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Allgemeine Zeitung, Nr. 87, 27. März 1848.

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[Spaltenumbruch] bruch, der die Niedermetzelung von Tausenden zur Folge haben mußte,
zu verhüten, und es that alles mögliche um es nicht dahin kommen zu
lassen. So ward es möglich daß das Militär, ohne daß ein Zusammenstoß
erfolgte, von dem Bazar unter Hurrahruf Besitz nehmen konnte. Daß am
gestrigen Abend die Ruhe nicht gestört wurde, verdanken wir wohl zu-
meist einem anhaltenden starken Regen. Aus den kleinen benachbarten
Städten gingen schon gestern Abend die Nachrichten ein daß Emeuten
ausgebrochen seyen, daß man die preußischen Adler herabgerissen und die
Beamten gemißhandelt habe. Einzelne Verwundete sind bereits hier
eingetroffen. Die Nacht ist ohne Störung vorübergegangen, und wir
gehen mit Angst dem heutigen Tage entgegen. Ein Zusammenstoß scheint
unvermeidlich.

Spanien.

Wie unser Madrider * Corrrspondent unterm 15 März schreibt,
wurden der Herzog und die Herzogin v. Montpenster schon bis zum 20
oder 21 März in Madrid erwartet. Die Geheimschreiber und das Ge-
folge des Prinzen v. Joinville und des Herzogs v. Aumale, sowie die
Ehrendamen ihrer Gemahlinnen, hatten an Bord des französischen
Dampfboots "Titan" die Stadt Palma auf der Insel Mallorca berührt,
und folgten den vorausgehenden Prinzen nach England. Graf Colombi,
der bisherige spanische Gesandte in Brüssel, ist in gleicher Eigenschaft
nach Lissabon ernannt; an seiner Statt kommt Graf de la Vega del Pozo
nach Brüssel. Von Martinez de la Rosa's Sendung nach Rom ist es
fürs erste wieder still geworden. Isturiz bleibt in London; nach Paris
wird fürs erste kein Gesandter ernannt, aber der bisherige Geschäftsträ-
ger bleibt daselbst. Das angesehene Madrider Handelshaus Pablo Col-
lado hat fallirt. -- Einer Madrider Correspondenz in der Londoner
Times vom 22 März zufolge dürfte bald die ganze Familie Ludwig
Philipps bei Marien Christinen in Aranjuez versammelt seyn, um von
da aus eine Orleansistische Reaction in Frankreich zu versuchen.

Italien.

Fortwährend fehlen uns Mailänder, Genueser und Turiner Blätter.
Gestern erhielten wir zwar einige Mailänder Briefe, aber nur vom 17
und 18; der Vicekönig hatte eben die Stadt verlassen um nach Verona
überzustedeln; auch waren die ersten Concessionen von Wien -- Preß-
freiheit und Berufung aller Provincialstände -- bekannt gemacht wor-
den. Daß diese als leere Versprechungen bezeichnet wurden, haben wir
angezeigt; welche unglückliche Ereignisse zu dem Schluß des Drama
drängten ergibt sich aus den folgenden Briefen.



Von Mailand noch keine Post. Was man
von und durch Staffetten erfahren konnte ist daß sich Radetzky in Mai-
land mit den meisten Truppen vor einigen Tagen in das Castell zurück-
zog. Die Mailänder errichteten in den Straßen Barricaden, ohne daß
sie daran gestört wurden. Der Marschall ermahnte sie nochmals zur
Ruhe. Anstatt dessen schickten sie eine Deputation an ihn, er solle die
Stadt mit den Truppen verlassen, man gestatte ihm freien Abzug. Er
antwortete ihnen, sie sollen das Castell nehmen wenn sie es wollen.
Abends 6 Uhr am Samstag (18) ging die Metzelei an. Die ganze
Garnison soll mit aller ihr zu Gebot stehenden Artillerie durch alle
Straßen gewüthet haben. Der Kampf dauerte 6 Stunden. Die Mai-
länder fochten tapfer. Vom Militär sollen 400 Mann, und von den
Mailändern mehrere Tausende geblieben seyn. Gräßlich! Radetzky will
fortfahren die Stadt zu beschießen bis die Ruhe hergestellt sey. Der
General Gerhardi hier in Verona hat die nämlichen strengen Instruc-
tionen. Die Artillerie sowohl in der Stadt als auf der Festung ist
schußfertig. Die Erbitterung des Volks ist groß. Gestern verlangten
die Veroneser mit der Nationalgarde die Castelle zu besetzen, allein man
sagte auch ihnen, sie sollen dieselben erstürmen wenn sie solche wollen.
Die Piemonteser haben bei Pavia die österreichischen leichten Truppen
angegriffen, wurden aber sogleich von denselben geworfen. Der Vice-
könig ist seit dem 18 früh hier, wird aber bei den ersten Auftritten
abreisen. Wenn hier etwas ausbricht, stehen uns dieselben Scenen wie
in Mailand bevor. Gestern hätte das Regiment Fürstenwärther als Ver-
stärkung hier eintreffen sollen, es mußte aber wegen in Venedig aus-
gebrochener Unruhen dorthin zurück.


Endlich haben wir, wenn auch spärliche, so
doch genauere Berichte von Mailand. Folgende gedruckte Proclamatio-
nen sind erschienen:

"An alle Städte und für alle Gemeinden der Lom-
bardei und des Venetianischen (del Lombardo Veneto). Beinahe waf-
fenlos, hat Mailand in zwei Tagen gestegt; noch ist die Stadt einge-
schlossen von einer Masse zwar entmuthigter, aber immer noch mächtiger
[Spaltenumbruch] Truppen. Wir werfen dieses Blatt über die Mauern, um alle Städte
und Gemeinden zur Organisation und Bewaffnung von Nationalgarden,
in Compagnien von je 50 Mann, aufzufordern. Unter selbst gewählten
Commandanten werden dieselben sich dahin begeben wo gerade die Ver-
theidigung sie nöthig macht. Hülfe und Sieg! Es lebe Italien! Es lebe
Pius IX.

Ferner:

"Bürger! Der
österreichische General beharrt auf seinem Widerstand, aber das Heer ist
in vollständiger Auflösung begriffen. Die Bomben welche er auf unsere
Häuser wirft, sind der letzte Gruß der gestürzten, fliehenden Trümmer.
Unsere Kinder werden nicht unter dem Schrecken der Sklaverei aufwoch-
sen. Viele Officiere geben sich gefangen. Ganze Corps legen die Waf-
fen nieder vor der italienischen Tricolore: andere, von militärischem Ehr-
gefühl zurückgehalten, bitten um Bedenkzeit und Einstellung unsers steg-
reichen Feuers. Mitbürger, beharrt auf der eingeschlagenen Bahn, sie
allein führt zum Ruhm und zur Freiheit. In wenig Tagen wird das
italienische Banner von den Höhen der Alpen herabwehen. Nur dort
können wir mit den Völkern einen ehrenhaften Frieden schließen, die wir
jetzt zu bekämpfen gezwungen sind. Mitbürger, in Bälde werden wir gesiegt
haben. Das Vaterland wird über seine Geschicke entscheiden und nur sich
selbst angehören. Die Verwundeten werden Eurer Sorge empfohlen;
für die dürftigen Familien sorgt das Vaterland.

-- Diese Proclamationen wurden von der Municipalität in
Mailand durch Boten ausgesandt, denn die Communication ist wieder
eröffnet. Es gelang nämlich den in Masse nach der Hauptstadt
gerückten Bergamasken die Belagerungsliuie zu durchbrechen und in
die Stadt einzudringen. In Como waren am 21 alle Casernen in den
Händen des Volkes mit Ausnahme von St. Francesco. 1200 Mann
wurden entwaffnet, die Waffen unter das Volk vertheilt, das mit den-
selben den Mailändern zu Hülfe zieht. Nachdem eine Kirche in der Nähe
von St. Francesco in Brand gesteckt worden, ergaben sich am 21 auch
die 500 Mann dieses Quartiers. Mantua, die wichtigste Festung des
Reiches, ist in den Händen des Volks; von allen Höhen weht die Trico-
lore. Die italienischen Truppen, welche den größten Theil der Garnison
ausmachten, schlossen sich sogleich der Bewegung an. Sie tragen als
Feldzeichen dreifarbige Sacktücher am linken Arm. Der commandirende
General, ein Deutscher, ist gefangen; die wenigen deutschen Truppen
haben sich in ein kleines Fort zurückgezogen. Eine provisorische Regie-
rung ist eingesetzt. Auf der ganzen Linie von Mantua über Brescia,
Bergamo, Lecco bis Porlezza ist die österreichische Herrschaft gebrochen;
die drei Farben wehen in den Lüften. Starke Heerhaufen ziehen von
allen Seiten der Hauptstadt zu Hülfe. Verona und Lodi sind ebenfalls
aufgestanden; Cremona und Piacenza werden ihnen folgen. In Varese
wollten die Truppen beim Ausbruch des Aufstandes ohne Widerstand zu
leisten abziehen; das Volk ließ dieß nicht geschehen und bot alles auf sie
zu entwaffnen, damit sie kampfunfähig würden. 200 Croaten und ein
Detaschement Husaren haben capitulirt und die Waffen abgegeben. Am
Lago Maggiore, wo die ganze Bevölkerung von beispiellosem Entbusias-
mus ergriffen ist, wurden die Truppen geschont. Kleinere Abtheilungen
entwaffnete man; größere Corps durften den Massen gegenüber keinen
Angriff wagen. Acht, nach andern Berichten zehntausend, Piemontesen
sind den Lombarden zu Hülfe geeilt. In Novera sollen sich Freicorps
von Genuesen und aus der Umgegend bilden. Alle Gränzposten sind of-
fen, freier Verkehr mit Tessin und Graubünden. Gestern erhielt unsere
Regierung Bericht über den vollendeten Aufstand im obern Veltlin;
man befürchtet Zerstörung der Kunststraße über das Stilfser-Joch. Ueber
das Verhalten der sardinischen Regierung werden Sie directe Berichte
erhalten haben. Sie hat beschlossen ein Observationscorps von 30,000
Mann an die Gränze zu schicken und auf drei verschiedenen Punkten die
in Masse herbeieilenden Freiwilligen zu bewaffnen und zu organisiren.


Das so eben (Mittag) hier einlaufende
Dampfboot bringt die officielle Nachricht daß Venedig sich von der
österreichischen Regierung losgesagt und eine provisori-
sche Regierung gebildet hat
. Dem Militär, den Beamten u. s. w.
wird freier Abzug nach Triest gestattet. Graf Zichy haftet mit seiner
Person für die Aufrechthaltung der von der provisorischen Regierung
gestellten Bedingungen. Der Commandant Martinovich wurde getödtet.
Arsenal und Festung sind in Händen der Venetianer. Hier hat diese
Nachricht tiefe Erschütterung hervorgebracht. Uebrigens herrscht die
größte Ordnung. Auch Graf Palffy ist mit dem Dampfer angekommen.



[Spaltenumbruch] bruch, der die Niedermetzelung von Tauſenden zur Folge haben mußte,
zu verhüten, und es that alles mögliche um es nicht dahin kommen zu
laſſen. So ward es möglich daß das Militär, ohne daß ein Zuſammenſtoß
erfolgte, von dem Bazar unter Hurrahruf Beſitz nehmen konnte. Daß am
geſtrigen Abend die Ruhe nicht geſtört wurde, verdanken wir wohl zu-
meiſt einem anhaltenden ſtarken Regen. Aus den kleinen benachbarten
Städten gingen ſchon geſtern Abend die Nachrichten ein daß Emeuten
ausgebrochen ſeyen, daß man die preußiſchen Adler herabgeriſſen und die
Beamten gemißhandelt habe. Einzelne Verwundete ſind bereits hier
eingetroffen. Die Nacht iſt ohne Störung vorübergegangen, und wir
gehen mit Angſt dem heutigen Tage entgegen. Ein Zuſammenſtoß ſcheint
unvermeidlich.

Spanien.

Wie unſer Madrider * Corrrſpondent unterm 15 März ſchreibt,
wurden der Herzog und die Herzogin v. Montpenſter ſchon bis zum 20
oder 21 März in Madrid erwartet. Die Geheimſchreiber und das Ge-
folge des Prinzen v. Joinville und des Herzogs v. Aumale, ſowie die
Ehrendamen ihrer Gemahlinnen, hatten an Bord des franzöſiſchen
Dampfboots „Titan“ die Stadt Palma auf der Inſel Mallorca berührt,
und folgten den vorausgehenden Prinzen nach England. Graf Colombi,
der bisherige ſpaniſche Geſandte in Brüſſel, iſt in gleicher Eigenſchaft
nach Liſſabon ernannt; an ſeiner Statt kommt Graf de la Vega del Pozo
nach Brüſſel. Von Martinez de la Roſa’s Sendung nach Rom iſt es
fürs erſte wieder ſtill geworden. Iſturiz bleibt in London; nach Paris
wird fürs erſte kein Geſandter ernannt, aber der bisherige Geſchäftsträ-
ger bleibt daſelbſt. Das angeſehene Madrider Handelshaus Pablo Col-
lado hat fallirt. — Einer Madrider Correſpondenz in der Londoner
Times vom 22 März zufolge dürfte bald die ganze Familie Ludwig
Philipps bei Marien Chriſtinen in Aranjuez verſammelt ſeyn, um von
da aus eine Orleansiſtiſche Reaction in Frankreich zu verſuchen.

Italien.

Fortwährend fehlen uns Mailänder, Genueſer und Turiner Blätter.
Geſtern erhielten wir zwar einige Mailänder Briefe, aber nur vom 17
und 18; der Vicekönig hatte eben die Stadt verlaſſen um nach Verona
überzuſtedeln; auch waren die erſten Conceſſionen von Wien — Preß-
freiheit und Berufung aller Provincialſtände — bekannt gemacht wor-
den. Daß dieſe als leere Verſprechungen bezeichnet wurden, haben wir
angezeigt; welche unglückliche Ereigniſſe zu dem Schluß des Drama
drängten ergibt ſich aus den folgenden Briefen.



Von Mailand noch keine Poſt. Was man
von und durch Staffetten erfahren konnte iſt daß ſich Radetzky in Mai-
land mit den meiſten Truppen vor einigen Tagen in das Caſtell zurück-
zog. Die Mailänder errichteten in den Straßen Barricaden, ohne daß
ſie daran geſtört wurden. Der Marſchall ermahnte ſie nochmals zur
Ruhe. Anſtatt deſſen ſchickten ſie eine Deputation an ihn, er ſolle die
Stadt mit den Truppen verlaſſen, man geſtatte ihm freien Abzug. Er
antwortete ihnen, ſie ſollen das Caſtell nehmen wenn ſie es wollen.
Abends 6 Uhr am Samstag (18) ging die Metzelei an. Die ganze
Garniſon ſoll mit aller ihr zu Gebot ſtehenden Artillerie durch alle
Straßen gewüthet haben. Der Kampf dauerte 6 Stunden. Die Mai-
länder fochten tapfer. Vom Militär ſollen 400 Mann, und von den
Mailändern mehrere Tauſende geblieben ſeyn. Gräßlich! Radetzky will
fortfahren die Stadt zu beſchießen bis die Ruhe hergeſtellt ſey. Der
General Gerhardi hier in Verona hat die nämlichen ſtrengen Inſtruc-
tionen. Die Artillerie ſowohl in der Stadt als auf der Feſtung iſt
ſchußfertig. Die Erbitterung des Volks iſt groß. Geſtern verlangten
die Veroneſer mit der Nationalgarde die Caſtelle zu beſetzen, allein man
ſagte auch ihnen, ſie ſollen dieſelben erſtürmen wenn ſie ſolche wollen.
Die Piemonteſer haben bei Pavia die öſterreichiſchen leichten Truppen
angegriffen, wurden aber ſogleich von denſelben geworfen. Der Vice-
könig iſt ſeit dem 18 früh hier, wird aber bei den erſten Auftritten
abreiſen. Wenn hier etwas ausbricht, ſtehen uns dieſelben Scenen wie
in Mailand bevor. Geſtern hätte das Regiment Fürſtenwärther als Ver-
ſtärkung hier eintreffen ſollen, es mußte aber wegen in Venedig aus-
gebrochener Unruhen dorthin zurück.


Endlich haben wir, wenn auch ſpärliche, ſo
doch genauere Berichte von Mailand. Folgende gedruckte Proclamatio-
nen ſind erſchienen:

„An alle Städte und für alle Gemeinden der Lom-
bardei und des Venetianiſchen (del Lombardo Veneto). Beinahe waf-
fenlos, hat Mailand in zwei Tagen geſtegt; noch iſt die Stadt einge-
ſchloſſen von einer Maſſe zwar entmuthigter, aber immer noch mächtiger
[Spaltenumbruch] Truppen. Wir werfen dieſes Blatt über die Mauern, um alle Städte
und Gemeinden zur Organiſation und Bewaffnung von Nationalgarden,
in Compagnien von je 50 Mann, aufzufordern. Unter ſelbſt gewählten
Commandanten werden dieſelben ſich dahin begeben wo gerade die Ver-
theidigung ſie nöthig macht. Hülfe und Sieg! Es lebe Italien! Es lebe
Pius IX.

Ferner:

„Bürger! Der
öſterreichiſche General beharrt auf ſeinem Widerſtand, aber das Heer iſt
in vollſtändiger Auflöſung begriffen. Die Bomben welche er auf unſere
Häuſer wirft, ſind der letzte Gruß der geſtürzten, fliehenden Trümmer.
Unſere Kinder werden nicht unter dem Schrecken der Sklaverei aufwoch-
ſen. Viele Officiere geben ſich gefangen. Ganze Corps legen die Waf-
fen nieder vor der italieniſchen Tricolore: andere, von militäriſchem Ehr-
gefühl zurückgehalten, bitten um Bedenkzeit und Einſtellung unſers ſteg-
reichen Feuers. Mitbürger, beharrt auf der eingeſchlagenen Bahn, ſie
allein führt zum Ruhm und zur Freiheit. In wenig Tagen wird das
italieniſche Banner von den Höhen der Alpen herabwehen. Nur dort
können wir mit den Völkern einen ehrenhaften Frieden ſchließen, die wir
jetzt zu bekämpfen gezwungen ſind. Mitbürger, in Bälde werden wir geſiegt
haben. Das Vaterland wird über ſeine Geſchicke entſcheiden und nur ſich
ſelbſt angehören. Die Verwundeten werden Eurer Sorge empfohlen;
für die dürftigen Familien ſorgt das Vaterland.

— Dieſe Proclamationen wurden von der Municipalität in
Mailand durch Boten ausgeſandt, denn die Communication iſt wieder
eröffnet. Es gelang nämlich den in Maſſe nach der Hauptſtadt
gerückten Bergamasken die Belagerungsliuie zu durchbrechen und in
die Stadt einzudringen. In Como waren am 21 alle Caſernen in den
Händen des Volkes mit Ausnahme von St. Francesco. 1200 Mann
wurden entwaffnet, die Waffen unter das Volk vertheilt, das mit den-
ſelben den Mailändern zu Hülfe zieht. Nachdem eine Kirche in der Nähe
von St. Francesco in Brand geſteckt worden, ergaben ſich am 21 auch
die 500 Mann dieſes Quartiers. Mantua, die wichtigſte Feſtung des
Reiches, iſt in den Händen des Volks; von allen Höhen weht die Trico-
lore. Die italieniſchen Truppen, welche den größten Theil der Garniſon
ausmachten, ſchloſſen ſich ſogleich der Bewegung an. Sie tragen als
Feldzeichen dreifarbige Sacktücher am linken Arm. Der commandirende
General, ein Deutſcher, iſt gefangen; die wenigen deutſchen Truppen
haben ſich in ein kleines Fort zurückgezogen. Eine proviſoriſche Regie-
rung iſt eingeſetzt. Auf der ganzen Linie von Mantua über Brescia,
Bergamo, Lecco bis Porlezza iſt die öſterreichiſche Herrſchaft gebrochen;
die drei Farben wehen in den Lüften. Starke Heerhaufen ziehen von
allen Seiten der Hauptſtadt zu Hülfe. Verona und Lodi ſind ebenfalls
aufgeſtanden; Cremona und Piacenza werden ihnen folgen. In Vareſe
wollten die Truppen beim Ausbruch des Aufſtandes ohne Widerſtand zu
leiſten abziehen; das Volk ließ dieß nicht geſchehen und bot alles auf ſie
zu entwaffnen, damit ſie kampfunfähig würden. 200 Croaten und ein
Detaſchement Huſaren haben capitulirt und die Waffen abgegeben. Am
Lago Maggiore, wo die ganze Bevölkerung von beiſpielloſem Entbuſias-
mus ergriffen iſt, wurden die Truppen geſchont. Kleinere Abtheilungen
entwaffnete man; größere Corps durften den Maſſen gegenüber keinen
Angriff wagen. Acht, nach andern Berichten zehntauſend, Piemonteſen
ſind den Lombarden zu Hülfe geeilt. In Novera ſollen ſich Freicorps
von Genueſen und aus der Umgegend bilden. Alle Gränzpoſten ſind of-
fen, freier Verkehr mit Teſſin und Graubünden. Geſtern erhielt unſere
Regierung Bericht über den vollendeten Aufſtand im obern Veltlin;
man befürchtet Zerſtörung der Kunſtſtraße über das Stilfſer-Joch. Ueber
das Verhalten der ſardiniſchen Regierung werden Sie directe Berichte
erhalten haben. Sie hat beſchloſſen ein Obſervationscorps von 30,000
Mann an die Gränze zu ſchicken und auf drei verſchiedenen Punkten die
in Maſſe herbeieilenden Freiwilligen zu bewaffnen und zu organiſiren.


Das ſo eben (Mittag) hier einlaufende
Dampfboot bringt die officielle Nachricht daß Venedig ſich von der
öſterreichiſchen Regierung losgeſagt und eine proviſori-
ſche Regierung gebildet hat
. Dem Militär, den Beamten u. ſ. w.
wird freier Abzug nach Trieſt geſtattet. Graf Zichy haftet mit ſeiner
Perſon für die Aufrechthaltung der von der proviſoriſchen Regierung
geſtellten Bedingungen. Der Commandant Martinovich wurde getödtet.
Arſenal und Feſtung ſind in Händen der Venetianer. Hier hat dieſe
Nachricht tiefe Erſchütterung hervorgebracht. Uebrigens herrſcht die
größte Ordnung. Auch Graf Palffy iſt mit dem Dampfer angekommen.



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[4/0020] bruch, der die Niedermetzelung von Tauſenden zur Folge haben mußte, zu verhüten, und es that alles mögliche um es nicht dahin kommen zu laſſen. So ward es möglich daß das Militär, ohne daß ein Zuſammenſtoß erfolgte, von dem Bazar unter Hurrahruf Beſitz nehmen konnte. Daß am geſtrigen Abend die Ruhe nicht geſtört wurde, verdanken wir wohl zu- meiſt einem anhaltenden ſtarken Regen. Aus den kleinen benachbarten Städten gingen ſchon geſtern Abend die Nachrichten ein daß Emeuten ausgebrochen ſeyen, daß man die preußiſchen Adler herabgeriſſen und die Beamten gemißhandelt habe. Einzelne Verwundete ſind bereits hier eingetroffen. Die Nacht iſt ohne Störung vorübergegangen, und wir gehen mit Angſt dem heutigen Tage entgegen. Ein Zuſammenſtoß ſcheint unvermeidlich. Spanien. Wie unſer Madrider * Corrrſpondent unterm 15 März ſchreibt, wurden der Herzog und die Herzogin v. Montpenſter ſchon bis zum 20 oder 21 März in Madrid erwartet. Die Geheimſchreiber und das Ge- folge des Prinzen v. Joinville und des Herzogs v. Aumale, ſowie die Ehrendamen ihrer Gemahlinnen, hatten an Bord des franzöſiſchen Dampfboots „Titan“ die Stadt Palma auf der Inſel Mallorca berührt, und folgten den vorausgehenden Prinzen nach England. Graf Colombi, der bisherige ſpaniſche Geſandte in Brüſſel, iſt in gleicher Eigenſchaft nach Liſſabon ernannt; an ſeiner Statt kommt Graf de la Vega del Pozo nach Brüſſel. Von Martinez de la Roſa’s Sendung nach Rom iſt es fürs erſte wieder ſtill geworden. Iſturiz bleibt in London; nach Paris wird fürs erſte kein Geſandter ernannt, aber der bisherige Geſchäftsträ- ger bleibt daſelbſt. Das angeſehene Madrider Handelshaus Pablo Col- lado hat fallirt. — Einer Madrider Correſpondenz in der Londoner Times vom 22 März zufolge dürfte bald die ganze Familie Ludwig Philipps bei Marien Chriſtinen in Aranjuez verſammelt ſeyn, um von da aus eine Orleansiſtiſche Reaction in Frankreich zu verſuchen. Italien. Fortwährend fehlen uns Mailänder, Genueſer und Turiner Blätter. Geſtern erhielten wir zwar einige Mailänder Briefe, aber nur vom 17 und 18; der Vicekönig hatte eben die Stadt verlaſſen um nach Verona überzuſtedeln; auch waren die erſten Conceſſionen von Wien — Preß- freiheit und Berufung aller Provincialſtände — bekannt gemacht wor- den. Daß dieſe als leere Verſprechungen bezeichnet wurden, haben wir angezeigt; welche unglückliche Ereigniſſe zu dem Schluß des Drama drängten ergibt ſich aus den folgenden Briefen. * Verona, 21 März. Von Mailand noch keine Poſt. Was man von und durch Staffetten erfahren konnte iſt daß ſich Radetzky in Mai- land mit den meiſten Truppen vor einigen Tagen in das Caſtell zurück- zog. Die Mailänder errichteten in den Straßen Barricaden, ohne daß ſie daran geſtört wurden. Der Marſchall ermahnte ſie nochmals zur Ruhe. Anſtatt deſſen ſchickten ſie eine Deputation an ihn, er ſolle die Stadt mit den Truppen verlaſſen, man geſtatte ihm freien Abzug. Er antwortete ihnen, ſie ſollen das Caſtell nehmen wenn ſie es wollen. Abends 6 Uhr am Samstag (18) ging die Metzelei an. Die ganze Garniſon ſoll mit aller ihr zu Gebot ſtehenden Artillerie durch alle Straßen gewüthet haben. Der Kampf dauerte 6 Stunden. Die Mai- länder fochten tapfer. Vom Militär ſollen 400 Mann, und von den Mailändern mehrere Tauſende geblieben ſeyn. Gräßlich! Radetzky will fortfahren die Stadt zu beſchießen bis die Ruhe hergeſtellt ſey. Der General Gerhardi hier in Verona hat die nämlichen ſtrengen Inſtruc- tionen. Die Artillerie ſowohl in der Stadt als auf der Feſtung iſt ſchußfertig. Die Erbitterung des Volks iſt groß. Geſtern verlangten die Veroneſer mit der Nationalgarde die Caſtelle zu beſetzen, allein man ſagte auch ihnen, ſie ſollen dieſelben erſtürmen wenn ſie ſolche wollen. Die Piemonteſer haben bei Pavia die öſterreichiſchen leichten Truppen angegriffen, wurden aber ſogleich von denſelben geworfen. Der Vice- könig iſt ſeit dem 18 früh hier, wird aber bei den erſten Auftritten abreiſen. Wenn hier etwas ausbricht, ſtehen uns dieſelben Scenen wie in Mailand bevor. Geſtern hätte das Regiment Fürſtenwärther als Ver- ſtärkung hier eintreffen ſollen, es mußte aber wegen in Venedig aus- gebrochener Unruhen dorthin zurück. * Chur, 24 März. Endlich haben wir, wenn auch ſpärliche, ſo doch genauere Berichte von Mailand. Folgende gedruckte Proclamatio- nen ſind erſchienen: „An alle Städte und für alle Gemeinden der Lom- bardei und des Venetianiſchen (del Lombardo Veneto). Beinahe waf- fenlos, hat Mailand in zwei Tagen geſtegt; noch iſt die Stadt einge- ſchloſſen von einer Maſſe zwar entmuthigter, aber immer noch mächtiger Truppen. Wir werfen dieſes Blatt über die Mauern, um alle Städte und Gemeinden zur Organiſation und Bewaffnung von Nationalgarden, in Compagnien von je 50 Mann, aufzufordern. Unter ſelbſt gewählten Commandanten werden dieſelben ſich dahin begeben wo gerade die Ver- theidigung ſie nöthig macht. Hülfe und Sieg! Es lebe Italien! Es lebe Pius IX. Mailand, 20 März 1848 Morgens.“ Ferner: „Bürger! Der öſterreichiſche General beharrt auf ſeinem Widerſtand, aber das Heer iſt in vollſtändiger Auflöſung begriffen. Die Bomben welche er auf unſere Häuſer wirft, ſind der letzte Gruß der geſtürzten, fliehenden Trümmer. Unſere Kinder werden nicht unter dem Schrecken der Sklaverei aufwoch- ſen. Viele Officiere geben ſich gefangen. Ganze Corps legen die Waf- fen nieder vor der italieniſchen Tricolore: andere, von militäriſchem Ehr- gefühl zurückgehalten, bitten um Bedenkzeit und Einſtellung unſers ſteg- reichen Feuers. Mitbürger, beharrt auf der eingeſchlagenen Bahn, ſie allein führt zum Ruhm und zur Freiheit. In wenig Tagen wird das italieniſche Banner von den Höhen der Alpen herabwehen. Nur dort können wir mit den Völkern einen ehrenhaften Frieden ſchließen, die wir jetzt zu bekämpfen gezwungen ſind. Mitbürger, in Bälde werden wir geſiegt haben. Das Vaterland wird über ſeine Geſchicke entſcheiden und nur ſich ſelbſt angehören. Die Verwundeten werden Eurer Sorge empfohlen; für die dürftigen Familien ſorgt das Vaterland. Mailand, 20 März Abends.“ — Dieſe Proclamationen wurden von der Municipalität in Mailand durch Boten ausgeſandt, denn die Communication iſt wieder eröffnet. Es gelang nämlich den in Maſſe nach der Hauptſtadt gerückten Bergamasken die Belagerungsliuie zu durchbrechen und in die Stadt einzudringen. In Como waren am 21 alle Caſernen in den Händen des Volkes mit Ausnahme von St. Francesco. 1200 Mann wurden entwaffnet, die Waffen unter das Volk vertheilt, das mit den- ſelben den Mailändern zu Hülfe zieht. Nachdem eine Kirche in der Nähe von St. Francesco in Brand geſteckt worden, ergaben ſich am 21 auch die 500 Mann dieſes Quartiers. Mantua, die wichtigſte Feſtung des Reiches, iſt in den Händen des Volks; von allen Höhen weht die Trico- lore. Die italieniſchen Truppen, welche den größten Theil der Garniſon ausmachten, ſchloſſen ſich ſogleich der Bewegung an. Sie tragen als Feldzeichen dreifarbige Sacktücher am linken Arm. Der commandirende General, ein Deutſcher, iſt gefangen; die wenigen deutſchen Truppen haben ſich in ein kleines Fort zurückgezogen. Eine proviſoriſche Regie- rung iſt eingeſetzt. Auf der ganzen Linie von Mantua über Brescia, Bergamo, Lecco bis Porlezza iſt die öſterreichiſche Herrſchaft gebrochen; die drei Farben wehen in den Lüften. Starke Heerhaufen ziehen von allen Seiten der Hauptſtadt zu Hülfe. Verona und Lodi ſind ebenfalls aufgeſtanden; Cremona und Piacenza werden ihnen folgen. In Vareſe wollten die Truppen beim Ausbruch des Aufſtandes ohne Widerſtand zu leiſten abziehen; das Volk ließ dieß nicht geſchehen und bot alles auf ſie zu entwaffnen, damit ſie kampfunfähig würden. 200 Croaten und ein Detaſchement Huſaren haben capitulirt und die Waffen abgegeben. Am Lago Maggiore, wo die ganze Bevölkerung von beiſpielloſem Entbuſias- mus ergriffen iſt, wurden die Truppen geſchont. Kleinere Abtheilungen entwaffnete man; größere Corps durften den Maſſen gegenüber keinen Angriff wagen. Acht, nach andern Berichten zehntauſend, Piemonteſen ſind den Lombarden zu Hülfe geeilt. In Novera ſollen ſich Freicorps von Genueſen und aus der Umgegend bilden. Alle Gränzpoſten ſind of- fen, freier Verkehr mit Teſſin und Graubünden. Geſtern erhielt unſere Regierung Bericht über den vollendeten Aufſtand im obern Veltlin; man befürchtet Zerſtörung der Kunſtſtraße über das Stilfſer-Joch. Ueber das Verhalten der ſardiniſchen Regierung werden Sie directe Berichte erhalten haben. Sie hat beſchloſſen ein Obſervationscorps von 30,000 Mann an die Gränze zu ſchicken und auf drei verſchiedenen Punkten die in Maſſe herbeieilenden Freiwilligen zu bewaffnen und zu organiſiren. * Trieſt, 23 März. Das ſo eben (Mittag) hier einlaufende Dampfboot bringt die officielle Nachricht daß Venedig ſich von der öſterreichiſchen Regierung losgeſagt und eine proviſori- ſche Regierung gebildet hat. 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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 87, 27. März 1848, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine87_1848/20>, abgerufen am 24.11.2024.