Allgemeine Zeitung, Nr. 43, 24. Oktober 1914.
Die Denkschrift schließt mit den Worten: Die kaiserliche Regierung bringt mit Entrüstung diese dem Der Feind im Osten. Reichlicher sind die folgenden Mitteilungen aus dem Osten. Die Russen versuchten am 14. Oktober sich wieder in den Besitz Die Zahl der bei Schirwindt eingebrachten Gefangenen Ueber die Kämpfe östlich von Przemysl. läßt sich das Wolffsche Bureau unterm 19. d. M. aus Wien melden: Der Spezialberichterstatter des Blattes "Morgen" meldet: Das Die bisherigen Berichte des österreichischen Generalstabes Am 17. Oktober: Sowohl die in der Linie Stary, Sambor-Medyka und Am 19. Oktober: Die Verluste der Russen bei ihrem Angriff auf Przemysl wer- Am 20. Oktober: Amtlich wird verlautbart: Die Schlacht in Galizien hat nament- In Russisch-Polen schlug vereinigte deutsche und österreichisch- Ueber die gegenwärtige Verteidigung von Przemysl verbreitet das Wolffsche Bureau nun nähere höchst interessante Der Kriegsberichterstatter des "Neuen Wiener Journal" meldet
Die Denkſchrift ſchließt mit den Worten: Die kaiſerliche Regierung bringt mit Entrüſtung dieſe dem Der Feind im Oſten. Reichlicher ſind die folgenden Mitteilungen aus dem Oſten. Die Ruſſen verſuchten am 14. Oktober ſich wieder in den Beſitz Die Zahl der bei Schirwindt eingebrachten Gefangenen Ueber die Kämpfe öſtlich von Przemysl. läßt ſich das Wolffſche Bureau unterm 19. d. M. aus Wien melden: Der Spezialberichterſtatter des Blattes „Morgen“ meldet: Das Die bisherigen Berichte des öſterreichiſchen Generalſtabes Am 17. Oktober: Sowohl die in der Linie Stary, Sambor-Medyka und Am 19. Oktober: Die Verluſte der Ruſſen bei ihrem Angriff auf Przemysl wer- Am 20. Oktober: Amtlich wird verlautbart: Die Schlacht in Galizien hat nament- In Ruſſiſch-Polen ſchlug vereinigte deutſche und öſterreichiſch- Ueber die gegenwärtige Verteidigung von Przemysl verbreitet das Wolffſche Bureau nun nähere höchſt intereſſante Der Kriegsberichterſtatter des „Neuen Wiener Journal“ meldet <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div type="jArticle" n="4"> <cit> <quote><pb facs="#f0003" n="619"/><fw place="top" type="header">24. Oktober 1914. <hi rendition="#b">Allgemeine Zeitung</hi> Seite 619.</fw><lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><cb/> der Genfer Konvention vom 6. 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Die Bevölkerung wußte bereits, daß die Ruſſen aus<lb/> Furcht vor einem öſterreichiſch-ungariſchen Entſatzheer den Abzug<lb/> begannen. Während der Belagerung war die Stadt ſehr gut ver-<lb/> proviantiert. Der Feſtungskommandant empfing eine Abordnung<lb/> der Bürgerſchaft, der gegenüber er ſich folgendermaßen äußerte:<lb/> Wir haben ſehr ſchwere und gefährliche Tage gehabt. Die<lb/> Ruſſen hatten den Befehl, ohne Rückſicht auf Verluſte die Feſtung<lb/> bis zum 8. Oktober zu ſtürmen. Die Ruſſen verloren vor Przemysl<lb/> 40,000 Mann. (Neuerdings heißt es — 70,000! D. Red.) Die<lb/> öſterreichiſch-ungariſchen Verluſte betragen nur 500 Mann! Viele<lb/> Ruſſen gaben ſich gefangen. Hier iſt aus allen Richtungen das<lb/> Geſchützfeuer hörbar. Die Kämpfe dauern an, insbeſondere bei<lb/> dem öſtlich der Stadt Siedlicka gelegenen Fort. Das Fort war das<lb/> einzige, in das während der Belagerung in der Nacht vom<lb/> 8. Oktober eine kleinere ruſſiſche Abteilung durch Ueberfall eindrang.<lb/> Es entwickelte ſich ein wilder dreiſtündiger Kampf. In den finſteren<lb/> unterirdiſchen Gängen des Forts wurde mit Bajonett und Kolben<lb/> gearbeitet. Die heldenmütige Beſatzung tötete den größten Teil<lb/> der Angreifer. Die übrigen ergaben ſich.<lb/> Ich beſichtigte geſtern, ſo ſchreibt der Kriegsberichterſtatter, ein<lb/> nördlich der Stadt gelegenes Außenfort, das vom 5.—8. Oktober<lb/> ununterbrochen beſchoſſen wurde. Die Ruſſen waren bereits auf<lb/> 700 Schritte herangerückt, wurden aber zurückgetrieben. Die Be-<lb/> lagerer dieſes Forts hatten 5000 Tote, die jetzt ſukzeſſive von der<lb/> Beſatzung begraben werden, während die Beſatzung einen einzigen<lb/> Toten und fünf Verwundete zu beklagen hatte. Vom Fort aus<lb/> ſah ich, wie eine nördlich Radymno gegen Przemysl vormarſchie-<lb/> rende Kolonne unſerer Truppe von ruſſiſcher Artillerie, die jenſeits<lb/> des San poſtiert war, überfallen wurde. 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24. Oktober 1914. Allgemeine Zeitung Seite 619.
der Genfer Konvention vom 6. Juli 1906, die von Deutſchland und
Frankreich ratifiziert worden iſt, in flagranter Weiſe verletzt.
Aus der großen Zahl bekanntgewordener Fälle werden in den
Anlagen diejenigen aufgeführt, die bereits durch gerichtliche Ver-
nehmungen oder dienſtliche Meldungen einwandfrei feſtgeſtellt
wurden.
An der Spitze der Genfer Konvention ſteht einer der erſten
Grundſätze der Kriegsrechte, daß nämlich die Verwundeten und
Kranken des feindlichen Heeres ebenſo wie die Verwundeten und
Kranken des eigenen Heeres geachtet und verſorgt werden ſollen.
(Art. 1, Abſ. 1.) Dieſem Grundſatz haben die franzöſiſchen Truppen
und Freiſchärler ins Geſicht geſchlagen, indem ſie deutſche Ver-
wundete, die in ihre Hände gefallen ſind, nicht nur roh behandelt
haben. ſondern auch beraubt, ja ſogar teilweiſe in beſtialiſcher
Weiſe verſtümmelt und ermordet haben.
Die Denkſchrift ſchließt mit den Worten:
Die kaiſerliche Regierung bringt mit Entrüſtung dieſe dem
Völkerrecht und der Menſchlichkeit hohnſprechende Behandlung deut-
ſcher Verwundeter, deutſcher Sanitätsformationen und des deut-
ſchen Sanitätsperſonals zur öffentlichen Kenntnis und legt hiermit
feierlich Verwahrung gegen die unerhörten Verletzungen des von
allen Kulturſtaaten geſchloſſenen Weltvertrages ein.
Hoffentlich hat dieſer geharniſchte Proteſt eine fühlbare Wir-
kung im geſamten Auslande, vor allem aber bei unſeren Feinden.
Hoffentlich aber zögert man, wenn die unſagbaren Scheußlich-
keiten noch fortdauern, keinen Augenblick auch von unſerer Seite,
rückſichtslos die ſtärkſten Repreſſalien zu nehmen.
Der Feind im Oſten.
Reichlicher ſind die folgenden Mitteilungen aus dem Oſten.
Am 16. d. M. meldet das Große Hauptquartier:
Die Ruſſen verſuchten am 14. Oktober ſich wieder in den Beſitz
von Lyck zu ſetzen. Die Angriffe wurden zurückgewieſen. 800 Ge-
fangene, 1 Geſchütz und 3 Maſchinengewehre fielen in unſere
Hände. Unſere Truppen ſind in der Gegend von Lyck im Vor-
gehen. Der Kampf bei und ſüdlich Warſchau dauert an.
Die Zahl der bei Schirwindt eingebrachten Gefangenen
erhöhte ſich auf 4000, ebenſo wurden noch einige Geſchütze ab-
genommen.
Ueber die Kämpfe öſtlich von Przemysl.
läßt ſich das Wolffſche Bureau unterm 19. d. M. aus Wien melden:
Der Spezialberichterſtatter des Blattes „Morgen“ meldet: Das
Kriegspreſſequartier befindet ſich ſeit einer Woche in dem befreiten
Przemysl. Wir ſind Zeugen des Kampfes, der vor den äußerſten
Forts im Oſten der Feſtung zwiſchen der Erſatzarmee und der
Nachhut der zurückweichenden ruſſiſchen Belagerungsarmee tobt,
die ungeheuer verſchanzt iſt. Meiner Anſicht nach ſprechen alle
Anzeichen dafür, daß der Kampf für uns einen günſtigen Fort-
gang nehmen wird. In Przemysl herrſcht eine gehobene Stim-
mung. Geſtern traf das erſte Poſtautomobil ein, das von der Be-
völkerung und der Armee jubelnd begrüßt wurde. An einzelnen
Gegenſtänden iſt vorläufig Mangel, doch iſt die Wiederkehr nor-
maler Zuſtände unmittelbar nach der Eröffnung des Bahnverkehrs
zu erwarten. Die ſanitären Verhältniſſe der Bevölkerung und der
Beſatzung ſind außerordentlich zufriedenſtellend.
Die bisherigen Berichte des öſterreichiſchen Generalſtabes
lauten:
Am 17. Oktober:
Sowohl die in der Linie Stary, Sambor-Medyka und
am San entbrannte Schlacht als auch unſere Operationen gegen
den Dnjeſtr nehmen einen guten Verlauf.
Südöſtlich Wyszkow wurden die Ruſſen abermals ange-
griffen und geworfen. Bei Synowucki forcierten unſere Truppen
den Stryj-Fluß, gewannen die Höhen nördlich des Ortes und
nahmen die Verfolgung des Feindes auf. Ebenſo gelangten die
Höhen nördlich Podbuz und ſüdöſtlich von Stary-Sambor
nach hartnäckigen Kämpfen in unſeren Beſitz. Auch nördlich des
Strwiazfluſſes ſchreitet unſer Angriff vorwärts.
Nördlich Przemysl begannen wir bereits auf dem öſtlichen
Sanufer feſten Fuß zu faſſen. Die Zahl der während unſerer
jetzigen Operationen gemachten Gefangenen läßt ſich natürlich noch
nicht annähernd überſehen. Nach den bisherigen Meldungen ſind
es ſchon mehr als 15,000.
Am 19. Oktober:
Die Verluſte der Ruſſen bei ihrem Angriff auf Przemysl wer-
den auf 40,000 Tote und Verwundete geſchätzt.
Am 20. Oktober:
Amtlich wird verlautbart: Die Schlacht in Galizien hat nament-
lich nördlich des Strwiazfluſſes an Heftigkeit noch zugenommen.
Unſere Angriffe gewinnen ſtetig Raum nach Oſten. Um einzelne
wichtige Höhen wurde von beiden Seiten mit der äußerſten Er-
bitterung gekämpft. Alle Verſuche des Feindes, uns die Magiera
wieder zu entreißen, ſcheiterten. Dagegen eroberten unſere Trup-
pen die viel umſtrittenen Baumhöhen im Nordoſten von Tyszko-
wize. Südöſtlich der Magiera wurde der Gegner aus mehreren
Ortſchaften geworfen. In dieſen Kämpfen wurden wieder viele
Ruſſen gefangen genommen, darunter ein General. Auch wurden
Maſchinengewehre erbeutet. Gefangene berichten von der furcht-
baren Wirkung unſeres Artilleriefeuers.
In Ruſſiſch-Polen ſchlug vereinigte deutſche und öſterreichiſch-
ungariſche Kavallerie einen großen feindlichen Kavalleriekörper, der
weſtlich von Warſchau vorzudringen verſuchte.
Ueber die gegenwärtige Verteidigung von
Przemysl
verbreitet das Wolffſche Bureau nun nähere höchſt intereſſante
Nachrichten, die ihm aus Wien telegraphiſch zugehen und die be-
weiſen, daß dieſe Verteidigung der galiziſchen Feſtung durch die
Oeſterreicher eine ähnlich entſcheidende Kriegstat geweſen iſt, wie
die Einnahme von Antwerpen. Der Bericht lautet alſo:
Der Kriegsberichterſtatter des „Neuen Wiener Journal“ meldet
über die Einſchließung von Przemysl: Am 27. September war
die Stadt vollſtändig zerniert. Während der Belagerung er-
ſchienen drei Zeitungen, welche die eintreffenden Funkentelegramme
in deutſcher, polniſcher und ungariſcher Sprache veröffentlichten.
Am 2. Oktober brachte ein ruſſiſcher Parlamentär das bekannte
Schreiben des ruſſiſchen Generals Dimitrieff, worauf Feldmarſchall-
leutnant Kusmanek erwiderte, er halte es für unwürdig, ein ſolch
ſchimpfliches Anfinnen zu beantworten. Am nächſten Tag begann
die Beſchießung. Das Ziel der Ruſſen war das Verpflegungs-
magazin, das jedoch nicht getroffen wurde, nur mehrere umliegende
Häuſer wurden zerſtört. Die Beſchießung wurde vom 7. Oktober
ab ſchwächer. Die Bevölkerung wußte bereits, daß die Ruſſen aus
Furcht vor einem öſterreichiſch-ungariſchen Entſatzheer den Abzug
begannen. Während der Belagerung war die Stadt ſehr gut ver-
proviantiert. Der Feſtungskommandant empfing eine Abordnung
der Bürgerſchaft, der gegenüber er ſich folgendermaßen äußerte:
Wir haben ſehr ſchwere und gefährliche Tage gehabt. Die
Ruſſen hatten den Befehl, ohne Rückſicht auf Verluſte die Feſtung
bis zum 8. Oktober zu ſtürmen. Die Ruſſen verloren vor Przemysl
40,000 Mann. (Neuerdings heißt es — 70,000! D. Red.) Die
öſterreichiſch-ungariſchen Verluſte betragen nur 500 Mann! Viele
Ruſſen gaben ſich gefangen. Hier iſt aus allen Richtungen das
Geſchützfeuer hörbar. Die Kämpfe dauern an, insbeſondere bei
dem öſtlich der Stadt Siedlicka gelegenen Fort. Das Fort war das
einzige, in das während der Belagerung in der Nacht vom
8. Oktober eine kleinere ruſſiſche Abteilung durch Ueberfall eindrang.
Es entwickelte ſich ein wilder dreiſtündiger Kampf. In den finſteren
unterirdiſchen Gängen des Forts wurde mit Bajonett und Kolben
gearbeitet. Die heldenmütige Beſatzung tötete den größten Teil
der Angreifer. Die übrigen ergaben ſich.
Ich beſichtigte geſtern, ſo ſchreibt der Kriegsberichterſtatter, ein
nördlich der Stadt gelegenes Außenfort, das vom 5.—8. Oktober
ununterbrochen beſchoſſen wurde. Die Ruſſen waren bereits auf
700 Schritte herangerückt, wurden aber zurückgetrieben. Die Be-
lagerer dieſes Forts hatten 5000 Tote, die jetzt ſukzeſſive von der
Beſatzung begraben werden, während die Beſatzung einen einzigen
Toten und fünf Verwundete zu beklagen hatte. Vom Fort aus
ſah ich, wie eine nördlich Radymno gegen Przemysl vormarſchie-
rende Kolonne unſerer Truppe von ruſſiſcher Artillerie, die jenſeits
des San poſtiert war, überfallen wurde. Unſere Truppen ent-
wickelten ſich ſofort zum Gefechte und es begann ein lebhafter
Artilleriekampf. Während ich dies ſchreibe, donnern die Geſchütze
ununterbrochen fort, was den Vormarſch unſerer Armeen und den
Rückzug der Ruſſen bedeutet.
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(2023-04-27T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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