Allgemeine Zeitung, Nr. 342, 10. Dezember 1890.Mittwoch, Drittes Morgenblatt, Nr. 342 der Allgemeinen Zeitung. 10. December 1890.Die Quittungskarten für die Invaliditäts- und Altersversicherung. III. Die Quittungsmarke. Die bei weitem wichtigste und schwierigste Frage, welche Per- Soll die Quittungskarte ausgestellt werden, so ist dieselbe Um den Betheiligten zu ermöglichen, bis zu dem Inkraft- Betriebssitz ist derjenige Ort, in welchem sich der Mittel- Bezüglich der Frage nach dem Sitze eines land- und forst- Der Umtausch einer Quittungskarte findet in der Regel Als Versicherungsanstalt ist in der späteren Quit- Gegen die (völlige oder theilweise) Zurückweisung des Ein- Hat der Inhaber seine Qnittungskarte verloren oder ist Außer den erwähnten Fällen findet eine Erneuerung der Karte Die Ausstellung, der Umtausch und die Erneuerung der Die erforderliche Anzahl von Formularen zu Quittungskarten Ueber die sonstigen zur Durchführung des Gesetzes vom Für den Weihnachtstisch. V. Neuestes aus dem Verlag von Braun u. Schneider. Mit dem jüngsten (zweiundvierzigsten) Bande haben die Dasselbe gilt natürlich auch von den Dichtungen des Hrn. "In dem Jahrhundert -- krieg' die Kränk -- Mit großer Vorliebe bringt unser Poet auch das Berliner und "Darum soll es besser werden, Höchst originell sind die nach bekannten Melodien gedichteter "Wie wäre das doch schön und nett, Ein unter dem Titel "Anno Dazumal" mit stilgemäßen Der siebente Foliant des "Oberländer-Album" ent- Die köstliche Sammlung der "Gedankensplitter" wird Und nun noch einen freundlichen Händedruck den altbekannten Mittwoch, Drittes Morgenblatt, Nr. 342 der Allgemeinen Zeitung. 10. December 1890.Die Quittungskarten für die Invaliditäts- und Altersverſicherung. III. Die Quittungsmarke. Die bei weitem wichtigſte und ſchwierigſte Frage, welche Per- Soll die Quittungskarte ausgeſtellt werden, ſo iſt dieſelbe Um den Betheiligten zu ermöglichen, bis zu dem Inkraft- Betriebsſitz iſt derjenige Ort, in welchem ſich der Mittel- Bezüglich der Frage nach dem Sitze eines land- und forſt- Der Umtauſch einer Quittungskarte findet in der Regel Als Verſicherungsanſtalt iſt in der ſpäteren Quit- Gegen die (völlige oder theilweiſe) Zurückweiſung des Ein- Hat der Inhaber ſeine Qnittungskarte verloren oder iſt Außer den erwähnten Fällen findet eine Erneuerung der Karte Die Ausſtellung, der Umtauſch und die Erneuerung der Die erforderliche Anzahl von Formularen zu Quittungskarten Ueber die ſonſtigen zur Durchführung des Geſetzes vom Für den Weihnachtstiſch. V. Neueſtes aus dem Verlag von Braun u. Schneider. ∈ Mit dem jüngſten (zweiundvierzigſten) Bande haben die Dasſelbe gilt natürlich auch von den Dichtungen des Hrn. „In dem Jahrhundert — krieg’ die Kränk — Mit großer Vorliebe bringt unſer Poet auch das Berliner und „Darum ſoll es beſſer werden, Höchſt originell ſind die nach bekannten Melodien gedichteter „Wie wäre das doch ſchön und nett, Ein unter dem Titel „Anno Dazumal“ mit ſtilgemäßen Der ſiebente Foliant des „Oberländer-Album“ ent- Die köſtliche Sammlung der „Gedankenſplitter“ wird Und nun noch einen freundlichen Händedruck den altbekannten <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0009"/> <div n="1"> <p> <floatingText> <front> <titlePage type="heading"> <docDate>Mittwoch,</docDate> <docTitle> <titlePart type="main"> <hi rendition="#b">Drittes Morgenblatt, Nr. 342 der Allgemeinen Zeitung.</hi> </titlePart> </docTitle> <docDate>10. December 1890.</docDate> </titlePage> </front><lb/> <body> <div type="jVarious" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die Quittungskarten für die Invaliditäts- und<lb/> Altersverſicherung.</hi><lb/> <hi rendition="#aq">III.</hi><lb/> <hi rendition="#g">Die Quittungsmarke.</hi> </head><lb/> <p>Die bei weitem wichtigſte und ſchwierigſte Frage, welche Per-<lb/> ſonen von der Verſicherungspflicht erfaßt werden und welche Per-<lb/> ſonen zur Selbſtverſicherung berechtigt ſind, dürfte durch die ein-<lb/> gehenden Erläuterungen, aus welchen wir das Hauptſächlichſte heraus-<lb/> gehoben haben, weſentlich erleichtert werden. <hi rendition="#g">Streitigkeiten,</hi><lb/> welche in dieſer Richtung zwiſchen den Ausgabeſtellen, bezw. den<lb/> Verſicherungsanſtalten und den wirklich oder vermeintlich unter das<lb/> Geſetz vom 22. Juni 1889 fallenden Perſonen entſtehen, ſind durch<lb/> die Diſtrictsverwaltungsbehörden in erſter und durch die k. Regie-<lb/> rungen, Kammern des Innern, in zweiter Inſtanz zu entſcheiden.<lb/> Thatſachen, welche ſich auf das <hi rendition="#g">Recht zum Eintritt in die<lb/> Verſicherung</hi> und demgemäß zum Empfang einer erſten Quittungs-<lb/> karte beziehen, ſind von der um Ausſtellung der Karte erſuchten<lb/> Behörde zu berückſichtigen, ſoweit ſie ihr bekannt ſind. Im übrigen<lb/> iſt die Behörde zwar berechtigt, aber nicht verpflichtet, von Amts-<lb/> wegen weitere, das Vorhandenſein ſolcher Thatſachen betreffende<lb/> Ermittelungen anzuſtellen. Bei ihrer Entſchließung, ob die Quit-<lb/> tungskarte auszuſtellen oder die Ausſtellung abzulehnen ſei, hat<lb/> die Ausgabeſtelle grundſätzlich <hi rendition="#g">thunliches Entgegenkommen</hi><lb/> zu bethätigen. Bleibt demgemäß die Zuläſſigkeit der Ausſtellung<lb/> zweifelhaft und laſſen ſich die Zweifel nicht alsbald beſeitigen, ſo<lb/> iſt die Ausſtellung der Karte nicht zu verſagen, jedoch iſt der für den<lb/> Bezirk der ausſtellenden Behörde zuſtändigen Verſicherungsanſtalt<lb/> oder dem nächſten Vertrauensmann derſelben von den Umſtänden,<lb/> welche den Zweifel begründen, Mittheilung zu machen. Von der<lb/> Ablehnung iſt dem Antragſteller mit der Eröffnung Kenntniß zu<lb/> geben, daß ihm binnen zwei Wochen nach Empfang der Mit-<lb/> theilung die Beſchwerde an die Diſtrictsverwaltungsbehörde zuſtehe.</p><lb/> <p>Soll die Quittungskarte ausgeſtellt werden, ſo iſt dieſelbe<lb/> auf der <hi rendition="#g">Außenſeite</hi> auszufüllen. Eintragungen oder Vermerke,<lb/> welche durch das Geſetz nicht vorgeſehen ſind, ſind auszulaſſen und<lb/> ſtrafbar. Insbeſondere darf die Perſon des Arbeitgebers niemals<lb/> in die Karte eingetragen werden.</p><lb/> <p>Um den Betheiligten zu ermöglichen, bis zu dem Inkraft-<lb/> treten des Geſetzes in den Beſitz der Quittungskarten zu gelangen,<lb/> iſt es zuläſſig, mit der Ausſtellung und Aushändigung der Karte<lb/> ſchon <hi rendition="#g">vom</hi> 15. <hi rendition="#g">December</hi> 1890 an zu beginnen und dieſelben<lb/> mit dem Datum des 1. Januar 1891 zu verſehen. Jede Quit-<lb/> tungskarte erhält eine Nummer, und zwar die erſte Karte eines<lb/><hi rendition="#g">jeden</hi> Inhabers die Nummer 1, die zweite desſelben Inhabers<lb/> die Nummer 2 u. ſ. w. Die ausgefüllte Karte iſt dem Verſicherten<lb/> zuzuſtellen. <hi rendition="#g">Welche Verſicherungsanſtalt für die einzelnen<lb/> Verſicherten zuſtändig</hi> und daher am Kopfe der Quittungs-<lb/> karte vorzutragen iſt, ergibt ſich aus §§. 41 und 120 des Geſetzes,<lb/> wonach die Verſicherung in derjenigen Verſicherungsanſtalt erfolgt,<lb/> in deren Bezirk der <hi rendition="#g">Beſchäftigungsort</hi> des Verſicherten liegt.<lb/> Findet die Beſchäftigung in einem „Betriebe“ ſtatt, deſſen Sitz im<lb/> Inland gelegen iſt, ſo gilt als Beſchäftigungsort <hi rendition="#g">ausnahmslos</hi><lb/> der Sitz des Betriebes (§. 41 Abſ. 3 des Geſ.).</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Betriebsſitz</hi> iſt derjenige Ort, in welchem ſich der Mittel-<lb/> punkt (wirthſchaftliche Schwerpunkt) des Unternehmens befindet.<lb/> Der Sitz des Betriebs kann durch das Vorhandenſein von Betriebs-<lb/> anlagen, Verkaufsſtätten, Waarenlagern äußerlich erkennbar oder<lb/> aus Eintragungen in Firmen- oder Gewerberegiſtern zu entuehmen<lb/> ſein und braucht mit dem Wohnſitz des Unternehmers nicht zu-<lb/> ſammenzufallen. Die Arbeiter ꝛc., welche <hi rendition="#g">außerhalb</hi> des Be-<lb/> triebsſitzes Arbeiten ausführen, ſind daher nicht an dem Orte, wo<lb/> die Arbeiten ſtattſinden, ſondern ſtets <hi rendition="#g">an dem Sitz des Be-<lb/> triebes</hi> zu verſichern. Es kann jedoch eine dauernde oder beſon-<lb/> ders umfangreiche Ausführung von Arbeiten an einem von dem<lb/> Betriebsſitze verſchiedenen Orte unter Umſtänden den Charakter<lb/> eines ſelbſtändigen Betriebes mit einem beſonderen geſchäftlichen<lb/> Mittelpunkt annehmen.</p><lb/> <p>Bezüglich der Frage nach dem Sitze eines <hi rendition="#g">land- und forſt-<lb/> wirthſchaftlichen</hi> Betriebes kommen die Beſtimmungen im §. 44<lb/> Abſ. 2 und 3 des landwirthſchaftlichen Unfallverſicherungsgeſetzes<lb/> in Betracht. Für den Sitz <hi rendition="#g">gemiſchter,</hi> aus Haupt- und Reben-<lb/> betrieben beſtehender Betriebe entſcheidet der Sitz des Hauptbetriebes.<lb/> Die Verſicherung von im Auslande beſchäftigten Perſonen, welche<lb/> als Arbeiter eines inländiſchen Betriebes anzuſehen ſind, erfolgt<lb/> am Orte des inländiſchen Betriebsſitzes, während bei im Inland<lb/> beſchäftigten Perſonen, welche einem im Ausland gelegenen Be-<lb/> trieb angehören, ſtets der Ort der thatſächlich inländiſchen Be-<lb/> ſchäftigung für die Zuſtändigkeit der Verſicherungsanſtalt maß-<lb/> gebend iſt.</p><lb/> <p>Der <hi rendition="#g">Umtauſch einer Quittungskarte</hi> findet in der Regel<lb/> erſt dann ſtatt, wenn die für die Einklebungen von Marken be-<lb/> ſtimmten Felder der Quittungskarte gefüllt ſind oder die Gültigkeit<lb/> der Quittungskarte erloſchen iſt. Letzteres tritt regelmäßig ein,<lb/> wenn die Karte nicht bis zum Schluſſe des dritten Jahres, welches<lb/> dem am Kopfe der Karte verzeichneten Jahre folgt, zum Umtauſch<lb/> eingereicht worden iſt (§. 104 des Geſ.). Auf ſeine Koſten darf<lb/> jedoch der Verſicherte jederzeit die Ausſtellung einer neuen Quit-<lb/> tungskarte gegen Rückgabe der älteren Karte beanſpruchen (§. 102<lb/> Abſ. 2 a. a. O.). Die bei dem Umtauſch ſich ergebenden Ge-<lb/> ſchäfte, nämlich: die Ausſtellung der neuen Karte, die Aufrechnung<lb/> der alten Karte und die Ausſtellung der Beſcheinigung über die<lb/> aus der Aufrechnung ſich ergebenden Endzahlen ſind gleichfalls ein-<lb/> gehend geregelt. In dieſer Hinſicht dürfte es genügen, hier<lb/> folgende Punkte bervorzuheben. Die Ausſtellung der neuen Karte<lb/> erfolgt in der Regel nur gegen Rückgabe der älteren Karte und<lb/> mit einigen Modificationen nach den für die Ausſtellung der erſten<lb/> Karte erörterten Beſtimmungen. Es darf u. a. die Ausſtellung<lb/> der neuen Quittungskarte in der Regel nicht von einer beſonderen<lb/> Feſtſtellung, ob zur Zeit noch eine Verſicherungspflicht oder das<lb/> Recht zur Selbſtverſicherung beſteht, abhängig gemacht werden.<lb/> Vielmehr hat im allgemeinen jeder, welchem einmal eine Quittungs-<lb/> karte ausgeſtellt worden iſt, das Recht, den Umtauſch zu verlangen,<lb/> und nur in ſolchen Fällen iſt der Umtauſch zu verſagen, wenn die<lb/> Bebörde die pflichtmäßige Ueberzeugung gewinnt, daß der Inhaber<lb/> zum Eintritt in die Verſicherung bisher nicht berechtigt ge-<lb/> weſen iſt.</p><lb/> <p>Als <hi rendition="#g">Verſicherungsanſtalt</hi> iſt in der <hi rendition="#g">ſpäteren</hi> Quit-<lb/> tungskarte ſtets jene vorzutragen, welche auf der <hi rendition="#g">erſten</hi> Quit-<lb/> tungskarte des Verſicherten verzeichnet war, wenn auch der Ver-<lb/> ſicherte zur Zeit der Ausſtellung der neuen Karte im Bezirke einer<lb/> anderen Verſicherungsanſtalt beſchäftigt iſt. Die Aufrechnung der<lb/> zurückgegebenen (alten) Quittungskarte ſoll in unmittelbarem An-<lb/> ſchluß an deren Rückgabe erfolgen. Ueber das Ergebniß der Auf-<lb/> rechnung iſt dem Inhaber der Karte eine Beſcheinigung zu ertheilen,<lb/> gegen deren Inhalt dem Verſicherten binnen zwei Wochen nach der<lb/> Aushändigung der Einſpruch zuſteht (§. 106 des Geſ.). Der Ein-<lb/> ſpruch iſt bei der Behörde, welche die Quittungskarte aufgerechnet<lb/> und die Beſcheinigung ausgeſtellt hat, zu erheben und von dieſer<lb/> Behörde auch zu beſcheiden.</p><lb/> <p>Gegen die (völlige oder theilweiſe) Zurückweiſung des Ein-<lb/> ſpruchs findet binnen zwei Wochen nach Mittheilung der Entſchei-<lb/> dung Recurs an die der beſcheinigenden Gemeindebehörde vor-<lb/> geſetzte Auſſichtsbehörde ſtatt, welche endgültig entſcheidet. Koſten<lb/> ſollen dem Verſicherten aus dem Einſpruch in der Regel nicht er-<lb/> wachſen; doch können demſelben ſolche Koſten zur Laſt gelegt<lb/> werden, welche durch die unbegründeten Anträge desſelben veran-<lb/> laßt worden ſind, wenn die Annahme begründet iſt, daß der Ver-<lb/> ſicherte der Grundloſigkeit ſeiner Anträge ſich bewußt war.</p><lb/> <p>Hat der Inhaber ſeine Qnittungskarte <hi rendition="#g">verloren</hi> oder iſt<lb/> dieſelbe ganz oder theilweiſe <hi rendition="#g">zerſtört</hi> oder aus einem anderen<lb/> Grund als wegen Füllung mit Beitragsmarken zur weiteren Ver-<lb/> wendung <hi rendition="#g">unbrauchbar geworden,</hi> ſo iſt der Inhaber berech-<lb/> tigt, die <hi rendition="#g">Erſetzung</hi> dieſer Quittungskarte durch eine neue zu be-<lb/> anſpruchen (§. 105 des Geſ.). In die neue Quittungskarte ſind<lb/> die bis zum Verluſte der Karte entrichteten Beiträge, ſoweit die-<lb/> ſelben nachweisbar geleiſtet worden ſind, in beglaubigter Form zu<lb/> übertragen. Der Nachweis des Inhalts der zu erneuernden ver-<lb/> lorenen, ganz oder theilweiſe zerſtörten Karte iſt Sache des In-<lb/> habers. Gegen den Inhalt der Uebertragung kann der Verſicherte<lb/> Einſpruch erheben, für deren Erledigung das gleiche Verfahren gilt<lb/> wie bei dem Einſpruch gegen den Inhalt der Beſcheinigung über<lb/> das Ergebniß der Aufrechnung.</p><lb/> <p>Außer den erwähnten Fällen findet eine Erneuerung der Karte<lb/> noch ſtatt, wenn die Karte wegen einer unzuläſſigen Eintragung<lb/> ſeitens einer Behörde angehalten wird (§. 108 Abſ. 1 des Geſ.),<lb/> oder wenn im Falle des §. 125 des Geſetzes die Diſtrictsverwal-<lb/> tungsbehörde an Stelle der Vernichtung der irrthümlich beigebrach-<lb/> ten Marke die Einziehung der Quittungskarte und die Ueber-<lb/> tragung des Inhalts derſelben auf eine neue Karte anordnet.</p><lb/> <p>Die Ausſtellung, der Umtauſch und die Erneuerung der<lb/> Quittungskarte, ſowie die Ertheilung der Beſcheinigung erfolgen<lb/><hi rendition="#g">koſten- und gebührenfrei.</hi> Die Koſten der Quittungskarten<lb/> trägt die Verſicherungsanſtalt, in deren Bezirk die mit der Aus-<lb/> ſtellung und dem Umtauſche der Quittungskarte betraute Gemeinde-<lb/> behörde ihren Sitz hat (§. 101 Abſ. 3 des Geſ.). Nur in zwei<lb/> genau bezeichneten Fällen hat die Gemeindebehörde für die Aus-<lb/> ſtellung einer Quittungskarte von den Betheiligten Koſten (5 Pf.<lb/> für jede Karte) zu beanſpruchen; im Zweifelsfalle aber hat der Um-<lb/> tauſch der Karte koſtenfrei zu erfolgen.</p><lb/> <p>Die erforderliche Anzahl von Formularen zu Quittungskarten<lb/> wird den Behörden von der für ihren Bezirk zuſtändigen Verſiche-<lb/> rungsanſtalt koſtenlos zur Verfügung geſtellt. Die ſpätere Er-<lb/> gänzung des Vorraths iſt von der Gemeindebehörde bei der Ver-<lb/> ſicherungsanſtalt rechtzeitig zu beantragen.</p><lb/> <p>Ueber die ſonſtigen zur Durchführung des Geſetzes vom<lb/> 22. Juni 1889 den Verwaltungs- und Gemeindebehörden, dann<lb/> den Verſicherungsanſtalten zukommenden Obliegenheiten, insbeſondere<lb/> über die Verwendung der Marken, wird weitere Bekanntmachung<lb/> des k. Staatsminiſteriums des Innern erfolgen.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div type="jComment" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Für den Weihnachtstiſch.</hi><lb/> <hi rendition="#aq">V.</hi><lb/> <hi rendition="#g">Neueſtes aus dem Verlag von Braun u. Schneider.</hi> </head><lb/> <p>∈ Mit dem jüngſten (zweiundvierzigſten) Bande haben die<lb/> weltbekannten <hi rendition="#g">„Münchener Bilderbogen“</hi> die eintauſendſte<lb/> Nummer erreicht und überſtiegen. Das Jubelblatt „Sneewittchen“<lb/> zeichnete <hi rendition="#g">Hermann Vogel,</hi> zugenannt <hi rendition="#g">von Plauen,</hi> der<lb/> übrigens kein ſolcher Sauſewind und Faulpelz geweſen ſein kann,<lb/> wie er uns mit ſeiner Antobiographie (in Pechts „Kunſt für<lb/> Alle“, 1889, S. 273 ff.) glaubhaft machen möchte; denn die er-<lb/> ſtaunliche Zahl ſeiner virtuoſen Illuſtrationen und die Gediegen-<lb/> heit derſelben ſprechen dagegen; daß er ſich neben Ludwig Richter<lb/> und Hendſchel, Oskar Pletſch, Gehrts, Mohn, Thumann und Wol-<lb/> demar Friedrich ſeinen eigenen Weg gebahnt hat, iſt Thatſache.<lb/> Andere Bilderbogen zeichneten der mit ſeinen menſchlichen Thier-<lb/> bildern excellirende Specialiſt <hi rendition="#g">Hengeler, Mandl</hi> (Froſch-<lb/> Soir<hi rendition="#aq">é</hi>e), der unermüdliche <hi rendition="#g">Meggendorfer, Leutemann,<lb/> Stauber, R. Geißler</hi> (Rübezal), M. <hi rendition="#g">Cöſter, Th. v. Cramer</hi><lb/> (Schattenbilder), <hi rendition="#g">Reinicke, O. Bromberger,</hi> Franz <hi rendition="#g">Schuh-<lb/> werk</hi> und L. v. <hi rendition="#g">Nagel</hi> (Im wilden Weſten), dazu kommen die<lb/> bekannten „Coſtümbilder“ mit neuen Fortſetzungen — Alles im<lb/> unterhaltenden Wechſel von Witz, Humor, Ernſt und Laune. Im<lb/> gleichen Tempo bewegt ſich der im achten Jahrgang vorliegende<lb/><hi rendition="#g">„Münchener Fliegende Blätter-Kalender“</hi> (1891,<lb/> 112 S. 8°); Hr. v. <hi rendition="#g">Miris</hi> hat ihn poetiſch bevorwortet und<lb/> mit Wetter- und Lebensregeln zu den von Hermann Vogel ge-<lb/> zeichneten Monatsvignetten eingeleitet: <cit><quote>„Das Nothwendigſte für<lb/> jeden Menſchen iſt ein guter Kalender und eine gute Geſundheit.<lb/> Da nun ein guter Humor zur Geſundheit am meiſten beiträgt, ſo<lb/> iſt ein humoriſtiſcher Kalender, wenn er überdies praktiſche hygie-<lb/> niſche Winke enthält, allen anderen vorzuziehen.“</quote></cit> Letzteres ge-<lb/> ſchieht natürlich in Verſen wie in Proſa reichlich. So heißt es<lb/> z. B.: <cit><quote>„Wenn ſchon im allgemeinen geſunder Appetit, guter<lb/> Schlaf und allgemeines Wohlbefinden allen Geſunden und Kranken<lb/> beſonders zu empfeblen ſind, ſo gilt das nicht minder für den<lb/> Monat Juni, in welchem man ſich in Bädern und auf dem Lande<lb/> zu langweilen beginnt. Wer durch langjährige Uebung Hunger,<lb/> Durſt, Froſt und Schlafloſigkeit zu entbehren gelernt hat, wird es<lb/> auch wenigſtens einige Wochen ohne Arbeit aushalten können.<lb/> Während des Landaufenthalts iſt es gewöhnlich ſehr heiß — daher<lb/> der Name Sommerfriſche.“</quote></cit> Im Auguſt wird ein zeitgemäßes<lb/> Thema angeregt: <cit><quote>„Eines der älteſten Naturheilverfahren iſt die<lb/> Waſſercur, welche in neueſter Zeit durch Pfarrer Kneipp in Mode<lb/> gekommen. Daß Waſſer das Beſte iſt, ſingt ſchon ein alter<lb/> griechiſcher Dichter, und ſind darum im Hochſommer, beſonders im<lb/> Auguſt, <hi rendition="#g">kalte</hi> Bäder <hi rendition="#g">warm</hi> zu empfehlen. Doch hat die<lb/> Waſſercurmacherei auch ihre großen Gefahren, wie ſchon Goethe in<lb/> ſeinem Liede Guten Morgen, Herr Fiſcher’ ſagt: Halb zog <hi rendition="#g">Sie</hi><lb/> ihn, halb ſank <hi rendition="#g">Er</hi> hin und ward nicht mehr geſehen’, was alle<lb/> leidenſchaftlichen Fiſcher ſehr beherzigen mögen.“ — „Ein ſehr<lb/> ſchweres und häufig auch bei Wildſchützen vorkommendes Leiden iſt<lb/> die Jagd, welche den Monat September beherrſcht. Diejenigen,<lb/> welche das Jagen beſonders für Leute mit ſitzender Lebensweiſe<lb/> als geſund empfehlen, vergeſſen, daß der Menſch ſich vom Hühner-<lb/> hunde auch dadurch unterſcheidet, daß letzterer nicht ſo leicht in<lb/> Schweiß geräth und ſich darum auch nicht ſo leicht erkältet. Vor<lb/> allen anderen gefährlich iſt die ‘Sonntagsjagd’, bei welcher leider<lb/> manche Schrotladung ihr Ziel gänzlich verfehlt, was ſtellenweiſe<lb/> ſehr ſchmerzhaft ſein ſoll.“</quote></cit> Der October <cit><quote>„iſt der Monat der<lb/> Trinker und des Weines. Wenn man bedenkt, wie oft und ein-<lb/> dringlich der Menſch in Liedern und Gedichten deutſcher Sänger<lb/> zum Trinken aufgefordert wird, ſollte man meinen, es bedürfte<lb/> dieſer vielfachen Ermunterung, um einen beſtehenden natürlichen<lb/> Widerwillen zu bekämpfen und zu überwinden — und doch iſt der<lb/> Durſt ein ziemlich verbreitetes Uebel, dem jährlich Tauſende zum<lb/> Opfer fallen. Man muß ſich deßhalb ſehr in Acht nehmen und<lb/> lieber dem guten Beiſpiele des Mondes folgen, welcher bekanntlich<lb/> in jedem Monate nur einmal voll zu ſein pflegt“</quote></cit> u. ſ. w. Dieſe<lb/><cb/> Proben genügen, um den mit nahezu zweihundert luſtigen Holz-<lb/> ſchnitten ausgeſtatteten Kalender überall zu empfehlen.</p><lb/> <p>Dasſelbe gilt natürlich auch von den Dichtungen des Hrn.<lb/> v. <hi rendition="#g">Miris,</hi> welche unter dem ſelbſtverſtändlichen Titel <hi rendition="#g">„Von<lb/> mir is’s“</hi> (158 S. 12°) im gleichen Verlage im feinſten Ein-<lb/> band mit dem ſchelmiſch lächelnden Lichtdruckportrait und dem<lb/> Autograph des Autors ausgeſtattet erſchienen ſind. Eine in echt<lb/> pfälziſche Liebenswürdigkeit gekleidete „beſcheidene Vorrede“ ſucht<lb/> die Exiſtenz dieſer Sächelchen mit dem Factum zu rechtfertigen,<lb/> daß in jedem Jahrhundert ein bewundertes unſterbliches Werk ent-<lb/> ſtehen müſſe, und daß die Muſe dann auch dafür ſorge, daß felbes<lb/> geſchrieben werde:</p><lb/> <cit> <quote>„In <hi rendition="#g">dem</hi> Jahrhundert — krieg’ die Kränk —<lb/> Wie ich ſo daſitz’ un gar nix denk’,<lb/> Kummt uf eemol gefloche zu mir die Muſ’,<lb/> Kloppt mir uf die Schulter un ſächt: ‘Schreib’ du’s!’<lb/> Und ich — was is mer ſonſt übrig gebliwe?<lb/> In Gottes Name — <hi rendition="#g">ich hab’s halt geſchriwe!<lb/> Da is es</hi> — leeſ’ts — un ſollt’s Eem nit behage,<lb/> Den ſoll e heilig Dunnerwetter verzig Klafter tief in<lb/> de Erdboden verſchlage.“</quote> </cit><lb/> <p>Mit großer Vorliebe bringt unſer Poet auch das Berliner und<lb/> Altbaiwariſche, d. h. das Münchener Idiom in Anwendung; er<lb/> gibt Spree- und Bayreuther, ja ſogar Privatier- und Inter-<lb/> nationale Kunſtausſtellungs-Schnadahüpfeln. Uebrigens iſt doch<lb/> Alles in hochdeutſcher Sprache und grunddeutſchem Humor. Er<lb/> dichtet im Stile von Backfiſchen und grünen Jungen, ſchwingt die<lb/> Geißel des Spottes in den „Zeit-Jeremiaden“ über die Surrogaten-<lb/> wirthſchaft, über die ewigen Feſtrummel, die ganze Vereinsmeierei,<lb/> die nervöſen Hexereien, über die Modethorheiten und die Lamenta-<lb/> tionen der Raiſonneurs und durchhaut den gordiſchen Knoten als<lb/> Viedermann:</p><lb/> <cit> <quote>„Darum ſoll es beſſer werden,<lb/> Laßt die Klagen und Beſchwerden;<lb/><hi rendition="#g">Jeder</hi> — das nur hilft voran —<lb/><hi rendition="#g">Fange bei ſich ſelber an.</hi><lb/> Fort d’rum mit dem Peſſimismus!<lb/> Dies ſei unſer Egoismus:<lb/><hi rendition="#g">Daß ein Jeder nach Gebühr<lb/> Kehre vor der eig’nen Thür.“</hi></quote> </cit><lb/> <p>Höchſt originell ſind die nach bekannten Melodien gedichteter<lb/> „Chemiſchen Volkslieder“, welche dem Verfaſſer der „Luſtigen<lb/> Naturgeſchichte, Botanik und Mineralogie“ zu neuen Ehren ge-<lb/> reichen. Zwiſchendurch finden ſich echte lyriſche Perlen, Stimmungs-<lb/> bilder mit diametral entgegengeſetzten Schlußſtrophen und ver-<lb/> blüffend lächerlichen Impromptus <hi rendition="#aq">à la</hi> Heine. Zu den drolligſten<lb/> Einfällen zählen „Der glückliche Familienvater“, dann das zur<lb/> Feier ſeines eigenen ſechzigſten Geburtstages verfaßte Feſtcarmen<lb/> und die putzigen, eines Freidank würdigen Reimpaare, in welchen<lb/> jene Kritiker verhöhnt werden, die, mit völliger Farbenblindheit für<lb/> die wahren Verdienſte eines Autors behaftet, gerade das ihm Un-<lb/> mögliche von demſelben verlaugen — Reime, werth, in jeglichem<lb/> Büchmann eine ſtereotype Stelle zu finden:</p><lb/> <cit> <quote>„Wie wäre das doch ſchön und nett,<lb/> Wenn der Laubfroſch einen Schnurrbart hätt’!<lb/> Und könnte die Wildſau Pauken ſchlagen,<lb/> Das wäre luſtig, nicht zum ſagen!<lb/> Wie wär’ es praktiſch, ſchön und gut,<lb/> Hätt’ jeder Ochſe einen Hut!<lb/> Und könnt’ die Gans auf Stelzen geh’n,<lb/> Das wär’ poſſirlich anzuſeh’n.<lb/> Sehr gut wär’s, hätt’ Herr Kikriki<lb/> Statt ſeines Kamms ein Paraplui,<lb/> Doch mehr als dies noch wär’ fidel,<lb/> Könnt’ Schlittſchuh laufen das Kameel.<lb/> Ja, wenn die Schildkröt’ tanzen könnt’,<lb/> Da riefe Jeder: ‘Welch’ Talent!’<lb/> Das wär’ den Säcklern ein Vergnügen,<lb/> Wenn die Giraſſen Cravatten trügen.<lb/> Das gäbe eine gute Pirſch,<lb/> Wenn Filzſchuh’ tragen thät’ der Hirſch.<lb/> Wie muſikaliſch wär’s im Nil,<lb/> Wenn ſingen könnt’ das Krokodil!<lb/> Wie lieblich wär’ es, wenn die Haſen<lb/> Im Feld Trompeten würden blaſen!<lb/> Auch niedlich wär’s und intereſſant,<lb/> Wenn fliegen könnt’ der Elephant....“</quote> </cit><lb/> <p>Ein unter dem Titel <hi rendition="#g">„Anno Dazumal“</hi> mit ſtilgemäßen<lb/> Bildern von Emil Reinicke ausgeſtattetes Heſt bringt acht „Poſta-<lb/> liſche Dichtungen“ von H. <hi rendition="#g">Schäffer</hi> (68 S. 8°) aus verſchie-<lb/> denen Säculis ſehr inſtructiv und richtig geſchildert: Zur Zeit der<lb/> Pharaonen, der Perſerkriege, der römiſchen Kaiſer, im neunten<lb/> Jahrhundert bei den Wikingern, im ſpäteren Mittelalter (hier ſpielt<lb/> die Hauptrolle der treue Bote Hans Fliederbuſch aus Straßburg,<lb/> welcher Alles verkneipt und dann, aus der Haut fahrend, unter<lb/> den wilden Troß des Rodenſteiners geräth); die erſte Ankunft der<lb/> Thurn und Taxis’ſchen Poſt u. ſ. w. Bei einer der folgenden<lb/> Auflagen könnten noch die aſſyriſch-perſepolitaniſchen Einrichtungen<lb/> und die mexicaniſchen Poſtanſtalten unter Montezuma’s Regierung<lb/> verdiente Verückſichtigung finden, damit das Ganze in univerſal-<lb/> ſter Beleuchtung die möglichſt culturgeſchichtliche Abrundung<lb/> erfährt.</p><lb/> <p>Der <hi rendition="#g">ſiebente</hi> Foliant des <hi rendition="#g">„Oberländer-Album“</hi> ent-<lb/> hält abermals eine claſſiſche Auswahl der grotesken Schöpfungen<lb/> dieſes originellen Meiſters, welcher durch die Friſche und Viel-<lb/> ſeitigkeit ſeiner Laune faſt alle gleichzeitigen Humoriſten über-<lb/> flügelt. Auch <hi rendition="#g">Lothar Meggendorfer</hi> liefert ein neues<lb/><hi rendition="#g">„Militäriſches Ziehbilderbuch“</hi> mit feſchen Reimen.</p><lb/> <p>Die köſtliche Sammlung der <hi rendition="#g">„Gedankenſplitter“</hi> wird<lb/> durch einen zweiten Band (232 S. 12°) erweitert: Ein wahrer<lb/> Schatzkaſten mit ſilbernen und goldenen Rechenpfennigen des<lb/> Geiſtes, des Witzes und der Laune, ein treuer Entoutcas für alle<lb/> Stimmungen des Gemüths vom zarteſten Roſenroth des Gefühls<lb/> bis zum burleskeſten Spottgelächter, Alles nach beiläufigen Schlag-<lb/> wörtern rubricirt und in handlichſte Form gebracht — ein Büch-<lb/> lein, welches als trauter Hausfreund in keinem Heim fehlen<lb/> ſollte.</p><lb/> <p>Und nun noch einen freundlichen Händedruck den altbekannten<lb/><hi rendition="#g">„Jugendblättern“</hi>, welche, begründet von unſrer unvergeß-<lb/> lichen Iſabella Braun, von Frl. Iſabella Hummel mit fleißigſter Um-<lb/> ſicht weitergeführt werden und in ihrer Weiſe eine reichhaltige<lb/> Bibliothek von ſechsunddreißig Jahrgängen bilden. Gedichte und<lb/> Erzählungen (darunter in erſter Reihe die Leiſtungen der Nedac-<lb/> tion), Belehrendes, Biographiſches (z. B. Franz Schubert) wechſeln<lb/> mit allerlei Lehrhaftem und ergötzlichen Berichten, untermiſcht mit<lb/> Sprüchen und Räthſeln. Die Ausſtattung mit zahlreichen Farben-<lb/> druckbildern und Holzſchnitten gereicht der längſt rühmlichſt be-<lb/> kannten Verlagshandlung zu neuem Ruhme.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </body> </floatingText> </p> </div> </body> </text> </TEI> [0009]
Mittwoch, Drittes Morgenblatt, Nr. 342 der Allgemeinen Zeitung. 10. December 1890.
Die Quittungskarten für die Invaliditäts- und
Altersverſicherung.
III.
Die Quittungsmarke.
Die bei weitem wichtigſte und ſchwierigſte Frage, welche Per-
ſonen von der Verſicherungspflicht erfaßt werden und welche Per-
ſonen zur Selbſtverſicherung berechtigt ſind, dürfte durch die ein-
gehenden Erläuterungen, aus welchen wir das Hauptſächlichſte heraus-
gehoben haben, weſentlich erleichtert werden. Streitigkeiten,
welche in dieſer Richtung zwiſchen den Ausgabeſtellen, bezw. den
Verſicherungsanſtalten und den wirklich oder vermeintlich unter das
Geſetz vom 22. Juni 1889 fallenden Perſonen entſtehen, ſind durch
die Diſtrictsverwaltungsbehörden in erſter und durch die k. Regie-
rungen, Kammern des Innern, in zweiter Inſtanz zu entſcheiden.
Thatſachen, welche ſich auf das Recht zum Eintritt in die
Verſicherung und demgemäß zum Empfang einer erſten Quittungs-
karte beziehen, ſind von der um Ausſtellung der Karte erſuchten
Behörde zu berückſichtigen, ſoweit ſie ihr bekannt ſind. Im übrigen
iſt die Behörde zwar berechtigt, aber nicht verpflichtet, von Amts-
wegen weitere, das Vorhandenſein ſolcher Thatſachen betreffende
Ermittelungen anzuſtellen. Bei ihrer Entſchließung, ob die Quit-
tungskarte auszuſtellen oder die Ausſtellung abzulehnen ſei, hat
die Ausgabeſtelle grundſätzlich thunliches Entgegenkommen
zu bethätigen. Bleibt demgemäß die Zuläſſigkeit der Ausſtellung
zweifelhaft und laſſen ſich die Zweifel nicht alsbald beſeitigen, ſo
iſt die Ausſtellung der Karte nicht zu verſagen, jedoch iſt der für den
Bezirk der ausſtellenden Behörde zuſtändigen Verſicherungsanſtalt
oder dem nächſten Vertrauensmann derſelben von den Umſtänden,
welche den Zweifel begründen, Mittheilung zu machen. Von der
Ablehnung iſt dem Antragſteller mit der Eröffnung Kenntniß zu
geben, daß ihm binnen zwei Wochen nach Empfang der Mit-
theilung die Beſchwerde an die Diſtrictsverwaltungsbehörde zuſtehe.
Soll die Quittungskarte ausgeſtellt werden, ſo iſt dieſelbe
auf der Außenſeite auszufüllen. Eintragungen oder Vermerke,
welche durch das Geſetz nicht vorgeſehen ſind, ſind auszulaſſen und
ſtrafbar. Insbeſondere darf die Perſon des Arbeitgebers niemals
in die Karte eingetragen werden.
Um den Betheiligten zu ermöglichen, bis zu dem Inkraft-
treten des Geſetzes in den Beſitz der Quittungskarten zu gelangen,
iſt es zuläſſig, mit der Ausſtellung und Aushändigung der Karte
ſchon vom 15. December 1890 an zu beginnen und dieſelben
mit dem Datum des 1. Januar 1891 zu verſehen. Jede Quit-
tungskarte erhält eine Nummer, und zwar die erſte Karte eines
jeden Inhabers die Nummer 1, die zweite desſelben Inhabers
die Nummer 2 u. ſ. w. Die ausgefüllte Karte iſt dem Verſicherten
zuzuſtellen. Welche Verſicherungsanſtalt für die einzelnen
Verſicherten zuſtändig und daher am Kopfe der Quittungs-
karte vorzutragen iſt, ergibt ſich aus §§. 41 und 120 des Geſetzes,
wonach die Verſicherung in derjenigen Verſicherungsanſtalt erfolgt,
in deren Bezirk der Beſchäftigungsort des Verſicherten liegt.
Findet die Beſchäftigung in einem „Betriebe“ ſtatt, deſſen Sitz im
Inland gelegen iſt, ſo gilt als Beſchäftigungsort ausnahmslos
der Sitz des Betriebes (§. 41 Abſ. 3 des Geſ.).
Betriebsſitz iſt derjenige Ort, in welchem ſich der Mittel-
punkt (wirthſchaftliche Schwerpunkt) des Unternehmens befindet.
Der Sitz des Betriebs kann durch das Vorhandenſein von Betriebs-
anlagen, Verkaufsſtätten, Waarenlagern äußerlich erkennbar oder
aus Eintragungen in Firmen- oder Gewerberegiſtern zu entuehmen
ſein und braucht mit dem Wohnſitz des Unternehmers nicht zu-
ſammenzufallen. Die Arbeiter ꝛc., welche außerhalb des Be-
triebsſitzes Arbeiten ausführen, ſind daher nicht an dem Orte, wo
die Arbeiten ſtattſinden, ſondern ſtets an dem Sitz des Be-
triebes zu verſichern. Es kann jedoch eine dauernde oder beſon-
ders umfangreiche Ausführung von Arbeiten an einem von dem
Betriebsſitze verſchiedenen Orte unter Umſtänden den Charakter
eines ſelbſtändigen Betriebes mit einem beſonderen geſchäftlichen
Mittelpunkt annehmen.
Bezüglich der Frage nach dem Sitze eines land- und forſt-
wirthſchaftlichen Betriebes kommen die Beſtimmungen im §. 44
Abſ. 2 und 3 des landwirthſchaftlichen Unfallverſicherungsgeſetzes
in Betracht. Für den Sitz gemiſchter, aus Haupt- und Reben-
betrieben beſtehender Betriebe entſcheidet der Sitz des Hauptbetriebes.
Die Verſicherung von im Auslande beſchäftigten Perſonen, welche
als Arbeiter eines inländiſchen Betriebes anzuſehen ſind, erfolgt
am Orte des inländiſchen Betriebsſitzes, während bei im Inland
beſchäftigten Perſonen, welche einem im Ausland gelegenen Be-
trieb angehören, ſtets der Ort der thatſächlich inländiſchen Be-
ſchäftigung für die Zuſtändigkeit der Verſicherungsanſtalt maß-
gebend iſt.
Der Umtauſch einer Quittungskarte findet in der Regel
erſt dann ſtatt, wenn die für die Einklebungen von Marken be-
ſtimmten Felder der Quittungskarte gefüllt ſind oder die Gültigkeit
der Quittungskarte erloſchen iſt. Letzteres tritt regelmäßig ein,
wenn die Karte nicht bis zum Schluſſe des dritten Jahres, welches
dem am Kopfe der Karte verzeichneten Jahre folgt, zum Umtauſch
eingereicht worden iſt (§. 104 des Geſ.). Auf ſeine Koſten darf
jedoch der Verſicherte jederzeit die Ausſtellung einer neuen Quit-
tungskarte gegen Rückgabe der älteren Karte beanſpruchen (§. 102
Abſ. 2 a. a. O.). Die bei dem Umtauſch ſich ergebenden Ge-
ſchäfte, nämlich: die Ausſtellung der neuen Karte, die Aufrechnung
der alten Karte und die Ausſtellung der Beſcheinigung über die
aus der Aufrechnung ſich ergebenden Endzahlen ſind gleichfalls ein-
gehend geregelt. In dieſer Hinſicht dürfte es genügen, hier
folgende Punkte bervorzuheben. Die Ausſtellung der neuen Karte
erfolgt in der Regel nur gegen Rückgabe der älteren Karte und
mit einigen Modificationen nach den für die Ausſtellung der erſten
Karte erörterten Beſtimmungen. Es darf u. a. die Ausſtellung
der neuen Quittungskarte in der Regel nicht von einer beſonderen
Feſtſtellung, ob zur Zeit noch eine Verſicherungspflicht oder das
Recht zur Selbſtverſicherung beſteht, abhängig gemacht werden.
Vielmehr hat im allgemeinen jeder, welchem einmal eine Quittungs-
karte ausgeſtellt worden iſt, das Recht, den Umtauſch zu verlangen,
und nur in ſolchen Fällen iſt der Umtauſch zu verſagen, wenn die
Bebörde die pflichtmäßige Ueberzeugung gewinnt, daß der Inhaber
zum Eintritt in die Verſicherung bisher nicht berechtigt ge-
weſen iſt.
Als Verſicherungsanſtalt iſt in der ſpäteren Quit-
tungskarte ſtets jene vorzutragen, welche auf der erſten Quit-
tungskarte des Verſicherten verzeichnet war, wenn auch der Ver-
ſicherte zur Zeit der Ausſtellung der neuen Karte im Bezirke einer
anderen Verſicherungsanſtalt beſchäftigt iſt. Die Aufrechnung der
zurückgegebenen (alten) Quittungskarte ſoll in unmittelbarem An-
ſchluß an deren Rückgabe erfolgen. Ueber das Ergebniß der Auf-
rechnung iſt dem Inhaber der Karte eine Beſcheinigung zu ertheilen,
gegen deren Inhalt dem Verſicherten binnen zwei Wochen nach der
Aushändigung der Einſpruch zuſteht (§. 106 des Geſ.). Der Ein-
ſpruch iſt bei der Behörde, welche die Quittungskarte aufgerechnet
und die Beſcheinigung ausgeſtellt hat, zu erheben und von dieſer
Behörde auch zu beſcheiden.
Gegen die (völlige oder theilweiſe) Zurückweiſung des Ein-
ſpruchs findet binnen zwei Wochen nach Mittheilung der Entſchei-
dung Recurs an die der beſcheinigenden Gemeindebehörde vor-
geſetzte Auſſichtsbehörde ſtatt, welche endgültig entſcheidet. Koſten
ſollen dem Verſicherten aus dem Einſpruch in der Regel nicht er-
wachſen; doch können demſelben ſolche Koſten zur Laſt gelegt
werden, welche durch die unbegründeten Anträge desſelben veran-
laßt worden ſind, wenn die Annahme begründet iſt, daß der Ver-
ſicherte der Grundloſigkeit ſeiner Anträge ſich bewußt war.
Hat der Inhaber ſeine Qnittungskarte verloren oder iſt
dieſelbe ganz oder theilweiſe zerſtört oder aus einem anderen
Grund als wegen Füllung mit Beitragsmarken zur weiteren Ver-
wendung unbrauchbar geworden, ſo iſt der Inhaber berech-
tigt, die Erſetzung dieſer Quittungskarte durch eine neue zu be-
anſpruchen (§. 105 des Geſ.). In die neue Quittungskarte ſind
die bis zum Verluſte der Karte entrichteten Beiträge, ſoweit die-
ſelben nachweisbar geleiſtet worden ſind, in beglaubigter Form zu
übertragen. Der Nachweis des Inhalts der zu erneuernden ver-
lorenen, ganz oder theilweiſe zerſtörten Karte iſt Sache des In-
habers. Gegen den Inhalt der Uebertragung kann der Verſicherte
Einſpruch erheben, für deren Erledigung das gleiche Verfahren gilt
wie bei dem Einſpruch gegen den Inhalt der Beſcheinigung über
das Ergebniß der Aufrechnung.
Außer den erwähnten Fällen findet eine Erneuerung der Karte
noch ſtatt, wenn die Karte wegen einer unzuläſſigen Eintragung
ſeitens einer Behörde angehalten wird (§. 108 Abſ. 1 des Geſ.),
oder wenn im Falle des §. 125 des Geſetzes die Diſtrictsverwal-
tungsbehörde an Stelle der Vernichtung der irrthümlich beigebrach-
ten Marke die Einziehung der Quittungskarte und die Ueber-
tragung des Inhalts derſelben auf eine neue Karte anordnet.
Die Ausſtellung, der Umtauſch und die Erneuerung der
Quittungskarte, ſowie die Ertheilung der Beſcheinigung erfolgen
koſten- und gebührenfrei. Die Koſten der Quittungskarten
trägt die Verſicherungsanſtalt, in deren Bezirk die mit der Aus-
ſtellung und dem Umtauſche der Quittungskarte betraute Gemeinde-
behörde ihren Sitz hat (§. 101 Abſ. 3 des Geſ.). Nur in zwei
genau bezeichneten Fällen hat die Gemeindebehörde für die Aus-
ſtellung einer Quittungskarte von den Betheiligten Koſten (5 Pf.
für jede Karte) zu beanſpruchen; im Zweifelsfalle aber hat der Um-
tauſch der Karte koſtenfrei zu erfolgen.
Die erforderliche Anzahl von Formularen zu Quittungskarten
wird den Behörden von der für ihren Bezirk zuſtändigen Verſiche-
rungsanſtalt koſtenlos zur Verfügung geſtellt. Die ſpätere Er-
gänzung des Vorraths iſt von der Gemeindebehörde bei der Ver-
ſicherungsanſtalt rechtzeitig zu beantragen.
Ueber die ſonſtigen zur Durchführung des Geſetzes vom
22. Juni 1889 den Verwaltungs- und Gemeindebehörden, dann
den Verſicherungsanſtalten zukommenden Obliegenheiten, insbeſondere
über die Verwendung der Marken, wird weitere Bekanntmachung
des k. Staatsminiſteriums des Innern erfolgen.
Für den Weihnachtstiſch.
V.
Neueſtes aus dem Verlag von Braun u. Schneider.
∈ Mit dem jüngſten (zweiundvierzigſten) Bande haben die
weltbekannten „Münchener Bilderbogen“ die eintauſendſte
Nummer erreicht und überſtiegen. Das Jubelblatt „Sneewittchen“
zeichnete Hermann Vogel, zugenannt von Plauen, der
übrigens kein ſolcher Sauſewind und Faulpelz geweſen ſein kann,
wie er uns mit ſeiner Antobiographie (in Pechts „Kunſt für
Alle“, 1889, S. 273 ff.) glaubhaft machen möchte; denn die er-
ſtaunliche Zahl ſeiner virtuoſen Illuſtrationen und die Gediegen-
heit derſelben ſprechen dagegen; daß er ſich neben Ludwig Richter
und Hendſchel, Oskar Pletſch, Gehrts, Mohn, Thumann und Wol-
demar Friedrich ſeinen eigenen Weg gebahnt hat, iſt Thatſache.
Andere Bilderbogen zeichneten der mit ſeinen menſchlichen Thier-
bildern excellirende Specialiſt Hengeler, Mandl (Froſch-
Soirée), der unermüdliche Meggendorfer, Leutemann,
Stauber, R. Geißler (Rübezal), M. Cöſter, Th. v. Cramer
(Schattenbilder), Reinicke, O. Bromberger, Franz Schuh-
werk und L. v. Nagel (Im wilden Weſten), dazu kommen die
bekannten „Coſtümbilder“ mit neuen Fortſetzungen — Alles im
unterhaltenden Wechſel von Witz, Humor, Ernſt und Laune. Im
gleichen Tempo bewegt ſich der im achten Jahrgang vorliegende
„Münchener Fliegende Blätter-Kalender“ (1891,
112 S. 8°); Hr. v. Miris hat ihn poetiſch bevorwortet und
mit Wetter- und Lebensregeln zu den von Hermann Vogel ge-
zeichneten Monatsvignetten eingeleitet: „Das Nothwendigſte für
jeden Menſchen iſt ein guter Kalender und eine gute Geſundheit.
Da nun ein guter Humor zur Geſundheit am meiſten beiträgt, ſo
iſt ein humoriſtiſcher Kalender, wenn er überdies praktiſche hygie-
niſche Winke enthält, allen anderen vorzuziehen.“ Letzteres ge-
ſchieht natürlich in Verſen wie in Proſa reichlich. So heißt es
z. B.: „Wenn ſchon im allgemeinen geſunder Appetit, guter
Schlaf und allgemeines Wohlbefinden allen Geſunden und Kranken
beſonders zu empfeblen ſind, ſo gilt das nicht minder für den
Monat Juni, in welchem man ſich in Bädern und auf dem Lande
zu langweilen beginnt. Wer durch langjährige Uebung Hunger,
Durſt, Froſt und Schlafloſigkeit zu entbehren gelernt hat, wird es
auch wenigſtens einige Wochen ohne Arbeit aushalten können.
Während des Landaufenthalts iſt es gewöhnlich ſehr heiß — daher
der Name Sommerfriſche.“ Im Auguſt wird ein zeitgemäßes
Thema angeregt: „Eines der älteſten Naturheilverfahren iſt die
Waſſercur, welche in neueſter Zeit durch Pfarrer Kneipp in Mode
gekommen. Daß Waſſer das Beſte iſt, ſingt ſchon ein alter
griechiſcher Dichter, und ſind darum im Hochſommer, beſonders im
Auguſt, kalte Bäder warm zu empfehlen. Doch hat die
Waſſercurmacherei auch ihre großen Gefahren, wie ſchon Goethe in
ſeinem Liede Guten Morgen, Herr Fiſcher’ ſagt: Halb zog Sie
ihn, halb ſank Er hin und ward nicht mehr geſehen’, was alle
leidenſchaftlichen Fiſcher ſehr beherzigen mögen.“ — „Ein ſehr
ſchweres und häufig auch bei Wildſchützen vorkommendes Leiden iſt
die Jagd, welche den Monat September beherrſcht. Diejenigen,
welche das Jagen beſonders für Leute mit ſitzender Lebensweiſe
als geſund empfehlen, vergeſſen, daß der Menſch ſich vom Hühner-
hunde auch dadurch unterſcheidet, daß letzterer nicht ſo leicht in
Schweiß geräth und ſich darum auch nicht ſo leicht erkältet. Vor
allen anderen gefährlich iſt die ‘Sonntagsjagd’, bei welcher leider
manche Schrotladung ihr Ziel gänzlich verfehlt, was ſtellenweiſe
ſehr ſchmerzhaft ſein ſoll.“ Der October „iſt der Monat der
Trinker und des Weines. Wenn man bedenkt, wie oft und ein-
dringlich der Menſch in Liedern und Gedichten deutſcher Sänger
zum Trinken aufgefordert wird, ſollte man meinen, es bedürfte
dieſer vielfachen Ermunterung, um einen beſtehenden natürlichen
Widerwillen zu bekämpfen und zu überwinden — und doch iſt der
Durſt ein ziemlich verbreitetes Uebel, dem jährlich Tauſende zum
Opfer fallen. Man muß ſich deßhalb ſehr in Acht nehmen und
lieber dem guten Beiſpiele des Mondes folgen, welcher bekanntlich
in jedem Monate nur einmal voll zu ſein pflegt“ u. ſ. w. Dieſe
Proben genügen, um den mit nahezu zweihundert luſtigen Holz-
ſchnitten ausgeſtatteten Kalender überall zu empfehlen.
Dasſelbe gilt natürlich auch von den Dichtungen des Hrn.
v. Miris, welche unter dem ſelbſtverſtändlichen Titel „Von
mir is’s“ (158 S. 12°) im gleichen Verlage im feinſten Ein-
band mit dem ſchelmiſch lächelnden Lichtdruckportrait und dem
Autograph des Autors ausgeſtattet erſchienen ſind. Eine in echt
pfälziſche Liebenswürdigkeit gekleidete „beſcheidene Vorrede“ ſucht
die Exiſtenz dieſer Sächelchen mit dem Factum zu rechtfertigen,
daß in jedem Jahrhundert ein bewundertes unſterbliches Werk ent-
ſtehen müſſe, und daß die Muſe dann auch dafür ſorge, daß felbes
geſchrieben werde:
„In dem Jahrhundert — krieg’ die Kränk —
Wie ich ſo daſitz’ un gar nix denk’,
Kummt uf eemol gefloche zu mir die Muſ’,
Kloppt mir uf die Schulter un ſächt: ‘Schreib’ du’s!’
Und ich — was is mer ſonſt übrig gebliwe?
In Gottes Name — ich hab’s halt geſchriwe!
Da is es — leeſ’ts — un ſollt’s Eem nit behage,
Den ſoll e heilig Dunnerwetter verzig Klafter tief in
de Erdboden verſchlage.“
Mit großer Vorliebe bringt unſer Poet auch das Berliner und
Altbaiwariſche, d. h. das Münchener Idiom in Anwendung; er
gibt Spree- und Bayreuther, ja ſogar Privatier- und Inter-
nationale Kunſtausſtellungs-Schnadahüpfeln. Uebrigens iſt doch
Alles in hochdeutſcher Sprache und grunddeutſchem Humor. Er
dichtet im Stile von Backfiſchen und grünen Jungen, ſchwingt die
Geißel des Spottes in den „Zeit-Jeremiaden“ über die Surrogaten-
wirthſchaft, über die ewigen Feſtrummel, die ganze Vereinsmeierei,
die nervöſen Hexereien, über die Modethorheiten und die Lamenta-
tionen der Raiſonneurs und durchhaut den gordiſchen Knoten als
Viedermann:
„Darum ſoll es beſſer werden,
Laßt die Klagen und Beſchwerden;
Jeder — das nur hilft voran —
Fange bei ſich ſelber an.
Fort d’rum mit dem Peſſimismus!
Dies ſei unſer Egoismus:
Daß ein Jeder nach Gebühr
Kehre vor der eig’nen Thür.“
Höchſt originell ſind die nach bekannten Melodien gedichteter
„Chemiſchen Volkslieder“, welche dem Verfaſſer der „Luſtigen
Naturgeſchichte, Botanik und Mineralogie“ zu neuen Ehren ge-
reichen. Zwiſchendurch finden ſich echte lyriſche Perlen, Stimmungs-
bilder mit diametral entgegengeſetzten Schlußſtrophen und ver-
blüffend lächerlichen Impromptus à la Heine. Zu den drolligſten
Einfällen zählen „Der glückliche Familienvater“, dann das zur
Feier ſeines eigenen ſechzigſten Geburtstages verfaßte Feſtcarmen
und die putzigen, eines Freidank würdigen Reimpaare, in welchen
jene Kritiker verhöhnt werden, die, mit völliger Farbenblindheit für
die wahren Verdienſte eines Autors behaftet, gerade das ihm Un-
mögliche von demſelben verlaugen — Reime, werth, in jeglichem
Büchmann eine ſtereotype Stelle zu finden:
„Wie wäre das doch ſchön und nett,
Wenn der Laubfroſch einen Schnurrbart hätt’!
Und könnte die Wildſau Pauken ſchlagen,
Das wäre luſtig, nicht zum ſagen!
Wie wär’ es praktiſch, ſchön und gut,
Hätt’ jeder Ochſe einen Hut!
Und könnt’ die Gans auf Stelzen geh’n,
Das wär’ poſſirlich anzuſeh’n.
Sehr gut wär’s, hätt’ Herr Kikriki
Statt ſeines Kamms ein Paraplui,
Doch mehr als dies noch wär’ fidel,
Könnt’ Schlittſchuh laufen das Kameel.
Ja, wenn die Schildkröt’ tanzen könnt’,
Da riefe Jeder: ‘Welch’ Talent!’
Das wär’ den Säcklern ein Vergnügen,
Wenn die Giraſſen Cravatten trügen.
Das gäbe eine gute Pirſch,
Wenn Filzſchuh’ tragen thät’ der Hirſch.
Wie muſikaliſch wär’s im Nil,
Wenn ſingen könnt’ das Krokodil!
Wie lieblich wär’ es, wenn die Haſen
Im Feld Trompeten würden blaſen!
Auch niedlich wär’s und intereſſant,
Wenn fliegen könnt’ der Elephant....“
Ein unter dem Titel „Anno Dazumal“ mit ſtilgemäßen
Bildern von Emil Reinicke ausgeſtattetes Heſt bringt acht „Poſta-
liſche Dichtungen“ von H. Schäffer (68 S. 8°) aus verſchie-
denen Säculis ſehr inſtructiv und richtig geſchildert: Zur Zeit der
Pharaonen, der Perſerkriege, der römiſchen Kaiſer, im neunten
Jahrhundert bei den Wikingern, im ſpäteren Mittelalter (hier ſpielt
die Hauptrolle der treue Bote Hans Fliederbuſch aus Straßburg,
welcher Alles verkneipt und dann, aus der Haut fahrend, unter
den wilden Troß des Rodenſteiners geräth); die erſte Ankunft der
Thurn und Taxis’ſchen Poſt u. ſ. w. Bei einer der folgenden
Auflagen könnten noch die aſſyriſch-perſepolitaniſchen Einrichtungen
und die mexicaniſchen Poſtanſtalten unter Montezuma’s Regierung
verdiente Verückſichtigung finden, damit das Ganze in univerſal-
ſter Beleuchtung die möglichſt culturgeſchichtliche Abrundung
erfährt.
Der ſiebente Foliant des „Oberländer-Album“ ent-
hält abermals eine claſſiſche Auswahl der grotesken Schöpfungen
dieſes originellen Meiſters, welcher durch die Friſche und Viel-
ſeitigkeit ſeiner Laune faſt alle gleichzeitigen Humoriſten über-
flügelt. Auch Lothar Meggendorfer liefert ein neues
„Militäriſches Ziehbilderbuch“ mit feſchen Reimen.
Die köſtliche Sammlung der „Gedankenſplitter“ wird
durch einen zweiten Band (232 S. 12°) erweitert: Ein wahrer
Schatzkaſten mit ſilbernen und goldenen Rechenpfennigen des
Geiſtes, des Witzes und der Laune, ein treuer Entoutcas für alle
Stimmungen des Gemüths vom zarteſten Roſenroth des Gefühls
bis zum burleskeſten Spottgelächter, Alles nach beiläufigen Schlag-
wörtern rubricirt und in handlichſte Form gebracht — ein Büch-
lein, welches als trauter Hausfreund in keinem Heim fehlen
ſollte.
Und nun noch einen freundlichen Händedruck den altbekannten
„Jugendblättern“, welche, begründet von unſrer unvergeß-
lichen Iſabella Braun, von Frl. Iſabella Hummel mit fleißigſter Um-
ſicht weitergeführt werden und in ihrer Weiſe eine reichhaltige
Bibliothek von ſechsunddreißig Jahrgängen bilden. Gedichte und
Erzählungen (darunter in erſter Reihe die Leiſtungen der Nedac-
tion), Belehrendes, Biographiſches (z. B. Franz Schubert) wechſeln
mit allerlei Lehrhaftem und ergötzlichen Berichten, untermiſcht mit
Sprüchen und Räthſeln. Die Ausſtattung mit zahlreichen Farben-
druckbildern und Holzſchnitten gereicht der längſt rühmlichſt be-
kannten Verlagshandlung zu neuem Ruhme.
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(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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