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Allgemeine Zeitung, Nr. 34, 22. August 1914.

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22. August 1914. Allgemeine Zeitung
[Spaltenumbruch] druck überlassen habe; und ich darf Sie bitten, ein oder zwei Exem-
plare dem Herrn Erzbischof zu übersenden, bei welchem ich, ebenso
wie bei Ihnen selbst, ein gewisses Interesse für diesen Brief glaube
voraussetzen zu dürfen.
Ohne daß ich je den englischen Boden betreten hätte, war ich
doch seit 40 Jahren gewohnt, England als eine zweite geistige Hei-
mat zu betrachten. Ich war nie blind für die dunklen Flecken im
englischen Charakter und in der englischen Geschichte; aber ich habe
mich dadurch nicht abhalten lassen, die großen und edlen Züge im
englischen Wesen unbefangen zu würdigen und viele von den be-
deutenden Männern, die England im Laufe der Jahrhunderte auf
den verschiedensten Gebieten hervorgebracht hat, aufrichtig zu be-
wundern und dankbar zu verehren. In besonders enger Fühlung
stand ich mit der englischen Kirche. Von dem unvergleichlichen
Prayer Book habe ich mich in diesen 40 Jahren überhaupt nie ge-
trennt. Die Bibel habe ich jahraus jahrein nach der vortrefflichen
Ordnung dieses Buches gelesen; seine Gebete sind mir so vertraut
wie die der eigenen Kirche; hier und auswärts habe ich an dem mir
lieb gewordenen englischen Gottesdienste teilgenommen, als wäre
ich darin aufgewachsen; der englischen Gemeinde in München war
ich seit 37 Jahren, ich darf wohl sagen, der treueste Freund. Als
Rev. Cowling mit der nicht leichten Aufgabe hierher kam, eine
neue englische Kirche zu bauen, bin ich ihm dabei mit Rat und Tat
voll herzlicher Freude an die Hand gegangen, und er selber ist denn
auch nicht müde geworden, die Freundschaftsdienste, die ich ihm und
seiner Gemeinde geleistet habe, auf das wärmste anzuerkennen.
Vor vier Wochen von einem längeren Erholungsurlaub zurück-
gekehrt, freute ich mich herzlich darauf, die neue Kirche wieder zu
sehen, die erst im Mai ds. Js. von Bischof Bury eingeweiht worden
ist, und den in Oberammergau geschnitzten Altar: ein schönes, nun
aber tieftrauriges Denkmal deutscher Freundschaft für England und
seine Kirche. Es ist aber nicht mehr dazu gekommen. Am 5. August
hat Rev. Cowling mit Tränen im Auge die Schlüssel der Kirche, an
deren Vollendung ein Stück Lebensarbeit für ihn hängt, einem
meiner Kollegen in der Bayerischen Handelsbank zur Aufbewahrung
übergeben! --
So ist der Brief, den ich ihm geschrieben habe, aus der Erschüt-
terung heraus entstanden, mit der ich eine vierzigjährige Freund-
schaft für das Vaterland Shakespeares und Isaac Newtons wie gif-
tiges Unkraut aus dem Herzen gerissen habe.
Es ist nicht auszusagen und nicht auszudenken, was dieser Krieg
über uns gebracht hat und bringen wird, in welchem wir um unsere
politische und nationale Existenz und, wie ich ohne Uebertreibung
hinzusetzen darf, um alle heiligsten Güter der Menschheit auf Tod
und Leben zu kämpfen haben. Aber von all den schweren und
bitteren Erfahrungen dieser furchtbaren Zeit ist für mich, und ohne
Zweifel für viele, sehr viele von den besten Deutschen, kaum eine
schwerer als die, vor die uns, unter Zustimmung des englischen
Parlaments, das unverantwortliche Verhalten der englischen Regie-
rung gestellt hat. Die verbrecherische Frivolität, womit England
einen solchen Krieg möglich gemacht hat, bringt dem evangelischen
Christentum mehr Schande und Schaden, als die englischen Bibel-
und Missionsgesellschaften in einem Jahrhundert haben Gutes stif-
ten können. Gewiß, es gibt viele Engländer, insbesondere viele
englische Christen, welche die Kriegserklärung Englands an Deutsch-
land genau so rückhaltlos verurteilen wie wir. Wenn sie aber
keinen Versuch machen, diese Verurteilung zum Gemeingut der
öffentlichen Meinung ihres Landes werden zu lassen; wenn sie
nach dem bedenklichen, vor dem christlichen Gewissen unhaltbaren
Grundsatze "right or wrong: my Country!" widerstandslos zu-
sehen, wie England im Bunde mit Frankreich und Belgien und
Rußland, dem Protektor Serbiens, skrupellos über uns herfällt, so
ist es um die abendländische Kulturgemeinschaft endgültig geschehen
und an die Wiederaufnahme einer gemeinsamen Arbeit im Dienste
dieser Kultur, an die Wiederherstellung vertrauensvoller und
freundschaftlicher Beziehungen zwischen Engländern und Deutschen
auf Menschenalter hinaus nicht mehr zu denken: ein Perspektive.
bei der man allerdings nur, wie Harnack vor ein paar Tagen
sich ausgedrückt hat, "das Haupt verhüllen" kann.

In wahrer und wärmster Verehrung bin ich, Hochwürdigster
Herr Bischof,
Ihr
von Herzen ergebener
D. Wilhelm Frhr. v. Pechmann.
[Spaltenumbruch]

An die
Redaktion der Augsburger Postzeitung
Augsbrg.

Sehr verehrliche Redaktion!

Was werden diejenigen Engländer tun, welche in der Teil-
nahme ihres Landes an dem Kriege gegen das Deutsche Reich ein
schweres Unrecht und in der daraus entspringenden Todfeindschaft
zwischen Deutschen und Engländern ein namenloses Unheil er-
kennen? Was können und dürfen wir von diesen Engländern er-
warten? Ist es genug, wenn sie sich unglücklich fühlen und im
stillen seufzen und klagen? Oder dürfen wir hoffen, daß sie sich
ernstlich Mühe geben werden, im Sinne ihrer eigenen Ueberzeugung
auf die irre geleitete öffentliche Meinung einzuwirken? Diese und
ähnliche Fragen sind es, die ich in meinem Briefe an Rev. Cowling
zur Sprache gebracht habe, und sie gehen wirklich nicht nur ihn und
mich an, sondern haben eine über unsere persönlichen Beziehungen
unendlich weit hinausreichende Bedeutung.
Eben deshalb habe ich kein Bedenken getragen, in die Ver-
öffentlichung meines Briefes zu willigen, obwohl mir, als ich ihn
schrieb, der Gedanke an eine solche Veröffentlchung vollkommen
ferne lag.
Aus dem nämlichen Grunde kann ich nun aber die Kritik,
welche der Herr Verfasser der "Streifzüge" in Nr. 378 Ihres hoch-
geschätzten Blattes an der Veröffentlichung übt, in keiner Weise
als begründet anerkennen. Ich bin überrascht, daß Sie dieser
unfreundlichen, aber auch ungerechten Kritik Raum gegeben haben,
und wäre Ihnen dankbar, wenn Sie den Brief selbst, der darin
mehr als ungenügend wiedergegeben wird, mindestens aber die
vorstehenden richtigstellenden Bemerkungen in Ihrem sehr ge-
schätzten Blatte zum Abdruck bringen wollten. Als eine besondere
Freundlichkeit würde ich es betrachten, wenn Ihr hiesiger Herr
Vertreter mir die Ehre seines Besuches schenken und damit Ge-
legenheit geben wollte, mündlich noch einige erläuternde Mitteilun-
gen zu machen, die auf brieflichem Wege vollends bei der außer-
ordentlichen Arbeitslast dieser Tage nicht wohl gemacht werden
können.

Mit ausgezeichneter Hochachtung
Ihr sehr ergebener
D. Wilhelm Frhr. v. Pechmann.


Die franzölischen Befestigungen an der Ostgrenze.

Im Schwäbischen Merkur schreibt Generalmajor z. D.
v. Sprösser:

Von Norden beginnend: Longwy und Montmedy, westlich
Luxemburg; sodann 56 Kilometer westlich Metz: Verdun mit zahl-
reichen, bis zu 12 Kilometer vorgeschobenen Forts, zu beiden
Seiten der Meuse.

Dieser aufwärts folgend schließen den etwa 56 Kilometer be-
tragenden Zwischenraum zwischen Verdun und Toul (an der
Mosel) die Sperrforts Genicourt, Troyon, Paroches, St. Mihiel,
St. Agnant und Liouville, diese beiden dicht nebeneinander, Giron-
ville, Jouy sous les Cotes.

Toul und das 20 Kilometer östlich davon gelegene Nanzig
(an der Meurthe), das selbst nicht befestigt ist, aber von Forts,
von denen wohl Pont St. Vincent das bedeutendste ist, umgeben
ist, bilden eine Lagerfestung von etwa 32 Kilometer Durchmesser.

10 Kilometer östlich Luneville sperrt das Fort Manonviller
die von Avricourt nach Paris führende Eisenbahn.

Das von Nanzig 60 Kilometer süd-südöstlich gelegene
Epinal ist gleichfalls eine starke Fortfestung, deren Bedeutung
durch die Geländeverhältnisse (Straßen im Gebirge) erhöht wird.
Die 60 Kilometer lange Strecke bis zu dem südöstlich Epinal ge-
legenen Belfort ist gedeckt durch sechs am Mosellauf liegende Forts,
deren südlichstes auf dem Ballon de Servance, dicht an der deut-
schen Grenze, liegt, und das an der Savourese liegende Fort Giro-
magny, welches von den Forts von Belfort nur 8 Kilometer ent-
fernt ist.

Belfort selbst ist sehr stark ausgebaut worden; unmittelbar
südlich liegen, bei Montbeliard, der Schweizer Grenze gegenüber,
zugleich die dortigen Eisenbahnen deckend und sperrend, gleichfalls
auf den Höhen westlich der Savoureuse, die den äußersten rechten
Flügel bildenden vier Forts der ersten Linie.

Die zweite Linie wird gebildet, im Süden beginnend, von
Besancon, Dijon, Langres, mit 14 bis 20 vorgeschobenen Werken;

22. Auguſt 1914. Allgemeine Zeitung
[Spaltenumbruch] druck überlaſſen habe; und ich darf Sie bitten, ein oder zwei Exem-
plare dem Herrn Erzbiſchof zu überſenden, bei welchem ich, ebenſo
wie bei Ihnen ſelbſt, ein gewiſſes Intereſſe für dieſen Brief glaube
vorausſetzen zu dürfen.
Ohne daß ich je den engliſchen Boden betreten hätte, war ich
doch ſeit 40 Jahren gewohnt, England als eine zweite geiſtige Hei-
mat zu betrachten. Ich war nie blind für die dunklen Flecken im
engliſchen Charakter und in der engliſchen Geſchichte; aber ich habe
mich dadurch nicht abhalten laſſen, die großen und edlen Züge im
engliſchen Weſen unbefangen zu würdigen und viele von den be-
deutenden Männern, die England im Laufe der Jahrhunderte auf
den verſchiedenſten Gebieten hervorgebracht hat, aufrichtig zu be-
wundern und dankbar zu verehren. In beſonders enger Fühlung
ſtand ich mit der engliſchen Kirche. Von dem unvergleichlichen
Prayer Book habe ich mich in dieſen 40 Jahren überhaupt nie ge-
trennt. Die Bibel habe ich jahraus jahrein nach der vortrefflichen
Ordnung dieſes Buches geleſen; ſeine Gebete ſind mir ſo vertraut
wie die der eigenen Kirche; hier und auswärts habe ich an dem mir
lieb gewordenen engliſchen Gottesdienſte teilgenommen, als wäre
ich darin aufgewachſen; der engliſchen Gemeinde in München war
ich ſeit 37 Jahren, ich darf wohl ſagen, der treueſte Freund. Als
Rev. Cowling mit der nicht leichten Aufgabe hierher kam, eine
neue engliſche Kirche zu bauen, bin ich ihm dabei mit Rat und Tat
voll herzlicher Freude an die Hand gegangen, und er ſelber iſt denn
auch nicht müde geworden, die Freundſchaftsdienſte, die ich ihm und
ſeiner Gemeinde geleiſtet habe, auf das wärmſte anzuerkennen.
Vor vier Wochen von einem längeren Erholungsurlaub zurück-
gekehrt, freute ich mich herzlich darauf, die neue Kirche wieder zu
ſehen, die erſt im Mai ds. Js. von Biſchof Bury eingeweiht worden
iſt, und den in Oberammergau geſchnitzten Altar: ein ſchönes, nun
aber tieftrauriges Denkmal deutſcher Freundſchaft für England und
ſeine Kirche. Es iſt aber nicht mehr dazu gekommen. Am 5. Auguſt
hat Rev. Cowling mit Tränen im Auge die Schlüſſel der Kirche, an
deren Vollendung ein Stück Lebensarbeit für ihn hängt, einem
meiner Kollegen in der Bayeriſchen Handelsbank zur Aufbewahrung
übergeben! —
So iſt der Brief, den ich ihm geſchrieben habe, aus der Erſchüt-
terung heraus entſtanden, mit der ich eine vierzigjährige Freund-
ſchaft für das Vaterland Shakeſpeares und Iſaac Newtons wie gif-
tiges Unkraut aus dem Herzen geriſſen habe.
Es iſt nicht auszuſagen und nicht auszudenken, was dieſer Krieg
über uns gebracht hat und bringen wird, in welchem wir um unſere
politiſche und nationale Exiſtenz und, wie ich ohne Uebertreibung
hinzuſetzen darf, um alle heiligſten Güter der Menſchheit auf Tod
und Leben zu kämpfen haben. Aber von all den ſchweren und
bitteren Erfahrungen dieſer furchtbaren Zeit iſt für mich, und ohne
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ſchwerer als die, vor die uns, unter Zuſtimmung des engliſchen
Parlaments, das unverantwortliche Verhalten der engliſchen Regie-
rung geſtellt hat. Die verbrecheriſche Frivolität, womit England
einen ſolchen Krieg möglich gemacht hat, bringt dem evangeliſchen
Chriſtentum mehr Schande und Schaden, als die engliſchen Bibel-
und Miſſionsgeſellſchaften in einem Jahrhundert haben Gutes ſtif-
ten können. Gewiß, es gibt viele Engländer, insbeſondere viele
engliſche Chriſten, welche die Kriegserklärung Englands an Deutſch-
land genau ſo rückhaltlos verurteilen wie wir. Wenn ſie aber
keinen Verſuch machen, dieſe Verurteilung zum Gemeingut der
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nach dem bedenklichen, vor dem chriſtlichen Gewiſſen unhaltbaren
Grundſatze „right or wrong: my Country!“ widerſtandslos zu-
ſehen, wie England im Bunde mit Frankreich und Belgien und
Rußland, dem Protektor Serbiens, ſkrupellos über uns herfällt, ſo
iſt es um die abendländiſche Kulturgemeinſchaft endgültig geſchehen
und an die Wiederaufnahme einer gemeinſamen Arbeit im Dienſte
dieſer Kultur, an die Wiederherſtellung vertrauensvoller und
freundſchaftlicher Beziehungen zwiſchen Engländern und Deutſchen
auf Menſchenalter hinaus nicht mehr zu denken: ein Perſpektive.
bei der man allerdings nur, wie Harnack vor ein paar Tagen
ſich ausgedrückt hat, „das Haupt verhüllen“ kann.

In wahrer und wärmſter Verehrung bin ich, Hochwürdigſter
Herr Biſchof,
Ihr
von Herzen ergebener
D. Wilhelm Frhr. v. Pechmann.
[Spaltenumbruch]

An die
Redaktion der Augsburger Poſtzeitung
Augsbrg.

Sehr verehrliche Redaktion!

Was werden diejenigen Engländer tun, welche in der Teil-
nahme ihres Landes an dem Kriege gegen das Deutſche Reich ein
ſchweres Unrecht und in der daraus entſpringenden Todfeindſchaft
zwiſchen Deutſchen und Engländern ein namenloſes Unheil er-
kennen? Was können und dürfen wir von dieſen Engländern er-
warten? Iſt es genug, wenn ſie ſich unglücklich fühlen und im
ſtillen ſeufzen und klagen? Oder dürfen wir hoffen, daß ſie ſich
ernſtlich Mühe geben werden, im Sinne ihrer eigenen Ueberzeugung
auf die irre geleitete öffentliche Meinung einzuwirken? Dieſe und
ähnliche Fragen ſind es, die ich in meinem Briefe an Rev. Cowling
zur Sprache gebracht habe, und ſie gehen wirklich nicht nur ihn und
mich an, ſondern haben eine über unſere perſönlichen Beziehungen
unendlich weit hinausreichende Bedeutung.
Eben deshalb habe ich kein Bedenken getragen, in die Ver-
öffentlichung meines Briefes zu willigen, obwohl mir, als ich ihn
ſchrieb, der Gedanke an eine ſolche Veröffentlchung vollkommen
ferne lag.
Aus dem nämlichen Grunde kann ich nun aber die Kritik,
welche der Herr Verfaſſer der „Streifzüge“ in Nr. 378 Ihres hoch-
geſchätzten Blattes an der Veröffentlichung übt, in keiner Weiſe
als begründet anerkennen. Ich bin überraſcht, daß Sie dieſer
unfreundlichen, aber auch ungerechten Kritik Raum gegeben haben,
und wäre Ihnen dankbar, wenn Sie den Brief ſelbſt, der darin
mehr als ungenügend wiedergegeben wird, mindeſtens aber die
vorſtehenden richtigſtellenden Bemerkungen in Ihrem ſehr ge-
ſchätzten Blatte zum Abdruck bringen wollten. Als eine beſondere
Freundlichkeit würde ich es betrachten, wenn Ihr hieſiger Herr
Vertreter mir die Ehre ſeines Beſuches ſchenken und damit Ge-
legenheit geben wollte, mündlich noch einige erläuternde Mitteilun-
gen zu machen, die auf brieflichem Wege vollends bei der außer-
ordentlichen Arbeitslaſt dieſer Tage nicht wohl gemacht werden
können.

Mit ausgezeichneter Hochachtung
Ihr ſehr ergebener
D. Wilhelm Frhr. v. Pechmann.


Die franzöliſchen Befeſtigungen an der Oſtgrenze.

Im Schwäbiſchen Merkur ſchreibt Generalmajor z. D.
v. Spröſſer:

Von Norden beginnend: Longwy und Montmédy, weſtlich
Luxemburg; ſodann 56 Kilometer weſtlich Metz: Verdun mit zahl-
reichen, bis zu 12 Kilometer vorgeſchobenen Forts, zu beiden
Seiten der Meuſe.

Dieſer aufwärts folgend ſchließen den etwa 56 Kilometer be-
tragenden Zwiſchenraum zwiſchen Verdun und Toul (an der
Moſel) die Sperrforts Génicourt, Troyon, Paroches, St. Mihiel,
St. Agnant und Liouville, dieſe beiden dicht nebeneinander, Giron-
ville, Jouy ſous les Côtes.

Toul und das 20 Kilometer öſtlich davon gelegene Nanzig
(an der Meurthe), das ſelbſt nicht befeſtigt iſt, aber von Forts,
von denen wohl Pont St. Vincent das bedeutendſte iſt, umgeben
iſt, bilden eine Lagerfeſtung von etwa 32 Kilometer Durchmeſſer.

10 Kilometer öſtlich Luneville ſperrt das Fort Manonviller
die von Avricourt nach Paris führende Eiſenbahn.

Das von Nanzig 60 Kilometer ſüd-ſüdöſtlich gelegene
Epinal iſt gleichfalls eine ſtarke Fortfeſtung, deren Bedeutung
durch die Geländeverhältniſſe (Straßen im Gebirge) erhöht wird.
Die 60 Kilometer lange Strecke bis zu dem ſüdöſtlich Epinal ge-
legenen Belfort iſt gedeckt durch ſechs am Moſellauf liegende Forts,
deren ſüdlichſtes auf dem Ballon de Servance, dicht an der deut-
ſchen Grenze, liegt, und das an der Savoureſe liegende Fort Giro-
magny, welches von den Forts von Belfort nur 8 Kilometer ent-
fernt iſt.

Belfort ſelbſt iſt ſehr ſtark ausgebaut worden; unmittelbar
ſüdlich liegen, bei Montbéliard, der Schweizer Grenze gegenüber,
zugleich die dortigen Eiſenbahnen deckend und ſperrend, gleichfalls
auf den Höhen weſtlich der Savoureuſe, die den äußerſten rechten
Flügel bildenden vier Forts der erſten Linie.

Die zweite Linie wird gebildet, im Süden beginnend, von
Beſançon, Dijon, Langres, mit 14 bis 20 vorgeſchobenen Werken;

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[523/0009] 22. Auguſt 1914. Allgemeine Zeitung druck überlaſſen habe; und ich darf Sie bitten, ein oder zwei Exem- plare dem Herrn Erzbiſchof zu überſenden, bei welchem ich, ebenſo wie bei Ihnen ſelbſt, ein gewiſſes Intereſſe für dieſen Brief glaube vorausſetzen zu dürfen. Ohne daß ich je den engliſchen Boden betreten hätte, war ich doch ſeit 40 Jahren gewohnt, England als eine zweite geiſtige Hei- mat zu betrachten. Ich war nie blind für die dunklen Flecken im engliſchen Charakter und in der engliſchen Geſchichte; aber ich habe mich dadurch nicht abhalten laſſen, die großen und edlen Züge im engliſchen Weſen unbefangen zu würdigen und viele von den be- deutenden Männern, die England im Laufe der Jahrhunderte auf den verſchiedenſten Gebieten hervorgebracht hat, aufrichtig zu be- wundern und dankbar zu verehren. In beſonders enger Fühlung ſtand ich mit der engliſchen Kirche. Von dem unvergleichlichen Prayer Book habe ich mich in dieſen 40 Jahren überhaupt nie ge- trennt. Die Bibel habe ich jahraus jahrein nach der vortrefflichen Ordnung dieſes Buches geleſen; ſeine Gebete ſind mir ſo vertraut wie die der eigenen Kirche; hier und auswärts habe ich an dem mir lieb gewordenen engliſchen Gottesdienſte teilgenommen, als wäre ich darin aufgewachſen; der engliſchen Gemeinde in München war ich ſeit 37 Jahren, ich darf wohl ſagen, der treueſte Freund. Als Rev. Cowling mit der nicht leichten Aufgabe hierher kam, eine neue engliſche Kirche zu bauen, bin ich ihm dabei mit Rat und Tat voll herzlicher Freude an die Hand gegangen, und er ſelber iſt denn auch nicht müde geworden, die Freundſchaftsdienſte, die ich ihm und ſeiner Gemeinde geleiſtet habe, auf das wärmſte anzuerkennen. Vor vier Wochen von einem längeren Erholungsurlaub zurück- gekehrt, freute ich mich herzlich darauf, die neue Kirche wieder zu ſehen, die erſt im Mai ds. Js. von Biſchof Bury eingeweiht worden iſt, und den in Oberammergau geſchnitzten Altar: ein ſchönes, nun aber tieftrauriges Denkmal deutſcher Freundſchaft für England und ſeine Kirche. Es iſt aber nicht mehr dazu gekommen. Am 5. Auguſt hat Rev. Cowling mit Tränen im Auge die Schlüſſel der Kirche, an deren Vollendung ein Stück Lebensarbeit für ihn hängt, einem meiner Kollegen in der Bayeriſchen Handelsbank zur Aufbewahrung übergeben! — So iſt der Brief, den ich ihm geſchrieben habe, aus der Erſchüt- terung heraus entſtanden, mit der ich eine vierzigjährige Freund- ſchaft für das Vaterland Shakeſpeares und Iſaac Newtons wie gif- tiges Unkraut aus dem Herzen geriſſen habe. Es iſt nicht auszuſagen und nicht auszudenken, was dieſer Krieg über uns gebracht hat und bringen wird, in welchem wir um unſere politiſche und nationale Exiſtenz und, wie ich ohne Uebertreibung hinzuſetzen darf, um alle heiligſten Güter der Menſchheit auf Tod und Leben zu kämpfen haben. Aber von all den ſchweren und bitteren Erfahrungen dieſer furchtbaren Zeit iſt für mich, und ohne Zweifel für viele, ſehr viele von den beſten Deutſchen, kaum eine ſchwerer als die, vor die uns, unter Zuſtimmung des engliſchen Parlaments, das unverantwortliche Verhalten der engliſchen Regie- rung geſtellt hat. Die verbrecheriſche Frivolität, womit England einen ſolchen Krieg möglich gemacht hat, bringt dem evangeliſchen Chriſtentum mehr Schande und Schaden, als die engliſchen Bibel- und Miſſionsgeſellſchaften in einem Jahrhundert haben Gutes ſtif- ten können. Gewiß, es gibt viele Engländer, insbeſondere viele engliſche Chriſten, welche die Kriegserklärung Englands an Deutſch- land genau ſo rückhaltlos verurteilen wie wir. Wenn ſie aber keinen Verſuch machen, dieſe Verurteilung zum Gemeingut der öffentlichen Meinung ihres Landes werden zu laſſen; wenn ſie nach dem bedenklichen, vor dem chriſtlichen Gewiſſen unhaltbaren Grundſatze „right or wrong: my Country!“ widerſtandslos zu- ſehen, wie England im Bunde mit Frankreich und Belgien und Rußland, dem Protektor Serbiens, ſkrupellos über uns herfällt, ſo iſt es um die abendländiſche Kulturgemeinſchaft endgültig geſchehen und an die Wiederaufnahme einer gemeinſamen Arbeit im Dienſte dieſer Kultur, an die Wiederherſtellung vertrauensvoller und freundſchaftlicher Beziehungen zwiſchen Engländern und Deutſchen auf Menſchenalter hinaus nicht mehr zu denken: ein Perſpektive. bei der man allerdings nur, wie Harnack vor ein paar Tagen ſich ausgedrückt hat, „das Haupt verhüllen“ kann. In wahrer und wärmſter Verehrung bin ich, Hochwürdigſter Herr Biſchof, Ihr von Herzen ergebener D. Wilhelm Frhr. v. Pechmann. München, 18. Auguſt 1914. An die Redaktion der Augsburger Poſtzeitung Augsbrg. Sehr verehrliche Redaktion! Was werden diejenigen Engländer tun, welche in der Teil- nahme ihres Landes an dem Kriege gegen das Deutſche Reich ein ſchweres Unrecht und in der daraus entſpringenden Todfeindſchaft zwiſchen Deutſchen und Engländern ein namenloſes Unheil er- kennen? Was können und dürfen wir von dieſen Engländern er- warten? Iſt es genug, wenn ſie ſich unglücklich fühlen und im ſtillen ſeufzen und klagen? Oder dürfen wir hoffen, daß ſie ſich ernſtlich Mühe geben werden, im Sinne ihrer eigenen Ueberzeugung auf die irre geleitete öffentliche Meinung einzuwirken? Dieſe und ähnliche Fragen ſind es, die ich in meinem Briefe an Rev. Cowling zur Sprache gebracht habe, und ſie gehen wirklich nicht nur ihn und mich an, ſondern haben eine über unſere perſönlichen Beziehungen unendlich weit hinausreichende Bedeutung. Eben deshalb habe ich kein Bedenken getragen, in die Ver- öffentlichung meines Briefes zu willigen, obwohl mir, als ich ihn ſchrieb, der Gedanke an eine ſolche Veröffentlchung vollkommen ferne lag. Aus dem nämlichen Grunde kann ich nun aber die Kritik, welche der Herr Verfaſſer der „Streifzüge“ in Nr. 378 Ihres hoch- geſchätzten Blattes an der Veröffentlichung übt, in keiner Weiſe als begründet anerkennen. Ich bin überraſcht, daß Sie dieſer unfreundlichen, aber auch ungerechten Kritik Raum gegeben haben, und wäre Ihnen dankbar, wenn Sie den Brief ſelbſt, der darin mehr als ungenügend wiedergegeben wird, mindeſtens aber die vorſtehenden richtigſtellenden Bemerkungen in Ihrem ſehr ge- ſchätzten Blatte zum Abdruck bringen wollten. Als eine beſondere Freundlichkeit würde ich es betrachten, wenn Ihr hieſiger Herr Vertreter mir die Ehre ſeines Beſuches ſchenken und damit Ge- legenheit geben wollte, mündlich noch einige erläuternde Mitteilun- gen zu machen, die auf brieflichem Wege vollends bei der außer- ordentlichen Arbeitslaſt dieſer Tage nicht wohl gemacht werden können. Mit ausgezeichneter Hochachtung Ihr ſehr ergebener D. Wilhelm Frhr. v. Pechmann. Die franzöliſchen Befeſtigungen an der Oſtgrenze. Im Schwäbiſchen Merkur ſchreibt Generalmajor z. D. v. Spröſſer: Von Norden beginnend: Longwy und Montmédy, weſtlich Luxemburg; ſodann 56 Kilometer weſtlich Metz: Verdun mit zahl- reichen, bis zu 12 Kilometer vorgeſchobenen Forts, zu beiden Seiten der Meuſe. Dieſer aufwärts folgend ſchließen den etwa 56 Kilometer be- tragenden Zwiſchenraum zwiſchen Verdun und Toul (an der Moſel) die Sperrforts Génicourt, Troyon, Paroches, St. Mihiel, St. Agnant und Liouville, dieſe beiden dicht nebeneinander, Giron- ville, Jouy ſous les Côtes. Toul und das 20 Kilometer öſtlich davon gelegene Nanzig (an der Meurthe), das ſelbſt nicht befeſtigt iſt, aber von Forts, von denen wohl Pont St. Vincent das bedeutendſte iſt, umgeben iſt, bilden eine Lagerfeſtung von etwa 32 Kilometer Durchmeſſer. 10 Kilometer öſtlich Luneville ſperrt das Fort Manonviller die von Avricourt nach Paris führende Eiſenbahn. Das von Nanzig 60 Kilometer ſüd-ſüdöſtlich gelegene Epinal iſt gleichfalls eine ſtarke Fortfeſtung, deren Bedeutung durch die Geländeverhältniſſe (Straßen im Gebirge) erhöht wird. Die 60 Kilometer lange Strecke bis zu dem ſüdöſtlich Epinal ge- legenen Belfort iſt gedeckt durch ſechs am Moſellauf liegende Forts, deren ſüdlichſtes auf dem Ballon de Servance, dicht an der deut- ſchen Grenze, liegt, und das an der Savoureſe liegende Fort Giro- magny, welches von den Forts von Belfort nur 8 Kilometer ent- fernt iſt. Belfort ſelbſt iſt ſehr ſtark ausgebaut worden; unmittelbar ſüdlich liegen, bei Montbéliard, der Schweizer Grenze gegenüber, zugleich die dortigen Eiſenbahnen deckend und ſperrend, gleichfalls auf den Höhen weſtlich der Savoureuſe, die den äußerſten rechten Flügel bildenden vier Forts der erſten Linie. Die zweite Linie wird gebildet, im Süden beginnend, von Beſançon, Dijon, Langres, mit 14 bis 20 vorgeſchobenen Werken;

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Christopher Georgi, Susanne Haaf, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 34, 22. August 1914, S. 523. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine34_1914/9>, abgerufen am 21.11.2024.