Allgemeine Zeitung, Nr. 344, 12. Dezember 1890.München, Freitag Allgemeine Zeitung 12. December 1890. Morgenblatt Nr. 344. [Spaltenumbruch]
absichtigt. Die Sparsamkeit, der man jetzt in Berlin so eifrig das Der Kaiser hat bei dem jüngsten Empfange der türlischen * Die Rang- und Quartierliste der kaiserlich deut- * Koblenz, 10. Dec. Gestern war es ein Jahr, seit die "Karlsruhe, Oesterreich-Ungarn. * Wien, 10. Dec. In Uebereinstimmung mit Berliner "Schon vor einiger Zeit hatte unser Warschauer Corre- Niederlande. .//. Haag, 9. Dec. Wie am 20. v. M. als Regentin, Serbien. ## Belgrad, 9. Dec. Bis zur letzten Stunde zweifelte mit einem Worte zurückzukommen, bietet die Möglichkeit, sich München, Freitag Allgemeine Zeitung 12. December 1890. Morgenblatt Nr. 344. [Spaltenumbruch]
abſichtigt. Die Sparſamkeit, der man jetzt in Berlin ſo eifrig das Der Kaiſer hat bei dem jüngſten Empfange der türliſchen * Die Rang- und Quartierliſte der kaiſerlich deut- * Koblenz, 10. Dec. Geſtern war es ein Jahr, ſeit die „Karlsruhe, Oeſterreich-Ungarn. * Wien, 10. Dec. In Uebereinſtimmung mit Berliner „Schon vor einiger Zeit hatte unſer Warſchauer Corre- Niederlande. .//. Haag, 9. Dec. Wie am 20. v. M. als Regentin, Serbien. ## Belgrad, 9. Dec. Bis zur letzten Stunde zweifelte mit einem Worte zurückzukommen, bietet die Möglichkeit, ſich <TEI> <text> <body> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div xml:id="a2a" next="#a2b" type="jComment" n="2"> <pb facs="#f0002" n="2"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">München, Freitag Allgemeine Zeitung 12. December 1890. Morgenblatt Nr. 344.</hi> </fw><lb/> <cb/> </div> </div> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div xml:id="a1b" prev="#a1a" type="jArticle" n="3"> <cit> <quote>abſichtigt. Die Sparſamkeit, der man jetzt in Berlin ſo eifrig das<lb/> Wort redet, könnte ſich bitter rächen, ja vielleicht das Schickſal<lb/> Emin Paſchas beſiegeln! Später, nach Jahren, falls wieder eine<lb/> Kraſt, wie die Emins zu unſrer Verfügung ſteht und mehr Ver-<lb/> ſtändniß für den Werth dieſer im fernen Nordweſten unſres afri-<lb/> kaniſchen Colonialbeſitzes gelegenen Landſchaften vorhanden iſt,<lb/> dann wird man die jetzt mit anſcheinend ſo großer Leichtigkeit ins<lb/> Werk geſetzte Unternehmen von neuem und mit vermehrten An-<lb/> ſtrengungen zu beginnen haben. Ob das Heraufbeſchwören einer<lb/> derartigen Zufälligkeit die jetzt angeſtrebte Erſparniß von<lb/> 100,000 Mark werth ſei, überlaſſe ich denjenigen zur Entſcheidung,<lb/> welche ſich der Ueberzeugung hingeben, daß eine im Reichsbudget<lb/> vorgebrachte Erſparnißziffer von dieſem Betrag irgendwelchen Ein-<lb/> fluß auf die Haltung der der Regierung oppoſitionellen Parteien<lb/> auszuüben vermag.“</quote> </cit><lb/> <p>Der <hi rendition="#g">Kaiſer</hi> hat bei dem jüngſten Empfange der türliſchen<lb/> Officiere den General v. <hi rendition="#g">Hobe Paſcha,</hi> welcher Oberſtlieutenant<lb/> der preußiſchen Armee iſt, zum Oberſten befördert.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>* Die <hi rendition="#g">Rang- und Quartierliſte der kaiſerlich deut-<lb/> ſchen Marine für das Jahr</hi> 1891 (abgeſchloſſen am 30. No-<lb/> vember 1890) iſt ſoeben im Mittler’ſchen Verlage erſchienen. Als<lb/> Redaction zeichnet auf dem Titel das Obercommando der Marine.<lb/> Eintheilung und Ausſtattung gleichen der vorjährigen Rangliſte,<lb/> doch iſt der Vergrößerung der Marine entſprechend die Seitenzahl<lb/> von 167 auf 175 angewachſen. Bei den wiſſenſchaftlichen Inſti-<lb/> tuten iſt Contreadmiral v. Reiche, an Stelle des Contreadmirals<lb/> Schering, an die Spitze getreten. Bei der Schiffsprüfungscommiſſion<lb/> iſt die Zahl der Officiere auf 5, beim Torpedoverſuchscommando<lb/> auf 8 geſtiegen. Zu den Lazarethen iſt das Lazareth zu Lehe zu-<lb/> getreten. Die Zahl der Viceadmirale iſt auf 5 geſtiegen, die der<lb/> Contreadmirale iſt ſich gleich geblieben (10). In der Liſte der<lb/> Schiffe und Fahrzeuge finden wir 12 Panzerſchiffe, 16 Panzer<lb/> fahrzeuge, 4 Kreuzerfregatten, 14 Kreuzercowetten, 5 Kreuzer,<lb/> 3 Kanonenboote, 8 Aviſos, 11 Schulſchiffe und Fahrzeuge und<lb/> 8 Schiffe zu „anderen Zwecken“ verzeichnet, unter letzteren Yacht<lb/> „Hohenzollern“ und „Nachtigal“ in Kamerun. Die im Bau befind-<lb/> lichen Schiffe ſind hier nicht inbegriffen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline>* <hi rendition="#b">Koblenz,</hi> 10. Dec.</dateline> <p>Geſtern war es ein Jahr, ſeit die<lb/> hochſelige <hi rendition="#g">Kaiſerin Auguſta</hi> ihren letzten Aufenthalt in<lb/> Koblenz beendete. Zu dieſem Gedenktage iſt von der <hi rendition="#g">Groß-<lb/> herzogin von Baden</hi> folgendes <hi rendition="#g">Telegramm an das<lb/> hieſige Oberbürgermeiſteramt</hi> gelangt:</p> <floatingText> <body> <div n="1"> <p>„Karlsruhe,<lb/> den 9. December 1890. Es iſt heute ein Jahr, daß meine theure, in<lb/> Gott ruhende Mutter die Stadt verließ, an welcher ihr Herz<lb/> mit beſonderer Liebe hing. Meine Gedanken weilen in<lb/> tiefer Bewegung bei der Abſchiedsſtunde von damals und dem<lb/> ſchmerzlichen Vermiſſen von heute. In der tiefen Trauer um die<lb/> Unvergeßliche weiß ich mich gerade an dieſem Tage ganz beſonder-<lb/> mit den Einwohnern von Koblenz verbunden, deren Dankbarkei<lb/> auch über das Grab hinaus der geliebten Heimgegangenen be-<lb/> wahrt bleiben wird. Möge der Segen der Verklärten ferner über<lb/> der Stätte ihres langjährigen Wirkens und ihrer reichen Fürſorge<lb/> weilen.</p> <byline><hi rendition="#g">Luiſe,</hi> Großherzogin.“</byline> </div> </body> </floatingText> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Oeſterreich-Ungarn.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline>* <hi rendition="#b">Wien,</hi> 10. Dec.</dateline> <p>In Uebereinſtimmung mit Berliner<lb/> und St. Petersburger Nachrichten über die <hi rendition="#g">fortſchreitende<lb/> ruſſiſche Mobiliſirung</hi> meldet nun auch die hieſige „Reichs-<lb/> wehr“:</p> <cit> <quote>„Schon vor einiger Zeit hatte unſer Warſchauer Corre-<lb/> ſpondent eine bevorſtehende Standeserhöhung der zunächſt der<lb/> Weſtgrenze dislocirten ruſſiſchen Neſervebataillone ſignaliſirt.<lb/> Dieſe Maßregel ſcheint nunmehr wirklich durchgeführt zu werden,<lb/> denn in der letzten Nummer des „Invaliden“ finden wir die<lb/> Vermehrung des 28., 73., 79. und 80. Reſervebataillons um<lb/> je eine 5. Compagnie, des 33., 44., 47. und 65. Reſervebataillons<lb/> um je zwei Compagnien, ſomit auf je ſechs Compagnien an-<lb/> geordnet. Die Standquartiere dieſer Reſervebataillone ſind folgende:<lb/> Nr. 28: Moskau; Nr. 33: Wjasniki (Gouvernement Wladi-<lb/> mir); Nr. 44: Sarajek (Gouvernement Rjäſan); Nr. 47:<lb/> Gſchatsk (Gouvernement Smolensk); Nr. 65: Murom; Nr. 73:<lb/> Moskau; Nr. 79: Wladimir; Nr. 80: Niſchnij-Nowgorod.<lb/> Dieſen Standesvermehrungen dürften bald weitere in größerem<lb/> Maßſtabe folgen und insbeſondere ſoll, wie uns aus Warſchau<lb/> berichtet wird, die bereits begonnene Umgeſtaltung der in Con-<lb/> greß-Polen und an der Südweſtgrenze dislocirten Reſerve-<lb/> Bataillone in Negimenter allgemein durchgeführt werden. <hi rendition="#g">Dies<lb/> kommt einer ſtetigen, wenn auch langſamen Mobi-<lb/><cb/> liſirung der Reſerve-Infanterie-Truppendivi-<lb/> ſionen gleich.</hi>“</quote> </cit> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Niederlande.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline>.//. <hi rendition="#b">Haag,</hi> 9. Dec.</dateline> <p>Wie am 20. v. M. als Regentin,<lb/> in Folge der Regierungsunfähigkeit des inzwiſchen verſtorbenen<lb/> Landesherrn, ſo hatte die <hi rendition="#g">Königin-Wittwe</hi> geſtern mit<lb/> Rückſicht auf die Minderjährigkeit ihrer Tochter, der Königin<lb/> Wilhelmine, in einer gemeinſchaftlichen Sitzung beider Kammern,<lb/> den <hi rendition="#g">Eid der Treue</hi> als Regentin und Vormünderin zu<lb/> leiſten. Das Programm beider Feierlichkeiten war überein-<lb/> ſtimmend. Die hohe Frau war diesmal im Trauergewand,<lb/> das Antlitz mit einem faſt undurchſichtigen Schleier bedeckt,<lb/> welcher im Saal zurückgeſchlagen wurde. Ebenſo hatten die<lb/> im Saale und anf den überfüllten Galerien anweſenden<lb/> Herren und Damen Trauerabzeichen angelegt. Nachdem die<lb/> Königin-Regentin, von einem Ausſchuſſe von Mitgliedern<lb/> beider Kammern geführt, den Saal betreten und den neben<lb/> dem Thron aufgeſtellten Seſſel eingenommen hatte, wurde ſie<lb/> von dem Vorſitzenden, Hrn. van Naamen van Eemnes, be-<lb/> grüßt. Derſelbe wies auf den Schatz hin, welchen der nun<lb/> verſtorbene König der Nation in der Königin Wilhelmine,<lb/> mit der Regentin zur Führerin, hinterlaſſen habe. „Die<lb/> niederländiſche Nation,“ fügte der Redner hinzu, „erblickt in<lb/> ihrer jugendlichen Königin das Bild einer ſchönen Zukunft,<lb/> denn ſie iſt überzeugt, daß ihre Heranbildung und Erziehung<lb/> in den Händen Ihrer Majeſtät der Regentin und Vormün-<lb/> derin vollkommen geſichert iſt.“ Hierauf erhob ſich die<lb/> Königin, ſichtbar tief gerührt, höchſt würdevoll und verlas von<lb/> einem Blatt Papier den Eid der Treue gegen die Königin<lb/> und gegen die Verfaſſung, indem ſie zugleich verſprach, alle<lb/> ihr durch die Vormundſchaft auferlegten Verpflichtungen<lb/> erfüllen und ganz beſonders beſtrebt ſein zu wollen, der<lb/> Königin Treue gegen die Verfaſſung und Liebe zur Nation<lb/> inzuflößen. Letzterer Satz wurde von der Regentin ganz be-<lb/> ſonders betont. Der Vorſitzende ergriff alsdann von neuem<lb/> das Wort, indem er den Wunſch zum Ausdruck brachte, daß<lb/> der Segen des Allerhöchſten auf der Erfüllung der dankbaren,<lb/> aber ſchwierigen Aufgabe der Regentin und Vormünderin<lb/> ruhen möge. Hiemit war der feierliche Act beendigt. Kurz<lb/> nachher traten beide <hi rendition="#g">Kammern</hi> zu einer neuen gemein-<lb/> ſchaftlichen Sitzung zuſammen. Diesmal galt es der Eides-<lb/> leiſtung der acht Mitglieder des Vormundſchaftsrathes, von<lb/> welchen drei vom hochſeligen König (ein ernanntes Mitglied,<lb/> der chemalige Vorſitzende der Erſten Kammer, Frhr. Schimmel-<lb/> venninck van der Oye, iſt inzwiſchen mit Tod abgegangen) und<lb/> fünf von den beiden Kammern beſtimmt wurden. Erſtere drei<lb/> ſind die Kammerherren des hochſeligen Königs, Frhr<lb/> van Goltſtein tot Oldenaller, Frhr. van Brienen,<lb/> van de Groote Lindt und der Abgeordnete Jonkheer<lb/> Ro<hi rendition="#aq">ë</hi>ll; die von der Kammer Gewählten ſind folgende: der<lb/> Vicepräſident des Staatsrathes, das älteſte Mitglied dieſes<lb/> Staatskörpers, der Vorſitzende des Nechnungshofes, der Vor-<lb/> ſitzende und der Generalprocurator des hohen Juſtizrathes. —<lb/> Der Director des königlichen Cabinets veröffentlichte ſoeben<lb/> in der Staatszeitung ein ihm von der Königin-Regentin zu-<lb/> gegangenes Handſchreiben, in welchem die hohe Frau ihre<lb/> innige Erkenntlichkeit für die durch die Nation bei dem Tode<lb/> ihres Gemahls entgegengebrachten Beweiſe der Anhänglichkeit<lb/> ausdrückt. — Zum Gedächtniß des Hinſcheidens des hochſeligen<lb/> Königs wird eine Gedenkmünze geprägt. Nächſtens ſollen<lb/> bereits Münzen mit dem Bilde der Königin Wilhelmine in<lb/> Umlauf geſetzt werden. — Die Regentin hat dem Erzherzog<lb/> Friedrich von Oeſterreich, welcher den Kaiſer bei der Leichen-<lb/> feier vertrat, vor ſeiner Abreiſe das Großkreuz des nieder-<lb/> ländiſchen Löwen-Ordens überreicht. Auch Prinz Victor von<lb/> Savoyen erhielt die nämliche Auszeichnung. — Die Zweite<lb/> Kammer hatte ſich kürzlich nicht entſchließen können, die Re-<lb/> gierung aufzufordern, die diesſeitigen Truppen von <hi rendition="#g">Flores</hi><lb/> zurückzuberufen. Indeſſen wurde der Zweck doch thatſächlich<lb/> erreicht: wie die neueſten Nachrichten aus den Colonien be-<lb/> ſagen, wurde die an der Südküſte der Inſel, wo man keine<lb/> Zinnlager aufzufinden hofft, gelandete Armee bereits zurück-<lb/> berufen. Was die an der Nordküſte gelandeten Truppen<lb/> betrifft, ſo ſcheint man jetzt zu der Ueberzeugung gelangt zu<lb/> ſein, daß ſich eine Ausbeutung etwa dort zu entdeckender<lb/> Zinnlager ohne fortwährende Zuſammenſtöße mit der ein-<lb/><cb/> gebornen Bevölkerung als Unmöglichkeit herausſtellen wird.<lb/> Somit wird die Wiedereinſchiffung der Expedition auch auf<lb/> jenem Punkte nicht lange mehr ausbleiben. — Ein Tagblatt<lb/> von <hi rendition="#g">Batavia</hi> enthält die faſt unglaublich klingende Angabe:<lb/> die diesſeitige Regierung ſtehe mit der Regierung von Nord-<lb/> amerika in Unterhandlung darüber, daß die Werbung von<lb/> Negern in Amerika für die diesfeitige Colonialarmee ge-<lb/> ſtattet werde, für den Fall, daß man in Waſhington glaube,<lb/> eine ſolche Werbung würde den davon erhofften Erfolg ver-<lb/> ſprechen. Die Nachricht bedarf jedenfalls weiterer Aufklärung.</p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Serbien.</hi> </head><lb/> <div xml:id="a3a" next="#a3b" type="jComment" n="3"> <dateline>## <hi rendition="#b">Belgrad,</hi> 9. Dec.</dateline> <p>Bis zur letzten Stunde zweifelte<lb/> man in Serbien, daß <hi rendition="#g">Königin Natalie</hi> das angekündigte<lb/> Memorandum wirklich der Skupſchtina überreichen werde. Die<lb/> Freunde der Königin-Mutter, welche ihr wahrhaft ergeben ſind,<lb/> haben bis zum letzten Augenblick gehofft, daß ſie einen Schritt<lb/> unterlaſſen werde, der ſehr bedenklich iſt; auf das entſchiedenſte<lb/> haben es ihr ſowohl die Regentſchaft, die Regierung und an-<lb/> geſehene Männer des Landes widerrathen, und man hoffte um<lb/> ſo mehr auf eine Unterlaſſung der Memorandumsübergabe an<lb/> die Skupſchtina, als die Königin Natalie von den maßgebend-<lb/> ſten Perſonen unterrichtet wurde, daß ihr Schritt keinen ihr<lb/> genügenden Erfolg haben werde. In den entſcheidenden<lb/> Kreiſen Serbiens, der Regentſchaft, des Miniſteriums und des<lb/> königlichen Hofes, iſt man durch das Vorgehen der Königin<lb/> Natalie ſehr unangenehm berührt und bedauert es beſonders,<lb/> daß die Königin-Mutter dem Umſtande keine Nechnung getragen<lb/> habe, daß ihr eigener Sohn, der junge König Alexander, der<lb/> heute kein Kind mehr iſt, ſondern im 15. Lebensjahre ſteht und<lb/> binnen 3 Jahren die Regierung ſelbſtändig zu übernehmen be-<lb/> rufen iſt, brieflich die Bitte an ſie gerichtet hatte, jeden Schritt<lb/> zu unterlaſſen, welcher einen öffentlichen Eclat hervorzurufen<lb/> geeignet ſei, da ſie ihn ſonſt nie mehr ſehen werde. Daraus<lb/> geht hervor, daß die Gründe, welche die Königin-Mutter<lb/> zur Zurückhaltung des Memorandums bewegen ſollten, von ihr<lb/> mißachtet wurden, und daß ſie von Stimmungen und dem<lb/> Einfluſſe von Perſonen beherrſcht iſt, die ſie verleiten, die ge-<lb/> botene Rückſichtnahme auf die öffentlichen Intereſſen und die<lb/> Dynaſtie zur Seite zu ſetzen und, unbekümmert um ernſte<lb/> Mahnworte der maßgebendſten Männer und des eigenen Kindes,<lb/> ſich zum Werkzeuge perſönlicher Rancune oder auch verborgener<lb/> Parteiumtriebe zu machen. Wenn die Königin Natalie nur<lb/> eine Negelung ihres Verkehrs mit ihrem Sohne verlangte, ſo<lb/> war die Erfüllung dieſes berechtigten Wunſches in dem Arran-<lb/> gement geboten, das ihr der Miniſterpräſident Gruitſch vor-<lb/> geſchlagen und wonach ſie in der gleichen Weiſe, wie König<lb/> Milan, zweimal im Jahre zum Beſuche des Sohnes für einige<lb/> Wochen nach Belgrad kommen ſollte. Einem ſolchen Arrangement<lb/> gab König Milan ſeine Zuſtimmung. Die Ablehnung dieſes<lb/> Vorſchlages zeigt, daß Königin Natalie Pläne hegt, die den<lb/> thatſächlichen wie geſetzlichen Verhältniſſen zuwider ſind. Dem<lb/> entſpricht auch die Zuſammenſtellung des Memorandums und<lb/> der ihm beigeſchloſſenen Actenſtücke, worin eine Unmaſſe klein-<lb/> lichen Tratſches aufgetiſcht wird, der nur den Zweck haben<lb/> kann, Staub aufzuwirbeln. Noch klarer erſcheint das Ziel,<lb/> welches die Königin Natalie anſtrebt, durch jenen Satz im<lb/> Memorandum, in welchem ſie von der Skupſchtina die Wieder-<lb/> einſetzung in ihre frühere Stellung verlangt (<hi rendition="#aq">„vratiti svoj<lb/> polozaj“</hi>). Königin Natalie will an der Seite ihres<lb/> Sohnes als <hi rendition="#g">wirkliche</hi> Königin ſtehen, eine Rolle ſpielen.<lb/> Sehr auffallend iſt der Umſtand, daß die Königin wohl Briefe<lb/> von Riſtitſch, dem Miniſterpräſidenten Gruitſch und anderen<lb/> Staatsmännern dem Memorandum beiſchließt, aber keinen von<lb/> ihren jetzigen Freunden aus der Fortſchrittspartei, dagegen zeigt<lb/> ſie im Memorandum eine gewiſſe Animoſität gegen den<lb/> Regenten Riſtitſch. Dieſer Umſtand erweckt den Verdacht, daß<lb/> die hohe Frau in ihrem maßloſen perſönlichen Groll- bewußt<lb/> oder unbewußt das Werkzeug politiſcher Parteiumtriebe iſt,<lb/> deren verhängnißvolle Ziele die Königin Natalie in ihrer Be-<lb/> fangenheit kaum zu ermeſſen vermag. Der Regent Riſtitſch<lb/> iſt unbeſtritten der ſtärkſte und bewährteſte Pfeiler der dynaſti-<lb/> ſchen Ordnung in Serbien, und ſeiner ſtaatsmänniſchen Klug-<lb/> heit iſt es gelungen, den jahrelangen, bereits zu gefährlicher<lb/> Schroffheit entartet geweſenen Conflict zwiſchen der Dynaſtie<lb/> und dem Volke gänzlich zu beſeitigen und in herzliche Liebe<lb/> und Anhänglichkeit umzuwandeln. In dieſes gute Verhältniſ</p><lb/> <cb/> </div> </div> </div> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div xml:id="a2b" prev="#a2a" type="jComment" n="2"> <p>mit einem Worte zurückzukommen, bietet die Möglichkeit, ſich<lb/> dieſes oder jenes moderne Prachtwerk zu beſehen, ohne daß ſo-<lb/> fort ein Beſtellſchein zum Unterzeichnen vorgelegt wird. Das<lb/> fehlte bisher in München. Was er außer einer rieſigen Aus-<lb/> wahl von photographiſchen und radirten wie geſtochenen Blät-<lb/> tern aufweist, iſt nicht viel, aber es iſt gut. Da wären vor<lb/> allem zwei <hi rendition="#g">Menzel’ſche Aquarelle</hi> zu nennen, das eine<lb/> ein Kirchen-Int<hi rendition="#aq">é</hi>rieur mit Figuren, das andere eine kleine, eng-<lb/> begrenzte Straßen-Vedute mit Bäumen im Hintergrunde zeigend.<lb/> Die Blätter ſind nicht groß dem Flächeninhalte nach, dagegen<lb/> wirken ſie vorzüglich durch ihre vortreffliche Zeichnung, der ſich<lb/> eine nicht minder hochſtehende Farbentechnik zugeſellt. Es ſind<lb/> eben Menzel, und das ſagt an ſich ſchon genug. In den „Fünf<lb/> Sinnen“ von <hi rendition="#g">Hans Makart</hi> begrüßen wir alte Bekannte —<lb/> trügt nicht der Schein, ſo ſind auch ſie des erſten jugendlichen<lb/> Reizes verluſtig gegangen und ſchauen jetzt aus bedächtigem<lb/> Schwabenalter auf ein anders geartetes Geſchlecht von Malern.<lb/> Des weiteren ſind da einige treffliche Gouachen von unſerm<lb/><hi rendition="#g">Ludwig Dill,</hi> Garten-Int<hi rendition="#aq">é</hi>rieurs mit blübenden Bäumen,<lb/> ein ſchnurgerader holländiſcher Canal mit Windmühle und<lb/> wäſſerig blauer Luft, wie ſie der Tiefebene eigen iſt, u. a. m.<lb/> Ein treffliches weibliches Bildniß in Paſtell von <hi rendition="#g">Bruno Pigl-<lb/> hein</hi> zeigt des geiſtreichen Künſtlers große und ſchöne Auffaſſung;<lb/> ein anderes Portrait gleicher Technik rührt von <hi rendition="#g">Fritz Auguſt<lb/> Kaulbach</hi> her und iſt in ſeiner Art nicht weniger hervorhebens-<lb/> werth, ebenſo verſchiedene kleinere Bronzen, deren Autoren mir<lb/> unbekannt ſind. — Kupferſtich und Radirung wie Holzſchnitt<lb/> haben in den letzten Wochen einige ganz hervorragende Arbei-<lb/> ten gebracht. Dahin zählen vor allem eine Anzahl von außer-<lb/> ordentlich friſch gehaltenen, direct nach der Natur radirten<lb/> Blättern von <hi rendition="#g">Ch. Th. Meyer-Baſel</hi> (München), der die<lb/> Nadel mit einem maleriſchen Geſchick ſondergleichen zu führen<lb/> verſteht. Sein Blatt „Ueberſchwemmung der Würm bei Pipin“<lb/> hält den Vergleich mit den beſten modernen Aquafortiſten<lb/> aus, nicht weniger jenes, das einen Blick von hügeligem Ge-<lb/> lände auf die vielfach gegliederten Buchten des Boden-(Unter-)<lb/> Sees gibt mit der Silhouette von Konſtanz am Horizont.<lb/> Das Blatt erinnert unwillkürlich an gewiſſe niederländiſche<lb/> Radirungen, mit leichtbewegtem, buchtigem Terrain, Waſſer-<lb/> tümpeln und den Umriſſen der in der Ebene liegenden<lb/> Städte mit ihren gothiſchen Thürmen. Die Platte iſt in den<lb/> Beſitz der Geſellſchaft für vervielfältigende Kunſt in<lb/> Wien übergegangen, die deren Abdrücke binnen kurzem publi-<lb/> ciren wird. Aus den rühmlich bekannten Ateliers dieſer durch<lb/><cb/> ihre trefflichen Leiſtungen bekannten Anſtalt ſind übrigens<lb/> einige große Blätter hervorgegangen, die zu München in einer<lb/> gewiſſen Beziehung ſtehen, einmal dadurch, daß das Sujet<lb/> des einen großen Blattes unſrer alten Pinakothek angehört,<lb/> das andere Mal, weil der Künſtler ein Münchener, <hi rendition="#g">Wilhelm<lb/> Hecht,</hi> iſt. Das erſtgenannte Blatt gibt in äußerſt farbiger,<lb/> tieftoniger Weiſe das herrliche Portrait des Kupferſtechers<lb/> Karl Malery von Antoon van Dyck wieder, der, in einen<lb/> weiten Mantel gehüllt, die ſchöne linke Hand in coquetter,<lb/> beinahe herausfordernder Weiſe benutzt, um ſcheinbar die<lb/> Falten zuſammenzufaſſen, während der geiſtreich-joviale Kopf<lb/> des wohlgenährten Herrn mit Schnurr- und Knebelbart ſich<lb/> leicht nach rechts wendet. Es iſt eine ganz vortreffliche Ueber-<lb/> ſetzung in die Kunſt der Aquafortiſten, die L. <hi rendition="#g">Kühn</hi> damit ge-<lb/> liefert hat. Genial in der Ausführung des Materials —<lb/> man möchte kaum mehr an einen Holzſchnitt denken — wirkt<lb/> das geradezu großartige Blatt von <hi rendition="#g">Wilhelm Hecht,</hi> das<lb/> ebenfalls ein Original von van Dyck nachbildend, die Züge<lb/> Henrictte’s von Frankreich, der Gemahlin Karls <hi rendition="#aq">I.</hi> von Eng-<lb/> land, gibt (das Original in der Dresdener Galerie, ein ähn-<lb/> liches von der gleichen Hand in Windfor Caſtle). Es zeigt<lb/> die Monarchin in weißem Atlasgewande mit reichem Spitzen-<lb/> und Perlenbeſatz, mit der niederhängenden Linken leicht das<lb/> Kleid, mit der Rechten einen Blumenzweig haltend, den an<lb/> ſich eigentlich nicht gerade ſchönen, aber äußerſt vornehm<lb/> wirkenden Kopf von klein gekräuſelten Locken umſpielt. Hecht<lb/> hat damit gezeigt, was der Holzſchnitt ſein kann, wenn eine<lb/> Meiſterhand wie die ſeinige den Stichel führt. Die Weich-<lb/> heit der ganzen Erſcheinung iſt dabei in vorzüglicher Weiſe<lb/> feſtgehalten. Uebrigens ſei im Anſchluſſe hieran doch noch<lb/> ein drittes Blatt erwähnt, das im gleichen Verlage erſchien<lb/> und den „Feldherrn“ (Belvedere in Wien) ebenfalls von van<lb/> Dyck in nicht weniger hervorragender Weiſe wiedergibt, als dies<lb/> den Originalen der zwei anderen Blätter gegenüber geſchehen<lb/> iſt. Es iſt eigentlicher Stich, ausgeführt von dem lange<lb/> ſchon als vortrefflich bekannten <hi rendition="#g">Johannes Sonnenleiter.</hi><lb/> Der Stecher hat dabei das äußerſte Maß einer eingehend ſorg-<lb/> fältigen Technik, die all ihre Mittel ſpielend ins Feld führt,<lb/> aufgewandt, um dem köſtlichen Vorbilde gerecht zu werden, iſt<lb/> dies doch eines jener Originale des feinfühligen Niederländers,<lb/> das ihn in ſeiner ganzen Größe, frei von den Schwächen, die<lb/> ſonſt als charakteriſtiſche Erſcheinungen ſeiner Art oft auftreten,<lb/> zeigt. Die ſchöne männliche Erſcheinung in voller Rüſtung, mit<lb/> bloßem, unbärtigem Kopfe gehört unter jene Arbeiten<lb/><cb/> van Dycks, denen gegenüber jegliches Wenn und Aber verſtummt,<lb/> denn es iſt eine der bedeutendſten Leiſtungen auf dem Gebiete<lb/> der Bildnißmalerei und man iſt dem Wiener Inſtitute zu Dank<lb/> verpflichtet dafür, daß es ſolche Perlen — es liegt bereits<lb/> eine ganze Reihe von trefflichen Reproductionen nach van Dyck<lb/> vor — größeren Kreiſen zugänglich macht, ein Beſtreben, das<lb/> Anerkennung und Unterſtützung in den weiteſten Kreiſen ver-<lb/> dient. Einen neuen, ganz vorzüglichen Stich nach Titians Zins-<lb/> groſchen (Galerie Dresden), bietet in radiſtiſch-farbiger und,<lb/> was wohlthuend wirkt, nicht allzu ängſtlicher Weiſe A. <hi rendition="#g">Schult-<lb/> heiß</hi> (München) (Verlag von Stiefbold u. Co. in Berlin). Das<lb/> wunderbare Original hat ſchon gar manchen Stecher angezogen,<lb/> und es liegen aus verſchiedenen Zeiten verſchiedene tüchtige<lb/> Arbeiten vor. Wir möchten die Schultheiß’ſche entſchieden zu<lb/> jenen zählen, die dem Charakter des Originals, jener eigenen<lb/> bezaubernden Weichheit im Ausdrucke des ernſten und doch ſo<lb/> außerordentlich milden Chriſtus-Kopfes, am nächſten kommen, und<lb/> auch was die Fertigkeit der Stichelbehandlung betrifft, ſich des<lb/> unvergleichlich ſchönen Originals würdig erweiſen. Eine andere,<lb/> nicht minder treffliche Arbeit desſelben Künſtlers gibt das Bild<lb/> eines mittelalterlichen Brautzuges wieder, das L. <hi rendition="#g">Herterich</hi> <hi rendition="#aq">jun.</hi><lb/> vor einigen Jahren gemalt hat, da er noch mit beiden Füßen<lb/> in den Traditionen der Diez-Schule ſteckte; das geſunde, wald-<lb/> friſche Bild iſt Jedem erinnerlich, der den Münchener Kunſt-<lb/> verein beſucht: vorn der auf den offenen Plan vor dem<lb/> Forſte ausreitende Edelknabe, dann die Muſikanten, als Haupt-<lb/> gruppe der ganz heillos verliebte Reitersmann, dem zur Seite<lb/> ein reizend Weib auf ſchmuckem Zelter trabt, eine bräutliche<lb/> Erſcheinung in des Wortes ſchönſter Bedeutung, und rückwärts<lb/> Ahnherr und Muhme des jungen Schloßherrn. Das ganze<lb/> athmet Lebensluſt und Freude, und man kann der Schultheiß’ſchen<lb/> Neproduction wohl kaum etwas Beſſeres nachſagen, als daß<lb/> ſie die guten Seiten des Bildes in vollem Maße wiedergibt.<lb/> Ein drittes Blatt endlich, von gleicher Hand herrührend, zeigt<lb/> das liebenswürdige allegoriſche Bild ſeines Sohnes, des Malers<lb/><hi rendition="#g">Karl Schultheiß</hi> „Friedens-Gelänte“ (erſte Münchener Jahres-<lb/> Ausſtellung). Neuerdings hat ſich, ſicherem Vernehmen nach,<lb/> ein Radir-Verein gebildet, der die etwas ins Stocken gerathene<lb/> frei maleriſche Arbeit der Nadel wieder aufnehmen und in<lb/> Gang bringen will. In welchem Maße das geſchieht, hängt<lb/> jedenfalls von denen ab, die bei dem Kinde zu Gevatter ge-<lb/> ſtanden haben. Man ſagt, der eine und andere träume bereits<lb/> vom Profeſſorentitel. Natürlich!</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [2/0002]
München, Freitag Allgemeine Zeitung 12. December 1890. Morgenblatt Nr. 344.
abſichtigt. Die Sparſamkeit, der man jetzt in Berlin ſo eifrig das
Wort redet, könnte ſich bitter rächen, ja vielleicht das Schickſal
Emin Paſchas beſiegeln! Später, nach Jahren, falls wieder eine
Kraſt, wie die Emins zu unſrer Verfügung ſteht und mehr Ver-
ſtändniß für den Werth dieſer im fernen Nordweſten unſres afri-
kaniſchen Colonialbeſitzes gelegenen Landſchaften vorhanden iſt,
dann wird man die jetzt mit anſcheinend ſo großer Leichtigkeit ins
Werk geſetzte Unternehmen von neuem und mit vermehrten An-
ſtrengungen zu beginnen haben. Ob das Heraufbeſchwören einer
derartigen Zufälligkeit die jetzt angeſtrebte Erſparniß von
100,000 Mark werth ſei, überlaſſe ich denjenigen zur Entſcheidung,
welche ſich der Ueberzeugung hingeben, daß eine im Reichsbudget
vorgebrachte Erſparnißziffer von dieſem Betrag irgendwelchen Ein-
fluß auf die Haltung der der Regierung oppoſitionellen Parteien
auszuüben vermag.“
Der Kaiſer hat bei dem jüngſten Empfange der türliſchen
Officiere den General v. Hobe Paſcha, welcher Oberſtlieutenant
der preußiſchen Armee iſt, zum Oberſten befördert.
* Die Rang- und Quartierliſte der kaiſerlich deut-
ſchen Marine für das Jahr 1891 (abgeſchloſſen am 30. No-
vember 1890) iſt ſoeben im Mittler’ſchen Verlage erſchienen. Als
Redaction zeichnet auf dem Titel das Obercommando der Marine.
Eintheilung und Ausſtattung gleichen der vorjährigen Rangliſte,
doch iſt der Vergrößerung der Marine entſprechend die Seitenzahl
von 167 auf 175 angewachſen. Bei den wiſſenſchaftlichen Inſti-
tuten iſt Contreadmiral v. Reiche, an Stelle des Contreadmirals
Schering, an die Spitze getreten. Bei der Schiffsprüfungscommiſſion
iſt die Zahl der Officiere auf 5, beim Torpedoverſuchscommando
auf 8 geſtiegen. Zu den Lazarethen iſt das Lazareth zu Lehe zu-
getreten. Die Zahl der Viceadmirale iſt auf 5 geſtiegen, die der
Contreadmirale iſt ſich gleich geblieben (10). In der Liſte der
Schiffe und Fahrzeuge finden wir 12 Panzerſchiffe, 16 Panzer
fahrzeuge, 4 Kreuzerfregatten, 14 Kreuzercowetten, 5 Kreuzer,
3 Kanonenboote, 8 Aviſos, 11 Schulſchiffe und Fahrzeuge und
8 Schiffe zu „anderen Zwecken“ verzeichnet, unter letzteren Yacht
„Hohenzollern“ und „Nachtigal“ in Kamerun. Die im Bau befind-
lichen Schiffe ſind hier nicht inbegriffen.
* Koblenz, 10. Dec. Geſtern war es ein Jahr, ſeit die
hochſelige Kaiſerin Auguſta ihren letzten Aufenthalt in
Koblenz beendete. Zu dieſem Gedenktage iſt von der Groß-
herzogin von Baden folgendes Telegramm an das
hieſige Oberbürgermeiſteramt gelangt:
„Karlsruhe,
den 9. December 1890. Es iſt heute ein Jahr, daß meine theure, in
Gott ruhende Mutter die Stadt verließ, an welcher ihr Herz
mit beſonderer Liebe hing. Meine Gedanken weilen in
tiefer Bewegung bei der Abſchiedsſtunde von damals und dem
ſchmerzlichen Vermiſſen von heute. In der tiefen Trauer um die
Unvergeßliche weiß ich mich gerade an dieſem Tage ganz beſonder-
mit den Einwohnern von Koblenz verbunden, deren Dankbarkei
auch über das Grab hinaus der geliebten Heimgegangenen be-
wahrt bleiben wird. Möge der Segen der Verklärten ferner über
der Stätte ihres langjährigen Wirkens und ihrer reichen Fürſorge
weilen.
Luiſe, Großherzogin.“
Oeſterreich-Ungarn.
* Wien, 10. Dec. In Uebereinſtimmung mit Berliner
und St. Petersburger Nachrichten über die fortſchreitende
ruſſiſche Mobiliſirung meldet nun auch die hieſige „Reichs-
wehr“:
„Schon vor einiger Zeit hatte unſer Warſchauer Corre-
ſpondent eine bevorſtehende Standeserhöhung der zunächſt der
Weſtgrenze dislocirten ruſſiſchen Neſervebataillone ſignaliſirt.
Dieſe Maßregel ſcheint nunmehr wirklich durchgeführt zu werden,
denn in der letzten Nummer des „Invaliden“ finden wir die
Vermehrung des 28., 73., 79. und 80. Reſervebataillons um
je eine 5. Compagnie, des 33., 44., 47. und 65. Reſervebataillons
um je zwei Compagnien, ſomit auf je ſechs Compagnien an-
geordnet. Die Standquartiere dieſer Reſervebataillone ſind folgende:
Nr. 28: Moskau; Nr. 33: Wjasniki (Gouvernement Wladi-
mir); Nr. 44: Sarajek (Gouvernement Rjäſan); Nr. 47:
Gſchatsk (Gouvernement Smolensk); Nr. 65: Murom; Nr. 73:
Moskau; Nr. 79: Wladimir; Nr. 80: Niſchnij-Nowgorod.
Dieſen Standesvermehrungen dürften bald weitere in größerem
Maßſtabe folgen und insbeſondere ſoll, wie uns aus Warſchau
berichtet wird, die bereits begonnene Umgeſtaltung der in Con-
greß-Polen und an der Südweſtgrenze dislocirten Reſerve-
Bataillone in Negimenter allgemein durchgeführt werden. Dies
kommt einer ſtetigen, wenn auch langſamen Mobi-
liſirung der Reſerve-Infanterie-Truppendivi-
ſionen gleich.“
Niederlande.
.//. Haag, 9. Dec. Wie am 20. v. M. als Regentin,
in Folge der Regierungsunfähigkeit des inzwiſchen verſtorbenen
Landesherrn, ſo hatte die Königin-Wittwe geſtern mit
Rückſicht auf die Minderjährigkeit ihrer Tochter, der Königin
Wilhelmine, in einer gemeinſchaftlichen Sitzung beider Kammern,
den Eid der Treue als Regentin und Vormünderin zu
leiſten. Das Programm beider Feierlichkeiten war überein-
ſtimmend. Die hohe Frau war diesmal im Trauergewand,
das Antlitz mit einem faſt undurchſichtigen Schleier bedeckt,
welcher im Saal zurückgeſchlagen wurde. Ebenſo hatten die
im Saale und anf den überfüllten Galerien anweſenden
Herren und Damen Trauerabzeichen angelegt. Nachdem die
Königin-Regentin, von einem Ausſchuſſe von Mitgliedern
beider Kammern geführt, den Saal betreten und den neben
dem Thron aufgeſtellten Seſſel eingenommen hatte, wurde ſie
von dem Vorſitzenden, Hrn. van Naamen van Eemnes, be-
grüßt. Derſelbe wies auf den Schatz hin, welchen der nun
verſtorbene König der Nation in der Königin Wilhelmine,
mit der Regentin zur Führerin, hinterlaſſen habe. „Die
niederländiſche Nation,“ fügte der Redner hinzu, „erblickt in
ihrer jugendlichen Königin das Bild einer ſchönen Zukunft,
denn ſie iſt überzeugt, daß ihre Heranbildung und Erziehung
in den Händen Ihrer Majeſtät der Regentin und Vormün-
derin vollkommen geſichert iſt.“ Hierauf erhob ſich die
Königin, ſichtbar tief gerührt, höchſt würdevoll und verlas von
einem Blatt Papier den Eid der Treue gegen die Königin
und gegen die Verfaſſung, indem ſie zugleich verſprach, alle
ihr durch die Vormundſchaft auferlegten Verpflichtungen
erfüllen und ganz beſonders beſtrebt ſein zu wollen, der
Königin Treue gegen die Verfaſſung und Liebe zur Nation
inzuflößen. Letzterer Satz wurde von der Regentin ganz be-
ſonders betont. Der Vorſitzende ergriff alsdann von neuem
das Wort, indem er den Wunſch zum Ausdruck brachte, daß
der Segen des Allerhöchſten auf der Erfüllung der dankbaren,
aber ſchwierigen Aufgabe der Regentin und Vormünderin
ruhen möge. Hiemit war der feierliche Act beendigt. Kurz
nachher traten beide Kammern zu einer neuen gemein-
ſchaftlichen Sitzung zuſammen. Diesmal galt es der Eides-
leiſtung der acht Mitglieder des Vormundſchaftsrathes, von
welchen drei vom hochſeligen König (ein ernanntes Mitglied,
der chemalige Vorſitzende der Erſten Kammer, Frhr. Schimmel-
venninck van der Oye, iſt inzwiſchen mit Tod abgegangen) und
fünf von den beiden Kammern beſtimmt wurden. Erſtere drei
ſind die Kammerherren des hochſeligen Königs, Frhr
van Goltſtein tot Oldenaller, Frhr. van Brienen,
van de Groote Lindt und der Abgeordnete Jonkheer
Roëll; die von der Kammer Gewählten ſind folgende: der
Vicepräſident des Staatsrathes, das älteſte Mitglied dieſes
Staatskörpers, der Vorſitzende des Nechnungshofes, der Vor-
ſitzende und der Generalprocurator des hohen Juſtizrathes. —
Der Director des königlichen Cabinets veröffentlichte ſoeben
in der Staatszeitung ein ihm von der Königin-Regentin zu-
gegangenes Handſchreiben, in welchem die hohe Frau ihre
innige Erkenntlichkeit für die durch die Nation bei dem Tode
ihres Gemahls entgegengebrachten Beweiſe der Anhänglichkeit
ausdrückt. — Zum Gedächtniß des Hinſcheidens des hochſeligen
Königs wird eine Gedenkmünze geprägt. Nächſtens ſollen
bereits Münzen mit dem Bilde der Königin Wilhelmine in
Umlauf geſetzt werden. — Die Regentin hat dem Erzherzog
Friedrich von Oeſterreich, welcher den Kaiſer bei der Leichen-
feier vertrat, vor ſeiner Abreiſe das Großkreuz des nieder-
ländiſchen Löwen-Ordens überreicht. Auch Prinz Victor von
Savoyen erhielt die nämliche Auszeichnung. — Die Zweite
Kammer hatte ſich kürzlich nicht entſchließen können, die Re-
gierung aufzufordern, die diesſeitigen Truppen von Flores
zurückzuberufen. Indeſſen wurde der Zweck doch thatſächlich
erreicht: wie die neueſten Nachrichten aus den Colonien be-
ſagen, wurde die an der Südküſte der Inſel, wo man keine
Zinnlager aufzufinden hofft, gelandete Armee bereits zurück-
berufen. Was die an der Nordküſte gelandeten Truppen
betrifft, ſo ſcheint man jetzt zu der Ueberzeugung gelangt zu
ſein, daß ſich eine Ausbeutung etwa dort zu entdeckender
Zinnlager ohne fortwährende Zuſammenſtöße mit der ein-
gebornen Bevölkerung als Unmöglichkeit herausſtellen wird.
Somit wird die Wiedereinſchiffung der Expedition auch auf
jenem Punkte nicht lange mehr ausbleiben. — Ein Tagblatt
von Batavia enthält die faſt unglaublich klingende Angabe:
die diesſeitige Regierung ſtehe mit der Regierung von Nord-
amerika in Unterhandlung darüber, daß die Werbung von
Negern in Amerika für die diesfeitige Colonialarmee ge-
ſtattet werde, für den Fall, daß man in Waſhington glaube,
eine ſolche Werbung würde den davon erhofften Erfolg ver-
ſprechen. Die Nachricht bedarf jedenfalls weiterer Aufklärung.
Serbien.
## Belgrad, 9. Dec. Bis zur letzten Stunde zweifelte
man in Serbien, daß Königin Natalie das angekündigte
Memorandum wirklich der Skupſchtina überreichen werde. Die
Freunde der Königin-Mutter, welche ihr wahrhaft ergeben ſind,
haben bis zum letzten Augenblick gehofft, daß ſie einen Schritt
unterlaſſen werde, der ſehr bedenklich iſt; auf das entſchiedenſte
haben es ihr ſowohl die Regentſchaft, die Regierung und an-
geſehene Männer des Landes widerrathen, und man hoffte um
ſo mehr auf eine Unterlaſſung der Memorandumsübergabe an
die Skupſchtina, als die Königin Natalie von den maßgebend-
ſten Perſonen unterrichtet wurde, daß ihr Schritt keinen ihr
genügenden Erfolg haben werde. In den entſcheidenden
Kreiſen Serbiens, der Regentſchaft, des Miniſteriums und des
königlichen Hofes, iſt man durch das Vorgehen der Königin
Natalie ſehr unangenehm berührt und bedauert es beſonders,
daß die Königin-Mutter dem Umſtande keine Nechnung getragen
habe, daß ihr eigener Sohn, der junge König Alexander, der
heute kein Kind mehr iſt, ſondern im 15. Lebensjahre ſteht und
binnen 3 Jahren die Regierung ſelbſtändig zu übernehmen be-
rufen iſt, brieflich die Bitte an ſie gerichtet hatte, jeden Schritt
zu unterlaſſen, welcher einen öffentlichen Eclat hervorzurufen
geeignet ſei, da ſie ihn ſonſt nie mehr ſehen werde. Daraus
geht hervor, daß die Gründe, welche die Königin-Mutter
zur Zurückhaltung des Memorandums bewegen ſollten, von ihr
mißachtet wurden, und daß ſie von Stimmungen und dem
Einfluſſe von Perſonen beherrſcht iſt, die ſie verleiten, die ge-
botene Rückſichtnahme auf die öffentlichen Intereſſen und die
Dynaſtie zur Seite zu ſetzen und, unbekümmert um ernſte
Mahnworte der maßgebendſten Männer und des eigenen Kindes,
ſich zum Werkzeuge perſönlicher Rancune oder auch verborgener
Parteiumtriebe zu machen. Wenn die Königin Natalie nur
eine Negelung ihres Verkehrs mit ihrem Sohne verlangte, ſo
war die Erfüllung dieſes berechtigten Wunſches in dem Arran-
gement geboten, das ihr der Miniſterpräſident Gruitſch vor-
geſchlagen und wonach ſie in der gleichen Weiſe, wie König
Milan, zweimal im Jahre zum Beſuche des Sohnes für einige
Wochen nach Belgrad kommen ſollte. Einem ſolchen Arrangement
gab König Milan ſeine Zuſtimmung. Die Ablehnung dieſes
Vorſchlages zeigt, daß Königin Natalie Pläne hegt, die den
thatſächlichen wie geſetzlichen Verhältniſſen zuwider ſind. Dem
entſpricht auch die Zuſammenſtellung des Memorandums und
der ihm beigeſchloſſenen Actenſtücke, worin eine Unmaſſe klein-
lichen Tratſches aufgetiſcht wird, der nur den Zweck haben
kann, Staub aufzuwirbeln. Noch klarer erſcheint das Ziel,
welches die Königin Natalie anſtrebt, durch jenen Satz im
Memorandum, in welchem ſie von der Skupſchtina die Wieder-
einſetzung in ihre frühere Stellung verlangt („vratiti svoj
polozaj“). Königin Natalie will an der Seite ihres
Sohnes als wirkliche Königin ſtehen, eine Rolle ſpielen.
Sehr auffallend iſt der Umſtand, daß die Königin wohl Briefe
von Riſtitſch, dem Miniſterpräſidenten Gruitſch und anderen
Staatsmännern dem Memorandum beiſchließt, aber keinen von
ihren jetzigen Freunden aus der Fortſchrittspartei, dagegen zeigt
ſie im Memorandum eine gewiſſe Animoſität gegen den
Regenten Riſtitſch. Dieſer Umſtand erweckt den Verdacht, daß
die hohe Frau in ihrem maßloſen perſönlichen Groll- bewußt
oder unbewußt das Werkzeug politiſcher Parteiumtriebe iſt,
deren verhängnißvolle Ziele die Königin Natalie in ihrer Be-
fangenheit kaum zu ermeſſen vermag. Der Regent Riſtitſch
iſt unbeſtritten der ſtärkſte und bewährteſte Pfeiler der dynaſti-
ſchen Ordnung in Serbien, und ſeiner ſtaatsmänniſchen Klug-
heit iſt es gelungen, den jahrelangen, bereits zu gefährlicher
Schroffheit entartet geweſenen Conflict zwiſchen der Dynaſtie
und dem Volke gänzlich zu beſeitigen und in herzliche Liebe
und Anhänglichkeit umzuwandeln. In dieſes gute Verhältniſ
mit einem Worte zurückzukommen, bietet die Möglichkeit, ſich
dieſes oder jenes moderne Prachtwerk zu beſehen, ohne daß ſo-
fort ein Beſtellſchein zum Unterzeichnen vorgelegt wird. Das
fehlte bisher in München. Was er außer einer rieſigen Aus-
wahl von photographiſchen und radirten wie geſtochenen Blät-
tern aufweist, iſt nicht viel, aber es iſt gut. Da wären vor
allem zwei Menzel’ſche Aquarelle zu nennen, das eine
ein Kirchen-Intérieur mit Figuren, das andere eine kleine, eng-
begrenzte Straßen-Vedute mit Bäumen im Hintergrunde zeigend.
Die Blätter ſind nicht groß dem Flächeninhalte nach, dagegen
wirken ſie vorzüglich durch ihre vortreffliche Zeichnung, der ſich
eine nicht minder hochſtehende Farbentechnik zugeſellt. Es ſind
eben Menzel, und das ſagt an ſich ſchon genug. In den „Fünf
Sinnen“ von Hans Makart begrüßen wir alte Bekannte —
trügt nicht der Schein, ſo ſind auch ſie des erſten jugendlichen
Reizes verluſtig gegangen und ſchauen jetzt aus bedächtigem
Schwabenalter auf ein anders geartetes Geſchlecht von Malern.
Des weiteren ſind da einige treffliche Gouachen von unſerm
Ludwig Dill, Garten-Intérieurs mit blübenden Bäumen,
ein ſchnurgerader holländiſcher Canal mit Windmühle und
wäſſerig blauer Luft, wie ſie der Tiefebene eigen iſt, u. a. m.
Ein treffliches weibliches Bildniß in Paſtell von Bruno Pigl-
hein zeigt des geiſtreichen Künſtlers große und ſchöne Auffaſſung;
ein anderes Portrait gleicher Technik rührt von Fritz Auguſt
Kaulbach her und iſt in ſeiner Art nicht weniger hervorhebens-
werth, ebenſo verſchiedene kleinere Bronzen, deren Autoren mir
unbekannt ſind. — Kupferſtich und Radirung wie Holzſchnitt
haben in den letzten Wochen einige ganz hervorragende Arbei-
ten gebracht. Dahin zählen vor allem eine Anzahl von außer-
ordentlich friſch gehaltenen, direct nach der Natur radirten
Blättern von Ch. Th. Meyer-Baſel (München), der die
Nadel mit einem maleriſchen Geſchick ſondergleichen zu führen
verſteht. Sein Blatt „Ueberſchwemmung der Würm bei Pipin“
hält den Vergleich mit den beſten modernen Aquafortiſten
aus, nicht weniger jenes, das einen Blick von hügeligem Ge-
lände auf die vielfach gegliederten Buchten des Boden-(Unter-)
Sees gibt mit der Silhouette von Konſtanz am Horizont.
Das Blatt erinnert unwillkürlich an gewiſſe niederländiſche
Radirungen, mit leichtbewegtem, buchtigem Terrain, Waſſer-
tümpeln und den Umriſſen der in der Ebene liegenden
Städte mit ihren gothiſchen Thürmen. Die Platte iſt in den
Beſitz der Geſellſchaft für vervielfältigende Kunſt in
Wien übergegangen, die deren Abdrücke binnen kurzem publi-
ciren wird. Aus den rühmlich bekannten Ateliers dieſer durch
ihre trefflichen Leiſtungen bekannten Anſtalt ſind übrigens
einige große Blätter hervorgegangen, die zu München in einer
gewiſſen Beziehung ſtehen, einmal dadurch, daß das Sujet
des einen großen Blattes unſrer alten Pinakothek angehört,
das andere Mal, weil der Künſtler ein Münchener, Wilhelm
Hecht, iſt. Das erſtgenannte Blatt gibt in äußerſt farbiger,
tieftoniger Weiſe das herrliche Portrait des Kupferſtechers
Karl Malery von Antoon van Dyck wieder, der, in einen
weiten Mantel gehüllt, die ſchöne linke Hand in coquetter,
beinahe herausfordernder Weiſe benutzt, um ſcheinbar die
Falten zuſammenzufaſſen, während der geiſtreich-joviale Kopf
des wohlgenährten Herrn mit Schnurr- und Knebelbart ſich
leicht nach rechts wendet. Es iſt eine ganz vortreffliche Ueber-
ſetzung in die Kunſt der Aquafortiſten, die L. Kühn damit ge-
liefert hat. Genial in der Ausführung des Materials —
man möchte kaum mehr an einen Holzſchnitt denken — wirkt
das geradezu großartige Blatt von Wilhelm Hecht, das
ebenfalls ein Original von van Dyck nachbildend, die Züge
Henrictte’s von Frankreich, der Gemahlin Karls I. von Eng-
land, gibt (das Original in der Dresdener Galerie, ein ähn-
liches von der gleichen Hand in Windfor Caſtle). Es zeigt
die Monarchin in weißem Atlasgewande mit reichem Spitzen-
und Perlenbeſatz, mit der niederhängenden Linken leicht das
Kleid, mit der Rechten einen Blumenzweig haltend, den an
ſich eigentlich nicht gerade ſchönen, aber äußerſt vornehm
wirkenden Kopf von klein gekräuſelten Locken umſpielt. Hecht
hat damit gezeigt, was der Holzſchnitt ſein kann, wenn eine
Meiſterhand wie die ſeinige den Stichel führt. Die Weich-
heit der ganzen Erſcheinung iſt dabei in vorzüglicher Weiſe
feſtgehalten. Uebrigens ſei im Anſchluſſe hieran doch noch
ein drittes Blatt erwähnt, das im gleichen Verlage erſchien
und den „Feldherrn“ (Belvedere in Wien) ebenfalls von van
Dyck in nicht weniger hervorragender Weiſe wiedergibt, als dies
den Originalen der zwei anderen Blätter gegenüber geſchehen
iſt. Es iſt eigentlicher Stich, ausgeführt von dem lange
ſchon als vortrefflich bekannten Johannes Sonnenleiter.
Der Stecher hat dabei das äußerſte Maß einer eingehend ſorg-
fältigen Technik, die all ihre Mittel ſpielend ins Feld führt,
aufgewandt, um dem köſtlichen Vorbilde gerecht zu werden, iſt
dies doch eines jener Originale des feinfühligen Niederländers,
das ihn in ſeiner ganzen Größe, frei von den Schwächen, die
ſonſt als charakteriſtiſche Erſcheinungen ſeiner Art oft auftreten,
zeigt. Die ſchöne männliche Erſcheinung in voller Rüſtung, mit
bloßem, unbärtigem Kopfe gehört unter jene Arbeiten
van Dycks, denen gegenüber jegliches Wenn und Aber verſtummt,
denn es iſt eine der bedeutendſten Leiſtungen auf dem Gebiete
der Bildnißmalerei und man iſt dem Wiener Inſtitute zu Dank
verpflichtet dafür, daß es ſolche Perlen — es liegt bereits
eine ganze Reihe von trefflichen Reproductionen nach van Dyck
vor — größeren Kreiſen zugänglich macht, ein Beſtreben, das
Anerkennung und Unterſtützung in den weiteſten Kreiſen ver-
dient. Einen neuen, ganz vorzüglichen Stich nach Titians Zins-
groſchen (Galerie Dresden), bietet in radiſtiſch-farbiger und,
was wohlthuend wirkt, nicht allzu ängſtlicher Weiſe A. Schult-
heiß (München) (Verlag von Stiefbold u. Co. in Berlin). Das
wunderbare Original hat ſchon gar manchen Stecher angezogen,
und es liegen aus verſchiedenen Zeiten verſchiedene tüchtige
Arbeiten vor. Wir möchten die Schultheiß’ſche entſchieden zu
jenen zählen, die dem Charakter des Originals, jener eigenen
bezaubernden Weichheit im Ausdrucke des ernſten und doch ſo
außerordentlich milden Chriſtus-Kopfes, am nächſten kommen, und
auch was die Fertigkeit der Stichelbehandlung betrifft, ſich des
unvergleichlich ſchönen Originals würdig erweiſen. Eine andere,
nicht minder treffliche Arbeit desſelben Künſtlers gibt das Bild
eines mittelalterlichen Brautzuges wieder, das L. Herterich jun.
vor einigen Jahren gemalt hat, da er noch mit beiden Füßen
in den Traditionen der Diez-Schule ſteckte; das geſunde, wald-
friſche Bild iſt Jedem erinnerlich, der den Münchener Kunſt-
verein beſucht: vorn der auf den offenen Plan vor dem
Forſte ausreitende Edelknabe, dann die Muſikanten, als Haupt-
gruppe der ganz heillos verliebte Reitersmann, dem zur Seite
ein reizend Weib auf ſchmuckem Zelter trabt, eine bräutliche
Erſcheinung in des Wortes ſchönſter Bedeutung, und rückwärts
Ahnherr und Muhme des jungen Schloßherrn. Das ganze
athmet Lebensluſt und Freude, und man kann der Schultheiß’ſchen
Neproduction wohl kaum etwas Beſſeres nachſagen, als daß
ſie die guten Seiten des Bildes in vollem Maße wiedergibt.
Ein drittes Blatt endlich, von gleicher Hand herrührend, zeigt
das liebenswürdige allegoriſche Bild ſeines Sohnes, des Malers
Karl Schultheiß „Friedens-Gelänte“ (erſte Münchener Jahres-
Ausſtellung). Neuerdings hat ſich, ſicherem Vernehmen nach,
ein Radir-Verein gebildet, der die etwas ins Stocken gerathene
frei maleriſche Arbeit der Nadel wieder aufnehmen und in
Gang bringen will. In welchem Maße das geſchieht, hängt
jedenfalls von denen ab, die bei dem Kinde zu Gevatter ge-
ſtanden haben. Man ſagt, der eine und andere träume bereits
vom Profeſſorentitel. Natürlich!
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(2022-04-08T12:00:00Z)
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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
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