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Allgemeine Zeitung, Nr. 82, 22. März 1848.

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[Spaltenumbruch] nicht verhallt, so mischte ein Haufe Ruhestörer aufrührerische und freche
Forderungen ein, und vergrößerte sich in dem Maße als die Wohlge-
sinnten sich entfernten. Da ihr ungestümes Vordringen bis ins Portal
des Schlosses mit Recht arge Absichten befürchten ließ und Beleidigungen
wider meine tapfern und treuen Soldaten ausgestoßen wurden, mußte
der Platz durch Cavallerie im Schritt und mit eingesteckter Waffe ge-
säubert werden, und zwei Gewehre der Infanterie entluden sich von
selbst, Gottlob! ohne irgendjemand zu treffen. Eine Rotte von Böse-
wichtern, meist aus Fremden bestehend, die sich seit einer Woche, ob-
gleich aufgesucht, doch zu verbergen gewußt hatten, haben diesen Um-
stand im Sinn ihrer argen Plane durch augenscheinliche Lüge verdreht
und die erhitzten Gemüther von vielen meiner treuen und lieben Berliner
mit Rachegedanken um vermeintlich vergossenes Blut erfüllt, und sind
so die gräulichen Urheber von Blutvergießen geworden. Meine Truppen,
Eure Brüder und Landsleute, haben erst dann von der Waffe Gebrauch ge-
macht als sie durch viele Schüsse aus der Königsstraße dazu gezwungen wur-
den. Das siegreiche Vordringen der Truppen war die nothwendige Folge da-
von. An Euch, Einwohner meiner geliebten Vaterstadt, ist es jetzt größerem
Unheil vorzubeugen. Erkennt, Euer König und treuester Freund beschwört
Euch darum bei allem was Euch heilig ist, den unseligen Irrthum! kehrt
zum Frieden zurück, räumt die Barricaden die noch stehen, hinweg und
entsendet an mich Männer, voll des ächten alten Berliner Geistes, mit
Worten wie sie sich Eurem Könige gegenüber geziemen, und ich gebe Euch
mein königliches Wort daß alle Straßen und Plätze sogleich von den Trup-
pen geräumt werden sollen, und die militärische Besetzung nur auf die
nothwendigen Gebäude des Schlosses, des Zeughauses und weniger ande-
rer, und auch da nur auf kurze Zeit beschränkt werden wird. Hört die
väterliche Stimme Eures Königs, Bewohner meines treuen und schönen
Berlins, und vergesset das Geschehene, wie ich es vergessen will und werde
in meinem Herzen, um der großen Zukunft willen, die unter dem Frie-
denssegen Gottes, für Preußen und durch Preußen für Deutschland an-
brechen wird. Eure liebreiche Königin und wahrhaft treue Mutter und
Freundin, die sehr leidend darnieder liegt, vereint ihre innigen, thrä-
nenreichen Bitten mit den Meinigen. --

Friedrich Wilhelm.

Patent wegen beschleunigter Einberufung des Ver-
einigten Landtags.
Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden
König von Preußen etc. etc. Als Wir am 14 d. M. Unsere getreuen
Stände zum 27 April d. J. beriefen, um vereint mit ihnen diejenigen
Maßregeln zu beschließen welche die Unseren deutschen Bundesgenossen
vorzuschlagende Regeneration Deutschlands auch für Preußen nothwen-
dig bedingen, konnten Wir nicht ahnen daß in denselben Stunden große
Ereignisse in Wien einerseits die Ausführung Unserer Vorschläge we-
sentlich erleichtern, andrerseits aber auch die Beschleunigung ihrer Aus-
führung unerläßlich machen würden. Jetzt nach jenem wichtigen Er-
eigniß finden Wir Uns vor allem bewogen nicht allein vor Preußens,
sondern vor Deutschlands -- so es Gottes Wille ist -- bald innigst
vereintem Volk laut und unumwunden auszusprechen welche die Vorschläge
sind die Wir Unseren deutschen Bundesgenossen zu machen beschlossen
haben. Vor allem verlangen wir daß Deutschland aus einem Staaten-
bund in einen Bundesstaat, verwandelt werde. Wir erkennen an daß
dieß eine Reorganisation der Bundesverfassung voraussetzt, welche
nur im Verein der Fürsten mit dem Volke ausgeführt werden kann,
daß demnach eine vorläufige Bundesrepräsentation aus den Ständen
aller deutschen Länder gebildet und unverzüglich berufen werden muß.
Wir erkennen an daß eine solche Bundesrepräsentation eine consti-
tutionelle Verfassung aller deutschen Länder nothwendig erheische, da-
mit die Mitglieder jener Repräsentation ebenbürtig nebeneinander sitzen.
Wir verlangen eine allgemeine deutsche Wehrverfassung, und werden
beantragen solche im wesentlichen derjenigen nachzubilden unter wel-
chen Unsere -- Preußens Heere -- in den Freiheitskriegen unver-
welkliche Lorbeern sich errangen. Wir verlangen daß das deutsche
Bundesheer unter einem Bundesbanner vereinigt werde, und hoffen
einen Bundesfeldherrn an seiner Spitze zu sehen. Wir verlangen eine
deutsche Bundesflagge, und hoffen daß in nicht zu langer Frist eine
deutsche Flotte dem deutschen Namen auf nahen und fernen Meeren
Achtung verschaffen werde. Wir verlangen ein deutsches Bundes-
gericht zur Schlichtung aller Streitigkeiten staatsrechtlichen Ur-
sprungs zwischen den Fürsten und Ständen, wie auch zwischen
den verschiedenen deutschen Regierungen. Wir verlangen ein allge-
meines deutsches Heimathsrecht und volle Freizügigkeit in dem ge-
[Spaltenumbruch] sammten deutschen Vaterlande. Wir verlangen daß fortan keine Zoll-
schranke mehr den Verkehr auf deutschem Boden hemme und den Gewerb-
fleiß seiner Bewohner lähme; Wir verlangen also einen allgemeinen
deutschen Zollverein, in welchem gleiches Maß und Gewicht, gleicher
Münzfuß, ein gleiches deutsches Handelsrecht auch das Band materieller
Vereinigung bald um so fester schließen möge. Wir schlagen vor Preß-
freiheit mit gleichen Garantien gegen deren Mißbrauch für das gesammte
deutsche Vaterland. Das sind Unsere Vorschläge, Unsere Wünsche,
deren Verwirklichung Wir mit allen Unseren Kräften zu erstreben suchen
werden. Mit stolzem Vertrauen rechnen Wir dabei auf die bereiteste
Mitwirkung Unserer deutschen Bundesgenossen und des gesammten
deutschen Volks, welches Wir mit Freuden durch Einverleibung Unse-
rer nicht zum Bunde gehörigen Provinzen in den Bund verstärken
werden, wenn, wie Wir voraussetzen, deren berufene Vertreter die-
sen Wunsch theilen und der Bund sie aufzunehmen bereit ist.
Wir geben der freudigen Hoffnung Raum daß die Ausführung Unserer
Absichten, ja daß schon deren Anbahnung die Spannung heben wird die jetzt
zu Unserem großen Schmerz das deutsche Vaterland erfüllt, die Verkehr
und Gewerbe lähmt, es spaltet, die es zu zerreißen droht -- ja Wir hoffen
daß jene Maßregeln Deutschland in sich stark, nach außen geachtet
machen werden, damit in seinen vereinigten Kräften Europa die
sicherste Gewähr eines dauernden, gesegneten Friedens finden möge. Da-
mit aber die Erfüllung Unserer Absichten am wenigsten in Unseren
Staaten Zögerung und Hinderniß finden können, damit Wir desto eher
diejenigen Vorschläge zu entwickeln im Stande sind welche Wir für die
Verfassung Unserer Staaten nöthig erachten, haben Wir beschlossen
die Berufung des Vereinigten Landtages zu beschleunigen und beauf-
tragen das Staatsministerium diese Einberufung auf Sonntag, den
2 April d. J., zu bewirken.


Friedrich Wilhelm. -- Prinz von Preußen. Mühler. v. Ro-
ther. Eichhorn. v. Thile. v. Savigny. v. Bodelschwingh. Graf
zu Stolberg. Uhden. Frhr. v. Canitz. v. Düesberg. v. Rohr.

Heute ist ein entscheidender Tag. Heute
Nachmittag um 2 Uhr erfolgt die Bewaffnung der gesammten Bürger-
schaft, ferner wird heute eine Adresse an Se. Maj. geschickt, in welcher
gebeten wird: 1) jede Allianz mit Rußland aufzugeben; 2) sich
den süddeutschen Staaten anzuschließen;
3) die gegen-
wärtigen Minister zu entlassen und freisinnige Männer
welche das Vertrauen des Volkes genießen, an deren Stelle
zu setzen.
Diese entscheidenden Schritte sind gestern in der Stadtver-
ordnetenversammlung einstimmig und unter dem Jubel des zahlreichen
Publicums beschlossen worden. Ferner wird den betreffenden Behörden
die Anzeige zugehen daß sich das Militär bei etwaigen Ruhestörungen
jeder Einmischung enthalten möge, da die bewaffnete Bürgerschaft die
Aufrechthaltung der Ordnung übernehmen werde. Gott gebe daß die-
selbe nicht schon heute ihre neue Function auszuüben braucht, da gestern
sehr ernstliche Andeutungen von unruhigen Bewegungen zu sehen waren.
Vor den verschiedenen Herbergen hatten sich große Haufen Gesellen ver-
sammelt, die nur durch die Einmischung der Polizeibeamten und Gen-
darmen zerstreut wurden. Andere Haufen durchzogen, mitunter ein don-
nerndes Vivat brüllend, die Straßen. An verschiedenen Punkten waren
Militärpikets aufgestellt, die Wachen waren verdoppelt. Laut wurden
diese verhöhnt und ihnen zugerufen: "Morgen bekommen wir Waffen!"
Man bemerkt eine Menge Individuen mit schwarz-roth-goldenen Bän-
dern, auch bei der Damenwelt sind Schleifen von denselben Farben ein
Modeartikel geworden. Bemerkenswerth in Bezug auf die Allianzfrage
mit Rußland ist der Umstand daß die hiesigen Censoren jede Anspielung
auf den nordischen Kaiserstaat beharrlich streichen. Man könnte auf die-
ses Factum mancherlei Vermuthungen auf geheime Instruction und an-
dere Vorgänge begründen.

Unsere Stadt gleicht in gegenwärtigem Au-
genblick einem großen Waffenplatz, denn man fleht auf den Straßen und
öffentlichen Plätzen fast nichts als Militär. Wie groß die Anzahl der
hier zusammengezogenen Truppen sey, kann man am besten daraus ab-
nehmen daß nicht nur alle Casernen auf der Festung angefüllt sind, son-
dern daß außerdem noch jedes Haus in der Stadt eine Einquartierungs-
last von 8 bis 12 Mann zu tragen hat; doch dürfte dieser Zustand wohl
nur vorübergehend seyn, indem es jetzt bestimmt heißt daß die zu unse-
rer ordentlichen Besatzung gehörenden beiden Infanterieregimenter, das
achtzehnte und neunzehnte, demnächst eine andere Bestimmung im We-
sten der Monarchie erhalten würden. Der Grund dieser Translocation

[Spaltenumbruch] nicht verhallt, ſo miſchte ein Haufe Ruheſtörer aufrühreriſche und freche
Forderungen ein, und vergrößerte ſich in dem Maße als die Wohlge-
ſinnten ſich entfernten. Da ihr ungeſtümes Vordringen bis ins Portal
des Schloſſes mit Recht arge Abſichten befürchten ließ und Beleidigungen
wider meine tapfern und treuen Soldaten ausgeſtoßen wurden, mußte
der Platz durch Cavallerie im Schritt und mit eingeſteckter Waffe ge-
ſäubert werden, und zwei Gewehre der Infanterie entluden ſich von
ſelbſt, Gottlob! ohne irgendjemand zu treffen. Eine Rotte von Böſe-
wichtern, meiſt aus Fremden beſtehend, die ſich ſeit einer Woche, ob-
gleich aufgeſucht, doch zu verbergen gewußt hatten, haben dieſen Um-
ſtand im Sinn ihrer argen Plane durch augenſcheinliche Lüge verdreht
und die erhitzten Gemüther von vielen meiner treuen und lieben Berliner
mit Rachegedanken um vermeintlich vergoſſenes Blut erfüllt, und ſind
ſo die gräulichen Urheber von Blutvergießen geworden. Meine Truppen,
Eure Brüder und Landsleute, haben erſt dann von der Waffe Gebrauch ge-
macht als ſie durch viele Schüſſe aus der Königsſtraße dazu gezwungen wur-
den. Das ſiegreiche Vordringen der Truppen war die nothwendige Folge da-
von. An Euch, Einwohner meiner geliebten Vaterſtadt, iſt es jetzt größerem
Unheil vorzubeugen. Erkennt, Euer König und treueſter Freund beſchwört
Euch darum bei allem was Euch heilig iſt, den unſeligen Irrthum! kehrt
zum Frieden zurück, räumt die Barricaden die noch ſtehen, hinweg und
entſendet an mich Männer, voll des ächten alten Berliner Geiſtes, mit
Worten wie ſie ſich Eurem Könige gegenüber geziemen, und ich gebe Euch
mein königliches Wort daß alle Straßen und Plätze ſogleich von den Trup-
pen geräumt werden ſollen, und die militäriſche Beſetzung nur auf die
nothwendigen Gebäude des Schloſſes, des Zeughauſes und weniger ande-
rer, und auch da nur auf kurze Zeit beſchränkt werden wird. Hört die
väterliche Stimme Eures Königs, Bewohner meines treuen und ſchönen
Berlins, und vergeſſet das Geſchehene, wie ich es vergeſſen will und werde
in meinem Herzen, um der großen Zukunft willen, die unter dem Frie-
densſegen Gottes, für Preußen und durch Preußen für Deutſchland an-
brechen wird. Eure liebreiche Königin und wahrhaft treue Mutter und
Freundin, die ſehr leidend darnieder liegt, vereint ihre innigen, thrä-
nenreichen Bitten mit den Meinigen. —

Friedrich Wilhelm.

Patent wegen beſchleunigter Einberufung des Ver-
einigten Landtags.
Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden
König von Preußen ꝛc. ꝛc. Als Wir am 14 d. M. Unſere getreuen
Stände zum 27 April d. J. beriefen, um vereint mit ihnen diejenigen
Maßregeln zu beſchließen welche die Unſeren deutſchen Bundesgenoſſen
vorzuſchlagende Regeneration Deutſchlands auch für Preußen nothwen-
dig bedingen, konnten Wir nicht ahnen daß in denſelben Stunden große
Ereigniſſe in Wien einerſeits die Ausführung Unſerer Vorſchläge we-
ſentlich erleichtern, andrerſeits aber auch die Beſchleunigung ihrer Aus-
führung unerläßlich machen würden. Jetzt nach jenem wichtigen Er-
eigniß finden Wir Uns vor allem bewogen nicht allein vor Preußens,
ſondern vor Deutſchlands — ſo es Gottes Wille iſt — bald innigſt
vereintem Volk laut und unumwunden auszuſprechen welche die Vorſchläge
ſind die Wir Unſeren deutſchen Bundesgenoſſen zu machen beſchloſſen
haben. Vor allem verlangen wir daß Deutſchland aus einem Staaten-
bund in einen Bundesſtaat, verwandelt werde. Wir erkennen an daß
dieß eine Reorganiſation der Bundesverfaſſung vorausſetzt, welche
nur im Verein der Fürſten mit dem Volke ausgeführt werden kann,
daß demnach eine vorläufige Bundesrepräſentation aus den Ständen
aller deutſchen Länder gebildet und unverzüglich berufen werden muß.
Wir erkennen an daß eine ſolche Bundesrepräſentation eine conſti-
tutionelle Verfaſſung aller deutſchen Länder nothwendig erheiſche, da-
mit die Mitglieder jener Repräſentation ebenbürtig nebeneinander ſitzen.
Wir verlangen eine allgemeine deutſche Wehrverfaſſung, und werden
beantragen ſolche im weſentlichen derjenigen nachzubilden unter wel-
chen Unſere — Preußens Heere — in den Freiheitskriegen unver-
welkliche Lorbeern ſich errangen. Wir verlangen daß das deutſche
Bundesheer unter einem Bundesbanner vereinigt werde, und hoffen
einen Bundesfeldherrn an ſeiner Spitze zu ſehen. Wir verlangen eine
deutſche Bundesflagge, und hoffen daß in nicht zu langer Friſt eine
deutſche Flotte dem deutſchen Namen auf nahen und fernen Meeren
Achtung verſchaffen werde. Wir verlangen ein deutſches Bundes-
gericht zur Schlichtung aller Streitigkeiten ſtaatsrechtlichen Ur-
ſprungs zwiſchen den Fürſten und Ständen, wie auch zwiſchen
den verſchiedenen deutſchen Regierungen. Wir verlangen ein allge-
meines deutſches Heimathsrecht und volle Freizügigkeit in dem ge-
[Spaltenumbruch] ſammten deutſchen Vaterlande. Wir verlangen daß fortan keine Zoll-
ſchranke mehr den Verkehr auf deutſchem Boden hemme und den Gewerb-
fleiß ſeiner Bewohner lähme; Wir verlangen alſo einen allgemeinen
deutſchen Zollverein, in welchem gleiches Maß und Gewicht, gleicher
Münzfuß, ein gleiches deutſches Handelsrecht auch das Band materieller
Vereinigung bald um ſo feſter ſchließen möge. Wir ſchlagen vor Preß-
freiheit mit gleichen Garantien gegen deren Mißbrauch für das geſammte
deutſche Vaterland. Das ſind Unſere Vorſchläge, Unſere Wünſche,
deren Verwirklichung Wir mit allen Unſeren Kräften zu erſtreben ſuchen
werden. Mit ſtolzem Vertrauen rechnen Wir dabei auf die bereiteſte
Mitwirkung Unſerer deutſchen Bundesgenoſſen und des geſammten
deutſchen Volks, welches Wir mit Freuden durch Einverleibung Unſe-
rer nicht zum Bunde gehörigen Provinzen in den Bund verſtärken
werden, wenn, wie Wir vorausſetzen, deren berufene Vertreter die-
ſen Wunſch theilen und der Bund ſie aufzunehmen bereit iſt.
Wir geben der freudigen Hoffnung Raum daß die Ausführung Unſerer
Abſichten, ja daß ſchon deren Anbahnung die Spannung heben wird die jetzt
zu Unſerem großen Schmerz das deutſche Vaterland erfüllt, die Verkehr
und Gewerbe lähmt, es ſpaltet, die es zu zerreißen droht — ja Wir hoffen
daß jene Maßregeln Deutſchland in ſich ſtark, nach außen geachtet
machen werden, damit in ſeinen vereinigten Kräften Europa die
ſicherſte Gewähr eines dauernden, geſegneten Friedens finden möge. Da-
mit aber die Erfüllung Unſerer Abſichten am wenigſten in Unſeren
Staaten Zögerung und Hinderniß finden können, damit Wir deſto eher
diejenigen Vorſchläge zu entwickeln im Stande ſind welche Wir für die
Verfaſſung Unſerer Staaten nöthig erachten, haben Wir beſchloſſen
die Berufung des Vereinigten Landtages zu beſchleunigen und beauf-
tragen das Staatsminiſterium dieſe Einberufung auf Sonntag, den
2 April d. J., zu bewirken.


Friedrich Wilhelm. — Prinz von Preußen. Mühler. v. Ro-
ther. Eichhorn. v. Thile. v. Savigny. v. Bodelſchwingh. Graf
zu Stolberg. Uhden. Frhr. v. Canitz. v. Düesberg. v. Rohr.

Heute iſt ein entſcheidender Tag. Heute
Nachmittag um 2 Uhr erfolgt die Bewaffnung der geſammten Bürger-
ſchaft, ferner wird heute eine Adreſſe an Se. Maj. geſchickt, in welcher
gebeten wird: 1) jede Allianz mit Rußland aufzugeben; 2) ſich
den ſüddeutſchen Staaten anzuſchließen;
3) die gegen-
wärtigen Miniſter zu entlaſſen und freiſinnige Männer
welche das Vertrauen des Volkes genießen, an deren Stelle
zu ſetzen.
Dieſe entſcheidenden Schritte ſind geſtern in der Stadtver-
ordnetenverſammlung einſtimmig und unter dem Jubel des zahlreichen
Publicums beſchloſſen worden. Ferner wird den betreffenden Behörden
die Anzeige zugehen daß ſich das Militär bei etwaigen Ruheſtörungen
jeder Einmiſchung enthalten möge, da die bewaffnete Bürgerſchaft die
Aufrechthaltung der Ordnung übernehmen werde. Gott gebe daß die-
ſelbe nicht ſchon heute ihre neue Function auszuüben braucht, da geſtern
ſehr ernſtliche Andeutungen von unruhigen Bewegungen zu ſehen waren.
Vor den verſchiedenen Herbergen hatten ſich große Haufen Geſellen ver-
ſammelt, die nur durch die Einmiſchung der Polizeibeamten und Gen-
darmen zerſtreut wurden. Andere Haufen durchzogen, mitunter ein don-
nerndes Vivat brüllend, die Straßen. An verſchiedenen Punkten waren
Militärpikets aufgeſtellt, die Wachen waren verdoppelt. Laut wurden
dieſe verhöhnt und ihnen zugerufen: „Morgen bekommen wir Waffen!“
Man bemerkt eine Menge Individuen mit ſchwarz-roth-goldenen Bän-
dern, auch bei der Damenwelt ſind Schleifen von denſelben Farben ein
Modeartikel geworden. Bemerkenswerth in Bezug auf die Allianzfrage
mit Rußland iſt der Umſtand daß die hieſigen Cenſoren jede Anſpielung
auf den nordiſchen Kaiſerſtaat beharrlich ſtreichen. Man könnte auf die-
ſes Factum mancherlei Vermuthungen auf geheime Inſtruction und an-
dere Vorgänge begründen.

Unſere Stadt gleicht in gegenwärtigem Au-
genblick einem großen Waffenplatz, denn man fleht auf den Straßen und
öffentlichen Plätzen faſt nichts als Militär. Wie groß die Anzahl der
hier zuſammengezogenen Truppen ſey, kann man am beſten daraus ab-
nehmen daß nicht nur alle Caſernen auf der Feſtung angefüllt ſind, ſon-
dern daß außerdem noch jedes Haus in der Stadt eine Einquartierungs-
laſt von 8 bis 12 Mann zu tragen hat; doch dürfte dieſer Zuſtand wohl
nur vorübergehend ſeyn, indem es jetzt beſtimmt heißt daß die zu unſe-
rer ordentlichen Beſatzung gehörenden beiden Infanterieregimenter, das
achtzehnte und neunzehnte, demnächſt eine andere Beſtimmung im We-
ſten der Monarchie erhalten würden. Der Grund dieſer Translocation

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[1302/0006] nicht verhallt, ſo miſchte ein Haufe Ruheſtörer aufrühreriſche und freche Forderungen ein, und vergrößerte ſich in dem Maße als die Wohlge- ſinnten ſich entfernten. Da ihr ungeſtümes Vordringen bis ins Portal des Schloſſes mit Recht arge Abſichten befürchten ließ und Beleidigungen wider meine tapfern und treuen Soldaten ausgeſtoßen wurden, mußte der Platz durch Cavallerie im Schritt und mit eingeſteckter Waffe ge- ſäubert werden, und zwei Gewehre der Infanterie entluden ſich von ſelbſt, Gottlob! ohne irgendjemand zu treffen. Eine Rotte von Böſe- wichtern, meiſt aus Fremden beſtehend, die ſich ſeit einer Woche, ob- gleich aufgeſucht, doch zu verbergen gewußt hatten, haben dieſen Um- ſtand im Sinn ihrer argen Plane durch augenſcheinliche Lüge verdreht und die erhitzten Gemüther von vielen meiner treuen und lieben Berliner mit Rachegedanken um vermeintlich vergoſſenes Blut erfüllt, und ſind ſo die gräulichen Urheber von Blutvergießen geworden. Meine Truppen, Eure Brüder und Landsleute, haben erſt dann von der Waffe Gebrauch ge- macht als ſie durch viele Schüſſe aus der Königsſtraße dazu gezwungen wur- den. Das ſiegreiche Vordringen der Truppen war die nothwendige Folge da- von. An Euch, Einwohner meiner geliebten Vaterſtadt, iſt es jetzt größerem Unheil vorzubeugen. Erkennt, Euer König und treueſter Freund beſchwört Euch darum bei allem was Euch heilig iſt, den unſeligen Irrthum! kehrt zum Frieden zurück, räumt die Barricaden die noch ſtehen, hinweg und entſendet an mich Männer, voll des ächten alten Berliner Geiſtes, mit Worten wie ſie ſich Eurem Könige gegenüber geziemen, und ich gebe Euch mein königliches Wort daß alle Straßen und Plätze ſogleich von den Trup- pen geräumt werden ſollen, und die militäriſche Beſetzung nur auf die nothwendigen Gebäude des Schloſſes, des Zeughauſes und weniger ande- rer, und auch da nur auf kurze Zeit beſchränkt werden wird. Hört die väterliche Stimme Eures Königs, Bewohner meines treuen und ſchönen Berlins, und vergeſſet das Geſchehene, wie ich es vergeſſen will und werde in meinem Herzen, um der großen Zukunft willen, die unter dem Frie- densſegen Gottes, für Preußen und durch Preußen für Deutſchland an- brechen wird. Eure liebreiche Königin und wahrhaft treue Mutter und Freundin, die ſehr leidend darnieder liegt, vereint ihre innigen, thrä- nenreichen Bitten mit den Meinigen. — Geſchrieben in der Nacht vom 18—19 März 1848.Friedrich Wilhelm. Patent wegen beſchleunigter Einberufung des Ver- einigten Landtags. Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen ꝛc. ꝛc. Als Wir am 14 d. M. Unſere getreuen Stände zum 27 April d. J. beriefen, um vereint mit ihnen diejenigen Maßregeln zu beſchließen welche die Unſeren deutſchen Bundesgenoſſen vorzuſchlagende Regeneration Deutſchlands auch für Preußen nothwen- dig bedingen, konnten Wir nicht ahnen daß in denſelben Stunden große Ereigniſſe in Wien einerſeits die Ausführung Unſerer Vorſchläge we- ſentlich erleichtern, andrerſeits aber auch die Beſchleunigung ihrer Aus- führung unerläßlich machen würden. Jetzt nach jenem wichtigen Er- eigniß finden Wir Uns vor allem bewogen nicht allein vor Preußens, ſondern vor Deutſchlands — ſo es Gottes Wille iſt — bald innigſt vereintem Volk laut und unumwunden auszuſprechen welche die Vorſchläge ſind die Wir Unſeren deutſchen Bundesgenoſſen zu machen beſchloſſen haben. Vor allem verlangen wir daß Deutſchland aus einem Staaten- bund in einen Bundesſtaat, verwandelt werde. Wir erkennen an daß dieß eine Reorganiſation der Bundesverfaſſung vorausſetzt, welche nur im Verein der Fürſten mit dem Volke ausgeführt werden kann, daß demnach eine vorläufige Bundesrepräſentation aus den Ständen aller deutſchen Länder gebildet und unverzüglich berufen werden muß. Wir erkennen an daß eine ſolche Bundesrepräſentation eine conſti- tutionelle Verfaſſung aller deutſchen Länder nothwendig erheiſche, da- mit die Mitglieder jener Repräſentation ebenbürtig nebeneinander ſitzen. Wir verlangen eine allgemeine deutſche Wehrverfaſſung, und werden beantragen ſolche im weſentlichen derjenigen nachzubilden unter wel- chen Unſere — Preußens Heere — in den Freiheitskriegen unver- welkliche Lorbeern ſich errangen. Wir verlangen daß das deutſche Bundesheer unter einem Bundesbanner vereinigt werde, und hoffen einen Bundesfeldherrn an ſeiner Spitze zu ſehen. Wir verlangen eine deutſche Bundesflagge, und hoffen daß in nicht zu langer Friſt eine deutſche Flotte dem deutſchen Namen auf nahen und fernen Meeren Achtung verſchaffen werde. Wir verlangen ein deutſches Bundes- gericht zur Schlichtung aller Streitigkeiten ſtaatsrechtlichen Ur- ſprungs zwiſchen den Fürſten und Ständen, wie auch zwiſchen den verſchiedenen deutſchen Regierungen. Wir verlangen ein allge- meines deutſches Heimathsrecht und volle Freizügigkeit in dem ge- ſammten deutſchen Vaterlande. Wir verlangen daß fortan keine Zoll- ſchranke mehr den Verkehr auf deutſchem Boden hemme und den Gewerb- fleiß ſeiner Bewohner lähme; Wir verlangen alſo einen allgemeinen deutſchen Zollverein, in welchem gleiches Maß und Gewicht, gleicher Münzfuß, ein gleiches deutſches Handelsrecht auch das Band materieller Vereinigung bald um ſo feſter ſchließen möge. Wir ſchlagen vor Preß- freiheit mit gleichen Garantien gegen deren Mißbrauch für das geſammte deutſche Vaterland. Das ſind Unſere Vorſchläge, Unſere Wünſche, deren Verwirklichung Wir mit allen Unſeren Kräften zu erſtreben ſuchen werden. Mit ſtolzem Vertrauen rechnen Wir dabei auf die bereiteſte Mitwirkung Unſerer deutſchen Bundesgenoſſen und des geſammten deutſchen Volks, welches Wir mit Freuden durch Einverleibung Unſe- rer nicht zum Bunde gehörigen Provinzen in den Bund verſtärken werden, wenn, wie Wir vorausſetzen, deren berufene Vertreter die- ſen Wunſch theilen und der Bund ſie aufzunehmen bereit iſt. Wir geben der freudigen Hoffnung Raum daß die Ausführung Unſerer Abſichten, ja daß ſchon deren Anbahnung die Spannung heben wird die jetzt zu Unſerem großen Schmerz das deutſche Vaterland erfüllt, die Verkehr und Gewerbe lähmt, es ſpaltet, die es zu zerreißen droht — ja Wir hoffen daß jene Maßregeln Deutſchland in ſich ſtark, nach außen geachtet machen werden, damit in ſeinen vereinigten Kräften Europa die ſicherſte Gewähr eines dauernden, geſegneten Friedens finden möge. Da- mit aber die Erfüllung Unſerer Abſichten am wenigſten in Unſeren Staaten Zögerung und Hinderniß finden können, damit Wir deſto eher diejenigen Vorſchläge zu entwickeln im Stande ſind welche Wir für die Verfaſſung Unſerer Staaten nöthig erachten, haben Wir beſchloſſen die Berufung des Vereinigten Landtages zu beſchleunigen und beauf- tragen das Staatsminiſterium dieſe Einberufung auf Sonntag, den 2 April d. J., zu bewirken. Gegeben Berlin, den 18 März 1848. Friedrich Wilhelm. — Prinz von Preußen. Mühler. v. Ro- ther. Eichhorn. v. Thile. v. Savigny. v. Bodelſchwingh. Graf zu Stolberg. Uhden. Frhr. v. Canitz. v. Düesberg. v. Rohr. *** Breslau, 17 März.Heute iſt ein entſcheidender Tag. Heute Nachmittag um 2 Uhr erfolgt die Bewaffnung der geſammten Bürger- ſchaft, ferner wird heute eine Adreſſe an Se. Maj. geſchickt, in welcher gebeten wird: 1) jede Allianz mit Rußland aufzugeben; 2) ſich den ſüddeutſchen Staaten anzuſchließen; 3) die gegen- wärtigen Miniſter zu entlaſſen und freiſinnige Männer welche das Vertrauen des Volkes genießen, an deren Stelle zu ſetzen. Dieſe entſcheidenden Schritte ſind geſtern in der Stadtver- ordnetenverſammlung einſtimmig und unter dem Jubel des zahlreichen Publicums beſchloſſen worden. Ferner wird den betreffenden Behörden die Anzeige zugehen daß ſich das Militär bei etwaigen Ruheſtörungen jeder Einmiſchung enthalten möge, da die bewaffnete Bürgerſchaft die Aufrechthaltung der Ordnung übernehmen werde. Gott gebe daß die- ſelbe nicht ſchon heute ihre neue Function auszuüben braucht, da geſtern ſehr ernſtliche Andeutungen von unruhigen Bewegungen zu ſehen waren. Vor den verſchiedenen Herbergen hatten ſich große Haufen Geſellen ver- ſammelt, die nur durch die Einmiſchung der Polizeibeamten und Gen- darmen zerſtreut wurden. Andere Haufen durchzogen, mitunter ein don- nerndes Vivat brüllend, die Straßen. An verſchiedenen Punkten waren Militärpikets aufgeſtellt, die Wachen waren verdoppelt. Laut wurden dieſe verhöhnt und ihnen zugerufen: „Morgen bekommen wir Waffen!“ Man bemerkt eine Menge Individuen mit ſchwarz-roth-goldenen Bän- dern, auch bei der Damenwelt ſind Schleifen von denſelben Farben ein Modeartikel geworden. Bemerkenswerth in Bezug auf die Allianzfrage mit Rußland iſt der Umſtand daß die hieſigen Cenſoren jede Anſpielung auf den nordiſchen Kaiſerſtaat beharrlich ſtreichen. Man könnte auf die- ſes Factum mancherlei Vermuthungen auf geheime Inſtruction und an- dere Vorgänge begründen. * Poſen, 14 März.Unſere Stadt gleicht in gegenwärtigem Au- genblick einem großen Waffenplatz, denn man fleht auf den Straßen und öffentlichen Plätzen faſt nichts als Militär. Wie groß die Anzahl der hier zuſammengezogenen Truppen ſey, kann man am beſten daraus ab- nehmen daß nicht nur alle Caſernen auf der Feſtung angefüllt ſind, ſon- dern daß außerdem noch jedes Haus in der Stadt eine Einquartierungs- laſt von 8 bis 12 Mann zu tragen hat; doch dürfte dieſer Zuſtand wohl nur vorübergehend ſeyn, indem es jetzt beſtimmt heißt daß die zu unſe- rer ordentlichen Beſatzung gehörenden beiden Infanterieregimenter, das achtzehnte und neunzehnte, demnächſt eine andere Beſtimmung im We- ſten der Monarchie erhalten würden. Der Grund dieſer Translocation

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 82, 22. März 1848, S. 1302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine82_1848/6>, abgerufen am 01.06.2024.