Allgemeine Zeitung, Nr. 95, 5. April 1849.Allgemeine Zeitung. Donnerstag Nr. 95. 5 April 1849. AUGSBURG. Das Abonnement bei allen auch den entferntesten Post- ämtern Bayerns beträgt ohne jeden wei- tern Postaufschlag vierteljährlich 4 fl. 15 kr., für das ganze Jahr 17 fl. im 24 fl. Fuss od. 9 Thlr. 22 Sgr. pr. C.; für auswärts bei der hiesigen k. Ober- postamts-Zeitungs-Expedition, sodann für Deutschland bei allen Postamtern, ganz- jährig, halbjährig und bei Beginn der 2ten Hälfte jedes Semesters auch viertel- jährig; für Frankreich in Strassburg bei G. A. Alexandre, in Paris bei demsel- ben Nr. 23, rue Notre Dame de Nazareth und bei der deutschen Buchhandlung von F. Klincksieck Nr. 11. rue de Lille, und bei dem Postamt in Karlsruhe; für Eng- land bei Williams & Norgate, 14 Hen- riette-Street, Covent-Garden in London, für Nordamerika bei den Postämtern Bre- men u. Hamburg, für Italien bei den k. k. Postämtern zu Bregenz, Innsbruck, Vero- na, Venedig, Triest u. Mailand, für Grie- chenland u. die Levante etc. bei dem k. k. Postamt in Triest. Inserate aller Art werden aufgenommen und der Raum der dreispal- tigen Colonelzeile berechnet: im Haupt- blatt mit 12 kr., in der Beilage mit 9 kr. [Spaltenumbruch] Uebersicht. Deutschland. Frankfurt (die Kaiserdeputation verzögert ihre An- Großbritannien. Die Vorlage der Papiece über Nord- talien Frankreich. Thiers, Ledru-Rollin und Odilon-Barrot über die Italien. Rom (beabsichtigte Aufgrabungen); Turin (Adresse an Dänemark. Ansprache des Kriegsministers an die schleswig'schen Ostindien. Die gestrige Siegesnachricht bestätigt. Beilage. Zur deutschen Politik und Diplomatie. (VI.) -- Guizot Datum der Börsen: Wien 2; Frankfurt 3; Augsburg 4 April. Deutschland. || Frankfurt a. M., 3 April. Wie man heute versichert, hat Bayern. Augsburg. Die gestern erwähnte Rede, die der Präsident Allgemeine Zeitung. Donnerſtag Nr. 95. 5 April 1849. AUGSBURG. Das Abonnement bei allen auch den entferntesten Post- ämtern Bayerns beträgt ohne jeden wei- tern Postaufschlag vierteljährlich 4 fl. 15 kr., für das ganze Jahr 17 fl. im 24 fl. Fuss od. 9 Thlr. 22 Sgr. pr. C.; für auswärts bei der hiesigen k. Ober- postamts-Zeitungs-Expedition, sodann für Deutschland bei allen Postamtern, ganz- jährig, halbjährig und bei Beginn der 2ten Hälfte jedes Semesters auch viertel- jährig; für Frankreich in Strassburg bei G. A. Alexandre, in Paris bei demsel- ben Nr. 23, rue Notre Dame de Nazareth und bei der deutschen Buchhandlung von F. Klincksieck Nr. 11. rue de Lille, und bei dem Postamt in Karlsruhe; für Eng- land bei Williams & Norgate, 14 Hen- riette-Street, Covent-Garden in London, für Nordamerika bei den Postämtern Bre- men u. Hamburg, für Italien bei den k. k. Postämtern zu Bregenz, Innsbruck, Vero- na, Venedig, Triest u. Mailand, für Grie- chenland u. die Levante etc. bei dem k. k. Postamt in Triest. Inserate aller Art werden aufgenommen und der Raum der dreispal- tigen Colonelzeile berechnet: im Haupt- blatt mit 12 kr., in der Beilage mit 9 kr. [Spaltenumbruch] Ueberſicht. Deutſchland. Frankfurt (die Kaiſerdeputation verzögert ihre An- Großbritannien. Die Vorlage der Papiece über Nord- talien Frankreich. Thiers, Ledru-Rollin und Odilon-Barrot über die Italien. Rom (beabſichtigte Aufgrabungen); Turin (Adreſſe an Dänemark. Anſprache des Kriegsminiſters an die ſchleswig’ſchen Oſtindien. Die geſtrige Siegesnachricht beſtätigt. Beilage. Zur deutſchen Politik und Diplomatie. (VI.) — Guizot Datum der Börſen: Wien 2; Frankfurt 3; Augsburg 4 April. Deutſchland. || Frankfurt a. M., 3 April. Wie man heute verſichert, hat Bayern. Augsburg. 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Unter dieſen Umſtänden dürfte auch die morgende<lb/> Sitzung nur eine rein formelle ſeyn, und ſodann die Vertagung über das<lb/> Oſterfeſt erfolgen. Während ein großer Theil der Rechten, namentlich<lb/> Preußen, ſich dieſer Tage von hier entfernt haben, iſt der größere Theil<lb/> der Mitglieder der Linken hier anweſend geblieben; namentlich ſind die<lb/> Oeſterreicher ſo ziemlich vollzählig, und ſehen noch der Ankunft neuge-<lb/> wählter Collegen entgegen. — Die mit dem 1 Mai ins Leben tretende all-<lb/> gemeine deutſche Wechſelordnung iſt heute hier amtlich publicirt worden.<lb/> Die Beſtimmungen derſelben find auch für Rechtshandlungen die mit den<lb/> vor dem 1 Mai ausgeſtellten Wechſeln vorgenommen werden, vom gedach-<lb/> ten Tage an anwendbar. Die Annahme der vor dem 1 Mai in Bayern<lb/> ausgeſtellten Wechſel und die Zahlung der vor dem 1 Mai in fremden<lb/> Baluten ausgeſtellten Wechſel auf Frankfurt findet indeſſen nach der frü-<lb/> heren Weiſe ſtatt. 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In der langen Reihe der<lb/> nun vorübergegangenen Sitzungen des Schwurgerichts hatten Sie oft eine<lb/> ſchwierige, ſtets eine mühevolle Aufgabe zu erfüllen. Indem Sie in das<lb/> Privatleben zu Ihren Berufsbeſchäftigungen zurücktreten, dürfen Sie das<lb/> ſtolze Bewußtſeyn in ſich tragen die Pflichten, zu deren Ausübung Sie be-<lb/> rufen waren, getreu erfüllt zu haben. Die Hingebung, die Gewiſſenhaf-<lb/> tigkeit, die Einſicht, die Sie bei Ausübung derſelben bewährt, fichern Ih-<lb/> nen den gerechten Anſpruch auf die wohlverdiente Anerkennung Ihrer Mit-<lb/> bürger, in deren Namen und für welche Sie dieſe Sitze hier eingenommen<lb/> haben. Aber Sie haben nicht nur den gerechteſten Anſpruch auf den<lb/> Dank Ihrer Mitbürger ſich erworben, Sie haben ſich den Dank aller der-<lb/> jenigen zugewendet die in dem Geſchwornengerichte die koſtbarſte Gewähr<lb/> des Lebens, der Ehre und der Freiheit der Bürger erblicken; denn Sie ha-<lb/> ben durch Ihre Ausſprüche die Meinung derjenigen glänzend widerlegt, die<lb/> dafür halten daß die Rechtsſicherheit des Staateserfordere daß das Volk von<lb/> der Theilnahme an der Verwaltung der Strafrechtspflege ausgeſchloſſen<lb/> werde, daß es nicht mündig, befähigt ſey in der Strafrechtspflege mitzuwirken.<lb/> Die Reſultate dieſer Sitzungen, wie ſie aus Ihren Ausſprüchen hervorgegan-<lb/> gen find, werden, ich hoffe es zuverſichtlich, eine reiche Ausſaat der Liebe und<lb/> des Vertrauens zu dieſer Inſtitution ſeyn. Sie werden das Vertrauen im<lb/> Volk erwecken daß in dieſen Räumen eine unparteiiſche und unabhängige<lb/> Rechtspflege waltet, daß den Schuldigen, wie er ſich auch in den Schlan-<lb/> genwegen der Liſt und Lüge bewegen mag, die verdiente Strafe ſicher er-<lb/> eilt, daß aber auch für die Unſchuld eine größere Gewähr nicht aufgefun-<lb/> den werden kann. — Der leider tief geſunkene Sinn des Volkes für Geſetz-<lb/> lichkeit wird ſich neu beleben und erſtarken; das Bewußtſeyn berufen zu<lb/> ſeyn als Wächter über Ehre, Freiheit und Leben der Bürger wird das Ge-<lb/> fühl ſeines eigenen Werthes erhöhen, und es mit neuen Banden an das<lb/> Gemeinweſen und ſeine Wohlfahrt knüpfen. Laſſen Sie uns daher mit<lb/> Liebe die neue Inſtitution pflegen, welche — Dank dem Manne der in<lb/> den Märztagen des abgewichenen Jahrs zu endlicher Verwirklichung der<lb/> längſt erſehnten Juſtizreformen an die Spitze der Juſtizverwaltung geſtellt<lb/> worden — in Bayern auf wahrhaft freiſinniger Grundlage errichtet iſt.<lb/> Keine andere Einrichtung verbürgt in dem Maße die Freiheit der Bürger<lb/> und die Herrſchaft der Gerechtigkeit. Keine andere Einrichtung vereinigt<lb/> in dem Maße die Fähigkeit und Unparteilichkeit der Rechtſprechenden mit<lb/> der vollſten Unabhängigkeit derſelben von der Executivgewalt des Staatrs.<lb/> Und gerade dieſe Unabhängigkeit iſt es welche dem Geſchwornengerichte die<lb/> eigenſte und höchſte Bedeutung verleiht. Aus dem Volk und durch das<lb/> Volk hervorgegangen — durch das Loos berufen zu urtheilen über<lb/> die Genoſſen ſeines Volkes — ſo iſt ein Einfluß der Executivgewalt<lb/> des Staates auf die Thätigkeit des Geſchwornengerichts ausgeſchloſſen.<lb/> Noch lebt in uns die ſchmerzliche Erinnerung an jene unglückliche Zeit<lb/> wo in Deutſchland den Machthabern zu Gunſten das Recht gebeugt wurde,<lb/> und die Ehre und Freiheit der Bürger der Gnade des Landesherrn über-<lb/> liefert ſchien. Die Oeffentlichkeit der Rechtspflege, das Geſchwornenge-<lb/> richt macht die Rückkehr dieſer traurigen Zeit unmöglich. Ebenſo ſchön<lb/> und wahr ſagt darum einer der edelſten unſerer Nation, Heinrich v. 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Allgemeine Zeitung.
Donnerſtag Nr. 95. 5 April 1849.
AUGSBURG. Das Abonnement bei
allen auch den entferntesten Post-
ämtern Bayerns beträgt ohne jeden wei-
tern Postaufschlag vierteljährlich
4 fl. 15 kr., für das ganze Jahr 17 fl.
im 24 fl. Fuss od. 9 Thlr. 22 Sgr. pr. C.;
für auswärts bei der hiesigen k. Ober-
postamts-Zeitungs-Expedition, sodann für
Deutschland bei allen Postamtern, ganz-
jährig, halbjährig und bei Beginn der
2ten Hälfte jedes Semesters auch viertel-
jährig; für Frankreich in Strassburg bei
G. A. Alexandre, in Paris bei demsel-
ben Nr. 23, rue Notre Dame de Nazareth
und bei der deutschen Buchhandlung von
F. Klincksieck Nr. 11. rue de Lille, und
bei dem Postamt in Karlsruhe; für Eng-
land bei Williams & Norgate, 14 Hen-
riette-Street, Covent-Garden in London,
für Nordamerika bei den Postämtern Bre-
men u. Hamburg, für Italien bei den k. k.
Postämtern zu Bregenz, Innsbruck, Vero-
na, Venedig, Triest u. Mailand, für Grie-
chenland u. die Levante etc. bei dem k. k.
Postamt in Triest. Inserate aller Art werden
aufgenommen und der Raum der dreispal-
tigen Colonelzeile berechnet: im Haupt-
blatt mit 12 kr., in der Beilage mit 9 kr.
Ueberſicht.
Deutſchland. Frankfurt (die Kaiſerdeputation verzögert ihre An-
kunft in Berlin. Die deutſche Wechſelordnung von nun an in Gültig-
keit. Eine neue kurze Vertagung der Nationalverſammlung erwartet);
Augsburg (Rede beim Schluß der Geſchwornenfitzungen); Nürnberg (Ar-
beitercongreß); Bremen (Budget); Braunſchweig (Truppendurchzüge.
Allgemeine Freude über die Kaiſerwahl); Köln (die Kaiſerdeputation und
ihr Empfang in den Rheinſtädten); Berlin (die Stimmung für Annahme
der Kaiſerwürde im Wachſen. Dießfällige Adreſſen beider Kammern.
Erklärung des Miniſterpräſidenten daß die Regierung der freien
Zuſtimmung der Staaten den Beitritt überlaſſe. Vorausſetzung Vincke’s
daß eine Reviſion der Reichsverfaſſung ſtattzufinden habe); Schleswig-
Holſtein (auch hier Freude über die Kaiſerwahl. Truppenmaſſen. Einige
Artikel des Grundgeſetzes ſuſpendirt); Wien (die Hoffnung auf den Fall
Komorns in die Ferne gerückt. Puchner ſoll, ſtatt geſchlagen, in
Klauſenburg eingerückt ſeyn. Die Wahlen nach Frankfurt ſollen ein-
geſtellt werden. Erzherzog Johann will Gratz zum Aufenthalt wählen.
Miniſter v. Bruck zu den Friedensverhandlungen mit Piemont abge-
ſandt).
Großbritannien. Die Vorlage der Papiece über Nord- talien
vom Miniſterium nochmals vertagt. Bateman †. Weſtindiſche Poſt.
Frankreich. Thiers, Ledru-Rollin und Odilon-Barrot über die
Angelegenheiten Italiens. Die Ausſchußanträge beſchloſſen. Der flüch-
tige Huber ſtellt ſich in Bourges. Marſeille (Karl Albert in Anti-
bes); Straßburg.
Italien. Rom (beabſichtigte Aufgrabungen); Turin (Adreſſe an
Karl Albert. Stürmiſche Kammerſitzungen. Der König und die Königin.
Düſtere Stimmung); Mailand (die Unterwerfung von Brescia. Der
Marſchall lehnt für ſich weitere diplomatiſche Unterhandlungen ab. Er
ſchickt einige Cavallerieregimenter nach Ungarn).
Dänemark. Anſprache des Kriegsminiſters an die ſchleswig’ſchen
„Inſurgenten.“
Oſtindien. Die geſtrige Siegesnachricht beſtätigt.
Beilage. Zur deutſchen Politik und Diplomatie. (VI.) — Guizot
und Thiers. — München. (Dietz’ Scenen aus dem ſchleswig’ſchen Krieg.
Laſſaulx und Phillips.) — Mecklenburg. (Interpellationen wegen der
preußiſchen Truppen.) — Der Staatsproceß in Bourges. — Ein Schwei-
zer Urtheil über den piemontefiſchen Krieg. — Turin.
Datum der Börſen: Wien 2; Frankfurt 3; Augsburg 4 April.
Deutſchland.
|| Frankfurt a. M., 3 April.
Wie man heute verſichert, hat
ſich die Deputation der Nationalverſammlung, die bereits geſtern Mittags
in Berlin ankommen ſollte, entſchloſſen vorerſt nach Leipzig und erſt von
dort aus an das preußiſche Hoflager zu gehen. Wir werden alſo kaum
vor Ende der Woche irgendeine erhebliche Mittheilung über ihre Sendung
zu erwarten haben. Unter dieſen Umſtänden dürfte auch die morgende
Sitzung nur eine rein formelle ſeyn, und ſodann die Vertagung über das
Oſterfeſt erfolgen. Während ein großer Theil der Rechten, namentlich
Preußen, ſich dieſer Tage von hier entfernt haben, iſt der größere Theil
der Mitglieder der Linken hier anweſend geblieben; namentlich ſind die
Oeſterreicher ſo ziemlich vollzählig, und ſehen noch der Ankunft neuge-
wählter Collegen entgegen. — Die mit dem 1 Mai ins Leben tretende all-
gemeine deutſche Wechſelordnung iſt heute hier amtlich publicirt worden.
Die Beſtimmungen derſelben find auch für Rechtshandlungen die mit den
vor dem 1 Mai ausgeſtellten Wechſeln vorgenommen werden, vom gedach-
ten Tage an anwendbar. Die Annahme der vor dem 1 Mai in Bayern
ausgeſtellten Wechſel und die Zahlung der vor dem 1 Mai in fremden
Baluten ausgeſtellten Wechſel auf Frankfurt findet indeſſen nach der frü-
heren Weiſe ſtatt. Auch der geſtern begonnene Kleinhandel auf hieſi-
ger Meſſe nimmt eine günſtige Wendung, und in mehreren Artikeln iſt
die Nachfrage ſo ſtark daß die Verkäufer mit ihren Preiſen namhaft in die
Höhe gehen konnten.
Bayern.
Augsburg.
Die geſtern erwähnte Rede, die der Präſident
der Aſfiſen, Hr. Appellationsrath C. Gramm, an die Geſchwornen richtete,
lautet vollſtändig: „Meine Herren! Ich habe nun die letzte Pflicht erfüllt, die
mir das Geſetz in dem mir zugewieſenen Wirkungskreis auferlegt hat; ich
kann mich aber nicht von Ihnen trennen ohne eine andere Pflicht zu er-
füllen die mir mein Gefühl an das Herz legt. In der langen Reihe der
nun vorübergegangenen Sitzungen des Schwurgerichts hatten Sie oft eine
ſchwierige, ſtets eine mühevolle Aufgabe zu erfüllen. Indem Sie in das
Privatleben zu Ihren Berufsbeſchäftigungen zurücktreten, dürfen Sie das
ſtolze Bewußtſeyn in ſich tragen die Pflichten, zu deren Ausübung Sie be-
rufen waren, getreu erfüllt zu haben. Die Hingebung, die Gewiſſenhaf-
tigkeit, die Einſicht, die Sie bei Ausübung derſelben bewährt, fichern Ih-
nen den gerechten Anſpruch auf die wohlverdiente Anerkennung Ihrer Mit-
bürger, in deren Namen und für welche Sie dieſe Sitze hier eingenommen
haben. Aber Sie haben nicht nur den gerechteſten Anſpruch auf den
Dank Ihrer Mitbürger ſich erworben, Sie haben ſich den Dank aller der-
jenigen zugewendet die in dem Geſchwornengerichte die koſtbarſte Gewähr
des Lebens, der Ehre und der Freiheit der Bürger erblicken; denn Sie ha-
ben durch Ihre Ausſprüche die Meinung derjenigen glänzend widerlegt, die
dafür halten daß die Rechtsſicherheit des Staateserfordere daß das Volk von
der Theilnahme an der Verwaltung der Strafrechtspflege ausgeſchloſſen
werde, daß es nicht mündig, befähigt ſey in der Strafrechtspflege mitzuwirken.
Die Reſultate dieſer Sitzungen, wie ſie aus Ihren Ausſprüchen hervorgegan-
gen find, werden, ich hoffe es zuverſichtlich, eine reiche Ausſaat der Liebe und
des Vertrauens zu dieſer Inſtitution ſeyn. Sie werden das Vertrauen im
Volk erwecken daß in dieſen Räumen eine unparteiiſche und unabhängige
Rechtspflege waltet, daß den Schuldigen, wie er ſich auch in den Schlan-
genwegen der Liſt und Lüge bewegen mag, die verdiente Strafe ſicher er-
eilt, daß aber auch für die Unſchuld eine größere Gewähr nicht aufgefun-
den werden kann. — Der leider tief geſunkene Sinn des Volkes für Geſetz-
lichkeit wird ſich neu beleben und erſtarken; das Bewußtſeyn berufen zu
ſeyn als Wächter über Ehre, Freiheit und Leben der Bürger wird das Ge-
fühl ſeines eigenen Werthes erhöhen, und es mit neuen Banden an das
Gemeinweſen und ſeine Wohlfahrt knüpfen. Laſſen Sie uns daher mit
Liebe die neue Inſtitution pflegen, welche — Dank dem Manne der in
den Märztagen des abgewichenen Jahrs zu endlicher Verwirklichung der
längſt erſehnten Juſtizreformen an die Spitze der Juſtizverwaltung geſtellt
worden — in Bayern auf wahrhaft freiſinniger Grundlage errichtet iſt.
Keine andere Einrichtung verbürgt in dem Maße die Freiheit der Bürger
und die Herrſchaft der Gerechtigkeit. Keine andere Einrichtung vereinigt
in dem Maße die Fähigkeit und Unparteilichkeit der Rechtſprechenden mit
der vollſten Unabhängigkeit derſelben von der Executivgewalt des Staatrs.
Und gerade dieſe Unabhängigkeit iſt es welche dem Geſchwornengerichte die
eigenſte und höchſte Bedeutung verleiht. Aus dem Volk und durch das
Volk hervorgegangen — durch das Loos berufen zu urtheilen über
die Genoſſen ſeines Volkes — ſo iſt ein Einfluß der Executivgewalt
des Staates auf die Thätigkeit des Geſchwornengerichts ausgeſchloſſen.
Noch lebt in uns die ſchmerzliche Erinnerung an jene unglückliche Zeit
wo in Deutſchland den Machthabern zu Gunſten das Recht gebeugt wurde,
und die Ehre und Freiheit der Bürger der Gnade des Landesherrn über-
liefert ſchien. Die Oeffentlichkeit der Rechtspflege, das Geſchwornenge-
richt macht die Rückkehr dieſer traurigen Zeit unmöglich. Ebenſo ſchön
und wahr ſagt darum einer der edelſten unſerer Nation, Heinrich v. Ga-
gern: „Das Geſchwornengericht löst das Problem daß, da wo es beſteht,
die richterliche Gewalt, dieſe furchtbare Gewalt welche ohne Widerſtand
über Ehre, Leben und Freiheit des Bürgers verfügt, eine Gewalt die,
welche Vorſichtsmaßregeln auch angewendet werden mögen, ſtets in weiter
Ausdehnung eine arbiträre Gewalt bleiben wird — in keines Menſchen
Hand gelegt iſt.“ Freuen wir uns daher daß wir dieſe Inſtitution wieder
errungen haben — unſer gutes deutſches Recht, das Recht durch die Ge-
noſſen ſeines Volks gerichtet zu werden, ein Recht, vordem das Recht aller
freien deutſchen Männer, zuletzt durch die Unbill der Zeiten und die wach-
ſende Fürſtenmacht das Vorrecht einiger wenigen privilegirten Familien,
die den Kaiſern und Königen Deutſchlands ebenbürtig geachtet wurden.
Es iſt dieſes Recht vielleicht die köſtlichſte Frucht der Märztage, jedenfalls
diejenige deren Gunſt durch nichts getrübt und verkümmert iſt. Erinnern
wir uns ſtets daß die Grundlage der brittiſchen Freiheit, auf welcher die
Macht und Wohlfahrt Englands gebauf iſt, das Geſchwornengericht und
das freie Wort in und außer dem Parlament find, und daß, ſolange dieſe
Grundpfeiler einer freien Verfaſſung bei uns aufgerichtet ſtehen, unſere
politiſche Freiheit feſt gegründet iſt. Vergeſſen wir aber auch nicht daß
all unſere Freiheiten nur dann feſt verbürgt ſind, wenn die Kräfte der deut-
ſchen Nation unter einer kräftigen, keinem Wechſel unterworfenen Gewalt
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(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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