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Allgemeine Zeitung, Nr. 75, 15. März 1848.

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[Spaltenumbruch] trauen welches sie in ihrer Proclamation vom 1 März vom deutschen
Volke verlangen abgesprochen wird, weil sie an dem Bevormundungs-
system festgehalten, die Bildung des Volkes gehemmt und kein Or-
gan der nationalen und politischen Einheit Deutschland gebildet hät-
ten. Die Zeit des Bundestages sey vorüber, die elektrische Wirkung
der aller Orten hervorbrechenden Volkserhebungen könne bei jenen
nicht die frischen Bewegungen der Gesundheit hervorrufen. Verfas-
sungsgemäß berufen für die Erhaltung der innern und äußern Sicher-
heit Deutschlands zu sorgen, hätten sie nur freiheitswidrige Maßregeln
hervorgerufen, die Männer des Volks verfolgt, Luxemburg abgetre-
ten und Schleswig-Holstein bloßgestellt. Wohl beruhe auf der Ein-
tracht der Deutschen die friedliche und freundliche Entwickelung unseres
Vaterlandes, doch könnte jene diese nicht fördern, nur ein deutsches
Parlament von freigewählten Männern, getragen durch das Vertrauen
des deutschen Volkes, vermöge die Geschicke Deutschlands zu lenken.
(Nürnb. Kur.)


Eine vorläufige Verständigung von etwa
40 katholischen und 40 protestantischen notablen Bürgern unserer Stadt
verspricht die leidigen confessionellen Mißverständnisse und Spaltungen
zu heben durch Zusicherung künftiger voller Parität bei den Wahlen und
der Verwaltung der Gemeinde. Die gesammte Wählerschaft der Stadt
versammelt sich heute um über dieses erfreuliche und gewiß segensreiche
Verständniß zu berathen und es -- wie wir hoffen -- zu bestätigen. Es
wird damit der Eintracht, dem Frieden und dem Gedeihen eine dauer-
haftere Gewähr als durch Wehr und Waffen, in denen übrigens Bür-
ger und Bewohner sich fortwährend freudig üben, da alle fühlen welchen
Werth dieß in jetziger Zeit hat.


In vergangener Nacht haben auf den be-
nachbarten v. Redwitz'schen Gütern, in Schloß Redwitz, Dorf Unterlan-
genstadt und Burgkundstadt, bedauerliche Excesse stattgefunden, wobei
Amtsgebäude und mehrere Kaufläden geplündert wurden, und noch wei-
tere Beschädigungen des Eigenthums statthatten. Bereits ist Militär
von Kronach requirirt worden. (Nürnb. Kur.)


Die Unruhen welche hier vorfielen, sind be-
deutender geworden als es anfangs den Anschein hatte. Der Haufe
von Leuten welche gestern Abend Excesse in dem Schultz'schen Kaffee- und
Bierhause (in der Wormser Straße) begingen, trieb sich bis gegen 1 Uhr
Nachts theils in den Straßen, theils in den Bierhäusern umher, in de-
nen entweder gar nicht, oder durch solche Anwesende bezahlt wurde
welche jene Leute in Güte zu beschwichtigen suchten. Vielfach wird be-
hauptet es sey gleich anfangs beabsichtigt gewesen einem Beamten eine
Katzenmusik zu bringen und die Fenster einzuwerfen. Mehrmals soll
Pereat gerufen worden seyn. Jndessen geschahen die ganze Nacht hin-
durch keine weiteren Excesse als die oben erwähnten. Heute früh ver-
sammelten sich die nämlichen Leute wieder in Bierhäusern. Während
des Zechens ward ein Brief an den Rentner Schlosser geschrieben, in
welchem derselbe aufgefordert ward Geld zu geben (oder vorzustrecken,
zu leihen). Es sollen Drohungen damit verbunden, und sogar eine Liste
von solchen Bewohnern angefertigt worden seyn welche der Reihe nach
-- unter Angriff auf ihr Eigenthum -- angegangen werden wollten.
Dieses Treiben entrüstete denn allgemein. Manche Kaufläden und auch
Privatwohnungen wurden geschlossen, allein nun eilte eine Anzahl Bür-
ger und Studenten freiwillig nach dem bedrohten Schlosser'schen Hause,
während andere ohnehin als Sicherheitswachen aufgeboten wurden. Sie
trafen gerade noch rechtzeitig bei jenem Hause (in der Hauptstraße, nächst
dem Altpörtel) ein, als der unter Absingen des Schiller'schen "Räuber-
liedes" aus dem Wirthshause gezogene Haufen bereits begonnen hatte
gewaltsam in dasselbe einzudringen. Alsbald wurden die Rädelsführer
nach einigem Widerstande festgenommen. Alle waren übrigens unbe-
waffnet. Die gerichtliche Untersuchung begann sogleich, und heute
Abend um 5 Uhr wurden bereits 7 der am bedeutendsten Angeschuldig-
ten auf zwei Wägen, unter Escorte von einigen Gendarmen und 7 Che-
vaulegers, nach Mutterstadt abgeführt um morgen früh von dort nach
Frankenthal, als dem Sitze des Bezirksgerichts, gebracht zu werden. --
Die Errichtung einer allgemeinen Bürgergarde ist nunmehr eingeleitet,
und wird möglichst schnell ausgeführt werden. (Sp. Ztg.)


Die Vorkommnisse der letzten Nacht waren
daß um halb 10 Uhr ein Schuß und kurz darauf ein zweiter am Can-
tonsgefängnisse fiel. Es stellte sich heraus daß man nach dem Wacht-
posten, wahrscheinlich blind, geschossen hatte und daß letzterer einen
Nothschuß that. Bald nachher wurden zwei Bursche mit einer Doppel-
flinte ganz in der Nähe aufgegriffen und festgenommen. (Sp. Ztg.)

[Spaltenumbruch]
Württemberg.

Gestern ist die amtliche
Meldung hier eingetroffen daß das in Bregenz liegende k. k. österreichi-
sche 51ste Jnfanterieregiment "Großherzog von Baden" in den nächsten
Tagen hier eintreffen wird. Heute ist dasselbe dort abmarschirt. Jn
unserer Stadt werden bereits Quartiere für dasselbe gemacht. -- Abends
halb 5 Uhr. Soeben verlassen zwei Estaffetten unsere Stadt; eine geht
nach Stuttgart, die andere nach Laupheim. Man glaubt daß ihre
Sendung mit den bei Oberdischingen ausgebrochenen Unruhen -- wovon
heute Nachmittag die Meldung hier eintraf -- im Zusammenhang
stehe. (Ulmer Schnellpost.)


Seit die Nachricht von dem Einrücken eines
österreichischen Regiments in unsrer Stadt bekannt geworden ist, hat
sich unsrer Bürgerschaft eine große Besorgniß bemächtigt. Sehr viele
lassen es sich ein- für allemal nicht ausreden daß dahinter eine Treulo-
sigkeit des deutschen Bundes stecke, welcher die Reformbewegungen Würt-
tembergs durch Militärmassen niederzudrücken beabsichtige. So wenig
wir nun unsrerseits einem solchen Beginnen, gegen welches ganz Deutsch-
land aufstehen würde, Glauben schenken, ebenso sehr halten wir es doch
für unsre Pflicht die Staatsregierung dringend zu bitten zur Beruhi-
gung der bestürzten Gemüther 1) die Beeidigung unsers Militärs auf
die Verfassung und 2) allgemeine Volksbewaffnung alsbald anordnen
zu wollen. An die oberste Militärbehörde stellen wir aber Namens eines
großen Theils der Bürgerschaft das besondere Gesuch sofort eine amt-
liche und beruhigende Erklärung über den Einmarsch des österreichischen
Regiments zu veröffentlichen, denn schon hatte gestern Abend die Aufregung
einen bedenklichen Charakter angenommen, und selbst ruhige und unbesorgte
Bürger nannten es eine in jedem Fall unkluge und unvorsichtige Anordnung
gerade jetzt und zu dieser Zeit fremde Truppen in unsere von Militär
ohnehin überfüllte Stadt einlegen zu lassen. Daß aber die geschilderte
Besorgniß nicht in Ulm allein, sondern auch auf dem Lande herrscht be-
weisen unsere Briefe aus Tettnang. (Ulmer Schnellpost.)


Hr. Stadtschultheiß Schuster hat heute Vor-
mittag abermals durch öffentlichen Ausruf zu einer allgemeinen Bür-
gerversammlung in Baumstark einladen lassen. Sie war überaus
zahlreich besucht. Hr. Stadtschultheiß erklärte in seiner Anrede daß
auch er die Bestürzung der gesammten Bügerschaft über das Einrücken
des österreichischen Militärs theile, denn es sey unbegreiflich, weil die
Festung, zu deren Besatzung es angeblich dienen solle, noch gar nicht
zur Aufnahme solcher Massen hergerichtet, weil noch keine Casernen
gebaut, und weder Militär- noch Ortsbehörden von dem Einmarsche
vorher unterrichtet worden seyen. Zur Beruhigung der besorgten Ge-
müther theilte er aber auch zugleich mit daß unsere Kreisregierung
auf geschehene Meldung des Oberamts Tettnang: 1) sofort eine Estaf-
fette nach Stuttgart abgehen und um Ertheilung von Maßregeln habe
bitten lassen, 2) dem Oberamt Tettnang die Weisung ertheilt habe
den etwa anrückenden Truppen keinen Vorschub durch Ertheilung von
Proviant, Vorspann etc. zu leisten, überhaupt den Einmarsch auf würt-
tembergisches Gebiet*) auf dem Wege der Vorstellung so lange zu
verhindern zu suchen, bis von Stuttgart beruhigende und erklärende
Nachrichten eingelaufen seyen, 3) nach Bregenz eine Vorstellung so-
fort abgesandt habe, in welcher Rücknahme der Marschordre gefordert
wird, da bis jetzt noch keine Vorkehrungen zur Aufnahme der Trup-
pen getroffen seyen noch in der nächsten Zeit getroffen werden könn-
ten. Die Bürger waren in einer wahrhaft sieberhaften Aufregung.
Wie aus Einer Kehle tönte der stürmische Zuruf: "Keine Oester-
reicher! Keine Preußen! Wir wollen württembergisches und bay-
risches Militär!" Aber auch Drohungen sehr ernster Art wurden
ausgestoßen. Nachdem sich der Sturm und die bis zur höchsten
Erbitterung gesteigerte Aufregung einigermaßen gelegt hatte, machte
Hr. Maurermeister Berblinger geltend wie der Zuruf: Keine Oester-
reicher! Keine Preußen! mit der schönen Jdee eines einigen Deutsch-
lands, für das wir doch alle seyen, gewaltig in Widerspruch stehe, worauf
man sich endlich nach kurzer weiterer Debatte zu einer Adresse an den
König vereinigte, worin gebeten werden soll daß sich derselbe bei dem
deutschen Bund dahin verwende 1) daß die Besatzung unserer Bundes-
festung durch fremde Truppen noch so lange hinausgeschoben werden

*) Hier eingetroffene Privatbriefe sollen die Nachricht enthalten daß man
den Truppen in Friedrichshafen die Dampfschisse verweigert habe, und
diese bis jetzt das württembergische Land noch nicht betreten hätten.
(Ulm. Schnellp.)

[Spaltenumbruch] trauen welches ſie in ihrer Proclamation vom 1 März vom deutſchen
Volke verlangen abgeſprochen wird, weil ſie an dem Bevormundungs-
ſyſtem feſtgehalten, die Bildung des Volkes gehemmt und kein Or-
gan der nationalen und politiſchen Einheit Deutſchland gebildet hät-
ten. Die Zeit des Bundestages ſey vorüber, die elektriſche Wirkung
der aller Orten hervorbrechenden Volkserhebungen könne bei jenen
nicht die friſchen Bewegungen der Geſundheit hervorrufen. Verfaſ-
ſungsgemäß berufen für die Erhaltung der innern und äußern Sicher-
heit Deutſchlands zu ſorgen, hätten ſie nur freiheitswidrige Maßregeln
hervorgerufen, die Männer des Volks verfolgt, Luxemburg abgetre-
ten und Schleswig-Holſtein bloßgeſtellt. Wohl beruhe auf der Ein-
tracht der Deutſchen die friedliche und freundliche Entwickelung unſeres
Vaterlandes, doch könnte jene dieſe nicht fördern, nur ein deutſches
Parlament von freigewählten Männern, getragen durch das Vertrauen
des deutſchen Volkes, vermöge die Geſchicke Deutſchlands zu lenken.
(Nürnb. Kur.)


Eine vorläufige Verſtändigung von etwa
40 katholiſchen und 40 proteſtantiſchen notablen Bürgern unſerer Stadt
verſpricht die leidigen confeſſionellen Mißverſtändniſſe und Spaltungen
zu heben durch Zuſicherung künftiger voller Parität bei den Wahlen und
der Verwaltung der Gemeinde. Die geſammte Wählerſchaft der Stadt
verſammelt ſich heute um über dieſes erfreuliche und gewiß ſegensreiche
Verſtändniß zu berathen und es — wie wir hoffen — zu beſtätigen. Es
wird damit der Eintracht, dem Frieden und dem Gedeihen eine dauer-
haftere Gewähr als durch Wehr und Waffen, in denen übrigens Bür-
ger und Bewohner ſich fortwährend freudig üben, da alle fühlen welchen
Werth dieß in jetziger Zeit hat.


In vergangener Nacht haben auf den be-
nachbarten v. Redwitz’ſchen Gütern, in Schloß Redwitz, Dorf Unterlan-
genſtadt und Burgkundſtadt, bedauerliche Exceſſe ſtattgefunden, wobei
Amtsgebäude und mehrere Kaufläden geplündert wurden, und noch wei-
tere Beſchädigungen des Eigenthums ſtatthatten. Bereits iſt Militär
von Kronach requirirt worden. (Nürnb. Kur.)


Die Unruhen welche hier vorfielen, ſind be-
deutender geworden als es anfangs den Anſchein hatte. Der Haufe
von Leuten welche geſtern Abend Exceſſe in dem Schultz’ſchen Kaffee- und
Bierhauſe (in der Wormſer Straße) begingen, trieb ſich bis gegen 1 Uhr
Nachts theils in den Straßen, theils in den Bierhäuſern umher, in de-
nen entweder gar nicht, oder durch ſolche Anweſende bezahlt wurde
welche jene Leute in Güte zu beſchwichtigen ſuchten. Vielfach wird be-
hauptet es ſey gleich anfangs beabſichtigt geweſen einem Beamten eine
Katzenmuſik zu bringen und die Fenſter einzuwerfen. Mehrmals ſoll
Pereat gerufen worden ſeyn. Jndeſſen geſchahen die ganze Nacht hin-
durch keine weiteren Exceſſe als die oben erwähnten. Heute früh ver-
ſammelten ſich die nämlichen Leute wieder in Bierhäuſern. Während
des Zechens ward ein Brief an den Rentner Schloſſer geſchrieben, in
welchem derſelbe aufgefordert ward Geld zu geben (oder vorzuſtrecken,
zu leihen). Es ſollen Drohungen damit verbunden, und ſogar eine Liſte
von ſolchen Bewohnern angefertigt worden ſeyn welche der Reihe nach
— unter Angriff auf ihr Eigenthum — angegangen werden wollten.
Dieſes Treiben entrüſtete denn allgemein. Manche Kaufläden und auch
Privatwohnungen wurden geſchloſſen, allein nun eilte eine Anzahl Bür-
ger und Studenten freiwillig nach dem bedrohten Schloſſer’ſchen Hauſe,
während andere ohnehin als Sicherheitswachen aufgeboten wurden. Sie
trafen gerade noch rechtzeitig bei jenem Hauſe (in der Hauptſtraße, nächſt
dem Altpörtel) ein, als der unter Abſingen des Schiller’ſchen „Räuber-
liedes“ aus dem Wirthshauſe gezogene Haufen bereits begonnen hatte
gewaltſam in dasſelbe einzudringen. Alsbald wurden die Rädelsführer
nach einigem Widerſtande feſtgenommen. Alle waren übrigens unbe-
waffnet. Die gerichtliche Unterſuchung begann ſogleich, und heute
Abend um 5 Uhr wurden bereits 7 der am bedeutendſten Angeſchuldig-
ten auf zwei Wägen, unter Escorte von einigen Gendarmen und 7 Che-
vaulegers, nach Mutterſtadt abgeführt um morgen früh von dort nach
Frankenthal, als dem Sitze des Bezirksgerichts, gebracht zu werden. —
Die Errichtung einer allgemeinen Bürgergarde iſt nunmehr eingeleitet,
und wird möglichſt ſchnell ausgeführt werden. (Sp. Ztg.)


Die Vorkommniſſe der letzten Nacht waren
daß um halb 10 Uhr ein Schuß und kurz darauf ein zweiter am Can-
tonsgefängniſſe fiel. Es ſtellte ſich heraus daß man nach dem Wacht-
poſten, wahrſcheinlich blind, geſchoſſen hatte und daß letzterer einen
Nothſchuß that. Bald nachher wurden zwei Burſche mit einer Doppel-
flinte ganz in der Nähe aufgegriffen und feſtgenommen. (Sp. Ztg.)

[Spaltenumbruch]
Württemberg.

Geſtern iſt die amtliche
Meldung hier eingetroffen daß das in Bregenz liegende k. k. öſterreichi-
ſche 51ſte Jnfanterieregiment „Großherzog von Baden“ in den nächſten
Tagen hier eintreffen wird. Heute iſt dasſelbe dort abmarſchirt. Jn
unſerer Stadt werden bereits Quartiere für dasſelbe gemacht. — Abends
halb 5 Uhr. Soeben verlaſſen zwei Eſtaffetten unſere Stadt; eine geht
nach Stuttgart, die andere nach Laupheim. Man glaubt daß ihre
Sendung mit den bei Oberdiſchingen ausgebrochenen Unruhen — wovon
heute Nachmittag die Meldung hier eintraf — im Zuſammenhang
ſtehe. (Ulmer Schnellpoſt.)


Seit die Nachricht von dem Einrücken eines
öſterreichiſchen Regiments in unſrer Stadt bekannt geworden iſt, hat
ſich unſrer Bürgerſchaft eine große Beſorgniß bemächtigt. Sehr viele
laſſen es ſich ein- für allemal nicht ausreden daß dahinter eine Treulo-
ſigkeit des deutſchen Bundes ſtecke, welcher die Reformbewegungen Würt-
tembergs durch Militärmaſſen niederzudrücken beabſichtige. So wenig
wir nun unſrerſeits einem ſolchen Beginnen, gegen welches ganz Deutſch-
land aufſtehen würde, Glauben ſchenken, ebenſo ſehr halten wir es doch
für unſre Pflicht die Staatsregierung dringend zu bitten zur Beruhi-
gung der beſtürzten Gemüther 1) die Beeidigung unſers Militärs auf
die Verfaſſung und 2) allgemeine Volksbewaffnung alsbald anordnen
zu wollen. An die oberſte Militärbehörde ſtellen wir aber Namens eines
großen Theils der Bürgerſchaft das beſondere Geſuch ſofort eine amt-
liche und beruhigende Erklärung über den Einmarſch des öſterreichiſchen
Regiments zu veröffentlichen, denn ſchon hatte geſtern Abend die Aufregung
einen bedenklichen Charakter angenommen, und ſelbſt ruhige und unbeſorgte
Bürger nannten es eine in jedem Fall unkluge und unvorſichtige Anordnung
gerade jetzt und zu dieſer Zeit fremde Truppen in unſere von Militär
ohnehin überfüllte Stadt einlegen zu laſſen. Daß aber die geſchilderte
Beſorgniß nicht in Ulm allein, ſondern auch auf dem Lande herrſcht be-
weiſen unſere Briefe aus Tettnang. (Ulmer Schnellpoſt.)


Hr. Stadtſchultheiß Schuſter hat heute Vor-
mittag abermals durch öffentlichen Ausruf zu einer allgemeinen Bür-
gerverſammlung in Baumſtark einladen laſſen. Sie war überaus
zahlreich beſucht. Hr. Stadtſchultheiß erklärte in ſeiner Anrede daß
auch er die Beſtürzung der geſammten Bügerſchaft über das Einrücken
des öſterreichiſchen Militärs theile, denn es ſey unbegreiflich, weil die
Feſtung, zu deren Beſatzung es angeblich dienen ſolle, noch gar nicht
zur Aufnahme ſolcher Maſſen hergerichtet, weil noch keine Caſernen
gebaut, und weder Militär- noch Ortsbehörden von dem Einmarſche
vorher unterrichtet worden ſeyen. Zur Beruhigung der beſorgten Ge-
müther theilte er aber auch zugleich mit daß unſere Kreisregierung
auf geſchehene Meldung des Oberamts Tettnang: 1) ſofort eine Eſtaf-
fette nach Stuttgart abgehen und um Ertheilung von Maßregeln habe
bitten laſſen, 2) dem Oberamt Tettnang die Weiſung ertheilt habe
den etwa anrückenden Truppen keinen Vorſchub durch Ertheilung von
Proviant, Vorſpann ꝛc. zu leiſten, überhaupt den Einmarſch auf würt-
tembergiſches Gebiet*) auf dem Wege der Vorſtellung ſo lange zu
verhindern zu ſuchen, bis von Stuttgart beruhigende und erklärende
Nachrichten eingelaufen ſeyen, 3) nach Bregenz eine Vorſtellung ſo-
fort abgeſandt habe, in welcher Rücknahme der Marſchordre gefordert
wird, da bis jetzt noch keine Vorkehrungen zur Aufnahme der Trup-
pen getroffen ſeyen noch in der nächſten Zeit getroffen werden könn-
ten. Die Bürger waren in einer wahrhaft ſieberhaften Aufregung.
Wie aus Einer Kehle tönte der ſtürmiſche Zuruf: „Keine Oeſter-
reicher! Keine Preußen! Wir wollen württembergiſches und bay-
riſches Militär!“ Aber auch Drohungen ſehr ernſter Art wurden
ausgeſtoßen. Nachdem ſich der Sturm und die bis zur höchſten
Erbitterung geſteigerte Aufregung einigermaßen gelegt hatte, machte
Hr. Maurermeiſter Berblinger geltend wie der Zuruf: Keine Oeſter-
reicher! Keine Preußen! mit der ſchönen Jdee eines einigen Deutſch-
lands, für das wir doch alle ſeyen, gewaltig in Widerſpruch ſtehe, worauf
man ſich endlich nach kurzer weiterer Debatte zu einer Adreſſe an den
König vereinigte, worin gebeten werden ſoll daß ſich derſelbe bei dem
deutſchen Bund dahin verwende 1) daß die Beſatzung unſerer Bundes-
feſtung durch fremde Truppen noch ſo lange hinausgeſchoben werden

*) Hier eingetroffene Privatbriefe ſollen die Nachricht enthalten daß man
den Truppen in Friedrichshafen die Dampfſchiſſe verweigert habe, und
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(Ulm. Schnellp.)
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[1186/0002] trauen welches ſie in ihrer Proclamation vom 1 März vom deutſchen Volke verlangen abgeſprochen wird, weil ſie an dem Bevormundungs- ſyſtem feſtgehalten, die Bildung des Volkes gehemmt und kein Or- gan der nationalen und politiſchen Einheit Deutſchland gebildet hät- ten. Die Zeit des Bundestages ſey vorüber, die elektriſche Wirkung der aller Orten hervorbrechenden Volkserhebungen könne bei jenen nicht die friſchen Bewegungen der Geſundheit hervorrufen. Verfaſ- ſungsgemäß berufen für die Erhaltung der innern und äußern Sicher- heit Deutſchlands zu ſorgen, hätten ſie nur freiheitswidrige Maßregeln hervorgerufen, die Männer des Volks verfolgt, Luxemburg abgetre- ten und Schleswig-Holſtein bloßgeſtellt. Wohl beruhe auf der Ein- tracht der Deutſchen die friedliche und freundliche Entwickelung unſeres Vaterlandes, doch könnte jene dieſe nicht fördern, nur ein deutſches Parlament von freigewählten Männern, getragen durch das Vertrauen des deutſchen Volkes, vermöge die Geſchicke Deutſchlands zu lenken. (Nürnb. Kur.) Augsburg, 15 März. Eine vorläufige Verſtändigung von etwa 40 katholiſchen und 40 proteſtantiſchen notablen Bürgern unſerer Stadt verſpricht die leidigen confeſſionellen Mißverſtändniſſe und Spaltungen zu heben durch Zuſicherung künftiger voller Parität bei den Wahlen und der Verwaltung der Gemeinde. Die geſammte Wählerſchaft der Stadt verſammelt ſich heute um über dieſes erfreuliche und gewiß ſegensreiche Verſtändniß zu berathen und es — wie wir hoffen — zu beſtätigen. Es wird damit der Eintracht, dem Frieden und dem Gedeihen eine dauer- haftere Gewähr als durch Wehr und Waffen, in denen übrigens Bür- ger und Bewohner ſich fortwährend freudig üben, da alle fühlen welchen Werth dieß in jetziger Zeit hat. Kronach, 13 März. In vergangener Nacht haben auf den be- nachbarten v. Redwitz’ſchen Gütern, in Schloß Redwitz, Dorf Unterlan- genſtadt und Burgkundſtadt, bedauerliche Exceſſe ſtattgefunden, wobei Amtsgebäude und mehrere Kaufläden geplündert wurden, und noch wei- tere Beſchädigungen des Eigenthums ſtatthatten. Bereits iſt Militär von Kronach requirirt worden. (Nürnb. Kur.) Speyer, 9 März. Die Unruhen welche hier vorfielen, ſind be- deutender geworden als es anfangs den Anſchein hatte. Der Haufe von Leuten welche geſtern Abend Exceſſe in dem Schultz’ſchen Kaffee- und Bierhauſe (in der Wormſer Straße) begingen, trieb ſich bis gegen 1 Uhr Nachts theils in den Straßen, theils in den Bierhäuſern umher, in de- nen entweder gar nicht, oder durch ſolche Anweſende bezahlt wurde welche jene Leute in Güte zu beſchwichtigen ſuchten. Vielfach wird be- hauptet es ſey gleich anfangs beabſichtigt geweſen einem Beamten eine Katzenmuſik zu bringen und die Fenſter einzuwerfen. Mehrmals ſoll Pereat gerufen worden ſeyn. Jndeſſen geſchahen die ganze Nacht hin- durch keine weiteren Exceſſe als die oben erwähnten. Heute früh ver- ſammelten ſich die nämlichen Leute wieder in Bierhäuſern. Während des Zechens ward ein Brief an den Rentner Schloſſer geſchrieben, in welchem derſelbe aufgefordert ward Geld zu geben (oder vorzuſtrecken, zu leihen). Es ſollen Drohungen damit verbunden, und ſogar eine Liſte von ſolchen Bewohnern angefertigt worden ſeyn welche der Reihe nach — unter Angriff auf ihr Eigenthum — angegangen werden wollten. Dieſes Treiben entrüſtete denn allgemein. Manche Kaufläden und auch Privatwohnungen wurden geſchloſſen, allein nun eilte eine Anzahl Bür- ger und Studenten freiwillig nach dem bedrohten Schloſſer’ſchen Hauſe, während andere ohnehin als Sicherheitswachen aufgeboten wurden. Sie trafen gerade noch rechtzeitig bei jenem Hauſe (in der Hauptſtraße, nächſt dem Altpörtel) ein, als der unter Abſingen des Schiller’ſchen „Räuber- liedes“ aus dem Wirthshauſe gezogene Haufen bereits begonnen hatte gewaltſam in dasſelbe einzudringen. Alsbald wurden die Rädelsführer nach einigem Widerſtande feſtgenommen. Alle waren übrigens unbe- waffnet. Die gerichtliche Unterſuchung begann ſogleich, und heute Abend um 5 Uhr wurden bereits 7 der am bedeutendſten Angeſchuldig- ten auf zwei Wägen, unter Escorte von einigen Gendarmen und 7 Che- vaulegers, nach Mutterſtadt abgeführt um morgen früh von dort nach Frankenthal, als dem Sitze des Bezirksgerichts, gebracht zu werden. — Die Errichtung einer allgemeinen Bürgergarde iſt nunmehr eingeleitet, und wird möglichſt ſchnell ausgeführt werden. (Sp. Ztg.) Speyer, 10 März. Die Vorkommniſſe der letzten Nacht waren daß um halb 10 Uhr ein Schuß und kurz darauf ein zweiter am Can- tonsgefängniſſe fiel. Es ſtellte ſich heraus daß man nach dem Wacht- poſten, wahrſcheinlich blind, geſchoſſen hatte und daß letzterer einen Nothſchuß that. Bald nachher wurden zwei Burſche mit einer Doppel- flinte ganz in der Nähe aufgegriffen und feſtgenommen. (Sp. Ztg.) Württemberg. Ulm, 13 März. Geſtern iſt die amtliche Meldung hier eingetroffen daß das in Bregenz liegende k. k. öſterreichi- ſche 51ſte Jnfanterieregiment „Großherzog von Baden“ in den nächſten Tagen hier eintreffen wird. Heute iſt dasſelbe dort abmarſchirt. Jn unſerer Stadt werden bereits Quartiere für dasſelbe gemacht. — Abends halb 5 Uhr. Soeben verlaſſen zwei Eſtaffetten unſere Stadt; eine geht nach Stuttgart, die andere nach Laupheim. Man glaubt daß ihre Sendung mit den bei Oberdiſchingen ausgebrochenen Unruhen — wovon heute Nachmittag die Meldung hier eintraf — im Zuſammenhang ſtehe. (Ulmer Schnellpoſt.) Ulm, 14 März. Seit die Nachricht von dem Einrücken eines öſterreichiſchen Regiments in unſrer Stadt bekannt geworden iſt, hat ſich unſrer Bürgerſchaft eine große Beſorgniß bemächtigt. Sehr viele laſſen es ſich ein- für allemal nicht ausreden daß dahinter eine Treulo- ſigkeit des deutſchen Bundes ſtecke, welcher die Reformbewegungen Würt- tembergs durch Militärmaſſen niederzudrücken beabſichtige. So wenig wir nun unſrerſeits einem ſolchen Beginnen, gegen welches ganz Deutſch- land aufſtehen würde, Glauben ſchenken, ebenſo ſehr halten wir es doch für unſre Pflicht die Staatsregierung dringend zu bitten zur Beruhi- gung der beſtürzten Gemüther 1) die Beeidigung unſers Militärs auf die Verfaſſung und 2) allgemeine Volksbewaffnung alsbald anordnen zu wollen. An die oberſte Militärbehörde ſtellen wir aber Namens eines großen Theils der Bürgerſchaft das beſondere Geſuch ſofort eine amt- liche und beruhigende Erklärung über den Einmarſch des öſterreichiſchen Regiments zu veröffentlichen, denn ſchon hatte geſtern Abend die Aufregung einen bedenklichen Charakter angenommen, und ſelbſt ruhige und unbeſorgte Bürger nannten es eine in jedem Fall unkluge und unvorſichtige Anordnung gerade jetzt und zu dieſer Zeit fremde Truppen in unſere von Militär ohnehin überfüllte Stadt einlegen zu laſſen. Daß aber die geſchilderte Beſorgniß nicht in Ulm allein, ſondern auch auf dem Lande herrſcht be- weiſen unſere Briefe aus Tettnang. (Ulmer Schnellpoſt.) Ulm, 14 März. Hr. Stadtſchultheiß Schuſter hat heute Vor- mittag abermals durch öffentlichen Ausruf zu einer allgemeinen Bür- gerverſammlung in Baumſtark einladen laſſen. Sie war überaus zahlreich beſucht. Hr. Stadtſchultheiß erklärte in ſeiner Anrede daß auch er die Beſtürzung der geſammten Bügerſchaft über das Einrücken des öſterreichiſchen Militärs theile, denn es ſey unbegreiflich, weil die Feſtung, zu deren Beſatzung es angeblich dienen ſolle, noch gar nicht zur Aufnahme ſolcher Maſſen hergerichtet, weil noch keine Caſernen gebaut, und weder Militär- noch Ortsbehörden von dem Einmarſche vorher unterrichtet worden ſeyen. Zur Beruhigung der beſorgten Ge- müther theilte er aber auch zugleich mit daß unſere Kreisregierung auf geſchehene Meldung des Oberamts Tettnang: 1) ſofort eine Eſtaf- fette nach Stuttgart abgehen und um Ertheilung von Maßregeln habe bitten laſſen, 2) dem Oberamt Tettnang die Weiſung ertheilt habe den etwa anrückenden Truppen keinen Vorſchub durch Ertheilung von Proviant, Vorſpann ꝛc. zu leiſten, überhaupt den Einmarſch auf würt- tembergiſches Gebiet *) auf dem Wege der Vorſtellung ſo lange zu verhindern zu ſuchen, bis von Stuttgart beruhigende und erklärende Nachrichten eingelaufen ſeyen, 3) nach Bregenz eine Vorſtellung ſo- fort abgeſandt habe, in welcher Rücknahme der Marſchordre gefordert wird, da bis jetzt noch keine Vorkehrungen zur Aufnahme der Trup- pen getroffen ſeyen noch in der nächſten Zeit getroffen werden könn- ten. Die Bürger waren in einer wahrhaft ſieberhaften Aufregung. Wie aus Einer Kehle tönte der ſtürmiſche Zuruf: „Keine Oeſter- reicher! Keine Preußen! Wir wollen württembergiſches und bay- riſches Militär!“ Aber auch Drohungen ſehr ernſter Art wurden ausgeſtoßen. Nachdem ſich der Sturm und die bis zur höchſten Erbitterung geſteigerte Aufregung einigermaßen gelegt hatte, machte Hr. Maurermeiſter Berblinger geltend wie der Zuruf: Keine Oeſter- reicher! Keine Preußen! mit der ſchönen Jdee eines einigen Deutſch- lands, für das wir doch alle ſeyen, gewaltig in Widerſpruch ſtehe, worauf man ſich endlich nach kurzer weiterer Debatte zu einer Adreſſe an den König vereinigte, worin gebeten werden ſoll daß ſich derſelbe bei dem deutſchen Bund dahin verwende 1) daß die Beſatzung unſerer Bundes- feſtung durch fremde Truppen noch ſo lange hinausgeſchoben werden *) Hier eingetroffene Privatbriefe ſollen die Nachricht enthalten daß man den Truppen in Friedrichshafen die Dampfſchiſſe verweigert habe, und dieſe bis jetzt das württembergiſche Land noch nicht betreten hätten. (Ulm. Schnellp.)

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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 75, 15. März 1848, S. 1186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine75_1848/2>, abgerufen am 24.11.2024.