Allgemeine Zeitung, Nr. 45, 7. November 1914.
So möge auch der Leser aller dieser Schwierigkeiten eingedenk Theater und Mulik Münchener Theater. Glucks Maienkönigin. -- Oper und Operette. -- Krieg im Frieden. Unsere Oper hat nun doch Cornelius' Barbier von Wir suchen noch immer einen Bariton. Gäste kamen Im Schauspiel ist mehr als je rechter Hand und linker Ibsens "Nordische Heerfahrt" ist dagegen vom Schau-
So möge auch der Leſer aller dieſer Schwierigkeiten eingedenk Theater und Mulik Münchener Theater. Glucks Maienkönigin. — Oper und Operette. — Krieg im Frieden. Unſere Oper hat nun doch Cornelius’ Barbier von Wir ſuchen noch immer einen Bariton. Gäſte kamen Im Schauſpiel iſt mehr als je rechter Hand und linker Ibſens „Nordiſche Heerfahrt“ iſt dagegen vom Schau- <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div type="jArticle" n="3"> <cit> <quote><pb facs="#f0010" n="654"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Allgemeine Zeitung</hi> 7. November 1914.</fw><lb/><cb/> eine Mitteilung gegen die Intereſſen der Landesverteidigung ver-<lb/> ſtößt, in den meiſten fraglichen Fällen mit ebenſo guten Gründen<lb/> zu bejahen wie zu verneinen iſt, und weil Fehler, die begangen<lb/> werden, meiſt Verſtöße gegen Ergebniſſe der modernſten und ſub-<lb/> tilſten militärwiſſenſchaftlichen Forſchungen ſind, die naturgemäß<lb/> für den Laien ſchwer zu erfaſſen ſind. Da der innere Betrieb des<lb/> Zeitungsgewerbes trotz der öffentlichen Aufgabe, welche die<lb/> Preſſe zu erfüllen hat, der Außenwelt faſt ganz unbekannt iſt, ſo<lb/> werden die Schwierigkeiten, mit denen in dieſen Kriegszeiten<lb/> die Zeitung zu kämpfen hat, wie uns ſcheint, ſowohl von den<lb/> militäriſchen Behörden wie vom Publikum nicht vollauf ge-<lb/> würdigt. Freilich wird ja allgemein anerkannt, daß Redakteure<lb/> und Journaliſten aller Parteiſchattierungen den beſten Willen<lb/> und Eifer haben, die vaterländiſchen Intereſſen zu fördern.</quote> </cit><lb/> <cit> <quote>So möge auch der Leſer aller dieſer Schwierigkeiten eingedenk<lb/> ſein, wenn er die Verzögerung einer Nachricht bemerkt oder wenn<lb/> er findet, daß die Zeitung auf dieſem oder jenem Gebiet, ſonſt ſo<lb/> geſprächig, über dies oder jenes plötzlich ſchweigt. Ebenſo möge<lb/> der Leſer im Auge behalten, daß Nachrichten aus feindlichen Län-<lb/> dern nur durch die neutralen Länder, oft auf ſonderbaren Um-<lb/> wegen, oft knapp in der Faſſung zu uns gelangen. Er möge be-<lb/> denken, wie ſchwierig jetzt die Beſchaffung der Nachrichten aus dem<lb/> Auslande iſt, und die Anſtrengungen würdigen, die gemacht werden,<lb/> ihn über die auswärtigen Vorgänge zu unterrichten Schwierig-<lb/> keiten in der Zeitungsherſtellung, Entbehrungen auf dieſem oder<lb/> jenem Gebiete der Berichterſtattung, die dem Leſer auferlegt ſind,<lb/> ſie gehören zu den notwendigen Opfern des Krieges.</quote> </cit> </div> </div> </div><lb/> <div type="jCulturalNews" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Theater und Mulik</hi> </head><lb/> <div type="jComment" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Münchener Theater.</hi> </head><lb/> <argument> <p><hi rendition="#g">Glucks Maienkönigin. — Oper und Operette. — Krieg im Frieden.<lb/> — Nordiſche Heerfahrt. — Bernhard v. Jacobi †. — „Deutſche<lb/> Abende“. — Wehe dem, der lügt</hi>.</p> </argument><lb/> <p>Unſere Oper hat nun doch Cornelius’ Barbier von<lb/> Bagdad ein paarmal herausgebracht, obwohl es uns nicht<lb/> gewundert hätte, wenn irgend ein Elementarereignis hin-<lb/> dernd dazwiſchen getreten wäre, denn das iſt merkwürdiger-<lb/> weiſe dieſer Oper immer paſſiert. Ein garnicht übler Ein-<lb/> fall aber war es, neulich dem Barbier Glucks „Maienkönigin“<lb/> vorhergehen zu laſſen. Dieſe kleine Oper hat beinahe ein<lb/> dem Barbier ähnliches Schickſal bei uns gehabt: ſo oft ſie<lb/> aufgeführt wird, gefällt ſie ungemein, verſchwindet aber<lb/> ebenſo raſch wieder vom Schauplatz. Ihr großer Erfolg im<lb/> Münchener Künſtlertheater im Jahre 1908 war nicht im-<lb/> ſtande, die Oper dauernd bei uns einzubürgern; ſeit 1910 iſt<lb/> ſie nicht mehr gegeben worden. Auch die „Maienkönigin“<lb/> wird nicht nach dem Original aufgeführt, aber die Wiener<lb/> Einrichtung der Herren Kalbeck und Hofkapellmeiſter Fuchs,<lb/> die ein paar Nummern aus anderen Gluck’ſchen Opern mit-<lb/> übernahm, hat mehr Entſchuldigung für ſich als die orcheſtra-<lb/> len Eingriffe Mottls und Levis in die Partitur des Babiers<lb/><hi rendition="#aq">Les Amours champêtres,</hi> wie die Oper urſprünglich heißt,<lb/> hatten diesmal ein paar glückliche Neubeſetzungen aufzu-<lb/> weiſen. Nur die beiden Hirtinnen v. Fladung und Kuhn-<lb/> Brunner ſtanden noch an der früheren Stelle. Ihr Partner<lb/> Philint iſt diesmal an Frl. Krüger übergegangen, die mit<lb/> ihrer hohen Geſtalt nicht nur vorzüglich dafür paßt, ſondern<lb/> auch geſanglich, wie zu erwarten war, die Rolle ſo intereſſant<lb/> als eben möglich ausſtattete. Es gibt bekanntlich warme und<lb/> kalte Stimmen. Die letzteren, die mit wenigen Ausnahmen<lb/> den Koloraturſopranen eigen zu ſein pflegen, müſſen eben,<lb/> wenn es ihre Trägerin verſteht, im Bedarfsfalle gefärbt<lb/> werden: das Gefühl muß im geeigneten Augenblick die Farbe<lb/> verleihen. Von Natur warme Stimmen haben es natürlich<lb/> leichter: ſie gehen ohne viel Anſtrengung von ſeiten der Sän-<lb/> gerin unmittelbar zum Herzen. Eine ſolche warme Stimme<lb/> hat eben Frl. Krüger. Herr Kuhn erreichte als Marquis<lb/> von Monſoupier, obwohl er ganz gut war, nicht ganz ſeinen<lb/> Vorgänger Walter. Herr Bauberger iſt prächtig in der<lb/> Pächterrolle. Hoffentlich wird ſich die „Maienkönigin“, mit<lb/> dem Barbier zuſammengeſpannt, recht lange auf dem Reper-<lb/><cb/> toire halten. Wenn ich mich nicht täuſche, dirigiert Herr Wal-<lb/> ter beide Opern gern und mit Hingebung.</p><lb/> <p>Wir ſuchen noch immer einen Bariton. Gäſte kamen<lb/> und Gäſte gingen, und noch immer iſt der nicht erſchienen,<lb/> den wir brauchen können. Nun zeigte ein Herr Schützen-<lb/> dorf vom Straßburger Stadttheater als Graf Luna im Trou-<lb/> badour ganz paſſable Fähigkeiten, ein Eindruck, der in der<lb/> zweiten Rolle, dem Herrn Fluth in den „Luſtigen Weibern<lb/> von Windſor“, nicht gerade verſtärkt wurde; aber freilich iſt<lb/> dieſe Rolle wenig geeignet, einen Sänger auf Herz und<lb/> Nieren zu prüfen. Im Troubadour, trat in der Rolle der<lb/> Leonore ein Zufallsgaſt auf: Frau v. Szekrényeſſy, die wir<lb/> vor Jahren einmal als Fidelio gehört hatten, ein ziemlich<lb/> großer und ergiebiger Sopran und eine Schauſpielerin von<lb/> noch achtungswerter Mittelmäßigkeit. Die hervorragend-<lb/> ſten Leiſtungen jener Troubadour-Vorſtellung waren der<lb/> Manrico des Herrn Wolf und die Azucena des Frl. Färber.<lb/> In den Luſtigen Weibern, die meiſt zu unſeren beſſeren<lb/> Opern-Aufführungen gehören, ſtand Frau Boſetti als Frau<lb/> Fluth mit Herrn Sieglitz als Falſtaff an der Spitze. Fräul.<lb/> Willer wird einmal eine gute Frau Reich werden. Bald<lb/> darauf hatten wir auch noch einen Tenorgaſt: Herrn Batten<lb/> von Straßburg, das überhaupt die Kriegslieferungen für<lb/> uns zu beſorgen ſcheint. Er erwies ſich als Lionel in der<lb/> Martha als ein ganz ergiebiger Tenor von echt lyriſchem<lb/> Timbre und guter Stimmbildung. Als Schauſpieler konnte<lb/> er ſich da nicht viel zeigen. Seine Leiſtung fand im Publi-<lb/> kum eine ſympathiſche Aufnahme, das insbeſondere die ge-<lb/> ſanglich und darſtelleriſch ausgezeichnete Wiedergabe der<lb/> Titelrolle durch Frl. Ivogün auszeichnete. — In der<lb/> Operette unſeres Gärtnertheaters hat man ſich mit Glück und<lb/> Erfolg bemüht, auf ältere Operetten zurückzugreifen, die un-<lb/> ſere raſch vergeſſende Generation kaum mehr kennt, auf Mil-<lb/> löckers „Feldprediger“ und Carl Zellers „Oberſteiger“. Ich<lb/> glaube, die Direktion hat es nicht zu bereuen.</p><lb/> <p>Im Schauſpiel iſt mehr als je rechter Hand und linker<lb/> Hand der Maximilianſtraße, alles vertauſcht: Stücke, die<lb/> ehemals im Hoftheater gegeben wurden, wandern hinüber<lb/> ins Schauſpielhaus und umgekehrt. Zu den erſteren gehört<lb/> die alte ſchon faſt ehrwürdige Soldatenkomödie „Krieg im<lb/> Frieden“ von Moſer und Schönthan, die früher ein beliebtes<lb/> Repertoireſtück unſeres Reſidenztheaters geweſen iſt. Nun<lb/> wird ſie im Schauſpielhauſe gegeben unter Herrn Pepplers<lb/> Leitung, der ſelbſt den General ſpielt. Und merkwürdig, es<lb/> wird gerade ſoviel gelacht wie vor zwanzig und mehr Jah-<lb/> ren, trotzdem daß „Krieg im Frieden“ eigentlich nicht das<lb/> Soldatenſtück iſt, das wir heute brauchen. Aber vielleicht<lb/> geht eines aus dieſem Kriege hervor. Das Stück konnte<lb/> unter den gegenwärtigen Umſtänden nicht durchaus mit<lb/> erſten Kräften beſetzt werden, insbeſondere mußten einzelne<lb/> Herrenrollen gegenüber der Hoftheater-Beſetzung zurück-<lb/> ſtehen, während die Frauenrollen ganz entſchieden beſſer<lb/> beſetzt waren als zuletzt im Reſidenztheater, beſonders ſtellte<lb/> die pikante Hertha Ruß eine treffliche Ilka Etvös auf die<lb/> Bühne.</p><lb/> <p>Ibſens „Nordiſche Heerfahrt“ iſt dagegen vom Schau-<lb/> ſpielhaus, wo ſie vor vier Jahren ein vorübergehendes Unter-<lb/> kommen gefunden hatte, wieder herüber in das Hoftheater<lb/> gewandert, wo ſie unter der Regie des Herrn Steinrück löb-<lb/> licherweiſe neu einſtudiert gegeben wurde. Ehemals war<lb/> ſie an dieſer Stelle ein häufiger Gaſt geweſen, namentlich als<lb/> noch Ibſen ſelbſt jeden Nachmittag an einem Fenſter des<lb/> Maximilian-Cafés zu ſehen war. Seitdem haben ſich die<lb/> Zeiten freilich gewaltig geändert: wir ſind über Ibſen etwas<lb/> hinausgewachſen. Und doch gehören gerade ſeine „Helden<lb/> auf Helgeland“ nicht nur zu ſeinen älteſten, ſondern auch zu<lb/> ſeinen beſten Stücken: es iſt noch nichts Krankhaftes in<lb/> ihnen. Freilich Herr Steinrück gab ſeinen Sigurd viel zu<lb/> ſehr in der Art der ſpäteren Ibſen’ſchen Reflexionshelden,<lb/> und an unſere germaniſche Siegfriedsgeſtalt durfte man da-<lb/> bei ſchon gar nicht denken. Weit beſſer war der Gunnar des<lb/> Herrn Lützenkirchen, am beſten, ja geradezu eine herz-<lb/> erfriſchende Figur der alte Oernulf des Herrn Jacobi. Für<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [654/0010]
Allgemeine Zeitung 7. November 1914.
eine Mitteilung gegen die Intereſſen der Landesverteidigung ver-
ſtößt, in den meiſten fraglichen Fällen mit ebenſo guten Gründen
zu bejahen wie zu verneinen iſt, und weil Fehler, die begangen
werden, meiſt Verſtöße gegen Ergebniſſe der modernſten und ſub-
tilſten militärwiſſenſchaftlichen Forſchungen ſind, die naturgemäß
für den Laien ſchwer zu erfaſſen ſind. Da der innere Betrieb des
Zeitungsgewerbes trotz der öffentlichen Aufgabe, welche die
Preſſe zu erfüllen hat, der Außenwelt faſt ganz unbekannt iſt, ſo
werden die Schwierigkeiten, mit denen in dieſen Kriegszeiten
die Zeitung zu kämpfen hat, wie uns ſcheint, ſowohl von den
militäriſchen Behörden wie vom Publikum nicht vollauf ge-
würdigt. Freilich wird ja allgemein anerkannt, daß Redakteure
und Journaliſten aller Parteiſchattierungen den beſten Willen
und Eifer haben, die vaterländiſchen Intereſſen zu fördern.
So möge auch der Leſer aller dieſer Schwierigkeiten eingedenk
ſein, wenn er die Verzögerung einer Nachricht bemerkt oder wenn
er findet, daß die Zeitung auf dieſem oder jenem Gebiet, ſonſt ſo
geſprächig, über dies oder jenes plötzlich ſchweigt. Ebenſo möge
der Leſer im Auge behalten, daß Nachrichten aus feindlichen Län-
dern nur durch die neutralen Länder, oft auf ſonderbaren Um-
wegen, oft knapp in der Faſſung zu uns gelangen. Er möge be-
denken, wie ſchwierig jetzt die Beſchaffung der Nachrichten aus dem
Auslande iſt, und die Anſtrengungen würdigen, die gemacht werden,
ihn über die auswärtigen Vorgänge zu unterrichten Schwierig-
keiten in der Zeitungsherſtellung, Entbehrungen auf dieſem oder
jenem Gebiete der Berichterſtattung, die dem Leſer auferlegt ſind,
ſie gehören zu den notwendigen Opfern des Krieges.
Theater und Mulik
Münchener Theater.
Glucks Maienkönigin. — Oper und Operette. — Krieg im Frieden.
— Nordiſche Heerfahrt. — Bernhard v. Jacobi †. — „Deutſche
Abende“. — Wehe dem, der lügt.
Unſere Oper hat nun doch Cornelius’ Barbier von
Bagdad ein paarmal herausgebracht, obwohl es uns nicht
gewundert hätte, wenn irgend ein Elementarereignis hin-
dernd dazwiſchen getreten wäre, denn das iſt merkwürdiger-
weiſe dieſer Oper immer paſſiert. Ein garnicht übler Ein-
fall aber war es, neulich dem Barbier Glucks „Maienkönigin“
vorhergehen zu laſſen. Dieſe kleine Oper hat beinahe ein
dem Barbier ähnliches Schickſal bei uns gehabt: ſo oft ſie
aufgeführt wird, gefällt ſie ungemein, verſchwindet aber
ebenſo raſch wieder vom Schauplatz. Ihr großer Erfolg im
Münchener Künſtlertheater im Jahre 1908 war nicht im-
ſtande, die Oper dauernd bei uns einzubürgern; ſeit 1910 iſt
ſie nicht mehr gegeben worden. Auch die „Maienkönigin“
wird nicht nach dem Original aufgeführt, aber die Wiener
Einrichtung der Herren Kalbeck und Hofkapellmeiſter Fuchs,
die ein paar Nummern aus anderen Gluck’ſchen Opern mit-
übernahm, hat mehr Entſchuldigung für ſich als die orcheſtra-
len Eingriffe Mottls und Levis in die Partitur des Babiers
Les Amours champêtres, wie die Oper urſprünglich heißt,
hatten diesmal ein paar glückliche Neubeſetzungen aufzu-
weiſen. Nur die beiden Hirtinnen v. Fladung und Kuhn-
Brunner ſtanden noch an der früheren Stelle. Ihr Partner
Philint iſt diesmal an Frl. Krüger übergegangen, die mit
ihrer hohen Geſtalt nicht nur vorzüglich dafür paßt, ſondern
auch geſanglich, wie zu erwarten war, die Rolle ſo intereſſant
als eben möglich ausſtattete. Es gibt bekanntlich warme und
kalte Stimmen. Die letzteren, die mit wenigen Ausnahmen
den Koloraturſopranen eigen zu ſein pflegen, müſſen eben,
wenn es ihre Trägerin verſteht, im Bedarfsfalle gefärbt
werden: das Gefühl muß im geeigneten Augenblick die Farbe
verleihen. Von Natur warme Stimmen haben es natürlich
leichter: ſie gehen ohne viel Anſtrengung von ſeiten der Sän-
gerin unmittelbar zum Herzen. Eine ſolche warme Stimme
hat eben Frl. Krüger. Herr Kuhn erreichte als Marquis
von Monſoupier, obwohl er ganz gut war, nicht ganz ſeinen
Vorgänger Walter. Herr Bauberger iſt prächtig in der
Pächterrolle. Hoffentlich wird ſich die „Maienkönigin“, mit
dem Barbier zuſammengeſpannt, recht lange auf dem Reper-
toire halten. Wenn ich mich nicht täuſche, dirigiert Herr Wal-
ter beide Opern gern und mit Hingebung.
Wir ſuchen noch immer einen Bariton. Gäſte kamen
und Gäſte gingen, und noch immer iſt der nicht erſchienen,
den wir brauchen können. Nun zeigte ein Herr Schützen-
dorf vom Straßburger Stadttheater als Graf Luna im Trou-
badour ganz paſſable Fähigkeiten, ein Eindruck, der in der
zweiten Rolle, dem Herrn Fluth in den „Luſtigen Weibern
von Windſor“, nicht gerade verſtärkt wurde; aber freilich iſt
dieſe Rolle wenig geeignet, einen Sänger auf Herz und
Nieren zu prüfen. Im Troubadour, trat in der Rolle der
Leonore ein Zufallsgaſt auf: Frau v. Szekrényeſſy, die wir
vor Jahren einmal als Fidelio gehört hatten, ein ziemlich
großer und ergiebiger Sopran und eine Schauſpielerin von
noch achtungswerter Mittelmäßigkeit. Die hervorragend-
ſten Leiſtungen jener Troubadour-Vorſtellung waren der
Manrico des Herrn Wolf und die Azucena des Frl. Färber.
In den Luſtigen Weibern, die meiſt zu unſeren beſſeren
Opern-Aufführungen gehören, ſtand Frau Boſetti als Frau
Fluth mit Herrn Sieglitz als Falſtaff an der Spitze. Fräul.
Willer wird einmal eine gute Frau Reich werden. Bald
darauf hatten wir auch noch einen Tenorgaſt: Herrn Batten
von Straßburg, das überhaupt die Kriegslieferungen für
uns zu beſorgen ſcheint. Er erwies ſich als Lionel in der
Martha als ein ganz ergiebiger Tenor von echt lyriſchem
Timbre und guter Stimmbildung. Als Schauſpieler konnte
er ſich da nicht viel zeigen. Seine Leiſtung fand im Publi-
kum eine ſympathiſche Aufnahme, das insbeſondere die ge-
ſanglich und darſtelleriſch ausgezeichnete Wiedergabe der
Titelrolle durch Frl. Ivogün auszeichnete. — In der
Operette unſeres Gärtnertheaters hat man ſich mit Glück und
Erfolg bemüht, auf ältere Operetten zurückzugreifen, die un-
ſere raſch vergeſſende Generation kaum mehr kennt, auf Mil-
löckers „Feldprediger“ und Carl Zellers „Oberſteiger“. Ich
glaube, die Direktion hat es nicht zu bereuen.
Im Schauſpiel iſt mehr als je rechter Hand und linker
Hand der Maximilianſtraße, alles vertauſcht: Stücke, die
ehemals im Hoftheater gegeben wurden, wandern hinüber
ins Schauſpielhaus und umgekehrt. Zu den erſteren gehört
die alte ſchon faſt ehrwürdige Soldatenkomödie „Krieg im
Frieden“ von Moſer und Schönthan, die früher ein beliebtes
Repertoireſtück unſeres Reſidenztheaters geweſen iſt. Nun
wird ſie im Schauſpielhauſe gegeben unter Herrn Pepplers
Leitung, der ſelbſt den General ſpielt. Und merkwürdig, es
wird gerade ſoviel gelacht wie vor zwanzig und mehr Jah-
ren, trotzdem daß „Krieg im Frieden“ eigentlich nicht das
Soldatenſtück iſt, das wir heute brauchen. Aber vielleicht
geht eines aus dieſem Kriege hervor. Das Stück konnte
unter den gegenwärtigen Umſtänden nicht durchaus mit
erſten Kräften beſetzt werden, insbeſondere mußten einzelne
Herrenrollen gegenüber der Hoftheater-Beſetzung zurück-
ſtehen, während die Frauenrollen ganz entſchieden beſſer
beſetzt waren als zuletzt im Reſidenztheater, beſonders ſtellte
die pikante Hertha Ruß eine treffliche Ilka Etvös auf die
Bühne.
Ibſens „Nordiſche Heerfahrt“ iſt dagegen vom Schau-
ſpielhaus, wo ſie vor vier Jahren ein vorübergehendes Unter-
kommen gefunden hatte, wieder herüber in das Hoftheater
gewandert, wo ſie unter der Regie des Herrn Steinrück löb-
licherweiſe neu einſtudiert gegeben wurde. Ehemals war
ſie an dieſer Stelle ein häufiger Gaſt geweſen, namentlich als
noch Ibſen ſelbſt jeden Nachmittag an einem Fenſter des
Maximilian-Cafés zu ſehen war. Seitdem haben ſich die
Zeiten freilich gewaltig geändert: wir ſind über Ibſen etwas
hinausgewachſen. Und doch gehören gerade ſeine „Helden
auf Helgeland“ nicht nur zu ſeinen älteſten, ſondern auch zu
ſeinen beſten Stücken: es iſt noch nichts Krankhaftes in
ihnen. Freilich Herr Steinrück gab ſeinen Sigurd viel zu
ſehr in der Art der ſpäteren Ibſen’ſchen Reflexionshelden,
und an unſere germaniſche Siegfriedsgeſtalt durfte man da-
bei ſchon gar nicht denken. Weit beſſer war der Gunnar des
Herrn Lützenkirchen, am beſten, ja geradezu eine herz-
erfriſchende Figur der alte Oernulf des Herrn Jacobi. Für
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(2023-04-27T12:00:00Z)
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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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