Allgemeine Zeitung, Nr. 31, 31. Januar 1850.[Spaltenumbruch]
Das letztere gilt insbesondere auch von dem epigrammatischen Dia- Man hat bereits wiederholt gesagt, und ich kann es nur bestätigen Um von der Aufführung des Robespierre als solcher ein paar Worte Berlin und Kopenhagen. l Berlin, 25 Jan. Ich komme noch einmal auf das von den dä- l Berlin, 26 Jan. Der Hauptanstoß den Preußen an den däni- [Spaltenumbruch]
Das letztere gilt insbeſondere auch von dem epigrammatiſchen Dia- Man hat bereits wiederholt geſagt, und ich kann es nur beſtätigen Um von der Aufführung des Robespierre als ſolcher ein paar Worte Berlin und Kopenhagen. ⠇ Berlin, 25 Jan. Ich komme noch einmal auf das von den dä- ⠇ Berlin, 26 Jan. Der Hauptanſtoß den Preußen an den däni- <TEI> <text> <body> <div> <p> <floatingText> <body> <div type="jCulturalNews" n="1"> <div type="jComment" n="2"> <pb facs="#f0012" n="492"/> <cb/> <p>Das letztere gilt insbeſondere auch von dem epigrammatiſchen Dia-<lb/> loge welchen der Dichter den Wortführern des Volkes in den Mund legt.<lb/> Abgeſehen davon daß das Volk in der Perſon dieſer Leute durchaus nicht<lb/> als ſelbſtbetheiligt, als leidenſchaftlich bewegt, oder gar als bewegend<lb/> auftritt, ſondern ſich vielmehr rein kritiſch zu der Handlung verhält, iſt<lb/> jener Dialog ſtellenweiſe meiſterlich gehandhabt, ſo daß jedes Wort des-<lb/> ſelben ſchwer ins Gewicht fällt. 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Die Tendenz welche der Dichter nicht in ſein Stück gelegt<lb/> hat, das Publicum legt ſie hinein, und das argloſe Kind der Kunſt wird<lb/> unverſehens zum Handlanger der Politik gepreßt. Alle Macht kommt<lb/> vom Volk, heißt es auf der Bühne, und das Publicum jubelt Beifall;<lb/> es lebe die Republik! ruft Danton oder Robespierre, und das Publicum<lb/> ſtimmt ein; der Feſtzug auf dem Marsfeld wird von der Marſeillaiſe be-<lb/> gleitet, und nachdem ſie zehn- oder zwölfmal geſpielt, verlangt das Pu-<lb/> blicum ſie zum elften- oder dreizehntenmal. Das Publicum iſt mit dem<lb/> allem in ſeinem Recht, deſſen Ausübung man ihm indeſſen wohl nicht<lb/> überall gönnen wird, obgleich es damit wahrhaftig nicht viel auf ſich hat.<lb/> Wenn von der Republik aus wirklich eine Staatsgefahr droht, ſo wird<lb/> ſie, meines Dafürhaltens, weder entfernt noch vermindert dadurch daß<lb/> man den Leuten den Mund ſtopft. Aber freilich, unſere Staatsmänner<lb/> und Theaterintendanten müſſen das beſſer wifſen.</p><lb/> <p>Um von der Aufführung des Robespierre als ſolcher ein paar Worte<lb/> hinzuzufügen, ſo war dieſelbe, wie geſagt, zwar mittelmäßig, aber doch<lb/> beſſer als ſich von den beſchränkten Kräften der hieſigen Bühne erwarten<lb/> ließ, die zu dieſem Zwecke von außen her ergänzt waren. Von den fünf-<lb/> undzwanzig Rollen des Stückes, die zum Theil allerdings ſehr unbe-<lb/> deutend, ja vollkommen überflüſſig ſind, waren freilich nur drei oder<lb/> vier ziemlich gut beſetzt, dagegen wurde aber auch nur eine einzige gänzlich<lb/> verpfuſcht, die des Danton. 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Die Selbſtändigkeit betreffend, ſo iſt vor allem<lb/> auf ſtrenge Sonderung des Finanzweſens und Kriegsweſens zu dringen. Die<lb/> Civilliſte und die für das Conſular- und Geſandtſchaftsweſen nothwen-<lb/> dige Gemeinſamkeit dürften Billigung erfahren. Gemeinſamkeit der öf-<lb/> fentlichen Schuld und der Activa niemals. Das Landheer muß nach<lb/> preußiſcher Forderung ein eigenes ſchleswigiſches Contingent bilden, und<lb/> ebenſowenig nach Dänemark verſetzbar ſeyn wie umgekehrt däniſche Trup-<lb/> pen im Herzogthum zu verwenden wären. Eine Hauptſchwierigkeit bil-<lb/> det die Flotte. Da eine ſchleswigiſche Flotte nicht gedacht werden kann,<lb/> ſo wird man dieſſeits wahrſcheinlich den Vorſchlag machen daß das Her-<lb/> zogthum einen Geldbeitrag zur däniſchen Flotte liefere, um nicht in den Fall<lb/> zu kommen daß Schleswiger gezwungen wären auf der däniſchen Flotte<lb/> zu dienen. 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Das letztere gilt insbeſondere auch von dem epigrammatiſchen Dia-
loge welchen der Dichter den Wortführern des Volkes in den Mund legt.
Abgeſehen davon daß das Volk in der Perſon dieſer Leute durchaus nicht
als ſelbſtbetheiligt, als leidenſchaftlich bewegt, oder gar als bewegend
auftritt, ſondern ſich vielmehr rein kritiſch zu der Handlung verhält, iſt
jener Dialog ſtellenweiſe meiſterlich gehandhabt, ſo daß jedes Wort des-
ſelben ſchwer ins Gewicht fällt. An andern Stellen hingegen tritt das
Beſtreben des Dichters, ſeine Perſonen bedeutende Worte ſagen zu laſſen
welche ſie vergebens ſuchen, mit einer erkältenden Abſichtlichkeit und Ver-
geblichkeit hervor.
Man hat bereits wiederholt geſagt, und ich kann es nur beſtätigen
daß der Robespierre kein Tendenzſtück iſt. Republik und Monarchie, Frei-
heit und Herrſchaft, Religion und Atheismus, das alles wird mit abſo-
luter Unparteilichkeit lediglich als dichteriſches Motiv behandelt, derge-
ſtalt daß kaum irgendein Leſer des Robespierre, welcher Partei er auch
angehöre, durch denſelben zum Widerſpruch gereizt, in ſeinen Gefühlen
beeinträchtigt, verſtimmt werden könnte. Das gilt vom Leſer und von
dem Zuhörer des Vorleſens. Für den Zuſchauer im Theater ſtellt ſich die
Sache anders. Die Tendenz welche der Dichter nicht in ſein Stück gelegt
hat, das Publicum legt ſie hinein, und das argloſe Kind der Kunſt wird
unverſehens zum Handlanger der Politik gepreßt. Alle Macht kommt
vom Volk, heißt es auf der Bühne, und das Publicum jubelt Beifall;
es lebe die Republik! ruft Danton oder Robespierre, und das Publicum
ſtimmt ein; der Feſtzug auf dem Marsfeld wird von der Marſeillaiſe be-
gleitet, und nachdem ſie zehn- oder zwölfmal geſpielt, verlangt das Pu-
blicum ſie zum elften- oder dreizehntenmal. Das Publicum iſt mit dem
allem in ſeinem Recht, deſſen Ausübung man ihm indeſſen wohl nicht
überall gönnen wird, obgleich es damit wahrhaftig nicht viel auf ſich hat.
Wenn von der Republik aus wirklich eine Staatsgefahr droht, ſo wird
ſie, meines Dafürhaltens, weder entfernt noch vermindert dadurch daß
man den Leuten den Mund ſtopft. Aber freilich, unſere Staatsmänner
und Theaterintendanten müſſen das beſſer wifſen.
Um von der Aufführung des Robespierre als ſolcher ein paar Worte
hinzuzufügen, ſo war dieſelbe, wie geſagt, zwar mittelmäßig, aber doch
beſſer als ſich von den beſchränkten Kräften der hieſigen Bühne erwarten
ließ, die zu dieſem Zwecke von außen her ergänzt waren. Von den fünf-
undzwanzig Rollen des Stückes, die zum Theil allerdings ſehr unbe-
deutend, ja vollkommen überflüſſig ſind, waren freilich nur drei oder
vier ziemlich gut beſetzt, dagegen wurde aber auch nur eine einzige gänzlich
verpfuſcht, die des Danton. Heute haben wir die dritte Vorſtellung des
Robespierre, und einer Kälte von 18 Graden zum Trotz ſind die Eintritts-
karten längſt bis auf die letzte vergriffen.
Berlin und Kopenhagen.
⠇ Berlin, 25 Jan. Ich komme noch einmal auf das von den dä-
niſchen Bevollmächtigten zum Behuf der Friedensunterhandlungen über-
gebene Expoſé zurück, über deſſen Inhalt ich folgendes nähere erfahre.
Es bezeichnet als Hauptgegenſtand der Unterhandlung die nähere Beſtim-
mung der ſelbſtändigen Verfaſſung Schleswigs und der politiſchen Union
desſelben mit Dänemark. Die ſchleswigiſche Verfaſſung ſoll in einer eige-
nen Ständeverſammlung, in geſonderter Legislatur und Verwaltung be-
ſtehen, d. h. ſoweit es die „union politique“ erlaubt! Dieſes iſt nach
däniſcher Auffaſſung nur der Fall bei der Civilgeſetzgebung, Civiladmi-
niſtration, dem Unterrichtsweſen und Cultus, dem Gemeinde- und Ge-
werbweſen, und endlich dem Finanzweſen, inwiefern es ſich um Einnahme
und Ausgabe handelt, welche die innern Beziehungen des Herzogthums
betreffen. Die ſchleswig’ſche Ständeverſammlung wird außer bei der in-
nern Geſetzgebung ſich mit der Votirung der Budgetquoten zu befaſſen
haben, welche zu den gemeinſamen Ausgaben des Königreichs und des Her-
zogthums erforderlich ſind, und nicht von den gemeinſamen Einnahmen
gedeckt werden ſollten! In der Verfaſſung des Herzogthums wird die
Gleichberechtigung der Nationalitäten durch genaue Beſtimmungen garan-
tirt ſeyn. Was nun die „politiſche Union“ betrifft, ſo wird dieſelbe von
den däniſchen Diplomaten ſehr handgreiflich gemacht. Sie beſteht in
Gemeinſamkeit: der aufzubringenden Civilliſte und der ſonſtigen kö-
niglichen Dotation, des Geſandtſchafts- und des Conſularweſens, Gemein-
ſamkeit des Kriegsweſens, des Zoll- und Poſtweſens, Gemeinſamkeit der
Activa und Paſſiva, die Staatsdomänen mit inbegriffen, und der auf alle
obigen Punkte bezüglichen Einnahmen und Ausgaben. Dabei wird däni-
ſcherſeits noch behauptet: daß man diejenige Gemeinſamkeit des
Finanzweſens, welche bis zum März 1848 exiſtirt habe, auf-
gebe! Die gemeinſam verbleibenden Gegenſtände ſollen überdieß einer ge-
meinſamen Geſetzgebung und Verwaltung untergeordnet werden, wobei
Schleswig auf denſelben Fuß wie Dänemark zu ſtehen kommen ſoll. Und
zwar ſoll die Budgetquote mit der es an dem gemeinſamen Finanzweſen
participirt, alsbald und unveränderlich nach den jetzigen Bevölkerungs-
verhältniſſen feſtgeſetzt werden. Die politiſche Union ſoll ewig
ſeyn! und die Gränzen zwiſchen Schleswig und Holſtein (d. h. Deutſch-
land) ſollen nach einem eigenen Vertrag mit Rückſicht auf die hiſtoriſchen
Documente gezogen werden; auch über Rendsburg wird darin Beſtimmung
zu treffen ſeyn. Das Ganze zu garantiren ſollen die Großmächte aufge-
fordert werden. Ueber die Hauptanſtöße die man preußiſcherſeits an die-
ſen anmuthigen Propoſitionen nimmt, werde ich Ihnen in meinem nächſten
Schreiben ausführliche Mittheilungen machen. Es ſind übrigens, ſoviel
ich gehört, noch keinerlei Rückäußerungen auf das däniſche Expoſé er-
folgt. — In der Verfaſſungskriſts hoffen jetzt die Ultraconſervativen auf
den neuen Vermittelungsvorſchlag der erſten Kammer, der noch nicht for-
mulirt ſcheint; die Liberalen auf einen in der zweiten Kammer einzubrin-
genden Antrag welcher die Einführung der Pairie bis zum Jahre 1852
hinausſchieben, und überdieß eine weſentliche Modification der königlichen
Propoſitionen hierin fordern würde. Der Aufſchub bezweckt die vorherige
Einführung der neuen Grundſteuer- und Ablöſungsgeſetze, ſowie der Ge-
meindeordnung.
⠇ Berlin, 26 Jan. Der Hauptanſtoß den Preußen an den däni-
ſchen Propoſitionen nimmt, iſt erſtlich die unerhörte Prätenſion, die
»union politique« des Herzogthums Schleswig mit Dänemark zu einer
ewigen Union machen zu wollen. Preußen bleibt in dieſer Beziehung
unveränderlich bei der Erklärung welche es von Ritter Bunſen am 17
März 1849 in London hatte abgeben laſſen: »que les mots de l’article
premier (de la convention projetée du 15 Mars), qui établissent
que l’union politique entre ce duché et la couronne de Dane-
marc reste intacte, doivent être entendus en ce sens que cette
union politique reste intacte aussi longtemps que la maison ac-
luellement régnante en Danemarc n’est pas éteinte dans les mâ-
les. Nicht ein Tüttelchen über eine gewöhnliche Perſonalunion hinaus
iſt zu concediren, darüber iſt im dieſſeitigen Cabinet kein Zweifel; dar-
in iſt bis jetzt, wie es ſcheint, auch England ganz entſchiedener Anſicht.
Dieſe Verbindung darf alſo im einzelnen auch nur auf die gemeinſamen
Verhältniſſe zum Ausland von Dänemark ausgedehnt werden, und von
dieſem Geſichtspunkt aus iſt der Begriff der „Selbſtändigkeit“ Schleswigs
einerſeits feſtzuſtellen, andrerſeits aber von dem Geſichtspunkt des recht-
lich begründeten und materiell ebenfalls nothwendigen inneren Zuſam-
menhanges mit Holſtein. Die Selbſtändigkeit betreffend, ſo iſt vor allem
auf ſtrenge Sonderung des Finanzweſens und Kriegsweſens zu dringen. Die
Civilliſte und die für das Conſular- und Geſandtſchaftsweſen nothwen-
dige Gemeinſamkeit dürften Billigung erfahren. Gemeinſamkeit der öf-
fentlichen Schuld und der Activa niemals. Das Landheer muß nach
preußiſcher Forderung ein eigenes ſchleswigiſches Contingent bilden, und
ebenſowenig nach Dänemark verſetzbar ſeyn wie umgekehrt däniſche Trup-
pen im Herzogthum zu verwenden wären. Eine Hauptſchwierigkeit bil-
det die Flotte. Da eine ſchleswigiſche Flotte nicht gedacht werden kann,
ſo wird man dieſſeits wahrſcheinlich den Vorſchlag machen daß das Her-
zogthum einen Geldbeitrag zur däniſchen Flotte liefere, um nicht in den Fall
zu kommen daß Schleswiger gezwungen wären auf der däniſchen Flotte
zu dienen. Betreffs der Rechte Holſteins und mittelbar des Bundes an
Schleswig, d. h. alſo des Zuſammenhangs der Herzogthümer, bleibt
Preußen bei ſeinen früheren Forderungen (wozu Gemeinſamkeit der Ge-
richtsverfaſſung — Oberappellationsgericht u. ſ. w., und des Poſt- und
Zollweſens zu rechnen). Uebrigens wird von Bundeswegen dieß Recht
wohl noch ſpeciell geltend zu machen ſeyn. Soviel ich weiß iſt auf das dä-
niſche Expoſé noch keine Erwiederung erfolgt. Die letzte hiehergelangte
Nachricht aber, über das nunmehr wirklich an die Vertrauensmänner
(trotz aller dieſſeitigen Abmahnungen) gerichtete Anſinnen, dient ebenſo-
wenig dazu die Stellung der däniſchen Bevollmächtigten günſtiger zu ma-
chen, als die Artikel der Times, welche auf die ungerechtfertigtſte Weiſe
von der Welt Preußen die Veranlaſſung der Verzögerung der Friedens-
unterhandlungen zuſchieben, und ihm Schuld geben dieſelben Aufrührer
in Baden unterdrückt, in Schleswig aber gehegt und gepflegt zu haben!
Geſtern iſt in der Plenarſitzung des Verwaltungsraths ein förmlicher Be-
ſchluß über das Feſthalten am Ur-Entwurf vom 28 Mai 1849 gefaßt
worden, mit ausdrücklicher Bezugnahme auf Sachſens und Hannovers
Verhalten. Ich ſchreibe Ihnen das einzelne ſpäter. General v. Rado-
witz hat kurz vor ſeiner Abreiſe in Frankfurt die Conflicte zwiſchen Gene-
ralmajor v. Schirnding und Major Deetz ſelbſt erledigt, und zukünftigen
ähnlichen Fällen dadurch vorgebeugt daß er den Commandanten unmittel-
bar unter die Befehle der Bundescommiſſion ſtellte.
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Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen, Susanne Haaf: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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