Allgemeine Zeitung, Nr. 45, 7. November 1914.Allgemeine Zeitung 7. November 1914. [Spaltenumbruch]
Die Agenzia Stefani meldet aus Petersburg: Nachdem Ueber die weiteren Vorgänge vermittelt das Wolffsche Tele- Die "Petersburger Telegraphen-Agentur" meldet: Zwischen In Noworossijsk kam der türkische Kreuzer "Hamidije" Die gefangen genommenen russischen Offiziere und Matrosen * Der Khedive von Aegypten wohnte dem aus Anlaß * Der Seekampf, der gestern im Schwarzen Meer statt- Ein offizielles, durch die Agence Ottomane am 2. November Nach amtlichen Nachrichten von der kaukasischen Grenze haben * Im Mittelmeer haben englische Kreuzer das Feuer eröffnet Diese beiden Ereignisse zeigen, daß unsere Feinde zu Lande Die ganze otto manische Nation ist bereit, vertrauend Ueber die Versenkung des russischen Minen- Die Offiziere und die Besatzung der "Pruth", die Jahre hin- * Ueber eine neue englische Völkerrechtsverletzung Nach amtlichen Meldungen handelt es sich bei dem Vorfall Bezüglich dieses Vorfalles wird hervorgehoben, daß sich Eng- Somit hat England ein Schiff angegriffen, das wissenschaftlichen * Nähere Mitteilungen über den türkischen See-Erfolg * Die griechischen Blätter besprechen die durch den Der Ausbruch des Krieges zwischen der Türkei und Rußland Die "Reichspost" meldet aus Sofia: Der Vizepräsident der Soweit die Interessen Bulgariens in Frage kommen, * Die Meldung von der ersten siegreichen Waffentat der türki- Gestern abend kam es auf dem Potsdamer Platz und vor Allgemeine Zeitung 7. November 1914. [Spaltenumbruch]
Die Agenzia Stefani meldet aus Petersburg: Nachdem Ueber die weiteren Vorgänge vermittelt das Wolffſche Tele- Die „Petersburger Telegraphen-Agentur“ meldet: Zwiſchen In Noworoſſijſk kam der türkiſche Kreuzer „Hamidije“ Die gefangen genommenen ruſſiſchen Offiziere und Matroſen * Der Khedive von Aegypten wohnte dem aus Anlaß * Der Seekampf, der geſtern im Schwarzen Meer ſtatt- Ein offizielles, durch die Agence Ottomane am 2. November Nach amtlichen Nachrichten von der kaukaſiſchen Grenze haben * Im Mittelmeer haben engliſche Kreuzer das Feuer eröffnet Dieſe beiden Ereigniſſe zeigen, daß unſere Feinde zu Lande Die ganze otto maniſche Nation iſt bereit, vertrauend Ueber die Verſenkung des ruſſiſchen Minen- Die Offiziere und die Beſatzung der „Pruth“, die Jahre hin- * Ueber eine neue engliſche Völkerrechtsverletzung Nach amtlichen Meldungen handelt es ſich bei dem Vorfall Bezüglich dieſes Vorfalles wird hervorgehoben, daß ſich Eng- Somit hat England ein Schiff angegriffen, das wiſſenſchaftlichen * Nähere Mitteilungen über den türkiſchen See-Erfolg * Die griechiſchen Blätter beſprechen die durch den Der Ausbruch des Krieges zwiſchen der Türkei und Rußland Die „Reichspoſt“ meldet aus Sofia: Der Vizepräſident der Soweit die Intereſſen Bulgariens in Frage kommen, * Die Meldung von der erſten ſiegreichen Waffentat der türki- Geſtern abend kam es auf dem Potsdamer Platz und vor <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div type="jArticle" n="4"> <pb facs="#f0004" n="648"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Allgemeine Zeitung</hi> 7. 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Die Kapitäne lehnten die<lb/> Uebergabe kategoriſch ab, ſetzten die Mannſchaften an Land und<lb/> brachten ſelbſt beide Schiffe zum Sinken.</p><lb/> <p>Bezüglich dieſes Vorfalles wird hervorgehoben, daß ſich Eng-<lb/> land einer Verletzung des Völkerrechts ſchuldig gemacht hat, indem<lb/> es einen Angriff auf Schiffe unternahm, die als neutral anerkannt<lb/> waren. Die „Beyruth“ war in das Rote Meer geſandt worden,<lb/> um dort Bojen zu legen, und war lange Zeit mit dieſer Arbeit<lb/> beſchäftigt. Auf Erſuchen von England hat ſich damals ein engli-<lb/> ſcher Fachmann an Bord befunden. Nachdem die „Beyruth“ ihre<lb/> Miſſion erfüllt hatte, befand ſie ſich nunmehr auf der Heimfahrt<lb/> nach Konſtantinopel.</p><lb/> <p>Somit hat England ein Schiff angegriffen, das wiſſenſchaftlichen<lb/> Zwecken dient und vom Völkerrecht als neutral anerkannt wird.</p><lb/> <p>*</p><lb/> <p>Nähere Mitteilungen über den <hi rendition="#g">türkiſchen See-Erfolg</hi><lb/> erhält die Wiener „Neue Freie Preſſe“ von maßgebender türkiſcher<lb/> Seite: Nach hier eingetroffenen Berichten des türkiſchen Miniſte-<lb/> riums war der <hi rendition="#g">Seekampf im Schwarzen Meer</hi> viel<lb/> ernſter, als die erſten Nachrichten annehmen ließen. Ein kleiner<lb/> Teil der türkiſchen Flotte, welcher Uebungen im Schwarzen Meer<lb/> machte, wurde zunächſt von ruſſiſchen Kriegsſchiffen beobachtet und<lb/> dann verfolgt. Die ruſſiſchen Kriegsſchiffe gingen bald darauf<lb/> zum Angriff auf die türkiſche Flotte über. In den Kämpfen gegen<lb/> die ruſſiſche Flotte tat ſich beſonders das Linienſchiff „Torgut Reiß“<lb/> hervor. Die Erfolge der türkiſchen Flotte laſſen ſich folgender-<lb/> maßen zuſammenfaſſen: <hi rendition="#g">Fünf ruſſiſche Kriegsſchiffe<lb/> wurden in den Grund gebohrt, 19 Transport-<lb/> ſchiffe verſenkt</hi>. Auf den Transportſchiffen befanden ſich,<lb/> wie die gefangenen ruſſiſchen Marineſoldaten ausſagten, nicht we-<lb/> niger als 1700 Minen, die im Schwarzen Meer verſenkt werden<lb/> ſollten. Schon dieſe Tatſache beweiſt die feindſelige Abſicht der<lb/> ruſſiſchen Flotte. Bei der Beſchießung der Häfen wurden 55 Spei-<lb/> cher, die Petroleum und Getreide enthielten, vernichtet, und zwar<lb/> 50 in Sebaſtopol und Roworoſſijek und 5 in Odeſſa.</p><lb/> <p>*</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"><lb/> <p>Die <hi rendition="#g">griechiſchen Blätter</hi> beſprechen die durch den<lb/> türkiſchen Handſtreich geſchaffene Lage und erklären, <hi rendition="#g">Griechen-<lb/> land</hi> wolle nach wie vor in <hi rendition="#g">Frieden</hi> leben. Nach Meldung<lb/> der Blätter hängt jedoch der Friede auf dem Balkan einzig und<lb/> allein von <hi rendition="#g">Bulgarien</hi> ab. Griechenland wache über ſeine<lb/> Intereſſen.</p><lb/> <p>Der Ausbruch des Krieges zwiſchen der Türkei und Rußland<lb/> erregt in <hi rendition="#g">Bulgarien</hi> überall großes Aufſehen. Im allgemeinen<lb/> herrſcht große Genugtuung. 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Allgemeine Zeitung 7. November 1914.
Die Agenzia Stefani meldet aus Petersburg: Nachdem
die Türkei die Feindſeligkeiten gegen Rußland eröffnet hat, hat
die ruſſiſche Regierung ihre Konſuln angewieſen, die Türkei zu
verlaſſen und den Schutz der Ruſſen Italien übertragen. Der
ruſſiſche Botſchafter wurde angewieſen, Konſtantinopel zu ver-
laſſen. Rußland wird den türkiſchen Untertanen in Rußland gegen-
über dieſelbe Haltung einnehmen, wie die Türkei gegenüber den
ruſſiſchen Untertanen.
Ueber die weiteren Vorgänge vermittelt das Wolffſche Tele-
graphenbureau nachſtehende Meldungen:
Die „Petersburger Telegraphen-Agentur“ meldet: Zwiſchen
9½ und 10½ Uhr vormittags beſchoß ein türkiſcher Kreuzer mit
drei Schornſteinen den Bahnhof und die Stadt Feodoſia, be-
ſchädigte die Kathedrale, die griechiſche Kirche, die Speicher am
Hafen und die Mole; ein Soldat wurde verwundet. Die Filiale
der Ruſſiſchen Bank für auswärtigen Handel geriet in Brand. Um
10½ Uhr dampfte der Kreuzer nach Südweſten ab.
In Noworoſſijſk kam der türkiſche Kreuzer „Hamidije“
an, forderte die Stadt auf, ſich zu ergeben ſowie das Staatseigen-
tum auszuliefern und hat im Falle der Ablehnung Bombardierung
der Stadt angedroht. Der türkiſche Konſul und Beamte wurden
verhaftet. Der Kreuzer entfernte ſich.
Die gefangen genommenen ruſſiſchen Offiziere und Matroſen
wurden mit dem gekaperten ruſſiſchen Kohlendampfer abends nach
Kawak am oberen Bosporus gebracht.
*
Der Khedive von Aegypten wohnte dem aus Anlaß
des Beiramfeſtes ſtattfindenden Empfang und der Handkuß-
zeremonie bei. Der Sultan zeichnete ihn beſonders durch
Liebenswürdigkeit aus.
*
Der Seekampf, der geſtern im Schwarzen Meer ſtatt-
gefunden hat, wurde dem Publikum erſt heute bekannt und rief
großes Aufſehen hervor.
Ein offizielles, durch die Agence Ottomane am 2. November
veröffentlichtes Communiqué beſagt:
Nach amtlichen Nachrichten von der kaukaſiſchen Grenze haben
die Ruſſen an mehreren Punkten unſere Grenztruppen angegriffen.
Sie wurden aber gezwungen, ſich zurückzuziehen, wobei ſie zum
Teil dank dem energiſchen Widerſtand, der von den türkiſchen
Truppen ihnen entgegengeſetzt wurde, Verluſte erlitten.
*
Im Mittelmeer haben engliſche Kreuzer das Feuer eröffnet
und ein griechiſches Torpedoboot zum Sinken gebracht, das ſich
ihnen näherte, da ſie es für ein türkiſches Torpedoboot hielten.
Dieſe beiden Ereigniſſe zeigen, daß unſere Feinde zu Lande
und zu Waſſer die Feindſeligkeiten gegen uns eröffnet haben, die
ſie ſeit langer Zeit gegen uns vorhatten.
Die ganze otto maniſche Nation iſt bereit, vertrauend
auf den Schutz Gottes, des einzigen Schützers von Recht und Billig-
keit, auf dieſe Angriffe zu antworten, die darauf abzielen, unſere
Exiſtenz zu vernichten.
Ueber die Verſenkung des ruſſiſchen Minen-
ſchiffes „Pruth“ wird amtlich noch bekanntgegeben:
Die Offiziere und die Beſatzung der „Pruth“, die Jahre hin-
durch auf dem ruſſiſchen Stationsſchiff in Konſtantinopel dienten,
waren mit dem Gewäſſer des Bosporus vollkommen vertraut. Als
die ruſſiſche Flotte erfuhr, daß ein ſchwacher Teil der türkiſchen
Flotte ſich zur Uebung ins Schwarze Meer begeben habe, ging
ſie am 27. Oktober von Sebaſtopol ſüdlich in See und ließ dort
nur ein Verteidigungsgeſchwader. Auch „Pruth“ fuhr ſüdlich ab.
Die Abſicht der ruſſiſchen Flotte war, vor der Bosporusmündung
Minen zu legen, das kleine, im Schwarzen Meer ſich aufhaltende
türkiſche Geſchwader anzugreifen und die türkiſche Hauptflotte,
wenn ſie dieſem Geſchwader zu Hilfe eilte, durch Minen zu ver-
nichten. Die türkiſche Flotte bemerkte das ruſſiſche Minenſchiff, das
von Torpedobooten begleitet war, rechtzeitig, und brachte es, wie
in den letzten amtlichen Darſtellungen geſchildert, zum Sinken.
Von den ruſſiſchen Offizieren wurden 5 gerettet, darunter der
Fregattenkapitän. Alle Gefangenen wurden nach Ismid gebracht.
*
Ueber eine neue engliſche Völkerrechtsverletzung
wird dem Wolffſchen Bureau unterm 2. November aus Kon-
ſtantinopel gemeldet:
Nach amtlichen Meldungen handelt es ſich bei dem Vorfall
von Tſcheſchme um das Handelschiff „Kinali Aga“ und die
Jacht „Beyruth“, die infolge der Sperrung des Hafens von
Smyrna auf der Reede von Vurla verankert waren. Zwei engli-
ſche Torpedobootszerſtörer forderten die beiden Schiffe auf, ſich
innerhalb zehn Minuten zu ergeben. Die Kapitäne lehnten die
Uebergabe kategoriſch ab, ſetzten die Mannſchaften an Land und
brachten ſelbſt beide Schiffe zum Sinken.
Bezüglich dieſes Vorfalles wird hervorgehoben, daß ſich Eng-
land einer Verletzung des Völkerrechts ſchuldig gemacht hat, indem
es einen Angriff auf Schiffe unternahm, die als neutral anerkannt
waren. Die „Beyruth“ war in das Rote Meer geſandt worden,
um dort Bojen zu legen, und war lange Zeit mit dieſer Arbeit
beſchäftigt. Auf Erſuchen von England hat ſich damals ein engli-
ſcher Fachmann an Bord befunden. Nachdem die „Beyruth“ ihre
Miſſion erfüllt hatte, befand ſie ſich nunmehr auf der Heimfahrt
nach Konſtantinopel.
Somit hat England ein Schiff angegriffen, das wiſſenſchaftlichen
Zwecken dient und vom Völkerrecht als neutral anerkannt wird.
*
Nähere Mitteilungen über den türkiſchen See-Erfolg
erhält die Wiener „Neue Freie Preſſe“ von maßgebender türkiſcher
Seite: Nach hier eingetroffenen Berichten des türkiſchen Miniſte-
riums war der Seekampf im Schwarzen Meer viel
ernſter, als die erſten Nachrichten annehmen ließen. Ein kleiner
Teil der türkiſchen Flotte, welcher Uebungen im Schwarzen Meer
machte, wurde zunächſt von ruſſiſchen Kriegsſchiffen beobachtet und
dann verfolgt. Die ruſſiſchen Kriegsſchiffe gingen bald darauf
zum Angriff auf die türkiſche Flotte über. In den Kämpfen gegen
die ruſſiſche Flotte tat ſich beſonders das Linienſchiff „Torgut Reiß“
hervor. Die Erfolge der türkiſchen Flotte laſſen ſich folgender-
maßen zuſammenfaſſen: Fünf ruſſiſche Kriegsſchiffe
wurden in den Grund gebohrt, 19 Transport-
ſchiffe verſenkt. Auf den Transportſchiffen befanden ſich,
wie die gefangenen ruſſiſchen Marineſoldaten ausſagten, nicht we-
niger als 1700 Minen, die im Schwarzen Meer verſenkt werden
ſollten. Schon dieſe Tatſache beweiſt die feindſelige Abſicht der
ruſſiſchen Flotte. Bei der Beſchießung der Häfen wurden 55 Spei-
cher, die Petroleum und Getreide enthielten, vernichtet, und zwar
50 in Sebaſtopol und Roworoſſijek und 5 in Odeſſa.
*
Die griechiſchen Blätter beſprechen die durch den
türkiſchen Handſtreich geſchaffene Lage und erklären, Griechen-
land wolle nach wie vor in Frieden leben. Nach Meldung
der Blätter hängt jedoch der Friede auf dem Balkan einzig und
allein von Bulgarien ab. Griechenland wache über ſeine
Intereſſen.
Der Ausbruch des Krieges zwiſchen der Türkei und Rußland
erregt in Bulgarien überall großes Aufſehen. Im allgemeinen
herrſcht große Genugtuung. Nach einer Meldung aus Varna iſt
das Kabel Varna-Sebaſtopol zerſchnitten worden.
Die „Reichspoſt“ meldet aus Sofia: Der Vizepräſident der
Sobranje, Monſchilow, hatte eine Unterredung mit dem Miniſter-
präſidenten über die politiſche Lage. Er berichtete darüber an
verſammelte Journaliſten:
Soweit die Intereſſen Bulgariens in Frage kommen,
iſt der Miniſterpräſident mit der gegenwärtigen Lage vollkommen
zufrieden. Die bulgariſche Regierung hat die abſchlägige Antwort
Serbiens hinſichtlich der troſtloſen Zuſtände in Mazedonien zur
Kenntnis genommen und wird ſich in der nächſten Zeit über die
weiteren Maßnahmen klar werden. Jedenfalls iſt es als erfunden
zu bezeichnen, daß Oeſterreich-Ungarn auf den Einmarſch Bul-
gariens nach Neu-Serbien dränge. Oeſterreich-Ungarn hat die
Hilfe Bulgariens in der ſerbiſchen Auseinanderſetzung gar nicht
nötig. Bulgarien wird vorläufig gegen niemanden etwas unter-
nehmen. Es wird aber nicht verabſäumen, zur richtigen Stunde
ſeine Forderungen zu verwirklichen.
*
Die Meldung von der erſten ſiegreichen Waffentat der türki-
ſchen Marine hat in Berlin großen Enthuſiasmus her-
vorgerufen. Es liegt darüber folgende Berliner Meldung vom
31. Oktober vor:
Geſtern abend kam es auf dem Potsdamer Platz und vor
dem Palais des türkiſchen Botſchafters Mahmud
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(2023-04-27T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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