Allgemeine Zeitung, Nr. 37, 6. Februar 1850.[Spaltenumbruch]
den Professor Müller aus Würzburg, Redacteur der Deutschen Volks- Bacharach, 31 Jan. Eine Correspondeng schildert im Frank- Berlin, 2 Febr. Die Wahlen für Erfurt sind im preußischen g Berlin, 2 Febr. So entschieden man hier das in keiner Be- Mecklenburg. Schwerin, 31 Jan. Der Erlaß der provisori- Oesterreich. * Wien, 2 Febr. Wir erhalten heute durch die Wie- [Spaltenumbruch]
den Profeſſor Müller aus Würzburg, Redacteur der Deutſchen Volks- Bacharach, 31 Jan. Eine Correſpondeng ſchildert im Frank- ☿ Berlin, 2 Febr. Die Wahlen für Erfurt ſind im preußiſchen γ Berlin, 2 Febr. So entſchieden man hier das in keiner Be- Mecklenburg. Schwerin, 31 Jan. Der Erlaß der proviſori- Oeſterreich. * Wien, 2 Febr. Wir erhalten heute durch die Wie- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="jPoliticalNews" n="2"> <div n="3"> <div type="jArticle" n="4"> <p><pb facs="#f0005" n="581"/><cb/> den Profeſſor Müller aus Würzburg, Redacteur der Deutſchen Volks-<lb/> halle, vergebens gegenüberſtellte. Es ſind fünf Männer von Gotha aus<lb/> der Urne hervorgegangen und zwar v. Beckerath, Bürgers, Compes,<lb/> Meviſſen und Stedmann. Widenmann und Zell, an die gedacht war,<lb/> haben in voraus abgelehnt. Wahrſcheinlich gehören Kühlwetter, v. Witt-<lb/> genſtein, Aldenhoven und Viehof als Geſinnungsgenoſſen zu dieſer Gruppe,<lb/> vielleicht auch Bauerband. Die Namen v. Broicher, Peltzer, v. Sole-<lb/> macher v. d. Heydt tragen eine mehr miniſterielle Farbe.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline><hi rendition="#b">Bacharach,</hi> 31 Jan.</dateline> <p>Eine Correſpondeng ſchildert im Frank-<lb/> furter Journal die Waſſerfluth als ebenſo hoch wie 1784. Am Mitt-<lb/> woch (30 Januar) Morgens 4 Uhr ſetzte ſich die Eismaſſe des Rheins<lb/> in Bewegung, blieb aber bald wieder ſtehen, und das Waſſer ſtieg nun ſo<lb/> rafch daß viele Leute davon in den Betten überraſcht wurden. „Noch 20 Häu-<lb/> ſer des Städtchens ſind verſchont; die Kirche iſt zu einem Viehftall umge-<lb/> wandelt! In der Apotheke ſind alle Medicamente verdorben, Mangel an<lb/> Lebensmitteln und Brennmaterial tritt ein, und iſt es nicht abzuſehen,<lb/> wann es enden wird! Geſtern (Mittwoch) Abend abermals Bewegung des<lb/> Eiſes. Das Waſſer trat zurück, ſtieg aber bald wieder wie anfangs. Das<lb/> Eis liegt in ungeheurer Höhe. Hohe Bäume ſind nicht mehr zu ſehen.<lb/> Für diejenigen welche hier bekannt ſind, nur ein Beiſpiel: das maſſive<lb/> Luſthaus auf der Rheininſel vor der Stadt, ſchon vor 1632 erbaut, und<lb/> jeder Eisfahrt in dieſen 220 Jahren trotzend, iſt von den Eismaſſen weg-<lb/> geſchoben worden. An den Gang der Poſten iſt nicht zu denken. Ich gebe<lb/> dieſes Schreiben dem Coblenzer Conducteur mit, und Sie werden es über<lb/> Coblenz und die naſſauiſchen Bäder erhalten. Wir fahren den ganzen Tag in<lb/> den Straßen unſers Städtchens umher, den Unglücklichen Bedürfniſſe rei-<lb/> chend.“ Aehnliche Jammerberichte hört man in der Fr. O.-P.-A.-Z. von<lb/> Lorch. „Das Rheineis hat ſich nämlich an der Lurley und weiter unten der Art<lb/> feſtgeſtellt und aufgethürmt, daß ein Durchgang des Waſſers unmöglich gewor-<lb/> den, und ein Steigen desſelben oberhalb des entſtandenen Eisdammes un-<lb/> vermeidlich ward. Da in Lorch nun noch die Wisper ſich in den Rhein<lb/> ergießt, deren Einſtrömung aber durch den ſtehenden Rhein gehemmt iſt,<lb/> ſo trat dieſelbe aus und ſetzte die auf beiden Seiten ſtehenden Häuſer un-<lb/> ter Waſſer. Die Bewohner flüchteten in die oberen Stöcke, und ſuch-<lb/> ten dabei ihre Hausgeräthe und nothwendigen Lebensmittel zu retten.<lb/> Doch die Gefahr ward bald für manche zu groß, ſo daß ſie um Hülfe rie-<lb/> fen. Es mußten demnach Nachen durch den Flecken gebracht werden, um<lb/> die Unglücklichen aus der Lebensgefahr zu retten. Mittlerweile ſtürzten<lb/> Gefache und Wände ein, und viele Wohnungen ſind dadurch gänzlich un-<lb/> bewohnbar geworden.“ Die Kölniſche Zeitung vom 1 Febr. beſtätigt dieſe<lb/> Berichte. Das Eis bei der Lurley war mehrmals in Bewegung gekom-<lb/> men und hatte ſich zuſammengeſchoben, ſtand aber noch feſt. Von Ober-<lb/> weſel bis zur Lurley hat ſich das Eis ſo hoch aufgethurmt daß es der<lb/> Landſtraße gleichſteht. Bacharach ſteht nebſt mehreren naheliegenden Ort-<lb/> ſchaften großentheils unter Waſſer.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline>☿ <hi rendition="#b">Berlin,</hi> 2 Febr.</dateline> <p>Die Wahlen für Erfurt ſind im preußiſchen<lb/> Staat der großen Mehrheit nach conſervatio-conſtitutionell, d. h. miniſte-<lb/> riell ausgefallen. In Potsdam iſt Patow unterlegen, in Frankfurt<lb/> a. d. O. Simſon, und zwar gegen Urlichs von Greifswalde. Im Mini-<lb/> ſterium herrſcht in Folge der endlichen Löſung der Verfaſſungsdifferenzen<lb/> eine ſehr heitere Stimmung. Unlieb war den Miniſtern daß in der<lb/> ueuen königl. Botſchaft die Fideicommißfrage in der Weiſe berührt wer-<lb/> den ſollte wie es geſchehen; der König beharrte jedoch auf ſeinem Willen,<lb/> und jetzt verſchwindet der Eindruck den man davon fürchtete, in der allge-<lb/> meinen Befriedigung den die Erledigung der Verfaſſungsangelegenheit in<lb/> allen Fractionen der conſervativen Partei hervorgerufen hat. Selbſt die<lb/> Gegner der k. Botſchaft und ihrer weſentlichſten Vorſchläge erklären jetzt<lb/> daß ſie mit dem Ausgang zufrieden ſind. Die Conſtitutionelle Zeitung,<lb/> die auch hier für den wahren Ausdruck der „conſtitutionellen“ Fraction<lb/> gelten darf, hebt in ihrer heutigen Abendnummer die Cardinalpunkte der<lb/> revidirten Verfaſſung hervor, und ſagt dann: „Wir werden es laut und<lb/> entſchieden vertreten — die preußiſche Verfaſſung entſpricht im weſentli-<lb/> chen nicht allein den augenblicklichen Bedürfniſſen, ſondern ſie enthält auch<lb/> die Keime einer gedeihlichen und raſchen Entwickelung!“ So hätte denn<lb/> das <hi rendition="#aq">fait accompli</hi> den vielgeübten Zauber wieder bewährt! Die conſer-<lb/> vative Bevölkerung wird am Tage der Eidablegung ihre Zufriedenheit in<lb/> feſtlichen Mahlzeiten kundgeben, die in verſchiedenen Stadttheilen gehal-<lb/> ten werden ſollen. Eine prächtige Illumination wird folgen. Die Au-<lb/> gen der Anhänger des Miniſteriums ſind jetzt auf Erfurt gerichtet Man<lb/> erwartet daß auch dieſe Angelegenheit eine glückliche Löſung finden werde,<lb/> um ſo mehr als man nicht glaubt daß die Propoſitionen die Oeſterreich<lb/> mit den vier Königreichen machen kann, mit denen der in Erfurt vertre-<lb/> tenen Staaten eine Vergleichung werden aushalten können. Der Mini-<lb/> ſter v. Manteufſel gedenkt mit ſeinem ganzen Bureau nach Erfurt über-<lb/> zuſiedeln. Ein hier verbreitetes Gerücht, wornach Oeſterreich der preu-<lb/><cb/> ßiſchen Regierung die Grundzüge einer neuen deutſchen Verfaſſung vorge-<lb/> legt hätte, iſt, wie ich aus beſter Quelle mittheilen kann, unbegründet.<lb/> Hrn. v. Cornelius iſt die Directorſtelle an der hieſigen Akademie der Künſte<lb/> angeboten worden; er iſt aber nicht geneigt ſie anzunehmen, theils weil<lb/> er fürchtet daß die mit ihr verbundenen Geſchäfte ihn allzuſehr von ſeiner<lb/> künſtleriſchen Thätigkeit abziehen würden, theils auch weil er es für eine<lb/> Ehrenſache halten müßte der Akademie, wenn er einmal ihr Vorſtand<lb/> wäre, einen andern Charakter zu geben, und ein ſolches Unternehmen für<lb/> ihn doch auch viel bedenkliches hätte. Gegenwärtig arbeitet er an dem<lb/> dritten großen Carton zu der königlichen Begräbnißhalle.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline>γ <hi rendition="#b">Berlin,</hi> 2 Febr.</dateline> <p>So entſchieden man hier das in keiner Be-<lb/> ziehung zu rechtfertigende Benehmen des däniſchen Cabinets gegen die<lb/> ſchleswigiſchen Vertrauensmänner mißbilligt, ſo iſt man doch mit den in<lb/> Folge davon von der Statthalterſchaft und den Vertrauensmännern ge-<lb/> thanen Schritten nicht <hi rendition="#g">ganz</hi> einverſtanden. Es macht ſich hier nämlich<lb/> die Anſicht geltend daß der moraliſche Eindruck ein weit größerer und für<lb/> die Sache Schleswigs noch vortheilhafterer geweſen wäre, wenn die Ver-<lb/> trauensmänner, trotz der ungerechten Forderung des König-Herzogs, nach<lb/> Kopenhagen gegangen wären, und dadurch jeden Vorwurf vermieden hät-<lb/> ten der vom Standpunkte der „Legitimität“ aus ihnen gemacht, und mit<lb/> dem von den Dänen gegen die „widerſpenſtigen Rebellen“ nun immer noch<lb/> mit Erfolg wird gewühlt werden. Der weitere Aufenthalt des Grafen<lb/> Rechberg in Frankfurt und ſeine nach Erlöſchen ſeines Creditivs unbe-<lb/> kannte Miſſion daſelbſt hat hier Veranlaſſung zu einer Reclamation nach<lb/> Wien gegeben. Die beiden Cabinette hatten nämlich die Verabredung<lb/> getroffen bei Einſetzung des Interim diejenigen Perſönlichkeiten von<lb/> Frankfurt zurückzuziehen welche unter den früheren Verhältniſſen mit ei-<lb/> ner bedeutenden Thätigkeit im Vordergrunde geſtanden. Preußen hat<lb/> dieſe Verabredung gewiſſenhaft gehalten, und den geheimen Legationsrath<lb/> Balan, Reſidenten und Geſchäftsträger für Frankfurt und mehrere benach-<lb/> barte Höfe, abberufen. Es brachte hiedurch kein geringes Opfer, da die-<lb/> ſer ebenſo verdiente als tüchtige Beamte durch eine Reihe von Jahren jenem<lb/> Poſten vorgeſtanden und mit den Orts- und Sachverhältniſſen ſehr vertraut<lb/> geworden war. Oeſterreichiſcherſeits ſcheint die Abberufung des Grafen<lb/> Rechberg noch nicht erfolgt zu ſeyn. Daher hat man dieſſeits an die<lb/> Verabredung erinnert.</p> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#g">Mecklenburg.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline><hi rendition="#b">Schwerin,</hi> 31 Jan.</dateline> <p>Der Erlaß der proviſori-<lb/> ſchen Bundescommiſſion <hi rendition="#aq">d. d.</hi> 11 Jan. d. J. an das mecklenburg ſchwe-<lb/> rin’ſche Geſammtminiſterium iſt dem Verwaltungsrath zu Berlin zuge-<lb/> ſtellt worden, und derſelbe hat in Folge der Anträge des mecklenburg-<lb/> ſchwerin’ſchen Bevollmächtigten und nach ſtattgehabter Prüfung die-<lb/> ſer Angelegenheit durch eine von ihm hiezu niedergeſetzte Commiſſion in<lb/> ſeiner 76ſten Sitzung unterm 29 Jan. d. J. beſchloſſen: 1) daß der vor-<lb/> liegende Fall nach der Anſicht des Verwaltungsraths allerdings dazu<lb/> geeignet ſey vor einer Verfügung der Bundescommiſſion nach Maßgabe<lb/> der von der preußiſchen Regierung unterm 8 Oct. v. J. ertheilten Zuſage<lb/> zur Kenntniß und Beurtheilung des Verwaltungsraths gebracht zu wer-<lb/> den; 2) daß in dem Erſuchen der Bundescommiſſion um eine Gegenäuße-<lb/> rung noch nicht die Erklärung liege daß ſich dieſelbe zur Entſcheidung<lb/> über die Anwendbarkeit der Verordnung vom 28 Nov. 1817 competent<lb/> erachte, und daß es ſelbſt verſtanden ſey daß über die von dergroßherzogl.<lb/> mecklenburg-ſchwerin’ſchen Regierung vorzubringenden Einwendungen ge-<lb/> gen dieſe Anwendbarkeit vor weiterem Vorſchreiten der Bundescommiſſion<lb/> durch richterliches Urtheil entſchieden werden müſſe; 3) daß in dem Er-<lb/> laſſe der Bundescommiſſion vom 11 d. M. kein eigentliches <hi rendition="#aq">mandatum<lb/> inhibitorium,</hi> ſondern nur eine Abmahnung erblickt werden könne; 4)<lb/> der preußiſchen Regierung die gegenwärtige Verhandlung mit dem Er-<lb/> ſuchen um Erwägung bei der den Bundescommiſſarien zu ertheilenden In-<lb/> ſtruction mitzutheilen. 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Der Cenſus für Innsbruck und<lb/> Trient iſt 10, für die übrigen Städte und die Landgemeinden 5 fl. directe<lb/> Steuer. Die Gränzen von Tirol und Vorarlberg bleiben wie ſie die<lb/> Reichsverfaſſung beſtimmte, und können nur durch ein Geſetz verändert<lb/> werden. Ebenſo wird die Selbſtändigkeit beider Kronländer, ſoweit ſie die<lb/> Reichsverfaſſung nicht beſchränkte, aufrecht erhalten. Die Hauptſtatt iſt<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [581/0005]
den Profeſſor Müller aus Würzburg, Redacteur der Deutſchen Volks-
halle, vergebens gegenüberſtellte. Es ſind fünf Männer von Gotha aus
der Urne hervorgegangen und zwar v. Beckerath, Bürgers, Compes,
Meviſſen und Stedmann. Widenmann und Zell, an die gedacht war,
haben in voraus abgelehnt. Wahrſcheinlich gehören Kühlwetter, v. Witt-
genſtein, Aldenhoven und Viehof als Geſinnungsgenoſſen zu dieſer Gruppe,
vielleicht auch Bauerband. Die Namen v. Broicher, Peltzer, v. Sole-
macher v. d. Heydt tragen eine mehr miniſterielle Farbe.
Bacharach, 31 Jan. Eine Correſpondeng ſchildert im Frank-
furter Journal die Waſſerfluth als ebenſo hoch wie 1784. Am Mitt-
woch (30 Januar) Morgens 4 Uhr ſetzte ſich die Eismaſſe des Rheins
in Bewegung, blieb aber bald wieder ſtehen, und das Waſſer ſtieg nun ſo
rafch daß viele Leute davon in den Betten überraſcht wurden. „Noch 20 Häu-
ſer des Städtchens ſind verſchont; die Kirche iſt zu einem Viehftall umge-
wandelt! In der Apotheke ſind alle Medicamente verdorben, Mangel an
Lebensmitteln und Brennmaterial tritt ein, und iſt es nicht abzuſehen,
wann es enden wird! Geſtern (Mittwoch) Abend abermals Bewegung des
Eiſes. Das Waſſer trat zurück, ſtieg aber bald wieder wie anfangs. Das
Eis liegt in ungeheurer Höhe. Hohe Bäume ſind nicht mehr zu ſehen.
Für diejenigen welche hier bekannt ſind, nur ein Beiſpiel: das maſſive
Luſthaus auf der Rheininſel vor der Stadt, ſchon vor 1632 erbaut, und
jeder Eisfahrt in dieſen 220 Jahren trotzend, iſt von den Eismaſſen weg-
geſchoben worden. An den Gang der Poſten iſt nicht zu denken. Ich gebe
dieſes Schreiben dem Coblenzer Conducteur mit, und Sie werden es über
Coblenz und die naſſauiſchen Bäder erhalten. Wir fahren den ganzen Tag in
den Straßen unſers Städtchens umher, den Unglücklichen Bedürfniſſe rei-
chend.“ Aehnliche Jammerberichte hört man in der Fr. O.-P.-A.-Z. von
Lorch. „Das Rheineis hat ſich nämlich an der Lurley und weiter unten der Art
feſtgeſtellt und aufgethürmt, daß ein Durchgang des Waſſers unmöglich gewor-
den, und ein Steigen desſelben oberhalb des entſtandenen Eisdammes un-
vermeidlich ward. Da in Lorch nun noch die Wisper ſich in den Rhein
ergießt, deren Einſtrömung aber durch den ſtehenden Rhein gehemmt iſt,
ſo trat dieſelbe aus und ſetzte die auf beiden Seiten ſtehenden Häuſer un-
ter Waſſer. Die Bewohner flüchteten in die oberen Stöcke, und ſuch-
ten dabei ihre Hausgeräthe und nothwendigen Lebensmittel zu retten.
Doch die Gefahr ward bald für manche zu groß, ſo daß ſie um Hülfe rie-
fen. Es mußten demnach Nachen durch den Flecken gebracht werden, um
die Unglücklichen aus der Lebensgefahr zu retten. Mittlerweile ſtürzten
Gefache und Wände ein, und viele Wohnungen ſind dadurch gänzlich un-
bewohnbar geworden.“ Die Kölniſche Zeitung vom 1 Febr. beſtätigt dieſe
Berichte. Das Eis bei der Lurley war mehrmals in Bewegung gekom-
men und hatte ſich zuſammengeſchoben, ſtand aber noch feſt. Von Ober-
weſel bis zur Lurley hat ſich das Eis ſo hoch aufgethurmt daß es der
Landſtraße gleichſteht. Bacharach ſteht nebſt mehreren naheliegenden Ort-
ſchaften großentheils unter Waſſer.
☿ Berlin, 2 Febr. Die Wahlen für Erfurt ſind im preußiſchen
Staat der großen Mehrheit nach conſervatio-conſtitutionell, d. h. miniſte-
riell ausgefallen. In Potsdam iſt Patow unterlegen, in Frankfurt
a. d. O. Simſon, und zwar gegen Urlichs von Greifswalde. Im Mini-
ſterium herrſcht in Folge der endlichen Löſung der Verfaſſungsdifferenzen
eine ſehr heitere Stimmung. Unlieb war den Miniſtern daß in der
ueuen königl. Botſchaft die Fideicommißfrage in der Weiſe berührt wer-
den ſollte wie es geſchehen; der König beharrte jedoch auf ſeinem Willen,
und jetzt verſchwindet der Eindruck den man davon fürchtete, in der allge-
meinen Befriedigung den die Erledigung der Verfaſſungsangelegenheit in
allen Fractionen der conſervativen Partei hervorgerufen hat. Selbſt die
Gegner der k. Botſchaft und ihrer weſentlichſten Vorſchläge erklären jetzt
daß ſie mit dem Ausgang zufrieden ſind. Die Conſtitutionelle Zeitung,
die auch hier für den wahren Ausdruck der „conſtitutionellen“ Fraction
gelten darf, hebt in ihrer heutigen Abendnummer die Cardinalpunkte der
revidirten Verfaſſung hervor, und ſagt dann: „Wir werden es laut und
entſchieden vertreten — die preußiſche Verfaſſung entſpricht im weſentli-
chen nicht allein den augenblicklichen Bedürfniſſen, ſondern ſie enthält auch
die Keime einer gedeihlichen und raſchen Entwickelung!“ So hätte denn
das fait accompli den vielgeübten Zauber wieder bewährt! Die conſer-
vative Bevölkerung wird am Tage der Eidablegung ihre Zufriedenheit in
feſtlichen Mahlzeiten kundgeben, die in verſchiedenen Stadttheilen gehal-
ten werden ſollen. Eine prächtige Illumination wird folgen. Die Au-
gen der Anhänger des Miniſteriums ſind jetzt auf Erfurt gerichtet Man
erwartet daß auch dieſe Angelegenheit eine glückliche Löſung finden werde,
um ſo mehr als man nicht glaubt daß die Propoſitionen die Oeſterreich
mit den vier Königreichen machen kann, mit denen der in Erfurt vertre-
tenen Staaten eine Vergleichung werden aushalten können. Der Mini-
ſter v. Manteufſel gedenkt mit ſeinem ganzen Bureau nach Erfurt über-
zuſiedeln. Ein hier verbreitetes Gerücht, wornach Oeſterreich der preu-
ßiſchen Regierung die Grundzüge einer neuen deutſchen Verfaſſung vorge-
legt hätte, iſt, wie ich aus beſter Quelle mittheilen kann, unbegründet.
Hrn. v. Cornelius iſt die Directorſtelle an der hieſigen Akademie der Künſte
angeboten worden; er iſt aber nicht geneigt ſie anzunehmen, theils weil
er fürchtet daß die mit ihr verbundenen Geſchäfte ihn allzuſehr von ſeiner
künſtleriſchen Thätigkeit abziehen würden, theils auch weil er es für eine
Ehrenſache halten müßte der Akademie, wenn er einmal ihr Vorſtand
wäre, einen andern Charakter zu geben, und ein ſolches Unternehmen für
ihn doch auch viel bedenkliches hätte. Gegenwärtig arbeitet er an dem
dritten großen Carton zu der königlichen Begräbnißhalle.
γ Berlin, 2 Febr. So entſchieden man hier das in keiner Be-
ziehung zu rechtfertigende Benehmen des däniſchen Cabinets gegen die
ſchleswigiſchen Vertrauensmänner mißbilligt, ſo iſt man doch mit den in
Folge davon von der Statthalterſchaft und den Vertrauensmännern ge-
thanen Schritten nicht ganz einverſtanden. Es macht ſich hier nämlich
die Anſicht geltend daß der moraliſche Eindruck ein weit größerer und für
die Sache Schleswigs noch vortheilhafterer geweſen wäre, wenn die Ver-
trauensmänner, trotz der ungerechten Forderung des König-Herzogs, nach
Kopenhagen gegangen wären, und dadurch jeden Vorwurf vermieden hät-
ten der vom Standpunkte der „Legitimität“ aus ihnen gemacht, und mit
dem von den Dänen gegen die „widerſpenſtigen Rebellen“ nun immer noch
mit Erfolg wird gewühlt werden. Der weitere Aufenthalt des Grafen
Rechberg in Frankfurt und ſeine nach Erlöſchen ſeines Creditivs unbe-
kannte Miſſion daſelbſt hat hier Veranlaſſung zu einer Reclamation nach
Wien gegeben. Die beiden Cabinette hatten nämlich die Verabredung
getroffen bei Einſetzung des Interim diejenigen Perſönlichkeiten von
Frankfurt zurückzuziehen welche unter den früheren Verhältniſſen mit ei-
ner bedeutenden Thätigkeit im Vordergrunde geſtanden. Preußen hat
dieſe Verabredung gewiſſenhaft gehalten, und den geheimen Legationsrath
Balan, Reſidenten und Geſchäftsträger für Frankfurt und mehrere benach-
barte Höfe, abberufen. Es brachte hiedurch kein geringes Opfer, da die-
ſer ebenſo verdiente als tüchtige Beamte durch eine Reihe von Jahren jenem
Poſten vorgeſtanden und mit den Orts- und Sachverhältniſſen ſehr vertraut
geworden war. Oeſterreichiſcherſeits ſcheint die Abberufung des Grafen
Rechberg noch nicht erfolgt zu ſeyn. Daher hat man dieſſeits an die
Verabredung erinnert.
Mecklenburg.
Schwerin, 31 Jan. Der Erlaß der proviſori-
ſchen Bundescommiſſion d. d. 11 Jan. d. J. an das mecklenburg ſchwe-
rin’ſche Geſammtminiſterium iſt dem Verwaltungsrath zu Berlin zuge-
ſtellt worden, und derſelbe hat in Folge der Anträge des mecklenburg-
ſchwerin’ſchen Bevollmächtigten und nach ſtattgehabter Prüfung die-
ſer Angelegenheit durch eine von ihm hiezu niedergeſetzte Commiſſion in
ſeiner 76ſten Sitzung unterm 29 Jan. d. J. beſchloſſen: 1) daß der vor-
liegende Fall nach der Anſicht des Verwaltungsraths allerdings dazu
geeignet ſey vor einer Verfügung der Bundescommiſſion nach Maßgabe
der von der preußiſchen Regierung unterm 8 Oct. v. J. ertheilten Zuſage
zur Kenntniß und Beurtheilung des Verwaltungsraths gebracht zu wer-
den; 2) daß in dem Erſuchen der Bundescommiſſion um eine Gegenäuße-
rung noch nicht die Erklärung liege daß ſich dieſelbe zur Entſcheidung
über die Anwendbarkeit der Verordnung vom 28 Nov. 1817 competent
erachte, und daß es ſelbſt verſtanden ſey daß über die von dergroßherzogl.
mecklenburg-ſchwerin’ſchen Regierung vorzubringenden Einwendungen ge-
gen dieſe Anwendbarkeit vor weiterem Vorſchreiten der Bundescommiſſion
durch richterliches Urtheil entſchieden werden müſſe; 3) daß in dem Er-
laſſe der Bundescommiſſion vom 11 d. M. kein eigentliches mandatum
inhibitorium, ſondern nur eine Abmahnung erblickt werden könne; 4)
der preußiſchen Regierung die gegenwärtige Verhandlung mit dem Er-
ſuchen um Erwägung bei der den Bundescommiſſarien zu ertheilenden In-
ſtruction mitzutheilen. (Mecklenb. Z)
Oeſterreich.
* Wien, 2 Febr. Wir erhalten heute durch die Wie-
ner Zeitung die Verfaſſung ſür die Grafſchaft Tirol und Vorarlberg,
welche in vielen Stücken höchſt intereſſant iſt, da wir ſchon in den Zah-
len der Deputirten zum Landtage die eigenthümlichen Verhältniſſe dieſes
kleinen Bauernſtaats abgeſpiegelt ſehen. Von den 72 Deputirten fallen auf
die Höchſtbeſteuerten 24. (Bemerkenswerth iſt daß die Oeſterreichiſche
Correſpondenz, deren Facta officielle Glaubwürdigkeit beanſpruchen, vor
einigen Tagen dieſe Zahl auf 20 angab, ſo daß man erſt ſpäter und kurz
vor der Publication ſie auf 24 zu erhöhen ſich entſchloſſen hat.) Auf die
Städte 8 (Innsbruck 2, Trient 2, Brixen, Roveredo, Bregenz, Feldkirch
je einen), auf die Landgemeinden 40. Der Cenſus für Innsbruck und
Trient iſt 10, für die übrigen Städte und die Landgemeinden 5 fl. directe
Steuer. Die Gränzen von Tirol und Vorarlberg bleiben wie ſie die
Reichsverfaſſung beſtimmte, und können nur durch ein Geſetz verändert
werden. Ebenſo wird die Selbſtändigkeit beider Kronländer, ſoweit ſie die
Reichsverfaſſung nicht beſchränkte, aufrecht erhalten. Die Hauptſtatt iſt
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(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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