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Allgemeine Zeitung, Nr. 38, 7. Februar 1850.

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[Spaltenumbruch] ringem Maß vorhanden, so ist immerhin ein Umschlag zur entschiedenen
Abneigung zu erwarten. Am wenigsten wohl von der Gothaer Partei,
die eine zulängliche Dehnbarkeit hat*) und am Ende alles daran setzt um
keine Gelegenheit zur Apotheose oder sonst etwas zu versäumen. Darüber
wird man sich schwerlich irgendwo täuschen daß die Principien welche im
eignen Staat die leitenden find, von dem Reichsvorstand auch in dem
Bundesstaat vertreten werden. Es ist dieß um so gewisser, je größere
Anstrengung er in Selbstverläugnung und Geduld gemacht hat, um dort
seinen Willen durchzusetzen. Alle Staaten welche bis jetzt dem Berliner
Bündniß beigetreten sind, hatten aber vor dem März 1848 schon eine
freiere Verfassung, das Volk mehr Self-Government, als Preußen durch
die ihrem Abschluß entgegenreifende erlangen wird: jeder einzelne hat
seine Bewegung durchgemacht, um zu noch weiteren Entwickelungen zu
gelangen, und wenn sie alle nunmehr nach einem Bundesstaat streben, so
geschieht dieß nicht bloß der äußeren Sicherheit wegen, sondern um auch
eine Garantie für die Dauer der sogenannten Errungenschaften zu finden.
Diese wechselseitige Garantie ist aber nur unter homogenen Theilen des
Ganzen zu denken, und nur die Verträge versprechen Dauer bei welchen
jeder einzelne seinen Vortheil findet. Der Gang welchen die preußische
Verfassungsangelegenheit genommen hat, stellt aber Preußen allen übrigen
Theilen des Bundesstaats fern: es wird zum fremden Element in der Ver-
bindung, und nur wenn die übrigen Theilnehmer sich entschließen könnten
rückwärts zu gehen bis zu dem Punkt auf welchem die politischen Zu-
stände von Preußen sich jetzt befinden, wäre eine natürliche Anziehung
wahrscheinlich. Unmöglich ist es freilich nicht daß das in der Welt noch
nie erlebte Schauspiel, wie eine Repräsentantenversammlung die frei-
finnigste Charte, von der Krone selber vorgelegt, bis zum Scheinconstitu-
tionalismus abstumpft, verflacht und verwässert, sich auch in Erfurt wieder-
hole, und daß statt der Reichsverfassung vom 26 Mai eine Reichspolizei-
ordnung nach dem Vorschlag des Hrn. v. Blittersdorf zum Vorschein
komme, mit einem Polizei- und Zwangsmeister in Berlin. Das wahr-
scheinlichste ist und bleibt daß der Versuch in Erfurt zwar gemacht wird,
daß derselbe aber vollständig scheitert. Die Abneigung der Völker gegen
das Project ist im Wachsen, und da die Fürsten Hoffnung haben eben-
soviel Schutz für ihre dynastischen Interessen in dem weiteren Bund und
zwar mit geringern Opfern der Selbständigkeit zu erlangen, so wird ihnen
jede Gelegenheit willkommen seyn, von dem gegebenen Wort zurückzu-
treten. So erklärt sich das ganze Bündniß am Ende als eine Verlegen-
heitsmaßregel, die so lange hält als die Ursache währt, und mit
ihr von selbst aufhört. Passato il pericolo, gabbato il Santo! Daß
darum doch in Preußen, und ganz besonders in derjenigen Partei deren
Grundsätze jetzt sieghaft geworden, der ernste Wille bestehe den Bundesstaat
durchzuführen, dürfen Sie nicht bezweifeln; und ebenso richtig ist es daß
ein großer Theil derselben von den lautersten Beweggründen geleitet ist. Sie
glauben wirklich daß nachdem Preußen eine Verfassung, wie die gegenwärtige,
gewonnen hat, es mit vollem Fug an die Spitze von Deutschland treten und
das gemeinsame Vaterland dem Glück und der Größe entgegenführen könne.
Hoffentlich werden Sie sich auch gesagt seyn lassen daß in der Welt auf das-
jenige was wahr oder was falsch ist, viel weniger ankommt als auf das was
geglaubt wird. Das Bessere ist es was zum Handeln treibt. Es ist nicht
undenkbar daß das Zurückschleudern Preußens in seiner Verfassungsent-
wicklung am Ende was Gutes haben wird. In der Regel ist nur das se-
gensreich und ein bleibendes Eigenthum was durch lange Strebsamkeit
und langen Kampf errungen worden, und daß das preußische Volk nicht
sofort in den Besitz aller der Immunitäten und Berechtigungen gelangt
ist welche die octroyirte Verfassung vom 5 Dec. 1848 ihm geboten hat,
kann der männlichen Entwicklung, die durch Ringen die Kräfte bewährt
und verstärkt, und nach Kämpfen zum Ziel gelangt, vielleicht sehr förder-
lich werden. Freilich droht auch eine große Gefahr. Der Schein-Confti-
tutionalismus hat noch allerwärts die Monarchie untergraben. Wie eine
auf sogenannter breiter Grundlage errichtete demokratische Monarchie ge-
wirkt haben würde, davon läßt sich nichts sagen weil die Erfahrung man-
gelt. Einer der Hauptgründe weßhalb die Monarchie durch den Schein-
Constitutionalismus leidet, ist die darin, wie es scheint, bedingte Corrup-
tion des Beamtenthums. Daß eine tüchtige Administration großen Stür-
men widerstehen kann, ist in der Geschichte oft genug bewährt: von Ver-
fassungen kann man dasselbe nicht behaupten. Der moralische Einfluß
Preußens, das Vertrauen auf seine Redlichkeit, der Glaube an seine Bil-
dung, an seine natürlichen Ansprüche auf Hegemonie, lag in der Höhe auf
welche der Beamtenstaat sich geschwungen hatte. Dieser Standpunkt schien
dem tiefern Blick freilich schon in der letzten Regierungsperiode des vori-
[Spaltenumbruch] gen Königs verloren, und wurde unter der jetzigen Regierung durch vieler-
lei Einflüsse mehr und mehr eingebüßt ohne daß irgendwo ein zuläng-
licher Ersatz sich hätte finden wollen. Vor dem März 1848 herrschte, den
Principien des Königs zuwider und doch unter seinem Schutze, die Bureau-
kratie, aber all des Adels entkleidet der sie in einer frühern Zeit geho-
ben und geziert hatte. Doch war die Redlichkeit geblieben und die Hin-
gebung an das Oberhaupt. Wir wollen sehen ob in dem großen Intriguen-
spiel welches man den Constitutionalismus, wie wir ihn seit 1815 kennen,
nennt, diese Eigenschaften ungeschmälert verbleiben. Sowie die neue
Verfassung das preußische Volk in neue Entwicklungsprocesse zurückwirft,
so wird auch Preußen im Verhältniß zu dem übrigen Deutschland in eine
gleiche Lage dadurch versetzt. Es ist ein gar schweres Werk eine Verfas-
sung für Deutschland zu machen, und nur dem Enthusiasmus oder der
Noth hätte die Improvisation gelingen können. Es find nun bald hun-
dert Jahre daß der alte Moser vorhersagte: es könne den Deutschen kein
größeres Unglück widerfahren als wenn sie sich eine Verfassung selber ge-
ben sollten, und es ist noch gar nicht lange daß die Worte des Generals
v. Radowitz vor unsern Ohren klangen. In praktischen Dingen ist der
Erfolg ein Gottesurtheil! Dieses Gottesurtheil ist in den Minoritätswah-
len zum Erfurter Reichstag gesprochen. Das Volk erwartet nichts mehr
davon. Es knüpft sich keine, d. h. keine uneigennützige Hoffnung mehr
daran, und wenn Preußen Deutschlands Führer werden will, so muß es
die Berechtigung auf andere Weise erwerben, und in der Neugestaltung
seines Staatslebens damit von vorn anfangen. Ob dieß ein Unglück sey?
Darüber gibt es verschiedene Meinungen. Eine wohl berechtigte ist die
daß die Gegenwart sich wenig eignet etwas befriedigendes zu schaffen. Die
Dynastien haben zu viel zu verschmerzen, zu viel zu besorgen als daß sie
einen reinen ungetrübten Blick für die Bedürfnisse und für die Mittel zu
deren Befriedigung gewinnen könnten. Das Vertrauen im Volk ist so
selten geworden daß es keinen Preis mehr hat. Es fragt sich daher ob
nicht die Fortdauer des Provisoriums, dessen Grundlage die bisherige
Bundesgesetzgebung bildet, noch das günstigste wäre. Verspricht dasselbe
Kraft und Energie nach außen und nach innen, also Befriedigung des
Nationalgefühls und Beruhigung? Können sich mittlerweile die politi-
schen Strebungen die den heutigen Geist der Freiheit wach erhalten, den
speciellen Organismen zuwenden, ohne daß sich die Gegensätze so schärfen
daß aus ihnen sich ein Kampf auf Leben und Tod entwickelt? Sie haben oft aus
meiner Feder gelesen daß die Nichtigkeit der Bundesgewalt in allen nationalen
Angelegenheiten, das Schmerzgefühl darüber und die Unmöglichkeit den gro-
ßen Angelegenheiten Liebe und Eifer zuzuwenden, dahin getrieben habe alle
überschießenden Kräfte in den kleinen Gebilden als Corrosive wirken zu machen.
Ich habe noch heute diese Ansicht; aber ich bin auch überzeugt daß, wenn
es der Bundesgewalt gelungen wäre auch dort noch den politischen Geist, die
Theilnahme an den öffentlichen Angelegenheiten zu ertödten, der deutsche
Name ein schmachvolles Ende genommen haben, und Deutschland zum
geographischen Begriff unfehlbar herabgesunken seyn würde.

Den öfterreichischen Zollvereini-
gungsvorschlägen scheint auch von der fremden Diplomatie ein besonderes
Gewicht beigelegt zu werden; denn man vernimmt daß mehrere auswär-
tige Gesandte die Denkschrift des Wiener Cabinets durch eigene Couriere
an ihre Regierungen abgeschickt haben. -- Der Antrag in Betreff des An-
schlusses an Erfurt soll nun dennoch in einer der nächsten Sitzungen des
gesetzgebenden Körpers zum Vorschein kommen. Man kann indessen nicht
eben behaupten daß die Ausfichten für diesen Antrag sich günftiger gestal-
tet hätten als es vor acht Tagen der Fall war. -- Der Main ist seit ge-
stern Abend noch um beinahe 2 Schuh (auf 151/2) gestiegen. Die Kais
und ihre Umgebungen find fortwährend unter Wasser. Da indessen der
Eisabgang vom Obermain abgenommen hat, auch für kommende Nacht
Frost in Ausficht steht, so dürfte der Wafferstand wohl seinen Höhepunkt
erreicht haben. In unserer Nachbarschaft scheint besonders die Umgegend
von Höchst durch das Hochwasser gelitten zu haben; auch die Eisenbahn
war theilweise überfluthet, ohne daß jedoch der Verkehr dadurch gehemmt
worden wäre.

Bayern.

Heute Abend ist Künstlerball.
Vergangenes Jahr, wo der deutsche Horizont noch voll von Hoffnungsfternen
war, ließen unsere Künftler den Barbarossa aus seinem Felsengrabe er-
wachen und brachten uns, statt eines gewöhnlichen Carnevalscherzes, eine
politische Feier: die Auferstehung des deutschen Vaterlands in finnigen
Bildern, bei deren Anblick unser deutsches Gemüth jubelte. Die Ereig-
nisse welche seitdem an uns vorübergegangen, die Enttäuschung welche
der Begeisterung gefolgt, machten leider jene schöne Darstellung nach-
träglich zu einem deutschen Faschingsschwank. Unter einem Theil der
Münchner Künstler soll dieses Jahr in allem Ernst der Gedanke auf-
getaucht seyn die Kehrseite des vergangenen Jahres allegorisch aufzufüh-
ren: den Rückzug des Barbarossa in den Kyffhäuser, um im steinernen

*) Die Deutsche Ztg., die eben noch über die königl. Botschaft wahre
Verzweiflungsartikel gebracht hatte, stimmt plötzlich, nun die Kammern
Ja gesagt, eine Art Siegeshymnus an.

[Spaltenumbruch] ringem Maß vorhanden, ſo iſt immerhin ein Umſchlag zur entſchiedenen
Abneigung zu erwarten. Am wenigſten wohl von der Gothaer Partei,
die eine zulängliche Dehnbarkeit hat*) und am Ende alles daran ſetzt um
keine Gelegenheit zur Apotheoſe oder ſonſt etwas zu verſäumen. Darüber
wird man ſich ſchwerlich irgendwo täuſchen daß die Principien welche im
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Bundesſtaat vertreten werden. Es iſt dieß um ſo gewiſſer, je größere
Anſtrengung er in Selbſtverläugnung und Geduld gemacht hat, um dort
ſeinen Willen durchzuſetzen. Alle Staaten welche bis jetzt dem Berliner
Bündniß beigetreten ſind, hatten aber vor dem März 1848 ſchon eine
freiere Verfaſſung, das Volk mehr Self-Government, als Preußen durch
die ihrem Abſchluß entgegenreifende erlangen wird: jeder einzelne hat
ſeine Bewegung durchgemacht, um zu noch weiteren Entwickelungen zu
gelangen, und wenn ſie alle nunmehr nach einem Bundesſtaat ſtreben, ſo
geſchieht dieß nicht bloß der äußeren Sicherheit wegen, ſondern um auch
eine Garantie für die Dauer der ſogenannten Errungenſchaften zu finden.
Dieſe wechſelſeitige Garantie iſt aber nur unter homogenen Theilen des
Ganzen zu denken, und nur die Verträge verſprechen Dauer bei welchen
jeder einzelne ſeinen Vortheil findet. Der Gang welchen die preußiſche
Verfaſſungsangelegenheit genommen hat, ſtellt aber Preußen allen übrigen
Theilen des Bundesſtaats fern: es wird zum fremden Element in der Ver-
bindung, und nur wenn die übrigen Theilnehmer ſich entſchließen könnten
rückwärts zu gehen bis zu dem Punkt auf welchem die politiſchen Zu-
ſtände von Preußen ſich jetzt befinden, wäre eine natürliche Anziehung
wahrſcheinlich. Unmöglich iſt es freilich nicht daß das in der Welt noch
nie erlebte Schauſpiel, wie eine Repräſentantenverſammlung die frei-
finnigſte Charte, von der Krone ſelber vorgelegt, bis zum Scheinconſtitu-
tionalismus abſtumpft, verflacht und verwäſſert, ſich auch in Erfurt wieder-
hole, und daß ſtatt der Reichsverfaſſung vom 26 Mai eine Reichspolizei-
ordnung nach dem Vorſchlag des Hrn. v. Blittersdorf zum Vorſchein
komme, mit einem Polizei- und Zwangsmeiſter in Berlin. Das wahr-
ſcheinlichſte iſt und bleibt daß der Verſuch in Erfurt zwar gemacht wird,
daß derſelbe aber vollſtändig ſcheitert. Die Abneigung der Völker gegen
das Project iſt im Wachſen, und da die Fürſten Hoffnung haben eben-
ſoviel Schutz für ihre dynaſtiſchen Intereſſen in dem weiteren Bund und
zwar mit geringern Opfern der Selbſtändigkeit zu erlangen, ſo wird ihnen
jede Gelegenheit willkommen ſeyn, von dem gegebenen Wort zurückzu-
treten. So erklärt ſich das ganze Bündniß am Ende als eine Verlegen-
heitsmaßregel, die ſo lange hält als die Urſache währt, und mit
ihr von ſelbſt aufhört. Passato il pericolo, gabbato il Santo! Daß
darum doch in Preußen, und ganz beſonders in derjenigen Partei deren
Grundſätze jetzt ſieghaft geworden, der ernſte Wille beſtehe den Bundesſtaat
durchzuführen, dürfen Sie nicht bezweifeln; und ebenſo richtig iſt es daß
ein großer Theil derſelben von den lauterſten Beweggründen geleitet iſt. Sie
glauben wirklich daß nachdem Preußen eine Verfaſſung, wie die gegenwärtige,
gewonnen hat, es mit vollem Fug an die Spitze von Deutſchland treten und
das gemeinſame Vaterland dem Glück und der Größe entgegenführen könne.
Hoffentlich werden Sie ſich auch geſagt ſeyn laſſen daß in der Welt auf das-
jenige was wahr oder was falſch iſt, viel weniger ankommt als auf das was
geglaubt wird. Das Beſſere iſt es was zum Handeln treibt. Es iſt nicht
undenkbar daß das Zurückſchleudern Preußens in ſeiner Verfaſſungsent-
wicklung am Ende was Gutes haben wird. In der Regel iſt nur das ſe-
gensreich und ein bleibendes Eigenthum was durch lange Strebſamkeit
und langen Kampf errungen worden, und daß das preußiſche Volk nicht
ſofort in den Beſitz aller der Immunitäten und Berechtigungen gelangt
iſt welche die octroyirte Verfaſſung vom 5 Dec. 1848 ihm geboten hat,
kann der männlichen Entwicklung, die durch Ringen die Kräfte bewährt
und verſtärkt, und nach Kämpfen zum Ziel gelangt, vielleicht ſehr förder-
lich werden. Freilich droht auch eine große Gefahr. Der Schein-Confti-
tutionalismus hat noch allerwärts die Monarchie untergraben. Wie eine
auf ſogenannter breiter Grundlage errichtete demokratiſche Monarchie ge-
wirkt haben würde, davon läßt ſich nichts ſagen weil die Erfahrung man-
gelt. Einer der Hauptgründe weßhalb die Monarchie durch den Schein-
Conſtitutionalismus leidet, iſt die darin, wie es ſcheint, bedingte Corrup-
tion des Beamtenthums. Daß eine tüchtige Adminiſtration großen Stür-
men widerſtehen kann, iſt in der Geſchichte oft genug bewährt: von Ver-
faſſungen kann man dasſelbe nicht behaupten. Der moraliſche Einfluß
Preußens, das Vertrauen auf ſeine Redlichkeit, der Glaube an ſeine Bil-
dung, an ſeine natürlichen Anſprüche auf Hegemonie, lag in der Höhe auf
welche der Beamtenſtaat ſich geſchwungen hatte. Dieſer Standpunkt ſchien
dem tiefern Blick freilich ſchon in der letzten Regierungsperiode des vori-
[Spaltenumbruch] gen Königs verloren, und wurde unter der jetzigen Regierung durch vieler-
lei Einflüſſe mehr und mehr eingebüßt ohne daß irgendwo ein zuläng-
licher Erſatz ſich hätte finden wollen. Vor dem März 1848 herrſchte, den
Principien des Königs zuwider und doch unter ſeinem Schutze, die Bureau-
kratie, aber all des Adels entkleidet der ſie in einer frühern Zeit geho-
ben und geziert hatte. Doch war die Redlichkeit geblieben und die Hin-
gebung an das Oberhaupt. Wir wollen ſehen ob in dem großen Intriguen-
ſpiel welches man den Conſtitutionalismus, wie wir ihn ſeit 1815 kennen,
nennt, dieſe Eigenſchaften ungeſchmälert verbleiben. Sowie die neue
Verfaſſung das preußiſche Volk in neue Entwicklungsproceſſe zurückwirft,
ſo wird auch Preußen im Verhältniß zu dem übrigen Deutſchland in eine
gleiche Lage dadurch verſetzt. Es iſt ein gar ſchweres Werk eine Verfaſ-
ſung für Deutſchland zu machen, und nur dem Enthuſiasmus oder der
Noth hätte die Improviſation gelingen können. Es find nun bald hun-
dert Jahre daß der alte Moſer vorherſagte: es könne den Deutſchen kein
größeres Unglück widerfahren als wenn ſie ſich eine Verfaſſung ſelber ge-
ben ſollten, und es iſt noch gar nicht lange daß die Worte des Generals
v. Radowitz vor unſern Ohren klangen. In praktiſchen Dingen iſt der
Erfolg ein Gottesurtheil! Dieſes Gottesurtheil iſt in den Minoritätswah-
len zum Erfurter Reichstag geſprochen. Das Volk erwartet nichts mehr
davon. Es knüpft ſich keine, d. h. keine uneigennützige Hoffnung mehr
daran, und wenn Preußen Deutſchlands Führer werden will, ſo muß es
die Berechtigung auf andere Weiſe erwerben, und in der Neugeſtaltung
ſeines Staatslebens damit von vorn anfangen. Ob dieß ein Unglück ſey?
Darüber gibt es verſchiedene Meinungen. Eine wohl berechtigte iſt die
daß die Gegenwart ſich wenig eignet etwas befriedigendes zu ſchaffen. Die
Dynaſtien haben zu viel zu verſchmerzen, zu viel zu beſorgen als daß ſie
einen reinen ungetrübten Blick für die Bedürfniſſe und für die Mittel zu
deren Befriedigung gewinnen könnten. Das Vertrauen im Volk iſt ſo
ſelten geworden daß es keinen Preis mehr hat. Es fragt ſich daher ob
nicht die Fortdauer des Proviſoriums, deſſen Grundlage die bisherige
Bundesgeſetzgebung bildet, noch das günſtigſte wäre. Verſpricht dasſelbe
Kraft und Energie nach außen und nach innen, alſo Befriedigung des
Nationalgefühls und Beruhigung? Können ſich mittlerweile die politi-
ſchen Strebungen die den heutigen Geiſt der Freiheit wach erhalten, den
ſpeciellen Organismen zuwenden, ohne daß ſich die Gegenſätze ſo ſchärfen
daß aus ihnen ſich ein Kampf auf Leben und Tod entwickelt? Sie haben oft aus
meiner Feder geleſen daß die Nichtigkeit der Bundesgewalt in allen nationalen
Angelegenheiten, das Schmerzgefühl darüber und die Unmöglichkeit den gro-
ßen Angelegenheiten Liebe und Eifer zuzuwenden, dahin getrieben habe alle
überſchießenden Kräfte in den kleinen Gebilden als Corroſive wirken zu machen.
Ich habe noch heute dieſe Anſicht; aber ich bin auch überzeugt daß, wenn
es der Bundesgewalt gelungen wäre auch dort noch den politiſchen Geiſt, die
Theilnahme an den öffentlichen Angelegenheiten zu ertödten, der deutſche
Name ein ſchmachvolles Ende genommen haben, und Deutſchland zum
geographiſchen Begriff unfehlbar herabgeſunken ſeyn würde.

Den öfterreichiſchen Zollvereini-
gungsvorſchlägen ſcheint auch von der fremden Diplomatie ein beſonderes
Gewicht beigelegt zu werden; denn man vernimmt daß mehrere auswär-
tige Geſandte die Denkſchrift des Wiener Cabinets durch eigene Couriere
an ihre Regierungen abgeſchickt haben. — Der Antrag in Betreff des An-
ſchluſſes an Erfurt ſoll nun dennoch in einer der nächſten Sitzungen des
geſetzgebenden Körpers zum Vorſchein kommen. Man kann indeſſen nicht
eben behaupten daß die Ausfichten für dieſen Antrag ſich günftiger geſtal-
tet hätten als es vor acht Tagen der Fall war. — Der Main iſt ſeit ge-
ſtern Abend noch um beinahe 2 Schuh (auf 15½) geſtiegen. Die Kais
und ihre Umgebungen find fortwährend unter Waſſer. Da indeſſen der
Eisabgang vom Obermain abgenommen hat, auch für kommende Nacht
Froſt in Ausficht ſteht, ſo dürfte der Wafferſtand wohl ſeinen Höhepunkt
erreicht haben. In unſerer Nachbarſchaft ſcheint beſonders die Umgegend
von Höchſt durch das Hochwaſſer gelitten zu haben; auch die Eiſenbahn
war theilweiſe überfluthet, ohne daß jedoch der Verkehr dadurch gehemmt
worden wäre.

Bayern.

Heute Abend iſt Künſtlerball.
Vergangenes Jahr, wo der deutſche Horizont noch voll von Hoffnungsfternen
war, ließen unſere Künftler den Barbaroſſa aus ſeinem Felſengrabe er-
wachen und brachten uns, ſtatt eines gewöhnlichen Carnevalſcherzes, eine
politiſche Feier: die Auferſtehung des deutſchen Vaterlands in finnigen
Bildern, bei deren Anblick unſer deutſches Gemüth jubelte. Die Ereig-
niſſe welche ſeitdem an uns vorübergegangen, die Enttäuſchung welche
der Begeiſterung gefolgt, machten leider jene ſchöne Darſtellung nach-
träglich zu einem deutſchen Faſchingsſchwank. Unter einem Theil der
Münchner Künſtler ſoll dieſes Jahr in allem Ernſt der Gedanke auf-
getaucht ſeyn die Kehrſeite des vergangenen Jahres allegoriſch aufzufüh-
ren: den Rückzug des Barbaroſſa in den Kyffhäuſer, um im ſteinernen

*) Die Deutſche Ztg., die eben noch über die königl. Botſchaft wahre
Verzweiflungsartikel gebracht hatte, ſtimmt plötzlich, nun die Kammern
Ja geſagt, eine Art Siegeshymnus an.
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[594/0002] ringem Maß vorhanden, ſo iſt immerhin ein Umſchlag zur entſchiedenen Abneigung zu erwarten. Am wenigſten wohl von der Gothaer Partei, die eine zulängliche Dehnbarkeit hat *) und am Ende alles daran ſetzt um keine Gelegenheit zur Apotheoſe oder ſonſt etwas zu verſäumen. Darüber wird man ſich ſchwerlich irgendwo täuſchen daß die Principien welche im eignen Staat die leitenden find, von dem Reichsvorſtand auch in dem Bundesſtaat vertreten werden. Es iſt dieß um ſo gewiſſer, je größere Anſtrengung er in Selbſtverläugnung und Geduld gemacht hat, um dort ſeinen Willen durchzuſetzen. Alle Staaten welche bis jetzt dem Berliner Bündniß beigetreten ſind, hatten aber vor dem März 1848 ſchon eine freiere Verfaſſung, das Volk mehr Self-Government, als Preußen durch die ihrem Abſchluß entgegenreifende erlangen wird: jeder einzelne hat ſeine Bewegung durchgemacht, um zu noch weiteren Entwickelungen zu gelangen, und wenn ſie alle nunmehr nach einem Bundesſtaat ſtreben, ſo geſchieht dieß nicht bloß der äußeren Sicherheit wegen, ſondern um auch eine Garantie für die Dauer der ſogenannten Errungenſchaften zu finden. Dieſe wechſelſeitige Garantie iſt aber nur unter homogenen Theilen des Ganzen zu denken, und nur die Verträge verſprechen Dauer bei welchen jeder einzelne ſeinen Vortheil findet. Der Gang welchen die preußiſche Verfaſſungsangelegenheit genommen hat, ſtellt aber Preußen allen übrigen Theilen des Bundesſtaats fern: es wird zum fremden Element in der Ver- bindung, und nur wenn die übrigen Theilnehmer ſich entſchließen könnten rückwärts zu gehen bis zu dem Punkt auf welchem die politiſchen Zu- ſtände von Preußen ſich jetzt befinden, wäre eine natürliche Anziehung wahrſcheinlich. Unmöglich iſt es freilich nicht daß das in der Welt noch nie erlebte Schauſpiel, wie eine Repräſentantenverſammlung die frei- finnigſte Charte, von der Krone ſelber vorgelegt, bis zum Scheinconſtitu- tionalismus abſtumpft, verflacht und verwäſſert, ſich auch in Erfurt wieder- hole, und daß ſtatt der Reichsverfaſſung vom 26 Mai eine Reichspolizei- ordnung nach dem Vorſchlag des Hrn. v. Blittersdorf zum Vorſchein komme, mit einem Polizei- und Zwangsmeiſter in Berlin. Das wahr- ſcheinlichſte iſt und bleibt daß der Verſuch in Erfurt zwar gemacht wird, daß derſelbe aber vollſtändig ſcheitert. Die Abneigung der Völker gegen das Project iſt im Wachſen, und da die Fürſten Hoffnung haben eben- ſoviel Schutz für ihre dynaſtiſchen Intereſſen in dem weiteren Bund und zwar mit geringern Opfern der Selbſtändigkeit zu erlangen, ſo wird ihnen jede Gelegenheit willkommen ſeyn, von dem gegebenen Wort zurückzu- treten. So erklärt ſich das ganze Bündniß am Ende als eine Verlegen- heitsmaßregel, die ſo lange hält als die Urſache währt, und mit ihr von ſelbſt aufhört. Passato il pericolo, gabbato il Santo! Daß darum doch in Preußen, und ganz beſonders in derjenigen Partei deren Grundſätze jetzt ſieghaft geworden, der ernſte Wille beſtehe den Bundesſtaat durchzuführen, dürfen Sie nicht bezweifeln; und ebenſo richtig iſt es daß ein großer Theil derſelben von den lauterſten Beweggründen geleitet iſt. Sie glauben wirklich daß nachdem Preußen eine Verfaſſung, wie die gegenwärtige, gewonnen hat, es mit vollem Fug an die Spitze von Deutſchland treten und das gemeinſame Vaterland dem Glück und der Größe entgegenführen könne. Hoffentlich werden Sie ſich auch geſagt ſeyn laſſen daß in der Welt auf das- jenige was wahr oder was falſch iſt, viel weniger ankommt als auf das was geglaubt wird. Das Beſſere iſt es was zum Handeln treibt. Es iſt nicht undenkbar daß das Zurückſchleudern Preußens in ſeiner Verfaſſungsent- wicklung am Ende was Gutes haben wird. In der Regel iſt nur das ſe- gensreich und ein bleibendes Eigenthum was durch lange Strebſamkeit und langen Kampf errungen worden, und daß das preußiſche Volk nicht ſofort in den Beſitz aller der Immunitäten und Berechtigungen gelangt iſt welche die octroyirte Verfaſſung vom 5 Dec. 1848 ihm geboten hat, kann der männlichen Entwicklung, die durch Ringen die Kräfte bewährt und verſtärkt, und nach Kämpfen zum Ziel gelangt, vielleicht ſehr förder- lich werden. Freilich droht auch eine große Gefahr. Der Schein-Confti- tutionalismus hat noch allerwärts die Monarchie untergraben. Wie eine auf ſogenannter breiter Grundlage errichtete demokratiſche Monarchie ge- wirkt haben würde, davon läßt ſich nichts ſagen weil die Erfahrung man- gelt. Einer der Hauptgründe weßhalb die Monarchie durch den Schein- Conſtitutionalismus leidet, iſt die darin, wie es ſcheint, bedingte Corrup- tion des Beamtenthums. Daß eine tüchtige Adminiſtration großen Stür- men widerſtehen kann, iſt in der Geſchichte oft genug bewährt: von Ver- faſſungen kann man dasſelbe nicht behaupten. Der moraliſche Einfluß Preußens, das Vertrauen auf ſeine Redlichkeit, der Glaube an ſeine Bil- dung, an ſeine natürlichen Anſprüche auf Hegemonie, lag in der Höhe auf welche der Beamtenſtaat ſich geſchwungen hatte. Dieſer Standpunkt ſchien dem tiefern Blick freilich ſchon in der letzten Regierungsperiode des vori- gen Königs verloren, und wurde unter der jetzigen Regierung durch vieler- lei Einflüſſe mehr und mehr eingebüßt ohne daß irgendwo ein zuläng- licher Erſatz ſich hätte finden wollen. Vor dem März 1848 herrſchte, den Principien des Königs zuwider und doch unter ſeinem Schutze, die Bureau- kratie, aber all des Adels entkleidet der ſie in einer frühern Zeit geho- ben und geziert hatte. Doch war die Redlichkeit geblieben und die Hin- gebung an das Oberhaupt. Wir wollen ſehen ob in dem großen Intriguen- ſpiel welches man den Conſtitutionalismus, wie wir ihn ſeit 1815 kennen, nennt, dieſe Eigenſchaften ungeſchmälert verbleiben. Sowie die neue Verfaſſung das preußiſche Volk in neue Entwicklungsproceſſe zurückwirft, ſo wird auch Preußen im Verhältniß zu dem übrigen Deutſchland in eine gleiche Lage dadurch verſetzt. Es iſt ein gar ſchweres Werk eine Verfaſ- ſung für Deutſchland zu machen, und nur dem Enthuſiasmus oder der Noth hätte die Improviſation gelingen können. Es find nun bald hun- dert Jahre daß der alte Moſer vorherſagte: es könne den Deutſchen kein größeres Unglück widerfahren als wenn ſie ſich eine Verfaſſung ſelber ge- ben ſollten, und es iſt noch gar nicht lange daß die Worte des Generals v. Radowitz vor unſern Ohren klangen. In praktiſchen Dingen iſt der Erfolg ein Gottesurtheil! Dieſes Gottesurtheil iſt in den Minoritätswah- len zum Erfurter Reichstag geſprochen. Das Volk erwartet nichts mehr davon. Es knüpft ſich keine, d. h. keine uneigennützige Hoffnung mehr daran, und wenn Preußen Deutſchlands Führer werden will, ſo muß es die Berechtigung auf andere Weiſe erwerben, und in der Neugeſtaltung ſeines Staatslebens damit von vorn anfangen. Ob dieß ein Unglück ſey? Darüber gibt es verſchiedene Meinungen. Eine wohl berechtigte iſt die daß die Gegenwart ſich wenig eignet etwas befriedigendes zu ſchaffen. Die Dynaſtien haben zu viel zu verſchmerzen, zu viel zu beſorgen als daß ſie einen reinen ungetrübten Blick für die Bedürfniſſe und für die Mittel zu deren Befriedigung gewinnen könnten. Das Vertrauen im Volk iſt ſo ſelten geworden daß es keinen Preis mehr hat. Es fragt ſich daher ob nicht die Fortdauer des Proviſoriums, deſſen Grundlage die bisherige Bundesgeſetzgebung bildet, noch das günſtigſte wäre. Verſpricht dasſelbe Kraft und Energie nach außen und nach innen, alſo Befriedigung des Nationalgefühls und Beruhigung? Können ſich mittlerweile die politi- ſchen Strebungen die den heutigen Geiſt der Freiheit wach erhalten, den ſpeciellen Organismen zuwenden, ohne daß ſich die Gegenſätze ſo ſchärfen daß aus ihnen ſich ein Kampf auf Leben und Tod entwickelt? Sie haben oft aus meiner Feder geleſen daß die Nichtigkeit der Bundesgewalt in allen nationalen Angelegenheiten, das Schmerzgefühl darüber und die Unmöglichkeit den gro- ßen Angelegenheiten Liebe und Eifer zuzuwenden, dahin getrieben habe alle überſchießenden Kräfte in den kleinen Gebilden als Corroſive wirken zu machen. Ich habe noch heute dieſe Anſicht; aber ich bin auch überzeugt daß, wenn es der Bundesgewalt gelungen wäre auch dort noch den politiſchen Geiſt, die Theilnahme an den öffentlichen Angelegenheiten zu ertödten, der deutſche Name ein ſchmachvolles Ende genommen haben, und Deutſchland zum geographiſchen Begriff unfehlbar herabgeſunken ſeyn würde. ǁ Frankfurt a. M., 4 Febr. Den öfterreichiſchen Zollvereini- gungsvorſchlägen ſcheint auch von der fremden Diplomatie ein beſonderes Gewicht beigelegt zu werden; denn man vernimmt daß mehrere auswär- tige Geſandte die Denkſchrift des Wiener Cabinets durch eigene Couriere an ihre Regierungen abgeſchickt haben. — Der Antrag in Betreff des An- ſchluſſes an Erfurt ſoll nun dennoch in einer der nächſten Sitzungen des geſetzgebenden Körpers zum Vorſchein kommen. Man kann indeſſen nicht eben behaupten daß die Ausfichten für dieſen Antrag ſich günftiger geſtal- tet hätten als es vor acht Tagen der Fall war. — Der Main iſt ſeit ge- ſtern Abend noch um beinahe 2 Schuh (auf 15½) geſtiegen. Die Kais und ihre Umgebungen find fortwährend unter Waſſer. Da indeſſen der Eisabgang vom Obermain abgenommen hat, auch für kommende Nacht Froſt in Ausficht ſteht, ſo dürfte der Wafferſtand wohl ſeinen Höhepunkt erreicht haben. In unſerer Nachbarſchaft ſcheint beſonders die Umgegend von Höchſt durch das Hochwaſſer gelitten zu haben; auch die Eiſenbahn war theilweiſe überfluthet, ohne daß jedoch der Verkehr dadurch gehemmt worden wäre. Bayern. ⦿ München, 4 Febr. Heute Abend iſt Künſtlerball. Vergangenes Jahr, wo der deutſche Horizont noch voll von Hoffnungsfternen war, ließen unſere Künftler den Barbaroſſa aus ſeinem Felſengrabe er- wachen und brachten uns, ſtatt eines gewöhnlichen Carnevalſcherzes, eine politiſche Feier: die Auferſtehung des deutſchen Vaterlands in finnigen Bildern, bei deren Anblick unſer deutſches Gemüth jubelte. Die Ereig- niſſe welche ſeitdem an uns vorübergegangen, die Enttäuſchung welche der Begeiſterung gefolgt, machten leider jene ſchöne Darſtellung nach- träglich zu einem deutſchen Faſchingsſchwank. Unter einem Theil der Münchner Künſtler ſoll dieſes Jahr in allem Ernſt der Gedanke auf- getaucht ſeyn die Kehrſeite des vergangenen Jahres allegoriſch aufzufüh- ren: den Rückzug des Barbaroſſa in den Kyffhäuſer, um im ſteinernen *) Die Deutſche Ztg., die eben noch über die königl. Botſchaft wahre Verzweiflungsartikel gebracht hatte, ſtimmt plötzlich, nun die Kammern Ja geſagt, eine Art Siegeshymnus an.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 38, 7. Februar 1850, S. 594. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine38_1850/2>, abgerufen am 21.11.2024.