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Allgemeine Zeitung, Nr. 46, 15. Februar 1871.

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[Spaltenumbruch] 25 Jan. 1871 um 121/2 Uhr Mittags an der Porte de France ein nament-
liches Verzeichniß der Officiere und der im Officiersrange stehenden Beam-
ten, sowie eine summarische Nachweisung der Mannschaften der Besatzung,
in gleichem das specielle Verzeichniß aller Vorräthe und allen Kriegsmate-
rials überreichen. Art. 6. In Betracht der von der Bevölkerung schon
erlittenen schweren Verluste soll der Stadt keine andere Contribution auf-
erlegt werden als sie von allen andern offenen Städten und Dörfern der
occupirten Landestheile gezahlt werden. Die Sicherheit des Privateigen-
thums wird gewährleistet. Die Casematten der Festung werden der Bevölke-
rung von Longwy so lange zur Verfügung bleiben bis deren Häuser
wieder bewohnbar sind. Longwy, 24 Jan. 1871. Der Commandant der
deutschen Truppen vor Longwy, gez. v. Krenski, Oberst. Le Lt. Colonel
commandant superieur,
gez. Massaroli."


Ueber einen bisher nur kurz erwähnten Ueberfall, welcher am 28 Jan.
gegen Blois versucht wurde, meldet ein Feldpostbrief der "Weser-Ztg."
aus Blois vom 30:

"Am 27 zog ich in den Faubourg neuf an dem
Vendomer Thor. Meine neuen Miethsleute waren sehr freundlich; ihr
Sohn ist in Metz gefangen genommen, und jetzt in Hamburg. Schon am
27 wurde es unruhig. Vor der an der Brücke welche über die Loire nach
der Vorstadt Vienne führt gelegenen Commandantur waren Blousenmän-
ner, Bauern, in Schaaren versammelt. Eine Aufforderung des Comman-
danten Obersten v. Below zum Auseinandergehen fruchtete nicht, und es
mußten Mannschaften vom 8. Ulanen-Regiment die Leute mit blanker
Klinge über die Brücke zurücktreiben. Die Ursache dieser Zusammenrottung
war der Umstand daß der Maire und verschiedene vermögende Bürger der Stadt
Blois festgenommen worden waren, da die Stadt die ihr auferlegte Contri-
bution nicht zahlen wollte. Von alle dem wußte ich noch nichts als ich am
28 Nachmittags in meinem Quartier am Kamin saß. Plötzlich wurde es
unruhig auf der Straße; alles rannte in die Häuser, Thüren und Läden
wurden geschlossen, Schreien und Lärmen überall; Ulanen-Patrouillen
galoppirten die Straßen auf und ab, dazwischen Commandorufe. Plötzlich
dröhnten vier starke Kanonenschläge und heftiger Knall. Offenbar waren
Granaten in die Stadt eingeschlagen -- Granaten, gesendet von den Fran-
zosen in eine offene Stadt, die voll Verwundeter, Deutscher und Franzosen,
lag! Bei solcher Kriegführung hört alles auf! In größter Eile packten
wir, ich und mein Bursche, und eilten auf die Straße. Ich traf bald eine
Patrouille des 16 Regiments, von welcher ich erfuhr was vorgefallen war.
Von Francs-Tireurs war ein Ueberfall unternommen worden. Wir eilten
an das Loire-Ufer; da pfiffen uns die Chassepot-Kugeln schon um die Köpfe.
Drüben in Vienne lagen unsere Truppen, und wir hörten Salve auf Salve.
Blois war zur Zeit sehr schwach besetzt: es lagen hier ein Bataillon 16er,
etwa eine Compagnie Reconvalescenten und drei Schwadronen Ulanen.
Zum Glück waren aber eben noch hessische Jäger, ein Bataillon, hinzuge-
kommen; sie mußten gleich ins Feuer. Nachdem das Gefecht in Vienne
einige Zeit gewährt, kamen unsere Soldaten plötzlich im Laufschritt über
die Brücke zurück -- dreimal Hurrah! ein Blitz, ein furchtbarer Knall --
gesprengt war der Holzübergang über den früher von den Franzosen zer-
störten Theil der Brücke, und damit die Verbindung Vienne's mit Blois
abgeschnitten. Todtenstille trat ein. Leider kam die Explosion etwas zu
früh: 49 Hessen, 36 Sechzehner und 1 Ulane fehlten. Die meisten von
ihnen sind wohl drüben gefangen genommen worden. Offenbar hatten die
Bewohner von Blois Verrath geübt. Das Bombardement war gerade
vorzugsweise auf das Telegraphenbureau, die Bagage und andere für uns
wichtige Punkte gerichtet. Die Stadt muß es schwer büßen. Auch die
Telegraphenleitung nach Vendome ist unterbrochen, und auf der Chaussee
dorthin zeigten sich starke Banden von Blousenmännern. Gestern kam
Verstärkung von Orleans; aber leider sind die Kerle drüben schon längst
wieder weg."

Aus Stettin meldet die "N. St. Ztg.:"

"Am 2 d. M. sind hier end-
lich nach längerer Pause wieder Feldpostbriefe vom 2. Armeecorps, und
zwar in großer Anzahl, eingetroffen, aus denen sich, in Verbindung mit
den anderweit bekannt gewordenen Nachrichten, nunmehr ein klares Bild
von den Operationen desselben gewinnen läßt. Danach wird bestätigt daß,
während ein kleinerer Theil des 2. Armeecorps nach seinem Aufbruch aus
den Stellungen vor Paris über Auxerre und Avallon in südöstlicher Rich-
tung auf Dijon marschirte und dort den Feind festhielt, das Gros des
Corps Dijon nördlich umgieng, dann, nach einer Rechtsschwenkung sich
zwischen das Garibaldi'sche und Bourbaki'sche Corps schiebend, über Gray,
Pesmes, Dole marschirte, und sich von da südöstlich in der Richtung auf
Pontarlier der Schweizer Gränze zuwendete, um dem Bourbaki'schen Corps
in Gemeinschaft mit dem 7. preußischen Armeecorps den Weg nach Süden
zu verlegen. Nach mehrfachen kleineren Scharmützeln gelang es dann, wie
bereits gemeldet, am 30 Jan. unserer 7. Brigade (du Trossel) den Feind
bei Frasne zu ereilen, und dabei 2000 Gefangene zu machen und 2 Adler
zu erbeuten. Einem hier eingegangenen Schreiben des Generalmajors
v. Koblinski, Commandeurs unserer 2. Infanterie-Brigade (Königsregiment
und 5. pommerisches Infanterie-Regiment Nr. 42), welche die Avantgarde
bildete, datirt aus Mouchard (auf halbem Weg zwischen Dole und Pont-
arlier gelegen) 25 Jan., entnehmen wir folgendes: "Von Gray marschirte
ich auf Pesmes, wo mir durch feindliche Abtheilungen der Uebergang über
den Fluß streitig gemacht wurde; einige Granaten genügten jedoch um
dieselben zu vertreiben. Ich ließ nun die Pioniere, da die Brücke zerstört
[Spaltenumbruch] war, eine Pontonbrücke schlagen, auf welcher das 2. Bataillon des Regi-
ments Nr. 2 debouchirte und eine Vorpostenstellung nahm. Ich blieb für
die Nacht im Schlosse zu Pesmes. Am folgenden Tage wurde der Marsch
nach Dole fortgesetzt, und es kam darauf an die Eisenbahn zu zerstören
und sich in den Besitz von Dole zu setzen. Die Höhen vor der Stadt fand
ich vom Feinde besetzt, das 2. Regiment und meine beiden Batterien gien-
gen zum Angriff vor, und nach 21/2 stündigem Gefecht war ich Herr der
Stadt und im Besitz der Eisenbahn. Das Artilleriefeuer hatte so vortheil-
haft gewirkt, daß der Feind zwei Eisenbahnzüge im Stich gelassen hatte --
einem Zuge war es noch gelungen zu entkommen -- so daß ich Vorräthe
im Werth von 30,000 Thlrn. genommen habe. Da sich Einwohner von
Dole an dem Kampfe betheiligt hatten, mußte die Stadt eine Contribution
von 10,000 Fr. erlegen. Mein Verlust betrug 3 Todte und 17 Verwun-
dete; Lieutenant Gäde (vom Königsregiment) wurde durch einen Schuß
in den Unterleib schwer verwundet. Dagegen hat der Feind viel bedeu-
ten dere Verluste gehabt und 40 Gefangene verloren. Am folgenden Tag
war Ruhe, und diese wurde benützt um meine Brigade aus den genomme-
nen Eisenbahnzügen mit Stiefeln, Hosen, Strümpfen, Tabak, Cigarren,
Kaffee, Speck und Pökelfleisch zu versehen. Am 23 Jan. marschirten wir
auf Vandrey, wo die Brücke über den Saone-Fluß wieder vom Feinde be-
setzt gefunden wurde; nach kurzem Kampfe, wobei Premierlieutenant Boll-
mann durch die Nase geschossen ward, wurde der Marsch fortgesetzt. Am
24 rückten wir auf Mouchard, das auch erst genommen werden mußte,
und wobei wir einen Verlust von 2 Todten hatten und 40 Gefangene
machten."
Verschiedenes.

Ueber den am 8 d. M. verstorbenen Jakob Venedey bringt die
"N.|B. L.-Ztg." folgende nekrologische Notizen:

"J. Venedey war am 24 Mai
1805 zu Köln geboren, wo sein Vater ein vielbeschäftigter Advocat war. Nach-
dem er zu Bonn und Heidelberg die Rechte studiert hatte, beschäftigte er sich
praktisch bei seinem Vater, sah sich aber 1832 in Folge einer Broschüre über
das "Geschwornengericht" genöthigt Preußen zu verlassen. In demselben Jahr
wurde er wegen Betheiligung am Hambacher Fest zu Mannheim verhaftet, doch
gelang es ihm aus der Untersuchungshaft in Frankenthal zu entfliehen und die
französische Gränze zu erreichen. Unter wechselvollen Schicksalen lebte er nahezu
16 Jahre in Frankreich, zuerst in Straßburg und Nancy, dann in Paris und
Havre. Nach der Februar-Revolution erschien er wieder in der Heimath, nahm
lebhaften Antheil am Vorparlament, am Fünfziger-Ausschuß und an der Natio-
nalversammlung, in welcher er als Vertreter Hessen-Homburgs zu den Führern
der Linken gehörte. Dem sogenannten Rumpfparlament in Stuttgart wohnte
er gleichfalls bis zur gewaltsamen Auflösung desselben bei. In den Jahren
der Reaction aus Berlin und Breslau ausgewiesen, lebte er zuerst zu Bonn,
und siedelte 1853 nach Zürich über, wo er sich als Docent der Geschichte habili-
tirte. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er theils in Oberweiler, wo er sich
in dem Rasthaus ein trauliches, gern von Freunden und Fremden besuchtes
Heim gegründet hatte, theils auf Reisen zum Zweck historischer Forschungen und
wissenschaftlicher Vorträge. An der Politik nahm er in den letzten Jahren
wieder den lebhaftesten Antheil, indem er für zahlreiche Tagesblätter schrieb,
und auch an den demokratischen Bestrebungen in Baden, z. B. an der Reformliga,
sich betheiligte. Von seinen zahlreichen Schriften, die sich durch Gedankenfülle
und elegante Schreibweise auszeichnen, haben "John Hampden" und die "Ge-
schichte des deutschen Volkes" besondere Anerkennung gefunden. Mit der Vollen-
dung des letzteren Werkes beschäftigt, erlag Venedey einer heftigen Lungenent-
zündung nach kurzem Krankenlager. Eine Wittwe und zwei Knaben betrauern
in ihm den liebevollsten Familienvater und Lehrer."

* Nachdem Hr. Karl Stangen aus Berlin seine letzte Expedition nach
Aegypten und Palästina (die 14. Stangen'sche) glücklich beendet, wird derselbe
Anfangs April eine interessante Reise durch Italien (Florenz, Rom, Neapel)
über den Isthmus von Korinth nach Athen und Konstantinopel veranstalten.
Für die Reise ist die schönste Jahreszeit gewählt; sie wird wiederum, wie im
vorigen Jahre, in München angetreten und endigt in Wien, wo die Reisenden
Ende Mai wieder eintreffen werden.

Jndustrie, Handel und Verkehr.

Bayer. Staatspapiere: 5proc. halbj. Oblig. --
4proc. Oblig. 86 G.; 4proc. halbj. Oblig. 86 G.; 41/2proc. Oblig. 921/2 G.;
41/2proc. halbj. Obl 923/4 G.; 31/2proc. Obl. --; 5proc. Anl. v. 1870 98 5/8 G.;
4proc. Grundr.-Ablös.-Obl. 86 G; 4proc. Präm-L. a 100 Thlr. 108 P. --
Jndustrielle Papiere: Bayer. Osidahn 1241/2 G., 2. Emis. --, mit 15 Proc.
Einz. 1071/2 P.; Bankactien 855 G.; 4proc. Bankoblig. 983/4 G.; 4proc. Pfand-
briefe 90 G.; Augsburger 7fl.-L. 61/2 P.; Augsburger Kammgaru-Spiuneret
107 G.; Mech. Spinn- u. Weberei Angsburg 20 P; Baumw-Spinn Stadibach
Augsburg 200 P.; Haunstetter Weberei 150 P.; Baumw.-Spinnecei n. Weberes
Bamberg 85 P.; Gas-Industrie-Actien Augsburg 84 P.; Gasbeleucht.-Gesellschaft
Augsburg 180 G.; Maschinenfabrik Augsburg 98 P.; Seilerwaarenfabrik Füßen
135 G.

Württ. 5proc. Oblig. 983/4 bez.; 41/2proc.
91 3/8 bez.; 4proc. 85 G.; 31/2proc. 821/2 P.; bad. 5proc. Obl 99 3/8 bez: 41/2-
proc 92 bez.; 4proc. 861/4 bez.; 31/2proc. 82 5/8 G.; pfälz. Max. B. 1083/4 P.;
4proc. hess. Ludw.-B. 1351/4 bez.; bad. 35fl.-L. 60 bez.; kurh. 40Thlr.-L. 643/4 G.;
naff. 25fl.-L. --; großh. heffische 50fl.-L. 171 P.; 25fl.-L. 501/4 bez.; Ans[unleserliches Material - Zeichen fehlt]ach-
Gunz. 7fl.-L. 12 bez.; Pistolen fl. 9.45--47; doppelte fl. 9.46--48; preuß.
Friedrichsdlor fl. 9.58--59; holl. 10fl.-Stück fl. 9.54--58; Dueaten fl 5.
37--39; Ducaten al marco fl. 5.38--40; Napoleonsd'or fl. 9.291/2--301/2; engl.
Sover. fl. 11.55--59. (Cursbl. d. Ver. Frif. Ztgn.)

[Spaltenumbruch] 25 Jan. 1871 um 12½ Uhr Mittags an der Porte de France ein nament-
liches Verzeichniß der Officiere und der im Officiersrange ſtehenden Beam-
ten, ſowie eine ſummariſche Nachweiſung der Mannſchaften der Beſatzung,
in gleichem das ſpecielle Verzeichniß aller Vorräthe und allen Kriegsmate-
rials überreichen. Art. 6. In Betracht der von der Bevölkerung ſchon
erlittenen ſchweren Verluſte ſoll der Stadt keine andere Contribution auf-
erlegt werden als ſie von allen andern offenen Städten und Dörfern der
occupirten Landestheile gezahlt werden. Die Sicherheit des Privateigen-
thums wird gewährleiſtet. Die Caſematten der Feſtung werden der Bevölke-
rung von Longwy ſo lange zur Verfügung bleiben bis deren Häuſer
wieder bewohnbar ſind. Longwy, 24 Jan. 1871. Der Commandant der
deutſchen Truppen vor Longwy, gez. v. Krenski, Oberſt. Le Lt. Colonel
commandant ſupérieur,
gez. Maſſaroli.“


Ueber einen bisher nur kurz erwähnten Ueberfall, welcher am 28 Jan.
gegen Blois verſucht wurde, meldet ein Feldpoſtbrief der „Weſer-Ztg.“
aus Blois vom 30:

„Am 27 zog ich in den Faubourg neuf an dem
Vendômer Thor. Meine neuen Miethsleute waren ſehr freundlich; ihr
Sohn iſt in Metz gefangen genommen, und jetzt in Hamburg. Schon am
27 wurde es unruhig. Vor der an der Brücke welche über die Loire nach
der Vorſtadt Vienne führt gelegenen Commandantur waren Blouſenmän-
ner, Bauern, in Schaaren verſammelt. Eine Aufforderung des Comman-
danten Oberſten v. Below zum Auseinandergehen fruchtete nicht, und es
mußten Mannſchaften vom 8. Ulanen-Regiment die Leute mit blanker
Klinge über die Brücke zurücktreiben. Die Urſache dieſer Zuſammenrottung
war der Umſtand daß der Maire und verſchiedene vermögende Bürger der Stadt
Blois feſtgenommen worden waren, da die Stadt die ihr auferlegte Contri-
bution nicht zahlen wollte. Von alle dem wußte ich noch nichts als ich am
28 Nachmittags in meinem Quartier am Kamin ſaß. Plötzlich wurde es
unruhig auf der Straße; alles rannte in die Häuſer, Thüren und Läden
wurden geſchloſſen, Schreien und Lärmen überall; Ulanen-Patrouillen
galoppirten die Straßen auf und ab, dazwiſchen Commandorufe. Plötzlich
dröhnten vier ſtarke Kanonenſchläge und heftiger Knall. Offenbar waren
Granaten in die Stadt eingeſchlagen — Granaten, geſendet von den Fran-
zoſen in eine offene Stadt, die voll Verwundeter, Deutſcher und Franzoſen,
lag! Bei ſolcher Kriegführung hört alles auf! In größter Eile packten
wir, ich und mein Burſche, und eilten auf die Straße. Ich traf bald eine
Patrouille des 16 Regiments, von welcher ich erfuhr was vorgefallen war.
Von Francs-Tireurs war ein Ueberfall unternommen worden. Wir eilten
an das Loire-Ufer; da pfiffen uns die Chaſſepot-Kugeln ſchon um die Köpfe.
Drüben in Vienne lagen unſere Truppen, und wir hörten Salve auf Salve.
Blois war zur Zeit ſehr ſchwach beſetzt: es lagen hier ein Bataillon 16er,
etwa eine Compagnie Reconvaleſcenten und drei Schwadronen Ulanen.
Zum Glück waren aber eben noch heſſiſche Jäger, ein Bataillon, hinzuge-
kommen; ſie mußten gleich ins Feuer. Nachdem das Gefecht in Vienne
einige Zeit gewährt, kamen unſere Soldaten plötzlich im Laufſchritt über
die Brücke zurück — dreimal Hurrah! ein Blitz, ein furchtbarer Knall —
geſprengt war der Holzübergang über den früher von den Franzoſen zer-
ſtörten Theil der Brücke, und damit die Verbindung Vienne’s mit Blois
abgeſchnitten. Todtenſtille trat ein. Leider kam die Exploſion etwas zu
früh: 49 Heſſen, 36 Sechzehner und 1 Ulane fehlten. Die meiſten von
ihnen ſind wohl drüben gefangen genommen worden. Offenbar hatten die
Bewohner von Blois Verrath geübt. Das Bombardement war gerade
vorzugsweiſe auf das Telegraphenbureau, die Bagage und andere für uns
wichtige Punkte gerichtet. Die Stadt muß es ſchwer büßen. Auch die
Telegraphenleitung nach Vendôme iſt unterbrochen, und auf der Chauſſee
dorthin zeigten ſich ſtarke Banden von Blouſenmännern. Geſtern kam
Verſtärkung von Orleans; aber leider ſind die Kerle drüben ſchon längſt
wieder weg.“

Aus Stettin meldet die „N. St. Ztg.:“

„Am 2 d. M. ſind hier end-
lich nach längerer Pauſe wieder Feldpoſtbriefe vom 2. Armeecorps, und
zwar in großer Anzahl, eingetroffen, aus denen ſich, in Verbindung mit
den anderweit bekannt gewordenen Nachrichten, nunmehr ein klares Bild
von den Operationen desſelben gewinnen läßt. Danach wird beſtätigt daß,
während ein kleinerer Theil des 2. Armeecorps nach ſeinem Aufbruch aus
den Stellungen vor Paris über Auxerre und Avallon in ſüdöſtlicher Rich-
tung auf Dijon marſchirte und dort den Feind feſthielt, das Gros des
Corps Dijon nördlich umgieng, dann, nach einer Rechtsſchwenkung ſich
zwiſchen das Garibaldi’ſche und Bourbaki’ſche Corps ſchiebend, über Gray,
Pesmes, Dôle marſchirte, und ſich von da ſüdöſtlich in der Richtung auf
Pontarlier der Schweizer Gränze zuwendete, um dem Bourbaki’ſchen Corps
in Gemeinſchaft mit dem 7. preußiſchen Armeecorps den Weg nach Süden
zu verlegen. Nach mehrfachen kleineren Scharmützeln gelang es dann, wie
bereits gemeldet, am 30 Jan. unſerer 7. Brigade (du Troſſel) den Feind
bei Frasne zu ereilen, und dabei 2000 Gefangene zu machen und 2 Adler
zu erbeuten. Einem hier eingegangenen Schreiben des Generalmajors
v. Koblinski, Commandeurs unſerer 2. Infanterie-Brigade (Königsregiment
und 5. pommeriſches Infanterie-Regiment Nr. 42), welche die Avantgarde
bildete, datirt aus Mouchard (auf halbem Weg zwiſchen Dôle und Pont-
arlier gelegen) 25 Jan., entnehmen wir folgendes: „Von Gray marſchirte
ich auf Pesmes, wo mir durch feindliche Abtheilungen der Uebergang über
den Fluß ſtreitig gemacht wurde; einige Granaten genügten jedoch um
dieſelben zu vertreiben. Ich ließ nun die Pioniere, da die Brücke zerſtört
[Spaltenumbruch] war, eine Pontonbrücke ſchlagen, auf welcher das 2. Bataillon des Regi-
ments Nr. 2 debouchirte und eine Vorpoſtenſtellung nahm. Ich blieb für
die Nacht im Schloſſe zu Pesmes. Am folgenden Tage wurde der Marſch
nach Dôle fortgeſetzt, und es kam darauf an die Eiſenbahn zu zerſtören
und ſich in den Beſitz von Dôle zu ſetzen. Die Höhen vor der Stadt fand
ich vom Feinde beſetzt, das 2. Regiment und meine beiden Batterien gien-
gen zum Angriff vor, und nach 2½ ſtündigem Gefecht war ich Herr der
Stadt und im Beſitz der Eiſenbahn. Das Artilleriefeuer hatte ſo vortheil-
haft gewirkt, daß der Feind zwei Eiſenbahnzüge im Stich gelaſſen hatte —
einem Zuge war es noch gelungen zu entkommen — ſo daß ich Vorräthe
im Werth von 30,000 Thlrn. genommen habe. Da ſich Einwohner von
Dôle an dem Kampfe betheiligt hatten, mußte die Stadt eine Contribution
von 10,000 Fr. erlegen. Mein Verluſt betrug 3 Todte und 17 Verwun-
dete; Lieutenant Gäde (vom Königsregiment) wurde durch einen Schuß
in den Unterleib ſchwer verwundet. Dagegen hat der Feind viel bedeu-
ten dere Verluſte gehabt und 40 Gefangene verloren. Am folgenden Tag
war Ruhe, und dieſe wurde benützt um meine Brigade aus den genomme-
nen Eiſenbahnzügen mit Stiefeln, Hoſen, Strümpfen, Tabak, Cigarren,
Kaffee, Speck und Pökelfleiſch zu verſehen. Am 23 Jan. marſchirten wir
auf Vandrey, wo die Brücke über den Saône-Fluß wieder vom Feinde be-
ſetzt gefunden wurde; nach kurzem Kampfe, wobei Premierlieutenant Boll-
mann durch die Naſe geſchoſſen ward, wurde der Marſch fortgeſetzt. Am
24 rückten wir auf Mouchard, das auch erſt genommen werden mußte,
und wobei wir einen Verluſt von 2 Todten hatten und 40 Gefangene
machten.“
Verſchiedenes.

Ueber den am 8 d. M. verſtorbenen Jakob Venedey bringt die
„N.|B. L.-Ztg.“ folgende nekrologiſche Notizen:

„J. Venedey war am 24 Mai
1805 zu Köln geboren, wo ſein Vater ein vielbeſchäftigter Advocat war. Nach-
dem er zu Bonn und Heidelberg die Rechte ſtudiert hatte, beſchäftigte er ſich
praktiſch bei ſeinem Vater, ſah ſich aber 1832 in Folge einer Broſchüre über
das „Geſchwornengericht“ genöthigt Preußen zu verlaſſen. In demſelben Jahr
wurde er wegen Betheiligung am Hambacher Feſt zu Mannheim verhaftet, doch
gelang es ihm aus der Unterſuchungshaft in Frankenthal zu entfliehen und die
franzöſiſche Gränze zu erreichen. Unter wechſelvollen Schickſalen lebte er nahezu
16 Jahre in Frankreich, zuerſt in Straßburg und Nancy, dann in Paris und
Havre. Nach der Februar-Revolution erſchien er wieder in der Heimath, nahm
lebhaften Antheil am Vorparlament, am Fünfziger-Ausſchuß und an der Natio-
nalverſammlung, in welcher er als Vertreter Heſſen-Homburgs zu den Führern
der Linken gehörte. Dem ſogenannten Rumpfparlament in Stuttgart wohnte
er gleichfalls bis zur gewaltſamen Auflöſung desſelben bei. In den Jahren
der Reaction aus Berlin und Breslau ausgewieſen, lebte er zuerſt zu Bonn,
und ſiedelte 1853 nach Zürich über, wo er ſich als Docent der Geſchichte habili-
tirte. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er theils in Oberweiler, wo er ſich
in dem Raſthaus ein trauliches, gern von Freunden und Fremden beſuchtes
Heim gegründet hatte, theils auf Reiſen zum Zweck hiſtoriſcher Forſchungen und
wiſſenſchaftlicher Vorträge. An der Politik nahm er in den letzten Jahren
wieder den lebhafteſten Antheil, indem er für zahlreiche Tagesblätter ſchrieb,
und auch an den demokratiſchen Beſtrebungen in Baden, z. B. an der Reformliga,
ſich betheiligte. Von ſeinen zahlreichen Schriften, die ſich durch Gedankenfülle
und elegante Schreibweiſe auszeichnen, haben „John Hampden“ und die „Ge-
ſchichte des deutſchen Volkes“ beſondere Anerkennung gefunden. Mit der Vollen-
dung des letzteren Werkes beſchäftigt, erlag Venedey einer heftigen Lungenent-
zündung nach kurzem Krankenlager. Eine Wittwe und zwei Knaben betrauern
in ihm den liebevollſten Familienvater und Lehrer.“

* Nachdem Hr. Karl Stangen aus Berlin ſeine letzte Expedition nach
Aegypten und Paläſtina (die 14. Stangen’ſche) glücklich beendet, wird derſelbe
Anfangs April eine intereſſante Reiſe durch Italien (Florenz, Rom, Neapel)
über den Iſthmus von Korinth nach Athen und Konſtantinopel veranſtalten.
Für die Reiſe iſt die ſchönſte Jahreszeit gewählt; ſie wird wiederum, wie im
vorigen Jahre, in München angetreten und endigt in Wien, wo die Reiſenden
Ende Mai wieder eintreffen werden.

Jnduſtrie, Handel und Verkehr.

Bayer. Staatspapiere: 5proc. halbj. Oblig. —
4proc. Oblig. 86 G.; 4proc. halbj. Oblig. 86 G.; 4½proc. Oblig. 92½ G.;
4½proc. halbj. Obl 92¾ G.; 3½proc. Obl. —; 5proc. Anl. v. 1870 98⅝ G.;
4proc. Grundr.-Ablöſ.-Obl. 86 G; 4proc. Präm-L. à 100 Thlr. 108 P. —
Jnduſtrielle Papiere: Bayer. Oſidahn 124½ G., 2. Emiſ. —, mit 15 Proc.
Einz. 107½ P.; Bankactien 855 G.; 4proc. Bankoblig. 98¾ G.; 4proc. Pfand-
briefe 90 G.; Augsburger 7fl.-L. 6½ P.; Augsburger Kammgaru-Spiuneret
107 G.; Mech. Spinn- u. Weberei Angsburg 20 P; Baumw-Spinn Stadibach
Augsburg 200 P.; Haunſtetter Weberei 150 P.; Baumw.-Spinnecei n. Weberes
Bamberg 85 P.; Gas-Induſtrie-Actien Augsburg 84 P.; Gasbeleucht.-Geſellſchaft
Augsburg 180 G.; Maſchinenfabrik Augsburg 98 P.; Seilerwaarenfabrik Füßen
135 G.

Württ. 5proc. Oblig. 98¾ bez.; 4½proc.
91⅜ bez.; 4proc. 85 G.; 3½proc. 82½ P.; bad. 5proc. Obl 99⅜ bez: 4½-
proc 92 bez.; 4proc. 86¼ bez.; 3½proc. 82⅝ G.; pfälz. Max. B. 108¾ P.;
4proc. heſſ. Ludw.-B. 135¼ bez.; bad. 35fl.-L. 60 bez.; kurh. 40Thlr.-L. 64¾ G.;
naff. 25fl.-L. —; großh. heffiſche 50fl.-L. 171 P.; 25fl.-L. 50¼ bez.; Ans[unleserliches Material – Zeichen fehlt]ach-
Gunz. 7fl.-L. 12 bez.; Piſtolen fl. 9.45—47; doppelte fl. 9.46—48; preuß.
Friedrichsdlor fl. 9.58—59; holl. 10fl.-Stück fl. 9.54—58; Dueaten fl 5.
37—39; Ducaten al marco fl. 5.38—40; Napoleonsd’or fl. 9.29½—30½; engl.
Sover. fl. 11.55—59. (Cursbl. d. Ver. Frif. Ztgn.)

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[780/0020] 25 Jan. 1871 um 12½ Uhr Mittags an der Porte de France ein nament- liches Verzeichniß der Officiere und der im Officiersrange ſtehenden Beam- ten, ſowie eine ſummariſche Nachweiſung der Mannſchaften der Beſatzung, in gleichem das ſpecielle Verzeichniß aller Vorräthe und allen Kriegsmate- rials überreichen. Art. 6. In Betracht der von der Bevölkerung ſchon erlittenen ſchweren Verluſte ſoll der Stadt keine andere Contribution auf- erlegt werden als ſie von allen andern offenen Städten und Dörfern der occupirten Landestheile gezahlt werden. Die Sicherheit des Privateigen- thums wird gewährleiſtet. Die Caſematten der Feſtung werden der Bevölke- rung von Longwy ſo lange zur Verfügung bleiben bis deren Häuſer wieder bewohnbar ſind. Longwy, 24 Jan. 1871. Der Commandant der deutſchen Truppen vor Longwy, gez. v. Krenski, Oberſt. Le Lt. Colonel commandant ſupérieur, gez. Maſſaroli.“ Ueber einen bisher nur kurz erwähnten Ueberfall, welcher am 28 Jan. gegen Blois verſucht wurde, meldet ein Feldpoſtbrief der „Weſer-Ztg.“ aus Blois vom 30: „Am 27 zog ich in den Faubourg neuf an dem Vendômer Thor. Meine neuen Miethsleute waren ſehr freundlich; ihr Sohn iſt in Metz gefangen genommen, und jetzt in Hamburg. Schon am 27 wurde es unruhig. Vor der an der Brücke welche über die Loire nach der Vorſtadt Vienne führt gelegenen Commandantur waren Blouſenmän- ner, Bauern, in Schaaren verſammelt. Eine Aufforderung des Comman- danten Oberſten v. Below zum Auseinandergehen fruchtete nicht, und es mußten Mannſchaften vom 8. Ulanen-Regiment die Leute mit blanker Klinge über die Brücke zurücktreiben. Die Urſache dieſer Zuſammenrottung war der Umſtand daß der Maire und verſchiedene vermögende Bürger der Stadt Blois feſtgenommen worden waren, da die Stadt die ihr auferlegte Contri- bution nicht zahlen wollte. Von alle dem wußte ich noch nichts als ich am 28 Nachmittags in meinem Quartier am Kamin ſaß. Plötzlich wurde es unruhig auf der Straße; alles rannte in die Häuſer, Thüren und Läden wurden geſchloſſen, Schreien und Lärmen überall; Ulanen-Patrouillen galoppirten die Straßen auf und ab, dazwiſchen Commandorufe. Plötzlich dröhnten vier ſtarke Kanonenſchläge und heftiger Knall. Offenbar waren Granaten in die Stadt eingeſchlagen — Granaten, geſendet von den Fran- zoſen in eine offene Stadt, die voll Verwundeter, Deutſcher und Franzoſen, lag! Bei ſolcher Kriegführung hört alles auf! In größter Eile packten wir, ich und mein Burſche, und eilten auf die Straße. Ich traf bald eine Patrouille des 16 Regiments, von welcher ich erfuhr was vorgefallen war. Von Francs-Tireurs war ein Ueberfall unternommen worden. Wir eilten an das Loire-Ufer; da pfiffen uns die Chaſſepot-Kugeln ſchon um die Köpfe. Drüben in Vienne lagen unſere Truppen, und wir hörten Salve auf Salve. Blois war zur Zeit ſehr ſchwach beſetzt: es lagen hier ein Bataillon 16er, etwa eine Compagnie Reconvaleſcenten und drei Schwadronen Ulanen. Zum Glück waren aber eben noch heſſiſche Jäger, ein Bataillon, hinzuge- kommen; ſie mußten gleich ins Feuer. Nachdem das Gefecht in Vienne einige Zeit gewährt, kamen unſere Soldaten plötzlich im Laufſchritt über die Brücke zurück — dreimal Hurrah! ein Blitz, ein furchtbarer Knall — geſprengt war der Holzübergang über den früher von den Franzoſen zer- ſtörten Theil der Brücke, und damit die Verbindung Vienne’s mit Blois abgeſchnitten. Todtenſtille trat ein. Leider kam die Exploſion etwas zu früh: 49 Heſſen, 36 Sechzehner und 1 Ulane fehlten. Die meiſten von ihnen ſind wohl drüben gefangen genommen worden. Offenbar hatten die Bewohner von Blois Verrath geübt. Das Bombardement war gerade vorzugsweiſe auf das Telegraphenbureau, die Bagage und andere für uns wichtige Punkte gerichtet. Die Stadt muß es ſchwer büßen. Auch die Telegraphenleitung nach Vendôme iſt unterbrochen, und auf der Chauſſee dorthin zeigten ſich ſtarke Banden von Blouſenmännern. Geſtern kam Verſtärkung von Orleans; aber leider ſind die Kerle drüben ſchon längſt wieder weg.“ Aus Stettin meldet die „N. St. Ztg.:“ „Am 2 d. M. ſind hier end- lich nach längerer Pauſe wieder Feldpoſtbriefe vom 2. Armeecorps, und zwar in großer Anzahl, eingetroffen, aus denen ſich, in Verbindung mit den anderweit bekannt gewordenen Nachrichten, nunmehr ein klares Bild von den Operationen desſelben gewinnen läßt. Danach wird beſtätigt daß, während ein kleinerer Theil des 2. Armeecorps nach ſeinem Aufbruch aus den Stellungen vor Paris über Auxerre und Avallon in ſüdöſtlicher Rich- tung auf Dijon marſchirte und dort den Feind feſthielt, das Gros des Corps Dijon nördlich umgieng, dann, nach einer Rechtsſchwenkung ſich zwiſchen das Garibaldi’ſche und Bourbaki’ſche Corps ſchiebend, über Gray, Pesmes, Dôle marſchirte, und ſich von da ſüdöſtlich in der Richtung auf Pontarlier der Schweizer Gränze zuwendete, um dem Bourbaki’ſchen Corps in Gemeinſchaft mit dem 7. preußiſchen Armeecorps den Weg nach Süden zu verlegen. Nach mehrfachen kleineren Scharmützeln gelang es dann, wie bereits gemeldet, am 30 Jan. unſerer 7. Brigade (du Troſſel) den Feind bei Frasne zu ereilen, und dabei 2000 Gefangene zu machen und 2 Adler zu erbeuten. Einem hier eingegangenen Schreiben des Generalmajors v. Koblinski, Commandeurs unſerer 2. Infanterie-Brigade (Königsregiment und 5. pommeriſches Infanterie-Regiment Nr. 42), welche die Avantgarde bildete, datirt aus Mouchard (auf halbem Weg zwiſchen Dôle und Pont- arlier gelegen) 25 Jan., entnehmen wir folgendes: „Von Gray marſchirte ich auf Pesmes, wo mir durch feindliche Abtheilungen der Uebergang über den Fluß ſtreitig gemacht wurde; einige Granaten genügten jedoch um dieſelben zu vertreiben. Ich ließ nun die Pioniere, da die Brücke zerſtört war, eine Pontonbrücke ſchlagen, auf welcher das 2. Bataillon des Regi- ments Nr. 2 debouchirte und eine Vorpoſtenſtellung nahm. Ich blieb für die Nacht im Schloſſe zu Pesmes. Am folgenden Tage wurde der Marſch nach Dôle fortgeſetzt, und es kam darauf an die Eiſenbahn zu zerſtören und ſich in den Beſitz von Dôle zu ſetzen. Die Höhen vor der Stadt fand ich vom Feinde beſetzt, das 2. Regiment und meine beiden Batterien gien- gen zum Angriff vor, und nach 2½ ſtündigem Gefecht war ich Herr der Stadt und im Beſitz der Eiſenbahn. Das Artilleriefeuer hatte ſo vortheil- haft gewirkt, daß der Feind zwei Eiſenbahnzüge im Stich gelaſſen hatte — einem Zuge war es noch gelungen zu entkommen — ſo daß ich Vorräthe im Werth von 30,000 Thlrn. genommen habe. Da ſich Einwohner von Dôle an dem Kampfe betheiligt hatten, mußte die Stadt eine Contribution von 10,000 Fr. erlegen. Mein Verluſt betrug 3 Todte und 17 Verwun- dete; Lieutenant Gäde (vom Königsregiment) wurde durch einen Schuß in den Unterleib ſchwer verwundet. Dagegen hat der Feind viel bedeu- ten dere Verluſte gehabt und 40 Gefangene verloren. Am folgenden Tag war Ruhe, und dieſe wurde benützt um meine Brigade aus den genomme- nen Eiſenbahnzügen mit Stiefeln, Hoſen, Strümpfen, Tabak, Cigarren, Kaffee, Speck und Pökelfleiſch zu verſehen. Am 23 Jan. marſchirten wir auf Vandrey, wo die Brücke über den Saône-Fluß wieder vom Feinde be- ſetzt gefunden wurde; nach kurzem Kampfe, wobei Premierlieutenant Boll- mann durch die Naſe geſchoſſen ward, wurde der Marſch fortgeſetzt. Am 24 rückten wir auf Mouchard, das auch erſt genommen werden mußte, und wobei wir einen Verluſt von 2 Todten hatten und 40 Gefangene machten.“ Verſchiedenes. Ueber den am 8 d. M. verſtorbenen Jakob Venedey bringt die „N.|B. L.-Ztg.“ folgende nekrologiſche Notizen: „J. Venedey war am 24 Mai 1805 zu Köln geboren, wo ſein Vater ein vielbeſchäftigter Advocat war. Nach- dem er zu Bonn und Heidelberg die Rechte ſtudiert hatte, beſchäftigte er ſich praktiſch bei ſeinem Vater, ſah ſich aber 1832 in Folge einer Broſchüre über das „Geſchwornengericht“ genöthigt Preußen zu verlaſſen. In demſelben Jahr wurde er wegen Betheiligung am Hambacher Feſt zu Mannheim verhaftet, doch gelang es ihm aus der Unterſuchungshaft in Frankenthal zu entfliehen und die franzöſiſche Gränze zu erreichen. Unter wechſelvollen Schickſalen lebte er nahezu 16 Jahre in Frankreich, zuerſt in Straßburg und Nancy, dann in Paris und Havre. Nach der Februar-Revolution erſchien er wieder in der Heimath, nahm lebhaften Antheil am Vorparlament, am Fünfziger-Ausſchuß und an der Natio- nalverſammlung, in welcher er als Vertreter Heſſen-Homburgs zu den Führern der Linken gehörte. Dem ſogenannten Rumpfparlament in Stuttgart wohnte er gleichfalls bis zur gewaltſamen Auflöſung desſelben bei. In den Jahren der Reaction aus Berlin und Breslau ausgewieſen, lebte er zuerſt zu Bonn, und ſiedelte 1853 nach Zürich über, wo er ſich als Docent der Geſchichte habili- tirte. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er theils in Oberweiler, wo er ſich in dem Raſthaus ein trauliches, gern von Freunden und Fremden beſuchtes Heim gegründet hatte, theils auf Reiſen zum Zweck hiſtoriſcher Forſchungen und wiſſenſchaftlicher Vorträge. An der Politik nahm er in den letzten Jahren wieder den lebhafteſten Antheil, indem er für zahlreiche Tagesblätter ſchrieb, und auch an den demokratiſchen Beſtrebungen in Baden, z. B. an der Reformliga, ſich betheiligte. Von ſeinen zahlreichen Schriften, die ſich durch Gedankenfülle und elegante Schreibweiſe auszeichnen, haben „John Hampden“ und die „Ge- ſchichte des deutſchen Volkes“ beſondere Anerkennung gefunden. Mit der Vollen- dung des letzteren Werkes beſchäftigt, erlag Venedey einer heftigen Lungenent- zündung nach kurzem Krankenlager. Eine Wittwe und zwei Knaben betrauern in ihm den liebevollſten Familienvater und Lehrer.“ * Nachdem Hr. Karl Stangen aus Berlin ſeine letzte Expedition nach Aegypten und Paläſtina (die 14. Stangen’ſche) glücklich beendet, wird derſelbe Anfangs April eine intereſſante Reiſe durch Italien (Florenz, Rom, Neapel) über den Iſthmus von Korinth nach Athen und Konſtantinopel veranſtalten. Für die Reiſe iſt die ſchönſte Jahreszeit gewählt; ſie wird wiederum, wie im vorigen Jahre, in München angetreten und endigt in Wien, wo die Reiſenden Ende Mai wieder eintreffen werden. Jnduſtrie, Handel und Verkehr. Augsburg, 13 Febr. Bayer. Staatspapiere: 5proc. halbj. Oblig. — 4proc. Oblig. 86 G.; 4proc. halbj. Oblig. 86 G.; 4½proc. Oblig. 92½ G.; 4½proc. halbj. Obl 92¾ G.; 3½proc. Obl. —; 5proc. Anl. v. 1870 98⅝ G.; 4proc. Grundr.-Ablöſ.-Obl. 86 G; 4proc. Präm-L. à 100 Thlr. 108 P. — Jnduſtrielle Papiere: Bayer. Oſidahn 124½ G., 2. Emiſ. —, mit 15 Proc. Einz. 107½ P.; Bankactien 855 G.; 4proc. Bankoblig. 98¾ G.; 4proc. Pfand- briefe 90 G.; Augsburger 7fl.-L. 6½ P.; Augsburger Kammgaru-Spiuneret 107 G.; Mech. Spinn- u. Weberei Angsburg 20 P; Baumw-Spinn Stadibach Augsburg 200 P.; Haunſtetter Weberei 150 P.; Baumw.-Spinnecei n. Weberes Bamberg 85 P.; Gas-Induſtrie-Actien Augsburg 84 P.; Gasbeleucht.-Geſellſchaft Augsburg 180 G.; Maſchinenfabrik Augsburg 98 P.; Seilerwaarenfabrik Füßen 135 G. Frankfurt a. M., 13 Febr. Württ. 5proc. Oblig. 98¾ bez.; 4½proc. 91⅜ bez.; 4proc. 85 G.; 3½proc. 82½ P.; bad. 5proc. Obl 99⅜ bez: 4½- proc 92 bez.; 4proc. 86¼ bez.; 3½proc. 82⅝ G.; pfälz. Max. B. 108¾ P.; 4proc. heſſ. Ludw.-B. 135¼ bez.; bad. 35fl.-L. 60 bez.; kurh. 40Thlr.-L. 64¾ G.; naff. 25fl.-L. —; großh. heffiſche 50fl.-L. 171 P.; 25fl.-L. 50¼ bez.; Ans_ ach- Gunz. 7fl.-L. 12 bez.; Piſtolen fl. 9.45—47; doppelte fl. 9.46—48; preuß. Friedrichsdlor fl. 9.58—59; holl. 10fl.-Stück fl. 9.54—58; Dueaten fl 5. 37—39; Ducaten al marco fl. 5.38—40; Napoleonsd’or fl. 9.29½—30½; engl. Sover. fl. 11.55—59. (Cursbl. d. Ver. Frif. Ztgn.)

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen, Susanne Haaf: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 46, 15. Februar 1871, S. 780. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine46_1871/20>, abgerufen am 27.11.2024.