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Allgemeine Zeitung, Nr. 96, 6. April 1849.

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[Spaltenumbruch] furter Deputation. Die Adresse der ersten Kammer wurde von einer
Commission ausgearbeitet, bestehend aus den Abgeordneten Kühne, Graf
Bülow, Graf Alvensleben, Bergmann, Hansemann, Graf Kanitz, Walter,
Leue, Graf Wittgenstein und Eichmann. Vor der Abstimmung gab
Stahl noch Anlaß zu einer kleinen Scent. Der Abgeordnete Sperling
faßte den fünften Satz der Adresse so auf als ob die Aufzählung der
Schwierigkeiten eine Abmahnung bedeuten solle; er machte deßhalb einen
Abänderungsvorschlag. Der Berichterstatter Walter klärte ihn auf: die
Adresse enthalte vielmehr den unzweideutigsten Wunsch es möchten diese
Schwierigkeiten keine Hemmung herbeiführen; worauf Sperling sein
Amendement zurückzog. Stahl bemerkte nun, die Interpretation des
Referenten sey eine reine Privaterklärung und jeder Abgeordnete werde
das Recht haben die Adresse auf seine Weise auszulegen. Er sage dieß
zur Motivirung seiner Abstimmung. Lautes Murren begleitete diese
Worte. Der Präsident erwiederte: der Berichterstatter müsse auf die
Amendements eingehen können und vorauszusetzen sey daß er im Sinn
der Commission interpretirt habe. Stahl wollte noch sprechen, wurde
aber durch stürmische Unterbrechung daran gehindert, und der Präsident
entzog ihm zu guter Letzt noch das Wort. Unter den drei Abgeordneten
die gegen die Adresse stimmten, war der ganz und gar schwarzweiße Hr.
v. Gerlach. In der Commission, welche gemäß dem Vincke'schen Antrag
die Adresse der zweiten Kammer an den König entwarf, hatte die Linke
das Uebergewicht. Mit 12 gegen 10 Stimmen wurde ein Entwurf be-
schlossen, der so lautete: "Königliche Majestät! Die deutsche Nationalver-
sammlung hat durch ihre letzten Beschlüsse das Werk der Einigung und
Kräftigung Deutschlands seiner Vollendung entgegengeführt. Dieselbe
hat im Verfolg dieser Beschlüsse Ew. k. Maj. zu der glorreichen Aufgabe
erkoren das erste Oberhaupt des wiedererstandenen Deutschlands zu seyn.
Die zweite Kammer legt die dringende Bitte ehrfurchtsvoll an Ew. k. Maj.
königliches Herz die Erwartung der deutschen Nationalversammlung und
die Hoffnungen des durch dieselbe vertretenen deutschen Volkes zu erfüllen.
Wir erkennen nicht die Schwierigkeiten welche sich der Erreichung dieses
großen Ziels entgegenstellen; aber Ew. Maj. Weisheit, sowie die That-
kraft der deutschen Volksstämme und die Liebe derselben zu ihrem Vater-
land wird Ew. Maj. zustimmenden Entschluß mit Erfolg krönen." Die
Hauptstelle in der Gegenadresse des Grafen Arnim und der äußersten
Rechten war folgende: "Ew. M. königliche Weisheit und Hingebung für
diese große Sache wird den richtigen Weg zu finden wissen. Unsere Zu-
versicht beruht auf dem Bewußtseyn daß E. v. k. Maj. diesen Beruf nur in
der Weise übernehmen werden welche mit den Pflichten auch die Kraft zu
ihrer Erfüllung gibt, niemals aber um des höheren Glanzes Ihrer Krone
willen davon ablassen werden durch den Schutz und durch die Achtung
jedes Rechts den Wahlspruch der Könige Preußens auch hier zu bethätigen."
Dagegen schließt der Vincke'sche Entwurf mit den Worten: "Wir verkennen
nicht den Ernst der Stunde, nicht das schwere Gewicht unabweisbarer Er-
wägungen. Im Angesicht aber der unberechenbaren Gefahren, wenn in-
mitten des in allen seinen Fugen erschütterten Continents Deutschland
ohne lenkende Hand den streitenden Bewegungen der Zeit überlassen bliebe,
vertrauen wir Ew. Maj. Weisheit und Hingebung für die Sache des
Vaterlands daß Sie den rechten Weg erkennen und alle Schwierigkeiten
überwinden werden. Wir legen ehrfurchtsvoll die dringende Bitte an
Ew. Maj. königliches Herz Sich dem Ruf der deutschen Nationalver-
sammlung nicht entziehen und die Hoffnungen und Erwartungen des
deutschen Volks erfüllen zu wollen." Arnim und Vincke sprachen für ihre
Amendements, Unruh und Berg für den Commissionsentwurf. Graf
Arnim erklärte sich gegen diesen, weil dieser Entwurf offen sage daß er
auf dem Boden der Volkssouveränität stehe und daß die deutsche Natio-
nalversammlung allein berechtigt sey die Verfassung festzustellen. Er
erinnerte an Stein und Scharnhorst, an 1813 und 1840, an den Geist der
im vorigen Jahr als das souveräne Volk Preußen aufs neue in Fesseln zu
schlagen gedroht, auch diese Fesseln gesprengt habe. (Murren links.) Auf
diesen Thatsachen fuße das Vertrauen welches jedes ächte Preußenherz
empfinde bei dem Ruf der an den König ergangen und den er nicht ab-
lehnen dürfe, weil sonst Deutschland auseinanderzufallen drohe. Nach der
Rede Arnims gab der Ministerpräsident dieselbe Erklärung ab wie in der
ersten Kammer; die Rechte rief Bravo, auf der Linken wurde gezischt.
Unruh erklärte: "Ich und meine politischen Freunde wünschen daß der
König die Krone auf Grund der Verfassung annehme. Man hat gemeint
daß dadurch statt der Einigkeit Uneinigkeit, und vielleicht gar der Bürger-
krieg hervorgerufen werden könne. Wir haben aber das Vertrauen daß
dieß gerade durch die Annahme der Verfassung vermieden wird. Die
deutschen Staaten sind mit Ausnahme der sreien Reichsstädte constitutio-
nell; selbst die conservativen Vertreter gestehen aber zu daß in constitu-
tionellen Staaten die Krone, wenn ihr auch ein absolutes Veto zusteht,
auf die Dauer nicht dem Willen des Volks zu widerstehen vermag. Daraus
folgt aber auch daß die Zustimmung der Fürsten nicht zweifelhaft er-
scheinen kann, nachdem die Volksvertreter gesprochen und gehandelt haben."
Vincke entgegnete hierauf: wenn man auf dem Standpunkt der Volks-
[Spaltenumbruch] souveränität stehe, dann müsse man gerade die Unumschränktheit der Frank-
furter Versammlung negiren; denn eben vermöge der ihm zustehenden
Volkssouveränität könne jeder deutsche Staat bei Feststellung der deutschen
Verfassung sein Votum abgeben. Dann schließt er mit den Worten:
"Wir wollen, meine Herren, die deutsche Einheit bilden, nicht aber einzelne
Volksstämme unterjochen, und deßhalb wollen wir nicht ohne die Beistimmung
der einzelnen Volksstämme ein Haus bauen, das dann nur auf Sand gebaut
seyn würde. Ich habe übrigens während der Zeit wo ich im Mittelpunkte
der deutschen Bewegung gelebt, die Ueberzeugung gewonnen daß binnen
kurzem alle deutschen Regierungen, außer Oesterreich, ihre freie Zustim-
mung ertheilen werden. Eine Kritik der deutschen Verfassung steht mir
nicht zu; man mag aber von ihr halten was man will, so hat man sich
doch in der Adresse jedes Lobes und jedes Tadels zu enthalten. Der Ar-
nimsche Entwurf ist zu sehr auf Schrauben gestellt, und enthält keineswe-
ges die Sprache welche die Volksvertretung reden muß. Ueberdieß wer-
den durch diese Adresse gerade Bedenken hervorgerufen, während doch die
Bedenken zerstreut werden sollen welche bei Sr. Majestät obwalten kön-
nen. Es ist ferner in dem v. Arnimschen Entwurfe von der Achtung des
Rechts jener einzelnen Regierung die Rede; ich bin überzeugt daß das
preußische Herrscherhaus stets dem Grundsatze "suum cuique" treu ge-
blieben, aber ich würde nicht hierauf hinweisen, als ob ein Zweifel da-
gegen obwalten könnte daß die Zustimmung jedes einzelnen Staates zur
Bildung des engeren Bundesstaates erforderlich wäre. Gegen den Com-
missionsentwurf muß ich mich rücksichtlich des Ausdrucks "Thatkraft" er-
klären, da dieser Ausdruck mindestens zweideutig ist, und man darin eine
indirecte, eventuelle Appellation an die rohe Gewalt finden kann. Ebenso
wie gegen eine Kritik, muß ich mich ferner gegen eine unumwundene
Billigung des Frankfurter Verfassungsentwurfs erklären; die gegenwär-
tige Adresse ist nicht der Art uns hierüber auszusprechen. Der Com-
missionsentwurf läßt endlich eine gewisse Begeisterung vermissen, die uns
jetzt wahrlich nahe seyn sollte. Ich komme jetzt auf das von mir mitun-
terzeichnete Amendement. Von einer factischen Uebernahme der deut-
schen Kaiserkrone ist hier nicht die Rede; es spricht keinesweges von einem
factischen Oberhaupte, sondern von einem Oberhaupte auf Grund der
Verfassung. Der Rath, den wir in unserm Entwurfe Sr. Majestät er-
theilen wollen, besteht einfach darin: ohne Zögern und Zaudern den ho-
hen Beruf anzunehmen unter Voraussetzung der Zustimmung der deut-
schen Regierungen. Für die deutsche, wie für die preußische Verfassung
soll eine Revision stattfinden; aber wir dürfen dieser Revision hier nicht
vorgreifen. Der Augenblick ist so ernst daß wir jetzt nicht um Worte und
Paragraphen mäkeln dürfen; denn der Reichsverweser wird vielleicht schon
binnen ganz kurzer Zeit seinen hohen Beruf niederlegen!" Der Redner
weist noch auf die Möglichkeit hin daß ein anderer deutscher Fürst an
die Stelle des Königs von Preußen gewählt werde und die Wahl an-
nehme. Einer solchen Eventualität müsse um jeden Preis vorgebeugt
werden. "Preußen darf seinen historischen Beruf nicht verleugnen, den
es seit Jahrhunderten bewährt hat. Ihm verdankt Deutschland seine Auf-
erstehung." v. Vincke schließt unter lebhaftem Beifall der rechten Seite
des Hauses mit dem Zuruse: Deutschland erwartet daß hier jeder seine
Schuldigkeit thue. -- Die Frankfurter Deputation wurde gestern auf dem
Potsdamer Bahnhof auch von Mitgliedern der ersten und zweiten Kammer
empfangen. Im Namen der ersten sprach Hr. v. Wittgenstein, im Na-
men der zweiten Hr. v. Auserswald sehr warm und herzlich. Wrangel
hat den städtischen Behörden nicht gestattet der Deputation ein Abend-
ständchen zu bringen. Heute wird dieselbe einer Vorstellung im Theater
beiwohnen, morgen findet ein Festessen statt, das die Mitglieder der Kam-
mern veranstalten.


Die Frankfurter Oberpostamts-Zeitung theilt nachstehende
telegraphische Botschaft mit: "Frankfurt a. M., 3 April, 9 Uhr Abends.
(Telegraphische Depesche.) Berlin, 3 April. Erwiederung Sr. Maj. des
Königs von Preußen auf die Anrede der Deputation der deutschen Natio-
nalversammlung.*) Se. Maj. der König hat heute um 11 Uhr auf dem
Schlosse die Deputation der deutschen Nationalversammlung empfangen,
und auf die Anrede derselben folgendes erwiedert: "Meine Herren! Die
Botschaft, als deren Träger Sie zu Mir gekommen find, hat Mich tief er-
griffen. Sie hat Meinen Blick auf den König der Könige gelenkt, und
auf die heiligen, unantastbaren Pflichten welche Mir als dem Könige Mei-
nes Volkes und als einem der mächtigsten deutschen Fürsten obliegen;
solch ein Blick, meine Herren, macht das Auge klar und das Herz gewiß.
In dem Beschluß der deutschen Nationalversammlung, welchen Sie, meine
Herren, Mir überbringen, erkenne Ich die Stimmen der Vertreter des deut-
schen Volkes. Dieser Ruf gibt Mir ein Anrecht dessen Werth Ich zu
schätzen weiß. Er erfordert, wenn Ich ihm folge, unermeßliche Opfer von

*) Die Rede ist heute früh auch direct aus Berlin an uns gelangt.

[Spaltenumbruch] furter Deputation. Die Adreſſe der erſten Kammer wurde von einer
Commiſſion ausgearbeitet, beſtehend aus den Abgeordneten Kühne, Graf
Bülow, Graf Alvensleben, Bergmann, Hanſemann, Graf Kanitz, Walter,
Leue, Graf Wittgenſtein und Eichmann. Vor der Abſtimmung gab
Stahl noch Anlaß zu einer kleinen Scent. Der Abgeordnete Sperling
faßte den fünften Satz der Adreſſe ſo auf als ob die Aufzählung der
Schwierigkeiten eine Abmahnung bedeuten ſolle; er machte deßhalb einen
Abänderungsvorſchlag. Der Berichterſtatter Walter klärte ihn auf: die
Adreſſe enthalte vielmehr den unzweideutigſten Wunſch es möchten dieſe
Schwierigkeiten keine Hemmung herbeiführen; worauf Sperling ſein
Amendement zurückzog. Stahl bemerkte nun, die Interpretation des
Referenten ſey eine reine Privaterklärung und jeder Abgeordnete werde
das Recht haben die Adreſſe auf ſeine Weiſe auszulegen. Er ſage dieß
zur Motivirung ſeiner Abſtimmung. Lautes Murren begleitete dieſe
Worte. Der Präſident erwiederte: der Berichterſtatter müſſe auf die
Amendements eingehen können und vorauszuſetzen ſey daß er im Sinn
der Commiſſion interpretirt habe. Stahl wollte noch ſprechen, wurde
aber durch ſtürmiſche Unterbrechung daran gehindert, und der Präſident
entzog ihm zu guter Letzt noch das Wort. Unter den drei Abgeordneten
die gegen die Adreſſe ſtimmten, war der ganz und gar ſchwarzweiße Hr.
v. Gerlach. In der Commiſſion, welche gemäß dem Vincke’ſchen Antrag
die Adreſſe der zweiten Kammer an den König entwarf, hatte die Linke
das Uebergewicht. Mit 12 gegen 10 Stimmen wurde ein Entwurf be-
ſchloſſen, der ſo lautete: „Königliche Majeſtät! Die deutſche Nationalver-
ſammlung hat durch ihre letzten Beſchlüſſe das Werk der Einigung und
Kräftigung Deutſchlands ſeiner Vollendung entgegengeführt. Dieſelbe
hat im Verfolg dieſer Beſchlüſſe Ew. k. Maj. zu der glorreichen Aufgabe
erkoren das erſte Oberhaupt des wiedererſtandenen Deutſchlands zu ſeyn.
Die zweite Kammer legt die dringende Bitte ehrfurchtsvoll an Ew. k. Maj.
königliches Herz die Erwartung der deutſchen Nationalverſammlung und
die Hoffnungen des durch dieſelbe vertretenen deutſchen Volkes zu erfüllen.
Wir erkennen nicht die Schwierigkeiten welche ſich der Erreichung dieſes
großen Ziels entgegenſtellen; aber Ew. Maj. Weisheit, ſowie die That-
kraft der deutſchen Volksſtämme und die Liebe derſelben zu ihrem Vater-
land wird Ew. Maj. zuſtimmenden Entſchluß mit Erfolg krönen.“ Die
Hauptſtelle in der Gegenadreſſe des Grafen Arnim und der äußerſten
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dieſe große Sache wird den richtigen Weg zu finden wiſſen. Unſere Zu-
verſicht beruht auf dem Bewußtſeyn daß E. v. k. Maj. dieſen Beruf nur in
der Weiſe übernehmen werden welche mit den Pflichten auch die Kraft zu
ihrer Erfüllung gibt, niemals aber um des höheren Glanzes Ihrer Krone
willen davon ablaſſen werden durch den Schutz und durch die Achtung
jedes Rechts den Wahlſpruch der Könige Preußens auch hier zu bethätigen.“
Dagegen ſchließt der Vincke’ſche Entwurf mit den Worten: „Wir verkennen
nicht den Ernſt der Stunde, nicht das ſchwere Gewicht unabweisbarer Er-
wägungen. Im Angeſicht aber der unberechenbaren Gefahren, wenn in-
mitten des in allen ſeinen Fugen erſchütterten Continents Deutſchland
ohne lenkende Hand den ſtreitenden Bewegungen der Zeit überlaſſen bliebe,
vertrauen wir Ew. Maj. Weisheit und Hingebung für die Sache des
Vaterlands daß Sie den rechten Weg erkennen und alle Schwierigkeiten
überwinden werden. Wir legen ehrfurchtsvoll die dringende Bitte an
Ew. Maj. königliches Herz Sich dem Ruf der deutſchen Nationalver-
ſammlung nicht entziehen und die Hoffnungen und Erwartungen des
deutſchen Volks erfüllen zu wollen.“ Arnim und Vincke ſprachen für ihre
Amendements, Unruh und Berg für den Commiſſionsentwurf. Graf
Arnim erklärte ſich gegen dieſen, weil dieſer Entwurf offen ſage daß er
auf dem Boden der Volksſouveränität ſtehe und daß die deutſche Natio-
nalverſammlung allein berechtigt ſey die Verfaſſung feſtzuſtellen. Er
erinnerte an Stein und Scharnhorſt, an 1813 und 1840, an den Geiſt der
im vorigen Jahr als das ſouveräne Volk Preußen aufs neue in Feſſeln zu
ſchlagen gedroht, auch dieſe Feſſeln geſprengt habe. (Murren links.) Auf
dieſen Thatſachen fuße das Vertrauen welches jedes ächte Preußenherz
empfinde bei dem Ruf der an den König ergangen und den er nicht ab-
lehnen dürfe, weil ſonſt Deutſchland auseinanderzufallen drohe. Nach der
Rede Arnims gab der Miniſterpräſident dieſelbe Erklärung ab wie in der
erſten Kammer; die Rechte rief Bravo, auf der Linken wurde geziſcht.
Unruh erklärte: „Ich und meine politiſchen Freunde wünſchen daß der
König die Krone auf Grund der Verfaſſung annehme. Man hat gemeint
daß dadurch ſtatt der Einigkeit Uneinigkeit, und vielleicht gar der Bürger-
krieg hervorgerufen werden könne. Wir haben aber das Vertrauen daß
dieß gerade durch die Annahme der Verfaſſung vermieden wird. Die
deutſchen Staaten ſind mit Ausnahme der ſreien Reichsſtädte conſtitutio-
nell; ſelbſt die conſervativen Vertreter geſtehen aber zu daß in conſtitu-
tionellen Staaten die Krone, wenn ihr auch ein abſolutes Veto zuſteht,
auf die Dauer nicht dem Willen des Volks zu widerſtehen vermag. Daraus
folgt aber auch daß die Zuſtimmung der Fürſten nicht zweifelhaft er-
ſcheinen kann, nachdem die Volksvertreter geſprochen und gehandelt haben.“
Vincke entgegnete hierauf: wenn man auf dem Standpunkt der Volks-
[Spaltenumbruch] ſouveränität ſtehe, dann müſſe man gerade die Unumſchränktheit der Frank-
furter Verſammlung negiren; denn eben vermöge der ihm zuſtehenden
Volksſouveränität könne jeder deutſche Staat bei Feſtſtellung der deutſchen
Verfaſſung ſein Votum abgeben. Dann ſchließt er mit den Worten:
„Wir wollen, meine Herren, die deutſche Einheit bilden, nicht aber einzelne
Volksſtämme unterjochen, und deßhalb wollen wir nicht ohne die Beiſtimmung
der einzelnen Volksſtämme ein Haus bauen, das dann nur auf Sand gebaut
ſeyn würde. Ich habe übrigens während der Zeit wo ich im Mittelpunkte
der deutſchen Bewegung gelebt, die Ueberzeugung gewonnen daß binnen
kurzem alle deutſchen Regierungen, außer Oeſterreich, ihre freie Zuſtim-
mung ertheilen werden. Eine Kritik der deutſchen Verfaſſung ſteht mir
nicht zu; man mag aber von ihr halten was man will, ſo hat man ſich
doch in der Adreſſe jedes Lobes und jedes Tadels zu enthalten. Der Ar-
nimſche Entwurf iſt zu ſehr auf Schrauben geſtellt, und enthält keineswe-
ges die Sprache welche die Volksvertretung reden muß. Ueberdieß wer-
den durch dieſe Adreſſe gerade Bedenken hervorgerufen, während doch die
Bedenken zerſtreut werden ſollen welche bei Sr. Majeſtät obwalten kön-
nen. Es iſt ferner in dem v. Arnimſchen Entwurfe von der Achtung des
Rechts jener einzelnen Regierung die Rede; ich bin überzeugt daß das
preußiſche Herrſcherhaus ſtets dem Grundſatze „suum cuique“ treu ge-
blieben, aber ich würde nicht hierauf hinweiſen, als ob ein Zweifel da-
gegen obwalten könnte daß die Zuſtimmung jedes einzelnen Staates zur
Bildung des engeren Bundesſtaates erforderlich wäre. Gegen den Com-
miſſionsentwurf muß ich mich rückſichtlich des Ausdrucks „Thatkraft“ er-
klären, da dieſer Ausdruck mindeſtens zweideutig iſt, und man darin eine
indirecte, eventuelle Appellation an die rohe Gewalt finden kann. Ebenſo
wie gegen eine Kritik, muß ich mich ferner gegen eine unumwundene
Billigung des Frankfurter Verfaſſungsentwurfs erklären; die gegenwär-
tige Adreſſe iſt nicht der Art uns hierüber auszuſprechen. Der Com-
miſſionsentwurf läßt endlich eine gewiſſe Begeiſterung vermiſſen, die uns
jetzt wahrlich nahe ſeyn ſollte. Ich komme jetzt auf das von mir mitun-
terzeichnete Amendement. Von einer factiſchen Uebernahme der deut-
ſchen Kaiſerkrone iſt hier nicht die Rede; es ſpricht keinesweges von einem
factiſchen Oberhaupte, ſondern von einem Oberhaupte auf Grund der
Verfaſſung. Der Rath, den wir in unſerm Entwurfe Sr. Majeſtät er-
theilen wollen, beſteht einfach darin: ohne Zögern und Zaudern den ho-
hen Beruf anzunehmen unter Vorausſetzung der Zuſtimmung der deut-
ſchen Regierungen. Für die deutſche, wie für die preußiſche Verfaſſung
ſoll eine Reviſion ſtattfinden; aber wir dürfen dieſer Reviſion hier nicht
vorgreifen. Der Augenblick iſt ſo ernſt daß wir jetzt nicht um Worte und
Paragraphen mäkeln dürfen; denn der Reichsverweſer wird vielleicht ſchon
binnen ganz kurzer Zeit ſeinen hohen Beruf niederlegen!“ Der Redner
weist noch auf die Möglichkeit hin daß ein anderer deutſcher Fürſt an
die Stelle des Königs von Preußen gewählt werde und die Wahl an-
nehme. Einer ſolchen Eventualität müſſe um jeden Preis vorgebeugt
werden. „Preußen darf ſeinen hiſtoriſchen Beruf nicht verleugnen, den
es ſeit Jahrhunderten bewährt hat. Ihm verdankt Deutſchland ſeine Auf-
erſtehung.“ v. Vincke ſchließt unter lebhaftem Beifall der rechten Seite
des Hauſes mit dem Zuruſe: Deutſchland erwartet daß hier jeder ſeine
Schuldigkeit thue. — Die Frankfurter Deputation wurde geſtern auf dem
Potsdamer Bahnhof auch von Mitgliedern der erſten und zweiten Kammer
empfangen. Im Namen der erſten ſprach Hr. v. Wittgenſtein, im Na-
men der zweiten Hr. v. Auserswald ſehr warm und herzlich. Wrangel
hat den ſtädtiſchen Behörden nicht geſtattet der Deputation ein Abend-
ſtändchen zu bringen. Heute wird dieſelbe einer Vorſtellung im Theater
beiwohnen, morgen findet ein Feſteſſen ſtatt, das die Mitglieder der Kam-
mern veranſtalten.


Die Frankfurter Oberpoſtamts-Zeitung theilt nachſtehende
telegraphiſche Botſchaft mit: „Frankfurt a. M., 3 April, 9 Uhr Abends.
(Telegraphiſche Depeſche.) Berlin, 3 April. Erwiederung Sr. Maj. des
Königs von Preußen auf die Anrede der Deputation der deutſchen Natio-
nalverſammlung.*) Se. Maj. der König hat heute um 11 Uhr auf dem
Schloſſe die Deputation der deutſchen Nationalverſammlung empfangen,
und auf die Anrede derſelben folgendes erwiedert: „Meine Herren! Die
Botſchaft, als deren Träger Sie zu Mir gekommen find, hat Mich tief er-
griffen. Sie hat Meinen Blick auf den König der Könige gelenkt, und
auf die heiligen, unantaſtbaren Pflichten welche Mir als dem Könige Mei-
nes Volkes und als einem der mächtigſten deutſchen Fürſten obliegen;
ſolch ein Blick, meine Herren, macht das Auge klar und das Herz gewiß.
In dem Beſchluß der deutſchen Nationalverſammlung, welchen Sie, meine
Herren, Mir überbringen, erkenne Ich die Stimmen der Vertreter des deut-
ſchen Volkes. Dieſer Ruf gibt Mir ein Anrecht deſſen Werth Ich zu
ſchätzen weiß. Er erfordert, wenn Ich ihm folge, unermeßliche Opfer von

*) Die Rede iſt heute früh auch direct aus Berlin an uns gelangt.
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[1468/0004] furter Deputation. Die Adreſſe der erſten Kammer wurde von einer Commiſſion ausgearbeitet, beſtehend aus den Abgeordneten Kühne, Graf Bülow, Graf Alvensleben, Bergmann, Hanſemann, Graf Kanitz, Walter, Leue, Graf Wittgenſtein und Eichmann. Vor der Abſtimmung gab Stahl noch Anlaß zu einer kleinen Scent. Der Abgeordnete Sperling faßte den fünften Satz der Adreſſe ſo auf als ob die Aufzählung der Schwierigkeiten eine Abmahnung bedeuten ſolle; er machte deßhalb einen Abänderungsvorſchlag. Der Berichterſtatter Walter klärte ihn auf: die Adreſſe enthalte vielmehr den unzweideutigſten Wunſch es möchten dieſe Schwierigkeiten keine Hemmung herbeiführen; worauf Sperling ſein Amendement zurückzog. Stahl bemerkte nun, die Interpretation des Referenten ſey eine reine Privaterklärung und jeder Abgeordnete werde das Recht haben die Adreſſe auf ſeine Weiſe auszulegen. Er ſage dieß zur Motivirung ſeiner Abſtimmung. Lautes Murren begleitete dieſe Worte. Der Präſident erwiederte: der Berichterſtatter müſſe auf die Amendements eingehen können und vorauszuſetzen ſey daß er im Sinn der Commiſſion interpretirt habe. Stahl wollte noch ſprechen, wurde aber durch ſtürmiſche Unterbrechung daran gehindert, und der Präſident entzog ihm zu guter Letzt noch das Wort. Unter den drei Abgeordneten die gegen die Adreſſe ſtimmten, war der ganz und gar ſchwarzweiße Hr. v. Gerlach. In der Commiſſion, welche gemäß dem Vincke’ſchen Antrag die Adreſſe der zweiten Kammer an den König entwarf, hatte die Linke das Uebergewicht. Mit 12 gegen 10 Stimmen wurde ein Entwurf be- ſchloſſen, der ſo lautete: „Königliche Majeſtät! Die deutſche Nationalver- ſammlung hat durch ihre letzten Beſchlüſſe das Werk der Einigung und Kräftigung Deutſchlands ſeiner Vollendung entgegengeführt. Dieſelbe hat im Verfolg dieſer Beſchlüſſe Ew. k. Maj. zu der glorreichen Aufgabe erkoren das erſte Oberhaupt des wiedererſtandenen Deutſchlands zu ſeyn. Die zweite Kammer legt die dringende Bitte ehrfurchtsvoll an Ew. k. Maj. königliches Herz die Erwartung der deutſchen Nationalverſammlung und die Hoffnungen des durch dieſelbe vertretenen deutſchen Volkes zu erfüllen. Wir erkennen nicht die Schwierigkeiten welche ſich der Erreichung dieſes großen Ziels entgegenſtellen; aber Ew. Maj. Weisheit, ſowie die That- kraft der deutſchen Volksſtämme und die Liebe derſelben zu ihrem Vater- land wird Ew. Maj. zuſtimmenden Entſchluß mit Erfolg krönen.“ Die Hauptſtelle in der Gegenadreſſe des Grafen Arnim und der äußerſten Rechten war folgende: „Ew. M. königliche Weisheit und Hingebung für dieſe große Sache wird den richtigen Weg zu finden wiſſen. Unſere Zu- verſicht beruht auf dem Bewußtſeyn daß E. v. k. Maj. dieſen Beruf nur in der Weiſe übernehmen werden welche mit den Pflichten auch die Kraft zu ihrer Erfüllung gibt, niemals aber um des höheren Glanzes Ihrer Krone willen davon ablaſſen werden durch den Schutz und durch die Achtung jedes Rechts den Wahlſpruch der Könige Preußens auch hier zu bethätigen.“ Dagegen ſchließt der Vincke’ſche Entwurf mit den Worten: „Wir verkennen nicht den Ernſt der Stunde, nicht das ſchwere Gewicht unabweisbarer Er- wägungen. Im Angeſicht aber der unberechenbaren Gefahren, wenn in- mitten des in allen ſeinen Fugen erſchütterten Continents Deutſchland ohne lenkende Hand den ſtreitenden Bewegungen der Zeit überlaſſen bliebe, vertrauen wir Ew. Maj. Weisheit und Hingebung für die Sache des Vaterlands daß Sie den rechten Weg erkennen und alle Schwierigkeiten überwinden werden. Wir legen ehrfurchtsvoll die dringende Bitte an Ew. Maj. königliches Herz Sich dem Ruf der deutſchen Nationalver- ſammlung nicht entziehen und die Hoffnungen und Erwartungen des deutſchen Volks erfüllen zu wollen.“ Arnim und Vincke ſprachen für ihre Amendements, Unruh und Berg für den Commiſſionsentwurf. Graf Arnim erklärte ſich gegen dieſen, weil dieſer Entwurf offen ſage daß er auf dem Boden der Volksſouveränität ſtehe und daß die deutſche Natio- nalverſammlung allein berechtigt ſey die Verfaſſung feſtzuſtellen. Er erinnerte an Stein und Scharnhorſt, an 1813 und 1840, an den Geiſt der im vorigen Jahr als das ſouveräne Volk Preußen aufs neue in Feſſeln zu ſchlagen gedroht, auch dieſe Feſſeln geſprengt habe. (Murren links.) Auf dieſen Thatſachen fuße das Vertrauen welches jedes ächte Preußenherz empfinde bei dem Ruf der an den König ergangen und den er nicht ab- lehnen dürfe, weil ſonſt Deutſchland auseinanderzufallen drohe. Nach der Rede Arnims gab der Miniſterpräſident dieſelbe Erklärung ab wie in der erſten Kammer; die Rechte rief Bravo, auf der Linken wurde geziſcht. Unruh erklärte: „Ich und meine politiſchen Freunde wünſchen daß der König die Krone auf Grund der Verfaſſung annehme. Man hat gemeint daß dadurch ſtatt der Einigkeit Uneinigkeit, und vielleicht gar der Bürger- krieg hervorgerufen werden könne. Wir haben aber das Vertrauen daß dieß gerade durch die Annahme der Verfaſſung vermieden wird. Die deutſchen Staaten ſind mit Ausnahme der ſreien Reichsſtädte conſtitutio- nell; ſelbſt die conſervativen Vertreter geſtehen aber zu daß in conſtitu- tionellen Staaten die Krone, wenn ihr auch ein abſolutes Veto zuſteht, auf die Dauer nicht dem Willen des Volks zu widerſtehen vermag. Daraus folgt aber auch daß die Zuſtimmung der Fürſten nicht zweifelhaft er- ſcheinen kann, nachdem die Volksvertreter geſprochen und gehandelt haben.“ Vincke entgegnete hierauf: wenn man auf dem Standpunkt der Volks- ſouveränität ſtehe, dann müſſe man gerade die Unumſchränktheit der Frank- furter Verſammlung negiren; denn eben vermöge der ihm zuſtehenden Volksſouveränität könne jeder deutſche Staat bei Feſtſtellung der deutſchen Verfaſſung ſein Votum abgeben. Dann ſchließt er mit den Worten: „Wir wollen, meine Herren, die deutſche Einheit bilden, nicht aber einzelne Volksſtämme unterjochen, und deßhalb wollen wir nicht ohne die Beiſtimmung der einzelnen Volksſtämme ein Haus bauen, das dann nur auf Sand gebaut ſeyn würde. Ich habe übrigens während der Zeit wo ich im Mittelpunkte der deutſchen Bewegung gelebt, die Ueberzeugung gewonnen daß binnen kurzem alle deutſchen Regierungen, außer Oeſterreich, ihre freie Zuſtim- mung ertheilen werden. Eine Kritik der deutſchen Verfaſſung ſteht mir nicht zu; man mag aber von ihr halten was man will, ſo hat man ſich doch in der Adreſſe jedes Lobes und jedes Tadels zu enthalten. Der Ar- nimſche Entwurf iſt zu ſehr auf Schrauben geſtellt, und enthält keineswe- ges die Sprache welche die Volksvertretung reden muß. Ueberdieß wer- den durch dieſe Adreſſe gerade Bedenken hervorgerufen, während doch die Bedenken zerſtreut werden ſollen welche bei Sr. Majeſtät obwalten kön- nen. Es iſt ferner in dem v. Arnimſchen Entwurfe von der Achtung des Rechts jener einzelnen Regierung die Rede; ich bin überzeugt daß das preußiſche Herrſcherhaus ſtets dem Grundſatze „suum cuique“ treu ge- blieben, aber ich würde nicht hierauf hinweiſen, als ob ein Zweifel da- gegen obwalten könnte daß die Zuſtimmung jedes einzelnen Staates zur Bildung des engeren Bundesſtaates erforderlich wäre. Gegen den Com- miſſionsentwurf muß ich mich rückſichtlich des Ausdrucks „Thatkraft“ er- klären, da dieſer Ausdruck mindeſtens zweideutig iſt, und man darin eine indirecte, eventuelle Appellation an die rohe Gewalt finden kann. Ebenſo wie gegen eine Kritik, muß ich mich ferner gegen eine unumwundene Billigung des Frankfurter Verfaſſungsentwurfs erklären; die gegenwär- tige Adreſſe iſt nicht der Art uns hierüber auszuſprechen. Der Com- miſſionsentwurf läßt endlich eine gewiſſe Begeiſterung vermiſſen, die uns jetzt wahrlich nahe ſeyn ſollte. Ich komme jetzt auf das von mir mitun- terzeichnete Amendement. Von einer factiſchen Uebernahme der deut- ſchen Kaiſerkrone iſt hier nicht die Rede; es ſpricht keinesweges von einem factiſchen Oberhaupte, ſondern von einem Oberhaupte auf Grund der Verfaſſung. Der Rath, den wir in unſerm Entwurfe Sr. Majeſtät er- theilen wollen, beſteht einfach darin: ohne Zögern und Zaudern den ho- hen Beruf anzunehmen unter Vorausſetzung der Zuſtimmung der deut- ſchen Regierungen. Für die deutſche, wie für die preußiſche Verfaſſung ſoll eine Reviſion ſtattfinden; aber wir dürfen dieſer Reviſion hier nicht vorgreifen. Der Augenblick iſt ſo ernſt daß wir jetzt nicht um Worte und Paragraphen mäkeln dürfen; denn der Reichsverweſer wird vielleicht ſchon binnen ganz kurzer Zeit ſeinen hohen Beruf niederlegen!“ Der Redner weist noch auf die Möglichkeit hin daß ein anderer deutſcher Fürſt an die Stelle des Königs von Preußen gewählt werde und die Wahl an- nehme. Einer ſolchen Eventualität müſſe um jeden Preis vorgebeugt werden. „Preußen darf ſeinen hiſtoriſchen Beruf nicht verleugnen, den es ſeit Jahrhunderten bewährt hat. Ihm verdankt Deutſchland ſeine Auf- erſtehung.“ v. Vincke ſchließt unter lebhaftem Beifall der rechten Seite des Hauſes mit dem Zuruſe: Deutſchland erwartet daß hier jeder ſeine Schuldigkeit thue. — Die Frankfurter Deputation wurde geſtern auf dem Potsdamer Bahnhof auch von Mitgliedern der erſten und zweiten Kammer empfangen. Im Namen der erſten ſprach Hr. v. Wittgenſtein, im Na- men der zweiten Hr. v. Auserswald ſehr warm und herzlich. Wrangel hat den ſtädtiſchen Behörden nicht geſtattet der Deputation ein Abend- ſtändchen zu bringen. Heute wird dieſelbe einer Vorſtellung im Theater beiwohnen, morgen findet ein Feſteſſen ſtatt, das die Mitglieder der Kam- mern veranſtalten. Die Frankfurter Oberpoſtamts-Zeitung theilt nachſtehende telegraphiſche Botſchaft mit: „Frankfurt a. M., 3 April, 9 Uhr Abends. (Telegraphiſche Depeſche.) Berlin, 3 April. Erwiederung Sr. Maj. des Königs von Preußen auf die Anrede der Deputation der deutſchen Natio- nalverſammlung. *) Se. Maj. der König hat heute um 11 Uhr auf dem Schloſſe die Deputation der deutſchen Nationalverſammlung empfangen, und auf die Anrede derſelben folgendes erwiedert: „Meine Herren! Die Botſchaft, als deren Träger Sie zu Mir gekommen find, hat Mich tief er- griffen. Sie hat Meinen Blick auf den König der Könige gelenkt, und auf die heiligen, unantaſtbaren Pflichten welche Mir als dem Könige Mei- nes Volkes und als einem der mächtigſten deutſchen Fürſten obliegen; ſolch ein Blick, meine Herren, macht das Auge klar und das Herz gewiß. In dem Beſchluß der deutſchen Nationalverſammlung, welchen Sie, meine Herren, Mir überbringen, erkenne Ich die Stimmen der Vertreter des deut- ſchen Volkes. Dieſer Ruf gibt Mir ein Anrecht deſſen Werth Ich zu ſchätzen weiß. Er erfordert, wenn Ich ihm folge, unermeßliche Opfer von *) Die Rede iſt heute früh auch direct aus Berlin an uns gelangt.

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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 96, 6. April 1849, S. 1468. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine96_1849/4>, abgerufen am 01.06.2024.