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Allgemeine Zeitung, Nr. 80, 20. März 1848.

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Spanien.

Briefe aus Saragossa versichern daß der
5 März, an welchem man in jener Stadt Unruhen gefürchtet, ohne die
mindeste Störung der öffentlichen Ordnung vorübergegangen. Auch
das ganze übrige Spanien ist ruhig, und die Regierung faßt alle mög-
lichen Maßregeln um die Ruhe zu erhalten. In Catalonien sind einige
Franzosen angekommen, die aus Besorgniß wegen der jetzigen Lage ih-
res Vaterlandes ausgewandert. In den Ideen unserer Königin Isa-
belle scheint durch die Ereignisse in Frankreich eine merkliche Verände-
rung vorgegangen zu seyn. Sie äußerte sich um das Schicksal ihrer
Schwester tief besorgt, und hatte keine Ruhe bis sie dieselbe auf engli-
schem Boden in Sicherheit wußte. Jetzt sehnt sie sich dieselbe an ihrer Seite
zu haben, und es ist mehr als wahrscheinlich (mas que probable) daß die
Infantin nicht säumen werde nach Spanien zu kommen. Unser Hof
und unsere Regierung sind übrigens gegen jede Einmischung in Frank-
reichs innere Angelegenheiten; alle Denkenden aber sagen sich daß man
erst am Anfang der Bewegung stehe, daß die französische Republik mit
ihren jetzigen Führern nicht dauern könne, sondern zuerst in die Anar-
chie des Communismus ausschlagen, dann aber zum Bürgerkrieg und
durch diesen zu einer monarchischen Reaction führen werde. -- Die Zwie-
tracht unter den Exaltados tritt mit jedem Tage stärker hervor. Sie
zerfallen mehr und mehr in zwei deutlich geschiedene Fractionen --
Menschen die etwas zu verlieren haben, und kecke Abenteurer "ohne
Mantel und Degen." Den ersteren sind über die Gefahren des Com-
munismus die Augen aufgegangen, und sie betrachten nachgerade den
Narvaez als einen Retter der bürgerlichen Gesellschaft. Den andern
fehlt es an Köpfen und an Mitteln; aber sie trachten solche zu finden
und sich zu organisiren.

Großbritannien.

Im Verfolge der Unterhaussitzung am 14 März stellte Hr.
Ewart den Antrag eine Bill zur Abschaffung der Todesstrafe ein-
bringen zu dürfen. Er wies darauf hin daß der humane Geist des Jahr-
hunderts dieser Strafart entgegen sey, wie denn erst neulich bei einer
Hinrichtung in Clonmel das versammelte Volk in laute Verwünschungen
gegen den Henker und das System ausgebrochen. Er berief sich auf
Lord Broughams meisterhafte Reden über diesen Gegenstand, und deu-
tete auf Rußland, Toscana, Rom und Baden(?), als in welchen Staaten
die Todesstrafe abgeschafft sey, wie auch neuerdings die französische
Republik wenigstens bei politischen Verbrechen diese Strafart abgeschafft
habe. Der Minister des Innern, Sir G. Grey, war der Ansicht: bei
dem Verbrechen des Mords, auf welches jetzt die Todesstrafe in Eng-
land in der Praxis beschränkt sey, dürfte die Aufhebung der Todesstrafe
kaum rathsam seyn, weil dann eine Zunahme dieses Verbrechens zu be-
fürchten stünde. Er wies durch statistische Angaben nach daß andere
schwere Verbrechen, wie Brandlegung und Nothzucht, wirklich in Eng-
land zugenommen haben seitdem das Gesetz sie nicht mehr mit dem Tode
bestraft. Der Minister zweifelt daß die öffentliche Meinung des Landes
die Todesstrafe der Mörder aufgehoben wünsche, und beruft sich auf die
Unbedenklichkeit womit Juries in solchen Fällen bei dem jetzigen Stande
des Gesetzes ihr "Schuldig" aussprechen. Mehrere Redner folgten für
und wider; der fromme Sir Robert Inglis unter andern war für Bei-
behaltung der Todesstrafe. Schlüßlich hatte der Ewart'sche Antrag das-
selbe, Schicksal wie ein ähnlicher im vorigen Jahr: er wurde mit 122 ge-
gen 66 Stimmen verworfen. Die übrigen Verhandlungen der Si-
tzung waren abspringender Art und resultatlos. -- Das Oberhaus
förderte einige untergeordnete Bills.


In einem Meeting der "Westminster Reform Society," das am 13
Abends stattfand, ward eine Adresse an die Königin beschlossen: Ihre
Maj. möge ihre jetzigen Minister entlassen und Hrn. Richard Cobden
mit der Bildung einer neuen Verwaltung betrauen. Die Hauptbeschwerde
war die Einkommensteuer.


Viscount Hardinge, der bisherige Generalstatthalter Ostindiens,
landete, über Frankreich und Belgien kommend, am 15 März Morgens
mit dem Dampfboot "Sir Edward Banks" zu Blackwall an der Temse.


Se. Hoh. Mehemed Ali ist vorgestern von
hier abgereist. Obgleich die Luft von Malta dem alten Mann einige
Stärkung gebracht hat, ist er noch sehr ernstlich unwohl, und seine Tage
gehen offenbar zur Neige. Am Tage nach seiner Ankunft und ebenso
[Spaltenumbruch] an dem seiner Abreise lud er die fremden Consuln, die brittischen Be-
hörden und wer ihn sonst besuchen wollte zu sich ein, aber er war das
ein- und das anderemal zu schwach für die Anstrengungen eines öffent-
lichen Empfangs. Bei seinem Scheiden war ihm gleiche Aufmerksam-
keit erwiesen wie bei seiner Landung. Das französische Dampfboot "Ale-
randre", auf welchem Se. Hoh. abfuhr, warf ganz nahe am Zollhaus
Anker; vom Kai hatte man eine Brücke an Bord hinübergelegt welche ganz
mit Flaggen bedeckt war. Er wurde von sechs festlich gekleideten Ma-
trosen in der prächtigen Sänfte der ehemaligen Großmeister des Mal-
teserordens (so ändern sich die Zeiten!) von seiner Wohnung an Bord
getragen. Gestern fuhr das Schiff nach Neapel ab; allein ich fürchte
der alte Pascha wird von dort nicht lebend nach Alexandria zurück-
kehren." (Times.)

Frankreich.

Wenn bisher die politische Oberfläche von Frankreich so ziemlich
ruhig war, und nur die Geldnoth etwas beängstigendes hatte, so scheint
man jetzt wieder in eine allgemeinere Krists einzutreten. Das Rund-
schreiben des Hrn. Ledru-Rollin an die Regierungscommissäre in den
Departementen und die Auflösung der Grenadier- und Voltigeurcompag-
nien der Nationalgarde, um sie mit der großen Masse zu verschmelzen
-- dieß alles hat unter der höhern Bürgerclasse böses Blut gemacht.
Von Seiten der Nationalgarde sind Bittschriften von Tausenden zu Ab-
wendung einer Maßregel eingereicht worden die, aus dem Princip der
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achtzehn Jahren vernichten würde. Mit welchem Erfolg ist nicht bekannt,
da jene Verfügung ein Decret der gesammten Regierung war, und es ist
auch nicht wahrscheinlich daß sie es ganz zurücknehmen wird da sie wegen die-
ser Veränderung in der Organisation der Nationalgarde so eben ein neues
Decret erlassen hat, welches die allgemeinen Officierswahlen auf den 25
März hinausschiebt. Dagegen hat jenes ministerielle Rundschreiben be-
reits sehr begütigende Erläuterungen gefunden, theils von dem Urhe-
ber selbst, der in Verbindung mit dem Justizminister erklärt hat daß die
Commission keineswegs Vollmacht erhalten habe die Magistrate abzu-
setzen, theils im Namen der Regierung von Hrn. v. Lamartine in dessen
Erklärung gegen die Deputation des republicanischen Clubs für die
Freiheit der Wahlen. Die provisorische Regierung, erwiederte derselbe,
habe niemand beauftragt eine Sprache zu reden die sich über die Gesetze
erhebe. Dieß wäre die schlimmste aller Corruptionen, die Corruption
der Furcht und der moralischen Unterdrückung der Gewissen. Die Re-
publik und die Freiheit müßten ein Wort seyn, sonst wäre die Republik
eine Lüge, und die provisorische Regierung wolle daß sie eine Wahrheit
sey. Jeder solle nach seinem Gewissen stimmen, und er zweifle nicht daß
sich die Republik auf den Gewissen und durch die Abstimmungen guter
Bürger nicht minder fest gründen werde als durch die Arme des Volks
von Paris. Wenn nur auch der Geldklemme durch freundliche Worte
abzuhelfen wäre! Diese Noth konnte natürlich die Bank von Frankreich
nicht verschonen, und man liest in einem Bericht des Gouverneurs
d'Argout an den Finanzminister daß dieses Institut vom 26 Febr. bis
zum 15 März, d. i. in 15 Werktagen, die Summe von 110 Mill. es-
comptirt, und von 125 Mill. die sie dem Schatz schuldete, 77 Mill. zu-
rückbezahlt, außerdem 11 Mill. in ihren verschiedenen Comptoirs zur
Verfügung des Schatzes gestellt um den dringenden Bedürfnissen des
öffentlichen Dienstes zu begegnen, endlich in ihren auswärtigen
Comptoirs 43 weitere Millionen escomptirt hat, um zu verhindern daß
die Departementalbanken von Rouen, Havre, Lille, Orleans ihre Zah-
lungen einstellen. So war der Cassenvorrath bis zum 14 März Abends
auf 59 Mill. herabgesunken. Der Generalrath der Bank stellte daher
folgenden Antrag: "Bis auf weitern Befehl sind die Noten der Bank
von Frankreich und ihrer Comptoire als gesetzliche Münze anzusehen.
Die Bank ist nicht verbunden sie in baarem Geld einzulösen. Die Bank
ist ermächtigt 200 Franken-Noten auszugeben. Das Maximum der Ge-
sammteirculation der Bank und ihrer Comptoire darf 350 Mill. nicht
überschreiten. Die Bank wird ihre Lage von 8 zu 8 Tagen im Moni-
teur veröffentlichen." Diesen Anträgen hat die Regierung entsprochen.
Die Banknoten sollen von den öffentlichen Cassen und den Privaleuten als
gesetzliche Münze angenommen werden, und sie hat noch die Ermächti-
gung hinzugefügt eine neue Gattung Scheine (coupures) auszugeben, je-
doch nicht von geringerem Betrag als 100 Fr. Endlich hat die Regierung
auch wieder eine Maßregel der Sparsamkeit getroffen, und zwar in einem

[Spaltenumbruch]
Spanien.

Briefe aus Saragoſſa verſichern daß der
5 März, an welchem man in jener Stadt Unruhen gefürchtet, ohne die
mindeſte Störung der öffentlichen Ordnung vorübergegangen. Auch
das ganze übrige Spanien iſt ruhig, und die Regierung faßt alle mög-
lichen Maßregeln um die Ruhe zu erhalten. In Catalonien ſind einige
Franzoſen angekommen, die aus Beſorgniß wegen der jetzigen Lage ih-
res Vaterlandes ausgewandert. In den Ideen unſerer Königin Iſa-
belle ſcheint durch die Ereigniſſe in Frankreich eine merkliche Verände-
rung vorgegangen zu ſeyn. Sie äußerte ſich um das Schickſal ihrer
Schweſter tief beſorgt, und hatte keine Ruhe bis ſie dieſelbe auf engli-
ſchem Boden in Sicherheit wußte. Jetzt ſehnt ſie ſich dieſelbe an ihrer Seite
zu haben, und es iſt mehr als wahrſcheinlich (mas que probable) daß die
Infantin nicht ſäumen werde nach Spanien zu kommen. Unſer Hof
und unſere Regierung ſind übrigens gegen jede Einmiſchung in Frank-
reichs innere Angelegenheiten; alle Denkenden aber ſagen ſich daß man
erſt am Anfang der Bewegung ſtehe, daß die franzöſiſche Republik mit
ihren jetzigen Führern nicht dauern könne, ſondern zuerſt in die Anar-
chie des Communismus ausſchlagen, dann aber zum Bürgerkrieg und
durch dieſen zu einer monarchiſchen Reaction führen werde. — Die Zwie-
tracht unter den Exaltados tritt mit jedem Tage ſtärker hervor. Sie
zerfallen mehr und mehr in zwei deutlich geſchiedene Fractionen —
Menſchen die etwas zu verlieren haben, und kecke Abenteurer „ohne
Mantel und Degen.“ Den erſteren ſind über die Gefahren des Com-
munismus die Augen aufgegangen, und ſie betrachten nachgerade den
Narvaez als einen Retter der bürgerlichen Geſellſchaft. Den andern
fehlt es an Köpfen und an Mitteln; aber ſie trachten ſolche zu finden
und ſich zu organiſiren.

Großbritannien.

Im Verfolge der Unterhausſitzung am 14 März ſtellte Hr.
Ewart den Antrag eine Bill zur Abſchaffung der Todesſtrafe ein-
bringen zu dürfen. Er wies darauf hin daß der humane Geiſt des Jahr-
hunderts dieſer Strafart entgegen ſey, wie denn erſt neulich bei einer
Hinrichtung in Clonmel das verſammelte Volk in laute Verwünſchungen
gegen den Henker und das Syſtem ausgebrochen. Er berief ſich auf
Lord Broughams meiſterhafte Reden über dieſen Gegenſtand, und deu-
tete auf Rußland, Toſcana, Rom und Baden(?), als in welchen Staaten
die Todesſtrafe abgeſchafft ſey, wie auch neuerdings die franzöſiſche
Republik wenigſtens bei politiſchen Verbrechen dieſe Strafart abgeſchafft
habe. Der Miniſter des Innern, Sir G. Grey, war der Anſicht: bei
dem Verbrechen des Mords, auf welches jetzt die Todesſtrafe in Eng-
land in der Praxis beſchränkt ſey, dürfte die Aufhebung der Todesſtrafe
kaum rathſam ſeyn, weil dann eine Zunahme dieſes Verbrechens zu be-
fürchten ſtünde. Er wies durch ſtatiſtiſche Angaben nach daß andere
ſchwere Verbrechen, wie Brandlegung und Nothzucht, wirklich in Eng-
land zugenommen haben ſeitdem das Geſetz ſie nicht mehr mit dem Tode
beſtraft. Der Miniſter zweifelt daß die öffentliche Meinung des Landes
die Todesſtrafe der Mörder aufgehoben wünſche, und beruft ſich auf die
Unbedenklichkeit womit Juries in ſolchen Fällen bei dem jetzigen Stande
des Geſetzes ihr „Schuldig“ ausſprechen. Mehrere Redner folgten für
und wider; der fromme Sir Robert Inglis unter andern war für Bei-
behaltung der Todesſtrafe. Schlüßlich hatte der Ewart’ſche Antrag das-
ſelbe, Schickſal wie ein ähnlicher im vorigen Jahr: er wurde mit 122 ge-
gen 66 Stimmen verworfen. Die übrigen Verhandlungen der Si-
tzung waren abſpringender Art und reſultatlos. — Das Oberhaus
förderte einige untergeordnete Bills.


In einem Meeting der „Weſtminſter Reform Society,“ das am 13
Abends ſtattfand, ward eine Adreſſe an die Königin beſchloſſen: Ihre
Maj. möge ihre jetzigen Miniſter entlaſſen und Hrn. Richard Cobden
mit der Bildung einer neuen Verwaltung betrauen. Die Hauptbeſchwerde
war die Einkommenſteuer.


Viscount Hardinge, der bisherige Generalſtatthalter Oſtindiens,
landete, über Frankreich und Belgien kommend, am 15 März Morgens
mit dem Dampfboot „Sir Edward Banks“ zu Blackwall an der Temſe.


Se. Hoh. Mehemed Ali iſt vorgeſtern von
hier abgereist. Obgleich die Luft von Malta dem alten Mann einige
Stärkung gebracht hat, iſt er noch ſehr ernſtlich unwohl, und ſeine Tage
gehen offenbar zur Neige. Am Tage nach ſeiner Ankunft und ebenſo
[Spaltenumbruch] an dem ſeiner Abreiſe lud er die fremden Conſuln, die brittiſchen Be-
hörden und wer ihn ſonſt beſuchen wollte zu ſich ein, aber er war das
ein- und das anderemal zu ſchwach für die Anſtrengungen eines öffent-
lichen Empfangs. Bei ſeinem Scheiden war ihm gleiche Aufmerkſam-
keit erwieſen wie bei ſeiner Landung. Das franzöſiſche Dampfboot „Ale-
randre“, auf welchem Se. Hoh. abfuhr, warf ganz nahe am Zollhaus
Anker; vom Kai hatte man eine Brücke an Bord hinübergelegt welche ganz
mit Flaggen bedeckt war. Er wurde von ſechs feſtlich gekleideten Ma-
troſen in der prächtigen Sänfte der ehemaligen Großmeiſter des Mal-
teſerordens (ſo ändern ſich die Zeiten!) von ſeiner Wohnung an Bord
getragen. Geſtern fuhr das Schiff nach Neapel ab; allein ich fürchte
der alte Paſcha wird von dort nicht lebend nach Alexandria zurück-
kehren.“ (Times.)

Frankreich.

Wenn bisher die politiſche Oberfläche von Frankreich ſo ziemlich
ruhig war, und nur die Geldnoth etwas beängſtigendes hatte, ſo ſcheint
man jetzt wieder in eine allgemeinere Kriſts einzutreten. Das Rund-
ſchreiben des Hrn. Ledru-Rollin an die Regierungscommiſſäre in den
Departementen und die Auflöſung der Grenadier- und Voltigeurcompag-
nien der Nationalgarde, um ſie mit der großen Maſſe zu verſchmelzen
— dieß alles hat unter der höhern Bürgerclaſſe böſes Blut gemacht.
Von Seiten der Nationalgarde ſind Bittſchriften von Tauſenden zu Ab-
wendung einer Maßregel eingereicht worden die, aus dem Princip der
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achtzehn Jahren vernichten würde. Mit welchem Erfolg iſt nicht bekannt,
da jene Verfügung ein Decret der geſammten Regierung war, und es iſt
auch nicht wahrſcheinlich daß ſie es ganz zurücknehmen wird da ſie wegen die-
ſer Veränderung in der Organiſation der Nationalgarde ſo eben ein neues
Decret erlaſſen hat, welches die allgemeinen Officierswahlen auf den 25
März hinausſchiebt. Dagegen hat jenes miniſterielle Rundſchreiben be-
reits ſehr begütigende Erläuterungen gefunden, theils von dem Urhe-
ber ſelbſt, der in Verbindung mit dem Juſtizminiſter erklärt hat daß die
Commiſſion keineswegs Vollmacht erhalten habe die Magiſtrate abzu-
ſetzen, theils im Namen der Regierung von Hrn. v. Lamartine in deſſen
Erklärung gegen die Deputation des republicaniſchen Clubs für die
Freiheit der Wahlen. Die proviſoriſche Regierung, erwiederte derſelbe,
habe niemand beauftragt eine Sprache zu reden die ſich über die Geſetze
erhebe. Dieß wäre die ſchlimmſte aller Corruptionen, die Corruption
der Furcht und der moraliſchen Unterdrückung der Gewiſſen. Die Re-
publik und die Freiheit müßten ein Wort ſeyn, ſonſt wäre die Republik
eine Lüge, und die proviſoriſche Regierung wolle daß ſie eine Wahrheit
ſey. Jeder ſolle nach ſeinem Gewiſſen ſtimmen, und er zweifle nicht daß
ſich die Republik auf den Gewiſſen und durch die Abſtimmungen guter
Bürger nicht minder feſt gründen werde als durch die Arme des Volks
von Paris. Wenn nur auch der Geldklemme durch freundliche Worte
abzuhelfen wäre! Dieſe Noth konnte natürlich die Bank von Frankreich
nicht verſchonen, und man liest in einem Bericht des Gouverneurs
d’Argout an den Finanzminiſter daß dieſes Inſtitut vom 26 Febr. bis
zum 15 März, d. i. in 15 Werktagen, die Summe von 110 Mill. es-
comptirt, und von 125 Mill. die ſie dem Schatz ſchuldete, 77 Mill. zu-
rückbezahlt, außerdem 11 Mill. in ihren verſchiedenen Comptoirs zur
Verfügung des Schatzes geſtellt um den dringenden Bedürfniſſen des
öffentlichen Dienſtes zu begegnen, endlich in ihren auswärtigen
Comptoirs 43 weitere Millionen escomptirt hat, um zu verhindern daß
die Departementalbanken von Rouen, Havre, Lille, Orleans ihre Zah-
lungen einſtellen. So war der Caſſenvorrath bis zum 14 März Abends
auf 59 Mill. herabgeſunken. Der Generalrath der Bank ſtellte daher
folgenden Antrag: „Bis auf weitern Befehl ſind die Noten der Bank
von Frankreich und ihrer Comptoire als geſetzliche Münze anzuſehen.
Die Bank iſt nicht verbunden ſie in baarem Geld einzulöſen. Die Bank
iſt ermächtigt 200 Franken-Noten auszugeben. Das Maximum der Ge-
ſammteirculation der Bank und ihrer Comptoire darf 350 Mill. nicht
überſchreiten. Die Bank wird ihre Lage von 8 zu 8 Tagen im Moni-
teur veröffentlichen.“ Dieſen Anträgen hat die Regierung entſprochen.
Die Banknoten ſollen von den öffentlichen Caſſen und den Privaleuten als
geſetzliche Münze angenommen werden, und ſie hat noch die Ermächti-
gung hinzugefügt eine neue Gattung Scheine (coupures) auszugeben, je-
doch nicht von geringerem Betrag als 100 Fr. Endlich hat die Regierung
auch wieder eine Maßregel der Sparſamkeit getroffen, und zwar in einem

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[1271/0007] Spanien. ✸ Madrid, 8 März. Briefe aus Saragoſſa verſichern daß der 5 März, an welchem man in jener Stadt Unruhen gefürchtet, ohne die mindeſte Störung der öffentlichen Ordnung vorübergegangen. Auch das ganze übrige Spanien iſt ruhig, und die Regierung faßt alle mög- lichen Maßregeln um die Ruhe zu erhalten. In Catalonien ſind einige Franzoſen angekommen, die aus Beſorgniß wegen der jetzigen Lage ih- res Vaterlandes ausgewandert. In den Ideen unſerer Königin Iſa- belle ſcheint durch die Ereigniſſe in Frankreich eine merkliche Verände- rung vorgegangen zu ſeyn. Sie äußerte ſich um das Schickſal ihrer Schweſter tief beſorgt, und hatte keine Ruhe bis ſie dieſelbe auf engli- ſchem Boden in Sicherheit wußte. Jetzt ſehnt ſie ſich dieſelbe an ihrer Seite zu haben, und es iſt mehr als wahrſcheinlich (mas que probable) daß die Infantin nicht ſäumen werde nach Spanien zu kommen. Unſer Hof und unſere Regierung ſind übrigens gegen jede Einmiſchung in Frank- reichs innere Angelegenheiten; alle Denkenden aber ſagen ſich daß man erſt am Anfang der Bewegung ſtehe, daß die franzöſiſche Republik mit ihren jetzigen Führern nicht dauern könne, ſondern zuerſt in die Anar- chie des Communismus ausſchlagen, dann aber zum Bürgerkrieg und durch dieſen zu einer monarchiſchen Reaction führen werde. — Die Zwie- tracht unter den Exaltados tritt mit jedem Tage ſtärker hervor. Sie zerfallen mehr und mehr in zwei deutlich geſchiedene Fractionen — Menſchen die etwas zu verlieren haben, und kecke Abenteurer „ohne Mantel und Degen.“ Den erſteren ſind über die Gefahren des Com- munismus die Augen aufgegangen, und ſie betrachten nachgerade den Narvaez als einen Retter der bürgerlichen Geſellſchaft. Den andern fehlt es an Köpfen und an Mitteln; aber ſie trachten ſolche zu finden und ſich zu organiſiren. Großbritannien. London, 14 März. Im Verfolge der Unterhausſitzung am 14 März ſtellte Hr. Ewart den Antrag eine Bill zur Abſchaffung der Todesſtrafe ein- bringen zu dürfen. Er wies darauf hin daß der humane Geiſt des Jahr- hunderts dieſer Strafart entgegen ſey, wie denn erſt neulich bei einer Hinrichtung in Clonmel das verſammelte Volk in laute Verwünſchungen gegen den Henker und das Syſtem ausgebrochen. Er berief ſich auf Lord Broughams meiſterhafte Reden über dieſen Gegenſtand, und deu- tete auf Rußland, Toſcana, Rom und Baden(?), als in welchen Staaten die Todesſtrafe abgeſchafft ſey, wie auch neuerdings die franzöſiſche Republik wenigſtens bei politiſchen Verbrechen dieſe Strafart abgeſchafft habe. Der Miniſter des Innern, Sir G. Grey, war der Anſicht: bei dem Verbrechen des Mords, auf welches jetzt die Todesſtrafe in Eng- land in der Praxis beſchränkt ſey, dürfte die Aufhebung der Todesſtrafe kaum rathſam ſeyn, weil dann eine Zunahme dieſes Verbrechens zu be- fürchten ſtünde. Er wies durch ſtatiſtiſche Angaben nach daß andere ſchwere Verbrechen, wie Brandlegung und Nothzucht, wirklich in Eng- land zugenommen haben ſeitdem das Geſetz ſie nicht mehr mit dem Tode beſtraft. Der Miniſter zweifelt daß die öffentliche Meinung des Landes die Todesſtrafe der Mörder aufgehoben wünſche, und beruft ſich auf die Unbedenklichkeit womit Juries in ſolchen Fällen bei dem jetzigen Stande des Geſetzes ihr „Schuldig“ ausſprechen. Mehrere Redner folgten für und wider; der fromme Sir Robert Inglis unter andern war für Bei- behaltung der Todesſtrafe. Schlüßlich hatte der Ewart’ſche Antrag das- ſelbe, Schickſal wie ein ähnlicher im vorigen Jahr: er wurde mit 122 ge- gen 66 Stimmen verworfen. Die übrigen Verhandlungen der Si- tzung waren abſpringender Art und reſultatlos. — Das Oberhaus förderte einige untergeordnete Bills. In einem Meeting der „Weſtminſter Reform Society,“ das am 13 Abends ſtattfand, ward eine Adreſſe an die Königin beſchloſſen: Ihre Maj. möge ihre jetzigen Miniſter entlaſſen und Hrn. Richard Cobden mit der Bildung einer neuen Verwaltung betrauen. Die Hauptbeſchwerde war die Einkommenſteuer. Viscount Hardinge, der bisherige Generalſtatthalter Oſtindiens, landete, über Frankreich und Belgien kommend, am 15 März Morgens mit dem Dampfboot „Sir Edward Banks“ zu Blackwall an der Temſe. Malta, 4 März. Se. Hoh. Mehemed Ali iſt vorgeſtern von hier abgereist. Obgleich die Luft von Malta dem alten Mann einige Stärkung gebracht hat, iſt er noch ſehr ernſtlich unwohl, und ſeine Tage gehen offenbar zur Neige. Am Tage nach ſeiner Ankunft und ebenſo an dem ſeiner Abreiſe lud er die fremden Conſuln, die brittiſchen Be- hörden und wer ihn ſonſt beſuchen wollte zu ſich ein, aber er war das ein- und das anderemal zu ſchwach für die Anſtrengungen eines öffent- lichen Empfangs. Bei ſeinem Scheiden war ihm gleiche Aufmerkſam- keit erwieſen wie bei ſeiner Landung. Das franzöſiſche Dampfboot „Ale- randre“, auf welchem Se. Hoh. abfuhr, warf ganz nahe am Zollhaus Anker; vom Kai hatte man eine Brücke an Bord hinübergelegt welche ganz mit Flaggen bedeckt war. Er wurde von ſechs feſtlich gekleideten Ma- troſen in der prächtigen Sänfte der ehemaligen Großmeiſter des Mal- teſerordens (ſo ändern ſich die Zeiten!) von ſeiner Wohnung an Bord getragen. Geſtern fuhr das Schiff nach Neapel ab; allein ich fürchte der alte Paſcha wird von dort nicht lebend nach Alexandria zurück- kehren.“ (Times.) Frankreich. Paris, 16 März. Wenn bisher die politiſche Oberfläche von Frankreich ſo ziemlich ruhig war, und nur die Geldnoth etwas beängſtigendes hatte, ſo ſcheint man jetzt wieder in eine allgemeinere Kriſts einzutreten. Das Rund- ſchreiben des Hrn. Ledru-Rollin an die Regierungscommiſſäre in den Departementen und die Auflöſung der Grenadier- und Voltigeurcompag- nien der Nationalgarde, um ſie mit der großen Maſſe zu verſchmelzen — dieß alles hat unter der höhern Bürgerclaſſe böſes Blut gemacht. Von Seiten der Nationalgarde ſind Bittſchriften von Tauſenden zu Ab- wendung einer Maßregel eingereicht worden die, aus dem Princip der Gleichheit hervorgegangen, alle Cameradſchaften dieſer Bürgerwehr ſeit achtzehn Jahren vernichten würde. Mit welchem Erfolg iſt nicht bekannt, da jene Verfügung ein Decret der geſammten Regierung war, und es iſt auch nicht wahrſcheinlich daß ſie es ganz zurücknehmen wird da ſie wegen die- ſer Veränderung in der Organiſation der Nationalgarde ſo eben ein neues Decret erlaſſen hat, welches die allgemeinen Officierswahlen auf den 25 März hinausſchiebt. Dagegen hat jenes miniſterielle Rundſchreiben be- reits ſehr begütigende Erläuterungen gefunden, theils von dem Urhe- ber ſelbſt, der in Verbindung mit dem Juſtizminiſter erklärt hat daß die Commiſſion keineswegs Vollmacht erhalten habe die Magiſtrate abzu- ſetzen, theils im Namen der Regierung von Hrn. v. Lamartine in deſſen Erklärung gegen die Deputation des republicaniſchen Clubs für die Freiheit der Wahlen. Die proviſoriſche Regierung, erwiederte derſelbe, habe niemand beauftragt eine Sprache zu reden die ſich über die Geſetze erhebe. Dieß wäre die ſchlimmſte aller Corruptionen, die Corruption der Furcht und der moraliſchen Unterdrückung der Gewiſſen. Die Re- publik und die Freiheit müßten ein Wort ſeyn, ſonſt wäre die Republik eine Lüge, und die proviſoriſche Regierung wolle daß ſie eine Wahrheit ſey. Jeder ſolle nach ſeinem Gewiſſen ſtimmen, und er zweifle nicht daß ſich die Republik auf den Gewiſſen und durch die Abſtimmungen guter Bürger nicht minder feſt gründen werde als durch die Arme des Volks von Paris. Wenn nur auch der Geldklemme durch freundliche Worte abzuhelfen wäre! Dieſe Noth konnte natürlich die Bank von Frankreich nicht verſchonen, und man liest in einem Bericht des Gouverneurs d’Argout an den Finanzminiſter daß dieſes Inſtitut vom 26 Febr. bis zum 15 März, d. i. in 15 Werktagen, die Summe von 110 Mill. es- comptirt, und von 125 Mill. die ſie dem Schatz ſchuldete, 77 Mill. zu- rückbezahlt, außerdem 11 Mill. in ihren verſchiedenen Comptoirs zur Verfügung des Schatzes geſtellt um den dringenden Bedürfniſſen des öffentlichen Dienſtes zu begegnen, endlich in ihren auswärtigen Comptoirs 43 weitere Millionen escomptirt hat, um zu verhindern daß die Departementalbanken von Rouen, Havre, Lille, Orleans ihre Zah- lungen einſtellen. So war der Caſſenvorrath bis zum 14 März Abends auf 59 Mill. herabgeſunken. Der Generalrath der Bank ſtellte daher folgenden Antrag: „Bis auf weitern Befehl ſind die Noten der Bank von Frankreich und ihrer Comptoire als geſetzliche Münze anzuſehen. Die Bank iſt nicht verbunden ſie in baarem Geld einzulöſen. Die Bank iſt ermächtigt 200 Franken-Noten auszugeben. Das Maximum der Ge- ſammteirculation der Bank und ihrer Comptoire darf 350 Mill. nicht überſchreiten. Die Bank wird ihre Lage von 8 zu 8 Tagen im Moni- teur veröffentlichen.“ Dieſen Anträgen hat die Regierung entſprochen. Die Banknoten ſollen von den öffentlichen Caſſen und den Privaleuten als geſetzliche Münze angenommen werden, und ſie hat noch die Ermächti- gung hinzugefügt eine neue Gattung Scheine (coupures) auszugeben, je- doch nicht von geringerem Betrag als 100 Fr. Endlich hat die Regierung auch wieder eine Maßregel der Sparſamkeit getroffen, und zwar in einem

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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 80, 20. März 1848, S. 1271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine80_1848/7>, abgerufen am 18.12.2024.