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Allgemeine Zeitung, Nr. 93, 3. April 1849.

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[Spaltenumbruch] seines Departements weiß, austauschen wollten. Zu diesem Behufe ver-
sammelten sie sich als sie noch vollzählig beisammen waren, bei Hrn. Ra-
vez, dem unter der Restauration berühmten oftmaligen Kammerprästdenten,
im hohen Gerichtshof der Geschworenen für das Departement der Gironde.
Diese Versammlungen dauern jetzt noch in den Zwischenzeiten der Gerichts-
sitzungen fort. Eine der wichtigsten Fragen die hier besprochen worden,
ist die: ob und für welche Epoche an eine Wiederherstellung der Mo-
narchie zu denken sey. Nach mehrmaliger reiflicher und allseitiger Be-
handlung der Frage war die überwiegende Mehrheit der Versamm-
lung (26 Mitglieder) darin einverstanden daß man vorderhand in den
Gränzen der Constition bleiben und die Republik aufrechterhalten müsse,
weil die legitimistische Partei so wenig als die orleanistische, und noch
weniger als eine dieser beiden die bonapartistische für sich allein die Majorität
im Lande haben, ein Bund zwischen einer der beiden ersten mit der letzten Par-
tei zum Behufe einer Restauration des Kaiserreichs an sich unnatürlich sey,
und daher keine Dauer verspreche, daß auch ein Bund der Legitimisten
mit den Orleanisten zum Behufe einer gemeinschaftlichen bourboni-
schen Restauration keinen hinreichenden Anklang fände und wenig Aussich-
ten auf Erfolg böte; daß endlich alle diese Versuche nur der republicani-
schen Partei zu statten kommen und zu serneren Bürgerkriegen führen
mußten; daher müsse man die Constitution bis zu ihrer gesetzlichen
Revision
achten und erst nach erfolgter Revision werde man über die
Stimmung des Landes hinsichtlich einer Restauration urtheilen können.
Dieß Ergebniß der Berathungen über die wichtige Frage wird zur Zeit
in den Departements auf geignetem Wege veröffentlicht werden.


Seitdem Huber durch eine Zeugenaussage
vor dem hohen Gerichtshofe zu Bourges des Verraths an seiner eigenen
Partei und daß er ein geheimer Sendling des gestürzten Gouvernements
gewesen, bezichtigt worden, sahen seine hiesigen Freunde mit unruhiger
Spannung einer Erklärung des Angeschuldigten entgegen, die es ihnen er-
laube die Angabe des Zeugen Monnier, ehemaligen Generalsecretärs der
Polizeipräfectur, Lügen zu strafen. Denn obgleich alle ihre Blätter des
Anstands wegen -- daß ich dieses aristokratische Wort auf die socialistischen
Demokraten anwende mögen sie mir verzeihen -- Huber für unfähig hielten
den Judas gespielt zu haben, und eines sogar, die Revolution democratique
et sociale, in einem sentimentalen Artikel versicherte Huber sey an Unbe-
fangenheit noch ein Kind das die Welt und die Namen der Laster
nicht kenne welche auf den Weg der Schande führen,
so war ihnen
doch ganz unheimlich bei der Sache zu Muthe, und um sich für alle Fälle
vorzusehen, meinten sie, er könne, schuldig, nur in einem Anfall von Wahn-
sinn gehandelt haben. Ob folgendes Schreiben Hubers vom 26 März
seinen Freunden genügen wird weiß ich nicht, auffallend ist daß sie es ohne
triumphirenden Commentar bekannt machen. "Bürger Redacteur! Die
Reaction verschont keinen der aufrichtigsten Republicaner. Da sie mich
nicht in meiner Person erreichen kann, so will sie mich in der öffentlichen
Meinung brandmarken. Es ist daher für mich kein Grund vorhanden
mich über die schändlichen Verleumdungen zu verwundern, deren Gegenstand
ich in diesem Augenblick bin. Wenn die socialistischen Demokraten es für
nöthig halten daß ich mich nach Bourges begebe um die mir zur Last ge-
legte Thatsache zu dementiren, so werde ich auf der Stelle dahin reisen.
Wo nicht, so bitte ich sie ohne Aufschub ein Ehrengericht zusammenzu-
setzen, um über mich zu urtheilen." London, Huber. Das ist allerdings
etwas, aber nicht genug, und überflüssig wäre gewiß die ausdrückliche Er-
klärung, jene Berichte an das Gouvernement, von denen der Zeuge Monnier
sprach, könnten gar nicht existiren, nicht gewesen. Mag nun aber Huber
schuldig seyn oder nicht, das ist gewiß daß er schon längst bei einigen der
socialistischen Demokraten in einem zweideutigen Rufe stand. Einer der
Söhne Raspails äußerte bereits vor zwei Monaten in einer Gesellschaft,
in der man sich von dem Attentat des 15 Mai unterhielt, ausdrücklich,
"man habe Grund Huber für einen provocirenden Agenten zu halten."
In den Seitengängen des Sitzungssaales der Nationalversammlung wurde
gestern und vorgestern die Möglichkeit einer Vertagung der Kammer bis
zum 15 Mai besprochen. Es sey diese Maßregel das Resultat einer Art
von Vergleich zwischen der Regierung und der Nationalversammlung,
demzufolge jene das Gesetzproject über die Clubs zurückziehen, diese auf
das Votum des Budgets von 1849 verzichten würde. Das republicanisch-
bonapartistische Blatt la Liberte enthält folgende Notiz mit der Unter-
schrift: "Communique", Unterschrift womit, beiläufig bemerkt, seit einiger
Zeit ein gewaltiger Mißbrauch getrieben wird. "Wir haben schon früher
mitgetheilt daß Hr. Pescantini, einer der beiden Delegirten der römischen
Republik, zwei Audienzen vom Präsidenten der Republik erhalten hatte.
Es wird uns gemeldet daß dieser Diplomat die Hauptstadt ungesäumt ver-
lassen werde, aber seine Abwesenheit wird, scheint es, nur vorübergehend
seyn; sie sey durch eine andere Sendung, mit der er für ein benachbartes
[Spaltenumbruch] Land von seiner Regierung betraut ist, nöthig gemacht, und er werde ziem-
lich bald wieder nach Paris zurückkommen. Sicher wissen wir daß die
römischen Deputirten kürzlich eine diplomatische Note für die französische
Regierung aufgesetzt haben; diese sehr schicklich, edel und würdevoll ge-
haltene Note richten sie an die französische Regierung als Ansinnen die
römische Republik und sie selbst als Gesandte derselben anzuerkennen; zu-
gleich dringen sie in das Ministerium das Bündniß welches das römische
Volk wünscht anzunehmen. Die auf den Papst bezüglichen Fragen werden
in der Note mit viel Tact und Rücksicht behandelt, aber der Entschluß der
römischen Regierung um keinen Preis die Herrschaft Oesterreichs oder des
priesterlichen Scepters zu dulden wird dabei mit Festigkeit ausgesprochen.
Uebrigens wird das lebhafte Verlangen geäußert Pius IX, der auf die
Liebe der Römer so viele Ansprüche habe, in seinen Palast zurückkehren
und daselbst den päpstlichen Stuhl in voller Sicherheit und Freiheit wieder
einnehmen zu sehen. Die Note widerlegt mithin (implicitement) die
Gerüchte die sich bezüglich auf ungehörige Vorfälle im Vatican verbreitet
hatten. Der Vatican ist unberührt geblieben und steht mit allem was er
enthält unter der Hut eines verantwortlichen Beamten. Die Deputirten
setzen kräftig und treffend die Beweggründe auseinander die für die Ei-
nigung der beiden Regierungen sprechen, und geben zu bedenken daß wenn
die römische Republik durch die in Italien bevorstehenden Ereignisse be-
droht wäre, die französische Republik durch den natürlichen Gegendruck der
Verhältnisse die aus einem für die Freiheit der beiden Völker so mißlichen
Zustande entspringen würden, gefährdet werden könnte." Diese Notiz ist
ohne Zweifel von Peter Vonaparte der Liberte "communicirt" worden.



Rom.

Mazzini, der Vater der italienischen Demokratie,
ist so unzufrieden mit der römischen Versammlung daß er auf ihre Auf-
lösung sinnt. Allein die Deputirten sind großentheils niedern Standes
und arm, der Fortgenuß der Taggelder von 2 Scudi macht sie daher einer
Ausdehnung der Verhandlungen sehr geneigt. So ist z. B. bekannt daß
80 Deputirte um Anstellung durch die Regierung bei dem Petitionsaus-
schuß nachgesucht haben. Dieß könnte also der Auflösung sehr hinderlich
seyn. Daher hat Mazzini vorgeschlagen die Deputirten in die Provinzen
zu schicken um die kriegerischen Bestrebungen anzufeuern, zugleich aber
ihnen die Diäten nicht zu schmälern. Geht dieß durch, dann hört Rom
nach langer Periode wieder den Namen eines Dictators. Fast alle Pro-
fessoren der römischen Universität haben verweigert sich für die Republik
zu erklären; darunter befinden sich Namen wie Emiliano Sarti, Francesco
Orioli, Pasquale de Rossi u. a. Dieß beweist daß unsere Intelligenz der
Demokratie abhold ist. Viele Gutsbesitzer und der hohe Adel haben ihr
reines Einkommen angegeben, noch aber ist die Zahlung der ersten Rate,
die auf den 20sten angesetzt war, nicht zu Stande gekommen. Das Elend
in Rom ist kläglich. Viele Cardinäle die ihren Monatsgehalt aus dem
römischen Staatsschatz nicht ausbezahlt erhalten, haben ihre Dienstboten
entlassen. So sind 200 Kutscher allein dienstlos. Der Mangel an Fremden
nimmt dem Verkehr 7 -- 800,000 Scudi und dadurch vielen Familien
das Brod. Die Kunst verschmachtet ganz. Rom kann diesen Zustand nicht
länger ertragen, denn würde die Republik auch nicht durch die bewaffnete
Intervention aufgehoben, so müßte sie doch der Reaction des hungrigen
Volks und dem Staatsbankrott unterliegen. Wir berichten hier bloß was
man sich vertraulich überall zuflüstert.




Die Verhandlungen wegen der Bethätigung
des Unabhängkeitskrieges haben in der Affemblea großen Jubel hervorgeru-
fen der jetzt in einer Reihe von Manifesten seinen Nachhall findet. Zuerst
hat Bonaparte in dem hochfahrenden Ton seines Ohms einen Aufruf
erlassen und Krieger und Geld eingefordert, es handele sich um die Ver-
treibung der Oesterreicher aus Italien, welches von einem Ende zum an-
deren der Halbinsel nicht frei genannt werden dürfe, solange noch ein ein-
ziger Mensch dieses verhaßten Stammes daselbst weile. Die Kanone Ita-
liens habe getönt, jetzt gelte es zu handeln. Dabei werden Verwünschun-
gen gegen denjenigen ausgestoßen welcher einen Bruder von dem andern
zu trennen wage. Nächstdem werden dem Kriegsministerium sämmtliche
Polizeisoldaten zur Disposition gestellt, sowie auch die Mauthmiliz. Der
Dienst derselben soll zwölf Bataillonen der Nationalgarde übertragen
werden, deren Bildung augenblicklich erfolgen wird. Das Studentencorps
soll ebenfalls mobil gemacht werden, und es seyen deßhalb bereits die nö-
thigen Befehle und Instructionen an sämmtliche Landesuniversitäten abge-
gangen. Die römische Legion, welche bei Terracina steht, langweilt sich
unterdeß beim Wachdienst, rühmt jedoch die Sympathien der neapolitaner
Truppen: täglich, wird behauptet, erfolgten Diesertionen und die Ueberläu-
fer ließen sich in ihre Reihen aufnehmen. Auch fraternistrten die Officiere

[Spaltenumbruch] ſeines Departements weiß, austauſchen wollten. Zu dieſem Behufe ver-
ſammelten ſie ſich als ſie noch vollzählig beiſammen waren, bei Hrn. Ra-
vez, dem unter der Reſtauration berühmten oftmaligen Kammerpräſtdenten,
im hohen Gerichtshof der Geſchworenen für das Departement der Gironde.
Dieſe Verſammlungen dauern jetzt noch in den Zwiſchenzeiten der Gerichts-
ſitzungen fort. Eine der wichtigſten Fragen die hier beſprochen worden,
iſt die: ob und für welche Epoche an eine Wiederherſtellung der Mo-
narchie zu denken ſey. Nach mehrmaliger reiflicher und allſeitiger Be-
handlung der Frage war die überwiegende Mehrheit der Verſamm-
lung (26 Mitglieder) darin einverſtanden daß man vorderhand in den
Gränzen der Conſtition bleiben und die Republik aufrechterhalten müſſe,
weil die legitimiſtiſche Partei ſo wenig als die orleaniſtiſche, und noch
weniger als eine dieſer beiden die bonapartiſtiſche für ſich allein die Majorität
im Lande haben, ein Bund zwiſchen einer der beiden erſten mit der letzten Par-
tei zum Behufe einer Reſtauration des Kaiſerreichs an ſich unnatürlich ſey,
und daher keine Dauer verſpreche, daß auch ein Bund der Legitimiſten
mit den Orleaniſten zum Behufe einer gemeinſchaftlichen bourboni-
ſchen Reſtauration keinen hinreichenden Anklang fände und wenig Ausſich-
ten auf Erfolg böte; daß endlich alle dieſe Verſuche nur der republicani-
ſchen Partei zu ſtatten kommen und zu ſerneren Bürgerkriegen führen
mußten; daher müſſe man die Conſtitution bis zu ihrer geſetzlichen
Reviſion
achten und erſt nach erfolgter Reviſion werde man über die
Stimmung des Landes hinſichtlich einer Reſtauration urtheilen können.
Dieß Ergebniß der Berathungen über die wichtige Frage wird zur Zeit
in den Departements auf geignetem Wege veröffentlicht werden.


Seitdem Huber durch eine Zeugenausſage
vor dem hohen Gerichtshofe zu Bourges des Verraths an ſeiner eigenen
Partei und daß er ein geheimer Sendling des geſtürzten Gouvernements
geweſen, bezichtigt worden, ſahen ſeine hieſigen Freunde mit unruhiger
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laube die Angabe des Zeugen Monnier, ehemaligen Generalſecretärs der
Polizeipräfectur, Lügen zu ſtrafen. Denn obgleich alle ihre Blätter des
Anſtands wegen — daß ich dieſes ariſtokratiſche Wort auf die ſocialiſtiſchen
Demokraten anwende mögen ſie mir verzeihen — Huber für unfähig hielten
den Judas geſpielt zu haben, und eines ſogar, die Révolution démocratique
et ſociale, in einem ſentimentalen Artikel verſicherte Huber ſey an Unbe-
fangenheit noch ein Kind das die Welt und die Namen der Laſter
nicht kenne welche auf den Weg der Schande führen,
ſo war ihnen
doch ganz unheimlich bei der Sache zu Muthe, und um ſich für alle Fälle
vorzuſehen, meinten ſie, er könne, ſchuldig, nur in einem Anfall von Wahn-
ſinn gehandelt haben. Ob folgendes Schreiben Hubers vom 26 März
ſeinen Freunden genügen wird weiß ich nicht, auffallend iſt daß ſie es ohne
triumphirenden Commentar bekannt machen. „Bürger Redacteur! Die
Reaction verſchont keinen der aufrichtigſten Republicaner. Da ſie mich
nicht in meiner Perſon erreichen kann, ſo will ſie mich in der öffentlichen
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mich über die ſchändlichen Verleumdungen zu verwundern, deren Gegenſtand
ich in dieſem Augenblick bin. Wenn die ſocialiſtiſchen Demokraten es für
nöthig halten daß ich mich nach Bourges begebe um die mir zur Laſt ge-
legte Thatſache zu dementiren, ſo werde ich auf der Stelle dahin reiſen.
Wo nicht, ſo bitte ich ſie ohne Aufſchub ein Ehrengericht zuſammenzu-
ſetzen, um über mich zu urtheilen.“ London, Huber. Das iſt allerdings
etwas, aber nicht genug, und überflüſſig wäre gewiß die ausdrückliche Er-
klärung, jene Berichte an das Gouvernement, von denen der Zeuge Monnier
ſprach, könnten gar nicht exiſtiren, nicht geweſen. Mag nun aber Huber
ſchuldig ſeyn oder nicht, das iſt gewiß daß er ſchon längſt bei einigen der
ſocialiſtiſchen Demokraten in einem zweideutigen Rufe ſtand. Einer der
Söhne Raſpails äußerte bereits vor zwei Monaten in einer Geſellſchaft,
in der man ſich von dem Attentat des 15 Mai unterhielt, ausdrücklich,
„man habe Grund Huber für einen provocirenden Agenten zu halten.“
In den Seitengängen des Sitzungsſaales der Nationalverſammlung wurde
geſtern und vorgeſtern die Möglichkeit einer Vertagung der Kammer bis
zum 15 Mai beſprochen. Es ſey dieſe Maßregel das Reſultat einer Art
von Vergleich zwiſchen der Regierung und der Nationalverſammlung,
demzufolge jene das Geſetzproject über die Clubs zurückziehen, dieſe auf
das Votum des Budgets von 1849 verzichten würde. Das republicaniſch-
bonapartiſtiſche Blatt la Liberté enthält folgende Notiz mit der Unter-
ſchrift: »Communiqué«, Unterſchrift womit, beiläufig bemerkt, ſeit einiger
Zeit ein gewaltiger Mißbrauch getrieben wird. „Wir haben ſchon früher
mitgetheilt daß Hr. Pescantini, einer der beiden Delegirten der römiſchen
Republik, zwei Audienzen vom Präſidenten der Republik erhalten hatte.
Es wird uns gemeldet daß dieſer Diplomat die Hauptſtadt ungeſäumt ver-
laſſen werde, aber ſeine Abweſenheit wird, ſcheint es, nur vorübergehend
ſeyn; ſie ſey durch eine andere Sendung, mit der er für ein benachbartes
[Spaltenumbruch] Land von ſeiner Regierung betraut iſt, nöthig gemacht, und er werde ziem-
lich bald wieder nach Paris zurückkommen. Sicher wiſſen wir daß die
römiſchen Deputirten kürzlich eine diplomatiſche Note für die franzöſiſche
Regierung aufgeſetzt haben; dieſe ſehr ſchicklich, edel und würdevoll ge-
haltene Note richten ſie an die franzöſiſche Regierung als Anſinnen die
römiſche Republik und ſie ſelbſt als Geſandte derſelben anzuerkennen; zu-
gleich dringen ſie in das Miniſterium das Bündniß welches das römiſche
Volk wünſcht anzunehmen. Die auf den Papſt bezüglichen Fragen werden
in der Note mit viel Tact und Rückſicht behandelt, aber der Entſchluß der
römiſchen Regierung um keinen Preis die Herrſchaft Oeſterreichs oder des
prieſterlichen Scepters zu dulden wird dabei mit Feſtigkeit ausgeſprochen.
Uebrigens wird das lebhafte Verlangen geäußert Pius IX, der auf die
Liebe der Römer ſo viele Anſprüche habe, in ſeinen Palaſt zurückkehren
und daſelbſt den päpſtlichen Stuhl in voller Sicherheit und Freiheit wieder
einnehmen zu ſehen. Die Note widerlegt mithin (implicitement) die
Gerüchte die ſich bezüglich auf ungehörige Vorfälle im Vatican verbreitet
hatten. Der Vatican iſt unberührt geblieben und ſteht mit allem was er
enthält unter der Hut eines verantwortlichen Beamten. Die Deputirten
ſetzen kräftig und treffend die Beweggründe auseinander die für die Ei-
nigung der beiden Regierungen ſprechen, und geben zu bedenken daß wenn
die römiſche Republik durch die in Italien bevorſtehenden Ereigniſſe be-
droht wäre, die franzöſiſche Republik durch den natürlichen Gegendruck der
Verhältniſſe die aus einem für die Freiheit der beiden Völker ſo mißlichen
Zuſtande entſpringen würden, gefährdet werden könnte.“ Dieſe Notiz iſt
ohne Zweifel von Peter Vonaparte der Liberté „communicirt“ worden.



Rom.

Mazzini, der Vater der italieniſchen Demokratie,
iſt ſo unzufrieden mit der römiſchen Verſammlung daß er auf ihre Auf-
löſung ſinnt. Allein die Deputirten ſind großentheils niedern Standes
und arm, der Fortgenuß der Taggelder von 2 Scudi macht ſie daher einer
Ausdehnung der Verhandlungen ſehr geneigt. So iſt z. B. bekannt daß
80 Deputirte um Anſtellung durch die Regierung bei dem Petitionsaus-
ſchuß nachgeſucht haben. Dieß könnte alſo der Auflöſung ſehr hinderlich
ſeyn. Daher hat Mazzini vorgeſchlagen die Deputirten in die Provinzen
zu ſchicken um die kriegeriſchen Beſtrebungen anzufeuern, zugleich aber
ihnen die Diäten nicht zu ſchmälern. Geht dieß durch, dann hört Rom
nach langer Periode wieder den Namen eines Dictators. Faſt alle Pro-
feſſoren der römiſchen Univerſität haben verweigert ſich für die Republik
zu erklären; darunter befinden ſich Namen wie Emiliano Sarti, Francesco
Orioli, Pasquale de Roſſi u. a. Dieß beweist daß unſere Intelligenz der
Demokratie abhold iſt. Viele Gutsbeſitzer und der hohe Adel haben ihr
reines Einkommen angegeben, noch aber iſt die Zahlung der erſten Rate,
die auf den 20ſten angeſetzt war, nicht zu Stande gekommen. Das Elend
in Rom iſt kläglich. Viele Cardinäle die ihren Monatsgehalt aus dem
römiſchen Staatsſchatz nicht ausbezahlt erhalten, haben ihre Dienſtboten
entlaſſen. So ſind 200 Kutſcher allein dienſtlos. Der Mangel an Fremden
nimmt dem Verkehr 7 — 800,000 Scudi und dadurch vielen Familien
das Brod. Die Kunſt verſchmachtet ganz. Rom kann dieſen Zuſtand nicht
länger ertragen, denn würde die Republik auch nicht durch die bewaffnete
Intervention aufgehoben, ſo müßte ſie doch der Reaction des hungrigen
Volks und dem Staatsbankrott unterliegen. Wir berichten hier bloß was
man ſich vertraulich überall zuflüſtert.




Die Verhandlungen wegen der Bethätigung
des Unabhängkeitskrieges haben in der Affemblea großen Jubel hervorgeru-
fen der jetzt in einer Reihe von Manifeſten ſeinen Nachhall findet. Zuerſt
hat Bonaparte in dem hochfahrenden Ton ſeines Ohms einen Aufruf
erlaſſen und Krieger und Geld eingefordert, es handele ſich um die Ver-
treibung der Oeſterreicher aus Italien, welches von einem Ende zum an-
deren der Halbinſel nicht frei genannt werden dürfe, ſolange noch ein ein-
ziger Menſch dieſes verhaßten Stammes daſelbſt weile. Die Kanone Ita-
liens habe getönt, jetzt gelte es zu handeln. Dabei werden Verwünſchun-
gen gegen denjenigen ausgeſtoßen welcher einen Bruder von dem andern
zu trennen wage. Nächſtdem werden dem Kriegsminiſterium ſämmtliche
Polizeiſoldaten zur Diſpoſition geſtellt, ſowie auch die Mauthmiliz. Der
Dienſt derſelben ſoll zwölf Bataillonen der Nationalgarde übertragen
werden, deren Bildung augenblicklich erfolgen wird. Das Studentencorps
ſoll ebenfalls mobil gemacht werden, und es ſeyen deßhalb bereits die nö-
thigen Befehle und Inſtructionen an ſämmtliche Landesuniverſitäten abge-
gangen. Die römiſche Legion, welche bei Terracina ſteht, langweilt ſich
unterdeß beim Wachdienſt, rühmt jedoch die Sympathien der neapolitaner
Truppen: täglich, wird behauptet, erfolgten Dieſertionen und die Ueberläu-
fer ließen ſich in ihre Reihen aufnehmen. Auch fraterniſtrten die Officiere

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[1427/0011] ſeines Departements weiß, austauſchen wollten. Zu dieſem Behufe ver- ſammelten ſie ſich als ſie noch vollzählig beiſammen waren, bei Hrn. Ra- vez, dem unter der Reſtauration berühmten oftmaligen Kammerpräſtdenten, im hohen Gerichtshof der Geſchworenen für das Departement der Gironde. Dieſe Verſammlungen dauern jetzt noch in den Zwiſchenzeiten der Gerichts- ſitzungen fort. Eine der wichtigſten Fragen die hier beſprochen worden, iſt die: ob und für welche Epoche an eine Wiederherſtellung der Mo- narchie zu denken ſey. Nach mehrmaliger reiflicher und allſeitiger Be- handlung der Frage war die überwiegende Mehrheit der Verſamm- lung (26 Mitglieder) darin einverſtanden daß man vorderhand in den Gränzen der Conſtition bleiben und die Republik aufrechterhalten müſſe, weil die legitimiſtiſche Partei ſo wenig als die orleaniſtiſche, und noch weniger als eine dieſer beiden die bonapartiſtiſche für ſich allein die Majorität im Lande haben, ein Bund zwiſchen einer der beiden erſten mit der letzten Par- tei zum Behufe einer Reſtauration des Kaiſerreichs an ſich unnatürlich ſey, und daher keine Dauer verſpreche, daß auch ein Bund der Legitimiſten mit den Orleaniſten zum Behufe einer gemeinſchaftlichen bourboni- ſchen Reſtauration keinen hinreichenden Anklang fände und wenig Ausſich- ten auf Erfolg böte; daß endlich alle dieſe Verſuche nur der republicani- ſchen Partei zu ſtatten kommen und zu ſerneren Bürgerkriegen führen mußten; daher müſſe man die Conſtitution bis zu ihrer geſetzlichen Reviſion achten und erſt nach erfolgter Reviſion werde man über die Stimmung des Landes hinſichtlich einer Reſtauration urtheilen können. Dieß Ergebniß der Berathungen über die wichtige Frage wird zur Zeit in den Departements auf geignetem Wege veröffentlicht werden. ⊙ Paris, 28 März. Seitdem Huber durch eine Zeugenausſage vor dem hohen Gerichtshofe zu Bourges des Verraths an ſeiner eigenen Partei und daß er ein geheimer Sendling des geſtürzten Gouvernements geweſen, bezichtigt worden, ſahen ſeine hieſigen Freunde mit unruhiger Spannung einer Erklärung des Angeſchuldigten entgegen, die es ihnen er- laube die Angabe des Zeugen Monnier, ehemaligen Generalſecretärs der Polizeipräfectur, Lügen zu ſtrafen. Denn obgleich alle ihre Blätter des Anſtands wegen — daß ich dieſes ariſtokratiſche Wort auf die ſocialiſtiſchen Demokraten anwende mögen ſie mir verzeihen — Huber für unfähig hielten den Judas geſpielt zu haben, und eines ſogar, die Révolution démocratique et ſociale, in einem ſentimentalen Artikel verſicherte Huber ſey an Unbe- fangenheit noch ein Kind das die Welt und die Namen der Laſter nicht kenne welche auf den Weg der Schande führen, ſo war ihnen doch ganz unheimlich bei der Sache zu Muthe, und um ſich für alle Fälle vorzuſehen, meinten ſie, er könne, ſchuldig, nur in einem Anfall von Wahn- ſinn gehandelt haben. Ob folgendes Schreiben Hubers vom 26 März ſeinen Freunden genügen wird weiß ich nicht, auffallend iſt daß ſie es ohne triumphirenden Commentar bekannt machen. „Bürger Redacteur! Die Reaction verſchont keinen der aufrichtigſten Republicaner. Da ſie mich nicht in meiner Perſon erreichen kann, ſo will ſie mich in der öffentlichen Meinung brandmarken. 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Einer der Söhne Raſpails äußerte bereits vor zwei Monaten in einer Geſellſchaft, in der man ſich von dem Attentat des 15 Mai unterhielt, ausdrücklich, „man habe Grund Huber für einen provocirenden Agenten zu halten.“ In den Seitengängen des Sitzungsſaales der Nationalverſammlung wurde geſtern und vorgeſtern die Möglichkeit einer Vertagung der Kammer bis zum 15 Mai beſprochen. Es ſey dieſe Maßregel das Reſultat einer Art von Vergleich zwiſchen der Regierung und der Nationalverſammlung, demzufolge jene das Geſetzproject über die Clubs zurückziehen, dieſe auf das Votum des Budgets von 1849 verzichten würde. Das republicaniſch- bonapartiſtiſche Blatt la Liberté enthält folgende Notiz mit der Unter- ſchrift: »Communiqué«, Unterſchrift womit, beiläufig bemerkt, ſeit einiger Zeit ein gewaltiger Mißbrauch getrieben wird. „Wir haben ſchon früher mitgetheilt daß Hr. Pescantini, einer der beiden Delegirten der römiſchen Republik, zwei Audienzen vom Präſidenten der Republik erhalten hatte. Es wird uns gemeldet daß dieſer Diplomat die Hauptſtadt ungeſäumt ver- laſſen werde, aber ſeine Abweſenheit wird, ſcheint es, nur vorübergehend ſeyn; ſie ſey durch eine andere Sendung, mit der er für ein benachbartes Land von ſeiner Regierung betraut iſt, nöthig gemacht, und er werde ziem- lich bald wieder nach Paris zurückkommen. Sicher wiſſen wir daß die römiſchen Deputirten kürzlich eine diplomatiſche Note für die franzöſiſche Regierung aufgeſetzt haben; dieſe ſehr ſchicklich, edel und würdevoll ge- haltene Note richten ſie an die franzöſiſche Regierung als Anſinnen die römiſche Republik und ſie ſelbſt als Geſandte derſelben anzuerkennen; zu- gleich dringen ſie in das Miniſterium das Bündniß welches das römiſche Volk wünſcht anzunehmen. Die auf den Papſt bezüglichen Fragen werden in der Note mit viel Tact und Rückſicht behandelt, aber der Entſchluß der römiſchen Regierung um keinen Preis die Herrſchaft Oeſterreichs oder des prieſterlichen Scepters zu dulden wird dabei mit Feſtigkeit ausgeſprochen. Uebrigens wird das lebhafte Verlangen geäußert Pius IX, der auf die Liebe der Römer ſo viele Anſprüche habe, in ſeinen Palaſt zurückkehren und daſelbſt den päpſtlichen Stuhl in voller Sicherheit und Freiheit wieder einnehmen zu ſehen. Die Note widerlegt mithin (implicitement) die Gerüchte die ſich bezüglich auf ungehörige Vorfälle im Vatican verbreitet hatten. Der Vatican iſt unberührt geblieben und ſteht mit allem was er enthält unter der Hut eines verantwortlichen Beamten. Die Deputirten ſetzen kräftig und treffend die Beweggründe auseinander die für die Ei- nigung der beiden Regierungen ſprechen, und geben zu bedenken daß wenn die römiſche Republik durch die in Italien bevorſtehenden Ereigniſſe be- droht wäre, die franzöſiſche Republik durch den natürlichen Gegendruck der Verhältniſſe die aus einem für die Freiheit der beiden Völker ſo mißlichen Zuſtande entſpringen würden, gefährdet werden könnte.“ Dieſe Notiz iſt ohne Zweifel von Peter Vonaparte der Liberté „communicirt“ worden. Rom. * Rom, 23 März. Mazzini, der Vater der italieniſchen Demokratie, iſt ſo unzufrieden mit der römiſchen Verſammlung daß er auf ihre Auf- löſung ſinnt. Allein die Deputirten ſind großentheils niedern Standes und arm, der Fortgenuß der Taggelder von 2 Scudi macht ſie daher einer Ausdehnung der Verhandlungen ſehr geneigt. So iſt z. B. bekannt daß 80 Deputirte um Anſtellung durch die Regierung bei dem Petitionsaus- ſchuß nachgeſucht haben. Dieß könnte alſo der Auflöſung ſehr hinderlich ſeyn. Daher hat Mazzini vorgeſchlagen die Deputirten in die Provinzen zu ſchicken um die kriegeriſchen Beſtrebungen anzufeuern, zugleich aber ihnen die Diäten nicht zu ſchmälern. Geht dieß durch, dann hört Rom nach langer Periode wieder den Namen eines Dictators. Faſt alle Pro- feſſoren der römiſchen Univerſität haben verweigert ſich für die Republik zu erklären; darunter befinden ſich Namen wie Emiliano Sarti, Francesco Orioli, Pasquale de Roſſi u. a. Dieß beweist daß unſere Intelligenz der Demokratie abhold iſt. Viele Gutsbeſitzer und der hohe Adel haben ihr reines Einkommen angegeben, noch aber iſt die Zahlung der erſten Rate, die auf den 20ſten angeſetzt war, nicht zu Stande gekommen. Das Elend in Rom iſt kläglich. Viele Cardinäle die ihren Monatsgehalt aus dem römiſchen Staatsſchatz nicht ausbezahlt erhalten, haben ihre Dienſtboten entlaſſen. So ſind 200 Kutſcher allein dienſtlos. Der Mangel an Fremden nimmt dem Verkehr 7 — 800,000 Scudi und dadurch vielen Familien das Brod. Die Kunſt verſchmachtet ganz. Rom kann dieſen Zuſtand nicht länger ertragen, denn würde die Republik auch nicht durch die bewaffnete Intervention aufgehoben, ſo müßte ſie doch der Reaction des hungrigen Volks und dem Staatsbankrott unterliegen. Wir berichten hier bloß was man ſich vertraulich überall zuflüſtert. △ Rom, 23 März. Die Verhandlungen wegen der Bethätigung des Unabhängkeitskrieges haben in der Affemblea großen Jubel hervorgeru- fen der jetzt in einer Reihe von Manifeſten ſeinen Nachhall findet. Zuerſt hat Bonaparte in dem hochfahrenden Ton ſeines Ohms einen Aufruf erlaſſen und Krieger und Geld eingefordert, es handele ſich um die Ver- treibung der Oeſterreicher aus Italien, welches von einem Ende zum an- deren der Halbinſel nicht frei genannt werden dürfe, ſolange noch ein ein- ziger Menſch dieſes verhaßten Stammes daſelbſt weile. 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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2021-08-16T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 93, 3. April 1849, S. 1427. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine93_1849/11>, abgerufen am 21.11.2024.