen beabsichtigen unsre Demo-
kraten als Märtyrer der italienischen Freiheit zu canonisiren, und man
könnte sie alle für begeisterte Royalisten halten, wenn man die Lobprei-
sungen hört und liest mit denen sie ihn überschütten. Doch bis voriges
Jahr, wo die straffen Zügel des Absolutismus plötzlich die überraschendste
Elasticität annahmen, hatte man ganz andere Urtheile gehört. -- Karl
Albert hat sich unter dem Namen eines Grafen v. Bard (so heißt ein kö-
nigliches Schloß) in Nizza eingeschifft, soll am 31 März in Cannes an-
gelangt seyn, und von da aus nach Portugal zu gehen beabsichtigen, um
in Oporto seinen dauernden Wohnsitz aufzuschlagen. Man wollte sogar
wissen daß der Ex-König daselbst ein Militärhospital gründen, und dessen
Leitung übernehmen wolle. -- Von Genua kommen uns noch immer die
verworrensten Gerüchte zu. Bei der Nachricht der Annäherung der Di-
vision des Generals La Marmora soll die fanatisirte Menge, der die Bür-
gerwehr, wenn sie nicht zum Theil gemeinsame Sache mit ihr macht, sich
doch nicht zu widersetzen wagt, den Gouverneur, nach andern Berichten
seine Familie gefangen genommen und als Geiseln in Verwahrung haben.
Selbst die genuesischen Priester werden kriegsmuthig, und etwa hundert
von ihnen, wie die Democrazia Italiana erzählt, sollen Waffen verlangt
haben um sich an die Spitze des Volkes zu stellen und Krieg zu führen ge-
gen die Oesterreicher, oder, was minder gefährlich ist, gegen den Waffen-
stillstand von Novara. Die Bestätigung desselben ist von Wien oder viel-
mehr Olmütz noch nicht zurück. Gestern Abends kamen die beiden Mi-
nister von Frankreich und England hier an, die Hoffnung machen daß auf
Radetzky's eigene Verwendung bei dem österreichischen Cabinet die Be-
[Spaltenumbruch] setzung Alessandria's vielleicht unterbleiben werde. -- Der Prinz von Sa-
voyen-Carignan hat den Titel "königliche Hoheit" erhalten, und ist zum
Commandeur en Chef der gesammten Nationalgarde des Königreichs er-
nannt worden. Vor ihm bekleidete der jetzige König diese Würde. --
Gestern haben wir Ihre Zeitung vom 27 März erhalten, heute fehlt sie
wieder.


Diese Zeilen schreibe ich Ihnen unter
dem Wetterleuchten der Republik. Inneres, noch nicht aufgegebenes Ge-
lüsten von 1848, Zureden und Antreiben von Genf her, und das laute Ge-
rede in der französischen Nationalversammlung über die räthliche Be-
setzung Savoyens als Präventivmaßregel gegen Oesterreich, alles dieß
wirkt bei dem republicanischen Gelüsten zusammen. Wer kann wissen
was uns in den nächsten Tagen bevorsteht! Von Turin lauten die Nach-
richten beruhigender. Nachdem die Kammer sich unter Vortritt des Josti,
Lanza und einiger anderer Schlammvulcane durch Renommiren, Schimpfen
und Drohen gegen Feldmarschall Radetzky unsäglich lächerlich gemacht
hatte, da sie doch wissen mußte daß er nur einen Tagmarsch von Turin
steht und daß er bereits mit seinem siegreichen Heer da eingerückt wäre,
wenn er nicht der dringend verwendenden Bitte der Erzberzogin Adelheid,
der jetzigen Königin, freundlich nachgegeben und seine Truppen fürs erste
vom Einmarsch in der Hauptstadt zurückgehalten hätte. Die Kammer
weigerte sich bekanntlich den Waffenstillstand von Biella anzuerkennen,
wenn nicht die vom Feldmarschall ausgesprochenen harten Bedingungen
erleichtert würden; sie gab dem englischen und französischen Gesandten
Deputirte bei, um des Siegers Sinn in seinem Hauptquartier darum zu
erweichen. In demselben Augenblick aber wo nur dessen Wohlwollen zu
entscheiden hatte, häuft diese Kammer die lächerlichsten Behauptungen ge-
gen Radetzky und reizt ihn zu Zorn und Vergeltung. Dadurch wurde der
König veranlaßt am 29 März die Kammern bis zum 5 d. zu vertagen,
eine Maßregel welche die hier durchaus nöthige Auflösung einleitet. Man
hörte bei dieser Erklärung Pinelli's (Minister des Innern) das verschie-
denste Geschrei von den Tribünen: Viva l'Italia! Viva la Camera! Viva
la Repubblica!
Manche behaupten daß bereits österreichische Truppen in
Alessandria eingerückt seyen. Sie wissen durch die Zeitungen daß Gio-
berti wieder ins Ministerium getreten ist, als Staatssecretär ohne Porte-
feuille, einstweilen mit dem öffentlichen Unterricht beauftragt. Er gehört
zu denjenigen welche ihre frühern Meinungen nach der verlorenen Schlacht
bei Novara bedeutend geändert haben. -- Er-König Karl Albert ist nicht
an den Comer-See zu gegangen, sondern nach Nizza, und von da über den
Var nach Frankreich. Er wohnt jetzt in Antibes. Dort wird ihn die
Nachricht von der ihm durch die Kammern votirten Dankadresse sehr glück-
lich machen.

Handels- und Börsennachrichten.

Treasury Notes 1093/4. Curs auf England
107, 1071/4; Paris 5.35.


Consols 92 5/8 . Span. 3proc.
30 3/8 ; 5proc. 16 7/8 .


3proc. 56.80; 5proc. 88.70; Bankatien 2405; belg.
5proc. 921/4; Anleh. v. 1842 92; österr. Loose v. 1834 310; neap. 5proc.
80.80; röm. 761/2; span. 3proc. 301/4; piem. 900; St. Germain E.-B. 430;
Vers. rechte 230; linke 185; Paris-Orleans 877.50; Rouen 555; Straßburg
375; Nordbahn 465; Rouen Havre 290; Mars.-Avignon 228.75; Straßb.-
Basel 106.25; Orl.-Vierzon 360; Bordeaur 415; Tours-Nantes 333.75;
Dieppe-Fecamp 180; Montereau-Troyes 125.


21/2proc. 491/2; 3proc. 581/2; 4proc. 771/2; ost.
4proc. 761/4; Synd. 31/2proc. 791/2; port. 5proc. 28 1/8 ; Met. 5proc. 741/4;
belg. 21/2proc. 56 3/8 ; Ard. -1/2. Curs auf London 12.021/2 k. G.


Oesterr. 5proc. Met. 763/4; Bankactien
1194; preuß. 31/2proc. Staatsschuldscheine 801/2; bayer. Oblig. 31/2proc. 79;
Ludwigsh. Berbach 73 3/8 ; württ. 41/2proc. 94 5/8 ; 31/2proc. 78 7/8 ; bad. 5proc.
95 7/8 ; 31/2proc. 77; darmst. 31/2proc. 781/2; 4proc. 861/4; nass. 5proc. 99 7/8 ;
31/2proc. 803/4; Frankf. 3proc. 771/4; 31/2proc. 92; 881/2; Disc. 1.


5proc. Met. 853/4; Bankactien 1125; Nordbahn 951/2.



Verantwortliche Redaction:
Dr. Gustav Kolb. Dr. A. J. Altenhöfer. Dr. C. A. Mebold.
Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung in Stuttgart.


Das Register der Allgemeinen Zeitung 1848
ist durch alle Postämter und den Buchhandel a 45 kr. oder 15 Ngr. zu beziehen.

[Spaltenumbruch] ner, welche ich aus Verona hatte nachrücken laſſen, dann eine aus Mantua
geſendete Mörſerbatterie in Brescia eingetroffen. Das Gränzbataillon
wurde ſogleich verwendet, und dadurch die Beendigung des Kampfs be-
ſchleunigt. Allmählich ließ der Widerſtand der Rebellen nach, und um
6 Uhr Abends waren unſere Truppen nicht nur im Beſitz der ganzen Stadt,
ſondern auch die Ruhe in derſelben hergeſtellt. Unſer Verluſt in dieſem
hartnäckigen und mörderiſchen Kampf, welcher — mit Unterbrechnng von
wenigen Stunden in der Nacht — von halb 4 Uhr Nachmittags des
31 März bis 5 Uhr Nachmittags des 1 Aprils wüthete, war bedeutend.
Noch vermag ich keine genaue Verluſteingabe zu ſenden; doch muß ich vor-
läufig gehorſamſt melden daß Generalmajor Graf Nugent am Knöchel ei-
nes Fußes derart verwundet wurde, daß der Fuß amputirt werden mußte,
daß ferner der an Generalmajor Nugents Stelle das Commando führende
Oberſt Graf Favancourt von Baden-Infanterie an der Spitze ſeiner Trup-
pen einen Schuß durch die Bruſt erhielt und in kurzer Zeit darauf ſtarb,
daß Oberſtlieutenant Miletz desſelben Regiments ſchwer verwundet ſiel,
und von den Inſurgenten auf gräßliche Weiſe ermordet und ſein Leichnam
verſtümmelt wurde. Im ganzen dürfte der Verluſt betragen an Todten
5—6 Officiere und 80 Mann, an Verwundeten aber 10—12 Officiere und
mehr als 150 Mann. Die genaue Angabe dieſer Verluſte werde ich nach-
zutragen die Ehre haben. Den Verluſt der Inſurgenten vermag ich noch
nicht zu ſchätzen, doch kann ich anführen daß aller Orten eine bedeutende
Anzahl Leichen gefunden wurde. Alle Truppen, ihre braven Officiere an
der Spitze, haben mit außerordentlicher Tapferkeit und Hingebung ge-
kämpft, und ihr Benehmen verdient die größte Anerkennung. Wenn die-
ſer lange und erbitterte Straßenkampf nicht ohne Exceſſe verlief, ſo iſt
dieß unter ſolchen Umſtänden ſelbſt bei der beſtdisciplinirten Truppe nicht
zu verhindern. Ich werde nun auf das eifrigſte bemüht ſeyn Ordnung
und Geſetz in der Stadt ſchnell hezuſtellen, und werde den Rückmarſch meiner
Truppen erſt dann anordnen wenn ich die Stadt an Feldmarſchalllieute-
nant Baron Appel übergeben haben werde, welcher laut einer erhaltenen
Mittheilung mit einem Theil ſeines Armeecorps heute den 2 April in
Brescia eintreffen wird. Vorläufig halte ich alle Thore ſtark beſetzt, und
laſſe niemanden ans der Stadt ſich entfernen, um wo möglich der Haupt-
rädelsführer habhaft zü werden. Zum Beweis welcher Geiſt in der Stadt
Brescia herrſchte, habe ich die Ehre anliegend einige von der Behörde der
Stadt hinausgegebene Proclamationen und Kundmachungen zu unter-
legen.
(Wir tragen das morgen nach.)


Die erwartete Auflöſung der Deputirten-
kammer iſt geſtern publicirt worden. Die Italianiſſimi, wie man hier die
Exaltirten nennt, fluchen und verwünſchen das neue Codini-Miniſterium
und den neuen König, und ſenden ſehnſüchtige Seufzer dem gefallenen Mi-
niſterium und König nach, deſſen Sohn weniger Luſt zu haben ſcheint den
Nachgiebigen zu ſpielen als der Vater. Dieſen beabſichtigen unſre Demo-
kraten als Märtyrer der italieniſchen Freiheit zu canoniſiren, und man
könnte ſie alle für begeiſterte Royaliſten halten, wenn man die Lobprei-
ſungen hört und liest mit denen ſie ihn überſchütten. Doch bis voriges
Jahr, wo die ſtraffen Zügel des Abſolutismus plötzlich die überraſchendſte
Elaſticität annahmen, hatte man ganz andere Urtheile gehört. — Karl
Albert hat ſich unter dem Namen eines Grafen v. Bard (ſo heißt ein kö-
nigliches Schloß) in Nizza eingeſchifft, ſoll am 31 März in Cannes an-
gelangt ſeyn, und von da aus nach Portugal zu gehen beabſichtigen, um
in Oporto ſeinen dauernden Wohnſitz aufzuſchlagen. Man wollte ſogar
wiſſen daß der Ex-König daſelbſt ein Militärhoſpital gründen, und deſſen
Leitung übernehmen wolle. — Von Genua kommen uns noch immer die
verworrenſten Gerüchte zu. Bei der Nachricht der Annäherung der Di-
viſion des Generals La Marmora ſoll die fanatiſirte Menge, der die Bür-
gerwehr, wenn ſie nicht zum Theil gemeinſame Sache mit ihr macht, ſich
doch nicht zu widerſetzen wagt, den Gouverneur, nach andern Berichten
ſeine Familie gefangen genommen und als Geiſeln in Verwahrung haben.
Selbſt die genueſiſchen Prieſter werden kriegsmuthig, und etwa hundert
von ihnen, wie die Democrazia Italiana erzählt, ſollen Waffen verlangt
haben um ſich an die Spitze des Volkes zu ſtellen und Krieg zu führen ge-
gen die Oeſterreicher, oder, was minder gefährlich iſt, gegen den Waffen-
ſtillſtand von Novara. Die Beſtätigung desſelben iſt von Wien oder viel-
mehr Olmütz noch nicht zurück. Geſtern Abends kamen die beiden Mi-
niſter von Frankreich und England hier an, die Hoffnung machen daß auf
Radetzky’s eigene Verwendung bei dem öſterreichiſchen Cabinet die Be-
[Spaltenumbruch] ſetzung Aleſſandria’s vielleicht unterbleiben werde. — Der Prinz von Sa-
voyen-Carignan hat den Titel „königliche Hoheit“ erhalten, und iſt zum
Commandeur en Chef der geſammten Nationalgarde des Königreichs er-
nannt worden. Vor ihm bekleidete der jetzige König dieſe Würde. —
Geſtern haben wir Ihre Zeitung vom 27 März erhalten, heute fehlt ſie
wieder.


Dieſe Zeilen ſchreibe ich Ihnen unter
dem Wetterleuchten der Republik. Inneres, noch nicht aufgegebenes Ge-
lüſten von 1848, Zureden und Antreiben von Genf her, und das laute Ge-
rede in der franzöſiſchen Nationalverſammlung über die räthliche Be-
ſetzung Savoyens als Präventivmaßregel gegen Oeſterreich, alles dieß
wirkt bei dem republicaniſchen Gelüſten zuſammen. Wer kann wiſſen
was uns in den nächſten Tagen bevorſteht! Von Turin lauten die Nach-
richten beruhigender. Nachdem die Kammer ſich unter Vortritt des Joſti,
Lanza und einiger anderer Schlammvulcane durch Renommiren, Schimpfen
und Drohen gegen Feldmarſchall Radetzky unſäglich lächerlich gemacht
hatte, da ſie doch wiſſen mußte daß er nur einen Tagmarſch von Turin
ſteht und daß er bereits mit ſeinem ſiegreichen Heer da eingerückt wäre,
wenn er nicht der dringend verwendenden Bitte der Erzberzogin Adelheid,
der jetzigen Königin, freundlich nachgegeben und ſeine Truppen fürs erſte
vom Einmarſch in der Hauptſtadt zurückgehalten hätte. Die Kammer
weigerte ſich bekanntlich den Waffenſtillſtand von Biella anzuerkennen,
wenn nicht die vom Feldmarſchall ausgeſprochenen harten Bedingungen
erleichtert würden; ſie gab dem engliſchen und franzöſiſchen Geſandten
Deputirte bei, um des Siegers Sinn in ſeinem Hauptquartier darum zu
erweichen. In demſelben Augenblick aber wo nur deſſen Wohlwollen zu
entſcheiden hatte, häuft dieſe Kammer die lächerlichſten Behauptungen ge-
gen Radetzky und reizt ihn zu Zorn und Vergeltung. Dadurch wurde der
König veranlaßt am 29 März die Kammern bis zum 5 d. zu vertagen,
eine Maßregel welche die hier durchaus nöthige Auflöſung einleitet. Man
hörte bei dieſer Erklärung Pinelli’s (Miniſter des Innern) das verſchie-
denſte Geſchrei von den Tribünen: Viva l’Italia! Viva la Camera! Viva
la Repubblica!
Manche behaupten daß bereits öſterreichiſche Truppen in
Aleſſandria eingerückt ſeyen. Sie wiſſen durch die Zeitungen daß Gio-
berti wieder ins Miniſterium getreten iſt, als Staatsſecretär ohne Porte-
feuille, einſtweilen mit dem öffentlichen Unterricht beauftragt. Er gehört
zu denjenigen welche ihre frühern Meinungen nach der verlorenen Schlacht
bei Novara bedeutend geändert haben. — Er-König Karl Albert iſt nicht
an den Comer-See zu gegangen, ſondern nach Nizza, und von da über den
Var nach Frankreich. Er wohnt jetzt in Antibes. Dort wird ihn die
Nachricht von der ihm durch die Kammern votirten Dankadreſſe ſehr glück-
lich machen.

Handels- und Börſennachrichten.

Treaſury Notes 109¾. Curs auf England
107, 107¼; Paris 5.35.


Conſols 92⅝. Span. 3proc.
30⅜; 5proc. 16⅞.


3proc. 56.80; 5proc. 88.70; Bankatien 2405; belg.
5proc. 92¼; Anleh. v. 1842 92; öſterr. Looſe v. 1834 310; neap. 5proc.
80.80; röm. 76½; ſpan. 3proc. 30¼; piem. 900; St. Germain E.-B. 430;
Verſ. rechte 230; linke 185; Paris-Orleans 877.50; Rouen 555; Straßburg
375; Nordbahn 465; Rouen Havre 290; Marſ.-Avignon 228.75; Straßb.-
Baſel 106.25; Orl.-Vierzon 360; Bordeaur 415; Tours-Nantes 333.75;
Dieppe-Fecamp 180; Montereau-Troyes 125.


2½proc. 49½; 3proc. 58½; 4proc. 77½; oſt.
4proc. 76¼; Synd. 3½proc. 79½; port. 5proc. 28⅛; Met. 5proc. 74¼;
belg. 2½proc. 56⅜; Ard. -½. Curs auf London 12.02½ k. G.


Oeſterr. 5proc. Met. 76¾; Bankactien
1194; preuß. 3½proc. Staatsſchuldſcheine 80½; bayer. Oblig. 3½proc. 79;
Ludwigsh. Berbach 73⅜; württ. 4½proc. 94⅝; 3½proc. 78⅞; bad. 5proc.
95⅞; 3½proc. 77; darmſt. 3½proc. 78½; 4proc. 86¼; naſſ. 5proc. 99⅞;
3½proc. 80¾; Frankf. 3proc. 77¼; 3½proc. 92; 88½; Disc. 1.


5proc. Met. 85¾; Bankactien 1125; Nordbahn 95½.



Verantwortliche Redaction:
Dr. Guſtav Kolb. Dr. A. J. Altenhöfer. Dr. C. A. Mebold.
Verlag der J. G. Cotta’ſchen Buchhandlung in Stuttgart.


Das Regiſter der Allgemeinen Zeitung 1848
iſt durch alle Poſtämter und den Buchhandel à 45 kr. oder 15 Ngr. zu beziehen.
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[1488/0008] ner, welche ich aus Verona hatte nachrücken laſſen, dann eine aus Mantua geſendete Mörſerbatterie in Brescia eingetroffen. Das Gränzbataillon wurde ſogleich verwendet, und dadurch die Beendigung des Kampfs be- ſchleunigt. Allmählich ließ der Widerſtand der Rebellen nach, und um 6 Uhr Abends waren unſere Truppen nicht nur im Beſitz der ganzen Stadt, ſondern auch die Ruhe in derſelben hergeſtellt. Unſer Verluſt in dieſem hartnäckigen und mörderiſchen Kampf, welcher — mit Unterbrechnng von wenigen Stunden in der Nacht — von halb 4 Uhr Nachmittags des 31 März bis 5 Uhr Nachmittags des 1 Aprils wüthete, war bedeutend. Noch vermag ich keine genaue Verluſteingabe zu ſenden; doch muß ich vor- läufig gehorſamſt melden daß Generalmajor Graf Nugent am Knöchel ei- nes Fußes derart verwundet wurde, daß der Fuß amputirt werden mußte, daß ferner der an Generalmajor Nugents Stelle das Commando führende Oberſt Graf Favancourt von Baden-Infanterie an der Spitze ſeiner Trup- pen einen Schuß durch die Bruſt erhielt und in kurzer Zeit darauf ſtarb, daß Oberſtlieutenant Miletz desſelben Regiments ſchwer verwundet ſiel, und von den Inſurgenten auf gräßliche Weiſe ermordet und ſein Leichnam verſtümmelt wurde. Im ganzen dürfte der Verluſt betragen an Todten 5—6 Officiere und 80 Mann, an Verwundeten aber 10—12 Officiere und mehr als 150 Mann. Die genaue Angabe dieſer Verluſte werde ich nach- zutragen die Ehre haben. Den Verluſt der Inſurgenten vermag ich noch nicht zu ſchätzen, doch kann ich anführen daß aller Orten eine bedeutende Anzahl Leichen gefunden wurde. Alle Truppen, ihre braven Officiere an der Spitze, haben mit außerordentlicher Tapferkeit und Hingebung ge- kämpft, und ihr Benehmen verdient die größte Anerkennung. Wenn die- ſer lange und erbitterte Straßenkampf nicht ohne Exceſſe verlief, ſo iſt dieß unter ſolchen Umſtänden ſelbſt bei der beſtdisciplinirten Truppe nicht zu verhindern. Ich werde nun auf das eifrigſte bemüht ſeyn Ordnung und Geſetz in der Stadt ſchnell hezuſtellen, und werde den Rückmarſch meiner Truppen erſt dann anordnen wenn ich die Stadt an Feldmarſchalllieute- nant Baron Appel übergeben haben werde, welcher laut einer erhaltenen Mittheilung mit einem Theil ſeines Armeecorps heute den 2 April in Brescia eintreffen wird. Vorläufig halte ich alle Thore ſtark beſetzt, und laſſe niemanden ans der Stadt ſich entfernen, um wo möglich der Haupt- rädelsführer habhaft zü werden. Zum Beweis welcher Geiſt in der Stadt Brescia herrſchte, habe ich die Ehre anliegend einige von der Behörde der Stadt hinausgegebene Proclamationen und Kundmachungen zu unter- legen. (Wir tragen das morgen nach.) ⟶ Turin, 2 April. Die erwartete Auflöſung der Deputirten- kammer iſt geſtern publicirt worden. Die Italianiſſimi, wie man hier die Exaltirten nennt, fluchen und verwünſchen das neue Codini-Miniſterium und den neuen König, und ſenden ſehnſüchtige Seufzer dem gefallenen Mi- niſterium und König nach, deſſen Sohn weniger Luſt zu haben ſcheint den Nachgiebigen zu ſpielen als der Vater. Dieſen beabſichtigen unſre Demo- kraten als Märtyrer der italieniſchen Freiheit zu canoniſiren, und man könnte ſie alle für begeiſterte Royaliſten halten, wenn man die Lobprei- ſungen hört und liest mit denen ſie ihn überſchütten. Doch bis voriges Jahr, wo die ſtraffen Zügel des Abſolutismus plötzlich die überraſchendſte Elaſticität annahmen, hatte man ganz andere Urtheile gehört. — Karl Albert hat ſich unter dem Namen eines Grafen v. Bard (ſo heißt ein kö- nigliches Schloß) in Nizza eingeſchifft, ſoll am 31 März in Cannes an- gelangt ſeyn, und von da aus nach Portugal zu gehen beabſichtigen, um in Oporto ſeinen dauernden Wohnſitz aufzuſchlagen. Man wollte ſogar wiſſen daß der Ex-König daſelbſt ein Militärhoſpital gründen, und deſſen Leitung übernehmen wolle. — Von Genua kommen uns noch immer die verworrenſten Gerüchte zu. Bei der Nachricht der Annäherung der Di- viſion des Generals La Marmora ſoll die fanatiſirte Menge, der die Bür- gerwehr, wenn ſie nicht zum Theil gemeinſame Sache mit ihr macht, ſich doch nicht zu widerſetzen wagt, den Gouverneur, nach andern Berichten ſeine Familie gefangen genommen und als Geiſeln in Verwahrung haben. Selbſt die genueſiſchen Prieſter werden kriegsmuthig, und etwa hundert von ihnen, wie die Democrazia Italiana erzählt, ſollen Waffen verlangt haben um ſich an die Spitze des Volkes zu ſtellen und Krieg zu führen ge- gen die Oeſterreicher, oder, was minder gefährlich iſt, gegen den Waffen- ſtillſtand von Novara. Die Beſtätigung desſelben iſt von Wien oder viel- mehr Olmütz noch nicht zurück. Geſtern Abends kamen die beiden Mi- niſter von Frankreich und England hier an, die Hoffnung machen daß auf Radetzky’s eigene Verwendung bei dem öſterreichiſchen Cabinet die Be- ſetzung Aleſſandria’s vielleicht unterbleiben werde. — Der Prinz von Sa- voyen-Carignan hat den Titel „königliche Hoheit“ erhalten, und iſt zum Commandeur en Chef der geſammten Nationalgarde des Königreichs er- nannt worden. Vor ihm bekleidete der jetzige König dieſe Würde. — Geſtern haben wir Ihre Zeitung vom 27 März erhalten, heute fehlt ſie wieder. * Chambery, 2 April. Dieſe Zeilen ſchreibe ich Ihnen unter dem Wetterleuchten der Republik. Inneres, noch nicht aufgegebenes Ge- lüſten von 1848, Zureden und Antreiben von Genf her, und das laute Ge- rede in der franzöſiſchen Nationalverſammlung über die räthliche Be- ſetzung Savoyens als Präventivmaßregel gegen Oeſterreich, alles dieß wirkt bei dem republicaniſchen Gelüſten zuſammen. Wer kann wiſſen was uns in den nächſten Tagen bevorſteht! Von Turin lauten die Nach- richten beruhigender. Nachdem die Kammer ſich unter Vortritt des Joſti, Lanza und einiger anderer Schlammvulcane durch Renommiren, Schimpfen und Drohen gegen Feldmarſchall Radetzky unſäglich lächerlich gemacht hatte, da ſie doch wiſſen mußte daß er nur einen Tagmarſch von Turin ſteht und daß er bereits mit ſeinem ſiegreichen Heer da eingerückt wäre, wenn er nicht der dringend verwendenden Bitte der Erzberzogin Adelheid, der jetzigen Königin, freundlich nachgegeben und ſeine Truppen fürs erſte vom Einmarſch in der Hauptſtadt zurückgehalten hätte. Die Kammer weigerte ſich bekanntlich den Waffenſtillſtand von Biella anzuerkennen, wenn nicht die vom Feldmarſchall ausgeſprochenen harten Bedingungen erleichtert würden; ſie gab dem engliſchen und franzöſiſchen Geſandten Deputirte bei, um des Siegers Sinn in ſeinem Hauptquartier darum zu erweichen. In demſelben Augenblick aber wo nur deſſen Wohlwollen zu entſcheiden hatte, häuft dieſe Kammer die lächerlichſten Behauptungen ge- gen Radetzky und reizt ihn zu Zorn und Vergeltung. Dadurch wurde der König veranlaßt am 29 März die Kammern bis zum 5 d. zu vertagen, eine Maßregel welche die hier durchaus nöthige Auflöſung einleitet. Man hörte bei dieſer Erklärung Pinelli’s (Miniſter des Innern) das verſchie- denſte Geſchrei von den Tribünen: Viva l’Italia! Viva la Camera! Viva la Repubblica! Manche behaupten daß bereits öſterreichiſche Truppen in Aleſſandria eingerückt ſeyen. Sie wiſſen durch die Zeitungen daß Gio- berti wieder ins Miniſterium getreten iſt, als Staatsſecretär ohne Porte- feuille, einſtweilen mit dem öffentlichen Unterricht beauftragt. Er gehört zu denjenigen welche ihre frühern Meinungen nach der verlorenen Schlacht bei Novara bedeutend geändert haben. — Er-König Karl Albert iſt nicht an den Comer-See zu gegangen, ſondern nach Nizza, und von da über den Var nach Frankreich. Er wohnt jetzt in Antibes. Dort wird ihn die Nachricht von der ihm durch die Kammern votirten Dankadreſſe ſehr glück- lich machen. Handels- und Börſennachrichten. New-York, 20 März. Treaſury Notes 109¾. Curs auf England 107, 107¼; Paris 5.35. London, 3 April, 1 Uhr Rachmittags. Conſols 92⅝. Span. 3proc. 30⅜; 5proc. 16⅞. Paris, 3 April. 3proc. 56.80; 5proc. 88.70; Bankatien 2405; belg. 5proc. 92¼; Anleh. v. 1842 92; öſterr. 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Dr. C. A. Mebold. Verlag der J. G. Cotta’ſchen Buchhandlung in Stuttgart. Das Regiſter der Allgemeinen Zeitung 1848 iſt durch alle Poſtämter und den Buchhandel à 45 kr. oder 15 Ngr. zu beziehen.

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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 97, 7. April 1849, S. 1488. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine97_1849/8>, abgerufen am 23.11.2024.