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Allgemeine Zeitung, Nr. 342, 10. Dezember 1890.

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Mittwoch,
Drittes Morgenblatt, Nr. 342 der Allgemeinen Zeitung.
10. December 1890.
Die Quittungskarten für die Invaliditäts- und
Altersversicherung.

III.
Die Quittungsmarke.

Die bei weitem wichtigste und schwierigste Frage, welche Per-
sonen von der Versicherungspflicht erfaßt werden und welche Per-
sonen zur Selbstversicherung berechtigt sind, dürfte durch die ein-
gehenden Erläuterungen, aus welchen wir das Hauptsächlichste heraus-
gehoben haben, wesentlich erleichtert werden. Streitigkeiten,
welche in dieser Richtung zwischen den Ausgabestellen, bezw. den
Versicherungsanstalten und den wirklich oder vermeintlich unter das
Gesetz vom 22. Juni 1889 fallenden Personen entstehen, sind durch
die Districtsverwaltungsbehörden in erster und durch die k. Regie-
rungen, Kammern des Innern, in zweiter Instanz zu entscheiden.
Thatsachen, welche sich auf das Recht zum Eintritt in die
Versicherung
und demgemäß zum Empfang einer ersten Quittungs-
karte beziehen, sind von der um Ausstellung der Karte ersuchten
Behörde zu berücksichtigen, soweit sie ihr bekannt sind. Im übrigen
ist die Behörde zwar berechtigt, aber nicht verpflichtet, von Amts-
wegen weitere, das Vorhandensein solcher Thatsachen betreffende
Ermittelungen anzustellen. Bei ihrer Entschließung, ob die Quit-
tungskarte auszustellen oder die Ausstellung abzulehnen sei, hat
die Ausgabestelle grundsätzlich thunliches Entgegenkommen
zu bethätigen. Bleibt demgemäß die Zulässigkeit der Ausstellung
zweifelhaft und lassen sich die Zweifel nicht alsbald beseitigen, so
ist die Ausstellung der Karte nicht zu versagen, jedoch ist der für den
Bezirk der ausstellenden Behörde zuständigen Versicherungsanstalt
oder dem nächsten Vertrauensmann derselben von den Umständen,
welche den Zweifel begründen, Mittheilung zu machen. Von der
Ablehnung ist dem Antragsteller mit der Eröffnung Kenntniß zu
geben, daß ihm binnen zwei Wochen nach Empfang der Mit-
theilung die Beschwerde an die Districtsverwaltungsbehörde zustehe.

Soll die Quittungskarte ausgestellt werden, so ist dieselbe
auf der Außenseite auszufüllen. Eintragungen oder Vermerke,
welche durch das Gesetz nicht vorgesehen sind, sind auszulassen und
strafbar. Insbesondere darf die Person des Arbeitgebers niemals
in die Karte eingetragen werden.

Um den Betheiligten zu ermöglichen, bis zu dem Inkraft-
treten des Gesetzes in den Besitz der Quittungskarten zu gelangen,
ist es zulässig, mit der Ausstellung und Aushändigung der Karte
schon vom 15. December 1890 an zu beginnen und dieselben
mit dem Datum des 1. Januar 1891 zu versehen. Jede Quit-
tungskarte erhält eine Nummer, und zwar die erste Karte eines
jeden Inhabers die Nummer 1, die zweite desselben Inhabers
die Nummer 2 u. s. w. Die ausgefüllte Karte ist dem Versicherten
zuzustellen. Welche Versicherungsanstalt für die einzelnen
Versicherten zuständig
und daher am Kopfe der Quittungs-
karte vorzutragen ist, ergibt sich aus §§. 41 und 120 des Gesetzes,
wonach die Versicherung in derjenigen Versicherungsanstalt erfolgt,
in deren Bezirk der Beschäftigungsort des Versicherten liegt.
Findet die Beschäftigung in einem "Betriebe" statt, dessen Sitz im
Inland gelegen ist, so gilt als Beschäftigungsort ausnahmslos
der Sitz des Betriebes (§. 41 Abs. 3 des Ges.).

Betriebssitz ist derjenige Ort, in welchem sich der Mittel-
punkt (wirthschaftliche Schwerpunkt) des Unternehmens befindet.
Der Sitz des Betriebs kann durch das Vorhandensein von Betriebs-
anlagen, Verkaufsstätten, Waarenlagern äußerlich erkennbar oder
aus Eintragungen in Firmen- oder Gewerberegistern zu entuehmen
sein und braucht mit dem Wohnsitz des Unternehmers nicht zu-
sammenzufallen. Die Arbeiter etc., welche außerhalb des Be-
triebssitzes Arbeiten ausführen, sind daher nicht an dem Orte, wo
die Arbeiten stattsinden, sondern stets an dem Sitz des Be-
triebes
zu versichern. Es kann jedoch eine dauernde oder beson-
ders umfangreiche Ausführung von Arbeiten an einem von dem
Betriebssitze verschiedenen Orte unter Umständen den Charakter
eines selbständigen Betriebes mit einem besonderen geschäftlichen
Mittelpunkt annehmen.

Bezüglich der Frage nach dem Sitze eines land- und forst-
wirthschaftlichen
Betriebes kommen die Bestimmungen im §. 44
Abs. 2 und 3 des landwirthschaftlichen Unfallversicherungsgesetzes
in Betracht. Für den Sitz gemischter, aus Haupt- und Reben-
betrieben bestehender Betriebe entscheidet der Sitz des Hauptbetriebes.
Die Versicherung von im Auslande beschäftigten Personen, welche
als Arbeiter eines inländischen Betriebes anzusehen sind, erfolgt
am Orte des inländischen Betriebssitzes, während bei im Inland
beschäftigten Personen, welche einem im Ausland gelegenen Be-
trieb angehören, stets der Ort der thatsächlich inländischen Be-
schäftigung für die Zuständigkeit der Versicherungsanstalt maß-
gebend ist.

Der Umtausch einer Quittungskarte findet in der Regel
erst dann statt, wenn die für die Einklebungen von Marken be-
stimmten Felder der Quittungskarte gefüllt sind oder die Gültigkeit
der Quittungskarte erloschen ist. Letzteres tritt regelmäßig ein,
wenn die Karte nicht bis zum Schlusse des dritten Jahres, welches
dem am Kopfe der Karte verzeichneten Jahre folgt, zum Umtausch
eingereicht worden ist (§. 104 des Ges.). Auf seine Kosten darf
jedoch der Versicherte jederzeit die Ausstellung einer neuen Quit-
tungskarte gegen Rückgabe der älteren Karte beanspruchen (§. 102
Abs. 2 a. a. O.). Die bei dem Umtausch sich ergebenden Ge-
schäfte, nämlich: die Ausstellung der neuen Karte, die Aufrechnung
der alten Karte und die Ausstellung der Bescheinigung über die
aus der Aufrechnung sich ergebenden Endzahlen sind gleichfalls ein-
gehend geregelt. In dieser Hinsicht dürfte es genügen, hier
folgende Punkte bervorzuheben. Die Ausstellung der neuen Karte
erfolgt in der Regel nur gegen Rückgabe der älteren Karte und
mit einigen Modificationen nach den für die Ausstellung der ersten
Karte erörterten Bestimmungen. Es darf u. a. die Ausstellung
der neuen Quittungskarte in der Regel nicht von einer besonderen
Feststellung, ob zur Zeit noch eine Versicherungspflicht oder das
Recht zur Selbstversicherung besteht, abhängig gemacht werden.
Vielmehr hat im allgemeinen jeder, welchem einmal eine Quittungs-
karte ausgestellt worden ist, das Recht, den Umtausch zu verlangen,
und nur in solchen Fällen ist der Umtausch zu versagen, wenn die
Bebörde die pflichtmäßige Ueberzeugung gewinnt, daß der Inhaber
zum Eintritt in die Versicherung bisher nicht berechtigt ge-
wesen ist.

Als Versicherungsanstalt ist in der späteren Quit-
tungskarte stets jene vorzutragen, welche auf der ersten Quit-
tungskarte des Versicherten verzeichnet war, wenn auch der Ver-
sicherte zur Zeit der Ausstellung der neuen Karte im Bezirke einer
anderen Versicherungsanstalt beschäftigt ist. Die Aufrechnung der
zurückgegebenen (alten) Quittungskarte soll in unmittelbarem An-
schluß an deren Rückgabe erfolgen. Ueber das Ergebniß der Auf-
rechnung ist dem Inhaber der Karte eine Bescheinigung zu ertheilen,
gegen deren Inhalt dem Versicherten binnen zwei Wochen nach der
Aushändigung der Einspruch zusteht (§. 106 des Ges.). Der Ein-
spruch ist bei der Behörde, welche die Quittungskarte aufgerechnet
und die Bescheinigung ausgestellt hat, zu erheben und von dieser
Behörde auch zu bescheiden.

Gegen die (völlige oder theilweise) Zurückweisung des Ein-
spruchs findet binnen zwei Wochen nach Mittheilung der Entschei-
dung Recurs an die der bescheinigenden Gemeindebehörde vor-
gesetzte Aussichtsbehörde statt, welche endgültig entscheidet. Kosten
sollen dem Versicherten aus dem Einspruch in der Regel nicht er-
wachsen; doch können demselben solche Kosten zur Last gelegt
werden, welche durch die unbegründeten Anträge desselben veran-
laßt worden sind, wenn die Annahme begründet ist, daß der Ver-
sicherte der Grundlosigkeit seiner Anträge sich bewußt war.

Hat der Inhaber seine Qnittungskarte verloren oder ist
dieselbe ganz oder theilweise zerstört oder aus einem anderen
Grund als wegen Füllung mit Beitragsmarken zur weiteren Ver-
wendung unbrauchbar geworden, so ist der Inhaber berech-
tigt, die Ersetzung dieser Quittungskarte durch eine neue zu be-
anspruchen (§. 105 des Ges.). In die neue Quittungskarte sind
die bis zum Verluste der Karte entrichteten Beiträge, soweit die-
selben nachweisbar geleistet worden sind, in beglaubigter Form zu
übertragen. Der Nachweis des Inhalts der zu erneuernden ver-
lorenen, ganz oder theilweise zerstörten Karte ist Sache des In-
habers. Gegen den Inhalt der Uebertragung kann der Versicherte
Einspruch erheben, für deren Erledigung das gleiche Verfahren gilt
wie bei dem Einspruch gegen den Inhalt der Bescheinigung über
das Ergebniß der Aufrechnung.

Außer den erwähnten Fällen findet eine Erneuerung der Karte
noch statt, wenn die Karte wegen einer unzulässigen Eintragung
seitens einer Behörde angehalten wird (§. 108 Abs. 1 des Ges.),
oder wenn im Falle des §. 125 des Gesetzes die Districtsverwal-
tungsbehörde an Stelle der Vernichtung der irrthümlich beigebrach-
ten Marke die Einziehung der Quittungskarte und die Ueber-
tragung des Inhalts derselben auf eine neue Karte anordnet.

Die Ausstellung, der Umtausch und die Erneuerung der
Quittungskarte, sowie die Ertheilung der Bescheinigung erfolgen
kosten- und gebührenfrei. Die Kosten der Quittungskarten
trägt die Versicherungsanstalt, in deren Bezirk die mit der Aus-
stellung und dem Umtausche der Quittungskarte betraute Gemeinde-
behörde ihren Sitz hat (§. 101 Abs. 3 des Ges.). Nur in zwei
genau bezeichneten Fällen hat die Gemeindebehörde für die Aus-
stellung einer Quittungskarte von den Betheiligten Kosten (5 Pf.
für jede Karte) zu beanspruchen; im Zweifelsfalle aber hat der Um-
tausch der Karte kostenfrei zu erfolgen.

Die erforderliche Anzahl von Formularen zu Quittungskarten
wird den Behörden von der für ihren Bezirk zuständigen Versiche-
rungsanstalt kostenlos zur Verfügung gestellt. Die spätere Er-
gänzung des Vorraths ist von der Gemeindebehörde bei der Ver-
sicherungsanstalt rechtzeitig zu beantragen.

Ueber die sonstigen zur Durchführung des Gesetzes vom
22. Juni 1889 den Verwaltungs- und Gemeindebehörden, dann
den Versicherungsanstalten zukommenden Obliegenheiten, insbesondere
über die Verwendung der Marken, wird weitere Bekanntmachung
des k. Staatsministeriums des Innern erfolgen.



Für den Weihnachtstisch.
V.
Neuestes aus dem Verlag von Braun u. Schneider.

Mit dem jüngsten (zweiundvierzigsten) Bande haben die
weltbekannten "Münchener Bilderbogen" die eintausendste
Nummer erreicht und überstiegen. Das Jubelblatt "Sneewittchen"
zeichnete Hermann Vogel, zugenannt von Plauen, der
übrigens kein solcher Sausewind und Faulpelz gewesen sein kann,
wie er uns mit seiner Antobiographie (in Pechts "Kunst für
Alle", 1889, S. 273 ff.) glaubhaft machen möchte; denn die er-
staunliche Zahl seiner virtuosen Illustrationen und die Gediegen-
heit derselben sprechen dagegen; daß er sich neben Ludwig Richter
und Hendschel, Oskar Pletsch, Gehrts, Mohn, Thumann und Wol-
demar Friedrich seinen eigenen Weg gebahnt hat, ist Thatsache.
Andere Bilderbogen zeichneten der mit seinen menschlichen Thier-
bildern excellirende Specialist Hengeler, Mandl (Frosch-
Soiree), der unermüdliche Meggendorfer, Leutemann,
Stauber, R. Geißler
(Rübezal), M. Cöster, Th. v. Cramer
(Schattenbilder), Reinicke, O. Bromberger, Franz Schuh-
werk
und L. v. Nagel (Im wilden Westen), dazu kommen die
bekannten "Costümbilder" mit neuen Fortsetzungen -- Alles im
unterhaltenden Wechsel von Witz, Humor, Ernst und Laune. Im
gleichen Tempo bewegt sich der im achten Jahrgang vorliegende
"Münchener Fliegende Blätter-Kalender" (1891,
112 S. 8°); Hr. v. Miris hat ihn poetisch bevorwortet und
mit Wetter- und Lebensregeln zu den von Hermann Vogel ge-
zeichneten Monatsvignetten eingeleitet: "Das Nothwendigste für
jeden Menschen ist ein guter Kalender und eine gute Gesundheit.
Da nun ein guter Humor zur Gesundheit am meisten beiträgt, so
ist ein humoristischer Kalender, wenn er überdies praktische hygie-
nische Winke enthält, allen anderen vorzuziehen."
Letzteres ge-
schieht natürlich in Versen wie in Prosa reichlich. So heißt es
z. B.: "Wenn schon im allgemeinen gesunder Appetit, guter
Schlaf und allgemeines Wohlbefinden allen Gesunden und Kranken
besonders zu empfeblen sind, so gilt das nicht minder für den
Monat Juni, in welchem man sich in Bädern und auf dem Lande
zu langweilen beginnt. Wer durch langjährige Uebung Hunger,
Durst, Frost und Schlaflosigkeit zu entbehren gelernt hat, wird es
auch wenigstens einige Wochen ohne Arbeit aushalten können.
Während des Landaufenthalts ist es gewöhnlich sehr heiß -- daher
der Name Sommerfrische."
Im August wird ein zeitgemäßes
Thema angeregt: "Eines der ältesten Naturheilverfahren ist die
Wassercur, welche in neuester Zeit durch Pfarrer Kneipp in Mode
gekommen. Daß Wasser das Beste ist, singt schon ein alter
griechischer Dichter, und sind darum im Hochsommer, besonders im
August, kalte Bäder warm zu empfehlen. Doch hat die
Wassercurmacherei auch ihre großen Gefahren, wie schon Goethe in
seinem Liede Guten Morgen, Herr Fischer' sagt: Halb zog Sie
ihn, halb sank Er hin und ward nicht mehr gesehen', was alle
leidenschaftlichen Fischer sehr beherzigen mögen." -- "Ein sehr
schweres und häufig auch bei Wildschützen vorkommendes Leiden ist
die Jagd, welche den Monat September beherrscht. Diejenigen,
welche das Jagen besonders für Leute mit sitzender Lebensweise
als gesund empfehlen, vergessen, daß der Mensch sich vom Hühner-
hunde auch dadurch unterscheidet, daß letzterer nicht so leicht in
Schweiß geräth und sich darum auch nicht so leicht erkältet. Vor
allen anderen gefährlich ist die 'Sonntagsjagd', bei welcher leider
manche Schrotladung ihr Ziel gänzlich verfehlt, was stellenweise
sehr schmerzhaft sein soll."
Der October "ist der Monat der
Trinker und des Weines. Wenn man bedenkt, wie oft und ein-
dringlich der Mensch in Liedern und Gedichten deutscher Sänger
zum Trinken aufgefordert wird, sollte man meinen, es bedürfte
dieser vielfachen Ermunterung, um einen bestehenden natürlichen
Widerwillen zu bekämpfen und zu überwinden -- und doch ist der
Durst ein ziemlich verbreitetes Uebel, dem jährlich Tausende zum
Opfer fallen. Man muß sich deßhalb sehr in Acht nehmen und
lieber dem guten Beispiele des Mondes folgen, welcher bekanntlich
in jedem Monate nur einmal voll zu sein pflegt"
u. s. w. Diese
[Spaltenumbruch] Proben genügen, um den mit nahezu zweihundert lustigen Holz-
schnitten ausgestatteten Kalender überall zu empfehlen.

Dasselbe gilt natürlich auch von den Dichtungen des Hrn.
v. Miris, welche unter dem selbstverständlichen Titel "Von
mir is's"
(158 S. 12°) im gleichen Verlage im feinsten Ein-
band mit dem schelmisch lächelnden Lichtdruckportrait und dem
Autograph des Autors ausgestattet erschienen sind. Eine in echt
pfälzische Liebenswürdigkeit gekleidete "bescheidene Vorrede" sucht
die Existenz dieser Sächelchen mit dem Factum zu rechtfertigen,
daß in jedem Jahrhundert ein bewundertes unsterbliches Werk ent-
stehen müsse, und daß die Muse dann auch dafür sorge, daß felbes
geschrieben werde:

"In dem Jahrhundert -- krieg' die Kränk --
Wie ich so dasitz' un gar nix denk',
Kummt uf eemol gefloche zu mir die Mus',
Kloppt mir uf die Schulter un sächt: 'Schreib' du's!'
Und ich -- was is mer sonst übrig gebliwe?
In Gottes Name -- ich hab's halt geschriwe!
Da is es
-- lees'ts -- un sollt's Eem nit behage,
Den soll e heilig Dunnerwetter verzig Klafter tief in
de Erdboden verschlage."

Mit großer Vorliebe bringt unser Poet auch das Berliner und
Altbaiwarische, d. h. das Münchener Idiom in Anwendung; er
gibt Spree- und Bayreuther, ja sogar Privatier- und Inter-
nationale Kunstausstellungs-Schnadahüpfeln. Uebrigens ist doch
Alles in hochdeutscher Sprache und grunddeutschem Humor. Er
dichtet im Stile von Backfischen und grünen Jungen, schwingt die
Geißel des Spottes in den "Zeit-Jeremiaden" über die Surrogaten-
wirthschaft, über die ewigen Festrummel, die ganze Vereinsmeierei,
die nervösen Hexereien, über die Modethorheiten und die Lamenta-
tionen der Raisonneurs und durchhaut den gordischen Knoten als
Viedermann:

"Darum soll es besser werden,
Laßt die Klagen und Beschwerden;
Jeder -- das nur hilft voran --
Fange bei sich selber an.
Fort d'rum mit dem Pessimismus!
Dies sei unser Egoismus:
Daß ein Jeder nach Gebühr
Kehre vor der eig'nen Thür."

Höchst originell sind die nach bekannten Melodien gedichteter
"Chemischen Volkslieder", welche dem Verfasser der "Lustigen
Naturgeschichte, Botanik und Mineralogie" zu neuen Ehren ge-
reichen. Zwischendurch finden sich echte lyrische Perlen, Stimmungs-
bilder mit diametral entgegengesetzten Schlußstrophen und ver-
blüffend lächerlichen Impromptus a la Heine. Zu den drolligsten
Einfällen zählen "Der glückliche Familienvater", dann das zur
Feier seines eigenen sechzigsten Geburtstages verfaßte Festcarmen
und die putzigen, eines Freidank würdigen Reimpaare, in welchen
jene Kritiker verhöhnt werden, die, mit völliger Farbenblindheit für
die wahren Verdienste eines Autors behaftet, gerade das ihm Un-
mögliche von demselben verlaugen -- Reime, werth, in jeglichem
Büchmann eine stereotype Stelle zu finden:

"Wie wäre das doch schön und nett,
Wenn der Laubfrosch einen Schnurrbart hätt'!
Und könnte die Wildsau Pauken schlagen,
Das wäre lustig, nicht zum sagen!
Wie wär' es praktisch, schön und gut,
Hätt' jeder Ochse einen Hut!
Und könnt' die Gans auf Stelzen geh'n,
Das wär' possirlich anzuseh'n.
Sehr gut wär's, hätt' Herr Kikriki
Statt seines Kamms ein Paraplui,
Doch mehr als dies noch wär' fidel,
Könnt' Schlittschuh laufen das Kameel.
Ja, wenn die Schildkröt' tanzen könnt',
Da riefe Jeder: 'Welch' Talent!'
Das wär' den Säcklern ein Vergnügen,
Wenn die Girassen Cravatten trügen.
Das gäbe eine gute Pirsch,
Wenn Filzschuh' tragen thät' der Hirsch.
Wie musikalisch wär's im Nil,
Wenn singen könnt' das Krokodil!
Wie lieblich wär' es, wenn die Hasen
Im Feld Trompeten würden blasen!
Auch niedlich wär's und interessant,
Wenn fliegen könnt' der Elephant...."

Ein unter dem Titel "Anno Dazumal" mit stilgemäßen
Bildern von Emil Reinicke ausgestattetes Hest bringt acht "Posta-
lische Dichtungen" von H. Schäffer (68 S. 8°) aus verschie-
denen Säculis sehr instructiv und richtig geschildert: Zur Zeit der
Pharaonen, der Perserkriege, der römischen Kaiser, im neunten
Jahrhundert bei den Wikingern, im späteren Mittelalter (hier spielt
die Hauptrolle der treue Bote Hans Fliederbusch aus Straßburg,
welcher Alles verkneipt und dann, aus der Haut fahrend, unter
den wilden Troß des Rodensteiners geräth); die erste Ankunft der
Thurn und Taxis'schen Post u. s. w. Bei einer der folgenden
Auflagen könnten noch die assyrisch-persepolitanischen Einrichtungen
und die mexicanischen Postanstalten unter Montezuma's Regierung
verdiente Verücksichtigung finden, damit das Ganze in universal-
ster Beleuchtung die möglichst culturgeschichtliche Abrundung
erfährt.

Der siebente Foliant des "Oberländer-Album" ent-
hält abermals eine classische Auswahl der grotesken Schöpfungen
dieses originellen Meisters, welcher durch die Frische und Viel-
seitigkeit seiner Laune fast alle gleichzeitigen Humoristen über-
flügelt. Auch Lothar Meggendorfer liefert ein neues
"Militärisches Ziehbilderbuch" mit feschen Reimen.

Die köstliche Sammlung der "Gedankensplitter" wird
durch einen zweiten Band (232 S. 12°) erweitert: Ein wahrer
Schatzkasten mit silbernen und goldenen Rechenpfennigen des
Geistes, des Witzes und der Laune, ein treuer Entoutcas für alle
Stimmungen des Gemüths vom zartesten Rosenroth des Gefühls
bis zum burleskesten Spottgelächter, Alles nach beiläufigen Schlag-
wörtern rubricirt und in handlichste Form gebracht -- ein Büch-
lein, welches als trauter Hausfreund in keinem Heim fehlen
sollte.

Und nun noch einen freundlichen Händedruck den altbekannten
"Jugendblättern", welche, begründet von unsrer unvergeß-
lichen Isabella Braun, von Frl. Isabella Hummel mit fleißigster Um-
sicht weitergeführt werden und in ihrer Weise eine reichhaltige
Bibliothek von sechsunddreißig Jahrgängen bilden. Gedichte und
Erzählungen (darunter in erster Reihe die Leistungen der Nedac-
tion), Belehrendes, Biographisches (z. B. Franz Schubert) wechseln
mit allerlei Lehrhaftem und ergötzlichen Berichten, untermischt mit
Sprüchen und Räthseln. Die Ausstattung mit zahlreichen Farben-
druckbildern und Holzschnitten gereicht der längst rühmlichst be-
kannten Verlagshandlung zu neuem Ruhme.



Mittwoch,
Drittes Morgenblatt, Nr. 342 der Allgemeinen Zeitung.
10. December 1890.
Die Quittungskarten für die Invaliditäts- und
Altersverſicherung.

III.
Die Quittungsmarke.

Die bei weitem wichtigſte und ſchwierigſte Frage, welche Per-
ſonen von der Verſicherungspflicht erfaßt werden und welche Per-
ſonen zur Selbſtverſicherung berechtigt ſind, dürfte durch die ein-
gehenden Erläuterungen, aus welchen wir das Hauptſächlichſte heraus-
gehoben haben, weſentlich erleichtert werden. Streitigkeiten,
welche in dieſer Richtung zwiſchen den Ausgabeſtellen, bezw. den
Verſicherungsanſtalten und den wirklich oder vermeintlich unter das
Geſetz vom 22. Juni 1889 fallenden Perſonen entſtehen, ſind durch
die Diſtrictsverwaltungsbehörden in erſter und durch die k. Regie-
rungen, Kammern des Innern, in zweiter Inſtanz zu entſcheiden.
Thatſachen, welche ſich auf das Recht zum Eintritt in die
Verſicherung
und demgemäß zum Empfang einer erſten Quittungs-
karte beziehen, ſind von der um Ausſtellung der Karte erſuchten
Behörde zu berückſichtigen, ſoweit ſie ihr bekannt ſind. Im übrigen
iſt die Behörde zwar berechtigt, aber nicht verpflichtet, von Amts-
wegen weitere, das Vorhandenſein ſolcher Thatſachen betreffende
Ermittelungen anzuſtellen. Bei ihrer Entſchließung, ob die Quit-
tungskarte auszuſtellen oder die Ausſtellung abzulehnen ſei, hat
die Ausgabeſtelle grundſätzlich thunliches Entgegenkommen
zu bethätigen. Bleibt demgemäß die Zuläſſigkeit der Ausſtellung
zweifelhaft und laſſen ſich die Zweifel nicht alsbald beſeitigen, ſo
iſt die Ausſtellung der Karte nicht zu verſagen, jedoch iſt der für den
Bezirk der ausſtellenden Behörde zuſtändigen Verſicherungsanſtalt
oder dem nächſten Vertrauensmann derſelben von den Umſtänden,
welche den Zweifel begründen, Mittheilung zu machen. Von der
Ablehnung iſt dem Antragſteller mit der Eröffnung Kenntniß zu
geben, daß ihm binnen zwei Wochen nach Empfang der Mit-
theilung die Beſchwerde an die Diſtrictsverwaltungsbehörde zuſtehe.

Soll die Quittungskarte ausgeſtellt werden, ſo iſt dieſelbe
auf der Außenſeite auszufüllen. Eintragungen oder Vermerke,
welche durch das Geſetz nicht vorgeſehen ſind, ſind auszulaſſen und
ſtrafbar. Insbeſondere darf die Perſon des Arbeitgebers niemals
in die Karte eingetragen werden.

Um den Betheiligten zu ermöglichen, bis zu dem Inkraft-
treten des Geſetzes in den Beſitz der Quittungskarten zu gelangen,
iſt es zuläſſig, mit der Ausſtellung und Aushändigung der Karte
ſchon vom 15. December 1890 an zu beginnen und dieſelben
mit dem Datum des 1. Januar 1891 zu verſehen. Jede Quit-
tungskarte erhält eine Nummer, und zwar die erſte Karte eines
jeden Inhabers die Nummer 1, die zweite desſelben Inhabers
die Nummer 2 u. ſ. w. Die ausgefüllte Karte iſt dem Verſicherten
zuzuſtellen. Welche Verſicherungsanſtalt für die einzelnen
Verſicherten zuſtändig
und daher am Kopfe der Quittungs-
karte vorzutragen iſt, ergibt ſich aus §§. 41 und 120 des Geſetzes,
wonach die Verſicherung in derjenigen Verſicherungsanſtalt erfolgt,
in deren Bezirk der Beſchäftigungsort des Verſicherten liegt.
Findet die Beſchäftigung in einem „Betriebe“ ſtatt, deſſen Sitz im
Inland gelegen iſt, ſo gilt als Beſchäftigungsort ausnahmslos
der Sitz des Betriebes (§. 41 Abſ. 3 des Geſ.).

Betriebsſitz iſt derjenige Ort, in welchem ſich der Mittel-
punkt (wirthſchaftliche Schwerpunkt) des Unternehmens befindet.
Der Sitz des Betriebs kann durch das Vorhandenſein von Betriebs-
anlagen, Verkaufsſtätten, Waarenlagern äußerlich erkennbar oder
aus Eintragungen in Firmen- oder Gewerberegiſtern zu entuehmen
ſein und braucht mit dem Wohnſitz des Unternehmers nicht zu-
ſammenzufallen. Die Arbeiter ꝛc., welche außerhalb des Be-
triebsſitzes Arbeiten ausführen, ſind daher nicht an dem Orte, wo
die Arbeiten ſtattſinden, ſondern ſtets an dem Sitz des Be-
triebes
zu verſichern. Es kann jedoch eine dauernde oder beſon-
ders umfangreiche Ausführung von Arbeiten an einem von dem
Betriebsſitze verſchiedenen Orte unter Umſtänden den Charakter
eines ſelbſtändigen Betriebes mit einem beſonderen geſchäftlichen
Mittelpunkt annehmen.

Bezüglich der Frage nach dem Sitze eines land- und forſt-
wirthſchaftlichen
Betriebes kommen die Beſtimmungen im §. 44
Abſ. 2 und 3 des landwirthſchaftlichen Unfallverſicherungsgeſetzes
in Betracht. Für den Sitz gemiſchter, aus Haupt- und Reben-
betrieben beſtehender Betriebe entſcheidet der Sitz des Hauptbetriebes.
Die Verſicherung von im Auslande beſchäftigten Perſonen, welche
als Arbeiter eines inländiſchen Betriebes anzuſehen ſind, erfolgt
am Orte des inländiſchen Betriebsſitzes, während bei im Inland
beſchäftigten Perſonen, welche einem im Ausland gelegenen Be-
trieb angehören, ſtets der Ort der thatſächlich inländiſchen Be-
ſchäftigung für die Zuſtändigkeit der Verſicherungsanſtalt maß-
gebend iſt.

Der Umtauſch einer Quittungskarte findet in der Regel
erſt dann ſtatt, wenn die für die Einklebungen von Marken be-
ſtimmten Felder der Quittungskarte gefüllt ſind oder die Gültigkeit
der Quittungskarte erloſchen iſt. Letzteres tritt regelmäßig ein,
wenn die Karte nicht bis zum Schluſſe des dritten Jahres, welches
dem am Kopfe der Karte verzeichneten Jahre folgt, zum Umtauſch
eingereicht worden iſt (§. 104 des Geſ.). Auf ſeine Koſten darf
jedoch der Verſicherte jederzeit die Ausſtellung einer neuen Quit-
tungskarte gegen Rückgabe der älteren Karte beanſpruchen (§. 102
Abſ. 2 a. a. O.). Die bei dem Umtauſch ſich ergebenden Ge-
ſchäfte, nämlich: die Ausſtellung der neuen Karte, die Aufrechnung
der alten Karte und die Ausſtellung der Beſcheinigung über die
aus der Aufrechnung ſich ergebenden Endzahlen ſind gleichfalls ein-
gehend geregelt. In dieſer Hinſicht dürfte es genügen, hier
folgende Punkte bervorzuheben. Die Ausſtellung der neuen Karte
erfolgt in der Regel nur gegen Rückgabe der älteren Karte und
mit einigen Modificationen nach den für die Ausſtellung der erſten
Karte erörterten Beſtimmungen. Es darf u. a. die Ausſtellung
der neuen Quittungskarte in der Regel nicht von einer beſonderen
Feſtſtellung, ob zur Zeit noch eine Verſicherungspflicht oder das
Recht zur Selbſtverſicherung beſteht, abhängig gemacht werden.
Vielmehr hat im allgemeinen jeder, welchem einmal eine Quittungs-
karte ausgeſtellt worden iſt, das Recht, den Umtauſch zu verlangen,
und nur in ſolchen Fällen iſt der Umtauſch zu verſagen, wenn die
Bebörde die pflichtmäßige Ueberzeugung gewinnt, daß der Inhaber
zum Eintritt in die Verſicherung bisher nicht berechtigt ge-
weſen iſt.

Als Verſicherungsanſtalt iſt in der ſpäteren Quit-
tungskarte ſtets jene vorzutragen, welche auf der erſten Quit-
tungskarte des Verſicherten verzeichnet war, wenn auch der Ver-
ſicherte zur Zeit der Ausſtellung der neuen Karte im Bezirke einer
anderen Verſicherungsanſtalt beſchäftigt iſt. Die Aufrechnung der
zurückgegebenen (alten) Quittungskarte ſoll in unmittelbarem An-
ſchluß an deren Rückgabe erfolgen. Ueber das Ergebniß der Auf-
rechnung iſt dem Inhaber der Karte eine Beſcheinigung zu ertheilen,
gegen deren Inhalt dem Verſicherten binnen zwei Wochen nach der
Aushändigung der Einſpruch zuſteht (§. 106 des Geſ.). Der Ein-
ſpruch iſt bei der Behörde, welche die Quittungskarte aufgerechnet
und die Beſcheinigung ausgeſtellt hat, zu erheben und von dieſer
Behörde auch zu beſcheiden.

Gegen die (völlige oder theilweiſe) Zurückweiſung des Ein-
ſpruchs findet binnen zwei Wochen nach Mittheilung der Entſchei-
dung Recurs an die der beſcheinigenden Gemeindebehörde vor-
geſetzte Auſſichtsbehörde ſtatt, welche endgültig entſcheidet. Koſten
ſollen dem Verſicherten aus dem Einſpruch in der Regel nicht er-
wachſen; doch können demſelben ſolche Koſten zur Laſt gelegt
werden, welche durch die unbegründeten Anträge desſelben veran-
laßt worden ſind, wenn die Annahme begründet iſt, daß der Ver-
ſicherte der Grundloſigkeit ſeiner Anträge ſich bewußt war.

Hat der Inhaber ſeine Qnittungskarte verloren oder iſt
dieſelbe ganz oder theilweiſe zerſtört oder aus einem anderen
Grund als wegen Füllung mit Beitragsmarken zur weiteren Ver-
wendung unbrauchbar geworden, ſo iſt der Inhaber berech-
tigt, die Erſetzung dieſer Quittungskarte durch eine neue zu be-
anſpruchen (§. 105 des Geſ.). In die neue Quittungskarte ſind
die bis zum Verluſte der Karte entrichteten Beiträge, ſoweit die-
ſelben nachweisbar geleiſtet worden ſind, in beglaubigter Form zu
übertragen. Der Nachweis des Inhalts der zu erneuernden ver-
lorenen, ganz oder theilweiſe zerſtörten Karte iſt Sache des In-
habers. Gegen den Inhalt der Uebertragung kann der Verſicherte
Einſpruch erheben, für deren Erledigung das gleiche Verfahren gilt
wie bei dem Einſpruch gegen den Inhalt der Beſcheinigung über
das Ergebniß der Aufrechnung.

Außer den erwähnten Fällen findet eine Erneuerung der Karte
noch ſtatt, wenn die Karte wegen einer unzuläſſigen Eintragung
ſeitens einer Behörde angehalten wird (§. 108 Abſ. 1 des Geſ.),
oder wenn im Falle des §. 125 des Geſetzes die Diſtrictsverwal-
tungsbehörde an Stelle der Vernichtung der irrthümlich beigebrach-
ten Marke die Einziehung der Quittungskarte und die Ueber-
tragung des Inhalts derſelben auf eine neue Karte anordnet.

Die Ausſtellung, der Umtauſch und die Erneuerung der
Quittungskarte, ſowie die Ertheilung der Beſcheinigung erfolgen
koſten- und gebührenfrei. Die Koſten der Quittungskarten
trägt die Verſicherungsanſtalt, in deren Bezirk die mit der Aus-
ſtellung und dem Umtauſche der Quittungskarte betraute Gemeinde-
behörde ihren Sitz hat (§. 101 Abſ. 3 des Geſ.). Nur in zwei
genau bezeichneten Fällen hat die Gemeindebehörde für die Aus-
ſtellung einer Quittungskarte von den Betheiligten Koſten (5 Pf.
für jede Karte) zu beanſpruchen; im Zweifelsfalle aber hat der Um-
tauſch der Karte koſtenfrei zu erfolgen.

Die erforderliche Anzahl von Formularen zu Quittungskarten
wird den Behörden von der für ihren Bezirk zuſtändigen Verſiche-
rungsanſtalt koſtenlos zur Verfügung geſtellt. Die ſpätere Er-
gänzung des Vorraths iſt von der Gemeindebehörde bei der Ver-
ſicherungsanſtalt rechtzeitig zu beantragen.

Ueber die ſonſtigen zur Durchführung des Geſetzes vom
22. Juni 1889 den Verwaltungs- und Gemeindebehörden, dann
den Verſicherungsanſtalten zukommenden Obliegenheiten, insbeſondere
über die Verwendung der Marken, wird weitere Bekanntmachung
des k. Staatsminiſteriums des Innern erfolgen.



Für den Weihnachtstiſch.
V.
Neueſtes aus dem Verlag von Braun u. Schneider.

∈ Mit dem jüngſten (zweiundvierzigſten) Bande haben die
weltbekannten „Münchener Bilderbogen“ die eintauſendſte
Nummer erreicht und überſtiegen. Das Jubelblatt „Sneewittchen“
zeichnete Hermann Vogel, zugenannt von Plauen, der
übrigens kein ſolcher Sauſewind und Faulpelz geweſen ſein kann,
wie er uns mit ſeiner Antobiographie (in Pechts „Kunſt für
Alle“, 1889, S. 273 ff.) glaubhaft machen möchte; denn die er-
ſtaunliche Zahl ſeiner virtuoſen Illuſtrationen und die Gediegen-
heit derſelben ſprechen dagegen; daß er ſich neben Ludwig Richter
und Hendſchel, Oskar Pletſch, Gehrts, Mohn, Thumann und Wol-
demar Friedrich ſeinen eigenen Weg gebahnt hat, iſt Thatſache.
Andere Bilderbogen zeichneten der mit ſeinen menſchlichen Thier-
bildern excellirende Specialiſt Hengeler, Mandl (Froſch-
Soirée), der unermüdliche Meggendorfer, Leutemann,
Stauber, R. Geißler
(Rübezal), M. Cöſter, Th. v. Cramer
(Schattenbilder), Reinicke, O. Bromberger, Franz Schuh-
werk
und L. v. Nagel (Im wilden Weſten), dazu kommen die
bekannten „Coſtümbilder“ mit neuen Fortſetzungen — Alles im
unterhaltenden Wechſel von Witz, Humor, Ernſt und Laune. Im
gleichen Tempo bewegt ſich der im achten Jahrgang vorliegende
„Münchener Fliegende Blätter-Kalender“ (1891,
112 S. 8°); Hr. v. Miris hat ihn poetiſch bevorwortet und
mit Wetter- und Lebensregeln zu den von Hermann Vogel ge-
zeichneten Monatsvignetten eingeleitet: „Das Nothwendigſte für
jeden Menſchen iſt ein guter Kalender und eine gute Geſundheit.
Da nun ein guter Humor zur Geſundheit am meiſten beiträgt, ſo
iſt ein humoriſtiſcher Kalender, wenn er überdies praktiſche hygie-
niſche Winke enthält, allen anderen vorzuziehen.“
Letzteres ge-
ſchieht natürlich in Verſen wie in Proſa reichlich. So heißt es
z. B.: „Wenn ſchon im allgemeinen geſunder Appetit, guter
Schlaf und allgemeines Wohlbefinden allen Geſunden und Kranken
beſonders zu empfeblen ſind, ſo gilt das nicht minder für den
Monat Juni, in welchem man ſich in Bädern und auf dem Lande
zu langweilen beginnt. Wer durch langjährige Uebung Hunger,
Durſt, Froſt und Schlafloſigkeit zu entbehren gelernt hat, wird es
auch wenigſtens einige Wochen ohne Arbeit aushalten können.
Während des Landaufenthalts iſt es gewöhnlich ſehr heiß — daher
der Name Sommerfriſche.“
Im Auguſt wird ein zeitgemäßes
Thema angeregt: „Eines der älteſten Naturheilverfahren iſt die
Waſſercur, welche in neueſter Zeit durch Pfarrer Kneipp in Mode
gekommen. Daß Waſſer das Beſte iſt, ſingt ſchon ein alter
griechiſcher Dichter, und ſind darum im Hochſommer, beſonders im
Auguſt, kalte Bäder warm zu empfehlen. Doch hat die
Waſſercurmacherei auch ihre großen Gefahren, wie ſchon Goethe in
ſeinem Liede Guten Morgen, Herr Fiſcher’ ſagt: Halb zog Sie
ihn, halb ſank Er hin und ward nicht mehr geſehen’, was alle
leidenſchaftlichen Fiſcher ſehr beherzigen mögen.“ — „Ein ſehr
ſchweres und häufig auch bei Wildſchützen vorkommendes Leiden iſt
die Jagd, welche den Monat September beherrſcht. Diejenigen,
welche das Jagen beſonders für Leute mit ſitzender Lebensweiſe
als geſund empfehlen, vergeſſen, daß der Menſch ſich vom Hühner-
hunde auch dadurch unterſcheidet, daß letzterer nicht ſo leicht in
Schweiß geräth und ſich darum auch nicht ſo leicht erkältet. Vor
allen anderen gefährlich iſt die ‘Sonntagsjagd’, bei welcher leider
manche Schrotladung ihr Ziel gänzlich verfehlt, was ſtellenweiſe
ſehr ſchmerzhaft ſein ſoll.“
Der October „iſt der Monat der
Trinker und des Weines. Wenn man bedenkt, wie oft und ein-
dringlich der Menſch in Liedern und Gedichten deutſcher Sänger
zum Trinken aufgefordert wird, ſollte man meinen, es bedürfte
dieſer vielfachen Ermunterung, um einen beſtehenden natürlichen
Widerwillen zu bekämpfen und zu überwinden — und doch iſt der
Durſt ein ziemlich verbreitetes Uebel, dem jährlich Tauſende zum
Opfer fallen. Man muß ſich deßhalb ſehr in Acht nehmen und
lieber dem guten Beiſpiele des Mondes folgen, welcher bekanntlich
in jedem Monate nur einmal voll zu ſein pflegt“
u. ſ. w. Dieſe
[Spaltenumbruch] Proben genügen, um den mit nahezu zweihundert luſtigen Holz-
ſchnitten ausgeſtatteten Kalender überall zu empfehlen.

Dasſelbe gilt natürlich auch von den Dichtungen des Hrn.
v. Miris, welche unter dem ſelbſtverſtändlichen Titel „Von
mir is’s“
(158 S. 12°) im gleichen Verlage im feinſten Ein-
band mit dem ſchelmiſch lächelnden Lichtdruckportrait und dem
Autograph des Autors ausgeſtattet erſchienen ſind. Eine in echt
pfälziſche Liebenswürdigkeit gekleidete „beſcheidene Vorrede“ ſucht
die Exiſtenz dieſer Sächelchen mit dem Factum zu rechtfertigen,
daß in jedem Jahrhundert ein bewundertes unſterbliches Werk ent-
ſtehen müſſe, und daß die Muſe dann auch dafür ſorge, daß felbes
geſchrieben werde:

„In dem Jahrhundert — krieg’ die Kränk —
Wie ich ſo daſitz’ un gar nix denk’,
Kummt uf eemol gefloche zu mir die Muſ’,
Kloppt mir uf die Schulter un ſächt: ‘Schreib’ du’s!’
Und ich — was is mer ſonſt übrig gebliwe?
In Gottes Name — ich hab’s halt geſchriwe!
Da is es
— leeſ’ts — un ſollt’s Eem nit behage,
Den ſoll e heilig Dunnerwetter verzig Klafter tief in
de Erdboden verſchlage.“

Mit großer Vorliebe bringt unſer Poet auch das Berliner und
Altbaiwariſche, d. h. das Münchener Idiom in Anwendung; er
gibt Spree- und Bayreuther, ja ſogar Privatier- und Inter-
nationale Kunſtausſtellungs-Schnadahüpfeln. Uebrigens iſt doch
Alles in hochdeutſcher Sprache und grunddeutſchem Humor. Er
dichtet im Stile von Backfiſchen und grünen Jungen, ſchwingt die
Geißel des Spottes in den „Zeit-Jeremiaden“ über die Surrogaten-
wirthſchaft, über die ewigen Feſtrummel, die ganze Vereinsmeierei,
die nervöſen Hexereien, über die Modethorheiten und die Lamenta-
tionen der Raiſonneurs und durchhaut den gordiſchen Knoten als
Viedermann:

„Darum ſoll es beſſer werden,
Laßt die Klagen und Beſchwerden;
Jeder — das nur hilft voran —
Fange bei ſich ſelber an.
Fort d’rum mit dem Peſſimismus!
Dies ſei unſer Egoismus:
Daß ein Jeder nach Gebühr
Kehre vor der eig’nen Thür.“

Höchſt originell ſind die nach bekannten Melodien gedichteter
„Chemiſchen Volkslieder“, welche dem Verfaſſer der „Luſtigen
Naturgeſchichte, Botanik und Mineralogie“ zu neuen Ehren ge-
reichen. Zwiſchendurch finden ſich echte lyriſche Perlen, Stimmungs-
bilder mit diametral entgegengeſetzten Schlußſtrophen und ver-
blüffend lächerlichen Impromptus à la Heine. Zu den drolligſten
Einfällen zählen „Der glückliche Familienvater“, dann das zur
Feier ſeines eigenen ſechzigſten Geburtstages verfaßte Feſtcarmen
und die putzigen, eines Freidank würdigen Reimpaare, in welchen
jene Kritiker verhöhnt werden, die, mit völliger Farbenblindheit für
die wahren Verdienſte eines Autors behaftet, gerade das ihm Un-
mögliche von demſelben verlaugen — Reime, werth, in jeglichem
Büchmann eine ſtereotype Stelle zu finden:

„Wie wäre das doch ſchön und nett,
Wenn der Laubfroſch einen Schnurrbart hätt’!
Und könnte die Wildſau Pauken ſchlagen,
Das wäre luſtig, nicht zum ſagen!
Wie wär’ es praktiſch, ſchön und gut,
Hätt’ jeder Ochſe einen Hut!
Und könnt’ die Gans auf Stelzen geh’n,
Das wär’ poſſirlich anzuſeh’n.
Sehr gut wär’s, hätt’ Herr Kikriki
Statt ſeines Kamms ein Paraplui,
Doch mehr als dies noch wär’ fidel,
Könnt’ Schlittſchuh laufen das Kameel.
Ja, wenn die Schildkröt’ tanzen könnt’,
Da riefe Jeder: ‘Welch’ Talent!’
Das wär’ den Säcklern ein Vergnügen,
Wenn die Giraſſen Cravatten trügen.
Das gäbe eine gute Pirſch,
Wenn Filzſchuh’ tragen thät’ der Hirſch.
Wie muſikaliſch wär’s im Nil,
Wenn ſingen könnt’ das Krokodil!
Wie lieblich wär’ es, wenn die Haſen
Im Feld Trompeten würden blaſen!
Auch niedlich wär’s und intereſſant,
Wenn fliegen könnt’ der Elephant....“

Ein unter dem Titel „Anno Dazumal“ mit ſtilgemäßen
Bildern von Emil Reinicke ausgeſtattetes Heſt bringt acht „Poſta-
liſche Dichtungen“ von H. Schäffer (68 S. 8°) aus verſchie-
denen Säculis ſehr inſtructiv und richtig geſchildert: Zur Zeit der
Pharaonen, der Perſerkriege, der römiſchen Kaiſer, im neunten
Jahrhundert bei den Wikingern, im ſpäteren Mittelalter (hier ſpielt
die Hauptrolle der treue Bote Hans Fliederbuſch aus Straßburg,
welcher Alles verkneipt und dann, aus der Haut fahrend, unter
den wilden Troß des Rodenſteiners geräth); die erſte Ankunft der
Thurn und Taxis’ſchen Poſt u. ſ. w. Bei einer der folgenden
Auflagen könnten noch die aſſyriſch-perſepolitaniſchen Einrichtungen
und die mexicaniſchen Poſtanſtalten unter Montezuma’s Regierung
verdiente Verückſichtigung finden, damit das Ganze in univerſal-
ſter Beleuchtung die möglichſt culturgeſchichtliche Abrundung
erfährt.

Der ſiebente Foliant des „Oberländer-Album“ ent-
hält abermals eine claſſiſche Auswahl der grotesken Schöpfungen
dieſes originellen Meiſters, welcher durch die Friſche und Viel-
ſeitigkeit ſeiner Laune faſt alle gleichzeitigen Humoriſten über-
flügelt. Auch Lothar Meggendorfer liefert ein neues
„Militäriſches Ziehbilderbuch“ mit feſchen Reimen.

Die köſtliche Sammlung der „Gedankenſplitter“ wird
durch einen zweiten Band (232 S. 12°) erweitert: Ein wahrer
Schatzkaſten mit ſilbernen und goldenen Rechenpfennigen des
Geiſtes, des Witzes und der Laune, ein treuer Entoutcas für alle
Stimmungen des Gemüths vom zarteſten Roſenroth des Gefühls
bis zum burleskeſten Spottgelächter, Alles nach beiläufigen Schlag-
wörtern rubricirt und in handlichſte Form gebracht — ein Büch-
lein, welches als trauter Hausfreund in keinem Heim fehlen
ſollte.

Und nun noch einen freundlichen Händedruck den altbekannten
„Jugendblättern“, welche, begründet von unſrer unvergeß-
lichen Iſabella Braun, von Frl. Iſabella Hummel mit fleißigſter Um-
ſicht weitergeführt werden und in ihrer Weiſe eine reichhaltige
Bibliothek von ſechsunddreißig Jahrgängen bilden. Gedichte und
Erzählungen (darunter in erſter Reihe die Leiſtungen der Nedac-
tion), Belehrendes, Biographiſches (z. B. Franz Schubert) wechſeln
mit allerlei Lehrhaftem und ergötzlichen Berichten, untermiſcht mit
Sprüchen und Räthſeln. Die Ausſtattung mit zahlreichen Farben-
druckbildern und Holzſchnitten gereicht der längſt rühmlichſt be-
kannten Verlagshandlung zu neuem Ruhme.



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Aushändigung der Ein&#x017F;pruch zu&#x017F;teht (§. 106 des Ge&#x017F;.). Der Ein-<lb/>
&#x017F;pruch i&#x017F;t bei der Behörde, welche die Quittungskarte aufgerechnet<lb/>
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&#x017F;ollen dem Ver&#x017F;icherten aus dem Ein&#x017F;pruch in der Regel nicht er-<lb/>
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[0009] Mittwoch, Drittes Morgenblatt, Nr. 342 der Allgemeinen Zeitung. 10. December 1890. Die Quittungskarten für die Invaliditäts- und Altersverſicherung. III. Die Quittungsmarke. Die bei weitem wichtigſte und ſchwierigſte Frage, welche Per- ſonen von der Verſicherungspflicht erfaßt werden und welche Per- ſonen zur Selbſtverſicherung berechtigt ſind, dürfte durch die ein- gehenden Erläuterungen, aus welchen wir das Hauptſächlichſte heraus- gehoben haben, weſentlich erleichtert werden. Streitigkeiten, welche in dieſer Richtung zwiſchen den Ausgabeſtellen, bezw. den Verſicherungsanſtalten und den wirklich oder vermeintlich unter das Geſetz vom 22. Juni 1889 fallenden Perſonen entſtehen, ſind durch die Diſtrictsverwaltungsbehörden in erſter und durch die k. Regie- rungen, Kammern des Innern, in zweiter Inſtanz zu entſcheiden. Thatſachen, welche ſich auf das Recht zum Eintritt in die Verſicherung und demgemäß zum Empfang einer erſten Quittungs- karte beziehen, ſind von der um Ausſtellung der Karte erſuchten Behörde zu berückſichtigen, ſoweit ſie ihr bekannt ſind. Im übrigen iſt die Behörde zwar berechtigt, aber nicht verpflichtet, von Amts- wegen weitere, das Vorhandenſein ſolcher Thatſachen betreffende Ermittelungen anzuſtellen. Bei ihrer Entſchließung, ob die Quit- tungskarte auszuſtellen oder die Ausſtellung abzulehnen ſei, hat die Ausgabeſtelle grundſätzlich thunliches Entgegenkommen zu bethätigen. Bleibt demgemäß die Zuläſſigkeit der Ausſtellung zweifelhaft und laſſen ſich die Zweifel nicht alsbald beſeitigen, ſo iſt die Ausſtellung der Karte nicht zu verſagen, jedoch iſt der für den Bezirk der ausſtellenden Behörde zuſtändigen Verſicherungsanſtalt oder dem nächſten Vertrauensmann derſelben von den Umſtänden, welche den Zweifel begründen, Mittheilung zu machen. Von der Ablehnung iſt dem Antragſteller mit der Eröffnung Kenntniß zu geben, daß ihm binnen zwei Wochen nach Empfang der Mit- theilung die Beſchwerde an die Diſtrictsverwaltungsbehörde zuſtehe. Soll die Quittungskarte ausgeſtellt werden, ſo iſt dieſelbe auf der Außenſeite auszufüllen. Eintragungen oder Vermerke, welche durch das Geſetz nicht vorgeſehen ſind, ſind auszulaſſen und ſtrafbar. Insbeſondere darf die Perſon des Arbeitgebers niemals in die Karte eingetragen werden. Um den Betheiligten zu ermöglichen, bis zu dem Inkraft- treten des Geſetzes in den Beſitz der Quittungskarten zu gelangen, iſt es zuläſſig, mit der Ausſtellung und Aushändigung der Karte ſchon vom 15. December 1890 an zu beginnen und dieſelben mit dem Datum des 1. Januar 1891 zu verſehen. Jede Quit- tungskarte erhält eine Nummer, und zwar die erſte Karte eines jeden Inhabers die Nummer 1, die zweite desſelben Inhabers die Nummer 2 u. ſ. w. Die ausgefüllte Karte iſt dem Verſicherten zuzuſtellen. Welche Verſicherungsanſtalt für die einzelnen Verſicherten zuſtändig und daher am Kopfe der Quittungs- karte vorzutragen iſt, ergibt ſich aus §§. 41 und 120 des Geſetzes, wonach die Verſicherung in derjenigen Verſicherungsanſtalt erfolgt, in deren Bezirk der Beſchäftigungsort des Verſicherten liegt. Findet die Beſchäftigung in einem „Betriebe“ ſtatt, deſſen Sitz im Inland gelegen iſt, ſo gilt als Beſchäftigungsort ausnahmslos der Sitz des Betriebes (§. 41 Abſ. 3 des Geſ.). Betriebsſitz iſt derjenige Ort, in welchem ſich der Mittel- punkt (wirthſchaftliche Schwerpunkt) des Unternehmens befindet. Der Sitz des Betriebs kann durch das Vorhandenſein von Betriebs- anlagen, Verkaufsſtätten, Waarenlagern äußerlich erkennbar oder aus Eintragungen in Firmen- oder Gewerberegiſtern zu entuehmen ſein und braucht mit dem Wohnſitz des Unternehmers nicht zu- ſammenzufallen. Die Arbeiter ꝛc., welche außerhalb des Be- triebsſitzes Arbeiten ausführen, ſind daher nicht an dem Orte, wo die Arbeiten ſtattſinden, ſondern ſtets an dem Sitz des Be- triebes zu verſichern. Es kann jedoch eine dauernde oder beſon- ders umfangreiche Ausführung von Arbeiten an einem von dem Betriebsſitze verſchiedenen Orte unter Umſtänden den Charakter eines ſelbſtändigen Betriebes mit einem beſonderen geſchäftlichen Mittelpunkt annehmen. Bezüglich der Frage nach dem Sitze eines land- und forſt- wirthſchaftlichen Betriebes kommen die Beſtimmungen im §. 44 Abſ. 2 und 3 des landwirthſchaftlichen Unfallverſicherungsgeſetzes in Betracht. Für den Sitz gemiſchter, aus Haupt- und Reben- betrieben beſtehender Betriebe entſcheidet der Sitz des Hauptbetriebes. Die Verſicherung von im Auslande beſchäftigten Perſonen, welche als Arbeiter eines inländiſchen Betriebes anzuſehen ſind, erfolgt am Orte des inländiſchen Betriebsſitzes, während bei im Inland beſchäftigten Perſonen, welche einem im Ausland gelegenen Be- trieb angehören, ſtets der Ort der thatſächlich inländiſchen Be- ſchäftigung für die Zuſtändigkeit der Verſicherungsanſtalt maß- gebend iſt. Der Umtauſch einer Quittungskarte findet in der Regel erſt dann ſtatt, wenn die für die Einklebungen von Marken be- ſtimmten Felder der Quittungskarte gefüllt ſind oder die Gültigkeit der Quittungskarte erloſchen iſt. Letzteres tritt regelmäßig ein, wenn die Karte nicht bis zum Schluſſe des dritten Jahres, welches dem am Kopfe der Karte verzeichneten Jahre folgt, zum Umtauſch eingereicht worden iſt (§. 104 des Geſ.). Auf ſeine Koſten darf jedoch der Verſicherte jederzeit die Ausſtellung einer neuen Quit- tungskarte gegen Rückgabe der älteren Karte beanſpruchen (§. 102 Abſ. 2 a. a. O.). Die bei dem Umtauſch ſich ergebenden Ge- ſchäfte, nämlich: die Ausſtellung der neuen Karte, die Aufrechnung der alten Karte und die Ausſtellung der Beſcheinigung über die aus der Aufrechnung ſich ergebenden Endzahlen ſind gleichfalls ein- gehend geregelt. In dieſer Hinſicht dürfte es genügen, hier folgende Punkte bervorzuheben. Die Ausſtellung der neuen Karte erfolgt in der Regel nur gegen Rückgabe der älteren Karte und mit einigen Modificationen nach den für die Ausſtellung der erſten Karte erörterten Beſtimmungen. Es darf u. a. die Ausſtellung der neuen Quittungskarte in der Regel nicht von einer beſonderen Feſtſtellung, ob zur Zeit noch eine Verſicherungspflicht oder das Recht zur Selbſtverſicherung beſteht, abhängig gemacht werden. Vielmehr hat im allgemeinen jeder, welchem einmal eine Quittungs- karte ausgeſtellt worden iſt, das Recht, den Umtauſch zu verlangen, und nur in ſolchen Fällen iſt der Umtauſch zu verſagen, wenn die Bebörde die pflichtmäßige Ueberzeugung gewinnt, daß der Inhaber zum Eintritt in die Verſicherung bisher nicht berechtigt ge- weſen iſt. Als Verſicherungsanſtalt iſt in der ſpäteren Quit- tungskarte ſtets jene vorzutragen, welche auf der erſten Quit- tungskarte des Verſicherten verzeichnet war, wenn auch der Ver- ſicherte zur Zeit der Ausſtellung der neuen Karte im Bezirke einer anderen Verſicherungsanſtalt beſchäftigt iſt. Die Aufrechnung der zurückgegebenen (alten) Quittungskarte ſoll in unmittelbarem An- ſchluß an deren Rückgabe erfolgen. Ueber das Ergebniß der Auf- rechnung iſt dem Inhaber der Karte eine Beſcheinigung zu ertheilen, gegen deren Inhalt dem Verſicherten binnen zwei Wochen nach der Aushändigung der Einſpruch zuſteht (§. 106 des Geſ.). Der Ein- ſpruch iſt bei der Behörde, welche die Quittungskarte aufgerechnet und die Beſcheinigung ausgeſtellt hat, zu erheben und von dieſer Behörde auch zu beſcheiden. Gegen die (völlige oder theilweiſe) Zurückweiſung des Ein- ſpruchs findet binnen zwei Wochen nach Mittheilung der Entſchei- dung Recurs an die der beſcheinigenden Gemeindebehörde vor- geſetzte Auſſichtsbehörde ſtatt, welche endgültig entſcheidet. Koſten ſollen dem Verſicherten aus dem Einſpruch in der Regel nicht er- wachſen; doch können demſelben ſolche Koſten zur Laſt gelegt werden, welche durch die unbegründeten Anträge desſelben veran- laßt worden ſind, wenn die Annahme begründet iſt, daß der Ver- ſicherte der Grundloſigkeit ſeiner Anträge ſich bewußt war. Hat der Inhaber ſeine Qnittungskarte verloren oder iſt dieſelbe ganz oder theilweiſe zerſtört oder aus einem anderen Grund als wegen Füllung mit Beitragsmarken zur weiteren Ver- wendung unbrauchbar geworden, ſo iſt der Inhaber berech- tigt, die Erſetzung dieſer Quittungskarte durch eine neue zu be- anſpruchen (§. 105 des Geſ.). In die neue Quittungskarte ſind die bis zum Verluſte der Karte entrichteten Beiträge, ſoweit die- ſelben nachweisbar geleiſtet worden ſind, in beglaubigter Form zu übertragen. Der Nachweis des Inhalts der zu erneuernden ver- lorenen, ganz oder theilweiſe zerſtörten Karte iſt Sache des In- habers. Gegen den Inhalt der Uebertragung kann der Verſicherte Einſpruch erheben, für deren Erledigung das gleiche Verfahren gilt wie bei dem Einſpruch gegen den Inhalt der Beſcheinigung über das Ergebniß der Aufrechnung. Außer den erwähnten Fällen findet eine Erneuerung der Karte noch ſtatt, wenn die Karte wegen einer unzuläſſigen Eintragung ſeitens einer Behörde angehalten wird (§. 108 Abſ. 1 des Geſ.), oder wenn im Falle des §. 125 des Geſetzes die Diſtrictsverwal- tungsbehörde an Stelle der Vernichtung der irrthümlich beigebrach- ten Marke die Einziehung der Quittungskarte und die Ueber- tragung des Inhalts derſelben auf eine neue Karte anordnet. Die Ausſtellung, der Umtauſch und die Erneuerung der Quittungskarte, ſowie die Ertheilung der Beſcheinigung erfolgen koſten- und gebührenfrei. Die Koſten der Quittungskarten trägt die Verſicherungsanſtalt, in deren Bezirk die mit der Aus- ſtellung und dem Umtauſche der Quittungskarte betraute Gemeinde- behörde ihren Sitz hat (§. 101 Abſ. 3 des Geſ.). Nur in zwei genau bezeichneten Fällen hat die Gemeindebehörde für die Aus- ſtellung einer Quittungskarte von den Betheiligten Koſten (5 Pf. für jede Karte) zu beanſpruchen; im Zweifelsfalle aber hat der Um- tauſch der Karte koſtenfrei zu erfolgen. Die erforderliche Anzahl von Formularen zu Quittungskarten wird den Behörden von der für ihren Bezirk zuſtändigen Verſiche- rungsanſtalt koſtenlos zur Verfügung geſtellt. Die ſpätere Er- gänzung des Vorraths iſt von der Gemeindebehörde bei der Ver- ſicherungsanſtalt rechtzeitig zu beantragen. Ueber die ſonſtigen zur Durchführung des Geſetzes vom 22. Juni 1889 den Verwaltungs- und Gemeindebehörden, dann den Verſicherungsanſtalten zukommenden Obliegenheiten, insbeſondere über die Verwendung der Marken, wird weitere Bekanntmachung des k. Staatsminiſteriums des Innern erfolgen. Für den Weihnachtstiſch. V. Neueſtes aus dem Verlag von Braun u. Schneider. ∈ Mit dem jüngſten (zweiundvierzigſten) Bande haben die weltbekannten „Münchener Bilderbogen“ die eintauſendſte Nummer erreicht und überſtiegen. Das Jubelblatt „Sneewittchen“ zeichnete Hermann Vogel, zugenannt von Plauen, der übrigens kein ſolcher Sauſewind und Faulpelz geweſen ſein kann, wie er uns mit ſeiner Antobiographie (in Pechts „Kunſt für Alle“, 1889, S. 273 ff.) glaubhaft machen möchte; denn die er- ſtaunliche Zahl ſeiner virtuoſen Illuſtrationen und die Gediegen- heit derſelben ſprechen dagegen; daß er ſich neben Ludwig Richter und Hendſchel, Oskar Pletſch, Gehrts, Mohn, Thumann und Wol- demar Friedrich ſeinen eigenen Weg gebahnt hat, iſt Thatſache. Andere Bilderbogen zeichneten der mit ſeinen menſchlichen Thier- bildern excellirende Specialiſt Hengeler, Mandl (Froſch- Soirée), der unermüdliche Meggendorfer, Leutemann, Stauber, R. Geißler (Rübezal), M. Cöſter, Th. v. Cramer (Schattenbilder), Reinicke, O. Bromberger, Franz Schuh- werk und L. v. Nagel (Im wilden Weſten), dazu kommen die bekannten „Coſtümbilder“ mit neuen Fortſetzungen — Alles im unterhaltenden Wechſel von Witz, Humor, Ernſt und Laune. Im gleichen Tempo bewegt ſich der im achten Jahrgang vorliegende „Münchener Fliegende Blätter-Kalender“ (1891, 112 S. 8°); Hr. v. Miris hat ihn poetiſch bevorwortet und mit Wetter- und Lebensregeln zu den von Hermann Vogel ge- zeichneten Monatsvignetten eingeleitet: „Das Nothwendigſte für jeden Menſchen iſt ein guter Kalender und eine gute Geſundheit. Da nun ein guter Humor zur Geſundheit am meiſten beiträgt, ſo iſt ein humoriſtiſcher Kalender, wenn er überdies praktiſche hygie- niſche Winke enthält, allen anderen vorzuziehen.“ Letzteres ge- ſchieht natürlich in Verſen wie in Proſa reichlich. So heißt es z. B.: „Wenn ſchon im allgemeinen geſunder Appetit, guter Schlaf und allgemeines Wohlbefinden allen Geſunden und Kranken beſonders zu empfeblen ſind, ſo gilt das nicht minder für den Monat Juni, in welchem man ſich in Bädern und auf dem Lande zu langweilen beginnt. Wer durch langjährige Uebung Hunger, Durſt, Froſt und Schlafloſigkeit zu entbehren gelernt hat, wird es auch wenigſtens einige Wochen ohne Arbeit aushalten können. Während des Landaufenthalts iſt es gewöhnlich ſehr heiß — daher der Name Sommerfriſche.“ Im Auguſt wird ein zeitgemäßes Thema angeregt: „Eines der älteſten Naturheilverfahren iſt die Waſſercur, welche in neueſter Zeit durch Pfarrer Kneipp in Mode gekommen. Daß Waſſer das Beſte iſt, ſingt ſchon ein alter griechiſcher Dichter, und ſind darum im Hochſommer, beſonders im Auguſt, kalte Bäder warm zu empfehlen. Doch hat die Waſſercurmacherei auch ihre großen Gefahren, wie ſchon Goethe in ſeinem Liede Guten Morgen, Herr Fiſcher’ ſagt: Halb zog Sie ihn, halb ſank Er hin und ward nicht mehr geſehen’, was alle leidenſchaftlichen Fiſcher ſehr beherzigen mögen.“ — „Ein ſehr ſchweres und häufig auch bei Wildſchützen vorkommendes Leiden iſt die Jagd, welche den Monat September beherrſcht. Diejenigen, welche das Jagen beſonders für Leute mit ſitzender Lebensweiſe als geſund empfehlen, vergeſſen, daß der Menſch ſich vom Hühner- hunde auch dadurch unterſcheidet, daß letzterer nicht ſo leicht in Schweiß geräth und ſich darum auch nicht ſo leicht erkältet. Vor allen anderen gefährlich iſt die ‘Sonntagsjagd’, bei welcher leider manche Schrotladung ihr Ziel gänzlich verfehlt, was ſtellenweiſe ſehr ſchmerzhaft ſein ſoll.“ Der October „iſt der Monat der Trinker und des Weines. Wenn man bedenkt, wie oft und ein- dringlich der Menſch in Liedern und Gedichten deutſcher Sänger zum Trinken aufgefordert wird, ſollte man meinen, es bedürfte dieſer vielfachen Ermunterung, um einen beſtehenden natürlichen Widerwillen zu bekämpfen und zu überwinden — und doch iſt der Durſt ein ziemlich verbreitetes Uebel, dem jährlich Tauſende zum Opfer fallen. Man muß ſich deßhalb ſehr in Acht nehmen und lieber dem guten Beiſpiele des Mondes folgen, welcher bekanntlich in jedem Monate nur einmal voll zu ſein pflegt“ u. ſ. w. Dieſe Proben genügen, um den mit nahezu zweihundert luſtigen Holz- ſchnitten ausgeſtatteten Kalender überall zu empfehlen. Dasſelbe gilt natürlich auch von den Dichtungen des Hrn. v. Miris, welche unter dem ſelbſtverſtändlichen Titel „Von mir is’s“ (158 S. 12°) im gleichen Verlage im feinſten Ein- band mit dem ſchelmiſch lächelnden Lichtdruckportrait und dem Autograph des Autors ausgeſtattet erſchienen ſind. Eine in echt pfälziſche Liebenswürdigkeit gekleidete „beſcheidene Vorrede“ ſucht die Exiſtenz dieſer Sächelchen mit dem Factum zu rechtfertigen, daß in jedem Jahrhundert ein bewundertes unſterbliches Werk ent- ſtehen müſſe, und daß die Muſe dann auch dafür ſorge, daß felbes geſchrieben werde: „In dem Jahrhundert — krieg’ die Kränk — Wie ich ſo daſitz’ un gar nix denk’, Kummt uf eemol gefloche zu mir die Muſ’, Kloppt mir uf die Schulter un ſächt: ‘Schreib’ du’s!’ Und ich — was is mer ſonſt übrig gebliwe? In Gottes Name — ich hab’s halt geſchriwe! Da is es — leeſ’ts — un ſollt’s Eem nit behage, Den ſoll e heilig Dunnerwetter verzig Klafter tief in de Erdboden verſchlage.“ Mit großer Vorliebe bringt unſer Poet auch das Berliner und Altbaiwariſche, d. h. das Münchener Idiom in Anwendung; er gibt Spree- und Bayreuther, ja ſogar Privatier- und Inter- nationale Kunſtausſtellungs-Schnadahüpfeln. Uebrigens iſt doch Alles in hochdeutſcher Sprache und grunddeutſchem Humor. Er dichtet im Stile von Backfiſchen und grünen Jungen, ſchwingt die Geißel des Spottes in den „Zeit-Jeremiaden“ über die Surrogaten- wirthſchaft, über die ewigen Feſtrummel, die ganze Vereinsmeierei, die nervöſen Hexereien, über die Modethorheiten und die Lamenta- tionen der Raiſonneurs und durchhaut den gordiſchen Knoten als Viedermann: „Darum ſoll es beſſer werden, Laßt die Klagen und Beſchwerden; Jeder — das nur hilft voran — Fange bei ſich ſelber an. Fort d’rum mit dem Peſſimismus! Dies ſei unſer Egoismus: Daß ein Jeder nach Gebühr Kehre vor der eig’nen Thür.“ Höchſt originell ſind die nach bekannten Melodien gedichteter „Chemiſchen Volkslieder“, welche dem Verfaſſer der „Luſtigen Naturgeſchichte, Botanik und Mineralogie“ zu neuen Ehren ge- reichen. Zwiſchendurch finden ſich echte lyriſche Perlen, Stimmungs- bilder mit diametral entgegengeſetzten Schlußſtrophen und ver- blüffend lächerlichen Impromptus à la Heine. Zu den drolligſten Einfällen zählen „Der glückliche Familienvater“, dann das zur Feier ſeines eigenen ſechzigſten Geburtstages verfaßte Feſtcarmen und die putzigen, eines Freidank würdigen Reimpaare, in welchen jene Kritiker verhöhnt werden, die, mit völliger Farbenblindheit für die wahren Verdienſte eines Autors behaftet, gerade das ihm Un- mögliche von demſelben verlaugen — Reime, werth, in jeglichem Büchmann eine ſtereotype Stelle zu finden: „Wie wäre das doch ſchön und nett, Wenn der Laubfroſch einen Schnurrbart hätt’! Und könnte die Wildſau Pauken ſchlagen, Das wäre luſtig, nicht zum ſagen! Wie wär’ es praktiſch, ſchön und gut, Hätt’ jeder Ochſe einen Hut! Und könnt’ die Gans auf Stelzen geh’n, Das wär’ poſſirlich anzuſeh’n. Sehr gut wär’s, hätt’ Herr Kikriki Statt ſeines Kamms ein Paraplui, Doch mehr als dies noch wär’ fidel, Könnt’ Schlittſchuh laufen das Kameel. Ja, wenn die Schildkröt’ tanzen könnt’, Da riefe Jeder: ‘Welch’ Talent!’ Das wär’ den Säcklern ein Vergnügen, Wenn die Giraſſen Cravatten trügen. Das gäbe eine gute Pirſch, Wenn Filzſchuh’ tragen thät’ der Hirſch. Wie muſikaliſch wär’s im Nil, Wenn ſingen könnt’ das Krokodil! Wie lieblich wär’ es, wenn die Haſen Im Feld Trompeten würden blaſen! Auch niedlich wär’s und intereſſant, Wenn fliegen könnt’ der Elephant....“ Ein unter dem Titel „Anno Dazumal“ mit ſtilgemäßen Bildern von Emil Reinicke ausgeſtattetes Heſt bringt acht „Poſta- liſche Dichtungen“ von H. Schäffer (68 S. 8°) aus verſchie- denen Säculis ſehr inſtructiv und richtig geſchildert: Zur Zeit der Pharaonen, der Perſerkriege, der römiſchen Kaiſer, im neunten Jahrhundert bei den Wikingern, im ſpäteren Mittelalter (hier ſpielt die Hauptrolle der treue Bote Hans Fliederbuſch aus Straßburg, welcher Alles verkneipt und dann, aus der Haut fahrend, unter den wilden Troß des Rodenſteiners geräth); die erſte Ankunft der Thurn und Taxis’ſchen Poſt u. ſ. w. Bei einer der folgenden Auflagen könnten noch die aſſyriſch-perſepolitaniſchen Einrichtungen und die mexicaniſchen Poſtanſtalten unter Montezuma’s Regierung verdiente Verückſichtigung finden, damit das Ganze in univerſal- ſter Beleuchtung die möglichſt culturgeſchichtliche Abrundung erfährt. Der ſiebente Foliant des „Oberländer-Album“ ent- hält abermals eine claſſiſche Auswahl der grotesken Schöpfungen dieſes originellen Meiſters, welcher durch die Friſche und Viel- ſeitigkeit ſeiner Laune faſt alle gleichzeitigen Humoriſten über- flügelt. Auch Lothar Meggendorfer liefert ein neues „Militäriſches Ziehbilderbuch“ mit feſchen Reimen. Die köſtliche Sammlung der „Gedankenſplitter“ wird durch einen zweiten Band (232 S. 12°) erweitert: Ein wahrer Schatzkaſten mit ſilbernen und goldenen Rechenpfennigen des Geiſtes, des Witzes und der Laune, ein treuer Entoutcas für alle Stimmungen des Gemüths vom zarteſten Roſenroth des Gefühls bis zum burleskeſten Spottgelächter, Alles nach beiläufigen Schlag- wörtern rubricirt und in handlichſte Form gebracht — ein Büch- lein, welches als trauter Hausfreund in keinem Heim fehlen ſollte. Und nun noch einen freundlichen Händedruck den altbekannten „Jugendblättern“, welche, begründet von unſrer unvergeß- lichen Iſabella Braun, von Frl. Iſabella Hummel mit fleißigſter Um- ſicht weitergeführt werden und in ihrer Weiſe eine reichhaltige Bibliothek von ſechsunddreißig Jahrgängen bilden. Gedichte und Erzählungen (darunter in erſter Reihe die Leiſtungen der Nedac- tion), Belehrendes, Biographiſches (z. B. Franz Schubert) wechſeln mit allerlei Lehrhaftem und ergötzlichen Berichten, untermiſcht mit Sprüchen und Räthſeln. Die Ausſtattung mit zahlreichen Farben- druckbildern und Holzſchnitten gereicht der längſt rühmlichſt be- kannten Verlagshandlung zu neuem Ruhme.

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen, Susanne Haaf: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 342, 10. Dezember 1890, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine342_1890/9>, abgerufen am 04.06.2024.