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Allgemeine Zeitung, Nr. 167, 15. Juni 1860.

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[Spaltenumbruch] ster, der weiland liederlichen Nonne Theodora, als Autokratin anzuerkennen,
selbst aber in ein Kloster zu gehen, wo ihm die neue Augusta Theodora die
Augen ausstechen ließ (1042). So tief stand damals schon der sittliche Maß-
stab für die Handlungen der Menschen in Byzanz, daß diese beiden nach unsern
Begriffen nicht achtbaren Prinzessinnen die Lieblinge des Volkes waren, und
durch die öffentliche Stimme zu gemeinschaftlichem Regiment auf den Thron
erhoben wurden.

Die Regierung dieser beiden mit Verbrechen belasteten Schwestern wird
von der edlen Gräfin Dora d'Istria als die glücklichste Zeit von Byzanz ge-
priesen (I, S. 355). Es wurde auch in der That der Mißbrauch des Aemter-
verkaufs auf eine kurze Frist abgeschafft, und nur zu schnell wieder eingeführt.
Die Herrlichkeit dauerte aber nur drei, nach Cedrenus gar nur einen Monat,
weil Zoe, auf die Popularität der Mitregentin eifersüchtig, durch eine neue
Heirath in den Alleinbesitz des Throns zu gelangen suchte. Anfangs dachte
Zoe an einen gewissen Constantin Catepano, mit dem sie seit vielen Jahren
vertrauten Umgang hatte. Wie aber der Auserkorne durch seine eigene Ge-
mahlin vergiftet wurde, heirathete die zweiundsechzigjährige Prinzessin den de-
signirten Statthalter von Griechenland Constantin Monomachus (1042 --
1055). Theodora wurde beseitigt, bestieg aber nach dem Tod Zoe's und ihres
kaiserlichen Gemahls mehr als siebzigjährig neuerdings den Thron, auf wel-
chem sie zwei Jahre lang allein, nach der Meinung der Frau Gräfin, mit
großem Ruhm saß (1055 -- 1056). Gleichzeitige Berichte loben zwar ihre
friedliche durch zwei fruchtbare Jahre gesegnete Regierung, fügen aber bei
daß die altersschwache Autokratin die Staatsgeschäfte völlig ihrem Eunuchen
überließ, nachdem sie vorher einige mißliebige Magnaten verbannt und aus-
geplündert hatte.

Das sind die kaiserlichen Tugendheldinnen die uns Abendländern von
der orthodoxen Gräfin Dora d'Istria als lebendige Muster der Segnungen
vorgeführt werden welche das Christenthum über das hellenische Weib ausge-
gossen haben soll. Wir dürfen die erlauchte Verfasserin nicht hindern über den
"Esprit" der kanonisirten Kaiser- und Sohnesmörderin Irene in Ekstase zu
gerathen, von uns aber soll sie das nicht verlangen.

Administrative Geschicklichkeit, Talent und Energie kann man den byzan-
tinischen Prinzessinnen freilich nicht absprechen. Wenn sie aber im Sinn
der edlen Verfasserin auch für weise und heilig gelten, wird dieses Urtheil
wahrscheinlich nicht jedermann unterschreiben wollen, weil nach abendländi-
schen Moralbegriffen der Anfang aller Weisheit und Heiligkeit die Furcht
Gottes ist, und gottesfürchtige und heilige Prinzessinnen weder ihre Männer
noch ihre Söhne ermorden um an ihrer Stelle zu herrschen.

In Europa wollen zwar politische Casuisten die Thesis vertheidigen: die
Staatsraison gehe über alle Moral, und es sey besser es sterbe ein Mensch
als daß das ganze Volk umkomme. Aber auch dieser Entschuldigungsgrund
findet auf die kaiserlichen Prinzessinnen von Byzanz keine Anwendung, weil
nicht das Verlangen den Staat zu retten, sondern Unzucht, Goldgier und un-
gezügelte Herrschsucht ihre Hand zum Berbrechen führte. Im Gegentheil ist
durch Ermordung ausgezeichneter Feldherren und Staatsmänner, eines Nice-
phorus Phocas, eines Romanus III, der Ruin des Reiches erst recht beschleu-
nigt worden. Die Schranken welche das Weib bei den alten Hellenen be-
engte, hat das Christenthum zwar niedergerissen, die bösartige Natur der
hellenischen Klytämnestren veredelt, gebändigt und verbessert hat es aber nicht.

Dieses christliche Byzanz ist so voll sittlicher Fäulniß und ekelhafter
Gräuel, daß man sich gar nicht verwundern soll wenn die Europäer von die-
sen widerlichen Dingen gar nichts wissen wollen, und jene Litteraten bemitlei-
den welche, um die abendländischen Begriffe in diesem Punkt zu verbessern, Zeit
und Kraft verschwenden. Indessen darf man die Herausforderungen der fana-
tisch-orthodoxen Albanesin doch nicht unbeantwortet lassen. Um dieses gift-
geschwollene und aus dem Gedächtniß der Abendländer so viel als ausgetilgte
gräco-slavische Imperium wieder in den Kreis wissenswürdiger und nützlicher
Studien zurückzuführen, wird von der Verfasserin nicht nur der historischen
Wahrheit Gewalt angethan, es werden, um dieser sentina malorum bei den
Europäern wieder zu einigem Credit zu verhelfen, selbst die ewigen Grund-
lagen der Moral erschüttert. Denn bei uns hält man mit Hartnäckigkeit, wenn
auch nicht überall in der Praxis, so doch wenigstens in der Theorie, den Grund-
satz fest daß das Sittengesetz auch in der Politik seine unabweisliche Geltung
habe, und daß wahre politische Größe ohne Gerechtigkeit nicht zu erringen sey.
Und wir hätten, wenn man gegen Damen so streng verfahren dürfte, nicht
übel Lust in dieser Bestechung der europäischen Wissens- und Moralbegriffe
die edle und geistvolle Gräfin Dora d'Istria als Hauptschuldige anzuklagen.
Nicht bloß in der Kunst der Darstellung, auch an Talent, Energie und Wis-
senschaft übertrifft die erlauchte Verfasserin, wo nicht alle, so doch die meisten,
Griechen wie Abendländer die über Neu-Hellas geschrieben haben. Und um so
gefährlicher würde, bei Lesern die sich um solche Dinge kümmern, die Wirkung
des Buchs seyn, wenn es die Bestände in Hellas etwa nicht im historisch-cor-
recten Sinn behandeln, und nach dem Muster vieler byzantinisch-ungelehrten
Abendländer nicht bloß den tiefen Standpunkt des hellenischen Weibes in
[Spaltenumbruch] Byzanz, sondern auch die Revolutionen läugnen wollte, die von der Mitte des
sechsten bis Ende des fünfzehnten Jahrhunderts durch Einführung einer neuen
Bevölkerung fast den ganzen illyrischen Continent verwandelt haben.
(Fortsetzung folgt.)



Beitrag zur Sprachenfrage in Ungarn.

Mehrere Zeitungen brachten die Notiz: das
Oberlandesgericht zu Pesth haben beschlossen hohen Orts eine Vorstellung,
oder nach einigen einen Antrag anzubringen, wonach das ungarische Idiom
als Gerichtssprache eingeführt werden solle.

Wir müssen gestehen daß wir dieser Nachricht, als wir sie nicht nur
lasen, sondern auch von vielen mündlich bestätigt hörten, keinen Glauben
schenkten, und daß wir auch jetzt noch anstehen die gedachte Notiz für baare
Münze anzunehmen, und zwar aus dem Grund weil wir es für eine Un-
möglichkeit halten daß sich ein kaiserl. österreichische Oberbehörde zu
einem -- unter den in der Gegenwart gegebenen Berhältnissen jedenfalls
demonstrativen -- Schritt aus welchen Motiven immer hinreißen lassen
könnte.

Da jedoch der Glaube daß die Eingangs erwähnte Behauptung wahr
sey, an Verbreitung immer mehr und mehr gewinnt, und zwar aus der ganz
einfachen Ursache weil zur Widerlegung derselben sich gar keine Gegenstimme
erhebt, während es doch ein leichtes gewesen wäre jene in nicht-officieller
Weise gebrachte Notiz ebenso in nichtamtlicher Form mittelst zweier Zeilen zu
dementiren, so fühlen wir uns gedrungen -- zwar nicht die Unwahrheit der
in Frage stehenden Nachricht nachzuweisen, wozu uns ein Einblick in die Ver-
handlungen jener Obergerichtsbehörde möglich seyn müßte, was nicht der
Fall ist -- so doch einige Betrachtungen an die Frage zu knüpfen ob es
überhaupt gerathen wäre hierlands die ungarische Sprache als allgemeine,
als ausschließliche Gerichtssprache einzuführen.

Wir glauben daß wir berechtigt sind uns in dieser Frage um so offener
auszusprechen, als wir den Vorwurf: im Interesse unseres Säckels, viel-
leicht unserer Lebensstellung, wegen Unkenntniß der ungarischen Sprache pro
domo
zu peroriren -- nicht fürchten dürfen.

Wahr ist es daß die ungarische Sprache eine schöne, reiche, bildungs-
fähige und schon auch durchgebildete Sprache ist, und daß die vielfachen ge-
gentheiligen Behauptungen, welche besonders in den Zeitungen des deutschen
Auslandes gelesen werden können, nur auf der Unkenntniß der betreffenden
Correspondenten beruhen. Jeder Begriff, jeder Gedanke kann in dieser
Sprache in schöner Form wiedergegeben werden.

Wahr ist es auch daß es gerade bei Gerichtsbehörden gewünscht werden
muß daß die zur Handhabung des Richteramtes berufenen Beamten der
Sprache der Bevölkerung ihres Gerichtssprengels in Wort und Schrift mäch-
tig seyen. Wir haben Gelegenheit gehabt uns mehrfach die Ueberzeugung zu
verschaffen wie wenig oft die tüchtigsten Justizbeamten, die vom besten
Willen beseelt waren, wegen Unkenntniß der Landessprachen, besonders wo
sie, wie bei Verlassenschaftsabhandlungen, bei mündlich verhandelten
Rechtsstreiten, bei Strafsachen, mit der Bevölkerung in unmittelbare Be-
rührung kamen, zu leisten im Stande waren, bei wie vielen "Schnitzern"
Göttin Themis aufseufzen mußte, zu welchen nur die Unkenntniß der Lan-
dessprachen bei dem Richter Anlaß bot.

Allein folgt hieraus schon daß die ungarische Sprache, was so viele
wünschen und nun eben auch als Agitationshebel benützt wird, hierlands bei
allen Gerichten als alleinige Gerichtssprache eingeführt werden müsse?

Wir glauben nein, ja wir behaupten sogar daß eben die von uns oben
angedeuteten Mängel dieß verbieten.

Würde, von welcher Seite immer, der Antrag gestellt werden: es
sollen die Gerichte verpflichtet seyn in dem polyglotten Osterreich in jeder Lan-
dessprache Eingaben anzunehmen, jede dieser Eingaben in der Sprache der-
selben zu erledigen, mit den Parteien stets in deren Muttersprache zu ver-
kehren |-- wir würden die ersten seyn die diesem Antrag Beifall zollten,
und so viel uns bekannt, ist bei dem äußerst umsichtig und tactvoll geleiteten
Landesgericht zu Pesth schon auch bis jetzt -- mindestens in Bezug auf die
deutsche und die ungarische Sprache, als die Hauptsprachen des Sprengels
jenes Landesgerichts -- dieser Vorgang beobachtet werden. Die Durchführung
dieser Maßregel würde unseres Erachtens auch leicht möglich seyn, da man
hierlands nur selten jemanden findet der nicht zweier auch dreier der Lan-
dessprachen mächtig ist. Zur Ermöglichung der oben angedeuteten Maßregel
bedarf es daher nur einer zweckentsprechenden Eintheilung und Verwendung
der schon vorhandenen Arbeitskräfte.

Wenn dagegen eine einzige Sprache -- sey es welche immer -- als all-
einige Gerichtssprache zur Geltung gebracht werden will, werden wir uns nie
scheuen uns offen dagegen auszusprechen, und wir glauben daß uns jeder-
mann gerne beipflichten wird der den Werth der in Oesterreich anerkannten

*) [unleserliches Material - Zeichen fehlt] Von einem Magyaren.

[Spaltenumbruch] ſter, der weiland liederlichen Nonne Theodora, als Autokratin anzuerkennen,
ſelbſt aber in ein Kloſter zu gehen, wo ihm die neue Auguſta Theodora die
Augen ausſtechen ließ (1042). So tief ſtand damals ſchon der ſittliche Maß-
ſtab für die Handlungen der Menſchen in Byzanz, daß dieſe beiden nach unſern
Begriffen nicht achtbaren Prinzeſſinnen die Lieblinge des Volkes waren, und
durch die öffentliche Stimme zu gemeinſchaftlichem Regiment auf den Thron
erhoben wurden.

Die Regierung dieſer beiden mit Verbrechen belaſteten Schweſtern wird
von der edlen Gräfin Dora d’Iſtria als die glücklichſte Zeit von Byzanz ge-
prieſen (I, S. 355). Es wurde auch in der That der Mißbrauch des Aemter-
verkaufs auf eine kurze Friſt abgeſchafft, und nur zu ſchnell wieder eingeführt.
Die Herrlichkeit dauerte aber nur drei, nach Cedrenus gar nur einen Monat,
weil Zoë, auf die Popularität der Mitregentin eiferſüchtig, durch eine neue
Heirath in den Alleinbeſitz des Throns zu gelangen ſuchte. Anfangs dachte
Zoë an einen gewiſſen Conſtantin Catepano, mit dem ſie ſeit vielen Jahren
vertrauten Umgang hatte. Wie aber der Auserkorne durch ſeine eigene Ge-
mahlin vergiftet wurde, heirathete die zweiundſechzigjährige Prinzeſſin den de-
ſignirten Statthalter von Griechenland Conſtantin Monomachus (1042 —
1055). Theodora wurde beſeitigt, beſtieg aber nach dem Tod Zoë’s und ihres
kaiſerlichen Gemahls mehr als ſiebzigjährig neuerdings den Thron, auf wel-
chem ſie zwei Jahre lang allein, nach der Meinung der Frau Gräfin, mit
großem Ruhm ſaß (1055 — 1056). Gleichzeitige Berichte loben zwar ihre
friedliche durch zwei fruchtbare Jahre geſegnete Regierung, fügen aber bei
daß die altersſchwache Autokratin die Staatsgeſchäfte völlig ihrem Eunuchen
überließ, nachdem ſie vorher einige mißliebige Magnaten verbannt und aus-
geplündert hatte.

Das ſind die kaiſerlichen Tugendheldinnen die uns Abendländern von
der orthodoxen Gräfin Dora d’Iſtria als lebendige Muſter der Segnungen
vorgeführt werden welche das Chriſtenthum über das helleniſche Weib ausge-
goſſen haben ſoll. Wir dürfen die erlauchte Verfaſſerin nicht hindern über den
„Eſprit“ der kanoniſirten Kaiſer- und Sohnesmörderin Irene in Ekſtaſe zu
gerathen, von uns aber ſoll ſie das nicht verlangen.

Adminiſtrative Geſchicklichkeit, Talent und Energie kann man den byzan-
tiniſchen Prinzeſſinnen freilich nicht abſprechen. Wenn ſie aber im Sinn
der edlen Verfaſſerin auch für weiſe und heilig gelten, wird dieſes Urtheil
wahrſcheinlich nicht jedermann unterſchreiben wollen, weil nach abendländi-
ſchen Moralbegriffen der Anfang aller Weisheit und Heiligkeit die Furcht
Gottes iſt, und gottesfürchtige und heilige Prinzeſſinnen weder ihre Männer
noch ihre Söhne ermorden um an ihrer Stelle zu herrſchen.

In Europa wollen zwar politiſche Caſuiſten die Theſis vertheidigen: die
Staatsraiſon gehe über alle Moral, und es ſey beſſer es ſterbe ein Menſch
als daß das ganze Volk umkomme. Aber auch dieſer Entſchuldigungsgrund
findet auf die kaiſerlichen Prinzeſſinnen von Byzanz keine Anwendung, weil
nicht das Verlangen den Staat zu retten, ſondern Unzucht, Goldgier und un-
gezügelte Herrſchſucht ihre Hand zum Berbrechen führte. Im Gegentheil iſt
durch Ermordung ausgezeichneter Feldherren und Staatsmänner, eines Nice-
phorus Phocas, eines Romanus III, der Ruin des Reiches erſt recht beſchleu-
nigt worden. Die Schranken welche das Weib bei den alten Hellenen be-
engte, hat das Chriſtenthum zwar niedergeriſſen, die bösartige Natur der
helleniſchen Klytämneſtren veredelt, gebändigt und verbeſſert hat es aber nicht.

Dieſes chriſtliche Byzanz iſt ſo voll ſittlicher Fäulniß und ekelhafter
Gräuel, daß man ſich gar nicht verwundern ſoll wenn die Europäer von die-
ſen widerlichen Dingen gar nichts wiſſen wollen, und jene Litteraten bemitlei-
den welche, um die abendländiſchen Begriffe in dieſem Punkt zu verbeſſern, Zeit
und Kraft verſchwenden. Indeſſen darf man die Herausforderungen der fana-
tiſch-orthodoxen Albaneſin doch nicht unbeantwortet laſſen. Um dieſes gift-
geſchwollene und aus dem Gedächtniß der Abendländer ſo viel als ausgetilgte
gräco-ſlaviſche Imperium wieder in den Kreis wiſſenswürdiger und nützlicher
Studien zurückzuführen, wird von der Verfaſſerin nicht nur der hiſtoriſchen
Wahrheit Gewalt angethan, es werden, um dieſer sentina malorum bei den
Europäern wieder zu einigem Credit zu verhelfen, ſelbſt die ewigen Grund-
lagen der Moral erſchüttert. Denn bei uns hält man mit Hartnäckigkeit, wenn
auch nicht überall in der Praxis, ſo doch wenigſtens in der Theorie, den Grund-
ſatz feſt daß das Sittengeſetz auch in der Politik ſeine unabweisliche Geltung
habe, und daß wahre politiſche Größe ohne Gerechtigkeit nicht zu erringen ſey.
Und wir hätten, wenn man gegen Damen ſo ſtreng verfahren dürfte, nicht
übel Luſt in dieſer Beſtechung der europäiſchen Wiſſens- und Moralbegriffe
die edle und geiſtvolle Gräfin Dora d’Iſtria als Hauptſchuldige anzuklagen.
Nicht bloß in der Kunſt der Darſtellung, auch an Talent, Energie und Wiſ-
ſenſchaft übertrifft die erlauchte Verfaſſerin, wo nicht alle, ſo doch die meiſten,
Griechen wie Abendländer die über Neu-Hellas geſchrieben haben. Und um ſo
gefährlicher würde, bei Leſern die ſich um ſolche Dinge kümmern, die Wirkung
des Buchs ſeyn, wenn es die Beſtände in Hellas etwa nicht im hiſtoriſch-cor-
recten Sinn behandeln, und nach dem Muſter vieler byzantiniſch-ungelehrten
Abendländer nicht bloß den tiefen Standpunkt des helleniſchen Weibes in
[Spaltenumbruch] Byzanz, ſondern auch die Revolutionen läugnen wollte, die von der Mitte des
ſechsten bis Ende des fünfzehnten Jahrhunderts durch Einführung einer neuen
Bevölkerung faſt den ganzen illyriſchen Continent verwandelt haben.
(Fortſetzung folgt.)



Beitrag zur Sprachenfrage in Ungarn.

Mehrere Zeitungen brachten die Notiz: das
Oberlandesgericht zu Peſth haben beſchloſſen hohen Orts eine Vorſtellung,
oder nach einigen einen Antrag anzubringen, wonach das ungariſche Idiom
als Gerichtsſprache eingeführt werden ſolle.

Wir müſſen geſtehen daß wir dieſer Nachricht, als wir ſie nicht nur
laſen, ſondern auch von vielen mündlich beſtätigt hörten, keinen Glauben
ſchenkten, und daß wir auch jetzt noch anſtehen die gedachte Notiz für baare
Münze anzunehmen, und zwar aus dem Grund weil wir es für eine Un-
möglichkeit halten daß ſich ein kaiſerl. öſterreichiſche Oberbehörde zu
einem — unter den in der Gegenwart gegebenen Berhältniſſen jedenfalls
demonſtrativen — Schritt aus welchen Motiven immer hinreißen laſſen
könnte.

Da jedoch der Glaube daß die Eingangs erwähnte Behauptung wahr
ſey, an Verbreitung immer mehr und mehr gewinnt, und zwar aus der ganz
einfachen Urſache weil zur Widerlegung derſelben ſich gar keine Gegenſtimme
erhebt, während es doch ein leichtes geweſen wäre jene in nicht-officieller
Weiſe gebrachte Notiz ebenſo in nichtamtlicher Form mittelſt zweier Zeilen zu
dementiren, ſo fühlen wir uns gedrungen — zwar nicht die Unwahrheit der
in Frage ſtehenden Nachricht nachzuweiſen, wozu uns ein Einblick in die Ver-
handlungen jener Obergerichtsbehörde möglich ſeyn müßte, was nicht der
Fall iſt — ſo doch einige Betrachtungen an die Frage zu knüpfen ob es
überhaupt gerathen wäre hierlands die ungariſche Sprache als allgemeine,
als ausſchließliche Gerichtsſprache einzuführen.

Wir glauben daß wir berechtigt ſind uns in dieſer Frage um ſo offener
auszuſprechen, als wir den Vorwurf: im Intereſſe unſeres Säckels, viel-
leicht unſerer Lebensſtellung, wegen Unkenntniß der ungariſchen Sprache pro
domo
zu peroriren — nicht fürchten dürfen.

Wahr iſt es daß die ungariſche Sprache eine ſchöne, reiche, bildungs-
fähige und ſchon auch durchgebildete Sprache iſt, und daß die vielfachen ge-
gentheiligen Behauptungen, welche beſonders in den Zeitungen des deutſchen
Auslandes geleſen werden können, nur auf der Unkenntniß der betreffenden
Correſpondenten beruhen. Jeder Begriff, jeder Gedanke kann in dieſer
Sprache in ſchöner Form wiedergegeben werden.

Wahr iſt es auch daß es gerade bei Gerichtsbehörden gewünſcht werden
muß daß die zur Handhabung des Richteramtes berufenen Beamten der
Sprache der Bevölkerung ihres Gerichtsſprengels in Wort und Schrift mäch-
tig ſeyen. Wir haben Gelegenheit gehabt uns mehrfach die Ueberzeugung zu
verſchaffen wie wenig oft die tüchtigſten Juſtizbeamten, die vom beſten
Willen beſeelt waren, wegen Unkenntniß der Landesſprachen, beſonders wo
ſie, wie bei Verlaſſenſchaftsabhandlungen, bei mündlich verhandelten
Rechtsſtreiten, bei Strafſachen, mit der Bevölkerung in unmittelbare Be-
rührung kamen, zu leiſten im Stande waren, bei wie vielen „Schnitzern“
Göttin Themis aufſeufzen mußte, zu welchen nur die Unkenntniß der Lan-
desſprachen bei dem Richter Anlaß bot.

Allein folgt hieraus ſchon daß die ungariſche Sprache, was ſo viele
wünſchen und nun eben auch als Agitationshebel benützt wird, hierlands bei
allen Gerichten als alleinige Gerichtsſprache eingeführt werden müſſe?

Wir glauben nein, ja wir behaupten ſogar daß eben die von uns oben
angedeuteten Mängel dieß verbieten.

Würde, von welcher Seite immer, der Antrag geſtellt werden: es
ſollen die Gerichte verpflichtet ſeyn in dem polyglotten Oſterreich in jeder Lan-
desſprache Eingaben anzunehmen, jede dieſer Eingaben in der Sprache der-
ſelben zu erledigen, mit den Parteien ſtets in deren Mutterſprache zu ver-
kehren |— wir würden die erſten ſeyn die dieſem Antrag Beifall zollten,
und ſo viel uns bekannt, iſt bei dem äußerſt umſichtig und tactvoll geleiteten
Landesgericht zu Peſth ſchon auch bis jetzt — mindeſtens in Bezug auf die
deutſche und die ungariſche Sprache, als die Hauptſprachen des Sprengels
jenes Landesgerichts — dieſer Vorgang beobachtet werden. Die Durchführung
dieſer Maßregel würde unſeres Erachtens auch leicht möglich ſeyn, da man
hierlands nur ſelten jemanden findet der nicht zweier auch dreier der Lan-
desſprachen mächtig iſt. Zur Ermöglichung der oben angedeuteten Maßregel
bedarf es daher nur einer zweckentſprechenden Eintheilung und Verwendung
der ſchon vorhandenen Arbeitskräfte.

Wenn dagegen eine einzige Sprache — ſey es welche immer — als all-
einige Gerichtsſprache zur Geltung gebracht werden will, werden wir uns nie
ſcheuen uns offen dagegen auszuſprechen, und wir glauben daß uns jeder-
mann gerne beipflichten wird der den Werth der in Oeſterreich anerkannten

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[2791/0011] ſter, der weiland liederlichen Nonne Theodora, als Autokratin anzuerkennen, ſelbſt aber in ein Kloſter zu gehen, wo ihm die neue Auguſta Theodora die Augen ausſtechen ließ (1042). So tief ſtand damals ſchon der ſittliche Maß- ſtab für die Handlungen der Menſchen in Byzanz, daß dieſe beiden nach unſern Begriffen nicht achtbaren Prinzeſſinnen die Lieblinge des Volkes waren, und durch die öffentliche Stimme zu gemeinſchaftlichem Regiment auf den Thron erhoben wurden. Die Regierung dieſer beiden mit Verbrechen belaſteten Schweſtern wird von der edlen Gräfin Dora d’Iſtria als die glücklichſte Zeit von Byzanz ge- prieſen (I, S. 355). Es wurde auch in der That der Mißbrauch des Aemter- verkaufs auf eine kurze Friſt abgeſchafft, und nur zu ſchnell wieder eingeführt. Die Herrlichkeit dauerte aber nur drei, nach Cedrenus gar nur einen Monat, weil Zoë, auf die Popularität der Mitregentin eiferſüchtig, durch eine neue Heirath in den Alleinbeſitz des Throns zu gelangen ſuchte. Anfangs dachte Zoë an einen gewiſſen Conſtantin Catepano, mit dem ſie ſeit vielen Jahren vertrauten Umgang hatte. Wie aber der Auserkorne durch ſeine eigene Ge- mahlin vergiftet wurde, heirathete die zweiundſechzigjährige Prinzeſſin den de- ſignirten Statthalter von Griechenland Conſtantin Monomachus (1042 — 1055). Theodora wurde beſeitigt, beſtieg aber nach dem Tod Zoë’s und ihres kaiſerlichen Gemahls mehr als ſiebzigjährig neuerdings den Thron, auf wel- chem ſie zwei Jahre lang allein, nach der Meinung der Frau Gräfin, mit großem Ruhm ſaß (1055 — 1056). Gleichzeitige Berichte loben zwar ihre friedliche durch zwei fruchtbare Jahre geſegnete Regierung, fügen aber bei daß die altersſchwache Autokratin die Staatsgeſchäfte völlig ihrem Eunuchen überließ, nachdem ſie vorher einige mißliebige Magnaten verbannt und aus- geplündert hatte. Das ſind die kaiſerlichen Tugendheldinnen die uns Abendländern von der orthodoxen Gräfin Dora d’Iſtria als lebendige Muſter der Segnungen vorgeführt werden welche das Chriſtenthum über das helleniſche Weib ausge- goſſen haben ſoll. Wir dürfen die erlauchte Verfaſſerin nicht hindern über den „Eſprit“ der kanoniſirten Kaiſer- und Sohnesmörderin Irene in Ekſtaſe zu gerathen, von uns aber ſoll ſie das nicht verlangen. Adminiſtrative Geſchicklichkeit, Talent und Energie kann man den byzan- tiniſchen Prinzeſſinnen freilich nicht abſprechen. Wenn ſie aber im Sinn der edlen Verfaſſerin auch für weiſe und heilig gelten, wird dieſes Urtheil wahrſcheinlich nicht jedermann unterſchreiben wollen, weil nach abendländi- ſchen Moralbegriffen der Anfang aller Weisheit und Heiligkeit die Furcht Gottes iſt, und gottesfürchtige und heilige Prinzeſſinnen weder ihre Männer noch ihre Söhne ermorden um an ihrer Stelle zu herrſchen. In Europa wollen zwar politiſche Caſuiſten die Theſis vertheidigen: die Staatsraiſon gehe über alle Moral, und es ſey beſſer es ſterbe ein Menſch als daß das ganze Volk umkomme. Aber auch dieſer Entſchuldigungsgrund findet auf die kaiſerlichen Prinzeſſinnen von Byzanz keine Anwendung, weil nicht das Verlangen den Staat zu retten, ſondern Unzucht, Goldgier und un- gezügelte Herrſchſucht ihre Hand zum Berbrechen führte. Im Gegentheil iſt durch Ermordung ausgezeichneter Feldherren und Staatsmänner, eines Nice- phorus Phocas, eines Romanus III, der Ruin des Reiches erſt recht beſchleu- nigt worden. Die Schranken welche das Weib bei den alten Hellenen be- engte, hat das Chriſtenthum zwar niedergeriſſen, die bösartige Natur der helleniſchen Klytämneſtren veredelt, gebändigt und verbeſſert hat es aber nicht. Dieſes chriſtliche Byzanz iſt ſo voll ſittlicher Fäulniß und ekelhafter Gräuel, daß man ſich gar nicht verwundern ſoll wenn die Europäer von die- ſen widerlichen Dingen gar nichts wiſſen wollen, und jene Litteraten bemitlei- den welche, um die abendländiſchen Begriffe in dieſem Punkt zu verbeſſern, Zeit und Kraft verſchwenden. Indeſſen darf man die Herausforderungen der fana- tiſch-orthodoxen Albaneſin doch nicht unbeantwortet laſſen. Um dieſes gift- geſchwollene und aus dem Gedächtniß der Abendländer ſo viel als ausgetilgte gräco-ſlaviſche Imperium wieder in den Kreis wiſſenswürdiger und nützlicher Studien zurückzuführen, wird von der Verfaſſerin nicht nur der hiſtoriſchen Wahrheit Gewalt angethan, es werden, um dieſer sentina malorum bei den Europäern wieder zu einigem Credit zu verhelfen, ſelbſt die ewigen Grund- lagen der Moral erſchüttert. Denn bei uns hält man mit Hartnäckigkeit, wenn auch nicht überall in der Praxis, ſo doch wenigſtens in der Theorie, den Grund- ſatz feſt daß das Sittengeſetz auch in der Politik ſeine unabweisliche Geltung habe, und daß wahre politiſche Größe ohne Gerechtigkeit nicht zu erringen ſey. Und wir hätten, wenn man gegen Damen ſo ſtreng verfahren dürfte, nicht übel Luſt in dieſer Beſtechung der europäiſchen Wiſſens- und Moralbegriffe die edle und geiſtvolle Gräfin Dora d’Iſtria als Hauptſchuldige anzuklagen. Nicht bloß in der Kunſt der Darſtellung, auch an Talent, Energie und Wiſ- ſenſchaft übertrifft die erlauchte Verfaſſerin, wo nicht alle, ſo doch die meiſten, Griechen wie Abendländer die über Neu-Hellas geſchrieben haben. Und um ſo gefährlicher würde, bei Leſern die ſich um ſolche Dinge kümmern, die Wirkung des Buchs ſeyn, wenn es die Beſtände in Hellas etwa nicht im hiſtoriſch-cor- recten Sinn behandeln, und nach dem Muſter vieler byzantiniſch-ungelehrten Abendländer nicht bloß den tiefen Standpunkt des helleniſchen Weibes in Byzanz, ſondern auch die Revolutionen läugnen wollte, die von der Mitte des ſechsten bis Ende des fünfzehnten Jahrhunderts durch Einführung einer neuen Bevölkerung faſt den ganzen illyriſchen Continent verwandelt haben. (Fortſetzung folgt.) Beitrag zur Sprachenfrage in Ungarn. | Peſth, 1 Jun. *) Mehrere Zeitungen brachten die Notiz: das Oberlandesgericht zu Peſth haben beſchloſſen hohen Orts eine Vorſtellung, oder nach einigen einen Antrag anzubringen, wonach das ungariſche Idiom als Gerichtsſprache eingeführt werden ſolle. Wir müſſen geſtehen daß wir dieſer Nachricht, als wir ſie nicht nur laſen, ſondern auch von vielen mündlich beſtätigt hörten, keinen Glauben ſchenkten, und daß wir auch jetzt noch anſtehen die gedachte Notiz für baare Münze anzunehmen, und zwar aus dem Grund weil wir es für eine Un- möglichkeit halten daß ſich ein kaiſerl. öſterreichiſche Oberbehörde zu einem — unter den in der Gegenwart gegebenen Berhältniſſen jedenfalls demonſtrativen — Schritt aus welchen Motiven immer hinreißen laſſen könnte. Da jedoch der Glaube daß die Eingangs erwähnte Behauptung wahr ſey, an Verbreitung immer mehr und mehr gewinnt, und zwar aus der ganz einfachen Urſache weil zur Widerlegung derſelben ſich gar keine Gegenſtimme erhebt, während es doch ein leichtes geweſen wäre jene in nicht-officieller Weiſe gebrachte Notiz ebenſo in nichtamtlicher Form mittelſt zweier Zeilen zu dementiren, ſo fühlen wir uns gedrungen — zwar nicht die Unwahrheit der in Frage ſtehenden Nachricht nachzuweiſen, wozu uns ein Einblick in die Ver- handlungen jener Obergerichtsbehörde möglich ſeyn müßte, was nicht der Fall iſt — ſo doch einige Betrachtungen an die Frage zu knüpfen ob es überhaupt gerathen wäre hierlands die ungariſche Sprache als allgemeine, als ausſchließliche Gerichtsſprache einzuführen. Wir glauben daß wir berechtigt ſind uns in dieſer Frage um ſo offener auszuſprechen, als wir den Vorwurf: im Intereſſe unſeres Säckels, viel- leicht unſerer Lebensſtellung, wegen Unkenntniß der ungariſchen Sprache pro domo zu peroriren — nicht fürchten dürfen. Wahr iſt es daß die ungariſche Sprache eine ſchöne, reiche, bildungs- fähige und ſchon auch durchgebildete Sprache iſt, und daß die vielfachen ge- gentheiligen Behauptungen, welche beſonders in den Zeitungen des deutſchen Auslandes geleſen werden können, nur auf der Unkenntniß der betreffenden Correſpondenten beruhen. Jeder Begriff, jeder Gedanke kann in dieſer Sprache in ſchöner Form wiedergegeben werden. Wahr iſt es auch daß es gerade bei Gerichtsbehörden gewünſcht werden muß daß die zur Handhabung des Richteramtes berufenen Beamten der Sprache der Bevölkerung ihres Gerichtsſprengels in Wort und Schrift mäch- tig ſeyen. Wir haben Gelegenheit gehabt uns mehrfach die Ueberzeugung zu verſchaffen wie wenig oft die tüchtigſten Juſtizbeamten, die vom beſten Willen beſeelt waren, wegen Unkenntniß der Landesſprachen, beſonders wo ſie, wie bei Verlaſſenſchaftsabhandlungen, bei mündlich verhandelten Rechtsſtreiten, bei Strafſachen, mit der Bevölkerung in unmittelbare Be- rührung kamen, zu leiſten im Stande waren, bei wie vielen „Schnitzern“ Göttin Themis aufſeufzen mußte, zu welchen nur die Unkenntniß der Lan- desſprachen bei dem Richter Anlaß bot. Allein folgt hieraus ſchon daß die ungariſche Sprache, was ſo viele wünſchen und nun eben auch als Agitationshebel benützt wird, hierlands bei allen Gerichten als alleinige Gerichtsſprache eingeführt werden müſſe? Wir glauben nein, ja wir behaupten ſogar daß eben die von uns oben angedeuteten Mängel dieß verbieten. Würde, von welcher Seite immer, der Antrag geſtellt werden: es ſollen die Gerichte verpflichtet ſeyn in dem polyglotten Oſterreich in jeder Lan- desſprache Eingaben anzunehmen, jede dieſer Eingaben in der Sprache der- ſelben zu erledigen, mit den Parteien ſtets in deren Mutterſprache zu ver- kehren |— wir würden die erſten ſeyn die dieſem Antrag Beifall zollten, und ſo viel uns bekannt, iſt bei dem äußerſt umſichtig und tactvoll geleiteten Landesgericht zu Peſth ſchon auch bis jetzt — mindeſtens in Bezug auf die deutſche und die ungariſche Sprache, als die Hauptſprachen des Sprengels jenes Landesgerichts — dieſer Vorgang beobachtet werden. Die Durchführung dieſer Maßregel würde unſeres Erachtens auch leicht möglich ſeyn, da man hierlands nur ſelten jemanden findet der nicht zweier auch dreier der Lan- desſprachen mächtig iſt. Zur Ermöglichung der oben angedeuteten Maßregel bedarf es daher nur einer zweckentſprechenden Eintheilung und Verwendung der ſchon vorhandenen Arbeitskräfte. 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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 167, 15. Juni 1860, S. 2791. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine167_1860/11>, abgerufen am 06.06.2024.