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Allgemeine Zeitung, Nr. 33, 2. Februar 1850.

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[Spaltenumbruch] daß Württemberg von Seite der Bundescommission veranlaßt werde auch
vor der Erledigung der Streitfrage (natürlich gegen eine zu regelnde Ent-
schädigung) seine Eisenbahn dem Postdienste zu öffnen. In Frankreich
bedurfte es, nachdem die Paris-Straßburger Eisenbahn auf einer Strecke
von 172 Kilometres (bis Chalons) dem allgemeinen Verkehr übergeben
war, nur der Reclamationen einiger Handelskammern, und der Schienen-
weg mußte trotz der Einsprache der Compagnie, welche eine beträchtliche
Entschädigung verlangte, der Post zur Benützung überlassen werden. Der
Dienst der Malleposten nach Metz und Straßburg erlangte dadurch eine
Beschleunigung von acht bis zehn Stunden. Wir gaben uns zur Zeit als
die ersten Abtheilungen jener Bahn dem allgemeinen Verkehr und dem
Postdienste eröffnet wurden, der Erwartung hin daß auch Süddeutschland
dieser so wesentlichen Beschleunigung von Paris aus Rechnung tragen
und einen durchgreifenden Anschluß an den Paris-Straßburger Curs so
rasch als möglich bewerkstelligen werde. Wir durften dieses um so mehr
hoffen, als Bayern, Württemberg und Baden während der letzten Jahre
durch die Ausdehnung des norddeutschen Schienennetzes ihren früher so
bedeutenden französtsch-österreichischen Personen- und Waarentransit fast
gänzlich schwinden sehen, und ebendeßhalb auf den Gedanken kommen
mußten alle Mittel aufzubieten um wenigstens einen Theil der an der
Paris Wiener Route verlornen Verkehrsbewegung wiederzugewinnen.*)
Bis jetzt ist indessen nichts ernstliches in dieser Hinsicht geschehen, und es
scheint daß auch Württemberg seinen Proceß mit Taris zum Nachtheil
von ganz Süddeutschland fortzuführen gesonnen ist. Würde man sich
nun der Vermittlung der Bundescommission fügen, so könnte durch Be-
nützung der württembergischen Eisenbahn für die Post, sowie durch ein
gehöriges Ineinandergreifen der Curse zwischen Straßburg und München
eine Beschleunigung der Correspondenz zwischen Frankreich, Baden, Würt-
temberg und Bayern hergestellt werden welche für die beiden Endpunkte
Paris und München nicht weniger als 22 bis 24 Stunden betrüge.**)
Wir glauben daß es sich wohl der Mühe lohnte kräftig Hand ans Werk
zu legen, wo es sich um eine so bedeutende Verbesserung handelt. Er-
langen wir dieselbe, so ist zugleich der erste Schritt dazu geschehen den
Paris-Wiener Postcurs sowie den Verkehr zwischen der beiden Welt-
städten allmählich wieder in sein natürliche Geleise zurückzubringen. Der
in den nächsten Monaten erfolgende Betrieb der Paris-Straßburger Eisen-
bahn von Chalons bis Vitry, sowie die im Junius zu hoffende Eröffnung
der Linie von Geißlingen bis Ulm werden einen neuen Zeitgewinn von
fünf Stunden für die obenbezeichneten Routen gewähren. Daß Baden
bei den großen Vortheilen welche ihm in der nächsten Zeit die Havre-
Paris-Straßburger Eisenbahn zu bringen verspricht, noch immer zögert
seinen Schienenweg mit dem Württembergs zu verbinden, mag mitunter
in den politischen Zuständen des Landes liegen, die es nöthigen noch gar
manch materielles Bedürfniß in den Hintergrund zu stellen, bis der bevor-
stehende Landtag die finanziellen Hülfsmittel dazu gefunden haben wird.
Bayern befindet sich in dieser Hinsicht in einer weit günstigeren Lage, und so
zweifeln wir im Hinblick auf die großartigen Opfer welche dieses Land fort-
während den zeitgemäßen Ansprüchen der Verkehrserweiterung widmet,
durchaus nicht daß es recht bald die längst projectirte Bahn von Augsburg
nach Ulm herstellen lassen würde. Es findet reichliche Entschädigung für den
Bau dieser Linie durch den Personen- und Waarentransit, welcher sich zwi-
[Spaltenumbruch] schen Frankreich und Oesterreich bewegt. Je eifriger man die Ausfüllung der
Lücken in dem Schienennetze zwischen Frankreich, Baden, Württemberg und
Bayern betreiben wird, desto mehr dürfte es sich auch Oesterreich zur Auf-
gabe machen seine Bahnverbindung mit Bayern herzustellen. Die groß-
artige directe Schienenstraße zwischen Paris und Wien, welche über Straß-
burg, Karlsruhe, Stuttgart, Ulm, Augsburg und München führt, wird
und muß hergestellt werden, denn sie ist ein unabweisbares dringendes
Bedürfniß. Sie wird es möglich machen daß man in vierzig Stunden
von Paris nach Wien gelangt. Bis indessen dieses Werk vollbracht, muß
es Aufgabe der füddeutschen Staaten seyn die möglichen Verbesserungen
im Postenlauf einzuführen, damit sie nicht den Vorwurf auf sich laden als
hätten sie die Mahnung der Zeit überhört und durch Saumseligkeit dem
Norden überliefert was die Natur dem Süden angewiesen. Schließlich
die einfache Bemerkung. Der Postenlauf von Paris nach Wien, der in
den letzten Jahren über die norddeutschen Eisenbahnen durch Belgien und
Preußen geleitet wurde, nimmt ungefähr 80 bis 85 Stunden Zeit in Anspruch.
Die angeführten zu ermöglichenden Postbeschleunigungen in Süddeutschland
werden, sobald die Paris-Straßburger Eisenbahn bis Nancy reicht -- und
dieser Zeitpunkt ist nicht mehr fern -- die Paris-Wiener Posten in den
Stand setzen ihren frühern Weg über Straßburg durch Baden, Würt-
temberg und Bayern wieder einzuschlagen.



Die österreichisch-deutsche Zolleinigung.

Wenn ich Ihnen über die deutsche Zollfrage
lange nicht geschrieben habe, so geschah es nicht weil die Sache, soviel da-
von zu meiner Kenntniß gekommen ist, mittlerweile geschlummert hätte,
sondern weil ich den Interessen wie den Meinungen Zeit zur Auf- und
Abklärung lassen wollte. Heute kann ich Ihnen nun in doppelter Rich-
tung erfreuliches darüber mittheilen. Denn während sich in der öffent-
lichen Meinung Oesterreichs, wie zu erwarten stand, ein entschiedener
Umschwung zu Gunsten der rasch und umfichtig fortgehenden Zollreform
sowie des Zollanschlusses an Deutschland, zu Gunsten also des wahren
Fortschritts vorbereitet und bereits kundthut, hat das Ministerium die
das Werk selbst anbahnenden Maßregeln eingeleitet, und eben einen höchst
bedeutsamen, für die Sache folgereichen Schritt gethan. Es hat nämlich
eine umfassende Denkschrift des Handelsministers, in welcher die ganze
Zollfrage ausführlich entwickelt, und die österreichischen Vorschläge zur
Anbahnung der Zoll- und Handelseinigung präcistrt find, an sämmtliche
deutsche Regierungen gerichtet, und dabei die sonst zur baldigen Verwirk-
lichung derselben geeigneten Anträge gestellt. So viel verläßliches über
den Inhalt der Denkschrift verlautet, dünkt uns dieselbe ebenso belangreich
als befriedigend. Sie soll namentlich eine Abkürzung der anfänglich be-
antragten Uebergangsperioden (bis auf eine wohl ganz unvermeidliche
Zwischenperiode zwischen der ersten allseitigen Reform und der völligen
Zolleinigung), mithin einen weit raschern Anschluß in Aussicht stellen als
man vor kurzem noch für möglich gehalten hatte; sie soll ferner auf sofor-
tige Berufung einer allgemeinen deutschen Zollconferenz behufs der Re-
gelung der ganzen Zollfrage dringen, und überhaupt die handelspolitische
Richtung und Abficht des österreichischen Ministeriums aufs klarste dar-
legen.

In diesem Vorgehen des Ministeriums zur Lösung der Zollfrage läßt
sich am wenigsten Consequenz verkennen. Nachdem die österreichische Re-
gierung durch die innere Befriedung des Landes in der Lage war an die
Regelung der Beziehungen Oesterreichs zu und in Deutschland mit Nach-
druck zu denken, faßte sie vor allen den Gedanken der Zolleinigung auf,
als die neue Basts der deutschen Politik, und gründete darauf, wie mir
scheint mit überlegenem Blick, die Hoffnung einer zweckmäßigen dauern-
den Gestaltung der deutschen Verhältnisse. Selbstredend mußte das Mi-
nisterium damit anfangen seine vorläufige Ansicht über diese Frage gleich-
sam als Programm zu veröffentlichen, und die Unterstützung der öffent-
lichen Meinung für die wichtige Angelegenheit herauszufordern. Man
hätte wünschen können daß die Tagspresse sich der Sache mit etwas mehr
Wärme bemächtigt haben möchte als wirklich geschehen ist; allein im
Grundsatze mit den Vorschlägen einverstanden, überließ sie das Specielle
der Frage den verschiedenen gewerblichen und commerciellen Organen und
Körperschaften, und diese haben hier wie drüben das ihrige gethan, die
Aufklärung ist im besten Gang, und schon läßt sich das Endergebniß, mit
welchem die "Interessen" selbst übereinstimmen werden, bestimmt voraus-
sehen. Der im Zuge begriffene erfreuliche Umschwung der Anfichten in
Oesterreich wie in Deutschland verspricht dem raschern Fortgang der Sache
sehr ersprießlich zu werden, wie bereits aus der österreichischen Denkschrift
deutlich hervorgehen soll. Selbst unter den österreichischen Industriellen
faßt eine dem Anschluß günstige Anschauung und Ueberzeugung mehr und
mehr Raum. Das Gefühl macht sich unwiderstehlich geltend daß das ge-

*) Seitdem die französische Nordeisenbahn mit den belgisch-nordischen Schienen-
wegen in einen unmittelbaren Anschluß trat, mindert sich die Transoport-
bewegung von Gütern und der Berkehr von Reisenden auf der Route von
Paris durch das östliche Frankreich, Baden, Württemberg und Bayern nach
Oesterreich von Jahr zu Jahr. Wir wollen nur ein Beispiel anführen,
das zur Genüge beweist wie sehr die füddeutschen Staaten durch die nord-
deutschen Eisenbahnen verloren. Während vor der Eröffnung der oben-
bezeichneten Eisenstraßen durchschnittlich jedes Jahr 5 bis 600 Grtra-
posten
durch Straßburg kamen, welche sich von Paris durch Baden,
Württemberg und Bayern oder von Wien durch jene Länder über Straßburg
nach Paris begaben, beträgt die Zahl derselben jetzt kaum noch den zwanzigsten
Theil. Diese Equipagen- und Personentransporte find ein Hauptelement
der Einnahmen auf den nordischen Bahnen geworden. Und die Millionen
Werthes betragenden Aussuhren von französtschen Luruswaaren, welche
ehemals der füddeutschen Spedition zu gute kamen, wandern ebenfalls auf
der entgegengesetzten Straße nach Oesterreich!
**) Die Mallepost wird mit dem Eintritt der besseren Jahreszeit ihren Weg
zurücklegen: von Paris nach Straßburg in . 24 bis 26 Stunden.
Rechnen wir nun dazu:
von Straßburg nach Karlsruhe in _ _ "
"Karlsruhe nach Stuttgart in _ _ 71/4"
"Stuttgart, Ulm (mit Benützung der Eisenbahn
bis Geißlingen) in _ _ 53/4"
"Ulm nach Augsburg-München in _ _ 7 bis 9"
513/4"
Die Post welche Abends 71/2 Uhr von Paris abgeht, würde also am dritten
Abend um 9 bis 10 Uhr in München eintreffen, während sie jetzt am
vierten Abend um diese Zeit in der bayerischen Hauptstadt ankömmt.

[Spaltenumbruch] daß Württemberg von Seite der Bundescommiſſion veranlaßt werde auch
vor der Erledigung der Streitfrage (natürlich gegen eine zu regelnde Ent-
ſchädigung) ſeine Eiſenbahn dem Poſtdienſte zu öffnen. In Frankreich
bedurfte es, nachdem die Paris-Straßburger Eiſenbahn auf einer Strecke
von 172 Kilometres (bis Chalons) dem allgemeinen Verkehr übergeben
war, nur der Reclamationen einiger Handelskammern, und der Schienen-
weg mußte trotz der Einſprache der Compagnie, welche eine beträchtliche
Entſchädigung verlangte, der Poſt zur Benützung überlaſſen werden. Der
Dienſt der Mallepoſten nach Metz und Straßburg erlangte dadurch eine
Beſchleunigung von acht bis zehn Stunden. Wir gaben uns zur Zeit als
die erſten Abtheilungen jener Bahn dem allgemeinen Verkehr und dem
Poſtdienſte eröffnet wurden, der Erwartung hin daß auch Süddeutſchland
dieſer ſo weſentlichen Beſchleunigung von Paris aus Rechnung tragen
und einen durchgreifenden Anſchluß an den Paris-Straßburger Curs ſo
raſch als möglich bewerkſtelligen werde. Wir durften dieſes um ſo mehr
hoffen, als Bayern, Württemberg und Baden während der letzten Jahre
durch die Ausdehnung des norddeutſchen Schienennetzes ihren früher ſo
bedeutenden franzöſtſch-öſterreichiſchen Perſonen- und Waarentranſit faſt
gänzlich ſchwinden ſehen, und ebendeßhalb auf den Gedanken kommen
mußten alle Mittel aufzubieten um wenigſtens einen Theil der an der
Paris Wiener Route verlornen Verkehrsbewegung wiederzugewinnen.*)
Bis jetzt iſt indeſſen nichts ernſtliches in dieſer Hinſicht geſchehen, und es
ſcheint daß auch Württemberg ſeinen Proceß mit Taris zum Nachtheil
von ganz Süddeutſchland fortzuführen geſonnen iſt. Würde man ſich
nun der Vermittlung der Bundescommiſſion fügen, ſo könnte durch Be-
nützung der württembergiſchen Eiſenbahn für die Poſt, ſowie durch ein
gehöriges Ineinandergreifen der Curſe zwiſchen Straßburg und München
eine Beſchleunigung der Correſpondenz zwiſchen Frankreich, Baden, Würt-
temberg und Bayern hergeſtellt werden welche für die beiden Endpunkte
Paris und München nicht weniger als 22 bis 24 Stunden betrüge.**)
Wir glauben daß es ſich wohl der Mühe lohnte kräftig Hand ans Werk
zu legen, wo es ſich um eine ſo bedeutende Verbeſſerung handelt. Er-
langen wir dieſelbe, ſo iſt zugleich der erſte Schritt dazu geſchehen den
Paris-Wiener Poſtcurs ſowie den Verkehr zwiſchen der beiden Welt-
ſtädten allmählich wieder in ſein natürliche Geleiſe zurückzubringen. Der
in den nächſten Monaten erfolgende Betrieb der Paris-Straßburger Eiſen-
bahn von Chalons bis Vitry, ſowie die im Junius zu hoffende Eröffnung
der Linie von Geißlingen bis Ulm werden einen neuen Zeitgewinn von
fünf Stunden für die obenbezeichneten Routen gewähren. Daß Baden
bei den großen Vortheilen welche ihm in der nächſten Zeit die Havre-
Paris-Straßburger Eiſenbahn zu bringen verſpricht, noch immer zögert
ſeinen Schienenweg mit dem Württembergs zu verbinden, mag mitunter
in den politiſchen Zuſtänden des Landes liegen, die es nöthigen noch gar
manch materielles Bedürfniß in den Hintergrund zu ſtellen, bis der bevor-
ſtehende Landtag die finanziellen Hülfsmittel dazu gefunden haben wird.
Bayern befindet ſich in dieſer Hinſicht in einer weit günſtigeren Lage, und ſo
zweifeln wir im Hinblick auf die großartigen Opfer welche dieſes Land fort-
während den zeitgemäßen Anſprüchen der Verkehrserweiterung widmet,
durchaus nicht daß es recht bald die längſt projectirte Bahn von Augsburg
nach Ulm herſtellen laſſen würde. Es findet reichliche Entſchädigung für den
Bau dieſer Linie durch den Perſonen- und Waarentranſit, welcher ſich zwi-
[Spaltenumbruch] ſchen Frankreich und Oeſterreich bewegt. Je eifriger man die Ausfüllung der
Lücken in dem Schienennetze zwiſchen Frankreich, Baden, Württemberg und
Bayern betreiben wird, deſto mehr dürfte es ſich auch Oeſterreich zur Auf-
gabe machen ſeine Bahnverbindung mit Bayern herzuſtellen. Die groß-
artige directe Schienenſtraße zwiſchen Paris und Wien, welche über Straß-
burg, Karlsruhe, Stuttgart, Ulm, Augsburg und München führt, wird
und muß hergeſtellt werden, denn ſie iſt ein unabweisbares dringendes
Bedürfniß. Sie wird es möglich machen daß man in vierzig Stunden
von Paris nach Wien gelangt. Bis indeſſen dieſes Werk vollbracht, muß
es Aufgabe der füddeutſchen Staaten ſeyn die möglichen Verbeſſerungen
im Poſtenlauf einzuführen, damit ſie nicht den Vorwurf auf ſich laden als
hätten ſie die Mahnung der Zeit überhört und durch Saumſeligkeit dem
Norden überliefert was die Natur dem Süden angewieſen. Schließlich
die einfache Bemerkung. Der Poſtenlauf von Paris nach Wien, der in
den letzten Jahren über die norddeutſchen Eiſenbahnen durch Belgien und
Preußen geleitet wurde, nimmt ungefähr 80 bis 85 Stunden Zeit in Anſpruch.
Die angeführten zu ermöglichenden Poſtbeſchleunigungen in Süddeutſchland
werden, ſobald die Paris-Straßburger Eiſenbahn bis Nancy reicht — und
dieſer Zeitpunkt iſt nicht mehr fern — die Paris-Wiener Poſten in den
Stand ſetzen ihren frühern Weg über Straßburg durch Baden, Würt-
temberg und Bayern wieder einzuſchlagen.



Die öſterreichiſch-deutſche Zolleinigung.

Wenn ich Ihnen über die deutſche Zollfrage
lange nicht geſchrieben habe, ſo geſchah es nicht weil die Sache, ſoviel da-
von zu meiner Kenntniß gekommen iſt, mittlerweile geſchlummert hätte,
ſondern weil ich den Intereſſen wie den Meinungen Zeit zur Auf- und
Abklärung laſſen wollte. Heute kann ich Ihnen nun in doppelter Rich-
tung erfreuliches darüber mittheilen. Denn während ſich in der öffent-
lichen Meinung Oeſterreichs, wie zu erwarten ſtand, ein entſchiedener
Umſchwung zu Gunſten der raſch und umfichtig fortgehenden Zollreform
ſowie des Zollanſchluſſes an Deutſchland, zu Gunſten alſo des wahren
Fortſchritts vorbereitet und bereits kundthut, hat das Miniſterium die
das Werk ſelbſt anbahnenden Maßregeln eingeleitet, und eben einen höchſt
bedeutſamen, für die Sache folgereichen Schritt gethan. Es hat nämlich
eine umfaſſende Denkſchrift des Handelsminiſters, in welcher die ganze
Zollfrage ausführlich entwickelt, und die öſterreichiſchen Vorſchläge zur
Anbahnung der Zoll- und Handelseinigung präciſtrt find, an ſämmtliche
deutſche Regierungen gerichtet, und dabei die ſonſt zur baldigen Verwirk-
lichung derſelben geeigneten Anträge geſtellt. So viel verläßliches über
den Inhalt der Denkſchrift verlautet, dünkt uns dieſelbe ebenſo belangreich
als befriedigend. Sie ſoll namentlich eine Abkürzung der anfänglich be-
antragten Uebergangsperioden (bis auf eine wohl ganz unvermeidliche
Zwiſchenperiode zwiſchen der erſten allſeitigen Reform und der völligen
Zolleinigung), mithin einen weit raſchern Anſchluß in Ausſicht ſtellen als
man vor kurzem noch für möglich gehalten hatte; ſie ſoll ferner auf ſofor-
tige Berufung einer allgemeinen deutſchen Zollconferenz behufs der Re-
gelung der ganzen Zollfrage dringen, und überhaupt die handelspolitiſche
Richtung und Abficht des öſterreichiſchen Miniſteriums aufs klarſte dar-
legen.

In dieſem Vorgehen des Miniſteriums zur Löſung der Zollfrage läßt
ſich am wenigſten Conſequenz verkennen. Nachdem die öſterreichiſche Re-
gierung durch die innere Befriedung des Landes in der Lage war an die
Regelung der Beziehungen Oeſterreichs zu und in Deutſchland mit Nach-
druck zu denken, faßte ſie vor allen den Gedanken der Zolleinigung auf,
als die neue Baſts der deutſchen Politik, und gründete darauf, wie mir
ſcheint mit überlegenem Blick, die Hoffnung einer zweckmäßigen dauern-
den Geſtaltung der deutſchen Verhältniſſe. Selbſtredend mußte das Mi-
niſterium damit anfangen ſeine vorläufige Anſicht über dieſe Frage gleich-
ſam als Programm zu veröffentlichen, und die Unterſtützung der öffent-
lichen Meinung für die wichtige Angelegenheit herauszufordern. Man
hätte wünſchen können daß die Tagspreſſe ſich der Sache mit etwas mehr
Wärme bemächtigt haben möchte als wirklich geſchehen iſt; allein im
Grundſatze mit den Vorſchlägen einverſtanden, überließ ſie das Specielle
der Frage den verſchiedenen gewerblichen und commerciellen Organen und
Körperſchaften, und dieſe haben hier wie drüben das ihrige gethan, die
Aufklärung iſt im beſten Gang, und ſchon läßt ſich das Endergebniß, mit
welchem die „Intereſſen“ ſelbſt übereinſtimmen werden, beſtimmt voraus-
ſehen. Der im Zuge begriffene erfreuliche Umſchwung der Anfichten in
Oeſterreich wie in Deutſchland verſpricht dem raſchern Fortgang der Sache
ſehr erſprießlich zu werden, wie bereits aus der öſterreichiſchen Denkſchrift
deutlich hervorgehen ſoll. Selbſt unter den öſterreichiſchen Induſtriellen
faßt eine dem Anſchluß günſtige Anſchauung und Ueberzeugung mehr und
mehr Raum. Das Gefühl macht ſich unwiderſtehlich geltend daß das ge-

*) Seitdem die franzöſiſche Nordeiſenbahn mit den belgiſch-nordiſchen Schienen-
wegen in einen unmittelbaren Anſchluß trat, mindert ſich die Transoport-
bewegung von Gütern und der Berkehr von Reiſenden auf der Route von
Paris durch das öſtliche Frankreich, Baden, Württemberg und Bayern nach
Oeſterreich von Jahr zu Jahr. Wir wollen nur ein Beiſpiel anführen,
das zur Genüge beweist wie ſehr die füddeutſchen Staaten durch die nord-
deutſchen Eiſenbahnen verloren. Während vor der Eröffnung der oben-
bezeichneten Eiſenſtraßen durchſchnittlich jedes Jahr 5 bis 600 Grtra-
poſten
durch Straßburg kamen, welche ſich von Paris durch Baden,
Württemberg und Bayern oder von Wien durch jene Länder über Straßburg
nach Paris begaben, beträgt die Zahl derſelben jetzt kaum noch den zwanzigſten
Theil. Dieſe Equipagen- und Perſonentransporte find ein Hauptelement
der Einnahmen auf den nordiſchen Bahnen geworden. Und die Millionen
Werthes betragenden Ausſuhren von franzöſtſchen Luruswaaren, welche
ehemals der füddeutſchen Spedition zu gute kamen, wandern ebenfalls auf
der entgegengeſetzten Straße nach Oeſterreich!
**) Die Mallepoſt wird mit dem Eintritt der beſſeren Jahreszeit ihren Weg
zurücklegen: von Paris nach Straßburg in . 24 bis 26 Stunden.
Rechnen wir nun dazu:
von Straßburg nach Karlsruhe in _ _
„Karlsruhe nach Stuttgart in _ _ 7¼„
„Stuttgart, Ulm (mit Benützung der Eiſenbahn
bis Geißlingen) in _ _ 5¾„
„Ulm nach Augsburg-München in _ _ 7 bis 9„
51¾„
Die Poſt welche Abends 7½ Uhr von Paris abgeht, würde alſo am dritten
Abend um 9 bis 10 Uhr in München eintreffen, während ſie jetzt am
vierten Abend um dieſe Zeit in der bayeriſchen Hauptſtadt ankömmt.
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[522/0010] daß Württemberg von Seite der Bundescommiſſion veranlaßt werde auch vor der Erledigung der Streitfrage (natürlich gegen eine zu regelnde Ent- ſchädigung) ſeine Eiſenbahn dem Poſtdienſte zu öffnen. In Frankreich bedurfte es, nachdem die Paris-Straßburger Eiſenbahn auf einer Strecke von 172 Kilometres (bis Chalons) dem allgemeinen Verkehr übergeben war, nur der Reclamationen einiger Handelskammern, und der Schienen- weg mußte trotz der Einſprache der Compagnie, welche eine beträchtliche Entſchädigung verlangte, der Poſt zur Benützung überlaſſen werden. Der Dienſt der Mallepoſten nach Metz und Straßburg erlangte dadurch eine Beſchleunigung von acht bis zehn Stunden. Wir gaben uns zur Zeit als die erſten Abtheilungen jener Bahn dem allgemeinen Verkehr und dem Poſtdienſte eröffnet wurden, der Erwartung hin daß auch Süddeutſchland dieſer ſo weſentlichen Beſchleunigung von Paris aus Rechnung tragen und einen durchgreifenden Anſchluß an den Paris-Straßburger Curs ſo raſch als möglich bewerkſtelligen werde. Wir durften dieſes um ſo mehr hoffen, als Bayern, Württemberg und Baden während der letzten Jahre durch die Ausdehnung des norddeutſchen Schienennetzes ihren früher ſo bedeutenden franzöſtſch-öſterreichiſchen Perſonen- und Waarentranſit faſt gänzlich ſchwinden ſehen, und ebendeßhalb auf den Gedanken kommen mußten alle Mittel aufzubieten um wenigſtens einen Theil der an der Paris Wiener Route verlornen Verkehrsbewegung wiederzugewinnen. *) Bis jetzt iſt indeſſen nichts ernſtliches in dieſer Hinſicht geſchehen, und es ſcheint daß auch Württemberg ſeinen Proceß mit Taris zum Nachtheil von ganz Süddeutſchland fortzuführen geſonnen iſt. Würde man ſich nun der Vermittlung der Bundescommiſſion fügen, ſo könnte durch Be- nützung der württembergiſchen Eiſenbahn für die Poſt, ſowie durch ein gehöriges Ineinandergreifen der Curſe zwiſchen Straßburg und München eine Beſchleunigung der Correſpondenz zwiſchen Frankreich, Baden, Würt- temberg und Bayern hergeſtellt werden welche für die beiden Endpunkte Paris und München nicht weniger als 22 bis 24 Stunden betrüge. **) Wir glauben daß es ſich wohl der Mühe lohnte kräftig Hand ans Werk zu legen, wo es ſich um eine ſo bedeutende Verbeſſerung handelt. Er- langen wir dieſelbe, ſo iſt zugleich der erſte Schritt dazu geſchehen den Paris-Wiener Poſtcurs ſowie den Verkehr zwiſchen der beiden Welt- ſtädten allmählich wieder in ſein natürliche Geleiſe zurückzubringen. Der in den nächſten Monaten erfolgende Betrieb der Paris-Straßburger Eiſen- bahn von Chalons bis Vitry, ſowie die im Junius zu hoffende Eröffnung der Linie von Geißlingen bis Ulm werden einen neuen Zeitgewinn von fünf Stunden für die obenbezeichneten Routen gewähren. Daß Baden bei den großen Vortheilen welche ihm in der nächſten Zeit die Havre- Paris-Straßburger Eiſenbahn zu bringen verſpricht, noch immer zögert ſeinen Schienenweg mit dem Württembergs zu verbinden, mag mitunter in den politiſchen Zuſtänden des Landes liegen, die es nöthigen noch gar manch materielles Bedürfniß in den Hintergrund zu ſtellen, bis der bevor- ſtehende Landtag die finanziellen Hülfsmittel dazu gefunden haben wird. Bayern befindet ſich in dieſer Hinſicht in einer weit günſtigeren Lage, und ſo zweifeln wir im Hinblick auf die großartigen Opfer welche dieſes Land fort- während den zeitgemäßen Anſprüchen der Verkehrserweiterung widmet, durchaus nicht daß es recht bald die längſt projectirte Bahn von Augsburg nach Ulm herſtellen laſſen würde. Es findet reichliche Entſchädigung für den Bau dieſer Linie durch den Perſonen- und Waarentranſit, welcher ſich zwi- ſchen Frankreich und Oeſterreich bewegt. Je eifriger man die Ausfüllung der Lücken in dem Schienennetze zwiſchen Frankreich, Baden, Württemberg und Bayern betreiben wird, deſto mehr dürfte es ſich auch Oeſterreich zur Auf- gabe machen ſeine Bahnverbindung mit Bayern herzuſtellen. Die groß- artige directe Schienenſtraße zwiſchen Paris und Wien, welche über Straß- burg, Karlsruhe, Stuttgart, Ulm, Augsburg und München führt, wird und muß hergeſtellt werden, denn ſie iſt ein unabweisbares dringendes Bedürfniß. Sie wird es möglich machen daß man in vierzig Stunden von Paris nach Wien gelangt. Bis indeſſen dieſes Werk vollbracht, muß es Aufgabe der füddeutſchen Staaten ſeyn die möglichen Verbeſſerungen im Poſtenlauf einzuführen, damit ſie nicht den Vorwurf auf ſich laden als hätten ſie die Mahnung der Zeit überhört und durch Saumſeligkeit dem Norden überliefert was die Natur dem Süden angewieſen. Schließlich die einfache Bemerkung. Der Poſtenlauf von Paris nach Wien, der in den letzten Jahren über die norddeutſchen Eiſenbahnen durch Belgien und Preußen geleitet wurde, nimmt ungefähr 80 bis 85 Stunden Zeit in Anſpruch. Die angeführten zu ermöglichenden Poſtbeſchleunigungen in Süddeutſchland werden, ſobald die Paris-Straßburger Eiſenbahn bis Nancy reicht — und dieſer Zeitpunkt iſt nicht mehr fern — die Paris-Wiener Poſten in den Stand ſetzen ihren frühern Weg über Straßburg durch Baden, Würt- temberg und Bayern wieder einzuſchlagen. Die öſterreichiſch-deutſche Zolleinigung. ∏ Wien, 28 Jan. Wenn ich Ihnen über die deutſche Zollfrage lange nicht geſchrieben habe, ſo geſchah es nicht weil die Sache, ſoviel da- von zu meiner Kenntniß gekommen iſt, mittlerweile geſchlummert hätte, ſondern weil ich den Intereſſen wie den Meinungen Zeit zur Auf- und Abklärung laſſen wollte. Heute kann ich Ihnen nun in doppelter Rich- tung erfreuliches darüber mittheilen. Denn während ſich in der öffent- lichen Meinung Oeſterreichs, wie zu erwarten ſtand, ein entſchiedener Umſchwung zu Gunſten der raſch und umfichtig fortgehenden Zollreform ſowie des Zollanſchluſſes an Deutſchland, zu Gunſten alſo des wahren Fortſchritts vorbereitet und bereits kundthut, hat das Miniſterium die das Werk ſelbſt anbahnenden Maßregeln eingeleitet, und eben einen höchſt bedeutſamen, für die Sache folgereichen Schritt gethan. Es hat nämlich eine umfaſſende Denkſchrift des Handelsminiſters, in welcher die ganze Zollfrage ausführlich entwickelt, und die öſterreichiſchen Vorſchläge zur Anbahnung der Zoll- und Handelseinigung präciſtrt find, an ſämmtliche deutſche Regierungen gerichtet, und dabei die ſonſt zur baldigen Verwirk- lichung derſelben geeigneten Anträge geſtellt. So viel verläßliches über den Inhalt der Denkſchrift verlautet, dünkt uns dieſelbe ebenſo belangreich als befriedigend. 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Man hätte wünſchen können daß die Tagspreſſe ſich der Sache mit etwas mehr Wärme bemächtigt haben möchte als wirklich geſchehen iſt; allein im Grundſatze mit den Vorſchlägen einverſtanden, überließ ſie das Specielle der Frage den verſchiedenen gewerblichen und commerciellen Organen und Körperſchaften, und dieſe haben hier wie drüben das ihrige gethan, die Aufklärung iſt im beſten Gang, und ſchon läßt ſich das Endergebniß, mit welchem die „Intereſſen“ ſelbſt übereinſtimmen werden, beſtimmt voraus- ſehen. Der im Zuge begriffene erfreuliche Umſchwung der Anfichten in Oeſterreich wie in Deutſchland verſpricht dem raſchern Fortgang der Sache ſehr erſprießlich zu werden, wie bereits aus der öſterreichiſchen Denkſchrift deutlich hervorgehen ſoll. Selbſt unter den öſterreichiſchen Induſtriellen faßt eine dem Anſchluß günſtige Anſchauung und Ueberzeugung mehr und mehr Raum. Das Gefühl macht ſich unwiderſtehlich geltend daß das ge- *) Seitdem die franzöſiſche Nordeiſenbahn mit den belgiſch-nordiſchen Schienen- wegen in einen unmittelbaren Anſchluß trat, mindert ſich die Transoport- bewegung von Gütern und der Berkehr von Reiſenden auf der Route von Paris durch das öſtliche Frankreich, Baden, Württemberg und Bayern nach Oeſterreich von Jahr zu Jahr. Wir wollen nur ein Beiſpiel anführen, das zur Genüge beweist wie ſehr die füddeutſchen Staaten durch die nord- deutſchen Eiſenbahnen verloren. Während vor der Eröffnung der oben- bezeichneten Eiſenſtraßen durchſchnittlich jedes Jahr 5 bis 600 Grtra- poſten durch Straßburg kamen, welche ſich von Paris durch Baden, Württemberg und Bayern oder von Wien durch jene Länder über Straßburg nach Paris begaben, beträgt die Zahl derſelben jetzt kaum noch den zwanzigſten Theil. Dieſe Equipagen- und Perſonentransporte find ein Hauptelement der Einnahmen auf den nordiſchen Bahnen geworden. Und die Millionen Werthes betragenden Ausſuhren von franzöſtſchen Luruswaaren, welche ehemals der füddeutſchen Spedition zu gute kamen, wandern ebenfalls auf der entgegengeſetzten Straße nach Oeſterreich! **) Die Mallepoſt wird mit dem Eintritt der beſſeren Jahreszeit ihren Weg zurücklegen: von Paris nach Straßburg in . 24 bis 26 Stunden. Rechnen wir nun dazu: von Straßburg nach Karlsruhe in _ _ [FORMEL]„ „Karlsruhe nach Stuttgart in _ _ 7¼„ „Stuttgart, Ulm (mit Benützung der Eiſenbahn bis Geißlingen) in _ _ 5¾„ „Ulm nach Augsburg-München in _ _ 7 bis 9„ 51¾„ Die Poſt welche Abends 7½ Uhr von Paris abgeht, würde alſo am dritten Abend um 9 bis 10 Uhr in München eintreffen, während ſie jetzt am vierten Abend um dieſe Zeit in der bayeriſchen Hauptſtadt ankömmt.

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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 33, 2. Februar 1850, S. 522. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine33_1850/10>, abgerufen am 23.11.2024.