Allgemeine Zeitung, Nr. 85, 25. März 1848.[Spaltenumbruch]
Emancipation des Bürgerthums. Aber abgesehen davon daß diese Be- bh Wien, 21 März. Dem volksthümlichen Erzherzog Jo- Das kaiserliche Amnestiedecret lautet: "Wir Ferdinand I etc. Gegeben in Unserer kaiserlichen Haupt- und Residenzstadt Wien den zwanzigsten März im eintausend achthundert achtundvierzigsten, Unserer Reiche im vierzehnten Jahre.Ferdinand. Franz Graf v. Kolowrat, prov. Mi- nisterpräsident. Ludwig Graf v. Taaffe, Minister der Justiz. Franz Frhr. v. Pillersdorff, Minister des Innern. Nach Sr. k. k. apostol. Maj. höchsteigenem Befehle: Wenzeslaw Ritter v. Zaleski, k. k. Hofrath. Wien auf morgen verschieben. Das wichtigste was die jüngste Post brachte ist das schon gestern erwähnte kaiserl. Amnestiedecret, dann die Veröffentlichung des Staatsfinanzetats! Gegen unsere ersten Correspondenzen über die Wiener Ereignisse sind uns zwei bis drei Berichtigungen zugekommen. Es war natürlich daß im Drang jener Stunden mehr als Eine Unrichtigkeit in die ersten Mittheilungen kommen mußte. Wenn ein Brief sagte: "die italienischen Cuirasstere hätten unbarmherzig eingehauen", so erhalten wir die Belehrung daß gar kein italienisches Reiterregiment in Wien liegt. Die italienischen Grenadiere haben zwar gegen das Volk eine Salve gegeben, aber sie scheinen absichtlich alle hoch angelegt zu haben, so daß die Schüsse in die Luft gingen und niemand getroffen worden zu seyn scheint. Wir er- halten wiederholt die Versicherung daß die in Wien befindlichen Italiener sich der Freude über die großen Errungenschaften der gemeinsamen Monarchie so innig hingegeben haben wie die übrigen Völkerstämme des Kaiserstaats. Möchte ihr Beispiel Nachahmung gefunden haben in der Lombardei, wo man von dem Traum einer lombardischen Republik unter Frankreichs Schutz -- man kennt ihn! -- bald erwachen, und noch bälder von der anderwärts gebotenen Aussicht eine Provinz von Sar- dinien zu werden zurückschrecken wird. -- Eine zweite Berichtigung be- trifft die Behauptung es seyen am 13 in Wien viele Briefe zurückge- halten worden. Wir erfahren nun daß dieß keineswegs der Fall ge- wesen, sondern nur wegen des Gedränges in den Straßen der Abgang der Briefpost in einer oder zwei Richtungen um eine halbe Stunde be- schleunigt worden sey. Gewiß ist daß uns am 16, wo die Wiener Post vom 13 in Augsburg hätte eintreffen sollen, nicht Ein Brief von dort zukam, so daß wir uns auf die Mittheilung weniger Zeilen aus einem uns gütigst überlassenen Privatbriefe beschränken mußten. Am folgen- den Tage dagegen erhielten wir, zugleich mit den Briefen vom 14, acht oder zehn Briefe vom 13. Eine Anfrage des dortigen Postamts bei dem hiesigen kann dießfalls die einfachste Erläuterung geben. Großbritannien. London, 20 März. Königin Victoria und die kleine Prinzessin befinden sich, dem heute [Spaltenumbruch]
Emancipation des Bürgerthums. Aber abgeſehen davon daß dieſe Be- भ Wien, 21 März. Dem volksthümlichen Erzherzog Jo- Das kaiſerliche Amneſtiedecret lautet: „Wir Ferdinand I ꝛc. Gegeben in Unſerer kaiſerlichen Haupt- und Reſidenzſtadt Wien den zwanzigſten März im eintauſend achthundert achtundvierzigſten, Unſerer Reiche im vierzehnten Jahre.Ferdinand. Franz Graf v. Kolowrat, prov. Mi- niſterpräſident. Ludwig Graf v. Taaffe, Miniſter der Juſtiz. Franz Frhr. v. Pillersdorff, Miniſter des Innern. Nach Sr. k. k. apoſtol. Maj. höchſteigenem Befehle: Wenzeslaw Ritter v. Zaleski, k. k. Hofrath. Wien auf morgen verſchieben. Das wichtigſte was die jüngſte Poſt brachte iſt das ſchon geſtern erwähnte kaiſerl. Amneſtiedecret, dann die Veröffentlichung des Staatsfinanzetats! Gegen unſere erſten Correſpondenzen über die Wiener Ereigniſſe ſind uns zwei bis drei Berichtigungen zugekommen. Es war natürlich daß im Drang jener Stunden mehr als Eine Unrichtigkeit in die erſten Mittheilungen kommen mußte. Wenn ein Brief ſagte: „die italieniſchen Cuiraſſtere hätten unbarmherzig eingehauen“, ſo erhalten wir die Belehrung daß gar kein italieniſches Reiterregiment in Wien liegt. Die italieniſchen Grenadiere haben zwar gegen das Volk eine Salve gegeben, aber ſie ſcheinen abſichtlich alle hoch angelegt zu haben, ſo daß die Schüſſe in die Luft gingen und niemand getroffen worden zu ſeyn ſcheint. Wir er- halten wiederholt die Verſicherung daß die in Wien befindlichen Italiener ſich der Freude über die großen Errungenſchaften der gemeinſamen Monarchie ſo innig hingegeben haben wie die übrigen Völkerſtämme des Kaiſerſtaats. Möchte ihr Beiſpiel Nachahmung gefunden haben in der Lombardei, wo man von dem Traum einer lombardiſchen Republik unter Frankreichs Schutz — man kennt ihn! — bald erwachen, und noch bälder von der anderwärts gebotenen Ausſicht eine Provinz von Sar- dinien zu werden zurückſchrecken wird. — Eine zweite Berichtigung be- trifft die Behauptung es ſeyen am 13 in Wien viele Briefe zurückge- halten worden. Wir erfahren nun daß dieß keineswegs der Fall ge- weſen, ſondern nur wegen des Gedränges in den Straßen der Abgang der Briefpoſt in einer oder zwei Richtungen um eine halbe Stunde be- ſchleunigt worden ſey. Gewiß iſt daß uns am 16, wo die Wiener Poſt vom 13 in Augsburg hätte eintreffen ſollen, nicht Ein Brief von dort zukam, ſo daß wir uns auf die Mittheilung weniger Zeilen aus einem uns gütigſt überlaſſenen Privatbriefe beſchränken mußten. Am folgen- den Tage dagegen erhielten wir, zugleich mit den Briefen vom 14, acht oder zehn Briefe vom 13. Eine Anfrage des dortigen Poſtamts bei dem hieſigen kann dießfalls die einfachſte Erläuterung geben. Großbritannien. London, 20 März. Königin Victoria und die kleine Prinzeſſin befinden ſich, dem heute <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div type="jComment" n="4"> <p><pb facs="#f0007" n="1351"/><cb/> Emancipation des Bürgerthums. Aber abgeſehen davon daß dieſe Be-<lb/> ſchuldigung außer vagen Gerüchten durch nichts Thatſächliches begrün-<lb/> det iſt, mögen die letzten Ereigniſſe den Grafen wie ſo manchen andern<lb/> bekehrt haben. Jedenfalls werden wir bald ſehen woran wir mit ihm<lb/> ſind, wenn das proviſoriſche Geſetz über die Preſſe, ſowie über das Ge-<lb/> richtsverfahren bei Preßvergehen veröffentlicht ſeyn wird. Die königl.<lb/> Statthalterei in Ofen hat bereits eine von dem frühern Präſidenten des<lb/> Cenſurcollegiums Graf Zichy unterzeichnete proviſoriſche Verordnung<lb/> über die Preſſe bekannt gemacht, worin unter andern <hi rendition="#g">als eine Art<lb/> Schwurgericht für Preßvergehen eine zeitweilige Com-<lb/> miſſion aus den entſchiedenſten Liberalen und Mitglie-<lb/> dern der ehemaligen Oppoſition, ſowie aus Schriftſtel-<lb/> lern</hi> niedergeſetzt wird, welche bei einer Preßklage ihr Verdict zu geben<lb/> hat, ob der Angeklagte vor das gewöhnliche Gericht geſtellt werden ſoll.<lb/> Hoffentlich werden wir hier nicht hinter Ungarn zurückbleiben wollen!<lb/> — Aus Krakau vernimmt man daß daſelbſt die Verkündigung der Con-<lb/> ſtitution und der Preßfreiheit von der ganzen Bevölkerung mit un-<lb/> beſchreiblichem Jubel aufgenommen wurde, und daß der kaiſerliche<lb/> Commiſſär Graf Deym auf eigene Verantwortlichkeit alle politiſchen<lb/> Gefangenen in Krakau in Freiheit geſetzt habe. Eine Verſton bezeich-<lb/> net den genannten Grafen Deym, nicht den obenerwähnten Hofrath<lb/> Marti nez als künftigen Generaldirector der Polizei.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline>भ <hi rendition="#b">Wien,</hi> 21 März.</dateline> <p>Dem volksthümlichen <hi rendition="#g">Erzherzog Jo-<lb/> hann</hi> wurden geſtern bei ſeiner Ankunft die Pferde ausgeſpannt, und<lb/> ein Haufe Steiermärker und Tiroler rief mit ausgiebigen Kehlen: „Un-<lb/> ſer Hannſel ſoll leben, hoch!“ Nachmittag zog die böhmiſche Deputa-<lb/> tion in ſtattlicher Anzahl hier ein. Voraus ging ein junger Menſch in<lb/> czechiſcher Tracht, und neben ihm trug Einer die weiße Fahne mit der<lb/> Inſchrift: <hi rendition="#aq">„Slawa.“</hi> Wir ſind nicht mehr ſo jubelnd als wir vorige<lb/> Woche waren als die Ungarn einzogen, allein der Empfang der Böh-<lb/> men war doch auch freudig bewegt, und unter Zuruf begaben ſie ſich in<lb/> die Burg um ihre Petition zu überreichen. Die proviſoriſche „Unbe-<lb/> gränztheit,“ welche ſeit dem Aufſtande an den zerſtörten Linien herrſchte,<lb/> wurde von Einzelnen zu ihrem Vortheil weidlich benützt welche Lebens-<lb/> mittel unvermuthet in die Stadt brachten. Mit dem heutigen Tage hat<lb/> dieſer Zuſtand aufgehört, und zu gleicher Zeit iſt eine Kundmachung<lb/> des Regierungspräfidenten erſchienen, nach welcher bei der Erhebung<lb/> der Verzehrungsſteuer in Wien zu Gunſten der ärmern Claſſen weſent-<lb/> liche Erleichterungen eintreten. Alle Gegenſtände in Mengen, von denen<lb/> die Steuergebühr, mit Einſchluß des ſtädtiſchen Zuſchlags, den Betrag<lb/> von drei vollen Kreuzern nicht erreicht, ſind vollkommen ſteuerfrei. Von<lb/> Erdäpfeln, Erdbirnen, Kraut, Rüben und andern gemeinen Gemüſen,<lb/> ſowie auch von Milch ſind Steuer und ſtädtiſcher Zuſchlag aufgehoben.<lb/> Für Mehl, Kartoſſeln, Hülſenfrüchte, Brod und jede Bäckerwaare ſind<lb/> vom Centner zehn Kreuzer weniger als früher zu zahlen (von 35 auf 25<lb/> Kreuzer herabgeſetzt); für Brodfrüchte fünf Kreuzer weniger (von 23<lb/> auf 18 Kreuzer). Für Weine ſind vom niederöſterreichiſchen Eimer<lb/> ſtatt 2 fl. nur 1 fl. 40 kr. Steuer und ſtatt 24 kr. nur 14 kr. ſtädtiſcher<lb/> Zuſchlag zu entrichten. Dieſe Kundmachung thut, wie Sie denken kön-<lb/> nen, die beſte Wirkung. — Geſtern zog die militäriſche Beſatzung von<lb/> der Burg ab, das zur Hülfe gerufene Militär verließ die Stadt und<lb/> alles gewinnt wieder ein friedlicheres Anſehen. Haben nun die Glaſer<lb/> ihr Geſchäft vollendet und die zerbrochenen Fenſterſcheiben durch neue<lb/> erſetzt, ſo ſind alle äußern Spuren der ſtattgehabten Tumulte ver-<lb/> ſchwunden, und nichts wird bleiben als die ſegensreichen Folgen und<lb/> das glänzende Blatt in der Weltgeſchichte. Metternich befindet ſich auf<lb/> einer ſeiner böhmiſchen Herrſchaften.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <p>Das kaiſerliche <hi rendition="#g">Amneſtiedecret</hi> lautet:</p> <floatingText> <body> <div n="1"> <p>„Wir Ferdinand <hi rendition="#aq">I</hi> ꝛc.<lb/> Um Unſern getreuen Unterthanen einen weiteren Beweis Unſeres Ver-<lb/> trauens zu geben, und ihnen zu zeigen wie ſehr Wir geneigt ſind ſelbſt<lb/> gegen Verirrte Gnade zu üben, ſohin von dem Uns dießfalls zuſtehenden<lb/> Rechte Gebrauch zu machen, haben Wir Uns bewogen gefunden, insbe-<lb/> ſondere rückſichtlich Unſerer Königreiche Galizien und Lodomerien, dann<lb/> des lombardiſch-venezianiſchen Königreichs folgende Beſtimmungen zu<lb/> treffen: Erſtens: Sämmrlichen in den Königreichen Galizien und Lodo-<lb/> merien, mit Einſchluß des Krakauer Bezirks, dann im lombardiſch-ve-<lb/> nezianiſchen Königreich wegen Hochverraths oder Störung der innern<lb/> Ruhe des Staats in Unterſuchung gezogenen, und gegenwärtig in der<lb/> Strafe befindlichen Individuen vom Civilſtande iſt die noch übrige Straf-<lb/> zeit nachgeſehen, ſofern ſie nicht auch anderer Verbrechen ſchuldig erkannt<lb/> worden ſind. Zweitens: Bezüglich der bei den Gerichten der gedachten<lb/> König reiche wegen ſolcher Verbrechen verhafteten, aber noch nicht de-<lb/> finitiv abgeurtheilten Individuen ſoll jedes weitere Verfahren nieder-<lb/><cb/> geſchlagen, und eine neue Unterſuchung wegen ähnlicher Thatſachen,<lb/> welche dieſer Unſerer Entſchließung vorausgegangen ſind, nicht mehr ein-<lb/> geleitet werden; jedoch ſollen die im erſten und in dem gegenwärtigen<lb/> Abſatze erwähnten Individuen, wenn ſie Ausländer ſind, ſogleich aus<lb/> Unſeren Staaten abgeſchafft werden, und dieſelben nur mit Unſerer aus-<lb/> drücklichen Erlaubniß wieder betreten dürfen. Drittens: Jene Leute<lb/> aus den gedachten Königreichen welche, weil ſie in politiſche Umtriebe<lb/> verflochten oder dabei compromittirt waren, an einen andern Ort con-<lb/> finirt wurden ſind in den Genuß ihrer Freiheit zu ſetzen. Viertens:<lb/> Diejenigen welche aus gleichen Gründen einem ſpeciellen Verbote unter-<lb/> zogen wurden, ſind von dieſem loszuzählen. Sonach erwarten wir mit<lb/> Zuverſicht daß durch dieſe Unſere Beſtimmungen die Gemüther ſich be-<lb/> ruhigen, Ruhe und Ordnung überall zurückkehren, und Unſere getreuen<lb/> Unterthanen Uns die Liebe und Anhänglichkeit beweiſen werden die ſie<lb/> bei ſo vielen Gelegenheiten rühmlichſt bewährt haben. </p> <closer> <dateline>Gegeben in<lb/> Unſerer kaiſerlichen Haupt- und Reſidenzſtadt Wien den zwanzigſten<lb/> März im eintauſend achthundert achtundvierzigſten, Unſerer Reiche im<lb/> vierzehnten Jahre.</dateline> <signed><hi rendition="#g">Ferdinand.</hi> Franz Graf v. Kolowrat, prov. Mi-<lb/> niſterpräſident. Ludwig Graf v. Taaffe, Miniſter der Juſtiz. Franz<lb/> Frhr. v. Pillersdorff, Miniſter des Innern. Nach Sr. k. k. apoſtol. Maj.<lb/> höchſteigenem Befehle: Wenzeslaw Ritter v. Zaleski, k. k. Hofrath.</signed> </closer> </div> </body> </floatingText><lb/> <trailer>* Wir müſſen, aus Mangel an Raum, unſere neueſten Briefe aus<lb/><hi rendition="#g">Wien</hi> auf morgen verſchieben. Das wichtigſte was die jüngſte Poſt<lb/> brachte iſt das ſchon geſtern erwähnte kaiſerl. <hi rendition="#g">Amneſtiedecret,</hi> dann<lb/> die <hi rendition="#g">Veröffentlichung des Staatsfinanzetats!</hi> Gegen unſere<lb/> erſten Correſpondenzen über die Wiener Ereigniſſe ſind uns zwei bis<lb/> drei Berichtigungen zugekommen. Es war natürlich daß im Drang<lb/> jener Stunden mehr als Eine Unrichtigkeit in die erſten Mittheilungen<lb/> kommen mußte. Wenn ein Brief ſagte: „die italieniſchen Cuiraſſtere<lb/> hätten unbarmherzig eingehauen“, ſo erhalten wir die Belehrung daß<lb/> gar kein italieniſches Reiterregiment in Wien liegt. Die italieniſchen<lb/><hi rendition="#g">Grenadiere</hi> haben zwar gegen das Volk eine Salve gegeben, aber ſie<lb/> ſcheinen abſichtlich alle hoch angelegt zu haben, ſo daß die Schüſſe in die<lb/> Luft gingen und niemand getroffen worden zu ſeyn ſcheint. Wir er-<lb/> halten wiederholt die Verſicherung daß die in Wien befindlichen Italiener<lb/> ſich der Freude über die großen Errungenſchaften der gemeinſamen<lb/> Monarchie ſo innig hingegeben haben wie die übrigen Völkerſtämme<lb/> des Kaiſerſtaats. Möchte ihr Beiſpiel Nachahmung gefunden haben in<lb/> der Lombardei, wo man von dem Traum einer lombardiſchen Republik<lb/> unter Frankreichs Schutz — man kennt ihn! — bald erwachen, und noch<lb/> bälder von der anderwärts gebotenen Ausſicht eine Provinz von Sar-<lb/> dinien zu werden zurückſchrecken wird. — Eine zweite Berichtigung be-<lb/> trifft die Behauptung es ſeyen am 13 in Wien viele Briefe zurückge-<lb/> halten worden. Wir erfahren nun daß dieß keineswegs der Fall ge-<lb/> weſen, ſondern nur wegen des Gedränges in den Straßen der Abgang<lb/> der Briefpoſt in einer oder zwei Richtungen um eine halbe Stunde be-<lb/> ſchleunigt worden ſey. Gewiß iſt daß uns am 16, wo die Wiener Poſt<lb/> vom 13 in Augsburg hätte eintreffen ſollen, nicht Ein Brief von dort<lb/> zukam, ſo daß wir uns auf die Mittheilung weniger Zeilen aus einem<lb/> uns gütigſt überlaſſenen Privatbriefe beſchränken mußten. Am folgen-<lb/> den Tage dagegen erhielten wir, zugleich mit den Briefen vom 14, acht<lb/> oder zehn Briefe vom 13. Eine Anfrage des dortigen Poſtamts bei<lb/> dem hieſigen kann dießfalls die einfachſte Erläuterung geben.</trailer> </div> </div> </div> </div><lb/> <div type="jVarious" n="1"> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Großbritannien.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">London,</hi> 20 März.</dateline><lb/> <p>Königin Victoria und die kleine Prinzeſſin befinden ſich, dem heute<lb/> Morgen ausgegebenen ärztlichen Bulletin zuſolge, ſehr wohl. Am 18<lb/> Abends ward in allen Theatern der Hauptſtadt am Ende der Vorſtel-<lb/> lungen das God ſave the Queen mit Enthuſtasmus geſungen;<lb/> es war als hätte das engliſche Volk ſeine Anhänglichkeit an Königin<lb/> und Königthum in dieſen kritiſchen Tagen mit beſonderm Nachdruck<lb/> kundgeben wollen. Auch beide Parlamentshäuſer beſchloſſen in ihren<lb/> Sitzungen am 20 März, deren Anfänge uns vorliegen, Glückwunſchadreſ-<lb/> ſen an Ihre Maj. Der Graf und die Gräfin v. Neuilly (Ludwig Philipp<lb/> und ſeine Gemahlin) kamen am Sonnabend von Claremont in die Stadt<lb/> herein, um der Frau Herzogin von Kent zu der glücklichen Entbindung<lb/> ihrer erlauchten Tochter zu gratuliren. Gegen Abend kehrte das greiſe<lb/> Ehepaar nach Claremont zurück, wo es fürs erſte wohnen bleiben wird,<lb/> obgleich mehrere Adelsfamilien demſelben ihre Landſitze angeboten; ſo<lb/> der Graf v. Devon Powderham-Schloß, und Graf v. Airlie ſein Schloß<lb/> in der ſchottiſchen Grafſchaft Forfar. Graf v. Jarnac, der abgetretene<lb/> franzöſiſche Geſandte, hat ſich der Perſon ſeines geſtürzten Herrn auf das<lb/> engſte angeſchloſſen. Hr. Guizot wurde dieſer Tage, ſeiner litterari-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1351/0007]
Emancipation des Bürgerthums. Aber abgeſehen davon daß dieſe Be-
ſchuldigung außer vagen Gerüchten durch nichts Thatſächliches begrün-
det iſt, mögen die letzten Ereigniſſe den Grafen wie ſo manchen andern
bekehrt haben. Jedenfalls werden wir bald ſehen woran wir mit ihm
ſind, wenn das proviſoriſche Geſetz über die Preſſe, ſowie über das Ge-
richtsverfahren bei Preßvergehen veröffentlicht ſeyn wird. Die königl.
Statthalterei in Ofen hat bereits eine von dem frühern Präſidenten des
Cenſurcollegiums Graf Zichy unterzeichnete proviſoriſche Verordnung
über die Preſſe bekannt gemacht, worin unter andern als eine Art
Schwurgericht für Preßvergehen eine zeitweilige Com-
miſſion aus den entſchiedenſten Liberalen und Mitglie-
dern der ehemaligen Oppoſition, ſowie aus Schriftſtel-
lern niedergeſetzt wird, welche bei einer Preßklage ihr Verdict zu geben
hat, ob der Angeklagte vor das gewöhnliche Gericht geſtellt werden ſoll.
Hoffentlich werden wir hier nicht hinter Ungarn zurückbleiben wollen!
— Aus Krakau vernimmt man daß daſelbſt die Verkündigung der Con-
ſtitution und der Preßfreiheit von der ganzen Bevölkerung mit un-
beſchreiblichem Jubel aufgenommen wurde, und daß der kaiſerliche
Commiſſär Graf Deym auf eigene Verantwortlichkeit alle politiſchen
Gefangenen in Krakau in Freiheit geſetzt habe. Eine Verſton bezeich-
net den genannten Grafen Deym, nicht den obenerwähnten Hofrath
Marti nez als künftigen Generaldirector der Polizei.
भ Wien, 21 März.Dem volksthümlichen Erzherzog Jo-
hann wurden geſtern bei ſeiner Ankunft die Pferde ausgeſpannt, und
ein Haufe Steiermärker und Tiroler rief mit ausgiebigen Kehlen: „Un-
ſer Hannſel ſoll leben, hoch!“ Nachmittag zog die böhmiſche Deputa-
tion in ſtattlicher Anzahl hier ein. Voraus ging ein junger Menſch in
czechiſcher Tracht, und neben ihm trug Einer die weiße Fahne mit der
Inſchrift: „Slawa.“ Wir ſind nicht mehr ſo jubelnd als wir vorige
Woche waren als die Ungarn einzogen, allein der Empfang der Böh-
men war doch auch freudig bewegt, und unter Zuruf begaben ſie ſich in
die Burg um ihre Petition zu überreichen. Die proviſoriſche „Unbe-
gränztheit,“ welche ſeit dem Aufſtande an den zerſtörten Linien herrſchte,
wurde von Einzelnen zu ihrem Vortheil weidlich benützt welche Lebens-
mittel unvermuthet in die Stadt brachten. Mit dem heutigen Tage hat
dieſer Zuſtand aufgehört, und zu gleicher Zeit iſt eine Kundmachung
des Regierungspräfidenten erſchienen, nach welcher bei der Erhebung
der Verzehrungsſteuer in Wien zu Gunſten der ärmern Claſſen weſent-
liche Erleichterungen eintreten. Alle Gegenſtände in Mengen, von denen
die Steuergebühr, mit Einſchluß des ſtädtiſchen Zuſchlags, den Betrag
von drei vollen Kreuzern nicht erreicht, ſind vollkommen ſteuerfrei. Von
Erdäpfeln, Erdbirnen, Kraut, Rüben und andern gemeinen Gemüſen,
ſowie auch von Milch ſind Steuer und ſtädtiſcher Zuſchlag aufgehoben.
Für Mehl, Kartoſſeln, Hülſenfrüchte, Brod und jede Bäckerwaare ſind
vom Centner zehn Kreuzer weniger als früher zu zahlen (von 35 auf 25
Kreuzer herabgeſetzt); für Brodfrüchte fünf Kreuzer weniger (von 23
auf 18 Kreuzer). Für Weine ſind vom niederöſterreichiſchen Eimer
ſtatt 2 fl. nur 1 fl. 40 kr. Steuer und ſtatt 24 kr. nur 14 kr. ſtädtiſcher
Zuſchlag zu entrichten. Dieſe Kundmachung thut, wie Sie denken kön-
nen, die beſte Wirkung. — Geſtern zog die militäriſche Beſatzung von
der Burg ab, das zur Hülfe gerufene Militär verließ die Stadt und
alles gewinnt wieder ein friedlicheres Anſehen. Haben nun die Glaſer
ihr Geſchäft vollendet und die zerbrochenen Fenſterſcheiben durch neue
erſetzt, ſo ſind alle äußern Spuren der ſtattgehabten Tumulte ver-
ſchwunden, und nichts wird bleiben als die ſegensreichen Folgen und
das glänzende Blatt in der Weltgeſchichte. Metternich befindet ſich auf
einer ſeiner böhmiſchen Herrſchaften.
Das kaiſerliche Amneſtiedecret lautet:
„Wir Ferdinand I ꝛc.
Um Unſern getreuen Unterthanen einen weiteren Beweis Unſeres Ver-
trauens zu geben, und ihnen zu zeigen wie ſehr Wir geneigt ſind ſelbſt
gegen Verirrte Gnade zu üben, ſohin von dem Uns dießfalls zuſtehenden
Rechte Gebrauch zu machen, haben Wir Uns bewogen gefunden, insbe-
ſondere rückſichtlich Unſerer Königreiche Galizien und Lodomerien, dann
des lombardiſch-venezianiſchen Königreichs folgende Beſtimmungen zu
treffen: Erſtens: Sämmrlichen in den Königreichen Galizien und Lodo-
merien, mit Einſchluß des Krakauer Bezirks, dann im lombardiſch-ve-
nezianiſchen Königreich wegen Hochverraths oder Störung der innern
Ruhe des Staats in Unterſuchung gezogenen, und gegenwärtig in der
Strafe befindlichen Individuen vom Civilſtande iſt die noch übrige Straf-
zeit nachgeſehen, ſofern ſie nicht auch anderer Verbrechen ſchuldig erkannt
worden ſind. Zweitens: Bezüglich der bei den Gerichten der gedachten
König reiche wegen ſolcher Verbrechen verhafteten, aber noch nicht de-
finitiv abgeurtheilten Individuen ſoll jedes weitere Verfahren nieder-
geſchlagen, und eine neue Unterſuchung wegen ähnlicher Thatſachen,
welche dieſer Unſerer Entſchließung vorausgegangen ſind, nicht mehr ein-
geleitet werden; jedoch ſollen die im erſten und in dem gegenwärtigen
Abſatze erwähnten Individuen, wenn ſie Ausländer ſind, ſogleich aus
Unſeren Staaten abgeſchafft werden, und dieſelben nur mit Unſerer aus-
drücklichen Erlaubniß wieder betreten dürfen. Drittens: Jene Leute
aus den gedachten Königreichen welche, weil ſie in politiſche Umtriebe
verflochten oder dabei compromittirt waren, an einen andern Ort con-
finirt wurden ſind in den Genuß ihrer Freiheit zu ſetzen. Viertens:
Diejenigen welche aus gleichen Gründen einem ſpeciellen Verbote unter-
zogen wurden, ſind von dieſem loszuzählen. Sonach erwarten wir mit
Zuverſicht daß durch dieſe Unſere Beſtimmungen die Gemüther ſich be-
ruhigen, Ruhe und Ordnung überall zurückkehren, und Unſere getreuen
Unterthanen Uns die Liebe und Anhänglichkeit beweiſen werden die ſie
bei ſo vielen Gelegenheiten rühmlichſt bewährt haben.
Gegeben in
Unſerer kaiſerlichen Haupt- und Reſidenzſtadt Wien den zwanzigſten
März im eintauſend achthundert achtundvierzigſten, Unſerer Reiche im
vierzehnten Jahre.Ferdinand. Franz Graf v. Kolowrat, prov. Mi-
niſterpräſident. Ludwig Graf v. Taaffe, Miniſter der Juſtiz. Franz
Frhr. v. Pillersdorff, Miniſter des Innern. Nach Sr. k. k. apoſtol. Maj.
höchſteigenem Befehle: Wenzeslaw Ritter v. Zaleski, k. k. Hofrath.
* Wir müſſen, aus Mangel an Raum, unſere neueſten Briefe aus
Wien auf morgen verſchieben. Das wichtigſte was die jüngſte Poſt
brachte iſt das ſchon geſtern erwähnte kaiſerl. Amneſtiedecret, dann
die Veröffentlichung des Staatsfinanzetats! Gegen unſere
erſten Correſpondenzen über die Wiener Ereigniſſe ſind uns zwei bis
drei Berichtigungen zugekommen. Es war natürlich daß im Drang
jener Stunden mehr als Eine Unrichtigkeit in die erſten Mittheilungen
kommen mußte. Wenn ein Brief ſagte: „die italieniſchen Cuiraſſtere
hätten unbarmherzig eingehauen“, ſo erhalten wir die Belehrung daß
gar kein italieniſches Reiterregiment in Wien liegt. Die italieniſchen
Grenadiere haben zwar gegen das Volk eine Salve gegeben, aber ſie
ſcheinen abſichtlich alle hoch angelegt zu haben, ſo daß die Schüſſe in die
Luft gingen und niemand getroffen worden zu ſeyn ſcheint. Wir er-
halten wiederholt die Verſicherung daß die in Wien befindlichen Italiener
ſich der Freude über die großen Errungenſchaften der gemeinſamen
Monarchie ſo innig hingegeben haben wie die übrigen Völkerſtämme
des Kaiſerſtaats. Möchte ihr Beiſpiel Nachahmung gefunden haben in
der Lombardei, wo man von dem Traum einer lombardiſchen Republik
unter Frankreichs Schutz — man kennt ihn! — bald erwachen, und noch
bälder von der anderwärts gebotenen Ausſicht eine Provinz von Sar-
dinien zu werden zurückſchrecken wird. — Eine zweite Berichtigung be-
trifft die Behauptung es ſeyen am 13 in Wien viele Briefe zurückge-
halten worden. Wir erfahren nun daß dieß keineswegs der Fall ge-
weſen, ſondern nur wegen des Gedränges in den Straßen der Abgang
der Briefpoſt in einer oder zwei Richtungen um eine halbe Stunde be-
ſchleunigt worden ſey. Gewiß iſt daß uns am 16, wo die Wiener Poſt
vom 13 in Augsburg hätte eintreffen ſollen, nicht Ein Brief von dort
zukam, ſo daß wir uns auf die Mittheilung weniger Zeilen aus einem
uns gütigſt überlaſſenen Privatbriefe beſchränken mußten. Am folgen-
den Tage dagegen erhielten wir, zugleich mit den Briefen vom 14, acht
oder zehn Briefe vom 13. Eine Anfrage des dortigen Poſtamts bei
dem hieſigen kann dießfalls die einfachſte Erläuterung geben.
Großbritannien.
London, 20 März.
Königin Victoria und die kleine Prinzeſſin befinden ſich, dem heute
Morgen ausgegebenen ärztlichen Bulletin zuſolge, ſehr wohl. Am 18
Abends ward in allen Theatern der Hauptſtadt am Ende der Vorſtel-
lungen das God ſave the Queen mit Enthuſtasmus geſungen;
es war als hätte das engliſche Volk ſeine Anhänglichkeit an Königin
und Königthum in dieſen kritiſchen Tagen mit beſonderm Nachdruck
kundgeben wollen. Auch beide Parlamentshäuſer beſchloſſen in ihren
Sitzungen am 20 März, deren Anfänge uns vorliegen, Glückwunſchadreſ-
ſen an Ihre Maj. Der Graf und die Gräfin v. Neuilly (Ludwig Philipp
und ſeine Gemahlin) kamen am Sonnabend von Claremont in die Stadt
herein, um der Frau Herzogin von Kent zu der glücklichen Entbindung
ihrer erlauchten Tochter zu gratuliren. Gegen Abend kehrte das greiſe
Ehepaar nach Claremont zurück, wo es fürs erſte wohnen bleiben wird,
obgleich mehrere Adelsfamilien demſelben ihre Landſitze angeboten; ſo
der Graf v. Devon Powderham-Schloß, und Graf v. Airlie ſein Schloß
in der ſchottiſchen Grafſchaft Forfar. Graf v. Jarnac, der abgetretene
franzöſiſche Geſandte, hat ſich der Perſon ſeines geſtürzten Herrn auf das
engſte angeſchloſſen. Hr. Guizot wurde dieſer Tage, ſeiner litterari-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |