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Allgemeine Zeitung, Nr. 75, 15. März 1848.

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Nr. 75.
[Spaltenumbruch]
Beilage zur Allgemeinen Zeitung.
[Spaltenumbruch] 15 März 1848.


[Spaltenumbruch]
Deutschland.

Festgesang.
(Bei einer festlichen Vereinigung von Augsburger Typographen u. s. w. am
13 März gesungen.)
Klinget in Fröhlichkeit,
Singet der neuen Zeit
Festlichen Chor!
Aus düstrer Wolken Kranz
Steigst du in Morgenglanz,
Sonne des Vaterlands,
Endlich empor!
Plötzlich in banger Nacht
Scholl einer Geistermacht
Ehern Gebot;
Ueber die Länder hin
Schreitet die Helferin,
Willensvollstreckerin
Gottes -- die Noth.
Mit ihrem Wetterschlag
Führt sie den jungen Tag
Deutschlands herauf:
Rechte verzögert lang
Schenkt sie in Sturmesdrang,
Klügelnden Schneckengang
Spornt sie zum Lauf.
Wiedererstandner Hort,
Heil dir, o freies Wort!
Blitzende Wehr!
Lanze die trifft und heilt,
Ach, du hast lang geweilt!
Ein Deutschland ungetheilt
Stell' uns nun her!
Deutschland, gen West und Ost
Fest und im Sturm getrost
Stehe du nun.
Geist, der das Tieffte schafft,
Frei aus der Fessel Haft,
Treuester Herzen Kraft
Künden dein Thun.
Darum der neuen Zeit
Jst dieses Fest geweiht,
Grüßt sie im Chor!
Aus düstrer Wolken Kranz
Steigst du in Morgenglanz,
Sonne des Vaterlands,
Glühend empor!

Die jüngsten Ereignisse und der Zollverein.
(Aus dem Zollvereinsblatt.)

Wenn diese Zeilen zur Oeffentlichkeit
kommen, stimmt man hoffentlich in ganz Deutschland schon darin über-
ein daß der Selbständigkeit der Nation, dem Fortbestand ihrer Dy-
nastien und Staaten von dem republicanischen Nachbar im Westen
keine Gefahr droht, sobald das zähe Widerstreben weicht das man dem
Entwickelungsdrang unseres Volks bisher entgegensetzte. Wir müssen
es für ein großes Verdienst der Männer von der badischen Kammer
erklären daß sie sich der Verwirrung in den Stimmungen und Ansich-
ten, des Schwankenden in den Planen und Absichten sofort bemäch-
tigten, und den Blick auf dasjenige hinleiteten was Nationalehre,
Rechts- und Sittlichkeitsgefühl, Klugheit und Vorsicht gleichzeitig
fordern. Die Schwingungen des welthistorischen Erdbebens das in
Frankreich vor acht Tagen den Thron begrub, werden auch zu uns noch
herüberzittern, aber sie werden nichts wankend machen und zerstören
was im Herzen und der Ueberzeugung unseres Volks wurzelt, son-
dern zu neuer schöpferischer Kraft ermuthigen und anspornen. Wir
haben das feste Vertrauen zu den deutschen Regierungen daß sie die
Schwere des Augenblicks nicht verkennen, daß sie nicht zögern den ver-
nünftigen Nationalwillen als maßgebend für die neuen Schöpfungen
und Bildungen zu erachten, daß sie die Kräftigung ihrer Macht in
volksthümlichen Jnstitutionen suchen, und endlich nachholen was lange
versäumt ward. Auch der Zollverein sieht in solcher Zeit seiner Wie-
dergeburt entgegen, auch er ist bereits altersschwach und lebensmüde
[Spaltenumbruch] wie so vieles in unsern Zuständen geworden, auch er erfüllt seine hohe
nationale und ökonomische Aufgabe nur noch halb und unvollständig.
Sind auch die Sympathien der Nation noch nicht von ihm gewichen
wie von der Bundesverfassung, so ist es doch mehr seines Daseyns
als seiner Leistungen wegen. Vermöge dieses Daseyns hat er aller-
dings ein starkes Band um die Jnteressen der vereinigten Staaten
und Völkerschaften geschlungen, aber diese Leistung des Daseyns ist
bisher die einzige geblieben, und der Zollverein selbst im Stillstande
über seinen Anfang noch nicht hinausgekommen. Mit seiner Fort-
bildung und Entwickelung hat es noch bis heute kein rechter Ernst
werden wollen. Täuscht nicht alles, so bricht aber schon der Tag an
wo auch er zu neuem Leben erwacht.

Wir fassen Zollvereins- und Bundesreform als et-
was Zusammengehöriges
auf, die Reorganisation beider muß
nach unserm Ermessen Hand in Hand gehen, die beiden Jnstitutionen
selbst müssen verschmolzen werden, die Bundesverfassung wird in po-
litischer, die Zollvereinsverfassung in ökonomischer Rücksicht der Aus-
druck des Bundesstaats seyn, der an die Stelle des bloß diplomatischen
Staatenbundes tritt. Was die Bundesacte in einzelnen Zügen als
Gesammtverfassung eines deutschen Nationalstaats hinstellt, muß nicht
bloß zur Wahrheit werden, die zu Grunde liegende Jdee muß auch alle
Verhältnisse des Nationallebens durchdringen. Warum sollten die
deutschen Regierungen über die allgemeinen Grundsätze der Volksbil-
dung, der Rechtspflege, der Staats- und Gemeindeverfassung u. s. w.
nicht so einig seyn können als über die bei Organisation des Heer-
wesens? Sind etwa die Verschiedenheiten in Bildung und Anlage, in
politischer Mündigkeit und im Rechtsbewußtseyn so groß daß die deut-
schen Volksstämme nun und nimmer für feste einheitliche Formen ei-
nes Nationallebens paßten? Allerdings sind der Verschiedenheiten
viele, aber sie wurzeln nicht in der innern Nothwendigkeit, in dem Ge-
nius der Nation, sondern in abweichenden Regierungsmaximen. Was
die Abweichung in den letztern zerspalten und zersplittert hat, muß
aber endlich wieder in die Form der Einheit gebracht werden. Die
Garantien eines starken Deutschlands ruhen allein in den Banden in-
nerer Zusammengehörigkeit. Es wird bei jeder leisen Erschütterung
wanken, wenn man nicht den Muth der Reform unserer National-
zustände jetzt in der Stunde der Noth faßt. Gewiß wäre es eine fal-
sche Rechnung wenn unsere Regierungen noch einmal zuwarten, und
auf die Langmuth unseres Volks noch einmal bauen wollten.

Wir können aber nicht unterlassen schon jetzt, unter dem noch war-
men Eindruck der Ereignisse drüben, die Grundzüge des neuen Orga-
nismus zu zeichnen in dem namentlich Zollverein und Bundesverfas-
sung zusammenschmelzen. Wenn jemals, ist es jetzt Pflicht der Presse
die Vorstellung der Nation von dem was wünschens- und erstrebens-
werth ist zu klären und aus dem Verschwimmenden und Allgemeinen
an feste Gestalten zu weisen.

Bekanntlich stützt sich die Einigung des Zollvereins und des Bun-
des auf die gesetzliche Verheißung des Art. 19 der Bundesacte. Nur
darnach streben wir zunächst daß dieß Gesetz ins Leben gerufen und
mit den rechten Organen seiner Wirksamkeit umgeben werde. Zuerst
tritt dem die Nichttheilnahme Oesterreichs und der nordwestdeutschen
Staaten am Zollverein entgegen, das Partielle des einen Körpers ist
offenbar das größte Hinderniß seiner Verschmelzung mit dem andern.
Glücklicherweise sind aber die nordwestdeutschen Staaten nicht durch
eine innere Nothwewdigkeit des Systems vom Zollverein getrennt,
sondern nur dadurch daß sie bisher keine rechten Motive zum An-
schluß finden konnten. Mit der Aussicht auf die volle Zoll- und Han-
delseinheit Deutschlands, die als Complement seiner politischen Ein-
heit auftritt, ergeben sich diese Motive von selbst, sie sind zugleich
ideeller und materieller Natur: ideeller, sofern eine Lücke des National-
verbandes ausgefüllt wird; materieller, sofern sich jene Staaten, die
vor allen andern den Beruf zur Pflege unseres auswärtigen Handels
haben, in eigenem Jnteresse von der künftigen handelspolitischen Or-
ganisation nicht ausschließen können. Jn Oesterreich bedarf dagegen
die commercielle und gewerbliche Einigung mit der übrigen Nation
noch der Vorbereitungen, sie wird aber auch auf dem Wege der All-
mählichkeit zu Stande kommen und dann zum großen Segen aller
ausschlagen.

Nr. 75.
[Spaltenumbruch]
Beilage zur Allgemeinen Zeitung.
[Spaltenumbruch] 15 März 1848.


[Spaltenumbruch]
Deutſchland.

Feſtgeſang.
(Bei einer feſtlichen Vereinigung von Augsburger Typographen u. ſ. w. am
13 März geſungen.)
Klinget in Fröhlichkeit,
Singet der neuen Zeit
Feſtlichen Chor!
Aus düſtrer Wolken Kranz
Steigſt du in Morgenglanz,
Sonne des Vaterlands,
Endlich empor!
Plötzlich in banger Nacht
Scholl einer Geiſtermacht
Ehern Gebot;
Ueber die Länder hin
Schreitet die Helferin,
Willensvollſtreckerin
Gottes — die Noth.
Mit ihrem Wetterſchlag
Führt ſie den jungen Tag
Deutſchlands herauf:
Rechte verzögert lang
Schenkt ſie in Sturmesdrang,
Klügelnden Schneckengang
Spornt ſie zum Lauf.
Wiedererſtandner Hort,
Heil dir, o freies Wort!
Blitzende Wehr!
Lanze die trifft und heilt,
Ach, du haſt lang geweilt!
Ein Deutſchland ungetheilt
Stell’ uns nun her!
Deutſchland, gen Weſt und Oſt
Feſt und im Sturm getroſt
Stehe du nun.
Geiſt, der das Tieffte ſchafft,
Frei aus der Feſſel Haft,
Treueſter Herzen Kraft
Künden dein Thun.
Darum der neuen Zeit
Jſt dieſes Feſt geweiht,
Grüßt ſie im Chor!
Aus düſtrer Wolken Kranz
Steigſt du in Morgenglanz,
Sonne des Vaterlands,
Glühend empor!

Die jüngſten Ereigniſſe und der Zollverein.
(Aus dem Zollvereinsblatt.)

Wenn dieſe Zeilen zur Oeffentlichkeit
kommen, ſtimmt man hoffentlich in ganz Deutſchland ſchon darin über-
ein daß der Selbſtändigkeit der Nation, dem Fortbeſtand ihrer Dy-
naſtien und Staaten von dem republicaniſchen Nachbar im Weſten
keine Gefahr droht, ſobald das zähe Widerſtreben weicht das man dem
Entwickelungsdrang unſeres Volks bisher entgegenſetzte. Wir müſſen
es für ein großes Verdienſt der Männer von der badiſchen Kammer
erklären daß ſie ſich der Verwirrung in den Stimmungen und Anſich-
ten, des Schwankenden in den Planen und Abſichten ſofort bemäch-
tigten, und den Blick auf dasjenige hinleiteten was Nationalehre,
Rechts- und Sittlichkeitsgefühl, Klugheit und Vorſicht gleichzeitig
fordern. Die Schwingungen des welthiſtoriſchen Erdbebens das in
Frankreich vor acht Tagen den Thron begrub, werden auch zu uns noch
herüberzittern, aber ſie werden nichts wankend machen und zerſtören
was im Herzen und der Ueberzeugung unſeres Volks wurzelt, ſon-
dern zu neuer ſchöpferiſcher Kraft ermuthigen und anſpornen. Wir
haben das feſte Vertrauen zu den deutſchen Regierungen daß ſie die
Schwere des Augenblicks nicht verkennen, daß ſie nicht zögern den ver-
nünftigen Nationalwillen als maßgebend für die neuen Schöpfungen
und Bildungen zu erachten, daß ſie die Kräftigung ihrer Macht in
volksthümlichen Jnſtitutionen ſuchen, und endlich nachholen was lange
verſäumt ward. Auch der Zollverein ſieht in ſolcher Zeit ſeiner Wie-
dergeburt entgegen, auch er iſt bereits altersſchwach und lebensmüde
[Spaltenumbruch] wie ſo vieles in unſern Zuſtänden geworden, auch er erfüllt ſeine hohe
nationale und ökonomiſche Aufgabe nur noch halb und unvollſtändig.
Sind auch die Sympathien der Nation noch nicht von ihm gewichen
wie von der Bundesverfaſſung, ſo iſt es doch mehr ſeines Daſeyns
als ſeiner Leiſtungen wegen. Vermöge dieſes Daſeyns hat er aller-
dings ein ſtarkes Band um die Jntereſſen der vereinigten Staaten
und Völkerſchaften geſchlungen, aber dieſe Leiſtung des Daſeyns iſt
bisher die einzige geblieben, und der Zollverein ſelbſt im Stillſtande
über ſeinen Anfang noch nicht hinausgekommen. Mit ſeiner Fort-
bildung und Entwickelung hat es noch bis heute kein rechter Ernſt
werden wollen. Täuſcht nicht alles, ſo bricht aber ſchon der Tag an
wo auch er zu neuem Leben erwacht.

Wir faſſen Zollvereins- und Bundesreform als et-
was Zuſammengehöriges
auf, die Reorganiſation beider muß
nach unſerm Ermeſſen Hand in Hand gehen, die beiden Jnſtitutionen
ſelbſt müſſen verſchmolzen werden, die Bundesverfaſſung wird in po-
litiſcher, die Zollvereinsverfaſſung in ökonomiſcher Rückſicht der Aus-
druck des Bundesſtaats ſeyn, der an die Stelle des bloß diplomatiſchen
Staatenbundes tritt. Was die Bundesacte in einzelnen Zügen als
Geſammtverfaſſung eines deutſchen Nationalſtaats hinſtellt, muß nicht
bloß zur Wahrheit werden, die zu Grunde liegende Jdee muß auch alle
Verhältniſſe des Nationallebens durchdringen. Warum ſollten die
deutſchen Regierungen über die allgemeinen Grundſätze der Volksbil-
dung, der Rechtspflege, der Staats- und Gemeindeverfaſſung u. ſ. w.
nicht ſo einig ſeyn können als über die bei Organiſation des Heer-
weſens? Sind etwa die Verſchiedenheiten in Bildung und Anlage, in
politiſcher Mündigkeit und im Rechtsbewußtſeyn ſo groß daß die deut-
ſchen Volksſtämme nun und nimmer für feſte einheitliche Formen ei-
nes Nationallebens paßten? Allerdings ſind der Verſchiedenheiten
viele, aber ſie wurzeln nicht in der innern Nothwendigkeit, in dem Ge-
nius der Nation, ſondern in abweichenden Regierungsmaximen. Was
die Abweichung in den letztern zerſpalten und zerſplittert hat, muß
aber endlich wieder in die Form der Einheit gebracht werden. Die
Garantien eines ſtarken Deutſchlands ruhen allein in den Banden in-
nerer Zuſammengehörigkeit. Es wird bei jeder leiſen Erſchütterung
wanken, wenn man nicht den Muth der Reform unſerer National-
zuſtände jetzt in der Stunde der Noth faßt. Gewiß wäre es eine fal-
ſche Rechnung wenn unſere Regierungen noch einmal zuwarten, und
auf die Langmuth unſeres Volks noch einmal bauen wollten.

Wir können aber nicht unterlaſſen ſchon jetzt, unter dem noch war-
men Eindruck der Ereigniſſe drüben, die Grundzüge des neuen Orga-
nismus zu zeichnen in dem namentlich Zollverein und Bundesverfaſ-
ſung zuſammenſchmelzen. Wenn jemals, iſt es jetzt Pflicht der Preſſe
die Vorſtellung der Nation von dem was wünſchens- und erſtrebens-
werth iſt zu klären und aus dem Verſchwimmenden und Allgemeinen
an feſte Geſtalten zu weiſen.

Bekanntlich ſtützt ſich die Einigung des Zollvereins und des Bun-
des auf die geſetzliche Verheißung des Art. 19 der Bundesacte. Nur
darnach ſtreben wir zunächſt daß dieß Geſetz ins Leben gerufen und
mit den rechten Organen ſeiner Wirkſamkeit umgeben werde. Zuerſt
tritt dem die Nichttheilnahme Oeſterreichs und der nordweſtdeutſchen
Staaten am Zollverein entgegen, das Partielle des einen Körpers iſt
offenbar das größte Hinderniß ſeiner Verſchmelzung mit dem andern.
Glücklicherweiſe ſind aber die nordweſtdeutſchen Staaten nicht durch
eine innere Nothwewdigkeit des Syſtems vom Zollverein getrennt,
ſondern nur dadurch daß ſie bisher keine rechten Motive zum An-
ſchluß finden konnten. Mit der Ausſicht auf die volle Zoll- und Han-
delseinheit Deutſchlands, die als Complement ſeiner politiſchen Ein-
heit auftritt, ergeben ſich dieſe Motive von ſelbſt, ſie ſind zugleich
ideeller und materieller Natur: ideeller, ſofern eine Lücke des National-
verbandes ausgefüllt wird; materieller, ſofern ſich jene Staaten, die
vor allen andern den Beruf zur Pflege unſeres auswärtigen Handels
haben, in eigenem Jntereſſe von der künftigen handelspolitiſchen Or-
ganiſation nicht ausſchließen können. Jn Oeſterreich bedarf dagegen
die commercielle und gewerbliche Einigung mit der übrigen Nation
noch der Vorbereitungen, ſie wird aber auch auf dem Wege der All-
mählichkeit zu Stande kommen und dann zum großen Segen aller
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[0009] Nr. 75. Beilage zur Allgemeinen Zeitung. 15 März 1848. Deutſchland. Feſtgeſang. (Bei einer feſtlichen Vereinigung von Augsburger Typographen u. ſ. w. am 13 März geſungen.) Klinget in Fröhlichkeit, Singet der neuen Zeit Feſtlichen Chor! Aus düſtrer Wolken Kranz Steigſt du in Morgenglanz, Sonne des Vaterlands, Endlich empor! Plötzlich in banger Nacht Scholl einer Geiſtermacht Ehern Gebot; Ueber die Länder hin Schreitet die Helferin, Willensvollſtreckerin Gottes — die Noth. Mit ihrem Wetterſchlag Führt ſie den jungen Tag Deutſchlands herauf: Rechte verzögert lang Schenkt ſie in Sturmesdrang, Klügelnden Schneckengang Spornt ſie zum Lauf. Wiedererſtandner Hort, Heil dir, o freies Wort! Blitzende Wehr! Lanze die trifft und heilt, Ach, du haſt lang geweilt! Ein Deutſchland ungetheilt Stell’ uns nun her! Deutſchland, gen Weſt und Oſt Feſt und im Sturm getroſt Stehe du nun. Geiſt, der das Tieffte ſchafft, Frei aus der Feſſel Haft, Treueſter Herzen Kraft Künden dein Thun. Darum der neuen Zeit Jſt dieſes Feſt geweiht, Grüßt ſie im Chor! Aus düſtrer Wolken Kranz Steigſt du in Morgenglanz, Sonne des Vaterlands, Glühend empor! Die jüngſten Ereigniſſe und der Zollverein. (Aus dem Zollvereinsblatt.) Augsburg, 2 März. Wenn dieſe Zeilen zur Oeffentlichkeit kommen, ſtimmt man hoffentlich in ganz Deutſchland ſchon darin über- ein daß der Selbſtändigkeit der Nation, dem Fortbeſtand ihrer Dy- naſtien und Staaten von dem republicaniſchen Nachbar im Weſten keine Gefahr droht, ſobald das zähe Widerſtreben weicht das man dem Entwickelungsdrang unſeres Volks bisher entgegenſetzte. Wir müſſen es für ein großes Verdienſt der Männer von der badiſchen Kammer erklären daß ſie ſich der Verwirrung in den Stimmungen und Anſich- ten, des Schwankenden in den Planen und Abſichten ſofort bemäch- tigten, und den Blick auf dasjenige hinleiteten was Nationalehre, Rechts- und Sittlichkeitsgefühl, Klugheit und Vorſicht gleichzeitig fordern. Die Schwingungen des welthiſtoriſchen Erdbebens das in Frankreich vor acht Tagen den Thron begrub, werden auch zu uns noch herüberzittern, aber ſie werden nichts wankend machen und zerſtören was im Herzen und der Ueberzeugung unſeres Volks wurzelt, ſon- dern zu neuer ſchöpferiſcher Kraft ermuthigen und anſpornen. Wir haben das feſte Vertrauen zu den deutſchen Regierungen daß ſie die Schwere des Augenblicks nicht verkennen, daß ſie nicht zögern den ver- nünftigen Nationalwillen als maßgebend für die neuen Schöpfungen und Bildungen zu erachten, daß ſie die Kräftigung ihrer Macht in volksthümlichen Jnſtitutionen ſuchen, und endlich nachholen was lange verſäumt ward. Auch der Zollverein ſieht in ſolcher Zeit ſeiner Wie- dergeburt entgegen, auch er iſt bereits altersſchwach und lebensmüde wie ſo vieles in unſern Zuſtänden geworden, auch er erfüllt ſeine hohe nationale und ökonomiſche Aufgabe nur noch halb und unvollſtändig. Sind auch die Sympathien der Nation noch nicht von ihm gewichen wie von der Bundesverfaſſung, ſo iſt es doch mehr ſeines Daſeyns als ſeiner Leiſtungen wegen. Vermöge dieſes Daſeyns hat er aller- dings ein ſtarkes Band um die Jntereſſen der vereinigten Staaten und Völkerſchaften geſchlungen, aber dieſe Leiſtung des Daſeyns iſt bisher die einzige geblieben, und der Zollverein ſelbſt im Stillſtande über ſeinen Anfang noch nicht hinausgekommen. Mit ſeiner Fort- bildung und Entwickelung hat es noch bis heute kein rechter Ernſt werden wollen. Täuſcht nicht alles, ſo bricht aber ſchon der Tag an wo auch er zu neuem Leben erwacht. Wir faſſen Zollvereins- und Bundesreform als et- was Zuſammengehöriges auf, die Reorganiſation beider muß nach unſerm Ermeſſen Hand in Hand gehen, die beiden Jnſtitutionen ſelbſt müſſen verſchmolzen werden, die Bundesverfaſſung wird in po- litiſcher, die Zollvereinsverfaſſung in ökonomiſcher Rückſicht der Aus- druck des Bundesſtaats ſeyn, der an die Stelle des bloß diplomatiſchen Staatenbundes tritt. Was die Bundesacte in einzelnen Zügen als Geſammtverfaſſung eines deutſchen Nationalſtaats hinſtellt, muß nicht bloß zur Wahrheit werden, die zu Grunde liegende Jdee muß auch alle Verhältniſſe des Nationallebens durchdringen. Warum ſollten die deutſchen Regierungen über die allgemeinen Grundſätze der Volksbil- dung, der Rechtspflege, der Staats- und Gemeindeverfaſſung u. ſ. w. nicht ſo einig ſeyn können als über die bei Organiſation des Heer- weſens? Sind etwa die Verſchiedenheiten in Bildung und Anlage, in politiſcher Mündigkeit und im Rechtsbewußtſeyn ſo groß daß die deut- ſchen Volksſtämme nun und nimmer für feſte einheitliche Formen ei- nes Nationallebens paßten? Allerdings ſind der Verſchiedenheiten viele, aber ſie wurzeln nicht in der innern Nothwendigkeit, in dem Ge- nius der Nation, ſondern in abweichenden Regierungsmaximen. Was die Abweichung in den letztern zerſpalten und zerſplittert hat, muß aber endlich wieder in die Form der Einheit gebracht werden. Die Garantien eines ſtarken Deutſchlands ruhen allein in den Banden in- nerer Zuſammengehörigkeit. Es wird bei jeder leiſen Erſchütterung wanken, wenn man nicht den Muth der Reform unſerer National- zuſtände jetzt in der Stunde der Noth faßt. Gewiß wäre es eine fal- ſche Rechnung wenn unſere Regierungen noch einmal zuwarten, und auf die Langmuth unſeres Volks noch einmal bauen wollten. Wir können aber nicht unterlaſſen ſchon jetzt, unter dem noch war- men Eindruck der Ereigniſſe drüben, die Grundzüge des neuen Orga- nismus zu zeichnen in dem namentlich Zollverein und Bundesverfaſ- ſung zuſammenſchmelzen. Wenn jemals, iſt es jetzt Pflicht der Preſſe die Vorſtellung der Nation von dem was wünſchens- und erſtrebens- werth iſt zu klären und aus dem Verſchwimmenden und Allgemeinen an feſte Geſtalten zu weiſen. Bekanntlich ſtützt ſich die Einigung des Zollvereins und des Bun- des auf die geſetzliche Verheißung des Art. 19 der Bundesacte. Nur darnach ſtreben wir zunächſt daß dieß Geſetz ins Leben gerufen und mit den rechten Organen ſeiner Wirkſamkeit umgeben werde. Zuerſt tritt dem die Nichttheilnahme Oeſterreichs und der nordweſtdeutſchen Staaten am Zollverein entgegen, das Partielle des einen Körpers iſt offenbar das größte Hinderniß ſeiner Verſchmelzung mit dem andern. Glücklicherweiſe ſind aber die nordweſtdeutſchen Staaten nicht durch eine innere Nothwewdigkeit des Syſtems vom Zollverein getrennt, ſondern nur dadurch daß ſie bisher keine rechten Motive zum An- ſchluß finden konnten. Mit der Ausſicht auf die volle Zoll- und Han- delseinheit Deutſchlands, die als Complement ſeiner politiſchen Ein- heit auftritt, ergeben ſich dieſe Motive von ſelbſt, ſie ſind zugleich ideeller und materieller Natur: ideeller, ſofern eine Lücke des National- verbandes ausgefüllt wird; materieller, ſofern ſich jene Staaten, die vor allen andern den Beruf zur Pflege unſeres auswärtigen Handels haben, in eigenem Jntereſſe von der künftigen handelspolitiſchen Or- ganiſation nicht ausſchließen können. Jn Oeſterreich bedarf dagegen die commercielle und gewerbliche Einigung mit der übrigen Nation noch der Vorbereitungen, ſie wird aber auch auf dem Wege der All- mählichkeit zu Stande kommen und dann zum großen Segen aller ausſchlagen.

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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 75, 15. März 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine75_1848/9>, abgerufen am 06.06.2024.